1893 / 87 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 13 Apr 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Die Nummer 13 des Reichs⸗Gesetzblatts, welche von heute ab zur Ausgabe gelangt, enthält unter

Nr. 2091 die Verordnung, betreffend das Aufgebot von Landansprüchen im südwestafrikanischen Schutzgebiet. Vom 2. April 1893.

Berlin, den 13. April 1893.

Kaiserliches Post⸗Zeitungsamt. Weberstedt.

In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „R- u. St.A.“ wird eine Nachweisung der Einnahme an Wechselstempelsteuer im Deutschen Reich für die Zeit vom 1. April 1892 bis zum Schluß des Monats März 1893 veröffentlicht.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Kreis⸗Schulinspecter d'Hargues zu Berlin den Charakter als Schulrath, und . dem Kanzleivorsteher bei der Gesandtschaft in Hamburg, bisherigen Geheimen expedirenden Secretär Heyne den Charakter als Hofrath zu verleihen.

Finanz⸗Ministerium.

Der Kataster⸗Controleur Blocksdorff zu Schlawe ist in gleicher Diensteigenschaft nach Köslin versetzt.

Die Men fn n Wadehn in Magdeburg, Boleslaus Müller in Bromberg und Umbach in Schles⸗ wig sind zu Kataster⸗TLontroleuren in Rössel bezw. Schlawe und Ragnit bestellt worden.

Kriegs⸗Mi nisterium.

Die Militär⸗Intendantur⸗Referendarien Gaul, Haeckel, Litzmann und Kleffner von den Intendanturen des II. bz. XIV., VII. und IV. Armee⸗Corps sind unter Ueber⸗ weisung zu den Intendanturen des 1. bz. XI, III. und V. Armee⸗Corps zu etatsmäßigen Militär-Intendantur⸗ Assessoren ernannt worden.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Me dizinal⸗Angelegenheiten.

Der bisherige Rector der städtischen Schulen zu Torgau Dr. Max Gottschalk und .

der bisherige Seminarlehrer Wilhelm Engel sind zu Kreis-Schulinspectoren ernannt worden.

Bekanntmachung.

Die Buchhaltereien des Einziehungsamts der Gexichts⸗ kasse 1 bleiben des Jahresabschlusses halber in der Zeit vom 19. bis 22. April und am 24. April d. J. für den Einzahlungs⸗ verkehr geschlossen. -

i e, dagegen werden durch die Zahlstellen der Haupt⸗ kasse ohne Unterbrechung geleistet.

Berlin, den 8. April 1893. ö

Königliche Gerichtskasse J.

Aichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 13. April.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen im Laufe des heutigen Vormittags im Reichskanzler-Palais den Vortrag des Reichskanzlers entgegen und arbeiteten, in das Königliche Schloß zurückgekehrt, mit dem Kriegs⸗-Minister und dem Chef des Militärcabinets.

Der Bundes rath versammelte sich heute zu einer Plenar⸗ sitzung. Vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen eine Slttzung.

Der General⸗Lieutenant Boie, Commandeur der 35. Di— vision, hat nach beendetem Urlaub Berlin verlassen.

Die Bevollmächtigten zum. Bundesrath, Königlich bayerischer Ministerial- Rath Geiger und Großherzoglich mecklenburgischer Ober⸗Zolldirector Oldenburg sind hier an⸗ gekommen.

Der bisherige Gerichts-Assessor Donalies ist mit einem Dienstalter vom 4. Januar 1892 zum Marine⸗Intendantur— Assessor ernannt worden.

S. M. Fahrzeug „Loreley“, Commandant Capitän⸗ Lieutenant Grolp, hat am 11. April Konstantinopel verlassen und die Rundreise nach der syrischen Küste über Piräus⸗ Alexandrien angetreten.

Württemberg.

Ihre Majestäten der König und die Königin haben sich vorgestern zu längerem Aufenthalt nach Marienwahl begeben.

; Die Kammer der Standesherren erledigte gestern die Gesetzentwürfe, betreffend die, Abstufung der Malzsteuer, den Zuschlag zur Liegenschaftsaccise und die Gewerbegerichte. Die Kammer der Abgeordneten trat vorgestern nach Beendigung der Berathung des Entwurfs des Nachbarrechts⸗ gel che in die Berathung des Justiz-Etats ein, die gestern zu Ende geführt wurde.

Baden.

Ein Telegramm Seiner Majestät des Kaisers hat, wie ein Extrablatt der „Karlsr. Ztg.“ meldet, Seine Königliche Hoheit den Großherzog gestern Nach⸗ mittag davon in Kenntniß gesetzt, daß Allerhöchstderselbe Seine Königliche Hoheit den Erbgroßherzog zum General-Lieutenant und Commandeur der 29. Di⸗ vision ernannt habe. Seine Majestät der Kaiser ver⸗ band diese Mittheilung mit dem Ausdruck des Bedauerns darüber, daß Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog nun aus den bisherigen näheren Beziehungen zu Aller— höchstihm scheide, und mit ehrenden Worten über die Fähig—⸗ keiten und Leistungen des Erbgroßherzogs. Ein Telegramm Seiner Königlichen Hoheit des Erbgroßherzogs be⸗ nachrichtigte Seine Königliche Hoheit den Großherzog von der Ernennung und enthielt die Mittheilung, daß Seine Majestät der Kaiser vorgestern Allerhöchstselbst Sich n Erb⸗ , . begeben habe, um Höchstdemselben die Beförderung persönlich zu eröffnen.

Braunschweig.

Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Albrecht von Preußen ist gestern von Braunschweig nach Berlin abgereist.

