bahnen. Die lebhafte Bewe ung, welche sich auf diesem Gebiet seit dem Erlaß des Gesetzes vom 28. Full v. J. nahezu über die ganze Provinz ver⸗ breitet hat, bencist, wie ticf das Dewußtsein des dringenden Bebärf— nisses, sich dieses neue Verkehrsmittel zur Hebung aller wirthschaftlichen Verhältnisse zu Nutze zu machen, in allen Kreisen der Bevölkerung Eingang gefunden hat.
Stellt sich jetzt, wie zu hoffen, die Prodbinz selbst thatkräftig und opferwillig an die Spitze der Bensegung, fo darf mit Zu⸗ versicht darauf gerechnet werden, daß die leider immer noch vorhandenen empfindlichen Lücken unserct Verkehrsstraßensystems in , zu ferner Zeit in zweckentsprechender Weise werden ausgefüllt werden.
Indem ich Sie, geehrte Herren, hiermit einlade, in Ihre Ar⸗ beiten mit gewohnter Hingebung einzutreten, erkläre ich im Namen Landtag für eröffnct.
Unter dem Vorsitz des Alters-Präsidenten Bürgermeisters Hinze in Ueckermünde brachte die Versammlung zunächst ein begeistertes Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König aus und wählte sodann den Wirklichen Geheimen Rath von Köller-Cantreck zum Vorsitzenden, sowie den Ober⸗Bürgermeister, Geheimen Regierungs⸗-⸗Rath Haken⸗ Stettin zum Stellvertreter des Vorsitzenden, die beide die Wahl annahmen. Nach Wahl der Schriftführer und Fest⸗ stellung der anwesenden Mitglieder durch Namensaufruf er⸗ folgte die Bildung der Abtheilungen, die Mittheilung des Vorsitzenden über die vorliegenden Geschäftssachen, sowie deren 6 und hierauf die Vertagung der Sitzung bis 2 Uhr.
Nach Wiederaufnahme der Sitzung wurden Wahlprüfungen vorgenommen.
Königsberg, 14 März. Der XVII. Provinzial-Land— tag der Provinz Ostpreußen ist gestern nach Erledigung seiner Arbeiten durch den Ober-Präsidenten Grafen zu Stol⸗ berg Wernigerode mit folgender Ansprache geschlossen worden:
Meine sehr geehrten Herren! Nach der soeben vernommenen Mittheilung des Herrn Vorsitzenden sind Ihre dies maligen Arbeiten beendigt. Mit gewohnter Pflichttreue haben Sie unter gewissenhafter Mitwirkung Ihrer Commissionen die zahlreichen und zum theil recht bedeutungsvollen Vorlagen in kurzer Zeit erledigt und durch Ihre Bewilligungen, unter welchen sich abermals bedeutende Suminen für gemeinnützige Zwecke befinden, die Propinzialverwaltung in den Stand gesetzt, auch im kommenden Rechnungsjahre ihren erheblichen Verpflichtungen nachzukommen. Sie können deshalb mit Befriedigung auf Ihre Thätigkeit zurück— blicken Mit diesem Provinzial⸗-Landtage schließt voraussichtlich Ihre sechsjährige Thätigkeit und es ist mir eine angenehme Pflicht, es auch hei dieser Gelegenheit auszufprechen, daß Ihre gesammte Arbeit während dieser sechs Jahre der Probinz zum Heil und Segen gereicht hat. Für das bereitwillige Entgegenkommen uͤnd verständniß⸗ volle Wohlwollen, welches ich für die Bestrebungen der Königlichen Stagteregierung bei Ihnen stets gefunden habe, spreche ich an dieser Stelle noch meinen ganz besonderen Dank aus. Hiermit erkläre ich den 1 ostyreußischen Provinzial -Landtag für geschlossen.
Der Vorsitzende des Provinzial-Landtags Graf zu Eulen— burg-Prassen brachte darauf ein Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König aus, in das die Versammlung be— geistert einstimmte.
Sachsen.
Seine Majestät der König empfing heute die Delegirten zur internationalen Saäanitätsconferenz. Ihnen zu Ehren findet Nachmittags Galatafel statt, woran auch die Mitglieder des diplomatischen Corps und die Staats⸗Minister theilnehmen.
Hessen.
Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Heinrich von Preußen tritt, wie die „Darmst. Ztg.“ meldet, heute Abend die Rückreise von Darmstadt nach Kiel an.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. gemeinschaftlichen Landtag zugegangene Zeit vom 1. Juli 1893 bis 30. Juni 1891 Einnahme mit 2016411, 01 46 (368 611,01
schließt in der mehr), in der Ausgabe mit 2661 161,01 M6 HS6 753,01 M6
mehr) ab. 644 750 M schluß wird,
Es erglebt sich somit ein Ausgabeüberschuß von (218 142 6½ mehr). Dieser weniger günstige Ab⸗ , wie es in der dem Etat beigegebenen Denk- schrift heißt, im wesentlichen bedingt durch die Bezie⸗ hungen beider Herzogthümer zum Reich, insoweit die Ueberweisungen aus der Reichs-Hauptkasse und die Matrikularbeiträge in Frage kommen. Während nach dem bisherigen Etat an Ueberweisungen 1 140 060 ½ und an Matrikularbeiträgen 885 0900 M0 eingestellt waren, die ersteren die letzteren sonach um 255 000 M überstiegen, sind in dem neuen Etat die Ueberweisungen mit 1459 160 s, die Matri— kularbeiträge mit 1429 173 0 nach Maßgabe des Reichs— Etats aufzunehmen gewesen, sodaß hiernach nur ein Ueberschuß von 29 927 (6, gegen bisher sonach 225 073 7 weniger, verbleibt. Anhalt.
Der Landtag nahm in seiner vorgestrigen Sitzung den Gesetzentwurf über die äußere Heilighaltung der Sonntage in dritter Lesung an und setzte sodann die zweite Berathung des Haupt⸗Finanz⸗Etats fort. Von Tit. IV. der eigenen Ein⸗ nahmen, Sporteln und Nebeneinnahmen der einzelnen Be⸗ hörden wurden Pos. 1— 11 genehmigt, ebenso von den Ein— nahmen für das Reich Pos. 1—7. Von den eigenen Aus⸗ gaben wurden Tit. J. Allgemeine Staatsverwaltung, Pos. 1-9 genehmigt. Desgl. Tit. II. Staatsschuldenverwaltung, und Tit. III. Justizverwaltung: a, Personalverwaltung und p. Real— aufwand, ferner Tit. IV., mit Ausnahme von Pos. 6, Armen⸗ wesen, bei der die Beschlußfassung ausgesetzt wurde.
