1893 / 94 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 Apr 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Der „Sun“ meldet aus Washington, der Seeretär des Schaßamts Carlisde bereite eine Erklärung über die Politik des Schatzamts vor, welche besage, die Goldreserve sei einzig zur Ein⸗ lösung der Greenbacks zu verwenden; der Staatsschatz könne die Schghscheine von 1890 in Gold oder in Silber einlösen; wenn das zur Verfügung stehende Gold erschöpft sei, werde die Einlösung in Silber 2 .

Chjeggo, 20. April, (W. T. B.) Weizen eröffnete unregel⸗ mäßig, später trat auf Deckungen der Baissiers eine Besserung ein. Schluß stetig. Ma is allgemein fest während des ganzen Tages.

Theater und Mufitk.

Im Königlichen Opernhause wird am Sonntag „Ca— valleria rusticana“ mit den Damen Pierson, Dietrich und Lammert und den Herren Rothmühl und Fränkel, sowie Rossini's „Barbier von Sevilla‘ mit den Damen Dietrich und Lammert, den Herren Lieban, Bulß. Mödlinger und Schmidt gegeben. In der am Montag zum ersten Mal in Scene gehenden Sper „Unter Räubern“ von Anton Rubinstein sind die Damen Götze, Leisinger., Herzog und Schramm, sowie die Herren Rothmühl, Bulß, Lieban, Fränkel, Ritter, Krasa, Schmidt und Stammer beschäftigt. In dem darauf folgenden Ballet ‚Die Rebe“, mit Musik von Rubinstein, treten die Bamen dell Era, Urbanska, Stoßmeister, Herr Burwig ꝛc. auf.

Das Königliche Schauspiel im Neuen Theater) bringt am Sonntag eine Wiederholung des Einacter⸗Abends: „Gastrechts, Meister Gert Westfaler᷑'. „Die wachsame Schildwache“, „Die ehrlich Bäckin“. . .

Im Lessing-Theater werden in dem Wiener Volksstück Brave Leut' vom Grund“ von Ludwig Anzengruber, das morgen zur ersten Aufführung gelangt, neben Jenny Groß und Franz Schönfeld, welche die beiden Hauptrollen darstellen werden, auch Marie Meyer und Carl Waldow in hervorragenden Aufgaben beschäftigt sein, während die zahlreichen episodischen Figuren des Stücks fast alle übrigen Lust— spielkräfte des Lessing⸗Theaters in Anspruch nehmen. Die musikalische Leitung der Vorstellung hat Herr Kapellmeister Hoffmann über— nommen.

Mit Ilka von Palmay in der Titelrolle gelangt im Friedrich⸗ Wilhelmstädtischen Theater am Montag jum ersten Male das Vaudeville ‚Mam'jzelle Nitouche“ zur Aufführung. Die übrigen Hauptrollen sind mit den Damen Elisfe Schmidt, Eornelli und den Herren Klein, Wellhof, Bruch, Broda, Ernsthaft und Ewald besetzt.

In Max Halbe's Drama „Jugend“, das am Sonntag in einer Matinée des Residenz-⸗Th egters zur Aufführung gelangt, wird das jugendliche Paar, das im Mittelpunkte der Handlung steht, von Vilma von Mayburg und Rudolf Bittner dargestellt; die anderen Rollen liegen in den Händen der Herren Josef Jarno, Hermann Werner und Paul Biensfeld. Vorausbestellungen zu dieser Matinée werden an der Kasse des Theaters entgegengenommen.

Im Kroll'schen Theater wird Signorina Prevosti in der Titelpartie in Donizetti's ‚Lueig von Lammermoor? am Sonntag sich verabschieden.

In dem morgen Abend 8 Uhr in der Philharmonie statt— findenden großen Concert zum Besten des Vereins „Mädchenhort“ wird, außer Anton Rubinstein, Signorina Prevosti, Fräulein Sophie Sakimowski (Klavier) und Fräulein Annette von Jerebtzoff (Gesang), auch Sigznor Merli mitwirken. Mit genanntem Künstler wird Signorina Prevosti das große Duett aus Donizetti's „Liebestrank“ zu Gehör bringen; außerdem singt die Künstlerin eine Arie

aus Fel, David's Perle zu Brossil '. Die Leitung des Drchesters in der durch Fräulein von Jerebtzoff zum Vortrage gelangenden Arie aus der Over Die Kinder der Haide“ übernimmt Herr Anton Rubinstein. Der Concertsänger und Gesanglehrer Herr Jul ius Zarneckow veranstastet mit einigen seiner Gesangsschüler morgen in der Aula des Falk⸗Realgymnas iUums einen Vortragsabend; Einlaßkarten sind unentgeltlich in der Musi⸗ kalienhandlung von Georg Plothow, Potsdamerstraße 113, zu haben.

Mannigfaltiges.

In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten berichtete, wie wir der Tägl. Rdsch.“ entnehmen, der Stadtverordnete Hütt namens des Ausschusses zur Vorberathung der Vorlage, betreffend die Umgestaltung des Schloßplatzes und eines Theils der Königstraße. Die Anträge des Ausschusses lauten: J. Die Ver— sammlung ersucht den Magistrat: a. mit dem Königlichen Haus— Ministerium oder mit dem Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten darüber in Verbindung zu treten, welchen Beitrag, sei es in Geld, sei es durch Abtretung einer zur Bebauung geeigneten Fläche des Marstalls, dieselben für den Fall der Freilegung des Schloßplatzes gemäß der Vorlage des Magistrats zu gewähren bereit sind, b. sich bei den zuständigen Behörden darüber zu ,, ob im Falle der Annahme der Magistratsvorlage die Genehmigung zur Durchlegung der Pferde-Eisenbahn Rathhaus Schloßplatz erfolgen wird, C. mit den betheiligten Eigenthümern zu verhandeln über den Preis der zu erwerbenden Grundstücke, und zwar: I) am Schloßplatz bis 16, 2) an der Nordseite der Königstraße, zwischen Burg- und Heiligegeiststraße, 3) an der Südseite der Königstraße, ins befondere: a. unter Anlegung des Colonnadenweges von Burg-⸗ bis Poststraße, b. unter Beseitigung der sog. alten Post nach der projectirten Baufluchtlinie, é. Unter Festsetzung der Bauflucht von Post- bis Spandauerstrahe, 4 unter Abbruch der Häuser von Post⸗- bis Spandauerstraße. II. Die Versammlung setzt die Beschlußfassung über die Vorlage bis zur Er— theilung der Auskunft des Magistrats aus. Der Antrag 1a wurde abgelehnt, der Antrag Ib angenommen. Ueber den Antrag 1e wurde durch namentliche Abstimmung entschieden. Es wurden 68 Stimmen für, 37 Stimmen gegen den Antrag abgegeben, der somit ebenfalls angenommen ist.

