Wahl, apostolischer Viear von Sachsen, der frühere Armec⸗ Bischof Namezanomsky aus Oliva, der Bischof Thiel aus Ermeland und der Dompropst von Pelplin hier eingetroffen. Das Metro— politan⸗Domcapitel brachte heute Vormittag die Glückwünsche zum Jubelfeste dar. Dompropst Dr. Berlage hielt an den Ge⸗ feierten eine herzliche Ansprache und überreichte ihm eine kunstvoll ausgeführte, in lateinischer Sprache abgefaßte Adresse. Nachdem das Domcapitel sich verabschiedet, brachten die Domvicare dem Cardinal ihre Gratulation dar. Dabei hielt Protovicar Witteler im Namen der Vicare die An⸗ sprache. Der Cardinal sprach beiden Körperschaften seinen Dank aus. Sachsen.
Ihre Majestäten der König und die Königin haben sich heute zu mehrwöchigem Aufenthalt nach Sibyllenort be⸗ geben.
Hessen.
Die Zweite Kammer ist gestern wieder zusammen— getreten.
Anhalt.
Ihre Hoheiten der Herzog und die Herzogin sowie Ihre Durchlauchten die Prinzessin Alexandra und der Prinz Eduard sind gestern von Meran wieder in Dessau eingetroffen.
Schwarzburg⸗Sondershausen.
Ihre Durchlauchten der Fürst und die Fürstin haben
sich gestern zum Kurgebrauch nach Wildbad begeben.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser ist gestern Abend 8i/ Uhr nach Budapest abgereist, wo große festliche Vorbereitungen zum Empfang ge⸗ troffen worden sind. Bei der Abreife begrüßte die vor dem Bahnhof angesammelte Menge den Kaiser auf das wärmste. Die Ankunft in Budapest erfolgte heute früh um 5 Uhr 40 Mi⸗ nuten. Bereits um 4 Uhr früh waren sämmtliche nach dem Bahnhof führende Straßen von einer großen Menschenmenge besetzt, die Häuser waren reich decorirt. Auf dem Bahnhof hatten sich der Minister-Präsident Dr. Wekerle mit den übrigen Ministern, zahlreiche Abgeordnete ohne Unterschied der Parteistellung, darunter Graf Apponyi und Koloman Tisza, die Bischöfe sowie Vertreter der Gemeinde und zahl— reiche andere Persönlichkeiten eingefunden. Der Kaiser wurde enthusiastisch mit brausenden Eljenrufen empfangen. Allerhöchst⸗ derselbe zeichnete den Minister-⸗Präsidenten Dr. Wekerle durch eine Ansprache aus, reichte den Ministern und dem Erz⸗ bischof Csaszka die Hand, sprach auch den Abg. Tisza sowie den Buͤrgermeister an und fuhr sodann unter enthusiasti⸗ schen Eljenrufen der dichtgedrängten, Spalier bildenden Menge in einer Hofequipage, welcher zahlreiche andere Wagen folgten, nach der Hofburg.
Großbritannien und Irland.
In der gestrigen Sitzung des Unterhguses er— klärte, wie W. T. B.“ berichtet, der Parlaments⸗
Secretär des Auswärtigen Sir E. Grey, bei den Unter— handlungen mit Rußland über die Pamirfrage werde England die legitimen Interessen Chinas und Afghanistans beruͤcksichtigen, aber gleichzeitig die schwerwiegenden Inter— essen Englands wahren. Gegenwärtig fänden freund⸗ schaftliche Unterhandlungen mit Rußland statt. Die Vor⸗ legung des bezüglichen Schriftwechsels sei jedoch in dem gegenwärtigen Stadium der Verhandlungen unthunlich. Rußland habe versichert, daß das russische Detachement im Pamirgebiet angewiesen sei, keine activen Operationen vor— zunehmen, und daß während der Unterhandlungen in diesem Jahre keine Expedition nach dem Pamirgebiet abgehen solle. Die Aussicht auf eine befriedigende Lösung, der Pamirfrage sei vorhanden; das Unterhaus möge aber durch eine Debatte die Unterhandlungen nicht gefährden. Im weiteren Verlaufe der Sitzung wurde die zweite Lesung der Budget-Bill ohne besondere Abstimmung angenommen.