Oefterreich⸗ Ungarn.
Der Kaiser hat heute Vormittag 9 Uhr mittels Separat⸗ zuges die Rückreise von Territet nach Wien angetreten. Die Kaiserin wird noch weiter in Territet verbleiben.
Das österreichische Abgeordnetenhaus nahm gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, die noch restirenden Theile des Staatsvoranschlags an, womit die Berathung des Budgets er⸗ ledigt war. Im weiteren Verlaufe der Sitzung genehmigte das Haus sodann die Permanenzerklaͤrung des Steueraus— chusses behufs Vorberathung des Gesetzes über die directen
ersonalsteuern, und stimmte nach längerer Debatte dem An⸗ trage des Gewerbeausschusses auf dessen Permanenzerklärung ur Vorberathung der Frage der Gewerbereform und der
Seiner Majestät des Kaisers und Königs den XIX. Provinzial ·
andelsvertrages ein.
Bei der gestern von dem ungarischen Unterhause fortgesetzten Berathung des Cultüsbudgets erklärte der Staatssecretär Dr. von Berzeviczhy, die liberale Kirchen— politik beherrsche die Gemüther derartig, daß keine Regierung heute mehr die Kraft habe, die Frage von der Tagesordnung abzusetzen
Großbritannien und Irland.
In der gestrigen Sitzung des Unterhauses erklärte nach einem Bericht des „W. T.. B.“ der Staatssecretär des Krieges Campbell-⸗Bannermann, der von Egypten für das heyvorstehende Finanzjahr zu zahlende Bei⸗ trag von 87 0090 med Sterling basire auf der Stärke der englischen Occupationstruppe vor der jüngsten Ver— stärkung, derselben; es sei unmöglich jetzt zu sagen, welche Erhöhung des Beitrages aus der eingetretenen Verstärkung entstehen werde. Der Parlamentssecretär des Aus— wärtigen Sir E. Grey erwiderte auf eine bezügliche Anfrage: die Conversion der eghptischen Domanial-Anleihe in i, pro— entige Obligationen anstatt in Obligationen von geringerem Zinsfuß bezwecke die Vermeidung einer sonst nothwendigen Kapitalserhöhung, der die Conversion aus allgemeinen finan⸗ ziellen Gründen vorzuziehen sei.
Der Erzbischof von Canterbury hat nach einer der Frkf. Ztg.“ zugegangenen Mittheilung in einem Rundschreiben die Bischöͤfe aller Diszesen aufgefordert, gegen die Kirchen— vorlage für Wales um Pfingsten in London eine große Versammlung der beiden Convocationen und Laienvertretungen der Erzbisthümer Canterbury und York, sowie der Vertreter der Kirchenvorstände aus allen Theilen von England und Wales abzuhalten.
Gegen die Homerule-Bill sind der „A. C.“ zufolge am vergangenen Sonnabend in Dublin und anderen Theilen Irlands mehr als dreißig Versammlungen abgehalten worden. In Dublin war die in der' Leinster Hall abgehaltene Versammlung von beinahe 40900 Per⸗ sonen besucht. Die Verwerfung der ganzen Vorlage wurde zum Beschluß erhoben. In Divernagh waren über 56609 Orgnien-⸗Männer zur selben Zeit versammelt, die sich in derselben Weise über die Homerule-Bill aussprachen. Von der aus 1120 194 Mitgliedern bestehenden „Primrose⸗ League“ soll dem Parlament eine Bittschrift überreicht werden, worin die Petenten erklären, daß die Errichtung eines Parlaments in Dublin das Leben und Eigenthum der loyalen Einwohner Irlands in Gefahr bringen, Unterdrückung und Verbrechen aller Art verursachen, aller Wahrscheinlichkeit nach Anarchie und Bürgerkrieg heraufbeschwören und die
Stabilität und Wohlfahrt Großbritanniens unterminiren werde.
Frankreich.
Der Minister-⸗Präsident Ribot hatte, wie ‚„W. T. B.“ berichtet, gestern Abend eine Zusammenkunft mit Bourgeois und hestand dringend darauf, daß dieser wieder das Justiz⸗ portefeuille übernehme. Bourgeois . heute seine Antwort hierauf ertheilen.
Im Senat kam gestern die Interpellation über die Aussagen der Frau Cottu zur Verhandlung. Halgan Rechte) bemerkte, der Zwischenfall Cottu sei nicht völlig auf⸗ geklärt. Der frühere Minister des Innern Loubet erklärte, ö. Cottu habe im Januar durch den Secretär ihres Gatten um eine Audienz bei Soinoury nachsuchen lassen. Er Loubet) sei hiervon benachrichtigt worden, ebenso wie Ribot und Bourgeois, die in diesem Gesuche nichts Un— gehöriges erblickt hätten. Er habe keineswegs den Schritt, von dem man gesprochen habe, angeordnet. Soinoury habe übrigens vorgezogen, sein Amt niederzulegen. Er bestreite ganz entschieden, jemals eine Liste der in die Panama⸗Affaire verwickelten Parlamentsmitglieder besessen zu haben, und wenn er eine solche besessen hätte, so würde er sie den Gerichten uͤber— geben haben. (Beifall) Constans erklärte unter lebhaftem Bei⸗ fall des Hauses, er habe niemals dem Präsidenten Carnot die Liste der 1094 Abgeordneten übergeben, weil er sie nie besessen habe; er glaube, die Liste habe niemals anders als in der Ein' bildung gewisser Personen existirt. Niemand könne bei dieser Art von Skandal gewinnen. Das Land wolle vor allem Ruhe und Arbeit. Man möge die Gerichte ihre Pflicht thun lassen; und die Legenden würden bald in sich zu⸗ sammenfallen. Sodann erklärte der Minister⸗Präsident Ribot: es sei nunmehr als unbestreitbar anerkannt, daß Frau Cottu bie Zusammenkunft mit Soinoury nachgesucht habe; Soinoury sei unklug gewesen, aber nichts Anderes. Es sei eine Infamie, zu behaupten, daß Carnot eine Liste be⸗ stochener Abgeordneten besessen habe. Derartige Anschuldi⸗ gungen seien des Landes unwürdig. Der Minister⸗Präsident schloß mit der Erklärung, Soinoury habe sich keiner Käuflich⸗ keit schuldig gemacht; er wolle ihn decken. Merlin brachte hierauf die von der Deputirtenkammer vorgestern genehmigte Tagesordnung ein, die mit 20) gegen 56 Stimmen angenom⸗ men wurde.