St. Petersburg, 20. April. Gestern Abend entgleiste laut Meldung des „W. T B.“ ein von Woronesch nach Rostow am Don abgegangener Personenzug. Der Ober-Conducteur wurde getödtet, der Gepäckecondueteur und fünf Reisende wurden verwundet.

St. Petersburg, 21. April. Nach einem Telegramm des W. T. B.“ aus Koslow ist die Eisenbahnverbindung mit Tam bow und Woxronesch durch Schnee verwehungen gestört. Unweit Koslow blieb im Schnee ein Personenzug stecken, dessen Passagiere auf Pferden nach Koslow geschafft wurden. Aus Nisch ny Nowgorod wird ebenfalls starker Schneefall gemeldet, sodaß der Verkehr durch Schlitten wieder aufgenommen werden mußte. Selbst in Sebastopol und in der Krim ist Schnee gefallen.

Lissabon, 20. April. Durch eine heftige Feuersbrunst wurden, wie . W. T. B.“ meldet, zahlreiche Fischerhütten an der Küste von Vieira, in der Nähe von Leiria, zerstört. Mehrere hundert Familien sind obdachlos und haben ihr ganzes Besitzthum verloren.

NewYork, 20. April. Durch neue Cyklone, wurden nach Meldung des W. T. B. in Alabama, Mississippi und Arkansas, große Verwüstungen angerichtet, zahlreiche Personen wurden getödtet oder verwundet. Die Ernte ist verloren, die Ge, sammtverluste belaufen sich auf mehrere hunderttausend Dollars. Der Mississippi ist. mit Thierleichen bedeckt. Ein furcht. barer Sturm wüthete ferner am Michigan See; die Wasserwerke von Milwaukee, welche am äußersten Ende des Kanals, etwa eine Mell. von dem See entfernt liegen, wurden von den Wogen fortgerissen. Es ist unmöglich, den Arbeitern Hilfe zu bringen; einige zwanzig bon ihnen sind ertrunken, nur einem gelang es, sich zu retten.

Nach Schluß der Redaction eingegangene

Depeschen. Rom, 21. April. (W. T. B.. Seine Majestät der König empfing heute Vormittag die Botschafter und außerordentlichen Gesandten, welche seitens ihrer Staatsoberhäupter und Regierungen mit der Ueber— bringung von Glückwünschen zur, silbernen Hoch— eit beauftragt sind; zuerst die in außerordentlicher Mission beglaubigten Bot bete, General. Billot, Her— zog von Alba und Hassan Fehmi Pascha, sodann die beim Mirinal, beglaubigten Botschafter und Gesandten, welche Beglückwünschungsschreiben ihrer Staatsoberhäupter und Regierungen überreichten, und schließlich die außerordentlichen Abgesandten Sachsens, Belgiens und der Niederlande, General von Carlowitz, General Fischer und Ten Besch. Später empfing die Königin dieselben Persönlichkeiten in der gleichen Reihenfolge.

Seine Majestät der Kaiser Wilhelm machte Vormittag einen Spazierritt zur Porta Maggiore hinaus zum Thurm von Centocelle und der Porta Furba und kehrte durch die Porta San Giovanni zurück. Ihre Majestät die Laiserin besuchte mit Ihrem ganzen Gefolge das Forum Trajani und begab Sich von da zu Fuß nach dem Colosseum und nach dem Palatin. Von dort kehrte Ihre Majestät zu Wagen nach dem Quirinal zurück. Das Dejeuner nahmen Ihre Majestäten bei dem Königspaar ein. An demselben nahmen auch die Mitglieder des italienischen Königshauses und die anwesenden fremden Fürstlichkeiten sowie das Gefolge theil. Um 2 Uhr Nachmittags begaben Sich die Allerhöchsten und hohenHerrschaften auf den Capanello zum Derbn reale.

Rom, 21. April. (W. T. B.) Die Specialmission des Sultans, welche die Glückwünsche zur silbernen Hochzeit des Königspaares überbringt, ist heute Vormittag hier einge—⸗ troffen.

München, 21. April. (W. T. B.) Das heute über das Befinden des Großherzogs von Luxemburg aus— gegebene Bulletin constatirt, daß der Großherzog eine ziemlich unruhige Nacht verbrachte, daß aber das Allgemeinbefinden vollkommen befriedigend und der Verlauf der Krankheit normal ist.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage)

Wetterbericht vom 21. April,

8 Uhr Morgens. * Neues

ö

f0 Gr.

Gene.

Weiter. Grube.

Stationen.

Meeressp.

red. in Millim. 5 * in o Celsius 50G. 40 R.

Bar. au u. d Temperatur

ö

wolkenlos halb bed. bedeckt Dunst

2 Schnee

Mullaghmore NO Aberdeen. OND Christiansund SW Topenhagen. I63 W Stockholm. 6

still wolkig

ö = ö. t Petersburg MW wolkenlos W bedeckt

Moskau ... Fork, Queens⸗ K, Cherbourg. K K mburg .. winemünde Neufahrwasser Memel ...

