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bekleidete er bis zum Juli 1885, wo er 2 seinen Antrag in den einstweiligen Ruhestand versetzt und in Anerkennung seiner ö en und bewährten Dienste mit dem Stern zum othen wurde; jedoch verblieb er in Tanger noch bis zum April 1856, um die von ihm begonnenen deutsch⸗marokkanischen Handels⸗ vertragsverhandlungen zum Abschlusse zu bringen.
Weber war einer der hervorragendsten Beamten des aus—⸗ wärtigen Dienstes, der sich durch eingehende Kenntniß der Verhaͤltnisse des Orients und tgctbolles Auftreten auf jedem Posten trefflich bewährt hat. Wenn er auch seit acht Jahren dem activen Dienst nicht mehr angehörte, so wird doch sein Ableben im Auswärtigen Amt schmerzlich empfunden und ihm ein ehrendes Andenken stets bewahrt bleiben.
Das „Dr. J.“ schreibt: Am Sonnabend Mittag hat die Internationale Sanitäts⸗Conferenz mit der Unter— zeichnung der Convention ihr Ende erreicht. Die Convention ist . nur von Deutschland, Oesterreich⸗Ungarn, Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Montenegro, den Nieder⸗ landen, Rußland und der Schweiz unterzeichnet worden. Die Vertreter der übrigen Staaten haben die Convention ad referendum genommen. Die Ratification soll inner⸗ halb sechs Monaten in Berlin erfolgen. Die Convention zer⸗ fällt in zwei Hauptabschnitte, deren erster die internationalen Abwehrmaßregeln gegen die Cholera in Bezug auf den Reise⸗ und Waarenverkehr enthält und für die . allen un⸗ nützen Erschwerungen des Verkehrs und Handels vorzu⸗ beugen bestimmt ist. Der zweite Abschnitt betrifft die Behandlung des Gesundheitswesens an der Donau⸗ mündung. In feierlicher Schlußsitzung ist die Conferenz durch den ö Seine Excellenz den Grafen von Doͤnhoff im Namen Seiner Majestät des Deutschen Kaisers
eschlossen worden, nachdem auch Seiner Majestät dem önig der ehrfurchtsvollste Dank der Versammlung für die ihr in Allerhöchstseiner Hauptstadt in so außerordentlichem Maße erwiesene Gastfreundschaft votirt und die sonst bei der⸗ artigen Anlässen üblichen diplomatischen Courtoisien aus⸗
getauscht worden waren. Der Minister von Metzsch widmete
der Conferenz einige warme Abschiedsworte.
Der Director des Marine⸗Departements des Reich⸗ Marineamts, Vice-Admiral Koester ist hierher zurück— gekehrt.
Der Oher⸗Regierungs⸗Rath Peltzer in Hannover ist an die General⸗Commsssion in Breslau und der Sber⸗Regierungs⸗ Rath von Hove zu Breslau an die General-Commission in Hannover versetzt worden.
Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich bayerischer Ministerial⸗Rath von Heller und Senator der . Hansestadt Hamburg Dr. Burchard sind hier ein— getroffen.
Der Regierungs⸗Assessor von Aschoff aus Cassel ist der Königlichen Regierung in Minden zur dienstlichen Verwendung überwiesen worden.
Der Regierungs⸗Assessor von Schmidt aus Danzig ist bis ö. weiteres dem Landrath des Landkreises Kiel zur Hilfeleistung in den landräthlichen Geschäften zugetheilt worden.
Ferner sind zur Hilfeleistung in den landräthlichen Geschäften bis auf weiteres zugetheilt worden die Regierungs⸗Assessoren: Dr. Schmidt⸗Scharff dem Landrath des Landkreises Har⸗ burg, Regierungsbezirk Lüneburg, Graf Clairon d' Hausson— ville dem Landrath des Kreises Merseburg, und Plewi em Landrath des Kreises Marienburg, Regierungsbezir Danzig.
S. M. S. „Kaiserin Augusta“, Commandant Capitän zur See Büchsel, und S. M. Kreuzer See⸗ adler“, Commandant Corvetten⸗Capitän Köllner, sind am 14. April in Halifax (Nova Scotia) eingetroffen und he— absichtigen am 16. dess. Mts. nach Newport (Rhode Island) in See * gehen. . . M. Kreuzer, Falke“, Commandant Corvetten⸗Capitän Becker, ist am 14. April in Mossamedes eingetroffen und beabsichtigt am 18. dess. Mts. nach San Paolo de Loanda in See zu gehen.
Sachsen.
Seine Majestät der König empfing, wie W. T. B.“ meldet, gestern nach dem Gottesdienste eine größere Anzahl der Theilnehmer an der Internationalen Sanitäts-Conferenz in Abschieds⸗Audienz.
Baden.
Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin hat, wie die „Karlsr. Ztg.“ meldet, seit Jahren die a he des Hand⸗ arbeitsunterrichts in den verschiedenen Bezirken des Landes geprüft und jeweils Ausstellungen größerer Bezirke besucht, wo die Handarbeiten vereinigt waren. Für dieses Jahr waren die Bezirke Bretten und Emmendingen durch den Ober⸗ Schulrath bestimmt worden, Handarbeitsausstellungen zu ver⸗ anstalten, und es sollten diese noch in diesem Monat und Anfangs Mai stattfinden. Ihre Königliche Hoheit habe leider fur dieses Jahr auf den Besuch dieser beiden Bezirke verzichten müssen, da Ihr seit geraumer Zeit bestehendes Augen⸗ leiden dermalen eine größere Schonung erfordere. Auf aͤrzt⸗ lichen Rath werde Ihre Königliche Hoheit fortan manche werth— gewordene Pflichten nicht in dem Maße erfüllen können, wie es Höchstihrem Herzenswunsch entspreche, um die gebotene Schonung besser üben zu können.
Wie die „Karlsr. Itg.“ weiter vernimmt, ist der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath im Ministerium der Justiz, des Cultus und Unterrichts Dr. von Jagemgnn als badischer Gesandter am Königlich preußischen Hofe designirt.
