1893 / 72 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 24 Mar 1893 18:00:01 GMT) scan diff

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Dauer nur dann durchgeführt werden, wenn die gesammte Bevölkerung sich in den Geist und das Wesen desselben hineinarbeitet, und ich hoffe, daß dadurch das Gefühl der Pflicht gegen den Staat, und daß namentlich auch die Opferfreudigkeit der reichen Klassen allmählich so gestärkt wird, so daß ein Conflict mit den Steuerbehörden überhaupt kaum noch vorkommt. Ich habe im anderen Haufe Gelegenheit genommen, für Berlin speriell nachzuweisen, in welchen zahlreichen Fällen die Beanstandungen sich als begründet ergeben haben und um welche Differenzen es sich da in einzelnen Fällen handelte. Es handelte sich da häufig um ein Einkommen von mehr als 100 000 4 Ich hoffe, daß die Beanstandungen in Zukunft ein solches Resultat nicht mehr liefern und daß wir nicht genöthigt sind, mit Strafen einzuschreiten, wenigstens nicht in erheblichem Maße. Daß aber gegenwärtig die Steuererklärungen vielfach und dringend im Interesse der Gerechtigkeit Beanstandungen erforderten, ergiebt sich aus dem Erfolge der Beanstandungen. Es sind Fälle vorgekommen, die man wohl kaum für glaublich halten könnte und wo man doch nicht die Ueberzeugung haben kann, daß mala fides die Steuererklärung dem Censiten in die Feder dietirt hat. Um so nothwendiger aber ist es, daß durch eine solche Veröffentlichung aller in Betracht kommenden Materialien die Censiten aus ihren Irrthümern, in welchen sie sich gar zu oft und gern hineinreden, herausgezogen werden.

Freiherr von Manteuffel wendet sich gegen den Grafen Frankenberg und tritt in Bezug auf die Steuerreform dem Finanz⸗ Minister bei; er empfiehlt ebenfalls die größte Sparsamkeit, wie er dies in Bezug auf den Dortmund-Emskanal vorgeschlagen habe, wobei er allerdings auf heftigen Widerspruch bei der Regierung ge— stoßen sei. Bezüglich der Steuercommissarien bleibe er dabei, daß die besten Vorsitzenden die im Kreise angesessenen, also mit dessen Ver— hältnissen vertrauten Landwirthe seien.

Damit schließt die Generaldebatte.

Beim Etat der Forst verwaltung empfiehlt

Graf von Mirbach die Schaffung einer directen Wasserstraße vom Osten nach dem Westen für den besseren Absatz der Producte des Ostens. Redner empfiehlt ferner die Beibehaltung der hölzernen Schwellen, die leicht aus den deutschen Wäldern beschafft werden könnten.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Da die Ausführungen des Herrn Grafen von Mirhach wohl vorzugsweise das Ressort des Ministers der öffentlichen Arbeiten betreffen, so erlaube ich mir, dieselben mit einigen kurzen Bemerkungen zu beantworten. Ein Wasserweg von Osterode über Graudenz nach Bromberg besteht schon, und zwar durch den sogen. Oberländischen Kanal. Derselbe ergiebt allerdings einige Umwege. Es ist daher auch schon mehrfach die Frage ventilirt worden, ob man nicht unter Benutzung der dazwischen liegenden Seen (Graf von Mirbach: Das ist ja ganz etwas Anderes. Ich bitte um das Wort.) einen leistungsfähigen Weg herstellen kann. Es ist neuerdings ein darauf gerichteter Antrag des Ober⸗Präsidenten bei mir eingebracht worden. Die Schwierigkeiten der Ausführung einer derartigen Wasser—⸗ straße sind aber derartig, daß die Kosten wohl zur Zeit kaum aufzu— bringen sein werden. Es würde eine Niveaudifferenz von etwa 100 m zu überwinden sein.

Was dann den zweiten Punkt anbetrifft, die größere Verwendung von hölzernen Schwellen, inebesondere aus dem Inlande, so habe ich mir bereits im vorigen Jahre sowohl in diesem hohen Hause, als auch im Abgeordnetenhause und auch in diesem Jahre im Abgeordnetenhause bei Gelegenheit der Berathung des Antrages des Herrn Grafen Kanitz auszuführen gestattet, daß es sich keineswegs darum handelt, die hölzernen Schwellen durch die eisernen ganz zu verdrängen. Auch bisher und das scheint Herrn Grafen von Mirbach nicht bekannt zu sein wurde die eiserne Schwelle namentlich in den westlichen Directionsbezirken in großem Maße in Anwendung gebracht. In einzelnen westlichen Directionsbezirken liegen weit mehr eiserne als hölzerne Schwellen. Im Directionsbezirk Elberfeld sind beispielsweise ungefähr 70 eiserne und nur 300o hölzerne. Die eiserne Schwelle ist überall da angebracht, wo ein gutes scharfkantiges Bettungsmaterial vorhanden ist und wo der Boden an und für sich ein leicht zu ent— wässernder ist. Es folgt daraus schon von selbst, daß für große Distriete, namentlich des Ostens, die eiserne Schwelle wohl kaum in Frage kommen kann, wir vielmehr nach wie vor unsere Geleise auf hölzerne Schwellen legen müssen. (Graf von Mirbach: Bravo!) Es ist daher auch bei den neuerdings vorgenommenen Ermittelungen durchaus davon ausgegangen, daß die hölzernen Schwellen auch noch in Zukunft in großem Maße verwendet werden sollen. Es liegt mir hier beispielsweise eine Notiz vor, nach der im Jahre 1891/92 1294000 Stück eichene Schwellen beschafft worden sind und dagegen nur 9587 000 eiserne. Dazu kommt ein noch viel größeres Quantum kieferner Schwellen. Ich habe die Zahlen für letztere leider augen— blicklich nicht hier. Von den gesammten Holzschwellen sind im letzten Jahre höchstens zehn Procent im Inlande zu beschaffen gewesen, und das liegt nicht etwa darin, daß die Eisenbahnverwaltung eine Vor⸗ liebe für das Ausland hätte, sondern einzig allein daran, daß wir unseren Bedarf aus inländischen Schwellen nicht zu decken vermochten. Das Holz, welches zu Schwellen verarbeitet werden kann, wird nämlich von der inländischen Forstverwaltung, der staatlichen wie der privaten zur Zeit als Nutzholz zu viel höheren Preisen verwerthet, als die Staatseisenbahnverwaltung gegenüber der ausländischen Concurrenz in dem Preise der eisernen Schwellen anlegen kann.