In der Deputirtenkammer wünschte bei der Ver⸗ lesung des Protokolls der Deputirte Gauthier de Clagny (Boulangist) Aufklärungen von der Regierung über die in der vorgestrigen Sitzung von dem Deputirten Pourquery de Boisserin gemachte Behauptung, daß der Zwischenfall mit Frau Tottu in der Wohnung des Advocaten Barboux vorbereitet worden sei. Der Präsident lehnte es jedoch ab, die Debatte über diesen Gegenstand wieder eröffnen zu lassen. Deroulsde be— klagte sich, daß das „Journal officiel“ das nicht reproducire, was er gesagt habe, nämlich, daß die Regierung aus Lügnern bestehe. Beifall rechts, Lärm auf der Linken) Der Finanz⸗ Minister Tirard verließ seine Bank und ging auf Déroulède los, den er lebhaft interpellirte. (Große Erregung.) Auf die Aufforderung des Präsidenten zog Dérouléde seinen Ausdruck zurück. Der Minister des Auswärtigen Develle besprach sodann die Mittheilungen Pourquery de Boisserin's und hob hervor: eine Frau beklage sich darüber, beleidigt und in das Bureau Soinoury's flirt worden zu sein; nun erfahre man, daß diese Frau den Mann habe rufen lassen, den sie beschuldige, sie beleidigt zu haben, und mit dem sie den Zwischenfall vereinbart habe, der sich gestern vor dem Gericht abgespielt habe. (Leb⸗ hafter Beifall) Damit war der Zwischenfall geschlossen. Im Fortgang der Sitzung richtete der Deputirte Turrel eine Anfrage an die Regierung über ihre kö und beklagte sich darüber, daß man Spanien den Minimal⸗ gegen einen Prohihitivtarif bewilligt habe. Spanien sende wohl nach Frankreich weiter Producte, empfange dagegen von Frankreich keine Producte mehr. Diese Zustände seien für die Weinbauer unerträglich. Der Minister
866 trat das Haus in die Berathung des serbischen
keinerlei Verhandlungen zur Abänderung des Zollreagi einzuleiten, sie werde jedoch sehen, 6b 6 . Maßregeln gegen gewisse Länder ergreifen müsse. Der Handels -Minister Siegfried constatirte alsdann, daß die französische 5 nach Spanien sich verringert habe, die Regierung habe sich bemüht, Concessionen zu erhalten, sie werde in ihrem Bestreben, das hoffentlich zu einem Ziele führen werde, fortfahren, um einen besseren moödus vivendi herbei⸗ zuführen. Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
In der gestrigen Verhandlung in dem Panama—⸗ Bestechungsprozeß protestirte Barboux gegen die von dem Deputtrten Pourquery de Boisserin vorgebrachte Be⸗ hauptung. (Siehe oben.) Constans erklärte, er habe niemals dem Präsidenten Carnot eine Liste der in die Panama⸗Angelegenheit verwickelten Deputirten übermittelt, er habe eine solche Liste auch niemals besessen. Sans⸗-Leroy gab dem Gerichtshof Aufklärungen über die Anlegung der Mitgift seiner Frau Der Staatsanwalt wies darauf hin, daß die mit etheilten Actenstücke ohne Bedeutung seien. Bon gy ur ier hl. sprach im allgemeinen über die Panama⸗Kanal-Arbeiten. Die Ver⸗ nehmung der Zeugen war damit beendet. Die Advocaten der Civilparteien erhielten hierauf das Wort. Der Advocat B oullay beschwor Charles Lesseps, die volle Wahrheit ans Licht zu bringen. Sodann wurde die Aussage des Liquidalors der Panama⸗Gesellschaft Monchicourt vor dem Untersuchunge⸗ richter verlesen. Aus ihr ergiebt sich, daß Lesseps sich weigerte Monchicourt die Namen der Empfänger von 7 Millionen Francs in Bons mitzutheilen. In“ der nunmehr verlesenen Aussage Cottu's wird constatirt, Lesseps allein habe sich mit der Vertheilung dieser Summe befaßt. Der Gerichts— hof beschloß, Monchicourt, der erkrankt ist, in seiner Wohnung über mehrere Punkte vernehmen zu lassen. Der Ad— vokat Las cazes forderte ein strenges Urtheil gegen Baĩhaut, Béral, Sans-Leroy, Dugus, Gobron und är die er alt wahre Verbrecher bezeichnete. Loustaneau, Adbocat Mon⸗ chicourt's, sprach das Verlangen aus, der Gerichtshof möge bestimmen, daß die veruntréuten Sümmen an pie Kasse der Pangama⸗Gesellschaft zurückerstattet und nicht, wie sonst üblich, der Armenkasse übergeben würden. Darauf wurde die Sitzung aufgehoben.
Nnußland.
Der Herzog und die Herzogin Johann Albrecht von Mecklenburg-Schwerin haben dem „W. T. B.“ zu⸗ folge vorgestern St. Petersburg wieder verlassen, um nach Potsdam zurückzukehren.
Italien.
Aus Anlaß des Geburtstags
. — des Königs fand, wie „W. T. B.“ berichtet,
n . z gestern in Rom eine glänzende Truppenschau statt. Der König, begleitet von dem Herzog von Genua, dem Grafen von Turin, dem deutschen Botschafter Grafen Solms und einem glänzenden Gefolge, ließ die Garnison von Rom Revue pafsiren. Die Königin wohnte dem militärischen Schauspiel zu Wagen bei. Der König und die Königin wurden von den Volksmassen jubelnd begruͤßt.
Portugal.