Die Parlamentsmitglieder Carmarthen, W. H. Grenfell, G. Howell, H. Meysey⸗Tompson, W. E. M. Tomlinson, E. F. Vesey⸗Knor haben der „A. C.“ zufolge dem Premier⸗ Minister Gladstone als Erstem Lord des Schatzamts das folgende Memorandum zugestellt:
Die Internationale Münzconferenz, die im vergangenen November tagte, hat sich vertagt, um am 30. Mai d. J. wieder zu⸗ sammenzutreten. Die auf der Conferenz vertretenen Regierungen waren einer ausgiebigen Verwendung des Silbers geneigt, um den wachsenden Unterschied zwischen den Beziehungswerthen zwischen Gold und Silber aufzuhalten. Seit der Tagung der Conferenz ist der jährliche Bericht des Finanz⸗Ministers von Indien veröffentlicht worden, der die Schwierigkeiten in Bezug auf die andauernde Differenz zwischen dem Gold⸗ und dem Silberwerth nachweist. Der schwere Druck, der auf den meisten Zweigen des Handels, der Industrie und der Landwirthschaft lastet und die producirenden sowie die arbeitenden Klassen betrifft, wächst noch immer; Beweis hierfür ist die große Anzahl unbeschäftigter Arbeiter. Die ernste Lage des Arbeitsmarktes, den der Gewerke mit eingeschlossen, geht aus den Berichten in dem Journal des Handelsamts hervor. Daher halten es die Unterzeichneten für nothwendig, auf Abhilfe der mit der Währungs⸗ frage verknüpften Schwierigkeiten weiterhin zu sinnen, um die herrschende Handelsstockung zu mildern. Die ergebenst Unterzeichneten legen daher Ihrer Majestät Regierung die Wiederernennung der Delegirten zur Münzeonferenz nahe.
Frankreich.
In dem gestern abgehaltenen Ministerrath wurde dem W. T. B.“ zufolge mitgetheilt, daß der 6 von Dahomey einen Boten mit dem Königsstabe nach Weidah esandt habe, mit dem Auftrag, Frankreich und dem Präsi⸗ enten Carnot seinen Gruß zu entbieten. Man habe ihm antworten lassen, er möge sich persönlich einstellen, da die Worte von Unterhändlern genügender Authenticität entbehrten. — Wie anderweitig verlautet, hätte der König seine Unter⸗
werfung angeboten; darauf sei ihm die Antwort ertheilt worden, die Regierung sei geneigt, in Ver⸗ handlungen einzutreten unter der Bedingung, daß er
abdanke und seinen Wohnsitz von der Regierung angewiesen erhalte,. Nunmehr habe der König einen Boten mit der Antwort geschickt, er persönlich würde gern in die Abdankung einwilligen, falls Frankreich ihm eine e fn zusichexre, aber seine Religion verbiete ihm, Dahomey zu verlassen. Die Re⸗ 1 habe darauf den Obersten Lambinet, den Nachfolger
es Generals Dodds, angewiesen, dem Boten zu antworten, man könne nur mit dem König selbst unterhandeln, dem ein freies Geleit nach Abomey zugesichert werde.
Der Ministerrath hat den Justiz-Minister Gusrin und den Unterrichts⸗Minister Poincars beauftragt, die Regierung bei der Einweihung des Hafens von Tunis zu vertreten.
In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer be— antragten die Deputirten Guillemet und Ives Guyot die Dringlichkeit zu Gunsten eines Antrags auf Aufhebung des Octrois. Der Minister des Innern Dupuy bekämpfte die Dringlichkeit, weil der Antrag vorher reiflich durchstudirt werden müsse. Hierauf wurde die Dringlichkeit mit 252 gegen 246Stimmen angenommen. Der Deputirte Dum ay (Soeialish richtete sodann an die Regierung eine Interpellation wegen des vorgestrigen Tages und sprach sich mißbilligend über die Herausforderungen der Polizei, die Schließung der Arbeitsbörse und über seine und Baudin's Verhaftung aus. Der Minister des Innern Du puy rechtfertigte die getroffenen Maßnahmen und führte aus, Baudin sei verhaftet worden, weil er die Menge aufge⸗ fordert habe, die Polizei anzugreifen. Der Minister fügte hinzu,
die Regierung wolle, daß jedermann das Gesetz respectire, und sie werde auch verstehen, demselben Achtung zu verschaffen. Jeder Deputirte, welcher die
öffentliche Ordnung auf der Straße störe, werde verhaftet werden. (Unterbrechung auf der Linken.) Der Deputirte Baudin blieb in seiner Erwiderung dabei, daß der Bericht der Polizei unrichtig sei; er habe sich keines Vergehens schuldig gemacht und sei auf dem Polizeibureau von einem Polizei⸗ agenten geohrfeigt worden. Der Minister Dupuy erwiderte, die Regierung habe ihre Pflicht gethan, indem sie die Ordnung aufrechterhalten habe. Der Deputirte Pourquéry de Boisserin protestirte gegen die einem Deputirten gegen⸗
über angewendete Handlungsweise der Polizei. Der Deputirte Cassagnac beantragte, daß Baudin vor das
Gericht gestellt würde, damit Licht über die widersprechenden Behauptungen verbreitet werde. Der Deputirte Millerand brachte hierauf eine Tagesordnung ein, wonach eine Unter— suchung über die der Polizei zum Vorwurf gemachte Brutalität eingeleitet werden solle. Der Minister des Innern Du puy sprach gegen diesen Antrag und verlangte die einfache Tages⸗ ordnung, die auch mit 319 Stimmen gegen 150 angenommen wurde. Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
Italien. Der König und die Königin sind gestern früh wieder in Rom eingetroffen.