Liebsten.

heiter heiter wolkenlos Nebel heiter wolkig!) bedecki?) bedeckt

fang 7 Uhr.

2 —— O

Weingartner.

Komische

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4 halb bed. ) still halb bed.) ö. still bedeckt o) J srtill wolkenlos Breslau ... OSD 2 bedeckt 56 diAix. 3 heiter .

5 wolkig . 5

Neues

Liebsten.

still bedeckt

1) Nachts wenig Regen. “2 Früh Schneeflocken. 3) Abends Regentropfen. I Nachts etwas Regen. 5 Nebel, Thau. 5) Dunst.

Uebersicht der Witterung.

Ein barometrisches Maximum liegt über Schott land, einen Ausläufer südostwärts nach der Alpen⸗ egend entsendend; ein Minimum liegt über Nord— kandinavien mit einer Theildepression über Süd— schweden; eine andere Depression lagert über der Biscayasee. In Deutschland ist das Wetter an— dauernd ruhig, trocken, warm, im Norden ziemlich trübe, im Süden heiter, nur in den nordöstlichen Gebietstheilen, wo Abkühlung stattfand, liegt die Temperatur unter dem Mittelwerthe, in Memel um 5 Grad. Weiter westwärts fortschreitende Ab— kühlung ist wahrscheinlich.

Deutsche Seewarte.

11 ; Theater ⸗Anzeigen.

Känigliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗ haus. 109. Vorstellung. Die Rantzau. Oper in 4 Acten von Pietro Mastcagni, Text von G. Targioni⸗Tozzetti und G. Menasci. (Nach Erkmann und Chatrian.) , von Marx Kalbeck. In. Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. Slavische Brautwerbung. Tanzbild von Emil Graeb. Musik componirt und arrangirt von P.

Messina.

Sorma.) Montag:

reise.

Herr Epstein.

mann.

Hertel. (Mit Einlagen von J. Brahms.) Diri—⸗ gent: Herr Steinmann.

Theater (am 107. Vorstellung. Dramatisches Gedicht in 1 Aufzug von Rudolph In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Zum 1. Male: faler. Komödie in 1 Aufzug aus dem Dänischen des Ludwig Holberg (geschrieben 1722). deutsche Bühne eingerichtet von Dr. Julius Hoffory und Dr. Paul Schlenther. Ober⸗Regisseur Max Grube. Die wachsame Schildwache. 1 Aufzug nach Cexvantes (geschrieben um 1612), bearbeitet von Rudolph Genée. vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Zum 1. Male: Die ehrlich Bäckin mit ihren drei vermeinten Ein Possenspiel zur Lehr und Kurzweil gemeiner Christenheit, Frauen und Jungfrauen zum goldenen Spiegel von Jacobus Ayrer. Male aufgeführt in Leipzig im Jahre 1615.) An—

Sonntag: Opernhaus. 101. Vorstellung. Caval- leria rusti ana (Baunern-Ehre). Oper in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. Tert nach dem gleich⸗ zamigen Volksstück von Verga. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisserr 24 Dirigent:

Oper Dichtung nach Beaumarchais, von Cesar Sterbini, 3 übersetzt von Ignatz Kollmann. Dirigent: Kapell— meister Weingartner. Theater 198. Vorstellung.

Westfaler. Die wachsame Schildwache. Die ehrlich Bäckin mit ihren drei vermeinten 5 Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Sonnabend: Zwei glückliche Tage. Sonntag: Der Talisman. Montag: Der Talisman.

Berliner Theater. Sonnabend: Nachmittags 25 Uhr: Iulius Cäsar. Tropfen Gift. .

Sonntag: Nachmittags 25 Uhr: Die Braut von

Abends 74 Uhr:

Viel ö Butze, Ludwig Barnay.) Anfang 7 Uhr.

Lessing Theater. Sonnabend: Zum J. Male:

Brave Leut' vom Grund,. von Ludwig Anzengruber. Sonntag: Brave Leut' vom Grund.

Wallner · Theater. Sonnabend: Die Orieut⸗

Anfang 75 Uhr. ; Sonntag: Die Orientreise.

Friedrich Wilhelmstädtisches Theater.

Sonnabend: Der Vogelhändler. 3 Aufiügen nach einer Idee des Bieville von M. West und L. Held. Musik von Carl Zeller. Regie:

Dirigent: Herr Kapellmeister Feder⸗ Anfang 7 f

Anzeige! Anfang 7 Uhr.

Schiff bauerdamm 46.) Gastrecht.

Theaters an der Wien in

Neu einstudirt: 1 ; den ersten vier Abenden

Meister Gert West⸗

Für die 1 burg. Sonnabend: In Scene gesetzt vom Zum 1. Male: Zwischenspiel in Sigmund Lautenburg. Vorher: In Scene gesetzt 20 .

73 Uhr.

Sonntag Abends

(Zum ersten pignol.

festlichkeit geschlossen. Sonntag: Letztes Franceschina Prevosti.

Kapellmeister (Lucia: Signoring Prevosti.)

5 ĩ e i er Barbier 9h. r. Roberto Stagne.

Acten von Giordano.

in 2 Aeten von

Anfang 7 Uhr.

(am Schiffbauerdamm 456). Gastrecht. Meister Gert

Victoria · Theater.

Tagen.

Verne.

Anfang 74 Uhr.

Anfang 7 Uhr.

Welt in achtzia Tagen.

Abends 71 Ein

(Agnes Sorma.)

Uhr:

Ballet Columbia. Vorher: (Agnes

Nuscha

Ein Tropfen Gift.

Lärm um Nichts.

Wiener Volksstück weise von G. Görß,

Anfang 73 Uhr.

C. Mallachow. Anfang 74 Uhr.

Ilka von Palman, erste Operettensängerin des Wien, eröffnet Mon— tag ein auf 12 Abende festgesetztes Gastspiel. An kommt mit der Gastin „Mamzelle Nitouche“ zur Aufführung.