Der Gesandte am Berliner Hofe de Carvalho e Vas⸗ concellos wird sich, wie „W. T. B.“ aus Lissabon er— fährt, binnen kurzem auf seinen Posten begeben, um sich mit der Angelegenheit der auswärtigen Inhaber portugiesischer Werthe zu befassen. ,
Türkei.
Auf Befehl des Sultans begiebt sich einer Meldung des „W. T. B.“ aus Konstantinopel zufolge der Leib— Chemiker Bonkowski in Begleitung von drei höheren Sanitätsbeamten als Delegirter zur internationalen Sanitäts⸗ Conferenz nach Dresden.
Schweden und Norwegen.
In der vorgestrigen Sitzung des St orthings nahm nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Chrstiania der Conseil⸗Präsident Steen namens der Regierung die von der äußersten Linken beantragte Tagesordnung an, wonach Norwegen ohne Verhandlung mit Schweden die Konsulats⸗ frage erledigen solle; den' von Michelsen, Linke, ge—⸗ machten und von Björnstjerne Björnson unterstützten Ausgleichsvorschlag erklaͤrte er aber für unannehmbar. Gleichzeitig glaubte Steen, von der Annahme der von den Moderaten und Mitgliedern der Rechten beantragten Tages⸗ ordnung, worin Verhandlungen mit Schweden empfohlen werden, abrathen zu sollen. Der Führer der Rechten, Stang, betonte, man habe nur zu wählen, ob man der Regierung, die außerhalb der Verfassung liegende Gewaltmittel anzuwenden im Begriff stehe, folgen oder in Verhandlungen mit Schweden eintreten wolle. Der radicale Bankdirector Fasting warnte vor Schritten, welche die Union gefährden könnten.
Dänemark.
Nach einer Meldung des „H. T. B.“ aus Kopenhagen hat das Landsthing mit 42 gegen 14 Stimmen das Gehalt für einen besonderen Gesand fen in Madrid bewilligt, das vom Folkething gestrichen worden war.
Asien.
Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ a: Kalkutta sandte der englische Agent in Gilgit einer telegraphischen Bericht, wonach die aufständischen Stämme bie englische Stellung in Ehilas angegriffen hätten, aber unter Verlust ven ungefähr 200 Toten zurückgeschlagen worden wären. Die Engländer hätten 19 Mann und 3 eingeborene Offiziere verloren, außerdem 24 Verwundete gehabt. Eine Verstärkung von 250 Mann sei nach Chilas geschickt worden, jedoch befürchte man keinen neuen Conflict.
Parlamentarische Nachrichten.
Dentscher Reichstag.
„Der Bericht über die gestrige Sitzung befindet sich in der Ersten Beilage. .
67. Sitzung vom Mittwoch, 15 März, 1 Uhr.
Der Sitzung wohnt der Staatssecretär Freiherr von
Maltz ahn bei. . Die e, Berathung des Reichshaushalts⸗Etats wird
fortgesetzt beim Etat des Reichs⸗S ,
Bei den Ausgaben für das Münzwefen weist der
Abg. Graf Mirbach (deons) die Behauptung des Abg.
urchführung einer schriftlichen sowie mündlichen Enquéte zu.
des Auswärtigen Develle betonte, die Regierung beabsichtige
Büsing zurück, daß die Doppelwährung nur den Großgrundbesitzern zu
cute lan. Solche Unterscheidung zwischen großem und . Grandbesitz sei sonst nur bej anderen Parteien als dei 5 . . Büsing zu finden gewesen. Er (Redner) habe nur ausgeführt, daß der bei rer Landschaft verschuldete Grundbesitzer besser daran sei, als dr bei Privatgläubigern. Die Landschaft beleiht aber große Giter ebenso wie Bauerngüter. Redner wendet sich dann gegen den Abg. Dr. Bamberger, der ihn wohl mißverstanden habe. Er habe ihm durchaus keinen Vorwurf gemacht; eine Verletzung würte nur dann vorliegen, wenn er (Redner) einen Volksstamm als schlechter als den anderen bezeichnet hätte, was nicht geschehen sei.
Abg. Broem el (dfr.) constatirt, daß der Abg. Dr, Bamberger
tines Augenleidens wegen augenblicklich eine ärztliche Consultation habe. Er werde wohl Gelegenheit haben, bei der dritten Lesung zu antworten. ; 25 9. Bü sing (nl): Ich habe gesagt, die Doppelwährung komme nur den ö zu gute. Das ist geschehen auf Grund der Aus⸗ fährung des Abg. Grafen Mirbach, daß die bei der Landschaft verschuldeten Besitzer davon einen Vertheil haben. Die Landschaften sind nicht überall vertreten, namentlich sind die Bauern nicht überall bei der Landschaft betheiligt, und es giebt auch Schalden, welche hinter der Landschaft eingetragen sind. Der Abg. Graf Mirbach hat darauf gesagt: den Grundbesitz, der nicht bei der Landschaft ist, gebe ich preis. Danach war meine Folgerung vollkommen gerechtfertigt. ö .
Abg. Graf Mirbach (deons.) bestreitet eine solche Acußerung über die nicht bei der Landschaft betheiligten Grundbesitzer gemacht zu haben, während der Abg. Büsing seine Behauptung aufrecht erhält.
Der Titel wird genehmigt, ebenso der Rest des Etats des Reichs⸗Schatzamts. J .
Ohne Debatte wird ber Etat der Reichsschuld genehmigt. Beim Etat des Reichsbankwesens weist der ⸗
Abg, Graf Mirbach (deons. darauf hin, daß bei Uiebernah mt der Reichsbank auf das Reich dem Reiche aus dem Ban kwesen 1892
aus dem Jahre vorher 5 Millienen Mark. mehr als jet zu⸗ g flossen seien. Die Sparsamkeit sei also in dieser Frage auf Seite berjenigen gewesen, welche die Reichsbank verstaatlichen wollten. .
Der Etat wird genehmigt; ebenso ohne Debatte die bayrische Quote, die Erstattungen auf aus LUnndesmitteln an⸗ ge wendete Kasernenbau⸗ u. s. w. Kosten und die Betriebs⸗ fonds. (Schluß des Blattes.)