Wenn ich dem Herrn Grafen Mirbach mittheile, daß mir bei⸗ spielsweise zur Zeit Offerten vorliegen in ganz beliebiger Menge, in denen die eichene Schwelle frei Imprägnirungsanstalt zu 4.50 und die kieferne Schwelle zu 2 A angeboten wird, so wird er sofort ein— sehen, daß zu diesen Preisen das inländische Holz zur Zeit nicht be⸗ schafft werden kann. Die Industrie, die Herr Graf Mirbach seiner⸗ seits auch angeführt hat, als in dieser Frage wesentlich betheiligt, hat zur Zeit ein größeres Interesse daran, ausländisches Holz heranzu— ziehen, weil gleichzeitig dabei der Handelsgewinn, der ihr bei dem inländischen Holz ja in dem Maße nicht zu theil wird, eine Rolle spielt.

Wenn Herr Graf Mirbach vorhin angeführt hat, daß es auch im allgemeinen Interesse wünschenswerth sei, thunlichst bei den höl⸗ zernen Schwellen zu verbleiben, weil die hölzerne Schwelle sanfteres Fahren ergebe als die eiserne Schwelle, so möchte ich dagegen bemerken, daß die eiserne Schwelle, vorausgesetzt, daß das richtige Profil gewählt wird und sie die richtige Bettung findet, in der Befahrung wohl kaum zu unterscheiden ist von einer Gleislage auf hölzernen Schwellen. Das Vorurtheil, welches sich sowohl bei den Eisenbahnverwaltungen, wie auch beim Publikum gegen die eiserne Schwelle festgesetzt hatte, beruht im wesentlichen

darauf, daß in früheren Zeiten unzweckmäßige und insbesondere zu leichte Formen der eisernen Schwelle gewählt worden sind, daß namentlich im großen Umfang Langschwellen verwendet worden sind, und die Langschwellen aus verschiedenen Gründen zu großen Aus— stellungen Veranlassung gegeben haben.

Heutzutage werden mit den neuen Formen, namentlich der eisernen Querschwellen Gleise hergestellt, die in jeder Beziehung tadellos sind. Ich erinnere z. B. daran, daß die belgischen Staatsbahnen seit Jahren fast keine anderen Gleise mehr herstellen, als auf eisernen Querschwellen, und daß die Lage dieser Gleise in Belgien allen berechtigten Ansprüchen genügt.

Aber, meine Herren, bei uns ich kann das nur nochmals wiederholen liegt absolut keine Gefahr vor, daß die eisernen Schwellen die hölzernen vollständig verdrängen werden, und auch meinerseits kann nur gewünscht werden, daß in thunlichst großem Um⸗ fange inländische Hölzer an den Holzschwellenlieferungen für die Staatseisenbahnverwaltung betheiligt werden. Um dies thunlichst zu erleichtern, sind noch die Eisenbahn⸗Directionen angewiesen worden, sich im Inlande umzusehen und zu erwägen, ob nicht auch inländische Schwellen für die Eisenbahnbestände verwendet werden können, die zwar an und für sich noch brauchbar sind, aber den Bedingungen nicht voll entsprechen, und ich kann voraussetzen, daß die Direetionen dieser Weisung folgend in steigendem Maße, soweit es irgend mit dem Interesse der Verwaltung vereinbar ist, in Zukunft inländisches Holz verwenden werden.

Graf von Frankenberg richtet an den Minister für Land⸗ wirthschaft eine Reihe von Fragen, berührt die Frage der Abwehr der Nonnenraupe und spricht sich dahin aus, daß das Ringeln der Kiefern durchaus nutzlos sei. Er empfiehlt der Forstverwaltung die Anlage von Kleinbahnen, die den Transport des Holzes erleichtern und wesentlich billiger machen würden.

Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden:

Der verehrte Herr Graf wird gestatten, daß ich rückwärts mit seinen Fragen anfange und zunächst auf die Einimpfung der Nonne eingehe.

Die Versuche sind im vorigen Jahre auf den Staatsforsten ge— macht worden. Zu einem abschließenden Urtheil haben dieselben aber nicht führen können, weil die Krankheit möglicherweise schon vor dem Beginn der Versuchsimpfung begonnen hatte. Ein Theil der Beobachter glaubt, von der Impfung Erfolge bemerkt zu haben, während ihr Werth von anderen bestritten wird. Die Versuche werden von den Forstakademien noch weiter fortgesetzt, um zu erforschen und fest⸗— zustellen, ob durch die Impfung in Zukunft diesen gefährlichen Schädlingen Abbruch geschehen kann.

Der Herr Graf von Frankenberg hat ferner gefragt, ob das Ringeln der Bestände gegen die Nonne irgend welchen Nutzen hat. Darüber sind die Ansichten getheilt. Ein Theil hält diese Schutz⸗ maßregeln für nützlich. Herr Graf von Frankenberg sagt, daß sie keinen Nutzen haben. Auch in der Forstverwaltung ist hierüber das Urtheil noch nicht abgeschlossen. Jedenfalls haben wir uns entschlossen, nachdem die großen Calamitäten in Bayern eingetreten waren und man sich auch dort entschlossen hatte, in umfangreicher Weise zu ringeln, auch unsererseits diese Vorsichtsmaßregel anzuwenden. Auch bei uns hat sich ein Theil der Beobachter dahin entschieden, daß die Maßregel von Nutzen gewesen sei, während ein anderer Theil die Nützlichkeit in Zweifel gezogen hat, wie überhaupt ein Theil der Revierverwalter von den ganzen Bekämpfungsmaßregeln gegen die Schädlinge nicht viel hält.