Oesterreich⸗Ungarn.

Der Erzherzog Franz Ferdinand von Oestexreich— Este ist . 3 Bord des Rammkreuzers Kaiserin Elisabeth“ in Batavia eingetroffen. Die „Kaiserin Elisabeth wird etwa vierzehn Tage daselbst bleiben. .

Dem „Fremdenblatt“ zufolge sind gestern im Auswärtigen Amt die Verhandlungen über den Handels vertrag mit Rumänien wieder aufgenommen worden. Um einen ö Abschluß der Verhandlungen herbeizuführen, sollen täglich Sitzungen stattfinden. . . .

Das ungarische Unterhaus lehnte in seiner gestrigen Sitzung, wie „W. T. B.“ berichtet, die Anträge der Abgeord⸗ neten Toth, Nagy, Ugron und Horvath ab. Toth hatte be— antragt, der Regierung die Mißbilligung des Hauses darüber . daß in der Ludovica⸗Akademle mehrere Gegenstände in deutscher Sprache vorgetragen würden. Nagy hatte die Errich- tung einer Erziehungsanstalt für die Töchter der Honved⸗Offiziere sowle die Anwendung der Nationalfarben bei den Fahnen und Emblemen der Honveds beantragt. Der Antrag Ugron s forderte die Errichtung einer besonderen Artillerie für die Honveds, derjenige Horvath's das Verbot des Kurzschließens und Anschließens von Militärsträflingen.

Groszbritannien und Irland.

Im Unterhause erklärte gestern einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge der Staatssecretär des Innern Asquith, die Localbehörden seien für die Aufrechterhaltung der Ordnung verantwortlich und könnten, wenn sie dieser Pflicht nicht nach— kämen, gerichtlich belangt werden. Daher seien sie auch berechtigt, die Hilfe des Militärs und der Flotte zur Auf— rechterhaltung der Ruhe anzurufen. Er habe die Behörden von Hull aufgefordert mitzutheilen, welche Nothwendigkeit für ein weiteres Verbleiben der Truppen und der Kanonenhoote in Hull vorhanden sei. Keir Hardie beantragte hierauf die Vertagung des Hauses, um gegen die Verwendung von Truppen in Hull zu protestiren. Da der Antrag jedoch nur von acht Deputirten unterstützt wurde, konnte er nicht zur Verhandlung kommen. .

Mehrere Zeitungen melden, daß ein liberaler Abgeordneter Londons gegen Homerule stimmen werde. Die Haltung anderer Liberalen wäre nach dem „Standard“ unentschieden. Einige Liberale würden im Ausschuß beantragen, den Nord⸗ osten von Ulster außerhalb des Bereichs des irischen Parla⸗ ments zu stellen.

Der Lordmayor von London gab gestern Abend zu Ehren des Cardinals Vaughan ein Bankett im Mansion— Hoöuse, dem die katholischen Bischöfe Englands, der katholische Klerus und zahlreiche hervorragende eng— lische Katholiken, darunter auch der Herzog von Norfolk, insgesammt etwa 300 Personen, beiwohnten. Der Lord⸗ mayor brachte einen mit großem Beifall aufgenommenen Toast auf den Papst und auf die Königin aus. Cardinal Vaughan trank auf die Gesundheit des Lordmayors und lobte dessen aufrichtige und redliche Haltung als Engländer und als

Katholik. . Frankreich.

Der Präsident Carnot hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ den französischen Botschafter Billot in Rom anläßlich der Feier der silbernen Hochzeit des italienischen Königspaares als außerordentlichen Botschafter be— glaubigt. Billot wird beauftragt werden, dem König von Italien die Glückwünsche der französischen Regierung zu über— bringen. k

Der Senator Magnin wird, wie die Blätter melden, eine Interpellation uͤber die Begnadigung Turpin's einbringen. Man hält es für möglich, daß nunmehr im Kriegs-Ministerium eine Untersuchung über die Umstände er⸗ öffnet werde, unter denen der Ankauf des Melinits von Turpin erfolgte. Es ist jedoch bisher noch keine endgültige Entscheidung getroffen. Der ehemalige Cabinetschef Freycinet s La Grange de Langres theilt in einer Zuschrift an den „Figaro“ mit, daß er dem Freunde Turpin's Cardane, von dem die vom „Figaro“ gebrachten Enthüllungen über die Turpin sche Angelegenheit herrühren, niemals einen Auftrag an Turpin ertheilt habe. Cardane habe um die Begnadigung Turpin's und um die Erlaubniß gebeten, diesen zu besuchen. La Grange habe diese Erlaubniß ertheilt und nur hinzugefügt, daß das Haupthinderniß der Begnadigung Turpin's dessen übermäßige Erregung sei; denn er drohe damit, bei seiner Ent— lassung aus dem Gefängniß Enthüllungen über die Spreng— stoffe zu machen. .

Das Beringsmeer⸗-Schiedsgericht beschloß dem Ver— langen der Vereinigten Staaten gemäß, einen Ergänzungs⸗ bericht, den England den Acten beizufügen wünschte, nicht zuzulassen.

Italien.

Der König traf, wie „W. T. B.“ berichtet, be—⸗ gleitet von den Ministern Brin und, Rattazzi und dem General Ponzio⸗Vaglia, heute früh zum Besuch der Königin Victoria in Florenz ein. Auf dem Bahnhofe waren der Herzog von Aosta und die Spitzen der Behörden zum Empfang erschienen. Von dem zahlreich zusammen⸗ geströmten Publikum wurde der König in überaus herzlicher Weise begrüßt.

