1893 / 82 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 07 Apr 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Breslau, 7. April. Zu Ehren des Cardinal⸗-Fürstbischofs Dr. Kopp fand gestern im Concerthause ein Festmahl statt, an welchem der zur Zeit hier weilende Erzbischof von Posen Lr. von Stablews ki, sowie eine große Anzahl hochstehender Persönlichkeiten theilnahmen.

Bonn 6. April. Ihre Majestät die Kaiserin und Königin Fa enn ist gestern Nachmittag zu einem mehr— tägigen Besuch bei Seiner Durchlaucht dem Prinzen und Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Adolf zu Schaumburg-⸗Lippe hier eingetroffen.

Bayern.

Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent wird sich bei der Feier der silbernen Hochzeit des italienischen Königs⸗ paares durch seinen Flügel-Adjutanten, den General von Parseval vertreten lassen. ;

Sachsen. Ihre Majestäten der König und die Königin hatten sich gestern Vormittag nach Altenburg zum Besuche des Herzoglichen Hofes begeben und kehrten von dort am Abend nach Strehlen zurück.

Mecklenburg⸗Schwerin.

Am 1. d. M. ist der neu ernannte Staatsrath von Amsberg durch den Staats-Minister von Bülow als Staatsrath und Mitglied des Staats⸗Ministeriums sowie als Vorstand des Ministeriums der Justiz und dessen Ab— theilungen für geistliche, Unterrichts- und Medizinal-Angelegen— heiten eingeführt worden. Dem Staatsrath von Amsberg sind sodann die Referenten und sonstigen Beamten der Ministerien vorgestellt worden. An Stelle des Staatsraths von Amsberg ist der Ober⸗Landesgerichts-Rath Burmeister zum Präsidenten des Großherzoglichen Landgerichts zu Güstrow und für diesen der Landgerichts-Director Altvater in Schwerin zum Rath am Großherzoglichen Ober-Landesgericht zu Rostock ernannt worden.

Desterreich⸗Ungarn.

Die Kaiserin hat sich gestern an Bord der Yacht „Miramar“ von Neapel nach Capri begeben und wird von dort die Reise direct nach Corfu fortsetzen.

Der Erzherzog Franz Ferdinand von Oester—⸗ reich⸗Este ist, wie die Wiener Blätter melden, gestern früh in Singapore eingetroffen.

In aller Sülle hat der Erzherzog Albrecht am 4. d. M. in Arco den dreißigsten Jahrestag seiner Ernennung zum . begangen.

Nach dem in der „Wiener Ztg.“ veröffentlichten Pro⸗ gramm für die in diesem Jahre stattfindenden Waffen— übungen werden größere Manöver nach vorhergegangenen Uebungen im Corps (Division gegen Division) und in der Cavallerie⸗Truppendivision von dem 2., 3., 5., und 13. Corps in Ungarn abgehalten werden. Corps mansver finden nach vorangegangenen Concentrirungsmanövern und Uebungen in der Cavallerie-Truppendivision beim 10. und 11. Corps statt. Ein zweitägiges Schlußmanöver nach voran⸗ gegangenen Concentrirungs-⸗Manövern und Uebungen in der Cavallerie⸗Brigade hält das 7. Corps ab.

Im böhmischen Landtag brachten gestern die Jung— czechen und die Altezechen Interpellationen an den Statthalter ein wegen der Vorgänge im Landesschulrath und wegen der Behandlung, die das Promemoria der Prager Stadtverordneten seitens des Statthalters er— fahren hat. Die nächste Sitzung des Landtags findet am Montag statt.

Großbritannien und Irland.

In der gestrigen Sitzung des Unterhauses erklärte der Parlaments⸗Secretär des Colonialamts Buxton in Beant⸗ wortung einer Anfrage, daß das zwischen Deutschland, England und den Vereinigten Staaten in Berlin getroffene Abkommen über die Verwallung von Samoang noch in Kraft bestehe. Von dem Erlaß Thurston's gegen den Aufruhr in Samoa habe die Regierung vorher keine Kenntniß gehabt, der Erlaß sei auch nicht auf die Vorstellungen einer fremden Macht hin erfolgt; im übrigen sei eine Modification des Erlasses beab⸗ sichtigt. Hierauf nahm der Premier Gladstone für die zweite Lesung der Homerule-Bill das Wort und führte in eineinhalbstündiger Rede aus: Die Opposition müsse sich die Frage vorlegen, wo, wann und wie die Controverse endigen solle. Nach siebenjähriger Prüfung der Frage sei er überzeugt, daß Homerule die einzige Lösung derselben sei. Zwei Theile des Reichs hätten sich bereits früher dafür entschieden; England sei nunmehr auf dem Wege, sein gegnerisches Urtheil vom Jahre 1886 zu ändern, bedeutend vorgeschritten. Die Opposition habe keine Antwort auf die Frage, wie die Controverse zu beenden sei. Seit der Emancipation der Katholiken und seit der Wahlreform herrsche unter der Masse des irischen Volkes eine stetige Bewegung zu Gunsten entweder einer Auf— hebung oder einer principiellen Abänderung der Unionsacte. Jedenfalls sei das irische Volk fest entschlossen, nicht zu ruhen, bis die ersehnte Veränderung bewilligt sein werde. Zum Zweck einer starken Union sei eine Union der Herzen erforderlich; sie habe zwischen England und Irland bereits während der Zeit von 1782 bis 1795 bestanden, und es sei kein Grund vorhanden, weshalb sie nicht wieder bestehen solle. Was die Beibehaltung von irischen Deputirten im Reichs— parlament betreffe, so seien die gehegten Besorgnisse nur dann ,, , wenn sämmtliche achtzig Deputirte stets den Verhandlungen beiwohnten; selbst, wenn ihnen gestattet sein würde, über alle Fragen abzustimmen, so würde doch daraus keine praktische Unbequemlichkeit entstehen, denn erfahrungsmäßig enthielten sich die irischen Deputirten der Theilnahme an den Dehatten, die Irland nicht beträfen. Keine Löͤsung der Finanzfrage könne ganz befriedigend und frei von Unbequemlichkeiten sein, aber, falls die Reichslasten steigen sollten, ließe sich eine höhere Accise auflegen, und im Falle eines Krieges könnten Accise und Einkommen⸗ steuer wesentlich erhöht werden. Am Schlusse seiner Rede erklärte Gladstone, es handle sich um eine Frage zwischen einer starken und einer schwachen Nation. . sei erniedrigender als der Druck seilens einer großen auf eine kleine Nation, dagegen nichts edler als das jetzt heraufdämmernde Schauspiel, wo eine Nation aus Ehrgefühl, und Pflichtgefühl eine Un⸗ gerechtigkeit zu beseitigen entschlossen sei. Nach Gladstone sprach Sir Michael Hicks-Beach, der die Verwerfung der Vorlage beantragte.