Neuß ä. L. ⸗
(4) Seine Durchlaucht der Fürst hat sich vorgestern Mittag zum Besuch des dortigen Herzoglichen Hofes nach Altenburg begeben und ist am Abend wieder in Greiz ein⸗ getroffen.
dler⸗Orden zweiter Klasse mit Eichenlaub beliehen
Oesterreich⸗ Ungarn.
In der vorgestrigen Sitzung des un pgarischen Unterhauses betonte der „Presse' zufolge hei der Fort⸗ setzung der Budgetdebatte der Minister-Präsident Dr. Wekerle die wesentliche Besserung der volkswirthschaft⸗ lichen Lage Ungarns und theilte mit, daß Steuerreformen vorbereitet würden. Im nächsten Jahre solle die kleine Lotterie aufgehoben werden. Die Goldbeschaffung zur Valuta⸗ regulirung sei fast vollständig beendet und die e s. Durch⸗ führung der Valutaregulirung gesichert. Das Budget des Finanz⸗Ministeriums wurde darauf angenommen. Auf die Interpellation des Abg. Polonyi über die Vor— gänge in Serbien erwiderte der Minister⸗Präsident, daß die jüngsten serbischen Ereignisse wohl üͤberrascht, keines⸗ wegs aber irgend welche Aufregun hervorgerufen , wie denn die Regierung Sorge a ur tragen würde, aß sie auch ferner keine Aufregung hervorrufen. Der Minister⸗Präsident versicherte das Haus, daß diese Greignisse auch in Wien keine Aufregung N33. hätten und daß das Ministerium des Aeußern auf die serbischen Angelegenheiten gar keinen Einfluß übe. Wir leben — sagte der Minister⸗ Präsident — mit allen Balkanstaaten, auch mit Serbien, auf gutem Fuße, behindern dieselben nicht in ihrer eigenen Entwicklung und bringen ihnen Wohlwollen entgegen, nehmen aber gar keinen Einfluß auf die inneren Angelegenheiten derselben. Der allgemeine Friede ist durch die e Ereignisse nicht gefährdet, daher sind auch keine peciellen Verfügungen im Interesse unserer Unterthanen noth⸗ wendig. Sobald dies nothwendig sein sollte, werde er es nicht unterlassen. Der Abg. Polonyi nahm die Antwort zur Kenntniß.
Der böhmische Landtag überwies, wie „W. T. B.“ berichtet, am Sonnabend den Antrag des Abgeordneten Sole auf Erlaß eines Gesetzes über den Gebrauch beider Landes- sprachen hei den öffentlichen Behörden in Böhmen einstimmig einer Specialcommission. Die Vorlage wegen GErrich⸗ tung eines Kreisgerichts in Schlan wurde auf Antrag des Prinzen Ferdinand Lobkowitz der Commission für Gemeinde⸗ und Bezirks⸗Angelegenheiten überwiesen. Die Jungczechen ent— hielten sich der Abstimmung. Dafür stimmten die Großgrund⸗ besitzer und die Deutschliberalen. Von den Altezechen stiimmten dafür: Rieger, Zeithammer, Mattusch und Tomek.
Großbritannien und Irland.
Auf die in London verbreitete ,, die Regierung werde 16. Einwilligung zu einer Abänderung der Home— rule⸗Bill kundgeben, dahin gehend, daß ein Theil von Ulster unter der Controle des Reichsparlaments bleiben solle, erklärt der heutige „Standard“: die Unioni sten würden diese Abänderungen ablehnen, da die Minoritäten in den anderen Theilen Irlands dem Dubliner Parlament auf Gnade und Ungnade ausgeliefert sein würden.
Frankreich.
In Paris haben gestern die Wahlen zum Munieipal— rath stattgefunden. Nach einem Telegramm des „W. T. B.“ dürfte die Zusammensetzung unverändert bleiben. 43 der bis—⸗ herigen Mitglieder wurden wiedergewählt, in 38 Bezirken sind Stichwahlen erforderlich.
Nußzland. .
Der Groß fürst und die Großfürstih Wladimir sind gestern von St. Petersburg ins Ausland abgereist.
Das „Journal de St. Pétersbourg“ erklärt, wie „W. T. B.“ meldet: Anläßlich der jüngsten Ereignisse in Serbien: bei der mehr als precären Lage, in welcher sich das Land infolge der allgemeinen Unzufriedenheit und der übermäßig erregten Leidenschaften befunden habe, sei es vom König ein Act der Kraft und Weisheit gewesen, indem er dem ebenso mißlichen als gefährlichen Zustande ein Ende gemacht habe. Die vollständige Ruhe, mit der sich diese wichtige Umwälzung vollzogen habe, be⸗ weise, daß dieselbe den Wünschen der Nation und den Interessen des Landes entspreche. Die Armee habe den Eid der Treue mit Enthusiasmus geleistet, und die Be— völkerung von Belgrad habe mit beifäͤlligen Ovationen die wohlthuende Initiative des Königs aufgenommen. In Rußland verfolge man mit viel zu großer Sympathie die freie, glück— liche und friedliche Entwickelung Serbiens im Innern, um nicht aufrichtig zu wünschen, daß unter dem Schutze des jungen Königs, der soeben einen Act weiser und männlicher Entschlossenheit vollzogen habe, das Ereigniß zur Beruhigung und zur W lf rr: der verwandten Nation beitrage, die Ruß⸗ land ihre Befreiung und Unabhängigkeit verdanke.
Italien.
Das Eintreffen des Erzherzogs Rainer in Rom wird dem W. T. B.“ zufolge am 19. April erwartet.
Der Papst empfing am Sonnabend die nach Jerusalem gehenden eucharistischen Pilger und hielt eine Ansprache an sie, worin er hervorhob, die periodischen Pilgerzüge nach dem Orient trügen dazu bei, die Vorurtheile gegen die Christen zu zerstreuen. Behufs Theilnahme an dem Eucharisten— Congreß delegirte der Papst einen Cardinal, der den Vorsitz führen soll.