Der Prinz Ferdinand von Sachsen-Coburg ist mit seiner Mutter, der Prinzessin Clementine, heute früh in lorenz eingetroffen. Der Prinz begab si nach der Villa ianora, von wo er Abends zurückkehren wird. Die Minister Stambulow und Grekow werden übermorgen hier er— wartet.

In der gestrigen Sitzung des Senats wurde auf Antrag Cavaletto's unter wärmsten Beifallskundgebungen einstimmig beschlossen, daß dem Königspaar vom Präsidium eine Glückwunsch-Adresse zur silbernen Hochzeit überreicht werden soll. ;

In der Deputirtenkammer beantwortete gestern der Minister des Auswärtigen Brin die Anfragen der Deputirten Barzilai und Bovio bezüglich der Auflösung des Gemeinderaths von Triest. Die Fragesteller hatten behauptet, die Auflösung sei erfolgt, weil man die Befürchtung gehegt habe, daß im Triester Gemeinderath ein Antrag auf Betheiligung an der Gründung eines Instituts in Rom zur Erinnerung an die silberne Hochzeit des italienischen Königs- paares gestellt werden könne. Der Minister erklärte, der Triester Gemeinderath sei auf Grund des Gemeindestatuts aufgelöst worden, nachdem sein Mandat abgelaufen gewesen sei. Es sei ungerechtfertigt und grundlos, der Maßregel irgend welche andere Erwägungen unterzuschieben, namentlich solche, die mit einer Italien k Thatsache zu⸗ sammenhingen. Es handle sich zweifellos um einen Act innerer österreichischer Politik, der sich der Prüfung seitens der italienischen Regierung vollständig entziehe, wie denn auch diese es nicht zulassen würde, daß ein anderer Staat einen Act der inneren Politik Italiens erörtere oder beurtheile. Im weiteren Verlauf der Sitzung erklärte der Minister, die Regierung sei überzeugt, daß die öster— reichischätalienischen Beziehungen den Interessen des Landes entsprächen; das Land habe wiederholt in dieser Beziehung seinen Willen laut kundgegeben, welchem die auswärtige Po— litik der Regierung entspreche. . .

Der Papst, der sich einer guten Gesundheit erfreut, hat gestern etwa 4009 Affiliirte vom dritten Orden des heiligen Franciscus, der Mehrzahl nach Italiener, empfangen, die nach Verlesung einer Adresse, welche vom Papst beantwortet wurde, von iz Uhr früh ab vor dem Papst defilirten. Der Papst forderte die Wallfahrer auf, im Glauben auszu— harren, und ertheilte ihnen den Segen.

Belgien.

Die Repräsentantenkammer lehnte, wie „W. T. B.“ meldet, in ihrer gestrigen Sitzung der Reihe nach sämmtliche Anträge zur Verfassuüngsrevision ab, darunter den Antrag Desmet's, der die Wahlberechtigung nach dem Werth der Wohnung bestimmt. Die Regierung war für den Antrag ein⸗ getreten, der jedoch nicht die erforderliche Zweidrittel⸗Masjorität erlangte. Die weitere Berathung der Vorlage über die Ver— fassungsrevision wurde sodann bis nach Prüfung der neu ein— gebrachten Revisionsvorschläge durch die betreffende Commission vertagt. .

Bis gegen 4 Uhr Nachmittags hatte an den Zugängen zum Kammergebäude kein ernsterer Zwischenfall stattgefunden. Später aber versuchte die Volksmenge, die Postenkette der Polizeiagenten zu durchbrechen, worauf die berittene Gen⸗ darmerie mit blanker Waffe ansprengte. Aus der Volks⸗ menge wurden Steine geschleudert. Mehrere Polizei⸗Agenten und Gendarmen wurden leicht verwundet und etwa fünßzehn Verhaftungen vorgenommen. Aehnliche Vorkommnisse wieder— holten sich in der Rue de Louvain, in der Rue de la Presse und in der Rue du Parlement. Die Manifestanten, welche sich immer wieder zu sammeln versuchten, wurden jedesmal zerstreut. Im Laufe des Abends durchzogen mehrere Schaaren unter dem Gesange revolutionärer Lieder die Straßen der Stadt. Ein Theil der Bürgergarde und die gesammte Polizeimannschaft wurden zusammengezogen. Irgend welche ernstere Vorkomm⸗ nisse sind bisher nicht zu verzeichnen; in der Stadt herrscht im übrigen Ruhe. ;

Der Generalrath der Arbeiterpartei trat gestern Abend wieder zusammen und empfing die Delegirten aus der Provinz. Dabei wurde ein Schreiben des progressistischen Brüsseler Deputirten Fron verlesen, worin dieser die Arbeiter⸗ partei ersucht, den Strike aufzugeben. Der Generalrath ging über das Schreiben zur Tagesordnung über und beschloß, den allgemeinen Strike, der, wie unter der Rubrik. „Arbeiter⸗ bewegung“ berichtet, bereits eine beträchtliche Ausdehnung er— langt hat, weiter fortzusetzen.

Türkei. Der mit der Säuberung des Vilajets Adrianopel von

„Briganten beauftragte General Edib Pascha berichtete dem

Sultan telegraphisch die Gefangennahme eines Gefährten des berüchtigten Bandenführers Athanas, der den Ort bezeichnet hatte, wo er und vier seiner Genossen ihren Antheil an dem Lösegeld verborgen hatten, das für die aus dem Zuge der Orientbahn seiner Zeit entführten deutschen Reisenden bezahlt worden war. Die nach dem gedachten Ort entsendete Com⸗ mission hat daselbst anstatt der angegebenen 1400 Pfund 2100 Pfund vorgefunden. Die Verfolgung wurde fortgesetzt. Der Sultan hat, wie „W. T. B.“ meldet, Edib Pascha seine Zufriedenheit ausgedrückt. Serbien.