Frankreich.

In der Deputirtenkammer wurde gestern eine ministerielle Erklärung verlesen, welche besagt, die Regie⸗ rung verkenne nicht die Schwierigkeiten der allgemeinen Lage, aber sie könne mit Befriedigung die vollkommene Ruhe im Lande und dessen beständiges Vertrauen zu der Republik consta⸗ tiren. Dieses zeige sich, indem die beklagenswerthen Zwischenfälle der letzten Monate trotz der Bemühungen, sie zu politischen Zwecken auszubeuten, weder die Kräftigung der Republik noch den traditionellen Ruhm, die Rechtschaffenheit und die Ehre Frankreichs beeinträchtigt hätten. Das nationale Ge⸗ wissen habe die daraus folgende Lehre verstanden, daß Wohl⸗ stand und Vermögen nur durch Arbeit erworben und durch sittliche Erhebung erhalten werden könnten. Frankreich könne mit Vertrauen in die Zukunft blicken. Jeder Tag be— zeuge die Uebereinstimmung des allgemeinen Stimmrechts mit den demokratischen Bestrebungen und den republi⸗ kanischen Institutionen. Das sicherste Mittel, Frankreich und die Republik endgültig zu identificiren, sei, die Ver⸗ waltung an allen Stellen mit Exactheit, Wohlwollen, Ge⸗ rechtigkeit und dem allgemeinen Wohl entsprechend zu führen. Die Regierung lade das Parlament ein, dem Lande den Ein— druck eines normalen parlamentarischen Lebens zu ver⸗ schaffen und sich streng an dasjenige Arbeitsprogramm zu halten, das die Legislatur würdig abschließe. Namentlich würden die socialen und ökonomischen Gesetze und die Gesetze über die Productivgenossenschaften und die landwirthschaftlichen Creditvereine zu berathen sein. Das nächste Werk der Kammern sei die als— baldige Votirung des Budgets pro 1893. Die Regierung werde mit allen Kräften auf die Verständigung der Kammer mit dem Senat hinarbeiten; sie hoffe, daß ein neues provi— sorisches Zwölftel nicht erforderlich sein werde, und daß sie rechtzeitig das Budget pro 1894 werde einbringen können. Die Erklärung drückt zum Schlusse die Erwartung aus, daß die Kammer ihre Mitwirkung einem Cabinet nicht versagen werde, dessen Mitglieder Männer von redlichem Willen seien, die ihre ganze Ergebenheit und Leib und Seele der Republik und Frankreich widmeten. Die Kammer nahm sodann auf Verlangen des Finanz⸗Ministers Peytral die letzten Artikel des Budgets und das Budget im Ganzen nach den zuerst gefaßten Be⸗ schlüssen an. Peytral verpflichtete sich, ein Einvernehmen mit dem Senat herbeizuführen zwecks Votirung der Börsensteuer. Die Sitzung wurde darauf suspendirt. Nach der Wiederauf— nahme der Sitzung vertagte sich die Kammer bis zum 25. 8. M.

Im Senat verlas der Justiz-Minister Gurin die

gleiche ministerielle Erklärung, worauf der Finanz-⸗Minister Peytral das Budget einbrachte, das der Finanzeommission überwiesen wurde. Der Senat vertagte sich sodann ebenfalls bis zum 25. d. M. Die Mehrzahl der heutigen Morgenblätter findet die Erklärung der Regierung wenig bedeutend und nicht dazu an— gethan, uͤbermäßige Hoffnungen oder scharfe Opposition hervor— zurufen. Andererseits wird die gute Aufnahme der Erklärung von Seiten der Kammer betont und darauf hingewiesen, daß diejenigen, welche auf den baldigen Sturz des Cabinets rechneten, Enttäuschungen erleben könnten. Vielfach wird die gleichgültige, fast feindselige Haltung des Senats gegenüber der Regierungserklärung constatirt; der Senat scheine ent— schlossen, in der Budgetfrage nicht nachzugeben.

Ueber die Mitglieder des Ministeriums, die bisher einem solchen noch nicht angehört haben, den Unterrichts⸗-Minister Poincars, den Handels-Minister Terrier und den Justiz— Minister Senator Gusrin, bringt die „Köln. Ztg.“ folgende Mittheilungen:

Der Unterrichts-Minister Poinecars, der bisherige General⸗-Berichterstatter des Budgetausschusses, ist noch nicht ganz 33 Jahre alt, seines Zeichens Jurist. In die Kammer kam er für das Departement Meuse mit 27 Jahren. Amtlich thätig war er bisher nur als Erster Secretär und Chef des Cabinets des heutigen Ministers des Auswärtigen Develle, als dieser das Portefeuille der Landwirthschaft innehatte. Man rechnet ihn in der Kammer zu den Opportunisten und sagt ihm nach, sein Ehrgeiz sei mindestens ebenso groß wie seine Geschicklichkeit. Der Handels-Minister Terrier zählt 33 Jahre. Er vertritt das Departement Eure-et-Loire, ist Bürgermeister von Chartres und hat sich aus der Steuer⸗ verwaltung der Journalistik zugewandt. Als Leiter des Réveil National, der in Dreux erscheint, ist Terrier, der aus Ober⸗Savoyen stammt, in Dreux erst in den Gemeinderath, dann in den Generalrath, schließlich in die Kammer gewählt worden. Er gilt als radical und als ein sehr tüchtiger Arbeiter. Der neue Justiz-Minister Gusrin, der 48 Jahre zählt und seit zwei Jahren dem Senat angehört, nahm in Carpentras unter seinen Wählern als Advocat und Politiker eine angesehene Stellung ein. Im Senat hielt er sich zu den gemäßigten Republikanern.