Niederlande.
Die Königin und die Königin-Regentin werden sich, wie „W. T. B.“ berichtet, nach den nunmehrigen Dispositionen am 3. Mai zum Besuch des Königs und der Königin von Württemberg nach Ludwigsburg und von dort am 8. Mai nach Flims begeben.
Belgien.
In Jolimont ist es am Freitag zwischen Gendarmen und den Strikenden zu einem Zusammen stoß gekommen, wobei drei der Strikenden verletzt wurden; eine Frau wurde durch eine zurückprallende Kugel getödtet. In Brüssel ver⸗ lief der vorgestrige Abend einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge ruhig, in der Stadt bemerkte man keine umherziehenden Banden mehr. In den Ortschaften der Strikegebiete fanden zahl⸗ reiche Versammlungen statt, jedoch ist aus keinem Orte ein ernsterer Vorfall gemeldet worden. Dagegen ist es gestern in Brüssel zu Excessen gekommen. Der Bürgermeister Buls wurde in der Avenue Louise am Schluß eines auf der Straße abgehaltenen socialistischen Meetings von einem der Theilnehmer erkannt und durch einen Schlag mit einem mit Blei gefüllten Rohr⸗ stock verletzt. Der Bürgermeister fiel in Ohnmacht und blutete stark, sodaß er sofort nach seiner Wohnung geschafft werden mußte. Der herbeigerufene Arzt empfahl absolute Ruhe. Die Polizisten und Gendarmen eilten sofort nach Be⸗
kanntwerden des Attentats hinzu und . auf die Mani⸗ festirenden ein, welche mehrere Revolverschüsse abgaben. Ein Socialist wurde verwundet, zwei Personen wurden verhaftet. eh. ist der Zustand des Bürger⸗-meisters Buls zufrieden. kellend; die Verwundung ist nicht schwer und der Bürger— meister nicht genöthigt, das Bett zu hüten. Er hofft in einigen Tagen seine Funktionen, die inzwischen der Schöffe André ver— sieht, wieder übernehmen zu können. Der König ließ sich nach dem Befinden des Bürgermeisters erkundigen. In der Stadt herrschte, gestern Abend sehr viel Bewegung, ohne daß jedoch die Ruhe gestärt wurde. Bei einigen unbedeutenden Auf— läufen wurden Verhaftungen vorgenommen. Man nimmt an, daß keine Ruhestörungen mehr eintreten werden; mehrere Re gimenter bleiben jedoch in den Kasernen consignirt.
Türkei.
Die „Times“ meldet aus Konstantinopel, der Secretär der Gesandtschaft der Vereinigten Staaten von Nordamerika habe nach einer persönlichen Untersuchung in Merzivan und der Umgegend die Erklärung abgegeben, es existire weder eine armenische Frage noch ein Aufstand der Christen gegen die Türken. Die Berichte hiervon seien stark übertrieben. Die Türken hätten mit Klugheit und Mäßigung gehandelt. Die Be— richte von einem angeblichen Fanatismus der Muhamedaner gegen die Christen seien unbegründet und rührten von Agitatoren her, welche dieselben zu umstürzlerischen Zwecken verbreitet hätten. Die Polizei habe Pläne entdeckt, welche Beweise für die wirklich Schuldigen enthalten. Die „Daily News“ meldet, auf Vorstellungen des Serretärs der amerikanischen Gesandt— schaft seien viele türkische Beamte in Caesarea und Merzivan verabschiedet und gegen 100 Armenier in Frei— heit gesetzt worden. ?
Serbien.
Der König Alexander wurde, wie „W. T. B.“ meldet, n bei seiner Ausfahrt mit herzlichen Ovationen egrüßt.
Der Minister⸗Präsident Dokic erklärte in einer münd⸗ lichen Auseinandersetzung über das Programm der neuen Regierung: Die Ursachen des Vorgehens des Königs lägen in der durch die ungesetzliche, verfassungswidrige Haltung der Regentschaft und des Ministeriums Avakumovic hervorge— rufenen, gefahrvollen Situation. Der König habe durch eine energische, rettende That die Gefahr beseitigt, die für das Land und die Dynastie aus der unnöthigen . der staats⸗ bürgerlichen Rechte und der Freiheiten des serbischen Volkes entstanden sei. Er habe dadurch unabsehbare Conflicte ver⸗ hindert. Nachdem das Volk und die Armee die Uebernahme der Regierung durch König Alexander mit seltener Einmüthig— keit begrüßt hätten, werde die Regierung nunmehr ihre ganze Aufmerksamkeit vorzugsweise auf die innere . auf die Herstellung und Sicherung eines streng verfassungsmäßigen gesetzlichen Zustandes, der persönlichen und politischen Rechte, sowie der Besitzrechte der Staatsbürger lenken, entsprechend den Intentionen des Königs, der allen Ernstes ein git und Seh fer der Verfassung wie der Gesetze sein wolle. Zu diesem Behufe werde die Regierung mit kräftiger Hand Aus— schreitungen jeder Art und von welcher Seite dieselben auch kommen möchten, hintanhalten und Wiederholungen der bisher üblichen Racheacte im voraus unmöglich machen. Die Wahlen zur Skupschtina, die ohne jede Beeinflussung vorgenommen werden sollten, würden den ersten Beweis der ernsten Ab⸗— sichten der Regierung liefern. Hand in Hand mit der Durchführung dieses Grundsatzes gehe die Wiederaufrich— richtung des Finanzeredits. Die Ernennung Vuicz' zum Finanz⸗Minister, die Garantirung der persönlichen Rechte so— wie des Besitzrechtes, die Stabilisirung der staatlichen Zu— stände unter der eigenen Hand des Königs würden dazu beitragen, das Vertrauen des Volkes und des Landes zu der Finangzgoliti der Regierung zu, erwecken und dem Lande die Möglichkeit zu einem Aufschwunge bieten. Die volkswirthschaftliche Politik sei berufen, die ,, zu ergänzen und auf gesunde Grundlagen zu stellen. Das Auf— geben der von den Liberalen beabsichtigten Freigebung des Tabacks, sowie die baldmögliche Ratificirung des Handels— vertrags mit Oesterreich⸗Ungarn, wonach das Cabinet sich sehne und die einer der ersten Berathungsgegenstände der Skupschtina sein werde, sollen dem Lande unter Beihilfe aller rechtlich Denkenden die Grundlage der zukünftigen realen inneren und Finanzpolitik geben. Bezüglich der äußeren Politik sei durch die politische und geographische Lage Serbiens dem Lande unter jeder Negierung ohne Unterschied der Weg streng vorgezeichnet und die Pflege guter Be— ziehungen zu allen Staaten selbstverständlich. Gestützt auf das Vertrauen des Königs und des Volkes, werde die Re— gierung stets in erster Linie die materiellen Vortheile des Landes berücksichtigen, das auf lange Zeit hinaus nur die einzige Politik haben könne: Innere Consolidirung und J Gesundung. .