Spanien.
In Madrid eingetroffene amtliche Depeschen aus Cuba melden, daß sieben Infanterie⸗ und Cavallerie⸗Colonnen die Aufrührer verfolgten. Die aufständische Bewegung bleibe auf ihren ursprünglichen Herd beschränkt.
Schweiz.
Seine Majestät der Deutsche Kaiser hat, wie W. T. B.“ aus Bern meldet, folgendes Telegramm an den Bundes⸗Präsidenten Schenk gerichtet:
„Es liegt Mir am Herzen, Ihnen beim Verlassen des schweizer Bodens Meinen und der Kaiserin aufrichtigen Dank für die freund⸗ liche Begrüßung seitens des Bundesraths und für den sympathischen Empfang, der Uns seitens des schweizer Volks zu theil geworden, zu wiederholen und Ihnen als Repräsentanten der Schweiz und ihrer Bürger Meine besten Wünsche zur Gegenwart und Zukunft des Landes auszusprechen. Wilhelm.“
Griechenland. Die Prinzessin von Wales beabsichtigte mit den Prinzessinnen Victoria und Maud gestern Abend auf der Yacht „Osborne“ die Rückreise von Athen anzutreten.
Bulgarien.
Der Prinz und die Prinzessin Ferdinand von Sachsen⸗Coburg sind gestern von Athen, wohin dieselben sich von Malta begeben hatten, nach Triest abgereist.
Sämmtliche Listen mit den regierungsfreund— lichen Candidaten sind, wie „W. T. B.“ meldet, bei den Wahlen durchgedrungen. Unter den Gewählten befinden sich außer den früheren Ministern auch Zankow und mehrere seiner Anhänger, die auf ihr ausdrückliches Verlangen in die Listen der Regierungsfreundlichen aufgenommen worden waren.
Schweden und Norwegen.
In der gestrigen Sitzung des norwegischen Staats— raths wurde, nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Christiania, die Demission des bisherigen Ministeriums angenommen und das Ministerium Stang ernannt. Die Mitglieder desselben sind: Emil Stang, Staats⸗-Minister in Christiania; Gram, Staats-Minister in Stockholm; ferner Staatsräthe: Hagerup, Thorne und Furu; ehemalige Staatsräthe: Bang, Professor; Olsson, Ar— tillerie⸗ Hauptmann; Nielsen, Betriebsdirector; Motz⸗ feld, Assessor des Höchsten Gerichts, und Harbitz, Konsul. Die Portefeuilles sind folgendermaßen unter die Mitglieder des neuen Cabinets vertheilt worden: Stang, Revisions⸗Minister; Thorne, Minister des Innern; Furu, Finanz⸗Minister; Bang, Unterrichts⸗Minister; Hagerup, Justiz— Minister; Olsson, Vertheidigungs-Minister; Nielsen, Arbeits⸗ Minister. Gram, Motzfeld und Harbitz sind den „Aften⸗ posten“ zufolge zu Mitgliedern der norwegischen Staatsraths⸗ delegation in Stockholm ernannt worden.
Amerika. Wie das „Reuter'sche Bureau“ aus Lima meldet, herrscht in Peru infolge der Präsidentenwahlen eine große Er—⸗ 9
regung. Die Minister haben ihre Entlassung ein⸗ gereicht. Zwischen den Anhängern der Praäsidentschafts⸗
Candidaten Caceres und Pierola kam es zu Zusammenstößen, wobei einige Personen verwundet wurden.
Afrika.
Das Ministerium des Kaplandes hat, wie das „Reuter'sche Bureau“ berichtet, wegen persönlicher Meinungs— verschiedenheiten demissionirt. Der bisherige Minister⸗ Präsident Sir C. Rhodes wurde mit der Neubildung des Cabinets beauftragt.
Nach einer Meldung der „Times“ aus Sansibar von gestern waren daselbst Nachrichten aus Mengo vom 10. Februar eingetroffen, denen zufolge Capitän Williams und Major Smith die in der Nähe des nördlichen . des Victoria⸗ Njansa⸗Sees belegenen Uv uma⸗Inseln infolge von Heraus⸗ forderungen der dortigen Eingeborenen angegriffen und diese letzteren mit Hilfe eines Maxim⸗-Geschützes geschlagen haben. Es wurden drei der Inseln erobert und etwa 100 Sklaven in Freiheit gesetzt.
Parlamentarische Nachrichten.
Deutscher Reichstag.
Der Bericht über die gestrige Sitzung befindet sich in der Ersten Beilage.
88. Sitzung vom Mittwoch, 3. Mai, 12 Uhr.
Der Sitzung wohnen bei der Reichskanzler Graf von Caprivi, die Staatssecretäre Dr. von Boetticher, Frei⸗ herr von Maltzahn und Hollmann, der Königlich preußische Kriegs-Minister von Kaltenborn⸗Stęchau, der Königlich bayerische Gesandte Graf von Lerchenfeld-Köfering, der Königlich sächsische Kriegs Minister von der Planitz, der Königlich sächsische Gesandte Graf von Hohenthal und der Königlich württembergische Staats-Minister des Kriegswesens Freiherr Schott von Schottenstein.