Der „Temps“ erklärt die von englischen Blättern ge⸗— brachte Meldung von der vermuthlichen Ernennung des ehe— maligen Minister-Präsidenten Ribot zum Botschafter in London für jeder Begründung entbehrend. Ribot wolle sich ausschließlich der Ausübung seines Deputirten⸗ mandats widmen.

Epanien.

Die Deputirtenkammer wählte in ihrer gestrigen Sitzung, wie „W. T. B.“ berichtet, den bisherigen Minister des Auswärtigen Vega de Armijo zum Präsidenten.

Türkei.

Der Sultan empfing, wie ‚W. T. B.“ berichtet, gestern Mittag den Landgrafen von Hessen. Zu Ehren des 2 fand Nachmittags ein Diner bei dem deutschen Botschafter Fürsten Radolin feat

Serbien.

In der gestrigen ersten Sitzung der Skupschtina waren, wie „W. T. B.“ berichtet, sämmtliche Abgeordnete und Minister anwesend. Die liberalen Deputirten waͤhlten unter lebhaftem Widerspruch der Radicalen den Unterrichts-Minister Geor⸗ gevitsch zum Alters-Präsidenten. Als dieser die Aus— loosung in die Sectionen vornehmen lassen wollte, ver— langten die Radicalen unter großer Unruhe zunächst die Auszählung des Hauses mittels Namensaufrufs, um den Nach⸗— weis der Stimmengleichheit mit den Liberalen zu erbringen. v. erschienen auch die im Rudniker Kreise gewählten Deputirten im Saale, wogegen der Minister des Innern energisch protestirte. Nach heftigen Debatten verließen die Radicalen unter Führung von Pasitsch und Sava Gruitsch in corpore den Sitzungssaal. Hierauf erklärten

Garaschanin und Navakovitsch namens der Fort⸗ schrittspartei, die Skupschtina sei nicht beschlußfaͤhig, da weniger als. 68 Mitglieder anwesend seien, und verließen ebenfalls den Saal. Der Minister des Innern bezeichnete es als eine Pflicht der im Saal Zurückgebliebenen, Verfassung und Gesetzmäßigkeit der Zustände auch unter den schwierigsten Verhältnissen hoch⸗ . und betonte gegenüber der Behauptung Garaschanin's, nach der Verfassung zur Beschlußfähigkeit die Anwesenheit von 68 Abgeordneten erforderlich sei: die Gesammtzahl der Abgeordneten betrage verfassungsmäßig 125, nicht 134; die von den Radicalen in der vorigen Skupschtina vorgenom⸗ mene Aenderung der Wahlordnung sei verfassungswidrig; die Regierung sei daher befugt, das Wahlgesetz im Sinne der Ver— fassung zu interpretiren; hiernach aber gehöre zur Beschluß— fähigkeit die Anwesenheit von 63, nicht von 68 Abgeordneten. Darauf wurden die Sectionen ausgeloost und der Verifications⸗ n i gewählt, worauf die weitere Sitzung ohne Störung verlief.

Wie verlautet, wird die Regierung der Skupschtina vor— schlagen, die Mandate der Radicalen und der Fort— schrittspartei für ungültig zu erklären und Nachwahlen stattfinden zu lassen, da die Regierung hierbei die Majorität zu erlangen hofft. Im Fall, daß sich die Skupschtina hiermit einverstanden erklärt, dürften die Sitzungen erst nach drei Wochen wieder aufgenommen werden.

Bulgarien.

Der Prinz Ferdinand von Sachsen-Coburg ist laut Meldung des „W. T. B.“ gestern Vormittag von Sofia nach Wien abgereist. Gestern Abend wurde eine . des Prinzen Ferdinand über dessen Abreise und die Ernennung des Unterrichts⸗-Ministers Shiwkow zu seinem Stel⸗ vertreter veröffentlicht. daß sich im Gefolge des Prinzen der Minister⸗Präsident Stambulow, der Minister des Auswärtigen Grekow, der ,,, Pet koff, der ö Foras

und eine Armeedeputation befinden. Der Kriegs⸗Minister bleibt

in Sofia zurück. Die Vermählung des Prinzen ist endgültig auf den 20. April festgesetzt worden.

Amerika.

Nach einer dem Staatsdepartement von dem Ge— sandten der Vereinigten Staaten in Peru zugegangenen Depesche wurde von einem Volkshaufen eine Freimaurerloge geplündert, das Mobiliar wurde auf der Straße verbrannt. Die Menge wandte sich dann gegen das Konsulat der Vereinigten Staaten, zerstoͤrte dort gleichfalls das Mobiliar und schoß auf den Konsulatsagenten. Von der Polizei ist jeder Versuch unterlassen worden, ein— zuschreiten. Der Name des Orts, in dem sich diese Vorgänge zutrugen, wird dem „W. T. B.“ zufolge in der Depesche nicht genannt. Der Staatssecretär hat den amerikanischen Gesandten telegraphisch angewiesen, dagegen zu protestiren, daß die Behörden von Peru es unterließen, das Konsulat zu schützen; gleichzeitig soll der Gesandte Bestrafung der Schul— digen und Zahlung einer Entschädigungssumme verlangen.

Nach einem weiteren bei Lloyds eingegangenen Telegramm aus Iquique von gestern ist die in der gestrigen Nummer d. Bl. mitgetheilte Schilderung der Lage in Chile eine stark übertriebene. Das Gerücht von der Proclamation des Belagerungszustandes in Santiago sei gänzlich unbegründet.

Parlamentarische Nachrichten.