Der Minister der Auswärtigen Angelegenheiten Nikolic r am Sonnabend sämmtliche Vertreter der fremden
ächte.
Die „Politische Correspondenz“ meldet aus Belgrad: besondere Genugthüung habe dort die Meldung des serbischen Gesandten in Wien Simic erweckt, daß Graf Kälnoky bei der Notification des Regierungsantritts des Königs Anlaß ge— nommen habe, den wohlwollenden Gesinnungen des Kaisers Franz 3 für den König Alexander neuerlichen Ausdruck zu geben mit dem Hinzufügen, Oesterreich-Ungarn wünsche dem König eine glückliche Regierung. Aus allen größeren Orten Serbiens sind, wie dasselbe Blatt meldet, be⸗ glückwünschende Deputationen nach Belgrad unter— . Der König sei entschlossen, vor der Eidesleistung eine allgemeine Amnestie für politische Vergehen zu er⸗ lassen. Die Regierung werde etwaigen Anträgen auf Anklage⸗ erhebung gegen das Cabinet Avakumovic mit Entschiedenheit enigegentreten. Die Eltern des Königs würden bestimmt im nächsten Monat in Belgrad eintreffen. -
Vorgestern Abend ist es nach einer Meldung des, W. T. B. noch zu Ausschreitungen in Belgrad gekommen. Nachdem die Wachtposten vor dem Hause des früheren Minister⸗-Präsi⸗ denten Avakumovic eingezogen worden waren, erschienen daselbst die Liberalen, um Avakumovic zu begrüßen. Alsbald sammelte sich eine Volksmenge vor dem Hause, welche mit Pfeifen und Lärmen demonstrirte. Als die Gendarmerie die Angesammelten vergeblich zu zerstreuen suchte, wurde eine Cavallerie⸗Abtheilung dazu entsendet. Es sind Vorkehrungen
getroffen worden, um alle Ausschreitungen zu verhindern.
Gestern Vormittag fand in Belgrad ein feierliches Tedeum statt. Die Truppen waren in Parade auf den
Straßen aufgestellt. Eine große Menschenmenge erfüllte die 3. geschmückten Wege zur. Kirche, In der Kirche waren as Offiziercorps, die Minister, die übrigen Würdenträger und die obersten Beamten versammelt. Reben den radicalen waren auch die ehemaligen fortschrittlichen Minister mit Garaschanin erschienen. Als der König in Be⸗ leitung der Minister Dokic, Ciric und e, n, sowie mehrerer Ib tan ten die Kirche betrat, gab die Artillerie Salutschüsse ab. Nach dem Gottesdienst fand im Palais großer Empfang statt. Der König wurde bei seinem Erscheinen mit lebhaften Zurufen begrüßt. Er. zeichnete ,, radicalen und fort— schrittlichen Minister durch Ansprachen aus. Am Nachmittag empfing der König Garaschanin in besonderer Audienz und dankte ihm für seine bisherige correcte Haltung.
Velimirovic ist zum Präsidenten des Staatsraths er⸗ nannt, Ristic und Belimarkovic sind pensionirt worden. Ristic begiebt sich nach einem Kurort ins Ausland. Beli⸗ marko vie zieht sich auf seine Güter ins Innere des Landes zurück. ; In der vorgestrigen Parteisitzung der Liberalen beantragte Avakumovic, daß die Liberalen sich an den Wahlen nicht betheiligen sollen. Ribarac sprach sich für die Theilnahme an den Wahlen aus.
Die radicalen und die fortschrittlichen Blätter feiern die Dynastie Obrenovic als eine wahre Volksdynastie; die liberalen Zeitungen erscheinen nicht.
Afrika.
Von dem vor Alexandrien eingetroffenen fran⸗
zösischen Geschwader haben sich einer Meldung des W. T. B.“ zufolge am Sonnabend drei Panzerschiffe und
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vier Torpedo⸗Kreuzer nach Port Said begeben, um dort Kohlen
einzunehmen; die übrigen Fahrzeuge des Geschwaders sollen heute nach Jaffa in See gehen.
Parinmentarische Nachrichten.
Deutscher Reichstag.
76. Sitzung vom Montag, 17. April, 1 Uhr.
Der Sitzung wohnen die Staatssecretäre Dr. pon Boetticher und Hanauer bei.
Eingegangen ist der Gesetzentwurf, betreffend die Einfüh⸗ rung des Gerichtsverfassungsgesetzes in ,
Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der Berathung der Wucher ö. tzno velle. Zunächst würde die Wieder⸗ holung der Abstimmung über 8 3026 (Androhung der Be—⸗ strafung wegen gewerbsmäßigen Wuchers gegen alle anderen Rechtsgeschäfte, welche die Kriterien der Bewucherung an sich tragen) stattzufinden haben.