Die erste ordentliche Sitzung der Skupschtina fand, wie bereits gemeldet, gestern unter dem Präsidium von giva—⸗ novie statt. Dem „W. T. B.“ zufolge wohnten der Sitzung sämmtliche Minister, den erkrankten Minister des Innern aus⸗ genommen, bei. Nach Verificirung der Protokolle der früheren Sitzung verlas der Minister-Präsident Awakumovic einen Ukas der Regentschaft, durch den er ermächtigt wird, im Namen des Königs die Session für eröffnet zu erklären. Unter lebhaften Ziviorufen auf den König, die Regentschaft und die Verfassung wurde alsdann die Sitzung geschlossen.

Bulgarien.

Die „Politische Correspondenz“ meldet aus Sofia, die Untersuchüng gegen den Metropoliten von Tirnowa Element sei abgeschlossen, Clement werde vor die ordentlichen bürger⸗ lichen Gerichte verwiesen werden, Verhandlungen mit dem Exarchen seien daher überflüssig geworden.

Schweden und Norwegen.

(k) Nach dem Bericht des Staatscomptoirs betrugen die Staatseinnahmen Schwedens im ersten Viertel— jahr dieses Jahres: Zölle 5 994 236 Kronen gegen 8116 189 Kronen, Branntweinsteuer 223 97 Kronen gegen 200451 Kronen, Rübenzuckersteuer 55 980 Kronen gegen 679 001

Kronen, Staatseisenbahnen (Ueberschüsse) 1 700 000 Kronen

gegen 17006009 Kronen oder zusammen 1b 64 163 Kronen zegen 12 504 662 Kronen im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Amerika. Der bisherige französische Gesandte Patentre hat, wie

ington meldet, dem Präsidenten

W. T. B.“ aus Wash als Botschafter

Cleveland sein Beglaubigungsschreiben überreicht. . .

Dem „Reuter schen Bureau“ wird aus Rio de Janeiro berichtet, daß ic heute der Kriegs-Minister mit 400 Soldaten na io Grande do Sul eingeschifft habe. Nach einer Meldung des „New⸗York Herald“ aus Porto Alegre hätten sich die deutschen und italienischen An— sie dler mit den Aufständischen verbündet.

Einer telegraphischen Mittheilung des ‚New⸗Hork Herald“ aus Panama zufolge wären in Pe ru erhebliche Unruhen ausgebrochen. Ein Haufen Bewaffneter von Cutervo und Chota hätte den Palast des Gouverneurs angegriffen und 23 Stunden belagert, bis die Rebellen schließlich durch Regie— rungstruppen auseinandergespr engt worden seien. Der Rebellen⸗ führer Rivera und drei seiner Genossen seien todt, zwanzig verwundet.

Wie demselben Blatte aus Valparaiso gemeldet wird, ist der Belagerungszustand auch über die Provin O Higgins verhängt worden, woselbst indessen bis jetzt no keine ernstlichen Ruhestörungen vorgekommen sind. Ein neues Cabinet ist noch nicht constit uirt worden.

Asien.

Nach einer in Washington eingetroffenen officiellen Mittheilung droht in Korea ein Aufstand gegen die Weißen. Mehrere Kriegsschiffe der Vereinigten Staaten sind nach Korea entsandt worden.

Afrika.

Nach einem Telegramm des „Reuter'schen Bureaus“ ist gestern ein aus acht Panzerschiffen sowie fünfzehn Kreuzern und Torpedobooten bestehendes fran zösisches Geschwader in Alexandrien eingetroffen und wird eine Woche daselbst verbleiben. Die anti⸗englische Presse begrüßt die An⸗ kunft des Geschwaders auf das Freudigste und ist bemüht, dem Ereigniß besondere Bedeutung beizumessen.

Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag. 74. Sitzung vom Donnerstag, 13. April, 1 Uhr.

Der Sitzung wohnen bei die Staatssecretäre Dr. von Boetticher, Freiherr von Maltzahn und der Königlich . Bevollmächtigte zum Bundesrath von Moser.

Zur Verlesung gelangt zunächst die Interpellation der Abgg. Menzer (deons.) und Genossen:

Beabsichtigen die verbündeten Regierungen angesichts des im letzten Jahre überraschend zu Tage getretenen Rückgangs des deut— schen Tabackbaues demnächst gesetzgeberische Maßregeln vorzuschlagen, die geeignet sind, diesen Rückgang und den damit unabweisbar ver— . Ruin weiter Kreise unserer deutschen Tabackbauern auf— zuhalten?“

Nachdem sich der Staatssecretär Freiherr von Maltzahn zur sofortigen Beantwortung der Interpellation bereit erklärt hat, führt der