Der von der Steuerreform-Commission des Hauses der Abgeordneten durch den Abg. Dr. Wuermeling erstattete Bericht über das Communalabgabengesetz ist 163 Seiten stack. Die Commission hat das Gesetz in mehreren Punkten verändert und es alsdann mit allen gegen drei Stimmen angenommen. Von den Aenderungen heben wir ö. 1) das Verbot der Neueinführung von Mieths⸗ und Wohnungssteuern, ?) die Aufhebung der bestehenden Mieths⸗ und Wohnungessteuern, wenn sie nicht reorganisirt werden uno bis zum 1. April 1898 nicht von den Ministern des Innen und der Finanzen in ihrer erneuten Gestalt genehmig! werden (§5 18). 3) Besondere Gemeindesteuern sollen gestattet und dabei die Beseitigung der Degression der Staatssteuersätze, nicht aber die Progression über die Staatssteuersätze hinaus erlaubt sein 30a). 4) Betreffs der Vertheilung des Steuerbedarfs auf die verschiedenen Steuerarten (5 45 und z 46) ist die von dem Entwurf aufgestellte Regel acceptirt worden, wonach die vom Staat veranlagten Real— steuern in der Regel mindestens zu dem gleichen und höchstens zu einem um die Hälfte höheren Procentsatz zur Communalsteuer heran⸗ zuziehen sind, als Zuschläge zur Staatseinkommensteuer erhoben werden. Indeß ist abweichend vom Entwurf gestattet, daß Realsteuern bis zu 100 oο erhoben werden dürfen, ohne daß eine Einkommensteuer erhoben wird; ebenso kann neben einer bis zu 100 60 bemessenen Realsteuer die Einkommensteuer weniger als 663 be— tragen. Dagegen sind Bestimmungen getroffen, welche eine Ent— lastung der Realsteuern bei hoher allgemeiner Steuerbelastung be— zwecken, indem einmal, wenn sowohl die Real- wie die Einkommen steuer über 150 ½ hinaus herangezogen werden, für den Mehr bedarf die Einkommensteuer doppelt f stark als die Realsteuern heran— gezogen werden darf, und sodann als Grenze steuerbelastung 200 .=) festgesetzt worden sind. Der Minister erklärte: dieser Beschluß entspreche nicht seinen Wünschen, doch glaube dies Staatsregierung mit dem Antrage marschiren zu können und die Ziele zu erreichen, wenn auch nicht in dem Maße wie sie gewünscht: hätte. Wenn sie sich nicht dagegen erkläre, so geschehe das, weil sie den vermeintlichen und wirklichen Interessen, die geltend gemacht worden seien, Rechnung trage und auf die Verständigung der Parteien großes Gewicht lege. 5) Die Steuer— freiheit der Hunde von Militärpersonen wurde beseitigt. 6) Die Er leichterungen in der Communalbesteuerung für Beamte und Offiziere wurde aufrechterhalten. 7) Die Kreise haben das Recht der Be⸗ steuerung der Hunde erhalten. Die Commission hat zu dem Gesetz noch drei Resolutionen beschlossen. Nach der ersten sollen beim Reich Schritte gethan werden, um den Gemeinden die Möglichkeit einer erweiterten Gestaltung indirecter Steuern von Getränken zu gewähren und die bestehenden Verschiedenheiten in der Berechtigung der Gemeinden in der Einführung derartiger Steuern zu beseitigen. Nach der zweiten Resolution soll baldmöglichst ein Gesetzentwurf vorgelegt werden, welcher die Errichtung und den Ge— schäftsbetrieb der Sparkassen regelt. Nach der dritten Resolutien sollen Schritte unternommen werden, um zu ermöglichen, daß die Gewerbebetriebe des Reichs zu den Gemeindeabgaben in demselben Umfange, wie diejenigen des Staats, herangezogen werden.

für die Real⸗ Finanz⸗

Darin wird zich t mitgetheilt,

Statistik und Volkswirthschaft.

Statistisches Jahrbuch der Stadt Berlin.

Das soeben erschienene, im Auftrage des Magistrgts von dem Director des Statistischen Amts der Stadt Berlin R. Boeckh her— ausgegebene Jahrbuch enthält die Statistik der Jahre 1889 und 1890. Es behandelt die Bevölkerungsbewegung, die Naturverhältnisse, Grundbesitz und Gebäude, die Fürsorge für Straßen und Gebäude, die Gewerbeverhältnisse und Arbeitslöhne, die Preise, die Consumtion und den Verkehr, das Versicherungtwesen und Anstalten für Selbsthilfe, Armenwesen, Wohlthätigkeit und Krankenpflege, Polizei, Rechtspflege und Gefängnisse, Anstalten und Vereine für Unterricht und Bildung, Religionsverbände, öffentliche Lasten und Rechte. Wir entnehmen für heute daraus folgende Notizen über Wohnungen: Es gab in Berlin am 1. Dezember 1890: 398716 Wohnungen und gewerbliche Gelasse, darunter 15 390 leer stehend; 1885: 329 657 (leer stehend 78283; 1880: 316 607 (17914). Es gab ferner im Jahre 1890: 28 457 Wohngebäude; 2905 Fabriken, Werkstätten, Läden; 6264 Nieder⸗ lagen, Remisen; 194 Gasthäuser und Theater; 305 Krankenhäuser, Waisenhäuser und Kirchen. Von den Wohngebäuden hat nur Jacht Stockwerke, 192 haben sieben Stockwerke und Keller, 1862 sechs Stockwerke und Keller. Die meisten Häuser nämlich 8517 haben fünf Stockwerke und Keller. Die Zahl der Schlafgänger hat von 59 0987 im Jahre 1380 auf 84 687 im Jahre 1885 und ö 365 im Jahre 1890 zugenommen. Im Vergleich zur Gesammt⸗ bevölkerung sind sie aber weniger zahlreich als früher:; bei der Zählung im Jahre 1885 betrug ihre Zahl 644 pro Mille, 1890 H0,8 pro Mille.

Die Raiffeisenschen Darlehnskassen . haben im Regierungsbezirk Cassel in letzter Zeit in erfreulicher Weise zugenommen. Der Bezirk zählt jetzt über 180 solcher Kassen.

Kupferlager in Damaraland. Ein Londoner Telegramm des W. T. B.“ giebt eine Reuter'sche Meldung wieder, der zufolge in den Minen von Otavi im Damaraland große Kupferlager aufgefunden worden sind.

Zur Arbeiterbewegung. . Ueber den Ausstand der Heizer und Trimmer in

Hamburg wird der „Voss. Ztg.“ berichtet:

Eine Versammlung der Heizer und Trimmer beschloß am Mittwoch einstimmig, den Ausstand weiterzuführen. Drei Hamburger Dampfer konnten keine Feuerleute erhalten, die Hamburger Rheder senden Werber nach Bremen und Stettin, um ihre Schiffsmann— schaften dort zu ergänzen. . .