Abg. Dr. Dohrn (dfr.) beantragt, mit Rücksicht auf diese Ab⸗ stimmung die Berathung des Gegenstandes an die zweite Stelle der . treten zu lassen und über das Spionagegesetz zuerst zu verhandeln.
Abg. Freiherr von Manteuffel (deons.) widerspricht diesem Vorschlage, welcher demnächst vom Hause abgelehnt wird.
Doas Haus tritt darauf in die Fortsetzung der Berathung des Wuchergesetzes ein und setzt nach dem Vorschlage des Präsi⸗ denten die Abstimmung des § 3026 vorläufig aus.
Ohne Debatte wird sodann die Erweiterung des 8 367 des Strafgesetzbuchs angenommen, wonach dessen Vorschriften auch unterliegen soll, „wer den über das Abhalten von öffent⸗ lichen Versteigerungen und über das Verabfolgen geistiger Ge⸗ raͤnke vor und bei öffentlichen Versteigerungen erlassenen , . Anordnungen zuwiderhandelt. (Schluß des Blattes.)
Preußischer Landtag.
Haus der Abgeordneten.
Der Bericht über die vorgestrige Sitzung befindet sich in der Ersten Beilage.
62. Sitzung vom Montag, L. April 1893, 11 Uhr.
Der n n wohnt der Finanz-Minister Dr. Miquel mit Commissarien bei.
Auf der Tagesordnung steht die zweite Berathung des Entwurfs eines Ergänzungssteuergesetzes.
S L lautet:
Vom 1. April 1895 an wird eine Ergänzungssteuer nach Maß. gabe der folgenden Bestimmungen erhoben.“
Abg. von Bülow Wandsbek (freicons.) beantragt, statt „Er⸗ gänzungssteuer in 5 1 und in allen folgenden Paragraphen zu sagen: Verm ögenssteuer⸗.
Die natjonalliberalen Abgg. von Eynern und Dr. Friedberg beantragen, den 5 1 zu streichen, dagegen die Bereitwilligkeit des Hauses zu erklären, in die Berathung eines Erbschaftssteuergesetzes einzutreten, dessen Grundzüge die Antragsteller ebenfalls vorlegen.
Abg. von Eynern (nl): Zur Durchführung der Steuerreform sind nach unserer Berechnung 17 Millionen Mark, ungerechnet die aufgesammelten Mehrerträge der Einkommensteuer, erforderlich. Diese Rechnung ist allerdings von der Regierung bestritten worden; aber was der Vertreter der Regierung dagegen aufgestellt hat, ergiebt immer nur einen r, 23 Millionen Mark, sodaß die Vermögenssteuer 12 Millionen Mark mehr al nothwendig ein⸗ bringt, und das in einem Augenblick, wo drei Jahre lang je 40 Millionen Mark an Einkommensteuer mehr als nothwendig , worden sind. Mehr, als die Regierung selbst als nothwendig angiebt, brauchen wir ihr nicht zu bewilligen. Die Ermäßigung der Einnahme aus der Vermögenssteuer kann in dreifacher Weise erfolgen: einmal durch Heraufsetzung der Summe, bei welcher die Vermögenssteuer anfängt, von 600 auf 12 000 4, zweitens durch Hinausschlebung der Vermögengsteuer auf sechs Jahre, bis die angefammelten Beträge aufgezehrt sind, oder drittens durch Derabsetzung des Steuersgtzes von I guf o/ . Die Regierung selbst hat ausgeführt, daß sie keine Mehreinnahme für den Staat haben will, sondern nur eine gerechte Vertheilung der Steuer last. Die Vermögenssteuer f nur eine. Einkommensteuer, denn niemand wird deswegen einen Bruchtheil seines Vermögens per⸗ äußern; . stellt eine Mehrbelastung des Einkommens um 1 1390so dar. Wenn man viese Vermögengsteuer init g o/o als. etwas so Niedriges hingestellt hat, so . das eine Verschleierung, die, wenn man sie nach dem Actiengesetz aburtheilen würde, als strafbare Handlung zu betrachten wäre, und diese Mehrhelastung tritt in einem Augenblicke ein, wo, gerade der ir Hein, immer von der schlechten Finanzlage spricht, Kein Staat besitzt eine solche e , . die rein socialistischer Niantur ist. Das communistisch⸗socialistische Manifest don 1848 verlangte eine progressive Cinkommensteuer, um nach und nach alle Arbeltsinstrumenke in die Hände der Gesellschaft zu ringen. Wir haben eine pregressive Steuer eingeführt, aber das Eigenthum wurde doch wenigstens noch als unverleßzlich betrachtet. Jetzt wird das , i proclamirt, daß das Gigenthum er Bürger vom Staate in Anspruch genommen werden kann. Ist
erst der erste Schritt gethan, so werden die weiteren bald folgen. Ich
zweifle nicht daran, daß der 23 Finanz ⸗Minister an solche weiteren Schritte nicht denkt; er hat ogar erklärt, daß durch das Gesetz die einseitige Erhöhung der Steuer verbeten werden könne. Hoffentlich tritt er eifrig für den Antrag des Herrn Meyer ein, die Steuer zu contingentiren. Aber es können Minister kommen, die ihren eigenen Weg gehen. Meine Auffassung der Vermögenssteuer wird auch in conservativen Kreisen vielfach getheilt; man hat auch in conservativen Blättern von der Confiscgtion des Vermögens gesprochen. Durch die Einkommensteuer, durch die Arbeiterversicherung sind Handel und Wandel schon übermäßig belastet, Sie werden also die Unzufriedenheit begreifen, die in allen Kreisen der besitzenden Klasse vor⸗ handen ist; die Arbeiterklassen sind auch nicht zufrieden gestellt, und daher kommt es, daß man den Versuch macht, dem Reich die zur Er⸗ haltung unserer nationalen Existenz nothwendigen Mittel zu ver⸗= weigern. Die Urheber dieser Steuer sind die Kathedersocialisten, Diese Männer, welche die Confratres der Socialdemokraten sind, nur mit dem Unterschiede, daß sich die. Soecialdemokraten als unfruchtbare und revolutionäre Socialisten hinstellen, während sie selbst die friedlichen und praktischen Socialisten sind. Diese Katheder⸗ socialisten sind mit ihren Anschauungen nicht öffentlich aufgetreten; wir sind also auf uns allein angewiesen. Die Interessen von Handel und Industrie werden durch diese Steuer auf das schwerste geschädigt, weil alle Verhältnisse öffentlich dargelegt werden, weil ein lästiges Eindringen in die Besitzverhältnisse jedes Bürgers stattfinden wird. Die Vermögenssteuer trifft auch den Immobiliar⸗ besitäz bis zur kleinsten Scholle. Wenn nur die größeren Vermögen getroffen würden, so könnte man die Steuer als Nothbehelf ver⸗ theidigen; aber die Steuer trifft den kleinen Mann bei einem Ver⸗ mögen von 600 M an. Wenn auch die Declaration aus dem Gesetz entfernt ist, so ist doch Gelegenheit genug geboten, die Quälereien, welche bei der Einkommensteuer stattfinden, auch hier anzuwenden. Die Durchführung der Steuerreform kann geschehen ohne eine neue Steuer. Die Mehrheit des Hauses hat allerdings andere Anschauungen; deshalb habe ich den Versuch gemacht, eine andere Einnahme⸗ quelle zur Deckung des Ausfalls zu suchen in der Neugestaltung der Erbschaftssteuer, die auch der Finanz⸗Minister neben der Ein⸗ kommensteuer einführen wollte. Die Gestaltung der Erbschaftssteuer muß natürlich in der Commission erfolgen. Die Agrarier werden vielleicht zu spät erkennen, daß die neue Steuerreform keine Erleichterung des Grundbesitzes mit sich bringt.