Auf der Tagesordnung steht die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres. Die Friedenspräsenzstärke sollte danach vom 1. Oktober 1893 bis 31. März 1899 auf 492 068 Mann
festgestellt werden; für dieselbe Zeitdauer sollte die zwei⸗
jührige Dienstzeit für Fußtruppen eingeführt werden. Die Zahl der Unteroffiziere soll ebenso wie die Zahl
der Offiziere alljährlich durch den Etat festgestellt werden. Vom 1. Oktober 1893 sollte die Infanterie in 711 Bataillone, die Cavallerie in 477 Escadrons, die Feld⸗Artillerie in 494 Batterien, die Fuß⸗A,rtillerie in 37 Bataillone, die Pioniere in 24 Bataillone, die Eisenbahntruppen in 7 Bataillone und der Train in 21 Bataillone formirt werden.
Die Commission hat die Vorlage abgelehnt.
Heute liegen folgende Anträge vor:
I) Die Abgg. Dr. Althaus (8dfr. und Genossen bean⸗ tragen, die Friedenspräsenzstärke wie bisher auf 486983 Mann festzustellen, aber die zweijährige Dienstzeit für die Fußtruppen unter Aenderung des Ark. 59 der Verfassung einzuführen. .
2) Ein Antrag vom Abg. Freiherrn von Huene (Centr.). (Dieser heute eingegangene Antrag ist hiernach besonders im Wortlaut wiedergegeben.)
3) Ein Antrag des Abg. Grafen Preysing (Centr.) wil die Friedenspräsenzstärke auf 420 031 Mann feststellen.
Der Referent Abg. Gröber (Centr.) berichtet über die Com⸗
missionsverhandlungen und schließt seine Ausführungen, die sonst nur Bekanntes enthalten, mit folgenden Worten: Wenn unsere Nachbarn im Westen und Osten hoffen sollten, aus dem Zwiespalt der Parteien in dieser Frage für sich
Vortheil zu ziehen, so ist diese Hoffnung gänzlich eitel. Das Ausland wird das deutsche Volk stets geeinigt finden, wo es sich darum handelt, das Vaterland zu vertheidigen. (Beifall.) Es handelt sich nur darum, ob man das Vaterland besser schützt durch mehr Soldaten und Mehr⸗ formationen oder dadurch, daß man die natürlichen Kräfte des Volkes im Frieden schützt und dadurch den Krieg am besten vorbereitet. Reichskanzler Graf von Caprivi (wir werden diese Rede morgen im Wortlaut bringen): Von allen einzelnen Fragen der Militärvorlage hat keine einen so breiten Raum eingenommen, wie die der zweijährigen Dienstzeit. Die Anhänger derselben erkannten die zweijährige Dienstzeit an, waren aber nicht geneigt, die Con— sequenzen zu ziehen, unter denen allein die verbündeten Regierungen dieselbe bewilligen konnten. Die Conservativen aber hielten traditionell an der dreijährigen Dienstzeit fest. Ich kann es den Conserpvativen nicht genug danken, daß sie treu der Regierung zur Seite standen und ihre einzelnen Interessen unterdrückt haben. Wir haben die Ueberzeugung gewonnen, daß die Wehrkraft, so wie sie jetzt liegt, nicht ausreicht. Man entgegnet uns, sie reicht wohl aus; man stellt Berechnungen allerlei Art an. Diese Methode kann keinen, oder wenigstens nicht den Erfolg haben, die verbündeten Regierungen zu über⸗ zeugen. Es ist überhaupt nicht möglich, durch irgendwelche Art von Exempel festzustellen, was dazu gehört zu siegen. Man wird eben nicht umhin können, der Meinung derjenigen, deren Beruf es ist, sich mit militä⸗ rischen Dingen zu beschäftigen, ein höheres Gewicht beizulegen, als Laien, die sich nur hin und wieder damit beschäftigen. Man hat durchblicken lassen, daß wir keine Roon und Moltke sind. Als Roon und Moltke ihre Kriegslaufbahn betraten, hatte der erstere nur den badischen Feldzug, der letztere nur eine Schlacht in Kleinasien hinter sich. Die jetzigen Führer, welche berufen sind, ihre Kraft und Repu⸗ tation im Falle eines Krieges einzusetzen, können doch auf andere Kriegserfahrungen zurückblicken. Man muß ihnen vertrauen, wenn sie sagen, die jetzige Heeresverfassung Deutschlands reicht nicht aus. Kein einziger Generalstabs⸗Offizier, welcher mit der Vorbereitung der Ver— theidigung des Vaterlandes betraut ist, ist der Meinung, daß die jetzige Heeresstärke ausreicht. Die