Der verehrte Herr Graf von Frankenberg hat ferner gefragt: Ist die Staatsforstverwaltung mit den Ergebnissen des Wildschaden⸗ gesetzes zufrieden? Ich kann diese Frage in dieser Session nicht beantworten, weil uns der Abschluß noch nicht vorliegt. Wir sind erst im ersten Jahre der Gültigkeit des Gesetzes, und es werden sich erst im nächsten Jahre Schlußfolgerungen ziehen lassen.

Herr Graf von Frankenberg hat ferner gefragt: Wie kommt es, daß die diesjährigen Werbekosten für Holz etwa um 140000 M6 niedriger erscheinen als im vorigen Jahre. Es ist dies keineswegs durch Herabsetzung der Löhne veranlaßt, vielmehr sind die Löhne mehrfach heraufgesetzt worden. Der Ansatz der Werbungskosten im Etat erfolgt nach dem Durchschnitt der Ausgaben in den Vorjahren. Die Höhe der Ausgaben hängt ab einmal von der Masse des ein geschlagenen Holzes und sodann davon, ob mehr Nutzholz oder Reiser. holz eingeschlagen wurde. Diese Fractionsrechnung giebt ein Bild davon, wie sich die Verhältnisse in den früheren Jahren gestaltet haben.

Schließlich hat Herr Graf von Frankenberg die Kleinbahnen erwähnt. Er hat seinem Befremden Ausdruck gegeben, daß für die⸗ selben in dem vorliegenden Etat nichts gefordert ist. Ich will die Verhandlungen, welche im Abgeordnetenhause hierüber stattgefunden haben, nicht recapituliren, sondern nur hervorheben, daß ein Ein— verständniß darüber erzielt ist, daß die Förderung des Baues von Kleinbahnen nicht bloß eine Aufgabe der Staatsverwaltung im all— gemeinen, sondern auch der Forstverwaltung ist. Ich hoffe, daß es mit Zustimmung der Finanzverwaltung möglich sein wird, im nächst— jährigen Etat ebenso wie für die Anlage von Eisenbahnhaltestellen und den Bau von Chausseen auch für die Förderung des Kleinbahn⸗ wesens einen erheblichen Posten erscheinen zu lassen.

Ich möchte dann noch mit einem Wort zurückgreifen auf das, was der Herr Graf Mirbach gesagt hat bezüglich der Lieferung der Schwellen. Die Staats⸗Forstverwaltung hat bisher den Standpunkt eingenommen, daß sie zu einer directen Verarbeitung des von ihr producirten Materials nicht geschritten ist, sondern das Rohmaterial an den Meistbietenden verkauft hat. Die Forstverwaltung hat bei ihren Verkäufen bisher einen höheren Preis erzielt, wie die Eisenbahn verwaltung für Schwellen anlegen konnte. Die Frage des Herrn Grafen Mirbach würde daher dahin zu präeisiren sein: soll die Eisenbahnverwaltung im Interesse der Hebung des inländischen Holz— markts überhaupt keine ausländischen Schwellen beziehen, sondern bloß inländische verwenden? Meine Herren, es ist das eine prineipielle Frage, die ich von dem Standpunkte meines Ressorts aus nicht ent⸗ scheiden kann. Es ist ja gar keine Frage, daß, wenn so verfahren wird und der ausländische Markt unberücksichtigt bleibt und der Be⸗ darf lediglich aus unseren Staats⸗ oder Privatforsten gedeckt wird, daß dann eine Hebung des inländischen Preises stattfinden wird. Andererseits hat diese Angelegenheit eine solche finanzielle Tragweite, daß ich mich nicht vorbehaltslos auf den Standpunkt stellen kann: es sollen überhaupt keine Schwellen mehr aus dem Auslande bezogen werden. Diesen Standpunkt kann die Staatsregierung nicht acceptiren.

Wenn ferner von dem Herrn Grafen gesagt ist, er kenne Reviere, in denen noch jetzt Nutzholz wegen der niedrigen Preise zu Brennholz

eingeschlagen wird, so kann ich diese Angabe nicht controliren. Ich vermuthe, daß andere Verhältnisse mit in Betracht kommen und zwar die überaus umfangreichen Lieferungen an Brennholz, welche die Staats-Forstverwaltung in Preußen an die Schulen zu machen hat. Da ist mir bekannt, daß Verhältnisse vorliegen, wo Nutzholz zu Brennholz eingeschlagen werden muß, um eben die Bedürfnisse der einzelnen Schulinteressenten zu befriedigen und sie nicht etwa auf ent— fernte Reviere zu verweisen und sie dadurch zu sehr zu belasten, daß solche Verhältnisse bestehen, aber es wird Nutzholz lediglich dann zu Brennholz eingeschlagen, wenn es das Interesse der berechtigten Schul⸗ unterhaltungspflichtigen erfordert.

Es folgt der Etat der directen Steuern.

Minister des Königlichen Hauses von Wedel warnt vor der Vermehrung der Zahl, der besonderen Veranlagungscommissare, weil diese Beamten meist die Verhältnisse ihrer Kreise nicht kennten.

Finanz⸗Minister Dr. Miguel:

Meine Herren! Auch die Finanzverwaltung steht wesentlich auf dem Standpunkt des Herrn von Wedel. (Bravo! Wir haben durchaus nicht den Grundsatz, die Landräthe und Ober⸗Bürger⸗ meister aus dieser Thätigkeit bei der Steuerveranlagung systematisch herauszudrängen. Das würde auch nicht dem Geiste des Gesetzes ent⸗ sprechen, welches davon ausgeht, daß die Ersetzung der regelmäßigen Träger der Steuerverfassung eine Ausnahme sei, die durch besondere Umstände gerechtfertigt sein muß; aber das ist allerdings richtig, daß solche besonderen Umstände vielfach vorliegen. Wir haben im ganzen 540 Veranlagungsbezirke, darunter 60 Stadtbezirke und 480 Land⸗ bezirke. Nun haben wir in 19 Stadtkreisen und in 31 Landkreisen besondere Commissare, und um dieses Personal zu haben, ist die Ver⸗ mehrung der Stellen in diesem Etat vorgesehen. Diese Landkreise sind aber fast ausschließlich industrielle Landkreise und solche, wo besondere Um⸗ stände vorliegen und die Landräthe mit Rücksicht auf die Größe der Kreise und auf die sonstige starke Belastung und Ueberlastung nicht im stande waren, diese Geschäfte zu handhaben. Ich nenne z. B. Saarbrücken, Bochum, Recklinghausen, Waldenburg, Beuthen, Kattowitz, Nieder⸗ barnim in der nächsten Umgegend von Berlin und Teltow. Da sind solche besonderen Verhältnisse, die Landräthe sind da derart in An⸗ spruch genommen, daß sie sich wirklich nicht genügend um die Sache kümmern können; meistens haben sie den dringenden Wunsch ausge— sprochen, und da sind wir denn zur Ernennung besonderer Com⸗ missarien geschritten. Nun sage ich weiter, es würde mir höchst erwünscht sein, wenn wir überall Commissarien in diesen Fällen ernennen können, die mit den praktischen Verhältnissen des Landes, namentlich der Landwirthschaft, schon vorher voll vertraut wären. Manche Fragen, die ja auch hier zur Erwähnung gekommen sind, erklären allerdings sich nur daraus, daß die betreffenden Com— missarien die ländlichen Verhältnisse nicht ganz richtig beurtheilen und kein rechtes Verständniß dafür haben, was die Schulzen und die Ge⸗ meinde⸗Vorsteher zu leisten und folgeweise zu beantworten im stande sind. Es ist aber sehr schwer, überall solche zu finden, zumal diese ganze Klasse der commissarisch ernannten Vorsitzenden der Ver⸗ anlagungscommission noch garnicht eingeordnet ist in die allgemeine Staatsverwaltung, sie also keine Carriere vor sich haben. Hieraus ergiebt sich eine große Schwierigkeit, gerade solche zu finden, von denen anzunehmen ist, daß sie schon nach ihrer ganzen Lebensthätigkeit von vornherein die nöthigen Erfahrungen mitbringen. Ich glaube aber, daß diese Herren doch in einigen Jahren, wenn sie überhaupt geeignete Be⸗ amten sind, sich diese nothwendige Kenntniß allmählich verschaffen werden, und daß Unzuträglichkeiten, die mannigfach hervorgetreten sein mögen, allmählich immer geringer werden dürften. Auch Herr Graf von Wedel wird zugeben, daß Verhältnisse eintreten können, wo man that⸗ sächlich nicht anders kann, beispielsweise in den Städten. Die Ober⸗ Bürgermeister der großen Städte erklären meistens: „Wir sind außer stande, uns um diese Geschäfte selbst genügend zu bekümmern, es müßten Commissare ernannt werden.“ Bisweilen schlagen die Magistrate eine Person vor. Aber vielfach ist dies nicht ge⸗ lungen; es finden sich oft keine geeigneten, geneigten oder zu solchen Geschäften befähigte Mitglieder der Magistrate. Da bleibt uns nichts weiter übrig, als besondere Commissare zu ernennen. Bei Gelegenheit der Steuerreform werden wir auf diese Verhältnisse noch weiter zurückkommen. Ich kann nur vpersichern, im großen und ganzen stehen wir auf dem Grundsatz, daß es sich nur bei besonderen Verhält⸗ nissen empfiehlt, die Regel des Gesetzes, daß die Landräthe oder Ober⸗Bürgermeister die Veranlagung leiten sollen, aufzugeben und daß wir auch in Zukunft auf diesen Standpunkt stehen bleiben werden.

Graf von Pfeil: Der Landrath ist der geborene Vorsitzende der Veranlagungscommission. Man kann doch dem Landrath nicht einen beliebigen Beamten zur Seite stellen, der ihn corrigirt und ihm Nathschläge ertheilt. Wo der Landrath überlastet ist, soll man ihm einen Assessor zur Seite stellen; das würde für beide Theile förderlich sein.

Finanz-⸗Minister Dr. Miquel:

In den drei Kreisen im Regierungsbezirk Marienwerder, die der Herr Graf genannt hat, walten besondere Verhältnisse ob, namentlich mit Rücksicht auf Theilnahme eines Landraths an den Verhandlungen des Landtags, die ihn zwingt, gerade in der Zeit abwesend zu sein und zwar dauernd, wo diese Arbeit vor sich geht. Wenn dann die Re⸗— gierung an uns berichtet, der Beamte ist gar nicht im stande, die Sache in der Zeit zu leiten, wo diese Steuerveranlagungen stattfinden, was soll uns anderes übrig bleiben, als einen Com- missar zu ernennen? Wenn Herr Graf Pfeil darauf hinwies, daß es besser wäre, Assessoren den Landräthen beizuordnen, so ist das vielfach geschehen. Wir haben allein 50 Assessoren in solchen Fällen den Landräthen beigeordnet, meistens aber von den Herren Landräthen die Ansicht hören müssen, daß ihnen Assessoren weniger nützlich wären, als gute Subalt ernbeamte, die den Landräthen und ihren Dienstaufwendungen nicht zur Last fallen. Das ist fast durch⸗ gängig geschehen und hat erhebliche Erleichterung geschaffen. Dabei haben wir in beiden Fällen festgehalten, daß unter allen Um⸗ ständen verhütet werden muß, daß die Geschäfte der Steuerveranlagung wieder in die Hände der Subalternen gelangen, was früher zu großen Unzuträglichkeiten geführt hat. Der Landrath, der diese Geschäfte führt, muß sich vergegenwärtigen, daß eine große Summe von Ge⸗ schäften, die dabei zu erledigen sind, nur von ihm persönlich wahr— genommen werden können, und daß er sie nicht subalternen Personen überlassen kann, die in der Regel nicht dafür den richtigen Takt und das richtige Verständniß haben.