Finanz⸗Minister Hr. Miquel: Bei der Berathung des Ein⸗ kommensteuergesetzes war die, Mehrheit der Meinung, daß die stärkere Heranziehung des fundirten Einkommens eine Nothwendigkeit sei. Aus den ganzen Verhandlungen mußte die Regierung den Auf— trag dazu entnehmen. Es gab dafür drei Wege: die Vermögenssteuer oder die Heranziehung in Form der Einkommensteuer oder die Erb⸗ schaftssteuer. Der Gang der Verhandlungen hat meine. Voraug⸗ sicht bestätigt, daß nur die Vermögenssteuer geeignet ist, den Zweck. zu erfüllen. Die Erbschaftssteuer ist vom Hause abgelehnt worden, trotzdem sie nur 4 6 betrug; die Re⸗ n würde doch schön empfangen worden sein, wenn sie jetzt eine Erbschaftssteuer von o/o vorgelegt, hätte. (Sehr xichtig ! rechts.) Herr von Eynern weiß, daß weder im Hause noch im Lande eine Mehrheit für die Erbschaftssteuer vorhanden ist; er verwirft mit seinen Freunden auch die stärkere Heranziehung des fundirten Ein⸗ kommens bei der Erbschaftssteuer; er will also nur die ganze Steuerreform verwerfen, trotzdem er deren Grundzüge zu billigen vorgiebt. Daß der Staat für die Aufgabe von 100 Millionen Realsteuern einen vollen Ersatz bekommen muß, ist von der Commission einstimmig anerkannt worden. Der Vor⸗ redner bezeichnet die Vermögenssteuer als socialistisch, zu einer Ver⸗ mögenseonfiscation führend. Schließlich ist jede Steuer, ins Unge⸗ messene in die Höhe geschroben, eine Confiscation. Wenn die Staats⸗ regierung, das Abgeordnetenhaus und das Herrenhaus auf diesem Boden angelangt wären, dinn würde es an beliebigen Formen für die Confiseation nicht fehlen. Das . klop Worte, die thatsächliche Bedeutung nicht haben. Den gewerblichen und industriellen Kreisen werden keine neuen Lasten auferlegt, sie werden von steigenden lästigen Steuern, von der Ge⸗ werbe⸗ und Bergwerkssteuer, befreit und nur von der niedrigen Ver⸗ mögenssteuer getroffen. Die stärkere Heranziehung der Realsteuern in den Gemeinden wird eine Entlastung der Einkommensteuer herbei⸗ führen. Die Steuer soll eine Erfindung der Kathedersoeiglisten sein; die Namen der Gelehrten, die alle über die Steuer ein Gutachten abgegeben, aher sie nicht erfunden haben stehen so hoch in der Achtung der Welt, daß i darüber hinweggehen kann. In der Schweiz und in Holland besteht die Vermögenssteuer, ohne daß Handel und Industrie darunter gelitten haben, ohne daß der Credit geschwächt worden ist. Das an⸗ gesehenste Blatt Badens hält alle solche Bedenken für unzutreffend; in Baden hätten sich durch die Einführung der auf Declaration be⸗ ruhenden Vermögenssteuer keine Nachtheile ergeben. Der. Vorredner schlägt uns die Erbschaftssteuer vor, aber nicht in der Form eines formu⸗ lirten Entwurfs, sondern in allgemeinen Grundzügen. Das bedeutet ein Scheitern der ganzen Reform in der gegenwärtigen Session. Die Erb⸗ schaftssteuer trifft alle Bermögen gleichmäßig; es giebt aber sehr viele Ver⸗
mögen, die garnicht vererbt, sondern unter Lebenden übertragen werden,
das 9 namentlich der Fall beim gewerblichen Kapital, welches 1 den Sohn oder einen sonstigen Nachfolger übertragen wird. Aue beim Grundbesitz herrscht die Uebertragung unter Lebenden vor. Die Erbschaftssteuer kann auch leicht umgangen werden durch Schenkungen unter Lebenden, namentlich zwischen Eltern und Kindern. Herr von Eynern findet in der Vermögenssteuer einen soeiglistischen Charakter. Die Steigerung ins Ungemessene liegt bei der Erbschaftssteuer sehr viel näher, Es giebt gewisse Richtungen, welche die Erbschaften überhaupt streichen wollen oder sie so besteuern, daß sie fast confiseirt werden. In Frankreich wird eine Steuerreform vorgeschlagen, wonach eine Vererbung überhaupt nicht mehr stattfinden soll über den vierten i hinaus. Ich bitte, die Vorschläge des Herrn von Eynern abzu— ehnen.