verbündeten Regierungen sind wie fruher der Meinung, daß es sich um die Zukunft, um die Existenz Deutsch⸗ lands handelt. Wir würden uns an Deutschland auf das schwerste versündigen, wenn wir nicht, dem Rathe der Offiziere folgend, diese Vorlage durchzubringen suchen. Wir werden alle uns zu Gebote stehenden verfassungsmäßigen Mittel anwenden, um diese Verstärkung der Armee herbeizuführen. Wir wollen dadurch den Frieden erhalten. Mein Herr Amtsvorgänger hat so wie ich die Ueberzeugung gehabt, daß die Armee verstärkt werden müsse. Ich nehme an, es ist niemand in diesem Hause, der den Fürsten Bismarck nicht für eine diplomatische Autorität hält, wie sie in Jahrhunderten nur selten vor⸗ kommt. Es können aber nicht immer Diplomaten ersten Ranges an der Spitze der Geschäfte stehen. Selbst Friedrich's des Großen
diplomatischen Talent ist es nicht gelungen, zu Zeiten denKrieg zu vermeiden. Werden wir zum Kriege gedrängt, so wollen wir siegen, wir wollen nicht unterliegen; wir
wollen die Herren des Schlachtfeldes bleiben. Unter den europäischen Mächten herrscht eine gewisse internationale Concurrenz in Bezug auf die Heeresstärke. Keine Macht kann sich dem entziehen, keine Macht kann abrüsten, wenn man nichk den Grund der Rüstung beseitigt; sonst müßte man sofort wieder von neuem rüsten. Keine Macht kann hinter der Kriegsstärke anderer zurückbleiben; denn jedes Stehenbleiben ist ein Zurückgehen auf diesem Gebiet. Es kann auch niemand eine Garantie dafür übernehmen, daß man mit einer gewissen Truppenzahl nicht geschlagen wird. Man sagt: wir haben nicht allein Vertrauen zur Armee, sondern das ganze deutsche Volk fürchtet nur Gott. Schön! Wundervoll! Aber man kann so furchtlos ins Gefecht gehen wie der größte Held der Welt, allein man hat keine Garantie, daß man nicht geschlagen wird, wenn die Waffen und Mann⸗ schaften nicht ausreichen. Wie Graf, Moltke über die Stärke im Kriege dachte, ist aus seiner Denkschrift in dem Generalstabswerk zu ersehen, die ich bereits in der Commission vorgelesen habe. Er sagt darin unter anderem, Deutschland kann sich gegen Frankreich allein wehren; wäre es dazu nicht im stande, dann könnte es nicht mehr bestehen. Wir haben nicht das Bestreben der politischen Offensipe, aber wir haben das Bedürfniß, in der Lage zu sein, strategisch offensiv sein zu können, d. h. den Kriegsschauplatz in des , zu verlegen. Wir sind darauf angewiesen, den Krieg schnell zu Ende zu führen. Ob wir heute noch im stande sind, den Feind abzuwehren, selbst wenn ich nur nach Westen sehe, ich will, nicht von zwei Fronten sprechen: das mag dahingestellt sein. Wir haben Grenzen, wie kaum eine andere Nation; man setzt sich über die Schicksale der Grenzlande zu leicht hinweg. Wir haben auf dem linken Rheinufer eine nicht an , r . an welcher eine große geh un liegt. Ungleich unglücklicher liegen unsere Grenzen im Osten. Die Grenze ist durch kein Gebirge, keinen Fluß geschützt. Kann uns das Schicksal dieser Grenzlande gleichgültig sein? 6 es gleichgültig, ob Ost⸗ und Westpreußen, 6 und Schlesien von gut! überschwemmt wird? Ich rufe die Vertreter der Stadt Danzig auf! Erinnert sich Danzig
——
noch, was es von der Belagerung auszuhalten hatte an Epidemien, Hungers⸗, Feuers! und Wassersnoth ? Lebhafter noch sind die Erinnerungen in der Pfalz. Die Pfalz mußte 1870 darauf gefaßt sein, der Kriegsschauplatz zu sein. Was ist natürlicher, als daß man gerade da ein lebhaftes Interesse dafür hat, daß die Streitkräfte Deutschlands möglichst verstärkt werden, damit der Kriegsschauplatz offensiv in die feindlichen Gebiete verlegt werden kann. Ueber die Bewegung in der Pfalz ist in den Zeitungen mit Gespött hingewiesen worden. Warum haben wir denn .
land geschaffen? Um etwa unsere Grenzen preiszugeben oder um ein einig Volk von Brüdern zu haben und nicht an der Grenze beim ersten Wetterleuchten dazustehen?