— Der Bericht über die gestrige Sitzung des Hauses
der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage. 1 wer n 23 Jul v d zn Bogotä unterzeichnete Freundschafts⸗, Handels⸗ und Schiffahrtsvertrag zwischen dem Reich und dem Freistaat Kolumbien von dem Reichskanzler vorgelegt worden. ö
— Dem Hause der Abgeordneten ist der Entwurf eines Gesetzes über die Erweiterung der Stadtgemeinde und des Stadtkreises Kiel zugegangen.
— Von dem Abg. von Schencken dorff ist mit Unterstützung sämmtlicher Fraetionen . nachstehende Antrag im Hause der Abgeordneten eingebracht worden:
6 Haus der Ilbgeordneten wolle beschließen: In Rücksicht darauf, daß die auf Verbreitung des Handfertigkeitsunterrichts ge⸗ richtete Bewegung seit dem letzten Jahrzehnt in fast allen Cultur— ländern Aufnahme und zum theil weite Ausdehnung gefunden hat; sowie in Rücksicht darauf, daß ein solcher allgemein verbreiteter Unter⸗ richtszweig wirthschaftlich wie pädagogisch bedeutsam erscheint, wird die Königliche Staatsregierung ersucht, ; ö.
den hierauf gerichteten Bestrebungen staatlicherseits eine weiter—
gehende Förderung zu theil werden zu lassen, als es seither geschehen ist, sowie gleichzeitig Vorsorge zu treffen, daß die Lehrerseminare allmählich diesen Unterrichtszweig als einen freiwilligen aufnehmen.
Dem Reichstage
Nr. 10 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ vom 8. März hat folgenden Inhalt: Gesundheitsstand. Mittheilungen über Volkskrankheiten, insbesondere Fholera. — Sterbefälle in deutschen Städten mit 40000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Er⸗ krankungen in Krankenhäusern einzelner Großstädte. — Desgl. in deutschen Stadt- und Landbezirken. — Gesundheitsstand und Sterbe⸗ fälle im Januar. — Witterung. — Maßregeln gegen Cholera u. s. w. — Deffentliches Gesundheitswesen in Frankfurt a. M. 1891. — Desgl. in München 1891. — Gesundheitsstand in Genua 1892. — Gesetz⸗ gebung u. s. w. (Deutsches Reich. Steuerfreie Verwendung von undengturirtem Branntwein zu Heil⸗ u. s. w. Zwecken. (Schluß) — Preußen. Berlin). Bierdruckporrichtungen. — (Elsaß- Lothringen). Vichseuchen Uebereinkommen. — Ungarn). Apotheker Lehrlinge. — Italien). Arzneimitteltaxe. — Thierseuchen in Belgien, 3. Viertel iahr. — Desgl. in den Niederlanden, Jan. — Desgl. in Serbien, 2 Juni bis 28. September. — Veterinärpolizeiliche Maßregeln. (Sachsen, Baden, Ober Elsaß, Oesterreich).! — Rechtsprechung. (Land⸗ gericht Plauen). Anzeigepflicht bei Thierseuchen. — Verhandlungen von gesetzgebenden Körperschaften u. s. w. Berichtigung. — Vermischtes. (Preußen, Berlin). Desinfection der Hebammen. — (Berlin, Karls— ruhe, Oesterreich). Geheimmittel. Sterbefälle in deutschen Orten mit 15000 und mehrt Einwohnern, Januar. — Dectgl. in größeren Orten des Auslandes.
Nr. 2 des ‚Ministerial-Blatts für die gesammte tunere Verwaltung in den Königlich preußifchen Staaten“ (herausgegeben im Bureau des Ministeriums des Innern) vom 28. Februar 1843 hat folgenden Inhalt: J. Allgemeine Ver⸗ waltungssachen. Anweisung, betr. das Verfahren bei der Üiebergabe und Uebernahme der Verbrecher, die zwischen Preußen und Oesterreich zur Vollziehung einer Auslieferung 2c. zu übergeben find. — Ver— fügung, betr. das. Recht der Polizeibehörden zur Wiederaufhebung noch nicht rechtskräftig gewordener Strafperfügungen. — II. Organi⸗ sationssachen. Behörden und Beamfe. Verfügung, bett. die Stellen zulagen für Mannschaften der Gendarmerie und für Polizeibeamte. — UI. Polizeiperwaltung. Gewerbepolizei. Bekanntmachung, betr. die Anbringung der Vorrathézeichen auf Handfeuerwaffen. IV. Ver⸗ waltung der öffentlichen Arbeiten. Cirkular, betr. die Vergütungen für Schiedsrichter beim Verdingungswesen. — V. Verwaltung für Handel und Gewerbe. Bekanntmachung, betr. Bestimmungen über Beschäftigung jugendlicher Arbeiter ꝛc. in Bergwerken. — Verfügung, betr. die auf Grund des § 134 der Gewerbeordnung zu erlassenden Arbeitsordnungen. — VI. Verwaltung für Landwirthschaft, Domänen und Forsten. Cirkular, betr. die private Behandlung erkrankter Ge⸗ stütspferde. — Cirkular und Vorschriften über die Benutzung und bauliche Unterhaltung der Forstdienstgehöfte. VII. Militär⸗ und Marine⸗Angelegenheiten. Cirkular, betr. die gemäß § 46 der Wehr⸗ ordnung von dem Standesbeamten einzusendenden Auszüge aus den Civilstandsregistern. — Cirkular, betr. die Einführung von Geburts— zeugnissen für militärische Zwecke.
Nr. 10 des ‚Centralblatts der Bauperwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten,
vom 11. März, hat folgenden Inhalt: Gymnasium in Sigmaringen.
Das jweite Anatomische Institut der e ,,, Berlin. — Die eue Croton⸗Thalsperre bei New. Jork. — Führer auf den deutschen Schiff ahrtestraßen. Vermischtes: Schinkelyreiswettbewerbung im Berliner Architektenperein. — Wettbewerb für die katholische St. Matthigz kirche in Berlin. — Wettbewerbe für die katholischen Gar⸗ iontirchen in Straßburg i. E. und in Berlin. — Wettbewerb für Errichtung einer Leichenhalle für die Synagogengemeinde in Frank⸗ furt a. Wettbewerb für das städtische Gymnasium in Frank— urt a. Mi. — Modelle der Kaiser Wilhelm⸗Gedächtnißkirche und der Gngzentirche in Berlin, — Van der Königlichen Biblickhek in Berlin. — Besuchziffer der Technischen Hochschule in Berlin. — Versamm.
lung des Verein deutscher Portland; Cement⸗Fabrilantzen in Berlin. — Mississippibrücke bei Memphis. — Thomas Agzudio t.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Der Strafantrag des Inhabers zweier Firmen, für deren eine ein Waarenzeichen eingetragen ist, gegen den Verletzer seines Markenschutzes wird, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Strafsengfs, vom 15. November 1892, dadurch nicht unwirksam, daß er vom Inhaber irrthümlich im Namen seiner anderen Firma gestellt ist.