Abg. Menzer (deons.) zur Begründung aus, daß der Rückgang des deutschen Tabackbaues, in welchem die deutschen Bauern ein so bedeutendes Kapital angelegt haben, von Jahr zu Jahr in erschrecken— der Weise, am meisten erschreckend aber im letzten Jahre, bemerkbar geworden sei. Der Vorwurf, daß der Taͤbackbau vielfach auf ungeeignetem Boden betrieben werde, müsse zurückgewiesen werden. Dieses Argument der Gegner sei schon mit dem Hinweis auf den Absatz des erzeugten Products zu entkräften. Von einem allgemeinen einheitlichen deutschen Geschmack bein Tabackrauchen könne man nicht sprechen, denn es handele sich doch stets um den Betrag, den der Raucher in Taback anlegen wolle oder könne. Im letzten Jahrzehnt sei auf Sumatra ein Raubbau in Taback getrieben worden, der sehr zur Schädigung des deutschen Products und des deutschen Taback— baues beigetragen habe. Schon vor zwei Jahren habe der Reichstag einen Antrag zum Beschluß erhoben: zum Schutze der deutschen Taback⸗ bauer durchgreifende Maßregeln zu treffen, wenigstens die Tabacks— steuer zu ermäßigen; noch heute warte man auf die Entscheidung der Regierung. Eine im vorigen Jahre eingebrachte Reso—⸗ lution, welche die Regierungen aufforderte, auch die Erhöhung des Tabackzolls in Erwägung zu nehmen, wurde allerdings mit 205 gegen 66 Stimmen . Aber dem neuerdings eingetretenen Rückgang des deutschen Tabacksbaues gegenüber hätten die verbündeten Regierungen die Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, die den volligen

Ruin eines so wichtigen deutschen Erwerbszweiges ver⸗ hinderten. Schlimmer als bisher könne es nicht werden, sei vielfach der pessimistische Gedanke der Tabackbauer.

Er stehe zwar nicht auf diesem Boden, halte es aber für an der Zeit, daß die Regierungen aus der Politik des Zauderns heraustreten. Sie müssen auch zu den angeregten Ideen des Rohtaback⸗Monopols oder der Fabrikatsteuer Stellung nehmen. Es sei die höchste Zeit, der Doffnungslosigkeit, der Entmuthigung, der Verbitterung der deutschen Tabackarbeiter entgegenzuarbeiten.

Bei Schluß des Blattes nimmt der Staatssecretär Frei⸗ herr von Maltzahn das Wort.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 59. Sitzung vom 13. April 1893, 11 Uhr. Der Sitzung wohnt der Finanz⸗Minister Dr. Miquel mit Commissarien bei.

Auf der Tagesordnung steht die zweite Berathung des GSesetzentwurfs wegen Aufhebung directer Staats— steuern in Verbindung mit der Berathung der Denkschrift zu den dem Landtageé vorgelegten Steuerreformgefsetz⸗ entwürf en. Berichterstatter ist der Abg. von Jagow (cons). Nach F sollen die Staats⸗Grund⸗⸗⸗Gebäude⸗ und ⸗Gewerbe—⸗ steuer sowie die Bergwerksabgabe aufgehoben werden. Gegen⸗ über der Berechnung der Regierung, daß der Ausfall von 01 Millionen Mark, der für“ den Staat entsteht, nur mit Hilfe der Ergänzungssteuer von 35 Millionen Mark Ertrag i werden könne, legen die Abgg. von Eynern (ul.) und br. Friedberg (nl. eine anderweitige Verechnung vor, wongch die Vermögenssteuer nicht nothwendig sein soll.

i Aba; Meyer⸗-Berlin (dfr.) führt aus, daß die Frelsinnigen an biem Widerspruch gegen die Steuerreformgefetze festhalten würden, weil die gegenwärtige * nicht zu einer so ö Steuerreform

geeignet sei. Man befinde s in der letzten Session der fünfjährigen Legislaturperiode, die hauptsächlich den Vorbereitungen für die Wahlen dienen solle. Dabei werde dem Hause die gebundene Marschroute ge⸗ geben, daß bis Pfingsten nicht bloß die zweite, sondern auch die dritte Lesung fertiggestellt werden solle, nachdem schon die Commission mit größerer 9 gearbeitet habe, als es sich für die Solidität der Arbeit empfehle. Es fehle dem Finanz⸗Minister an den nöthigen Mitteln, um die Culturaufgaben des Staats zu erfüllen, und dennoch sei er bereit, den 8 ein Geschenk von 40 Millionen Mark zu machen. Die Grundsteuer sei die sicherste Einnahmequelle des Staats; sie sei keine persönliche Last, sondern eine Belastung des Grundstücks. Diese Steuer sei nicht ungerecht, und ihre Aufhebung bedeute eine Werth⸗ steigerung des Grundstücks. Wenn im Jahre 1861 eine Ungere htigkeit begangen worden sei, so sollte man nicht heute eine Ungerechtigkeit nach der anderen Seite hin begehen; denn ein Fehler könne nicht durch einen anderen Fehler gut gemacht werden.

Finanz⸗Minister Pr. Miquel: Daß wir uns in der letzten Session einer fünfjährigen Legislaturperiode befinden, ist richtig; gerade dieser Umstand erleichtert die Durchführung der Reform mit demselben Landtage, der gut unterrichtet ist über die ganze Materie, der auch mit den Grundzügen der Stererreform vollständig einver— standen sich erklärt hat. Nach den früheren Debatten kann man aller—⸗ dings hoffen, daß die Vorlagen bis Pfingsten fertig werden; aber Pfingsten ist schließlich nicht der letzte Termin für den Landtag. Wir befinden uns in schlechten Zeiten, deshalb gerade müssen die aufge⸗ sammelten Steuerbeträge gerade jetzt dem Lande wieder zurückgegeben werden; gerade deshalb muß die unberechtigte Vorbesteuerung des Grundbesitzes und des Gewerbebetriebs jetzt beseitigt werden. Um die Aufhebung der Realsteuern, um ein echhent oder eine Werth⸗ steigerung für den Grundbesitz handelt es sich eigentlich nicht, denn die Realsteuern sollen nur an die richtige Stelle, in die Gemeinden gebracht werden. Auf die allgemeinen Fragen will ich nicht eingehen; wer noch nicht Stellung dazu genommen hat, wird jetzt nicht mehr zu überzeugen sein.