schutzlos Wenn Elsaß-Lothringen Kriegsschauplatz werden pon beift das die Reichslande für Deutschland gewinnen. Ich glaube, Deutschland will die Reichslande schützen und 6 nicht preisgeben. Von den Gründen, welche für die Militärvorlage vorgebracht sind, ist nicht ein einziger widerlegt worden, man hat vielmehr anerkannt, die Militärvorlage ist ein durchdachtes Werk. Man kam schließlich dazu: Ja, wir geben Euch nicht mehr; seht nur zu, wie ihr es macht. Zwei Fragen schienen mit Recht geltend gemacht werden zu können: Die Unteroffizier⸗ frage und die Frage nach der Zahl der Tauglichen. Die Militär— verwaltung kann den Beweis beibringen, daß diese Fragen nicht von Bedeutung sind. Ferner die Deckungsfrage. Man ist bis zu sehr ecrassen Uehertreibungen gegangen; man hat gemeint, wir würden durch die Einführung der Steuern ein Volk von Bettlern werden. Das glaube ich nicht. Es ist klar, daß die aufgelegten Lasten drücken, daß niemand gern mehr zahlen will, namentlich wenn sein Abgeordneter ihm vorrechnet, daß es nicht nöthig ist. Aber sicher ist: die hervorragendsten Volkswirthschaftslehrer sind der Mei— nung, daß die Militärlasten auf den Kopf der Bebölkerung und überhaupt die Belastung auf den Kopf der Bevölkerung geringer ist als bei anderen Völkern. Wir halten die vorgeschlagenen Steuern
noch jetzt für die besten, wir würden aber, wenn andere vor— geschlagen werden vom Reichstag, darüber in Erwägungen eintreten. Nun wurde der Militarismus, der alte Gaul aus den sechziger Jahren, wieder aus dem Stall herpor—
geholt neu aufgezäumt, und so lahm er war, uns vorgeritten. Er wurde als culturfeindlich, als antiparlamentarisch bezeichnet. Die Socialdemokraten schmückten ihn mit dem Beiwort: Der Moloch! Zur Zeit der Militärreform in Preußen ging das Wort Militarismus einher mit dem Söldnerheer. Wenn Deutschland seine Cultur⸗ aufgabe erfüllen soll, muß es doch erst da sein, muß es doch erhalten werden! Jeder Mensch würde es vorziehen, Ausgaben für Kunst, Wissenschaft, Schule und Landesmelioration zu machen, das ist selbstverständlich. Aber wo sitzt in der Vorlage der Militarismus? Die . ist auf das mindeste Maß zugeschnitten, es ist keine ver— meidliche Ausgabe darin enthalten. Bei allem Bemühen kann ich also diesen Einwand nicht als gerechtfertigt anerkennen. Ich glaube im Gegentheil, daß man an der Armee Deutschlands manche gute Seite erkennen kann. Für die Angliederung der neuen Provinzen,
für das Zusammenschweißen Deutschlands ist der Kitt die Armee gewesen. Man beruft sich auf die Volksstimme. Gewiß, es ist Verstimmung in vielen Landestheilen da. Ich will nicht darauf eingehen, wie weit diese Ver—
stimmung eine Folge unserer ganzen modernen Geistesrichtung ist, welche keine Befriedigung aufkommen läßt. Ich gebe auch zu, daß die Verstimmung zunehmen kann, wenn es nicht glückt, der Nation klar zu machen, daß diese Vorlage nothwendig ist. Man sagt Warum aber im jetzigen Augenblick eine solche Vorlage? Wir können nicht warten, bis wir die Probe vor dem Feind machen müssen. Mer sollen wir warten, bis das Verlangen nach der Vorlage aus den Wahlkreisen kommt? Wenn man auf Stimmungen Rücksicht nimmt, dann liegt es nahe, auch auf die Stimmung Rücksicht zu nehmen, welche im Lande vorhanden sein wird am ersten Mobilmachungstage.