— Ein nicht im Hause wohnender Miethshausbesitzer wird, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, VI. Civilsenats, vom 19. De⸗ zember 1892, im Gebiet des Preuß. Allg. L. R. durch die Beauf— tragung eines geeigneten Stellvertreters (Portiers 26. von der eipil— chr hen Verantwortlichkeit für die Nichtbeleuchtung der Treppen nur dann befreit, wenn er von den fortgesetzten Pflicht verletzungen des Beauftragten keine Kenntniß erlangt und auch keinen Anlaß zum Mißtrauen und zur Ueberwachung desselben gehabt hat.
Kunst und Wissenschaft.
44 Der Hang zur Uebertreibung, zur künstlerischen oder künst⸗ lichen Steigerung des in der Natur Geschauten, wie wir ihn im heutigen Kunstleben so vielfach wahrnehmen, bedeutet keineswegs einen Verfall in Manierismus, vielmehr nicht selten einen Ueberschuß individuellen, Kunstvermögens, und darf bei kräftigen Naturen als ent— wicklungsfähiges stilbildendes Element betrachtet werden. Eine ge— rechte Würdigung der auch nach außen sich zusammenschließenden Bestrebungen jüngerer Künstler darf diesen Gesichtspunkt nicht ver⸗ lassen. Die Vereinigung der Xl“, welche in Jahresfrist ihre zweite Ausstellung in Schulte's S alon veranstaltet, besteht mit wenigen Ausnahmen aus gesunden kräftigen Künstlerindividualitäten. Daß das moderne Malerauge an nervöser Feinfühligkeit für Licht⸗ und Luftwirkungen dem anderer Zeiten überlegen ist, wird angesichts dieser Leistungen kaum jemand bestreiten. Daß aber auch die intime Empfindung für seelische Wirkung im Kunstwerk, die Selbständigkeit der Einbildungskraft in der modernen impressionistischen Strömung nicht verloren geht, dafür legen besonders die Schöpfungen L udwig von Hofmann's beredtes Zeugniß ab. Der junge Künstler hat in dem Jahre, das selt der letzten Ausstellung seiner Bilder verstrichen ist, eine bemerkenswerthe Entwicklung durchgemacht, sich gewissermaßen selbst gefunden. Seine Natureindrüche die eine aufs höchste gesteigerte Sensitivität verriethen und zum Verständniß voraussetzten, mußten naturgemäß, dem Publikum als Veduten vor⸗ geführt, Befremden und Widerspruch erregen; sie wirken verständlich und stimmungweckend als Hintergrund diener Traum- und Märchen⸗ gestalten, die er mit zartestem Farbgefühl in sie hineinzaubert. Wie prächtig ist zum Beispiel die Waldeskühle in dem Bildchen Daphnis und Ihm. gegehen, wie wunderbar keusch die Empfindung in der vortrefflich modellirten Frauengestalt „Eva“. Gleich Puvis de Cha⸗ vannes, Böcklin und Thoma sucht Hofmann in der Durchdringung der landschaftlichen Elemente mit dem Gefühlsleben der dargestellten Gestalten das Ausdrucksmittel für seine gleich Musik anmuthenden Lyrismen. Das Zusammenstimmen der tiefleuchtenden Farben zu einem geheimnißvollen Accord, wie er es in der Symphonie in Roth und Blau“ versucht, darf als besonders charalteristisch für die Art seines Schaffens gelten. Das Primäre ist die Farbenstimmung, sie schafft sich gewissermaßen von selbst mit innerer Nothwendigkeit ihre Formen und Gestalten. Dabei, darf man bei Hofmann keineswegs von Vernachlässigung der zeichnerischen Form sprechen, er besitzt vielmehr, gleich Thoma, eine geschulte und sichere Hand, wie z. B. die Durch⸗ führung der Körper in dem schon genannten Bilde „Daphnis und Chlos“ beweist. Ungemein reizvoll sind auch die kleinen Pastelle, deren er eine ganze Reihe ausgestellt hat. In jähem Gegen⸗ satz zu dem Schaffen Hofmann's steht das Max Liebermann: dort schimmernder Märchenglanz, hier klares Tageslicht der Wirklich— keit, scharfe Beobachtung, verstandesmäßige durchdringende Charakte⸗ ristik. Und doch weht uns auch aus Liebermann s Schilderung der freundlichen Beschaulichkeit holländischer Waisenmädchen soviel Stim⸗ mung entgegen, wie sie die Natur nur selbst zu wecken vermag. Dieser warm durchleuchtete Garten des Waisenhauses, in dem die Eltern⸗ losen friedlich umhergehen, plaudernd, spielend und arbeitend die Härte ihres Schicksals dergessen, hat etwas unendlich Versöhnliches, es ist ein Stück echter Menschen ebe, das aus diesem Idyll zu uns spricht. Der Menschen— kenner Liebermann kommt dagegen in den Bildnissen zu Wort, die meist scharf umrissene Charaktere mit Verzicht auf alle Milderung und Vertuschung festhalten. Da ist der an Rembrandt's Tiefe der Auffassung gemahnende Kopf eines Greises, in den herbe Lebens⸗ erfahrungen in Runenschrift ihre Furchen gegraben; das feurige, energisch dreinblickende Antlitz des Dichters Gerhart Hauptmann mit hoher Stirn und herbem Schnitt des Mundes, das immer reicheres Leben fu gewinnen scheint, je weiter man vom Bilde zurücktritt; die Gattin des Künstlers, lässig im Schaukelstuhl zurückgelehnt, der beendeten Lectüre nachdenkend, und das Brustbild eines Berliner Unipersitäts⸗ lehrers und Kunstfreundes, dessen lebendiger, geistvoller Blick die im Licht schillernden Brillengläser durchdringt. Von großem Interesse sind auch Liebermann's Radirungen, deren zwölf ausgestellt sind. Er handhabt die Radirnadel wie einen Kohlestift; in breiten, kräftigen Zügen legt er die Zeichnung an, der die willkürlichste, kecke Aetzung oft zu einer vom Künstler sicher nicht vorausgeahnten glücklichen