Residenz · Theater. Direction: Sigmund Lauten Zum 42. Male: Die beiden Chamyignol. ( Champigmol malrgrsé 1ui.) Schwank in 3 Acten von Feydeau und Desvallisres. Deutsch von Benno Jacobson. In Scene gesetzt von

Lustspiel in 1 Act von August Strindberg. Anfang

Sonntag, Mittags 12 Uhr: Matin se. Jugend. Liebesdrama in 3 Aeten von Max Halbe. 73 Uhr: Die beiden Cham⸗

rolls Theater. Sonnabend: Wegen Privat-

Gastspiel Lucia von Lammermoor. Anfan Dienstag: Gastspiel von Gemma Bellincioni und Mala Vita.

Belle ⸗Alliancestraße 7 / . Sonnabend (vorletzte Woche): Mit stattung: Die Reise um die Welt in achtzig Großes Ausstattungsstück mit Ballet in cten (15 Bildern) von A. d'Ennery und Jules Ballet arrangirt vom Balletmeister C. Severini. Musik von Bebillemont und C. A. Raida.

Sonntag und ,. Tage: Die Reise um die 9 8

Sonntag, Nachmittags 4 Uhr bei günstiger Witte⸗ rung: Coneert im Garten. Entrée 50 3.

Thenter Unter den Linden. Sonnabend:

Die Welt ⸗Ausstellung in Chicago. deutsche Abtheilung in dem populären Ausstattungs⸗

.

Lachende Erben. Operette. Anfang 75 Uhr.

Sonntag u. folgende Tage: Dieselbe. Vorstellung.

Adolph Ernst Theater. Sonnabend: Zum 21. Male: Goldlotte. Gesan sposse in 3 Acten von Ed. Jacobson und W. Mannstädt. Musik von G. Steffens. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. Anfang 74 Uhr.

Sonntag und folgende Tage: Goldlotte.

Ver Sommer⸗Garten ist geöffnet.

Thomas Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30.

Sonnabend: Novitäten⸗Cyclus. Zum 5. Male: Der Herzogsmüller. Volksdrama in 4 Acten von

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Coneerte.

Philharmonie. Sonnabend, Anfang 8 Uhr: Concert zum Besten des Vereins Mädcheuhort.

Circus Renz (Carlstraße) Abschieds Vor= stellung am 2. Mai. Nur noch 4 Mal „Ein Künstlerfest ‘.

Sonnabend, Abends 71 Uhr: Zum Benefiz für Frl. Oceana und Herrn Ernst Renz. Gala⸗Sport— Vorstellung. Aus dem Programm besonders hervor⸗ zuheben: Zum 1. Male: Springschule, auf dem englischen Vollblut „Camelliard“ geritten von Frl. Oceana Renz. Zum 1. Male: „Masstro“, ost - preuß. Rapphengst, neu dressirt und geritten von Frl. Oceana Renz. 4 arabische Vollbluthengste, dorgeführt von Herrn Ernst Renz. Mr. James Fillis mit dem Schulpferde ‚Markir ꝛc. Zum Schluß: nr Ein Künstlerfest. wn

Große Ausstattungs ⸗Pantomime vom Hofballet⸗ meister A. Siems. Mit überraschenden Licht. und Wassereffecten und auf das Glänzendste inscenirt dom Director Franz Renz. Costume, Requisiten, Wagen vollständig neu. Unter Mitwirkung des ge⸗ sammten Personals. Neue Einlagen mit groß— artigen Lichteffecten. cg Kinder ⸗Orchester neu besetzt, nnue Musik. Te Ballet von 1060 Damen. Großartiger, in solcher Pracht noch niemals gesehener Blumencorso. Zum Schluß: Großes Silken Feuerwerk.

Sonntag: Zwei Vorstellungen. Nachmittags 4 Uhr lein Kind unter 19 Jahren frei). Die Touristen. Abends 75 Uhr: Ein Künstlerfest.

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: . Tilla Ziegler mit Hrn. Professor Lr. jur. Richard Schmidt (Freiburg i. B;.) = Elisabeth Freiin von Wrangel mit Hrn. Lieut. Curt von der Groeben (Kurkenfeld).

Verehelicht: Hö. Lieut. Friedrich August Graf Neidhardt von Gneisenau mit Frl. Mary von Bonin (Berlin).

Geboren; Ein Sohn: Hrn. Achim von Karstedt (Fretzdorf). Eine Tochter: Hrn. Capitän⸗ Lieut. Hoffmann (Kiel). Hrn. Hauptmann Rudorff (Hirschberg). Hrn. Hauptmann Schmid von Schwarzenhorn (Groß⸗Lichterfelde).

Gestorb en: Hr. Pastor Leiber (Arnshagen). Hr. Geh. Regierungs⸗Rath Friedrich Dodel (Wies⸗ baden). Hr. Hofkunsthändler Eduard Gustab Honrath (Groß⸗Lichterfelde).

Herbstzeichen.

der Signorina 75 Uhr.

Melodrama in

neuer Aus⸗

Die

um 97. Male:

Couplets theil⸗

Redacteur: J. V.: Siemenroth. Berlin ö ö. Verlag der Expedition (Scholz).

Chausseestraße 25. ] Operette in

Geöffnet von 12—11 Uhr.

T.

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes ⸗Ausstellungs ˖ Park (Lehrter Bahnhof).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagt⸗ Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sechs Beilagen leinschließlich Börsen⸗Beilage).

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Mn 94.

Deutscher Reichstag. 79. Sitzung vom Donnerstag, 20. April, 1 Uhr.

Zur ersten Berathung steht der Gesetzentwurf, betreffend den Schutz der Wagrenbezeichnungen.