Dem gegenuber berichtet die ‚„Hamb. Börsenh.“:

Die Arbeitseinstellung der Heizer und Trimmer in Hamburg und Altona hat bekanntlich am 25. März ihren Anfang genommen. Seit jener Zeit bis zum 5. April haben rierzehn größere Dampfschiffe trotz jener Arbeitseinstellung genügend Feuerleute anmustern und den Hamburger Vafen verlassen können. Die „Virginia“ der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt⸗Actien⸗Gesellschaft und der Hamburger Dampfer „Aglaia“ (nach China bestimmt) wollen in Stettin und Wilhelmshaven Heizer und Trimmer anmustern.

In Leipzig ist, einer Mittheilung des „Vorwärts“ zufolge, zwischen den Arbeitern der Schuhfabrik von J. C. Burkhardt u. Sohn und dem Arbeitgeber ein Lohnstreit ausgebrochen.

In Weimar hat in den Ostertagen die Landesconferenz der ocialdemokratischen Partei für das Großherzogthum Sachsen stattgefunden. Es waren, wie die „Ger. Ztg.“ mittheilt, etwa 20 Orte durch 30 Delegirte vertreten. Es wurde Bericht von der Centrale Jena erstattet, die als solche wiedergewählt wurde. Ferner ö über die Agitation und verschiedene geschäftliche Angelegenheiten gerichtet.

In Gifhorn und den Nachbarorten haben, wie der Vorwärts“ meldet, die Maurer die Arbeit eingestellt, angeblich weil die Meister abgelehnt haben, den Zehnstundentag unter Beibehaltung des bis⸗ herigen Lohns zu bewilligen.

In Rirdorf bei Berlin haben, wie aus einem Versammlungs⸗ bericht im „Vorwärts“ hervorgeht, die Töpfer bei dem Meister Schlafke die Arbeit wegen Lohnstreits niedergelegt.

Hier in Berlin haben nach der Berliner ‚Volksztg.“ die Töpfer über die Bauten des Töpfermeisters Daber die Sperre verhängt; Grund sind auch hier die Lohnsätze.

Aus Hull meldet ein Wolff'sches Telegramm: Infolge des Ausstands der Dockarbeiter, der durch die Weigerung der Rheder, nur unionistische Arbeiter anzustellen, hervorgerufen ist, herrscht hier große Erregtheit. Die Rheder ließen nichtunionistische Arbeiter aus London kommen, die von den Strikenden aber auf jede Weise an der Arbeit gehindert wurden. Ferner hielt der Agitator Tillett aufreizende Reden; an mehreren Stellen kam es zu Thät⸗ lichkeiten. Infolge dessen sind zwei Schwadronen Cavallerie aus der Stadt York herbeigerufen worden.

Wie der „Weser⸗Itg.“ aus Paris unter dem 5. d. M. ge⸗ schrieben wird, kamen in Rive de Gier in Verbindung mit dem dortigen Ausstande schwere Unruhen vor. Der Werkführer Ribot, der die Wiederaufnahme der Arbeit betrieb, wurde durch einen Pistolenschuß getödtet. Die Ausständigen bewarfen die Gendarmen mit Steinen. Militär wurde zur Herstellung der Ruhe aufgeboten.

Kunst und Wissenschaft.

Im Bürgersaale des Rathhauses begannen heute Vormittag die Verhandlungen der Internationalen eriminalistischen Vereinigung (Landesgruppe: Deutsches Reich). Zahlreiche Criminalisten, Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte, Strafanstalts⸗ beamte, Strafanstalts⸗Geistliche u. s. w. aus allen Theilen des Deutschen Reichs, ferner aus Oesterreich, Italien, Rußland u. s. w. waren anwesend. U. a. nahmen an den Verhandlungen theil Ge— heimer Justiz⸗Rath Lr. Wirth und Geheimer Regierungs⸗Rath Dr. Krohne, die Reichsgerichts-Räthe Dr. Olshausen und Dr. Mittelstädt (Leipzig), die Ober⸗Staatsanwälte Dr. Wachler (Berlin) und Dr. Daleke (Stettin, der Unter Staats⸗ secretär a. D. Dr. von Mayr (Straßburg, Elsaß), Regierungs⸗ Rath Professor Dr. Hiller (Czernowiez, Geheimer Justiz—⸗ Rath Professor Dr. H. Seuffert (Bonn), Professor Dr. von Liszt (Halle a. S.), Geheimer Ober-Finanz-Rath Dr. Fuchs (Karlsruhe), Professor Dr. von Hippel (Straßburg i. E.), Landgerichts Rath Dr. Kronecker (Berlin), Tandrichter Hr. Aschrott, Justiz-⸗Rath Lesse und Amtsgerichts-⸗Rath Dr. Kramer (Berlin), die Staatsanwälte Dr. Borchert und Dr. Stochow (Berlin) ꝛc. Der Geheime Negie—⸗ rungs-Rath Dr. Krohne eröffnete die Versammlung mit Worten der Begrüßung. Er betonte dabei, daß ganz besonders das erste Thema: „Die Behandlung der verwahrlosten und verbrecherischen Jugend“ die weitesten Kreise interessire. Die Regierung beschäftige sich schon seit vielen Jahren mit dieser Frage und . infolge dessen auch den Ver⸗ handlungen dieser Versammlung gegenüber ihr Interesse bekundet. Es wurden alsdann Reichsgerichts-Rath Dr. Slshausen (Leipzig) zum Ersten, Geheimer Regierungs-Rath Dr. Krohne (Berlin) zum Zweiten, und Geheimer Justiz⸗Rath, Professor Dr. H. Seuffert (Bonn) zum Dritten Vorsitzenden, 6 Dr. von Hippel (Straß⸗ burg, Elsaß), dandrichter Pr. Aschrott (Berlin) und Premier ⸗Lieute⸗ nant a. D. Bütow (Berlin) zu Schriftführern gewählt. Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bildete, wie erwähnt: Die Behand— lung der verwahrlosten und verbrecherischen Jugend. Der Referent, Staatsanwalt Dr. Appelius (Elberfeld) äußerte sich in Begründung der von ihm zu der Frage aufgestellten Thesen ungefähr folgendermaßen: Die 5 der jugendlichen Her brecher wachse in geradezu erschreckender Weise. Im Jahre 1889 betrug die Zahl