Ober Bürgermeister Struchm ann, verlangt von seiten der

Steuerperwaltung eine Controle über die Grundsätze, nach denen in den einzelnen Bezirken eingeschätzt wird; gegenwärtig seien diese Grund⸗

sie aus zu großer Entfernung Brennholz heranfahren müßten. Also—

. sehr verschieden, was zu Ungerechtigkeiten in der Einschätzung

re. Es folgt der Etat der Eisenbahnverwaltung. Graf von Mirbach wünscht bessere Einrichtung der Heizung in den Schlafwagen, er dankt dem Minister für Beibehaltung der Staffeltarife und bittet um deren Erweiterung.

Graf von Frankenberg hat den Antrag eingebracht:

Das Haus wolle beschließen: . ! Die Regierung zu ersuchen, für die im Ausnahmetarife (Roh⸗ stoffe) unter Nr. J genannten Düngemittel sowie ferner für ,. und gebrannten Kalk zum Düngen, für Dolomit, Dolomitme hl, Schlamm, Schlick, Torfstreu und Torfmull, Phosphate aller Art, Knochen und Knochenmehle, Gips zum Düngen, denaturirte ge⸗

reinigte Kalisalze sowie Düngemittel, nicht besonders benannte, einen

um ein Wesentliches herabgesetzten gemeinsamen Ausnahmetarif (Düngertarif) zu gewähren. Gründe: Das dringende Bedürfniß einer Verbilligung der Urproduction behufs 1) Erhaltung und Förde⸗ rung der Landescultur und behufs 2) Hebung der Einnahmen aus dem Binnenverkehr des Staatsbahnnetzes.

Graf von Frankenberg weist darauf hin, daß der Antrag dem vom Abg. Schultz ⸗Lupitz im Abgeordneten hause eingebrachten entspreche. Er bezwecke eine vollkommenere Nutzbarmachung der. alisalz⸗Lager. Unter allen Wegen zur Hebung der Landwirthschaft sei der einfachste und sicherste, daß man auch dem kleinen Manne die künstlichen Dünge⸗ mittel, welche im Betriebe der Landwirthschaft eine außerordentliche Bedeutung erlangt haben, zugänglich mache; .

Fürst zu Putbus wünscht bessere Eisenbahn⸗A1nschlüsse für den Verkehr der Insel Rügen. !

von Ploetz befürwortet die Einrichtung directer Züge auf der Strecke Gollnow Kammin.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Es möge mir gestattet sein, zunächst Herrn von Ploetz zu antworten, daß vom 1. Mai ab seinem Wunsch entsprochen wird, und zwar daß der Zug durchgeht von Gollnow nach Kammin. (Ruf des Herrn von Ploetz: Nein! Gerade das Gegentheil!! Dann bedauere ich, Herrn von Ploetz mißverstanden zu haben. Die Behörden haben sich dahin ausgesprochen, daß die Kamminer Linie als die Hauptverkehrslinie anzusehen ist— Ich bin aber sehr gern bereit, wenigstens dazu beizutragen, daß die Unbequemlichkeiten, die ven Herrn von Ploetz geschildert sind, thunlichst beseitigt werden.

Was nun zweitens den Antrag Seiner Durchlaucht des Fürsten Putbus betrifft, der zunächst dahin geht, bessere Anschlüsse aus den Provinzen nach den Provinzial-⸗Hauptstädten herzustellen, so möchte ich mir die Bemerkung gestatten, daß das Kapitel der Fahrplan⸗ construction wohl eine der schwierigsten Aufgaben bildet, die der Staatseisenbahnverwaltung obliegt, und daß die Winsche, die in dieser Beziehung von allen Seiten geäußert werden, nur zum theil berück⸗ sichtigt werden können. Jeder Fahrplan ist ein so complicirtes Ge—⸗ bäude, daß, wenn man einen Stein daraus hinwegnimmt oder an eine andere Stelle setzt, man das ganze Gebäude häufig in Gefahr bringt.

Die Wünsche Seiner Durchlaucht des Fürsten Putbus zielen nun wie mir bekannt hauptsächlich dahin, einmal nach Greifswald bessere Verbindungen einzurichten, weil Greifswald das Obergericht bildet für die ganze Provinz, und zweitens auch bessere Verbindungen nach Berlin herbeizuführen. Die Schwierigkeiten, die in beiden Beziehungen bestehen, haben es zur Zeit nicht ermöglichen lassen, die Wünsche des Herrn Fürsten Putbus zu befriedigen. Wir werden aber nach wie vor bemüht sein, die Verbindungen günstiger zu gestalten. Zur Zeit sind wir in der Befriedigung derartiger Fahrplanwünsche aber wesentlich dadurch behindert, daß die allgemeine Finanzlage es verbietet, neue Züge da einzulegen, wo nicht ein ganz dringendes Verkehrsbedürfniß das gebieterisch fordert.

Der zweite Punkt, den der Herr Fürst Putbus angeregt hat, war die Frage, ob es sich nicht ermöglichen lasse, gleich wie in Oesterreich⸗Ungarn, gegen einen besonderen Entgelt die Schnellzüge an beliebigen Stationen anhalten zu lassen. Meine Herren, ich würde in einer solchen Maßregel eine außerordentliche Verschlechterung unseres ganzen Schnellzugdienstes erblicken. Es würde da⸗

durch eine Unregelmäßigkeit in unseren Fahrplan hineinge⸗ bracht werden, die alle Errungenschaften der letzten Jahre bezüglich einer besseren Beförderung der Schnell- und Courierzüge in Frage stellen würde. Ich bin daher zu meinem Bedauern nicht in der Lage, in dieser Beziehung den geäußerten Wünschen ein Entgegenkommen meinerseits in Aussicht stellen zu können.