Abg. Graf Limburg⸗Stirum (eons.): Daß wir die Steuer⸗ reform, so wie sie jetzt geplant wird, wollen, haben unsere Wähler gewußt, als sie uns vor fünf Jahren wählten; deshalb ist es durch— aus berechtigt, die Steuerreform jetzt im Laufe derselben Legislatur— periode durchzuführen. Um eine Mehrbelastung handelt es sich nicht, sondern nur um eine gerechtere Vertheilung der Lasten. Daß Pfingsten als Termin gesetzt ist, liegt durchaus im Interesse der Erledigung der Geschäfte; denn Neues kann über diese Fragen kaum vorgebracht wer— den, wenn man nicht Wahlreden halten will. Die Arbeiten in der Commission waren schwer, aber zu leisten für den, der sich ganz der Sache widmete. Daß der Finanz⸗Minister eine bestehende Ungerechtigkeit beseitigen will, dafür sind wir ihm sehr dankbar. Darüber, ob die Grundsteuer eine Rente oder Steuer ist, werden wir uns nicht einigen können. Wenn Herr Meyer aber selbst die Einführung der Rente im Jahre 1861 als eine Ungerechtigkeit be⸗ zeichnet, dann sollte er doch für die Beseitigung der Ungerechtigkeit eintreten. Allein die Grundsteuer wird garnicht aufgehoben, sondern nur den Gemeinden überwiesen. Deshalb werden wir und hoffentlich mit uns die Mehrheit des Hauses für die Vorlagen stimmen.

Abg. Schmitz ⸗Erkelenz (Centr.): Die Grundsteuer werde schon seit Jahren als eine Ungerechtigkeit empfunden, namentlich weil sie ganz unberücksichtigt lasse, ob der Grundbesitz wenig oder viel verschuldet ist. Ob die Grundsteuer eine Rente oder Steuer sei, habe nur für die Professoren Bedeutung; der Steuerzahler empfinde nur, daß er sie zu bezahlen habe. Der Grundbesitz sei nicht mehr der oberste Factor des Erwerbslebens; das Großkapital sei an seine Stelle getreten. Wes⸗ halb solle deshalb der Grundbesitz noch im voraus besteuert werden? Redner bedauert schließlich, daß beim Gemeindeabgabengesetz nicht überall die Interessen des Grundbesitzes genügend gewahrk sind; das werde sich hoffentlich bessern lassen.

Abg. Dr. Kir g usse (nl.) weist darauf hin, daß die Nationalliberalen immer für eine Steuerreform in dem Sinne der Vorlagen eingetreten seien, bedauert aber, daß jetzt, wo man die übrigen Doppelbesteuerungen beseitige, die Doppelbesteuerung der Actiengesellschaften aufrecht er⸗ halten werden solle. Zu erwägen sei ferner, ob die Vermögens. steuer in dem vollen Umfange nothwendig sei. Im übrigen seien die Bedenken, welche gegen die Vermögenssteuer obwalteten, durch die Commissionsbeschlüsse größtentheils beseitigt. Der Standpunkt, daß die Vermögenssteuer ganz entbehrt werden könne, werde wohl von niemand mehr getheilt; den angesammelten Fonds von 125 Millionen Mark zu verwenden, um durch eine Reihe von Jahren die Vermögenssteuer zu vermeiden und sie nachher doch ein— zuführen, das wäre ein Verfahren, welches nur gebilligt werden könnte, wenn man befürchten müßte, daß der Fonds schlecht verwaltet werden könnte; das sei aber nicht der Fall, da die Verwendung für Schul⸗ zwecke in Aussicht genommen sei. :

Abg. Dr. , (Centr.): Wie alle Redner mit Ausnahme des Abg. Meyer stehe er dem Reformwerk sympathisch gegenüber, wenn auch nicht alle seine Wünsche erfüllt seien. Daß der agrarische Theil der Bevölkerung besonders belastet sei, stehe nach allseitiger An— erkennnung fest; deshalb sei es selbstverständlich, daß die Reform einen agrarischen Charakter haben müsse. Der Finanz⸗Minister habe zu Gunsten der Staatsfinanzen gerechnet das sei begreiflich, ebenso wie es begreiflich sei, daß der Abg. von Eynern nach der anderen Seite zu seinen Gunsten gerechnet habe. Bei der gegenwärtigen Finanzlage werde es nothwendig sein, daß auch der Landtag mehr

auf die Einnahmen bedacht sei. Von einer Steuererleich⸗ terung könne niemand jetzt reden, höchstens von einer Ent—

lastung der besonders Prägravirten. Auf eine Reihe von Wünschen werde ja jeder im Interesse der Fertigstellung der Ge— setze verzichten . aber es sei zu hoffen, daß in einzelnen Punkten bezüglich der Vermögenssteuer und der Gemeindeabgaben die Beschlüsse der Commission erheblich verbessert werden würden. Bei der Ver⸗ mögenssteuer und bei den Gemeindesteuern müßten die mittleren und unteren Klassen entlastet werden, was bei der Einkommensteuer nicht in genügendem Maße geschehen sei.