Dann brauchen wir die herzliche Theilnahme, das entschlossene Eintreten der ganzen Ngtion. Unser Auftreten wird bedingt von dem Gefühl, welches wir selbst von unserer Stärke dem Feinde gegenüber haben. Die Stimmung wird nur dann eine gute und muthige sein, wenn die Sicherheit
vorhanden ist, daß alles geschehen ist, was geschehen konnte. Dann wird es sich nicht um Geldopfer bloß handeln, sondern auch um Blutopfer, die dann nicht mehr geringer gemacht werden können. Wir werden aber an Blut sparen, wenn zur rechten Zeit die Aende⸗ rungen vorgenommen werden, die erforderlich sind, wenn unsere Armee verjüngt wird. Wir dürfen nicht das Gefühl, die Schwächeren zu sein, in der Nation aufkommen lassen. Wenn die Militärvorlage nicht zu stande käme, würde im Volk und in der Armee etwas von dem Ge— fühl zurückbleiben, wir sind nicht mehr so stark wie früher. Es wird die Zeit kommen, wo eine volle Patronentasche mehr werth ist als ein volles Portemonnaie. Zu dieser Zeit soll uns nicht der Vorwurf treffen, daß wir den richtigen Augenblick versäumt haben. Die ver— bündeten Regierungen wollen das ihrige thun, um das Bewußtsein zu haben, daß sie nichts versäumt haben. Wir wollen nicht, daß das Volk und die Armee eine Einbuße an Selbstgefühl erleiden. Wir würden es schmerzlich empfinden, wenn die Militärvorlage ab— gelehnt wird. Handel und Wandel wollen mit Zuversicht darauf rechnen können, daß sie für längere Zeit nicht gestört werden. Wenn die Militärvorlage nicht durchgeht, wird auch für die Landwirthschaft Beunruhigung eintreten; bei jedem politischen Wölkchen wird man nach dem Wetterglase laufen, um zu sehen, wie es steht. Wir würden die zweijährige Dienstzeit nicht einführen können und den verheiratheten Mann, den Familienvater nicht an die Stelle bringen können, die ihm im Kriegsfalle zukommt. Ein patriotischer Mann, der lange im Auslande gelebt hat, fagt, daß er niemals ein so peinliches Gefühl gehabt habe, als jetzt während der Verhandlungen über die Militärvorlage. Wie wird es in der Presse des Auslandes aussehen, wenn die Militärvorlage fällt! Noch hält sich diese Presse zurück. Aber was nachher zu lesen sein wird, wird sehr peinlich sein. Man hat Gegenvorschläge gemacht:; zu⸗ nächst die Miliz. Im Reichstag wird sich wohl dafür keine Mehrheit finden. Aber es giebt Richtungen, welche der Miliz vorarbeiten, wie es Parteien giebt, welche der Social— demokratie vorarbeiten. Denn wenn man uns zumuthet, die zwei⸗ lährige Dienstzeit ohne Verstärkung der Präfenz anzunehmen, so ist das der erste Schritt auf der Bahn zur Miliz. Der Antrag Althaus wiederholt einen Antrag aus der Commission; er ist heute den ver— bündeten Regierungen ebenso ungnnehmbar, wie er es früher war. Auch der Antrag des Abg. Grafen Preysing, der früher Lieber hieß trägt die Spuren des beginnenden Milizsystems an sich. In seinem Wahlkreise hat der Abg. Dr. Lieber eine Rede gehalten, in welcher er sagte: Mögen auch die Forderungen der Regierung voll— kommen berechtigt sein, so ist das Bestehen einer Partei, wie das Tentrum, doch noch wichtiger. Vielleicht wird der Abg. Pr. Lieber in der Lage sein, mir das Körnchen von Patriotismus, welches in dieser Rede enthalten ist, nachzuweisen. Der Abg. Bebel hielt in der Com⸗ mission eine Rede über die politische Lage, wie kein Regierungscommissar 5 besser halten konnte. Ich hoffte, er würde schließen mit der Forderung: Also bewilligen wir die Militärvorlage! aber er verlangte eine . minderung der Präsenzstärke. Der „Vorwärts“ brachte eine Reihe von Artikeln über die Frage: Kann Europa abrüsten? Darin wurde die L enderz ec bung verlangt; Unteroffiziere sollten bei den Schulen
angestellt werden. Und was denkt sich der Verfasser-; Er schreibt: Wenn die Unteroffiziere aus der Heimlichkeit der Jaserne und entrückt dem geheimen Prozeßverfahren an die Oeffentlichkeit des Schulhofes kommen, dann wird die
rebellische Jugend sie schon mores lehren. Ich begreife das bei den Social emokraten. aber ich bedauere, daß andere ihnen dabei vorarbeiten. Der Antrag Huene ist dankengwerth, aber ich kann mich darüber noch nicht äußern, denn der Antrag ist den Regierungen nicht früher zugegangen As den Abgeordneten. Ez muß erst ln frage gehalten werden.
i wei nicht, daß die verbündeten Regierungen die Vorlage por—
(Schluß des Blattes.)
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punkt der Commissionsminderheit. weiteres über den Verfassungsgrundsatz
mancher der in durch das Gesetz verdoppelt, ja verdreifacht. Die Regierung behaupte, die Vorlage sei nur ein Mittel der ausgleichenden die Städte durch die Anstellung zu junger Lehrer
gemeindeordnung keinen Vorgang. den Zweckverband auf den Umfang des Kreises zu beschränken. Die Vorlage verstärke den staatlichen if
16 Frage, ob ö 6 ö. Antragsteller hält letzterès für zweifellos und es könne die Vorlage daher
Schelling Thielen bei.
bahnverwaltung Waldbränden habe, weil sie für den Schaden aufkommen müsse. Deshalb hätten alle Locomotiven Funkenfänger, die aber nicht von außen zu sehen seien. Trotzdem kommen bei heftigem Winde Flugfeuer
beschlossenen Bahn von zum Anschluß an die Linie Hamm — Dortmund — Köln.
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Preußszischer Landtag. Herrenhaus. Der Bericht über die gestrige Sitzung befindet sich in der
Ersten Beilage.