Abg. von Jagow scons.): Die große Mehrheit meiner Freunde hat von Anfang an auf, dem Standpunkt gestanden, daß die Er⸗ n , der richtigste Weg sei, ein anderer Theil war für die tärkere Heranziehung des fundirten Einkommens innerhalb der Ein⸗ kommensteuer; aber eine solche Steuer ist nicht gut zu gestalten; des⸗ halb werden wir einstimmig für die Ergänzungssteuer stimmen und uns aller Anträge enthalten. Redner wendet ö. dann gegen die vom Abg. von Eynern vorgeschlagenen Grundzüge der Erbschaftssteuer und schließt sich dabei vollständig dem Finanz⸗Minister an. Den socialisti⸗ schen und confiscatorischen Charakter der Vermögenssteuer bestreitet er, da sie nur mit einem sehr niedrigen Satze erhoben würde.
(Schluß des Blattes.)
— Dem Reichstag ist der Bericht der IX. Commission über den ihr zur Vorberathung überwiesenen Gesetzentwurf, betreffend die Abzahlungsgeschäfte zugegangen.
— Zu dem die regelmäßige Art der Strafvollstreckung betreffenden Antrage der Reichstagscommission zur Vor— berathung des Gesetzentwurfs über Abänderung von Bestim⸗ mungen des Strafgesetzbuchs hat der Staatsseeretär des Reichs Justizamts Hanauer folgende Erklärung abgegeben:
Die e rike des StG. B. über Zucht hausstrafe, Festungs. haft, Gefängnißstrafe und Haft beruhen meiner Auffassung nach auf dein Grundsatze einer Einheitlichkeit und Gleichmäßigkeit der einzelnen Strafarten in dem Sinne, daß für jede Strafart — abgesehen von der Strafdauer — in der Hauptsache immer eine gleichmäßige Voll ⸗ streslungs weise latz zu greifen hat ohne Unterscheidung nach der Volksklasse, welcher der , . angehört, oder nach der Art der That, wegen der die Bestrafung erfolgt. .
Soweit das Strafgefetzbuch selbst in den S8 15 bis 18, 22, 57 Abs. 2 die Vollstreckungsweise z. B. hinsichtlich des Arbeitszwangs, der Beschäftigung, Zulässigkeit der Einzelhaft Durch allgemeine Vor- schriften regelt, gelten bift . für alle zu der betreffenden Strafart Verurtheilte, gleichdiel, welchem Stande, Berufe u, s. w. der Einzelne angehört oder wegen welcher That er verurtheilt ist.
Selbstverständlich ergeben sich dabei, wie aus dem Inhalt dieser all= er e Bestimmungen selbst hervorgeht, indem sie e , , zer⸗ önliche Verhältnisse Bezug nehmen, z. B. die individuelle Fähig- keit ꝛc. maßgebend sein lassen, Verschiedenheiten für die Ausführung in den Einzelfällen. Aber diese thatsächlich eintretende Verschieden⸗ heit beruht im Grunde der Sache doch nur guf einer gleichmäßigen Anwendung der allgemeinen Vorschrift. — Völlig unberührt bleibt der Grundsatz der leichmäßigkeit der Strafvollstreckung von der zu⸗ lässigen Verhängung von Disciplinarstrafen wegen Ir n fn. Verhaltens der Sträflinge.
Dem gedachten System des St.- G.⸗B. zufolge muß auch in der übrigen Regelung des Strafvollzugs, soweit diese von Reichswegen nicht erfolgt ist, sowie in der Ausführung eine entsprechende einheit- 3. Gleichmäßigkeit beobachtet werden. Die Anordnungen über debensweise, Beköstigung, Lagerstätte u. sJ. w. müssen je für die einzelnen Strafarten einheitliche sein. Der Natur der Sache nach können Verschiedenartigkeiten durch gewisse persönliche Verhältnisse, wie Geschlecht, Alter, Gesundheits⸗ zustand u. dergl. bedingt sein; es würde aber der erforderlichen Gleich= ,, widersprechen. Verschiedenheiten lediglich wegen des Standes oder Berufs des Sträflings oder wegen der Qualität der Strafthat eintreten zu lassen.
Die — nach der Ueberzeugung der verbündeten Regierungen noth—= wendig gewordene — Strafschärfung im Sinne des § 16a der Vor⸗ lage stellt sich hiernach als eine partielle Aenderung, des bisherigen Strafsystems dar und kann daher nur im Wege der Reichs⸗Gesetzgebung eingeführt werden.“
— Die Budgeteommission des Reichstags trat am Sonnabend Nachmittag in die weitere Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend einige Abänderungen und Ergänzungen der ilitär⸗ pensionsgesetze, sowie des Reichsbeamtengesetzes und des Gesetzes über den Reichs, Invalidenfonds, bei Art. il. ein. Der Bundes rath schlägt für 532 h mee f vor: „Das Recht auf den Bezug der Pension einschließlich der Pensiongerhöhungen erlischt a. durch den Tod des Pensionärs, b. durch rechtskräftige Verurtheilung wegen Hochver⸗ raths, Landesverraths, Kriegsverraths oder wegen eines der in den S8 1 und 3 des Gesetzes gegen den Verrath militärischer Geheimnisse bezeichneten Verbrechen '. Der Abg Fritzen (Centr.) beantragte, in den 3 32 die . zur Zuchthausstrafe einzuschalten, und sprach sich insofern für Beibehaltung des 532 alina b aus. Nach längerer Debatte wurde der N. Pr. 3. zufolge bei der Abstimmung § 32 alinea h mit dem Antrage Fritzen und dann der ganze § 52 mit 8 gegen 6 Stimmen angenommen.