Bezüglich des vom Herrn Grafen Frankenberg eingebrachten An⸗ trages darf ich mich wohl auf die kurze Erklärung beschränken, daß der An⸗ trag, wie der ungefähr gleichlautende, welcher im Abgeordnetenhause seitens des Abg. Schultz⸗Lupitz eingebracht worden ist, die Staatseisenbahn⸗ verwaltung veranlaßt hat, gleichwie dies gegenüber den ähnlichen An— trägen, die vor fünf Jahren eingebracht worden sind, geschehen ist, eine eingehendere Ermittlung der finanziellen und wirthschaftlichen Folgen einer derartigen Tarifermäßigung eintreten zu lassen. Die Düngmittel erfreuen sich schon jetzt ganz besonderer Bevorzugung in unserem Tarifsystem, und zwar einer Bevorzugung, die eben auf Grund der vor fünf Jahren stattgefundenen Enquete seiner Zeit nach Anhörung der betreffenden wirthschaftlichen Körperschaften eingeführt worden ist. Die Staats⸗ eisenbahnverwaltung verkennt aber durchaus nicht die große Bedeutung dieser Anträge für die gesammte Landwirthschaft und will sich nicht der weiteren Prüfung dieser Frage entziehen.

Ich komme nunmehr zu den Ausführungen des Herrn Grafen Mirbach. Die wichtigste derselben betrifft die Staffeltarife. Ich stimme mit dem Herrn Grafen Mirbach darin vollständig überein, daß das System der Staffeltarife, d. h. der Tarifirung der Güter nach einer mit wachsender Entfernung fallenden Scala, an und für sich ein durchaus rationelles ist, und daß das Bestreben, dieses rationelle System in weiterem Umfange innerhalb der preußischen Staats eisenbahnverwaltung bei den Gütertarifen anzuwenden, auch meinerseits getheilt wird. (Hört! Hört) Die Schwierigkeiten aber, die der Verwirk⸗ lichung dieses Bestrebens entgegenstehen, hat Herr Graf Mirbach seinerseits schon kurz angedeutet. Diese Schwierigkeiten bedingen ein sehr vor⸗ sichtiges Vorgehen und verbieten jedenfalls, wie ich in Uebereinstim⸗ mung mit Herrn Grafen Mirbach anerkenne, eine solche Maßregel sprungweise und ohne eingehendste Prüfung ihrer wirthschaftlichen Folgen einzuführen.

Was nun die Frage der Staffeltarife für Getreide anbetrifft, so ist die Staatsregierung an und für sich nicht geneigt, die Staffel⸗ tarife für Getreide wieder aufzuheben (Bravo!), sie muß sich aber ihre endgültige Entschließung um so mehr vorbehalten, als, wie den Herren bekannt ist, eine eingehende Erörterung dieser Frage demnächst im Abgeordnetenhause auf Grund eines dort eingebrachten Antrags noch stattfinden wird.

Herr Graf Mirbach hat dann noch einige kleinere Fragen an—⸗

geregt, darunter eine, die, soviel mir bekannt geworden, bereits in der Eisenbahngommission verhandelt worden ist, ob es nicht möglich sei, eine bessere Regulirung der Heizung in den Schlafwagen herbeizuführen. Bereits von meinem Herrn Commissar ist die Frage dahin beantwortet worden, daß die Eigenthümlichkeit der Heizungsanlagen es ist nämlich Warmwasserheizung es nicht gestattet, in jedem einzelnen Coupé eine Regulirung vorzunehmen, daß aber die Klagen Ver— anlassung gegeben haben, den betreffenden Organen auf das aller⸗ schärfste die Weisung zu ertheilen, diesem Gegenstande besondere Auf⸗ merksamteit zuzuwenden. ;

Herr Graf Mirbach hat dann endlich angeregt, daß es sich nicht empfehle, für die Einrichtung besonders bequemer und guter Wagen einen besonderen Zuschlag zu erheben; er hat dabei exemplifieirt auf die sogenannten gelben Wagen und sich darauf bezogen, daß dem Vernehmen nach in den westlichen Provinzen bereits derartige Zuschläge beständen. Das ist richtig, wir haben schon den Zuschlag von einer Mark für einen Platz in zwei Zugpaaren, die zwischen Berlin und Köln und zwischen Berlin und Frankfurt a. M. fahren. Es ist beabsichtigt, wie den Herren vielleicht auch aus der Presse bekannt geworden ist, allmählich ähnliche Züge, und zwar im ganzen 24 Zugpaare auf allen großen Hauptverkehrsstrecken des preußischen Staatseisenbahnnetzes herzu⸗ stellen, und um den vielfachen Anregungen ähnlicher Art wie die des Herrn Grafen Mirbach zu entsprechen, hat die Staatseisenbahnver⸗ waltung sich entschlossen, vom 15. April ab auf allen derartigen Zügen einen Zuschlag von 2 6 für den Platz zu erheben. Es hängt nur von der allmählichen Fertigstellung der betreffenden Wagen ab, daß auch die Strecken im Osten damit ausgerüstet werden, und Herr Graf Mirbach wird dann also, hoffentlich zu seiner vollen Zufrieden⸗ heit, Gelegenheit haben, einmal die guten Eigenschaften dieser Wagen kennen zu lernen und zweitens dafür die höhere Gebühr zu zahlen.

Ober ⸗Bürgermeister Braeseke⸗Bromberg verlangt, daß die Verwaltungs. Und technischen Beamten, welche in den höheren Eisen⸗ bahndienst übergehen, nicht bloß eine kürzere Lehrzeit im praktischen Dienst durchmachen, sondern auch einige Zeit in verantwortlicher Stellung als Stations- und Expeditionsporstand fungiren. Die perfönliche Verantwortung für die beste Lehrindustrie, und das all⸗ mähliche Aufsteigen, wie es bei der Militär, und Steuerverwaltung üblich fei, müsse im Interesse des Dienstes von der persönlichen Aus⸗ bildung der Beamten auch bei der Eisenbahnverwaltung eingeführt werden.

Graf von Schlieben bittet um Einstellung einer genügenden Zahl von Schlafwagen in die Courierzüge nach dem Osten.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Der Eisenbahn-Direction in Bromberg sind schon eine Anzahl Wagen überwiesen worden, aus denen sie das Bedürfniß decken kann. Sie wird daher, wenn ein Schlafwagen nicht reicht, deren zwei ein⸗ stellen. Die übrigen Beschwerden des Herrn Grafen von Schlieben werden mit dem 1. April d. J. erledigt sein.