Finanz-Minister Dr. Miquel: Der Tarif der Vermögens—⸗ steuer darf nicht nach der Leistungsfähigkeit der Besteuerten beurtheilt werden, sondern es muß dabei beachtet werden der Unterschied zwischen denen, die nur ein Arbeitseinkommen haben, und den Besitzenden, die ein fundirtes Vermögen haben. Wenn die Vermögenssteuer mehr als 35 Millionen Mark ergiebt, so wird das Haus wahrscheinlich nicht geneigt sein, auf das Mehr zu verzichten, sondern dasselbe zur Be⸗ 66 nützlicher Ausgaben verwenden. Wenn man von dem agra—⸗

rischen Charakter der Reform spricht, so vergißt man die Entlastung auf anderem Gebiet, z. B. bei der Ge⸗ werbesteuer. Die neue Gewerbesteuer wird, trotzdem die Hälfte der kleinen Gewerbetreibenden steuerfrei gelassen ist,

23 Millionen Mark mehr als die Contingentssumme ergeben. Davon entfallen auf die Klasse J1 mit 0,83 / der Gewerbetreibenden 5410 940 6, auf Klasse IJ mit 2,08 9 der Gewerbetreibenden 2254 406 M, auf Klasse 111 mit 1606o 4 780 930 S und auf Klasse 1V mit 80 Mυι 4 784732 660 Darin liegt ein Beweis, daß die großen Ge— werbebetriebe auf Kosten der kleinen begünstigt waren. enn diese Gewerbesteuer nicht mehr an den Staat, sondern an die Gemeinden zu zahlen ist, so ist das eine erhebliche Erleichterung. Dasselbe gilt von der Bergwerksabgabe, die als Bruttosteuer schneller steigt als der Verdienst aus den Gruben.

Abg. von Tiedemann-Bomst (freicons.) erklärt, daß seine Freunde darauf verzichten würden, aussichtslose Anträge einzubringen,

sie würden sich, auch nicht dazu entschließen, bei der Ver⸗ mögenssteuer eine weitere Progression anzunehmen. Einen agrarischen Charakter trage die Reform nicht, denn die

Gebäudesteuer und die Gewerbesteuer entfielen hauptsächlich auf die Städte. Redner wendet sich dann gegen die anderweite Berechnung des zu deckenden Betrages des Ausfalles, den der Staat erleidet; er habe die Aufhebung der Doppelbesteuerung der Actiengesellschaft, die er be— antragt habe, nicht mit angerechnet, auch die Einnahme aus der lex Huene zu niedrig bemessen. Wenn man den angesammelten Fonds aufzehren wolle und erst dann eine neue Steuer einführen wolle, so werde das am meisten Unzufriedenheit erregen. Redner erklärt schließlich im

Namen der Mehrheit seiner politischen Freunde die Zustimmung zu den Vorlagen.

Abg. von Eynern (nl. ): Der Grundgedanke der Reform— Ueberweisung der Realsteuern an die Gemeinden, habe eine solche überwältigende Mehrheit für sich, daß an die Bekämpfun

des selben * gedacht werden könne; man könnte eigentli über das heute zur Berathung stehende Gesetz und das Gemeindeabgabengesetz en bloc abstimmen. Anders stehe es

mit dem Vermögenssteuergesetze. Er (Redner) halte eine solche neue Steuer für jetzt nicht für nothwendig, da die Berechnung des Ausfalles, den der Staat erleidet, viel zu hoch ausgefallen, während die Einnahme aus der lex . zu niedrig angesetzt sei.

Geheimer Ober-Finanz⸗Rath Wallach hält der Berechnung des Vorredners, die dem Hause gedruckt vorgelegt ist, entgegen, daß die Mehreinnahme aus der Einkommensteuer mit 42506 55 0 zu hoch angenommen sei; die Berufungen allein würden 37 Millionen Mark Mindereinnahme ergeben, wozu noch die Ausfälle treten, sodaß das Mehr höchstens auf 49. Millionen Mark sich belaufen werde. Auch die Berechnungen der Einnahme aus der lex Huene seien unzutreffend.

Abg. Barth freicons.) wendet sich gegen die Ausführungen des Abg. Meyer⸗Berlin, daß die Frundsteuer den Charakter einer Rente habe. Das sei vielleicht im vorigen Jahrhundert der Fall gewesen, jetzs habe die Grundsteuer aber unzweifelhaft einen öffentlich rechtlichen Charakter, und zwar schon nach dem Edict von 1810, gegen welches namentlich die brandenburgischen Stände energisch remonstrirten, weil sie in der Ausgleichung der Grund⸗ steuer den reinen Raub gesehen hätten, wofür die beiden ersten Unter⸗ zeichner der Beschwerde nach Spandau gebracht worden feien. Die Regie⸗ rung habe den Rentencharakter der Grundsteuer nicht anerkannt uünd könne dies nach den Schritten von 1861 erst recht nicht mehr thun. Aber freilich, wer meine, daß man ebenso wie die Grundsteuer auch V ablösen könnte, dem könne man die Sache nicht klar machen.

Abg. Dr. Meyer-⸗Berlin (dfr.): Der Vorredner sei ihm eigentlich zu Hilfe gekommen, denn er habe selbst angeführt, daß conservative Männer lieber nach Spandau gegangen seien, als daß sie ihre Ansicht über die Rentennatur der Grundsteuer aufgegeben hätten. Herr von Kleist⸗Retzow habe 1861 das Vorgehen bezüglich der Grundsteuer für ein revolutionäres gehalten.

Abg. von Kröcher (eons.) erklärt, daß er jetzt mit den Vor⸗ lagen noch mehr einverstanden sei, als bei der ersten Lesung, weil namentlich der verschuldete Grundbesitz, der am schlechtesten ge⸗ stellt sei, entlasttt würde. Manche Verbesserungen hätte auch er (Redner) gewünscht, namentlich in Bezug auf die mittleren Klassen. Die unteren Klassen könnten doch nicht mehr entlastet werden, denn weniger als nichts könnten sie doch nicht zahlen. Redner würde nicht nur das vorliegende Gesetz und das Gemeindeabgabengesetz, sondern auch das Vermögenssteuer⸗ gesetz en blos annehmen, wenn der Abg. von Eynern dies bean⸗ tragen wolle.