— Im Hause der Abgeordneten sind folgende Anträge eingebracht worden:
Von den freiconservativen Abgg. Lückhoff und Schöller: Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: „Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, die Baumwollindustrie Schlesiens nicht auszuschließen von der Gewährung von Ausnahmetarifen für rohe Baumwolle, wie solche nach anderen preußischen und deutschen Landes- theilen sowie im Durchgangsverkehr erstellt worden sind.
Von den Abgg. Dr. Eck els (nl), Freiherr von Plettenberg-⸗ Mehrum (eons.), Schmitz⸗Erkelenz (Ctr.) und von Tiede mann⸗ Bomst sfreons. ): Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, den am 1. September 1891 und 17. Dezember 1892 versuchgweise eingeführten Ausnahmetarif mit er mäßigten Streckensätzen (Staffeltarif) für Getreide, Mühlen⸗ und Malzfabrikate (Nachtrag zum Localgütertarif vom 1. April 1890) schleunigst wieder aufzuheben.“
Theater und Mufik.
Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater.
Am Sonnabend ging die wegen ihres frischen Humors und wegen der zahlreichen ansprechenden Melodien seit langer Zeit beliebte, von M. West, und L. Held nach einer franzoͤsischen Idee verfaßte Operette. Der Vogelhändler“, Musik von Karl Zeller, zum ersten Mal neu einstudirt in Scene und hatte unter der vortrefflichen Leitung des Herrn Kapellmeisters Federmann auch diesmal wieder einen vollen Erfolg. Die Kurfürstin Marie wurde von Fräulein Collin tadelles gesungen und angemessen . In der Rolle der alten heirathssüchtigen Hofdame. Baronin Adelaide zeichnete sich Fräulein Schmidt durch ein höchst maßvolles und ohne Ueber treibung bis an die äußerste Grenze des Humors gehendes Spiel aus. Ganz besondere Anerkennung fand als. Vogelhändler Adam Herr Klein, der in der Kunst, Couplets zündend vorzutragen, wohl nicht leicht übertroffen werden dürfte; sein Lied von der Nachtigall gefiel wieder allgemein. Herrn Steiner, der den Grafen Stanislaus 1 trug namentlich das Walzerduett im zweiten Act vielen Beifall ein. Das Hauptinteresse bei dieser Aufführung wurde jedoch dem Fräulein Anna Leonardi vom Theater an der Wien entgegengebracht, welche zum ersten Mal als Gast hier auftrat und mit der dankbaren Rolle der Briefchristel in glücklichster Weise debütirte. Ihre mehr zarte als starke, sehr wohlklingende und biegsame Stimme bedarf zwar noch etwas der Schulung, wird aber von einem so sichern, gewandteu und sympathischen Spiel bei vortheil- hafter äußerer Erscheinung unterstützt, daß ihr Eintritt in das be⸗ währte Ensemble dieser Bühne entschieden einen Gewinn für dasselbe bedeuten würde. Die junge Künstlerin wurde durch lebhaftesten Beifall ausgezeichnet und zu mehreren Wiederholungen veranlaßt.
Concerthaus.
Das dritte internationgle Componisten⸗ Concert“ welches am Sonnabend unter zahlreicher Betheiligung des Publikums stattfand, brachte französische, deutsche und englische Compositionen. Eine recht effectvoll componirte Ouvertüre zur Oper „Beatrice“ von E. Bernard (der in Orleans lebte) eröffnete den Abend. Es folgten Variationen aus dem Ballet „Coppelia' von Délibes, der öfter ehörte Todtentanz' von Saint⸗Saöns und eine Phantasie über
otive aus Auber 8 Oper, Die Stumme von Portici', die gleich den vorigen Piscen sich durch glanzvolle Instrumentirung und rhythmische Lebendigkeit auszeichnete. Die Deutschen waren in würdiger Weise durch Beethoven's Qubertũüre zu „Leonore II, Weber's „Aufforderung zum Tanz“, Mozart's Larghetto aus dem A-dur-Quintett und durch „Wotan's Abschied und Feuerzauber“ aus Wagner 's Walküre“ vertreten. Der dritte Theil des Programms enthielt englische Compositionen und be= ann mit einer sehr brillanten Ouvertüre zu „Loreley von William
allace aus Irland, der außer dieser Oper noch vier andere und mehrere sehr gefällige Klavierstücke componirt hat. Nach dem sehr stimmungsvoll gehaltenen Liede „The lost chord“ für Cornet- XPiston und Orgel von dein bekannten Operncomponisten Sullivan folgten zwei kleine Stücke für Streichquartett, von denen die Gavotte von Friedrich Cowen, dem Director der Musik⸗Akademie in Edinburg, besonders gefiel, Ein Walzer von F. Mullen machte den Beschluß des Abends. Die Ausführung der zum theil schwierigen Orchesterwerke gelang der Mey de r'schen Kapelle sowie den betheiligten Solisten, den Herren Schwarz (Clarinette), St mn Cornet · ⸗
iston) und Federhof⸗Möller ganz vortrefflich und wurde mit ehr lebhaftem Beifall aufgenommen. ;
Im Königlichen Opernhause werden am Mittwoch Leon⸗
eavallos „ Baajz⸗ mit Frau Herzog und den Herren Sylva, Bulß,
ränkel und Philipp, sowie Bizet's „Dijamileh, mit Fräulein Roth⸗ aufer und den Herren Philipp, Lieban und Schmidt aufgeführt.
Vom Königlichen a rf, wird im Neuen Thegter
am Dienstag „Vasantasena', am Mittwoch „Der Widerspenstigen
Zähmung“ gegeben. Mannigfaltiges.
Seine Majestät der Kaiser hat dem Verein ‚See⸗ mannsheim', an dessen Spitze der Geheime Qber⸗Regierungs ⸗Rath und Kammerherr Graf Andreas von Bernstorff steht, ein Gnaden
geschenk von lo 000 46 zugewiesen. Vom Reichsamt des Innern ist