Wirkung verhilft. F. Skarbina führt uns die reiche Ernte seines diesjährigen Schaffens in nicht weniger als vierzehn Bildern vor. Wie immer, ist er am glücklichsten in der Darstellung nebligen Zwie⸗ lichts, durch das ferne Lichter blinken, so in seinen Berliner und Ham⸗ burger Straßenscenen, während das große Bild einer vom Weihnachts, markt heimkehrenden Dame und der Jagdhüter direct als verfehlte Leistungen zu bezeichnen sind. Die kleine Caféscene „De quoi écrire“ zeigt. da⸗ gegen den Künstler im Vollbesitz seiner reichen Gaben. Friedrich Stahl, der Skarbina in vielem verwandt ist, kommt in seinem Augenblicksbild aus einem Pariser Concertgarten über eine ver— schwommene Farbenskizze nicht recht hinaus, zumal durch seine Vor⸗ liebe, alles in reichem flockigen Nebel zu zeigen, ihm die Fähigkeit zu sester Zeichnung und kräftiger Modellirung fast ganz abhanden ge⸗ kommen ist. Wesentlich klarer, wenn auch etwas nüchtern, arbeitet Hans Herrmann, der noch immer von seinen holländischen Motiven zehrt, seine Gestalten in gleichmäßig hellem Sonnenlicht heraus, während in J. Alberts“ schleswig-holsteinischen Halligenbildern die trostlose Kahlheit und Nüchternheit der weiß getünchten Innenräume bis zur öden Langweile übertrieben ist. All' diesen Malern, wie auch dem Landschafter Walter Leistikgw. und dem Porträtisten Mosson fehlt es nicht an Delicatesse des Farbenvortrags und liebepoller Versenkung in ihre Aufgaben; aber eine große Individualität, wie sie Liebermann und Hofmann besitzen, suchen wir vergebens hinter ihren Arbeiten. Der Unterschied zwischen führenden Geistern und „Genies der Anpassungꝰ wird bei solchein, Vergleich fühlbar. Hugo Vogel, der ein un⸗ emein feinfühliges Bildniß eines jungen Orgelspielers und ein Frauenporträt ausgestellt hat, sowie der Landschafter Müller⸗ Kurzwelly und der Seemaler Schnars-Alguist haben mit der impressionistischen Gruppe der Vereinigung nur einen losen Zusammen— hang, ohne daß ihre Leistungen in' diesem Rahmen dadurch an Werth und an Anziehungskraft Einbuße erlitten. So wenig man die stilbildende Kraft des Impressionismus unterschätzen darf, so wenig kann dieser als die alleinseligmachende Richtung der modernen Malerei angesehen werden. Er bedeutet eine Entwicklungs stufe, aber kein Ziel. C6 Werke, welche außerhalb dieser coloristischen Strömung stehen, in der Technik scheinbar altmodisch sind, 56 ihre Wirkung auf das moderne Auge nicht versagen, beweisen au die Bilder Arthur Kampfes aus Düffeldorf, die in dem elektrisch erleuchteten Austellungssaale der Schulte'schen Kunsthandlung aus—
gestellt sind. Machtvoll ist z. B. der Eindruck der Scene, die ung
Friedrich den Großen schildert, wie er in Köben vom Feldbett aus seine Generale in seuriger Rede zu heldenmüthiger Ausdauer ermahnt. Kampf versteht es, wie auch sein für die Nationalgalerie erworbenes Bild aus den Befreiungskriegen beweist, meisterhaft, die Wirkung des begeisternden Wortes in den Gesichtszügen der Hörer zu malen und erhebt sich hier zu wirklich historischer Größe. . .
u dem in Dt. Krone zu errichtenden Zwei⸗Kaiser⸗ Denkmal (Wilhelm J. und Friedrich 1II.) waren nach einer Mit⸗ theilung der Nat.⸗Z.“ infolge des Preisausschreibens vom 16. August pv. J. acht Entwürfe eingereicht worden. Der erste Preis ist dem Entwurf des Bildhauers Fritz Heinemann in Charlottenburg, der zweite Preis dem Entwurf des Kreis-Baumeisters Hennig in Dt. Krone zuerkannt worden.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln. .
Der Gesundheitsstand in Berlin war in der Woche vom 26. Februar bis 4. März ein der Vorwoche ähnlicher, doch war die Sterblichkeit noch ein wenig größer als in der vorhergegangenen Woche (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, M,. 3), und zwar kamen acute Darmkrankheiten, auch in dieser Woche in einer für die Jahreszeit ungewöhnlich großen Zahl zum Vorschein und endeten in 110 Fällen tödtlich. Die Bethelligung des Säug⸗ lingsalters an der Sterblichkeit war fast die gleichgroße wie in der Vorwoche; von je 10000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 90 Säuglinge. Dagegen haben acute Entzündungen der Athmungsorgane erheblich abgenommen und auch in geringerer Zahl zum Tode geführt. Auch Erkrankungen an Grippe wurden weniger beobachtet, ein Todesfall daran nicht gemeldet. — Das Vor⸗ kommen der Infectionskrankheiten blieb meist ein beschränktes, nur Erkrankungen an Kindbettfieber wurden wieder in größerer Zahl zur Kenntniß gebracht. Erkrankungen an Masern und Scharlach waren. nicht zahlreich und zeigten sich in keinem Stadttheile in nennenswerther Zahl. Exkrankungen an Diphtherie, die nur aus der Oranienburger Vorstadt in größerer Zahl gemeldet warden, haben abgenommen. Er⸗ krankungen an Unterleibstyphus blieben vereinzelt. k Ent⸗ zündungen des Zellgewebes der Haut gelangten wieder etwas häufiger zur ärztlichen Beobachtung. Weniger zahlreich als in der Vorwoche kamen Erkrankungen an Keuchhusten zur Behandlung, die Jahl der durch sie bedingten Sterbefälle sank auf zwölf. Rheumattsche Be—= schwerden aller Art zeigten in ihrem Vorkommen keine wesentliche Veränderung im Vergleich zur Vorwoche.