Nach demselben können Waarenzeichen in eine Zeichenrolle eingetragen werden, welche beim Patentamt geführt wird. Die Anmeldung ist schriftlich zu bewirken. Die Eintragung des Waarenzeichens gewährt dem Eingetragenen das Recht, Waaren der angemeldeten Art oder deren Verpackung oder Umhüllungen mit dem Waarenzeichen zu versehen und die so bezeichnete Waare in Verkehr zu setzen. Die bisherigen „Freizeichen“ sollen in Wegfall kommen. Anmeldungen von Waaren— zeichen auf Grund des Markenschutzgesetzes von 1874 sollen vom 1. Oktober 1893 ab nicht mehr angenommen werden.

Ueber die Rede des Abg. Dr. Hammacher, der zunächst das Wort hatte, ist bereits in der Nummer vom Donnerstag berichtet worden. Darauf erhält das Wort der

Abg. Schmidt-⸗Elberfeld (dfr.: Bisher war die Decentrali⸗ sation der Listenführung und der Gesetzeshandhabung eine schlechte, weil an den Untergerichten häufig Mißverständnisse vorkamen. Die heutige Vorlage ist mit einer außerordentlichen Sorgfalt und mit großer Hingabe an die Sache ausgearbeitet worden und im allge— meinen auf durchaus richtigen Anschauungen basirt; einige Aus— stellungen werden in der Commission zu einem guj

tigen Austrag ge— bracht werden können. Eine Erweiterung des Interessentenkreises und des Schutzes erschien als eine dringende Nothwendigkeit und es ist ja auch diese Erweiterung eingetreten in Bezug auf Marken. Hervorzu— heben ist, daß ein Waarenzeichen niemals ein Vermögensgegenstand werden kann, sondern zum Geschäftsbetrieb gehört. Was die Vorprüfung betrifft, so wird eine Beurtheilung der Zeichen durch das Patentamt, besonders im Anfang, genügen. Die Handelskammern des bergisch⸗märkischen Industriebezirks machen mit Recht darauf auf⸗ merksam, daß es nothwendig sein wird, eine Centralstelle in den betreffen⸗ den Industriebezirken einzurichten, welche neben dem Patentamt ein Urtheil über die Zulässigkeit des Zeichens geben soll. Die bisherigen Erfahrungen mit den Entscheidungen über Markenschutzfragen seitens der Untergerichte müssen unbedingt dahin führen, daß wir diese Fragen dem Patentamt überlassen. Die Bestrafung der falschen Herkunftsbezeichnung muß noch einer besonderen Besprechung unter— liegen; es muß auch für strafbar erklärt werden, wenn ein falsches Material oder eine falsche HerstellungsÄsweise auf der Waare bezeichnet ist. Bedenklich ist es, daß der Gesetzentwurf das Wort „Frei—⸗ zeichen, gebraucht, ohne daß gesagt ist, was als solches anzufehen ist. Es wird wohl nothwendig sein, Freizeichen ebenfalls beim Patentamt besonders einzutragen, indem man sie durch ein Aufgebot ju erfahren sucht, um eine Publikation derselben einzuführen. Insbesondere ist es durchaus nothwendig, daß in dem Gesetz gesagt wird: es kann dem Besitzer eines Waarenzeichens dieses nur dann wegen der Qualität eines Freizeichens abgesprochen werden, wenn der Nachweis geliefert wird, daß dieses Zeichen ein Freizeichen war vor der Eintragung desselben. Unbedingt muß ' ferner die Bevorzugung des Ausländers vor dem Deutschen aufhören; auch der Ausländer muß nothwendig nach dem vorgelegten Gesetz beurtheilt werden, und daß um so mehr, wenn die Freizeichen nicht mehr eintragungsfähig sein sollen. Die Bestimmung über falsche Herkunftsbezeichnung (trifft den Inländer jederzeit, den Ausländer aber nicht. Es wird nur der Deutsche bestraft, welcher die betreffenden Waaren in den Verkehr bringt oder feilhält. Wenn wir den ausländischen Fälscher nicht fassen können, dann müssen wir ihm auf andere Weise das Handwerk legen, indem wir die fälschlich bezeichneten Waaren überhaupt nicht hereinlassen, oder sie vom Zollamt confisciren lassen. Auch bezüglich der Anbringung von Waarenbezeichnungen bedürfen wir eines größeren Schutzes gegen die Ausländer. Das vorliegende Gesetz hindert den Ausländer nicht, noch im Ausland seine Waaren mit einer deutschen Bezeichnung zu verfehen und dann in Deutsch— land einzuführen. Die ausländischen Gesetze schützen den deutschen Gewerbetreibenden sehr mangelhaft dagegen, zumal diese bei der Aus— legung derselben ganz auf den guten Willen der ausländischen Gerichte angewiesen sind. Verklagt man aber einen Ausländer in Deutsch— land und wird er zum Schadenersatz verurtheilt, so lacht uns der Ausländer einfach aus und bezahlt niemals. Es muß ein Paragraph in das Gesetz aufgenommen werden, wonach zur Ein- oder Durchfuhr gelangende Waaren confiscirt werden können, sofern sie ein in' das Zeichenregister eingetragenes Waarenzeichen tragen oder fonst den Anschein erwecken, als ob es deutsche Waaren seien. Steht die Organisation unserer Zollbehörde der Ausführung dieses Gedankens entgegen, so muß diese Organisation schleunigst geändert werden, denn das deutsche Gewerbe hat ein Recht auf einen solchen Schutz. Viel⸗ leicht wäre es am besten, die Zollbehörden zu Reichsbehörden zu machen. Wir können in dieser Beziehung das Gesetz gar nicht scharf genug machen; denn während unsere Gesetze den Ausländern gegen— über nach ihrem Wortlaut gehandhabt werden, besteht in England den Deutschen gegenüber eine geradezu nichtswürdige Auslegung der Besetze, wodurch der deutsche Exporteur schwer geschädigt wird. Die englischen Zollbehörden verlangen bei deutschen Waaren immer die Herkunftsbezeichnung „made ihn Germany“, auch wenn sich eine solche auf den Waaren gar nicht anbringen läßt. Anderen Staaten, die zur Staatenconpention gehören, zumal den Vereinigten Staaten von Nordamerika, werden in dieser Beziehung Concessionen gemacht. Durch die Handhabung der englischen Gesetze ist es den deut⸗ schen Firmen unmöglich gemacht, ihre wohlbekannten Zeichen in England unverändert zu benutzen. Man will eben in England die deutschen Marken unterdrücken und die Inhaber zwingen, ihre Waaren markenlos herguszuschicken. Der Werth solcher Marken ist außer⸗ ardentlich groß; schon im Jahre 1609 hatte das Herzogthum Berg eine Zeichenordnung, und es wurde früher von den Kanzeln der Kirche herab verkündet, wenn einem Kaufmann ein Zeichen für seine Waaren bewilligt war. Wird die Benutzung eines solchen Jahrhunderte alten Zeichenz unmögfsch gemacht, so ist das eine gewaltige Schädigung ür den Betreffenden. Die deutschen Waaren werden wegen anstößiger Zeichen in England einfach confiscirt und zum Besten der Beamten des Jollhauses versteigert, während amerikanische nur zurückgeschickt werden. Gegen die böswillige Auslegung nützt auch die Berufung auf den Handels ertrag von 1865 nichts. Eine billige Behandlung unserer rzeugnisse ist nur dadurch zu erlangen, daß wir den Herren mit gleicher Münze heimzahlen. Bei fernerhin mit dem Auslande ab— zuschließenden Verträgen über Patent, und Markenschutz muß die eistbegünstigung auf alle Fälle verlangt und die differentielle Be— handlun zurückgewiesen werden. Die Begründung erkennt ja auch in gen ffen Fällen die Nothwendigkeit einer scharfen RNetorsionsmaß⸗ regel an; sie will aber nicht gelten laffen, daß es sich in England n der That nur um einen Kampf gegen die deutsche ucurrenz handelt. Der Chauvinismus in diesen Dingen geht in England schon so weit, daß es dort vor kurzem . öffentlich monirt wurde, daß man am en lischen Hof ebrauchsgegenstände habe, die nicht' in England fa rieirt seien. 5 bejog sich wesentlich auf deutsche Bleistifte und amerikanische oldfedern, Gegenstände, die in dieser Qualität in England über⸗ uh nicht hergestellt werden. Wie chicanss gegen deutfche Wagren n England verfahren wird, geht daraus hervor, daß die Zoll⸗