r jugendlichen Verbrecher in Preußen 36 000, 1890 bereits 41 O00. Die e Zahlen entsprächen keineswegs der Zunahme der Bevölkerung. Jedem Menschen und Vaterlandsfreunde müsse sich angesichts der⸗ artiger Verhältnisse die Frage aufdrängen: Was ist zu thun, um diesen Mißständen zu steuern? Jedenfalls stehe so viel fest: die

heutigen Strafbestimmungen seien nicht geeignet, Besserung zu schaffen. Wenn auch ein Kind die zur Strafbarkeit erforderliche Einsicht besitze, so habe es doch absolut kein ausreichendes Verständniß für den Begriff Gefängniß. Es sei doch aber auch erforderlich, den jugendlichen Verbrecher nicht blos zu ö. sondern ihn in erster Reihe zu bessern. Die Strafanstalts⸗Geistlichen seien darin einig, daß das Gefängniß eine seelische Einwirkung zum K auf die jugendlichen Verbrecher in keiner Weise bewirke. Im Gegentheil, in den meisten Fällen werde der jugendliche Verbrecher durch das Ge— fängniß nur noch verstockter. Ein weiterer Uebelstand sei, daß die aus dem Gefängniß entlassenen Verbrecher ansteckend auf ihre Alters⸗ genossen wirken. Es sei eine bekannte Thatsache, daß die jugend—⸗ lichen Strafentlassenen von ihren Altersgenossen in den niederen Kreisen nicht nur nicht gemieden, sondern im Gegentheil aufgesucht werden. Eine Absonderung der jugendlichen Strafentlassenen sei auch gar nicht möglich, da die Volksschule diese Elemente nicht gusschließen könne. Wenn aber der Zunahme der verbrecherischen Jugend gesteuert werden solle, dann sei es erforderlich, den Schwerpunkt auf die Besserung und Erziehung zu legen. Er sei der Meinung, daß die jugendlichen Verbrecher, ganz besonders aber deren Eltern die Zwangserziehung bedeutend mehr fürchten als das Gefängniß. Allerdings sei es . wenn das Haus nicht ohne Dach bleiben solle, auch die verwahrloste Jugend von Staatswegen der Zwangserziehung zu überweisen.

Der Deutsche Historikertag zu München hat im weiteren Verlauf der vorgestrigen Verhandlungen über die den ersten Punkt der Tagesordnung bildenden Fragen, welche sich auf die Gestaltung des Geschichtsunterrichts auf höheren Schulen beziehen, folgenden Antrag des Professors Stiepe, den M. „N. Nachr. zufolge, mit großer Majo⸗ rität angenommen: „Der Geschichtsunterricht kann und soll nicht in der Weise als Vorbereitung zur Theilnahme an den Aufgaben des öffentlichen Lebens dienen, daß er in systematischer oder auf eine be⸗ stimmte Gesinnung hinzielender Weise für dasselbe vorbereitet; er hat vielmehr zu dem fraglichen Zwecke lediglich die⸗ jenigen geschichtlichen Kenntnisse zu übermitteln, welche zur späteren Theilnahme am öffentlichen Leben befähigen, und die Neigung zu dieser Theilnahme zu entwickeln. Der Schlußpassus: „insbesondere hat er (der Geschichtsunterricht) auch die Liebe zum Vaterlande und ein strenges Pflichtbewußtsein gegen den Staat zu erwecken“ wurde auf Antrag des Professors Quidde⸗München abgelehnt. In seiner gestrigen Sitzung erörterte die Versammlung, laut Meldung des .W. T. B.“, die Einrichtung der historischen Seminare an den Universitäten; es wurde jedoch noch keinerlei Beschluß gefaßt. Die Berathung sollte heute fortgesetzt werden. ct Am 4. April starb, wie schon telegraphisch gemeldet, in Karlsruhe, wo er seit 1855 als Lehrer der Kunstgeschichte am Polytechnikum wirkte, der in weitesten Kreisen bekannte und geschätozte Kunstforscher Wilhelm Lübke im Alter von siebenundsechzig Jahren. Der Tod hat ihn aus einer an Erfolgen reichen rastlosen Thätigkeit abberufen, die namentlich der Verbreitung kunstgeschichtlicher Kenntnisse gewidmet war. In Dortmund geboren, absolvirte er seine philologischen Studien in Bonn und Berlin, wo ihn der Verkehr mit Karl Schnaase auf das Gebiet kunsthistorischer Forschung lenkte. Mit dreißig Jahren erhielt er einen Ruf als Lehrer der Architekturgeschichte an die Berliner Bau⸗Akademie, nachdem er sich durch seine treffliche Ab⸗ handlung über die mittelalterliche Kunst seiner Heimath Westfalen einen rühmlichen Namen erworben. Seine zahlreichen Schriften über fast alle Gebiete kunsthistorischer Studien, unter denen namentlich der „Grundriß der Kunstgeschichte und die „Geschichte der Baukunst“ in der deutschen Renaissance weiteste Verbreitung fanden, zeichneten sich durch die Gabe wahrhaft volksthümlicher Darstellungsweise in hervorragender Weise aus und haben seinen Namen über die Grenzen des Vaterlandes hinaus bekannt gemacht. Auch als Tagesschriftsteller und Essayist entfaltete Lübke eine reiche Thätigkeit, deren Ergebnisse in den Kunst⸗ historischen Studien (Stuttgart 1369) und den „Bunten Blättern aus Schwaben“, wo er an der Kunstschule zu Stuttgart fast zwanzig Jahre wirkte, vereinigt sind. Seine Lehrthätigkeit am Polytechnikum zu Zürich (1861 66) zeitigte die fesselnde Studie über die alten Glas⸗ gemälde der Schweiz, die neben seiner Anfangsarbeit den lehhaftesten Anklang bei der Fachkritik fand. Die Anregungen, welche er lebendigen Geistes und von lebhafter Schaffenslust beseelt nach allen Richtungen zu geben vermochte, sichern seinem Wirken ein treues Angedenken in allen Kreisen, mit denen er in Berührung kam. In seinen letzten Jahren schrieb er seine Memoiren nieder, die von den reichen, zum theil auch herben Erfahrungen seines gesegneten Lebens erzählen, dem er für die Frische seiner Arbeitskraft trotz seiner siebenundsechzig Jahre allzufrüh entrissen wurde.