Daß eine Agentur für die Schlafwagen in Wirballen besteht, ist uns bisher nicht bekannt gewesen; ich bin dem Herrn Grafen Schlieben sehr dankbar für diese Mittheilung und werde sie nach Möglichkeit verwerthen.

von Bemberg-Flamersheim bittet im Gegensatz zum Grafen Mirbach um Beseitigung der Staffeltarife im Interesse des Westens. J

Graf von Frankenberg führt, Klage, daß die Schlafwagen auf der Strecke Berlin Breslau so häufig reparaturbedürftig würden und ausgesetzt werden müßten.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Ich bedaure sehr das persönliche Ungemach, welches Herr Graf Frankenberg im Laufe des vergangenen Winters in dem Schlafwagen erfahren hat (Heiterkeit), freue mich aber, daß ich schon wiederholt Gelegenheit gehabt habe, dies Bedauern auszusprechen. (Heiterkeit. Der Grund, warum allerdings häufiger die Schlafwagen ausgesetzt werden mußten, als dies gut und wünschenswerth, lag nicht etwa in dem mangelhaften Zustand des Oberbaus, sondern in den ganz außer— gewöhnlichen Temperaturverhältnissen dieses Zeitraums. Es war die Zeit der sehr harten und scharfen Kälte, und die Kälte war insofern gerade für die Schlafwagen sehr fatal, als der Bügel, welcher den unteren und oberen Theil der Axbüchse mit einander verbindet, durch die Kälte so zusammengezogen wurde, daß er die Stöße nicht mehr aushalten konnte und infolgedessen brach. Das ist wiederholt auch auf anderen Linien geschehen. Es ist sofort der Frage näher getreten und versucht worden, die Ursache und gleichzeitig damit die Mittel zu finden, wodurch derartige Vorkommnisse verhütet werden.

Der Herr Graf Frankenberg hat dann seinerzeit Widerspruch er⸗ hoben gegen die Ausführungen des Herrn Grafen Limburg⸗Stirum im Abgeordnetenhause, welche dahin gingen, daß nach Ansicht des Herrn Grafen Limburg-Stirum die Herstellung einer directen Ver— bindung zwischen dem Gebirge und Breslau aus Verkehrsrücksichten nicht erforderlich sei. Meine Herren, ich bin durch die Ausführungen des Herrn Grafen Limburg-Stirum nicht überzeugt worden, und es würde dem schon in diesem Jahre thatsächlicher Ausdruck gegeben sein durch die Aufnahme der Linie Bolkenhain Märzdorf in die Vorlage der Nebenbahnen, wenn nicht bezüglich der Führung dieser Linie sehr erhebliche Bedenken geltend gemacht wären, die mich veranlassen mußten, die Linienführung nochmals einer eingehenden Prüfung unter⸗ ziehen zu lassen.

Herr Graf Frankenberg hat dann ferner angeregt, ob es nicht zweckmäßig sein möchte, eine Veränderung der Bezirke Breslau und Berlin eintreten zu lassen dahin, daß die schlesische Gebirgsbahn Breslau zugetheilt werde. Der gegenwärtige Augenblick ist zur Aenderung der Bezirke nicht geeignet, da, wie dem hohen Hause bekannt sein wird, die Frage einer anderweiten Organisation der Staatseisenbahnverwaltung augenblicklich zur Erörterung steht.

Die Züge, über deren Einstellung der Herr Graf Frankenberg klagt, sind eingestellt worden zur Cholerazeit, weil sie keine Passagiere hatten. Ein Theil der Züge war an einzelnen Tagen entweder ganz ohne oder hatte nur einige wenige Passagiere. Es wäre eine Ver— schwendung gewesen, wenn wir die Züge trotzdem aufrecht erhalten hätten. Die Züge sind sofort wieder gefahren worden, sobald die Verhältnisse in Bezug auf die Cholera sich geändert hatten. Es ist niemals daran gedacht worden, diese Züge dauernd einzustellen.

Ober⸗Bürgermeister Böttcher Magdeburg hält es für eine Ungerechtigkeit, den Zuschlag von 2 6 auf den westlichen Courier⸗ zügen nach Köln über Hildesheim gleichmäßig für kurze und lange Strecken zu erheben.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Ich bin gern bereit, dem Herrn Ober ⸗Bürgermeister Bötticher diese Gründe mitzutheilen. Die Einrichtung dieser Züge ist wesent⸗

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lich darauf berechnet, für den großen durchgehenden Verkehr zu dienen, nicht aber für den Localverkehr. Den Reisenden des durchgehenden Verkehrs sind eine ganze Reihe von Bequemlichkeiten in den Wagen geboten, die für den Loealverkehr keinen Sinn haben. Wenn die Züge aber wirklich für den durchgehenden Verkehr ausgenutzt werden sollen, so darf der Localverkehr die Züge nicht füllen. Aus diesem Grunde ist eine Abstufung des Entgelts für die Platzbenutzung nicht beliebt worden. ;

Das Ganze ist ja zunächst ein Versuch, und die Erfahrung muß erst lehren, ob wir in jeder Beziehung vollaus das Richtige getroffen haben. Es ist natürlich und auch erwartet worden, daß die Zwischen⸗ punkte die einheitliche Platzgebühr nicht zweckmäßig finden würden. Es wird begreiflicherweise demjenigen, der von Berlin nach Potsdam fährt, die Zahlung von 2 ( für den Platz neben seinem gewöhnlichen Billet als durchaus unberechtigt vorkommen. Das Gleiche gilt für die Fahrt von Magdeburg nach Berlin, von Hildesheim nach Braunschweig oder von irgend einem anderen Zwischenpunkt. Allein, meine Herren, voraucssichtlich wird die Be⸗ setzung dieser Züge, die nur in je einem Exemplar auf jeder großen Route hin- und hergefahren werden sollen, durch das durchgehende Publikum der großen Routen vollständig ausgenutzt werden. Es würde aber diese Ausnutzung jedenfalls beeinträchtigt werden, wenn auf jeder Station der Localverkehr sich ebenfalls dieser Züge bedienen würde, für den diese Züge nicht bestimmt sind.