Berlin, Freitag, den 21. April

behörden Rollenpapier beanstandeten, weil darin Dynamit enthalten sein könne, und daß man von je 5 Rollen eine zu durchstechen ver⸗ langte. Der Verein deutscher Papierfabrikanten hat fich“ wegen dieser Chicanen an das Auswärtige Amt gewendet und die Wnt— wort erhalten, daß auf die Vorstellungen des Amts in England erwidert sei, man müsse sich das Recht wahren, eingehende Güter so zu behandeln, wie es die Sicherheit des Landes erheische. Eine englische Fachzeitung hat es selbst ausgesprochen, daß es sich hier lediglich um die Bekämpfung der deutschen Industrie handle. Auf eine wiederholte Beschwerde vom vorigen Herbst lehnte das Aus— wärtige Amt eine nochmalige amtliche Verwendung als aussichtslos ab. Um so wichtiger ist es, daß wir in diesem Gesetz den Regie⸗ rungen und dem Auswärtigen Amt Mittel an die Hand geben, einer derartigen Concurrenz der Englaͤnder entgegenzutreten. Auch die amerikanischen Gesetze werden gegenüber den deutschen Gewerbe⸗ treibenden chican ss gehandhabt, worin unter dem neuen Präsidenten vielleicht eine Wandlung eintreten mag. Die amerikanischen Konsuln in meiner Gegend lassen die deutschen Fabrikanten nach vier⸗ bis fünfstündigem Warten oft nicht vor und bestellen sie auf den nächsten Tag. Sie fordern ferner nicht bloß Angaben über den Werth der zu expedirenden Waaren, sondern auch über den Werth des Rohmaterials, über die Art der Herstellung, über die Löhne, Verpackungskosten, und das alles lediglich zu dem . um den Amerikanern zu sagen, wie die Kosten des Verfahrens sich stellen, und ihnen eine wirksame Concurrenz zu ermöglichen. Hier kann es nur heißen: Auge um Auge, Zahn um Zahn! Das sist das einzige Mittel, die deutschen Waaren zu schützen; die Exporteure in England müssen erst einmal an ihrem eigenen Geldbeutel erfahren, wie die Maßnahmen Eng⸗ lands gegenüber den deutschen Waaren wirken.

. Abg. Freiherr von Buol (Centr.) wirft einen Rückblick auf die Entwickelung dieser gesetzgeberischen Materie, erkennt gleichfalls in dem vorgelegten Gesetzentwurf einen Fortschritt, und spricht sich mit dem Vorredner für Commissionsberathung aus. Der Hauptforderung des deutschen Kaufmanns und Gewerbetreibenden, daß die Freizeichen aus der Zeichenrolle verschwinden, komme der Entwurf in dankens— werther Weise entgegen.