In Schmalkalden soll die historisch bedeutsame evan⸗ gelische Stadtkirche renovirt werden. Die begonnenen Samm⸗ lungen haben zu einem günstigen Ergebniß geführt. Der Geheime Regierungs⸗Rath, Professor Haas zu Hannover ist ersucht worden, den generellen Renovationsplan für diese im gothischen Stil gebaute Kirche zu entwerfen. Es besteht die Hoffnung, die Kirche in den nächsten zehn Jahren so herzustellen, wie es ihr als einem schönen Denkmal der Reformationszeit gebührt.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Stand der Saaten.

Im Regierungsbezirk Cassel ist der Stand der Wintersaaten ein recht befriedigender. Die strenge Kälte der Monate Dezember und Januar hat keinerlei Schaden gebracht, da eine genügende Schnee⸗ decke vorhanden war; doch sind durch die kurz nach dem Eintritt des Thauwetters niedergegangenen heftigen Regengüsse in der ersten Hälfte des Monats Februar stellenweise starke Abschwemmungen und Ver⸗ schlämmungen verursacht worden. Den Weinstöcken hat die strenge Januarkälte theilweise geschadet, dagegen scheinen die Obstbäume nicht gelitten zu haben.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Türkei.

Zufolge Beschlusses des internationalen Gesundheitsraths zu Konstantinopel vom 28. März 1893 ist die gegen die Herkünfte von der törkisch⸗persischen Grenze von Hanegin bis Basra bestehende fünf⸗ tägige Quarantäne und die Quarantäne von zehn Tagen gegen die Abfahrten der persischen Küste des Persischen Meerbusens aufgehoben worden. (Vergl. R. A.“ Nr. 216 vom 13. September 1892 und Nr. 217 vom 14. September 1892.)

Dänemark.

Durch eine sofort in Kraft getretene Bekanntmachung des Königlich dänischen Justiz⸗Ministeriums vom 1. April 1893 ist das am 18. November 1892 auch gegen Deutschland erlassene Verbot der Einfuhr von gebrauchten Kleidungsstücken, Leibwäsche und Bettwäsche, welche nicht zum persönlichen Reisegut gehören, auf russische Pro⸗ venienzen beschränkt worden. (Vergl. „R. ⸗A.“ Nr. 277 vom 22. No⸗ vember 1892.)

Vereinigte Staaten von Amerika. Unter Aufhebung des Gesetzes „An act to prevent the introduction of infections or contagious diseases into the United States, and to establish a national board of health“ vom 3. März 1879 ist zur Abwehr ansteckender Krankheiten (Gelbfieber, asiatische

Cholera oder Cholerine, Pest, Pocken und Flecktyphus) unter dem

Titel: An act granting additional quaàrantine powers and imposing additional duties upon the Marine-Hospital Service“ am 15. Februar 1893 ein neues Gesetz nebst Ausführungs⸗ bestimmungen (regulations) erlassen worden, dessen Wortlaut in den „Veröffentlichungen des deutschen Kaiserlichen Gesundheitsamts“ mit⸗ getheilt wird. . Cholera. Der „Wien. Abendp.“ zufolge ist von der

Wien, 6. April. Broszezow (Galizien) telegraphisch

Bezirks⸗Hauptmannschaft von

gemeldet worden, daß in der Gemeinde Kudryn ge vier Erkrankungen an Cholera vorgekommen seien. Die Krankheit sei aus Rußland eingeschleppt worden. ; .

Asiatische Türkei. Während der Cholera⸗Epidemie, welche vom 30. Oktober v. J. bis 9. Januar d. J. in Trapezunt geherrscht hat, sind, wie in den Veröffentlichungen des deutschen Kasserlichen Gesundheitsamts“ berichtet wird, zufolge einer amtlichen Zusammen⸗ stellung 330 Erkrankungen mit 234 Todesfällen vorgekommen. QAstindien. Kalkutta. Vom 19. bis 25. Februar sind vier⸗ zehn Personen an der Cholera gestorben.

Pest. Rußland. Amtlichen Nachrichten vom 10. März zufolge sind in Kiew vereinzelte Fälle von sibirischer Pest, darunter einer in der Stadt Kiew selbst gemeldet worden.

Flecktyphus.

Rußland. Nach amtlichen Meldungen vom 10. März ist zufolge in der Stadt Kiew der Flecktyphus ausgebrochen. In den dortigen Hospitälern sollen nach einer Mittheilung in den „Veröffentlichungen des deutschen Kaiserlichen Gesundheitsamts an 200 Typhuskranke sich in Behandlung befinden, wovon ungefähr zwei Drittel aus den öffentlichen Nachtherbergen, in denen über 706 Personen nächtlich Aufnahme finden, eingebracht sind. .

Tripolis. In Bengazi beträgt zufolge einer Mitthei⸗ lung in den ‚Veröffentlichungen des deutschen Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts“ vom 21. März die Zahl der an der dort herrschenden typhösen“ Krankheit Gestorbenen täglich fünfzig und mehr. Auch der Statthalter ist der Seuche erlegen. Zwei Drittel der Einwohner sind aus der Stadt geflüchtet.

Influenza. .

Die Zahl der Todesfälle an Influenza hat sih in Kopenhagen von einem in der Vorwoche auf zehn erhöht; ebenso war auch die Sterblichkeit an acuten Erkrankungen der Athmungsorgane daselbst gesteigert (30 Todesfälle gegen 265. Die Erkrankungen haben sich dagegen weiter verringert, sodaß in der Berichtswoche nur noch 144 Fälle gegen 195 und 2568 in den beiden Vorwochen gemeldet wurden. Eine Abnahme der Seuche ist ferner für Stockholm (74 Erkrankungen ohne Todesfälle gegen 100 und 7 in der Vorwoche) und London (37 Todesfälle gegen 47) zu berichten.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 6. d. M. gestellt 10 055, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 4. d. M. gestellt 3661, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen; am 5. d. M. sind gestellt 4000, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.

Die nächste Börsenversammlung zu Essen findet am 10. April 1893 im „Berliner Hof) statt.