Außerdem sind auf den großen durchgehenden Routen so viele Reisegelegenheiten auch für die Zwischenstationen vorhanden, daß eine wirkliche Beeinträchtigung des Verkehrsbedürfnisses nicht eintritt. Wo aber außergewöhnliche Umstände die Benutzung gerade dieser Züge für den Reisenden der Zwischenstation nothwendig machen, kann er sich auch entschließen, diese 2 M6 hinzuzuzahlen.

von Graß spricht sich gegen die Staffeltarife für Getreide aus. Es sci ein Irrthum, daß dadurch der Preis, den der landwirthschaft, liche Producent im Osten erhalte, ein höherer werde. Der Vortheil komme lediglich dem Berliner Empfänger zu statten; der Berliner Böͤrsenpreis aber sei maßgebend für die Preise an Ort und Stelle, und so sei die Verbilligung der Staffeltarife eine für die Landwirth⸗ schaft im Osten schädliche Maßregel.

Graf von Mirbach widerspricht dieser Auffassung. Wer nach Berlin liefere, erhalte den besonders von Rußland bestimmten Welt— marktpreis, abzüglich der Transportkosten.

von Graß' bemerkt dem gegenüber, daß fast niemals der Pro⸗ ducent selbst in der Lage sei, die Ueberführung des Getreides zu be⸗ werkstelligen, der Vorteil des billigeren Transports falle also, wenn nicht dem Empfänger, so dem Zwischenhändler zu.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! In die grundsätzliche Erörterung der Frage möchte ich aus den vorhin von mir angeführten Gründen heute nicht eintreten, sondern nur zwei Irrthümer berichtigen: einen Irrthum des Herrn Grafen Mirbach und einen Irrthum des Herrn von Graß. (Heiterkeit.

Der Irrthum des Herrn Grafen Mirbach liegt darin, daß er annimmt, die Getreidetarife beständen nur in der Richtung von Osten nach Westen. Die Tarife gelten für alle Verkehrsbeziehungen des preußischen Staatseisenbahnnetzes. Der zweite Irrthum ist der des Herrn von Graß, daß er annimmt, auf Grund der Staffeltarife hätte sich bereits jetzt eine große Menge Getreide von Rußland nach Deutschland bewegt. Es sind sehr genaue Controlen darüber seitens der Staatseisenbahnverwaltung geführt worden, welche Getreide⸗ Zufuhren über die trockene Grenze aus Rußland theils mittels der ge⸗ wöhnlichen Tarife, theils auf Grund der Staffeltarife seit deren Ein⸗ führung bewirkt worden sind.

Ich kann Herrn von Graß darüber beruhigen, daß auf Grund der Staffeltarife aus Rußland nur ganz geringe Quantitäten ein⸗ geführt worden sind in die westlichen Provinzen fast gar nichts, und feiner, daß das Quantum, welches aus Rußland überhaupt eingeführt ist, sei es auf Grund der Staffeltarife oder auf Grund der Normal⸗ tarife, im letzten Jahre also vom 1. April bis 31. Dezember 1897 erheblich nachgelassen hat.

von Bemberg-Flamersbeim: Die Staffeltarife sind und bleiben eine Verschiebung der natürlichen Verhältnisse; sie sind nur anzuwenden bei äußerstem Nothstand, und ein solcher liegt nicht vor.

Minister des Königlichen Hauses von Wedel: Die Staffel⸗ tarife haben darin ihre Berechtigung, daß dem Getreide aus den öst⸗ lichen Provinzen der natürliche Weg, der Seeweg, abgeschnitten ist.

Darum wünsche ich die Aufhebung des Identitätsnachweises, und be⸗ tone dies als sächsischer Landwirth ausdrücklich.

Damit schließt die Debatte; der Antrag des Grafen Frankenberg wird angenommen und der Etat der Eisenbahn⸗ verwaltung genehmigt.

Um 5is/ Uhr wird die weitere

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ebatte vertagt.

Kunst und Wissenschaft.

Verein für Geschichte der Mark Brandenburg. Sitzung vom 8. März 1893.

or Weft rd den Bestand

er Auditeure

war wie jetzt. Die

Audsteure Friedrich's des Großen mußten evangelisch sein und auf einer inländischen Universität studirt haben; sie gehörten mit dem Feldprediger und dem Regiments. Quartiermeister zum Unterstabe des Regiments, hatten den Nang eines Subaltern. Offiziers trugen jedoch keine Offiziersabzeichen. Im Kriege lag ihnen auch die Beaufsichtigung

der Regimentsbagage ob. Ihr Gehalt betrug, außer einigen Neben- einkünften, monatlich 14 Thaler 12 Groschen. Es findet sich vielfach, daß bei eintretender Vacanz der Auditeur in die mit 23 Thaler 30 Groschen dotirte Stelle des Regiments. Quartiermeisters aufrückt; bei einigen Truppentheilen versieht ein studirter Jurist beide Stellen zugleich. Schon durch zehnjährige Dienstzeit erwarb der Auditeur die Anwartschaft auf ein Amt in der Civiliustiz oder in der Verwaltung. Das General. Auditoriat. neben welchem im Kriege ein Feld Auditoriat gebildet wurde, dessen Wirkungskreis sich auch auf die Feld · Polizei erstreckte, besteht seit 1702; als Collegium wurde es 17138 eingerichtet.

Derr Dr. Krauske bespra die Verwaltung des

preußifchen Antheils am Oberquartier von Geldern während der ersten Regierungszeit Friedrich Wilhelm ' z]. Der Besitz dieses Territoriums wurde den Preußen nur mit Wider ffreben von Oesterreich und namentlich von den Generalstaaten äber. lassen. Grst nachdem die Ratifieation des Utrechter Friedens wichen Frankreich und Preußen eingetroffen war, hielten es die Commissare des Königs überbaupt für thunlich, von einigen Landestbeilen, die nicht it preußischen Truppen besetzt waren, die Possessien zu ergreifen. Die Begehrlichkeit der Daager Regierung, die insgeheim alle Mittel anwandte, um Preußen den schon erlangten Besitz noch zu nehmen, beschleunigte die Vornahme der Duldigung⸗

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