Königlich preußischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, Director im Reichbamt des Innern Nieberding: Wenn es durch die Ausführungen; der fämmtlichen Redner leise hindurch klingt, daß die Vorlage viel Zeit gebraucht hat, um an den Reichstag zu ge⸗ langen, so ist darauf zu erwidern, daß allerdings gut Ding viel Weile haben will, und daß es einer langen Erfahrung bedurfte, um die reformbedürftigen Punkte der bisherigen Gesetzgebung genau zu erkennen. Daß die Gerichte nicht sachkundig genug find für die Ent⸗ scheidung von Klagen auf Grund dieses Gesetzes, kann ich nicht zugeben. Diese Klagen beim Patentamt zur Entscheidung zu bringen, wuͤrde große Schwierigkeiten haben. Ebenfo wenig würde es zweckmäßig sein, dem Patentamt, nach dem Vorschlag des Abg. Schmidt, gewisse Centralstellen an die Seite zu setzen, welche für die Beurtheilung von Wagrenbezeichnungen zuständig sein sollen; was die bergischen Industriellen verlangen, könnten alle beliebigen anderen Kategorien von Gewerbetreibenden ebenfalls verlangen und es würde dann die alte, von allen Seiten abgelehnte Decentralisation wieder vorhanden sein. Was die Frage der Behandlung der deutschen Waare im Auslande betrifft, so halten die verbündeten Regierungen die Vorschriften, die der Entwurf in 20 giebt, für vollständig hinreichend. Der Abg. Schmidt hat allerdings den thatsächlichen Zustand der Behandlung ausländischer Waare in England richtig geschildert; was er vorgetragen hat, deckt sich mit den Ergebnissen unserer amtlichen Erhebungen. Aber es läßt sich nicht behaupten, daß der deutsche Import schlechter als der französische und jeder andere in England behandelt wird. Es erscheint dringend wünschenswerth, den Entwurf noch in dieser Session zu. verabschieden, und die ver— bündeten Regierungen können daher den Reichstag nur um Be— schleunigung der Berathung bitten.

Abg. Hultz sch (deons.) äußert sich gleichfalls überwiegend zu⸗ stimmend zu der Vorlage; seine Partei stehe derselben freundlich gegenüber. So eingehende Ausführungen, wie sie der Abg. Schmidt gegeben habe, gehörten ihrer ganzen Natur nach mehr in die Fom— missionsberathungen; wenn er (Redner) also diesem Beispiel nicht folge, werde er sich den Dank des Hauses verdienen. Für die Com⸗ mission würden auch 14 Mitglieder genügen.

Abg. Goldschmidt (dfr.): Nachdem man beim Patentgesetz die Streitigkeiten in Patentsachen dem Patentamt zugewüiesen hat, muß consequenter Weise bezüglich der Waarenbezeichnungen ebenso ver⸗ fahren werden. Streitigkeiten in Patentsachen sind doch nicht weniger privatrechtlicher Natur als solche in Waarenbezeichnungsangelegen— heiten. Die Bekämpfung der goncurrence déloyale wird durch das Gesetz wesentlich erleichtert. Nur haben die Weinhändler immer noch Bedenken gegen den F 1b, welcher die Anwendung eines Namens zu dem Zweck, über dien Beschaffenheit und den Werth der Waaren einen Irrthum zu erzeugen, unter Geldstrafe bis zu 5000 e und Gefängniß bis zu sechs Monaten stellt. Ihre Bedenken sind auch durch den Nachsatz nicht gehoben, der dem F 15 zugefügt ist, wonach die Verwendung von Namen, welche nach Handelsgebrauch zur Be— nennung 4 Waaren dienen, ohne deren Herkunft bezeichnen zu wollen, nicht unter diese Bestimmung fallen soll. Die weitere Erörterung dieser Frage wird in der Commission zu erfolgen haben.

Darauf wird die Discussion geschlossen und die Vorlage einer Commission von 14 Mitgliedern überwiesen.

Es folgen die Abstimmungen über den S 3026 und den Art. 4 der Wuchergesetznovelle.

s 3026 wird mit beträchtlicher Mehrheit angenommen.

Artikel 4 wird in namentlicher Abstimmung mit 131 gegen S3 Stimmen angenommen.

Abg. Rintelen hat folgenden Zusatz zu dem Commissions⸗ beschlusse als Artikel 5 vorgeschlagen:

Der Landesgesetzgebung bleibt überlassen, besondere Bestimmungen zur Verhütung und Bestrafung des Wuchers bei dem Handel mit Vieh, bei der Viehpacht und bei dem Handel mit ländlichen Grund stücken zu treffen.

Königlich preußischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, Geheimer Regierungs⸗Rath Ir. Dungs hat gegen diesen Antrag juristische und Kompetenzbedenken. Es sei bedenklich, dem Einzeistaate so weit— gehende Befugnisse auf diesem Gebiet einzuräumen.

Abg. Dr. von Bar (fr) hält den ganzen Antrag für über— flüssig, während

Abg. Graf von Hoensbroech (Centr.) vom Standpunkt der Praxis und Erfahrung den Antrag empfiehlt. Man dürfe eine solche Frage nicht schablonisiren.

Abg. Stadthagen (Soc.) glaubt, daß eine solche Heraus— hebung eines einzelnen Falls, wie se der Antrag wünsche, gerade das Gegentheil von dem erreichen werde, was beabsichtigt würde. Nur durch eine einheitliche Reichs⸗Wuchergesetzgebung könne inan dem Wucht wirksam entgegentreten.

Abg. Rintelen (Centr. amendirt seinen Antrag dahin, daß es

heißen soll statt besondere Bestimmung zur Verhütung u. s. w.“: weitergehende Bestimmung“ u. s. w.

Abg. Lr. von Marquardsen (nl) bittet den Abg. Rintelen, mit Rücksicht auf die erhobenen juristischen Bedenken seinen Antrag

zurückzuziehen.

Abg. von Kardorff (Rp.) hält den Antrag sachlich zwar für

berechtigt, bittet aber den Antragsteller, aus formellen Gründen . 2 . . Abg. Dr. Boeckel (b. k. FJ) tritt für den Antrag ein. Mit länd—⸗ lichen Grundstücken sollte überhaupt nicht gehandelt . Ländliche Grundstücke seien nicht gleichwerthig mit alten Kleidern. In Bezug auf, den eee, könne er aus seiner hessischen Heimath zahl= reiche Fälle anführen. Die hessische Regierung habe zwar eine Engusëte veranstaltet, natürlich habe dieselbe von der Sitte der Ein⸗ stallung von Vieh nichts bemerkt, während man im Elsaß zum Schutz gegen das Einstallvieh ein besonderes Gesch erlassen habe. Auch im Viehhandel herrschten arge Mißstände. Es müßte namentlich der Verkauf n Währschaft abgeschafft werden. In anderen Ländern kämen solche Betrügereien mit Vieh nur vereinzelt vor. Bei uns sei der Viehwucher sehr natürlich, denn die Viehhändler seien ja Juden. Er werde mit seinen antisemitischen Freunden für den An⸗ trag stimmen.