Cholera.
Rom, 14. März. „Opinion“ und „Diritto“ melden, in Entraque bei Cuneo sei ein in der vorigen Woche daselbst aus Frankreich angekommener Arbeiter plötzlich unter Cholerasymptomen gestorben; der Leichenbefund habe das Vorhandensein von Cholera bestätigt. Der Ptäfect des Bezirks habe strenge Vorsichtsmaßregeln angeordnet.
Türkei.
Zufolge Beschlusses des internationalen Gesundheitsraths zu Konstantinopel vom 7. März 1893 ist Oesterreich⸗Ungarn für „cholera⸗ frei“ erklärt worden. Von demselben Tage ab find die Reisenden aus Europa an den Stationen von Mustapha Pascha und Zibeftsche weder der Desinféction noch anderen Quarantäne-Maßregeln unterworfen.
Die zehntägige Qugrantäne gegen die Herkünfte aus dem Asowschen Meere und die ärztliche Untersuchung der Herkünfte aus Hamburg und den Elbhäfen bleiben noch in Wirksamkeit.
Dagegen ist die ärztliche Untersuchung der Herkünfte aus allen übrigen Häfen des Schwarzen Meeres, aus Triest und Marseille auf— gehoben. ;
Norwegen.
Durch Verfügung der Königlich norwegischen Regierung vom 10. März 1893 ist die aus Anlaß der Cholera unter dem J. Sep⸗ tember 1892 erlassene Verordnung, betreffend die Reinigung der Wäsche und Kleidungsstücke, welche von den aus Rußland und Fin⸗ land, Deutschland, Frankreich und Belgien kommenden Reisenden als Passagiergut zum eigenen Gebrauche mitgeführt werden, wieder auf⸗— gehoben worden. (Vergl. „R. A.“ Nr. 216 vom 13.9. 92.)
Verdingungen im Auslande. Schweden. 1. April, 12 Uhr. Telegraphen⸗Verwaltung, Stockholm 356 000 kg Kupfervitriol, 5 000 Cg Zinkvitriol.
Das Kupferpitriol darf enthalten höchstens J o½ Eisenvitriol, im übrigen keine Verunreinigungen, das Zinkvitriol bis zu 25 — 0 do Eisenvitriol, soll aber im übrigen ohne Verunreinigungen, krystallisirt und neutral sein. Näheres bei dem Technischen Bureau der Telegraphen⸗Verwaltung, Stockholm. Versiegelte Angebote mit Auf⸗ schrift „Leveransanbud“ und Angabe von Preis- und Lieferungs⸗
bedingungen. Theater und Musik. Königliches Schauspielhaus.
Vorgestern Abend gab Herr Ludwig zum ersten Mal den „Othello“ und erweckte bei den Zuschauern und Zuhörern jubeln⸗ den Beijiall. Herr Ludwig ist nicht nur ein von Natur besonders be⸗ gabter Darsteller, er ist überdies ein gewissenhafter, überlegender und feinsinniger Künstler, von dem man, wie der Erfolg gelehrt hat, eine vollgültige Lösung der hohen Aufgabe erwarten durfte. Der Charakter des Othello ist einer sehr vielseitigen und unterschiedlichen Auffassung wegen seiner Ursprünglichkeit kaum zug inglich, und doch gelang es dem Darsteller, neben alle große Er⸗ innerungen, eine neue selbständige und eigenartige Othello⸗Gestalt zu setzen, die siegreich im Gedächtniß haften wird. Herr Ludwig spielt selnen Othello auf das Reinmenschliche hinaus, in dem die urwüchsige Wildheit des Mohren unter der Oberfläche einer durch die Größe seiner Seele und durch die Anlagen seines Geistes selbst geschaffenen Erziehung und Cultur sich verbirgt. Treuherzigkeit und warmes Gefühl wie die Vornehmheit der Ge—⸗ sinnung brachte der Darsteller wirkungsvoll zur Geltung; auch das Ent⸗ stehen und Wachsen der Eifersucht wurde ebenso natürlich wie das Unterliegen gegenüber dem hinterlistigen Intriganten gekennzeichnet. — Die übrigen mitwirkenden Künstler standen fast ausnahmslos dem Titelhelden würdig zur Seite; besondere Anerkennung verdient die Emilia des Fräulein Poppe.
Kroll's Theater. ö
Frau Minnie Hauk hatte wegen Unwehlseins gestern auf ihr Austreten als Frau Fluth in Nicolai'ss ‚Lustigen Weibern von Windsor ' verzichten müssen. An ihrer Stelle sang Frãulein Lange diese Partie und führte sie sehr brav durch. Ihr Sopran ist in der Mittellage etwas schwach, sodaß manches gegenüber dem im Kroll'schen Theater hesonders mächtigen Occhester verloren ging. Eine sehr achtbare Leistung war der Falstaff des Herrn Poppe.)
Sing ⸗ Akademie.
Die Sopranistin Frau Paula Gierke, die hier schon seit meb⸗ reren Jahren als Gesanglehrerin thätig ist, gab gestern ein Concert. ins welchem sie Lieder von Beethoven, Löwe, Lisjt, Sommer, Graf Ph. zu Eulenburg und Cornelius vortrug. Die Stimme ist nicht mehr frisch genug, auch schwankte die Reinheit der Intonation be denklich; falsche Betonungen beeinträchtigten außerdem den Vortrag der Lieder. Der Violinvirtues Herr R. Ten tz unterstützte das Concert sehr wirlsam durch einige Piscen von Tartint und anderen, die mit großem Beifall aufgenommen wurden, der auch der Sängerin nicht ehlte. Das häbsche Quartett ‚Minnespiel von Schumann, an dessen Vortrag sich auch die Altistin Fräulein V. Jitelmann, der Tenorist Herr Zarneckew und ein ungenannter Baffist betbeiligten, bildete den Schluß des Abends.
Saal Bechstein. t
Der dritte Kammermusik-⸗Abend von Gustav und Ingebor Exner und Fritz Espen bahn, der gestern stattfand, drachte zwe größe re Werke: ein Trio von Raff (op. 155) für Klavier, Vicline
und Cello, sowie das schöne Quintett von Schumann (op. 44) fur