Abg. Dr. Friedberg snl.) hält seine und des Abg. von Eynern Be⸗ rechnung aufrecht und bezeichnet es als nothwendig, den aus den Ueberschüssen der Ginkommensteuer angesammelten Fonds zur Deckung des Ausfalls zu verwenden, um die Vermoͤgens⸗ steuer wenigstens auf eine Reihe von Jahren noch zu 'per— meiden. Wenn, wie man heute erfahren, die Einkommenstener viel⸗ leicht in diesem Jahre erheblich weniger ergeben werde, als man an— genommen, so sei die Steuerreform um so .

. Finanz⸗Minister Dr. Miquel: Daß die Einnahmen aus der Einkommensteuer schwankend sind je nach der Lage der Er⸗ werbsverhältnisse, ist selbstverständlich; aber wir haben doch die

Zuversicht, daß die Einkommensberhältnisse sich im allgemeinen in einer steigenden Tendenz bewegen. Vielleicht ist alfo jetzt

Herr Friedberg bereit, dem Staat die 35 Milllonen Mark Ver= mögenssteuer zu bewilligen.

Damit schließt die Debatte über 81, welcher hierauf an⸗ genommen wird. (Schluß des Blattes.)

= Der Kammerherr Graf von der Schulenburg⸗ Burgscheidungen, Mitglied des Herrenhauses, ist am 8. d. M. in Nervi gestorben.

Dem Herrenhause ist ein Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung von Amtsgerichtsbezirken, nebst Begründung zugegangen.

Dem Hause der Abgeordneten wurde der 44. Bericht der Staatsschuldencommission über die Berwaltung des Staats . im Rechnungsjahre vom 1. April 1891/92 vor⸗ gelegt.

Kunft und Wissenschaft.

4K Heute wurde im Königlichen Kupferstichcabinet die Aus stellung von Farbendrucken des XV. bis XVIII. Jahrhunderts wiedereröffnet. Sie umfaßt mit wenigen Abänderungen die bereits von der früheren Aus⸗ stellung bekannten Blätter.

44 Auf der vorjährigen internationalen Kunstausstellung in München erregten die Werke eines jüngeren schwedischen Malers Bruno Liljefors berechtigtes Aufsehen; die Ausstellungsfury ehrte dieselben mit der Medaille erster Klasse. Gegenwärtig sind sieben⸗ undzwanzig Bilder seiner Hand in Gurlitt's Kunstsalon ausgestellt. Der Grundzug seines künstlerischen Wesens ist still-ernste Naturbetrach⸗ tung; besonders das Thierleben in den schneeverwehten Forsten feiner Heimath hat Liljefors zu seinem Studium gemacht, und hier offenbart er ein reiches Naturgefühl, gepaart mit malerischem Feinblick für landschaftliche Stimmung. Köstlich 3 er die Schneefelder mit ihren blauen Schatten im Dämmerlicht des scheidenden Tages zu schildern: tiefe Einsamkeit ringsumher, am Horizont knorrige Föhrenstämme, vom letzten Sonnenstrahl vergoldet. Nur selten begegnen uns Menschen in dieser stimmungweckenden Oede, wie der alte Fuchsjäger mit seiner Beute und dem die Fährte aufspürenden Hund. ÜUm so intimer wirkt das Thierleben, das der Künstler offenbar nicht nur mit dem Auge des Malers, sondern auch mit dem des passionirten Jägers beobachtet. Ein Zug Wildenten, ein wilder Schwan, ein Habicht, ein Fuchs, der einen Schneehasen in seinen Bau schleppt, das sind einige seiner Lieblingsmotive. Mit siaunenswerthem Geschick weiß Liljefors das nur wenig ins Gelbliche schimmernde Fell des Thieres von der lockeren Schneedecke abzulösen, diese selbst in ihrem glitzernden Schillerlicht wiederzugeben, ohne doch je ins Virtuosenhafte zu fallen. Anspruchslos und schlicht, wie die jungfräuliche Natur, die sie schildert, giebt sich seine Malerei. Neben diesen Schneebildern erfrischt das Auge ein farbenprächtiger Baum, in dessen herbstlich gefärbten Aesten eine Auerhenne sich niedergelasen; eine sommerliche Abendstimmung in satten Tönen, ein Waldinterieur, das uns mit seinen Föhren und Felsen fast wie ein Harzmotiv anmuthet. Am eigenartigsten wirken aber jene großen Naturausschnitte, wie die Birkhühner im Reif, die reizenden Dompfaffen in den Zweigen eines beschneiten Baumes, ein einsames Birkhuhn u. a. m. Hier möchte man von Japanismus sprechen; die fast ganz perspectivlose Farbenimpression, das Fehlen des Horizonts, der Mangel an plastischer Modellirung erinnern unwillkürlich an die Kakemonos der Schule von Kioto. Sicherlich spielt die Bekanntschaft mit den malerischen deistungen Nippons in der Entwickelung des modernen Farbengefühls eine . Rolle, und die Arbeiten unseres nordischen Naturfreundes be⸗ weisen, wie fruchtbar solche Anregungen auch für den Naturalisten werden können. Liljefors ist 1360 in Upsala geboren, in Stockholm, Frankreich und Deutschland ausgebildet und erst 1889 auf der Parifer