Abg. Rintelen (Centr) bittet, für heute seinen Antrag an⸗ zunehmen, man könne ja zwischen der zweiten und dritten Berathung die Bedenken beseitigen.

Abg. Stadthag en (Sog): Es scheint, als ob der Abg. Dr. Boeckel nur den von Juden geübten Wucher treffen will; dafür bin ich nicht zu haben. Ich bin gegen den Wucher in jeder Form, mag er von geübt werden. Die

Antisemiten oder Juden oder Muhamedanern Religion hat mit dem Wucher nichts zu thun. Die Discussion wird geschlossen.

Der Antrag Rintelen wird angenommen, ebenso der Rest des Gesetzes. Schluß 5i/ Uhr.

Preußzischer Landtag. Herrenhaus. 12. Sitzung vom Donnerstag, 20. April.

Im weiteren Verlauf der Sitzung erwiderte dem Grafen von Frankenberg, welcher den Unfall des Orient⸗Expreßzuges auf der Neissebrücke (Strecke Oppeln Neisse), am 15. Juli v. J., zur Sprache gebracht hatte (siehe den Anfangsbericht in der gestrigen Nummer d. Bl.), der

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Die Angelegenheit, die der Herr Graf von Frankenberg hier zur Sprache gebracht hat, ist wiederholt im Hause der Abgeordneten erörtert worden, sie ist auch besprochen worden in Ihrer Commission, und es ist daselbst dem Herrn Grafen von Franken⸗ berg bereits diejenige Auskunft ertheilt worden, die sich auf Grund der Acten ergeben hat. Es ist richtig, daß nach Ansicht der zu⸗ ständigen Eisenbahnbehörden die Entgleisung des Orientzugs am fraglichen Tage höchstwahrscheinlich veranlaßt wurde dadurch, daß eine hölzerne Langschwelle nicht mehr im stande gewesen ist, dem großen Seitendruck der beiden Maschinen, die den Orientzug geführt haben, genügenden Widerstand zu leisten. In der hölzer⸗ nen Langschwelle, auf welche die betreffende Schiene aufgesattelt war, war ein von außen nicht erkennbarer Langriß, dieser Langriß gab nach, infolge dessen die Schienen auch, und der Orient Expreßzug ent⸗ gleiste.

Ich darf mir wohl erlauben, einzelne Stellen aus den gerichtlich und administrativ geführten Untersuchungsverhandlungen hier zur Auf— klärung der Sachlage mitzutheilen. Wenn Herr Graf von Franken⸗ berg auch heute nicht darauf zurückgekommen ist, was namentlich im Abgeordnetenhause und, wenn ich nicht irre, auch in Ihrer Commission hervorgehoben ist, daß der betreffende Bahnmeister, dem die Unterhaltung der Brücke speeiell unterstellt war, rechtzeitig den aufsichts führenden Bauinspector davon unterrichtet habe, daß die Langschwelle gerissen sei, so möchte ich glauben, daß dies eigentlich der springende Punkt ist und es daher angezeigt erscheint, gerade in dieser Beziehung noch aus den gerichtlichen und administrativen Untersuchungsverhandlungen die ergänzende Aufklärung darüber auch hier im Hause zu geben.

Bei der gerichtlichen Untersuchung, die vor dem Landgericht zu Brieg eingeleitet worden ist, hat der Bahnmeister Schmidt, dem die Unterhaltung der bezüglichen Strecke oblag, sich auf seine außer⸗ gerichtliche Vernehmung bezogen und im wesentlichen Folgendes ausgesagt:

„Der Längsbalken, dessen Zustand anscheinend zur Entgleisung Anlaß gegeben habe, sei von ihm seiner vorgesetzten Behörde als schadhaft bezeichnet worden.

Diese vorgesetzte Behörde ist der Strecke Dieser Längsbalken zeigte so heißt es in der Niederschrift rissige Stellen auf der Oberfläche, herzurühren schienen. Die Schienen sind nämlich auf den hölzernen Längsbalken auf eiserne Platten gelegt, um das sogenannte Wandern der Schienen hüten. Das Wandern der Schienen findet auf zweigleisigen Strecken dadurch statt, daß diese Gleise immer nur nach einer Richtung be⸗ fahren werden; der Druck des Zuges bringt dann zu Wege, daß die Schienen in der Zugrichtung vorwärts gedrängt werden, und um das zu verhindern, wird zwischen die hölzernen Schwellen und die Schienen die sogenannte Vorstoßplatte eingefügt. Es hatten sich nun in der Nähe dieser Vorstoßplatten, wie das häufig vorkommt und meist unbedenklich ist, rissige Stellen an der Oberfläche des Balkens gezeigt.

Zudem schien mir, fährt der Bahnmeister fort, der Balken auch etwas zu schwach, er hatte nur 032 m im Quadrat. Daß dieser Längsbalken so schwere Schäden zeigte, wie sich das nach dem Unfall herausgestellt hat, war weder damals

zur Zeit der Meldung, daß der Balken überhaupt schadhaft sei noch später und unmittelbar nach der Katastrophe zu erkennen; ich war selbst erstaunt, wie morsch dieser Längsbalken war, als ich wir ihn nach dem Unfall ansah. Der Spalt befand sich an der oberen Seite direct unter dem Schienenfuß; letzterer ver- deckte also den Schaden, und jwar derart, daß man ange⸗ faulte oder durch Pilzbildung morsch gewordene Stellen nicht wahrnehmen konnte. Die sichtbaren Solztbeile des Balleng machten bis auf die ausgearbeitete Stelle, die ich schen erwähnt

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