Der Abschluß der Kölnischen Lebens-Versicherungs⸗ gesellschaft Concordia“ gestattet, wie die Köln. Ztg. meldet, die Auszahlung einer Dividende von 80/9.

Die gestrige, Generalpversammlung der Ravensberger Spinnerei setzte die Dividende auf z oso fest. Die General⸗ versammlung der Mechanischen Weberei zu Bielefeld beschloß, 135 00 Dividende zu vertheilen. Die Aussichten sind bei beiden Ge— sellschaften weiter günstig. ;

Magdeburg, 6. April. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker excl., von 92 0, 17.35, Kornzucker excl., 88 o/ g Rendement 16,50, Nachproducte excl., 750, Rendement 13,85. Fest. Brod⸗ raffinade J. 29, 00. Brodraffinade II. —. Gem. Raffinade mit Faß 25,5. Gem. Melis J. mit Faß 27975. Fest. Rohzucker J. Product Transito f. 4. B. Hamburg pr. April 16,10 Gd., 16,5 Br., pr. Mai 16,224 bez., 16.25 Br., pr. Juni 16,40 bez. u. Br., pr. Juli 16552 bez., 16,55 Br. Ruhig. .

Leipzig, 8. April. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata Grundmuster B. per April 3.95 M, per Mai 3,95 S, per Juni 400 M, per Juli 4,0 A. per August 4.05 MS, per September 407 S, per Oktober 407 , per November 4,10 Æ, per Dezember 4,10 S, per Januar 4,10 4A, per Februar 4,10 AM, per März —— AS, Umsatz 40 000 kg.

Mannheim, 6. April. (W. T. B.) Producten markt. Weizen pr. Mai 16,30, pr. Juli 16,35, pr. November 1665, Roggen pr. Mai 13,90, pr. Juli 14,10, pr. November 14.20. Hafer pr. Mai 14,50, pr. Juli 14365, pr. November 13,30. Mais pr. Mai 10775, pr. Juli 10,50, pr. November 11,00.

Wien, 6. April. (W. T. B.) Die Brutto⸗Einnahmen der Orientbahnen betrugen in der 11. Woche (vom 12. März bis 18. März 1893) 329 281,96 Fr.. Zunahme gegen das Vorjahr 977 41220 Fr. Seit Beginn des Betriebsjahres (hom 1. Januar bis 18. März 1893) betrugen die Brutto⸗ Einnahmen 2 390 840,95 Fr., Zunahme gegen das Vorjahr 328 561,16 Fr.

Die Generalversammlung der Oesterreichischen Credit⸗ anstalt nahm Kenntniß von dem Bericht des Verwaltungsraths. Unter Hinweis auf die von beiden Reichshälften unternommenen Valutaregulirungsoperationen wird darin die Abwickelung der zur Durchführung übernommenen Geschäfte als nahezu gänzlich erledigt und vollkommen zufriedenstellend bezeichnet. Von dem 4307 964 Fl. betragenden Gesammterträgniß werden 431 941 Fl. in den Reservefonds eingestellt, 1 625 000 Fl. werden als Restdividende gleich 69 Fl. per . vertheilt. Der Mai⸗Coupon gelangt mit 145 Fl. zur Ein⸗

ösung.

vest, 6 pril . ro due tenmarkt. Weizen günstig, pr. Frühjahr 7,51 Gd., 7,52 Br., pr. Mai⸗Juni 7,58 Gd. 7,59 Br., pr. Herbst 7,43 Gd., 745 Br. Hafer pr. Frühjahr b,59. Gd; 556 Br. Mais pr. Mai⸗Juni 4,53 Gd., 454 6 per Juli⸗August 4,71 Gd., 4,77 B. Kohlraps pr. August⸗September 12,25 Gd., TL), 35 Br.

London, §. April. (W. T. B.) Wollauetion. Preise unverändert bei lebhafter Betheiligung.

Die Restzahlung der Dividende der Rio Tinto⸗Gesell⸗ schaft beträgt 7 Schilling nach vorgenommener Werthabschreibung und Amortisationsquoten. Die Gesammtdividende einschließlich der im vorigen November gezahlten Interimsdividende beträgt 14 Schilling. ,

An der Küste ? Weizenladung en angeboten.

96 Vo, Javazucker loco 163, fest, Rüben⸗Rohzucker loco 163 fest. Chile⸗Kupfer 45316, pr. 3 Monat 453.

7. April. (W. T. B) Die Firma N. M. von Roth⸗ schild u. Söhne wird in der nächsten Woche einen Prospeet ver⸗ öffentlichen, der die Emission einer brasilignischen Anleihe an- ,. Die Anleihe, in der Höhe von 4 Millionen Livres, ist eine

o / o ige.

Liverpool, 6. April. (W. T. B.) (Officielle Notirungen.) American good ordin. 45/16, do. low middling 4'/is, do. middling Rig, do. good middling 4utis, do, middling fair ois / is Pernam fair 43, do. good fair hi/is, Ceara fair 43, do. good fair Hi / is, Egyptian brown fair 5, do. do. good fair bois, do. do. good 53, Peru rough good fair 65 / is, do. do. good 6, do. do. fine 74, do. moder. rough . 5, do. do. good fair Hö/is, do. do. good 6isis, do. smooth fair 44, do. do. good fair 44, M. G. Broach good 4 / ig, do. fine 413/1z, Dhollerah good 4*sis, do. fully good 45/16, do. fine 4, Oomra good 44, do. fully good 43, do. fine 4*sis, Seinde good 31 / is, Bengal ste, n. 41/is, do. fine 4.

Bradford, 6. Aprik. (W. T. B.) Wolle fest auf Einfluß der Londoner Auction. Export⸗-Garne belebt, Mohair ⸗Garne steigend, begehrt. Stoffe ruhig,

An sterdam. 6. April. (W. T. B) Java⸗Kaffee good ordinary 537. Ban gajinn 563.

New⸗York, 6. April. (W. T. B.) Die Börse eröffnete mit festen Cursen, die jedoch im Laufe des Nachmittags theilweise nachgaben. Der Schluß war stetig. Der Umsatz der Actien betrug

283 600 Stück. Der Silbervorrath wird auf 470000 Unzen geschätzt. Silberver käufe fanden nicht statt.