14. Sitzung vom 3. Mai. Der Sitzung wohnen der Justiz-Minister Dr. von
Schelling und der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegen— heiten Dr. Bosse bei. d ö
Das Haus beschäftigt sich zunächst mit der geschäftlichen
Behandlung der aus dem anderen Hause zu erwartenden Steuergesetze.
Freiherr von Manteuffel hält die ö li
mehrerer Commissionen für nöthig, deren eine sich ausschlie mit dem Communalsteuergesetz zu beschäftigen haben würde. Doch sei Eile keineswegs geboten, da man kaum annehmen
könne, daß das Abgeordnetenhaus die Steuervorlagen fertig stellen werde, bevor das Herrenhaus definitiv in der . Abstimmung über, das Wahlgesetz entschieden abe. Das Herrenhaus könne also ohne Schaden sich
zu einem späteren Termin über die geschäftliche Behand—
ung schlüssig machen und habe dann immer noch Zeit, auch
eine Generaldiscussion über die Vorlagen stattfinden zu lassen, wenn diese für angezeigt gehalten werden sollte.
Das Haus nimmt demgemäß von sofortiger Beschluß—
Die Communalcommission erstattet wiederholt Bericht über
fassung Abstand.
die Verlage, betreffend Ru hegehaltskassen für die Volks— schullehrer. Behufs Prüfung der vom Ober⸗-Bürgermeister Bötticher angeregten Frage, welche Mehrbelastung der Ent—
vurf für die größeren Stadtgemeinden herbeiführe, und ob die
Kassenverbände beim Ausscheiden der letzteren nicht lebensfähig blieben, war die Vorlage an die Commission zurückverwiesen
ind diese um 5 Mitglieder verstärkt worden. Nach der Vorlage soll in Ergänzung des Lehrerpensions—
gesetzes von 1885 bestimmt werden, daß behufs gemeinsamer Bestreitung des durch den Staatsbeitrag nicht gedeckten Theils der Lehrerpensionen vom 1. April 1893 ab für die zur Aufbringung verpflichteten Schulverbände Gemeinden, Gutsbezirke) in jedem Regierungsbezirk eine Ruhe⸗ gehaltskasse gebildet wird. des Bedarfs bildet die Jahressumme des pensionsberechtigten Diensteinkommens der Lehrer und Lehrerinnen des Kassenbezirks.
(Schulsocietäten
Den Maßstab für die Vertheilung
Referent Landrath von Breitenba uch: Auch die verstärkte Com—
mission hat sich für das Ausscheiden der größeren Stadtgemeinden nicht entscheiden können; sie kann nicht anerkennen, daß diese durch das Gesetz überlastet oder auch nur empfindlich herangezogen werden
vürden.
Correferent Ober⸗Bürgermeister Fuß Kiel) vertritt den Stand— Der Gesetzentwurf gehe ohne hinweg, daß die Gemeinden
die Verpflichteten für, die persönlichen Schullasten seien, und ziehe die besser situirten Gemeinden zwangsweise zu Lasten heran, die sie nicht zu tragen hätten. Der Schuletat
Betracht kommenden größeren Communen werde
Gerechtigkeit, da sich den Vortheil
der Ruhegehalt kassen selbst verscherzten. Die Städte könnten aber doch unmöglich den nöthigen Ersatz an Lehrern aus den Kreisen der älteren ländlichen Lehrer entnehmen; außerdem
aber existire ein. Verfügung, welche eine solche Entnahme mittel 7. erschwere. Die Annahme der Vorlage werde eine ganz ungerechte
Mehrbelastung der großen Städte zur Folge haben. Für leistungs⸗
unfähige Schulverbände habe, verfassungsmaßig der Staat einzutreten. Jedenfalls sei es sehr bedenklich, Zweckverbände von der Ausdehnung
ines Regierungsbezirks zu bilden; das habe auch in der neuen Land— Höchstens könne man soweit gehen,
ꝛ auf die Volksschule in außerordent— ichem Maße; die Regierungen könnten hiernach schließlich den Etat er Gemeinden auf dem Schulgebiete trotz der angeblichen Selbst⸗ erwaltung einfach festsetzen. Das Gesetz fei also in erster Line ab⸗
zulehnen, event. erst 1394 in Kraft zu setzen und nach den angedeuteten Richtungen zu amendiren. .
Ober⸗Bürgermeister Bender (Breslau) beantragt, die Vorlage ochmals an die Commission zurückzuverweisen zur Prüfung der das Gesetz eine Verfassungsänderung enthalte. Der
ur unter den Formen berathen werden, die für Verfassungsänderungen orgeschrieben seien. Der subsidiär Verpflichtete sei nach der Ver⸗
fassung der Staat; dieser Verpflichtung wolle sich der Staat dadurch entziehen, daß er die betreffende Last auf größere Verbände abwälze. Wenn dieser Zweifel bisher nicht hervorgehoben sei, so bedürfe er doch der Würdigung.
Bei Schluß des Blattes nimmt der Minister der geist⸗
lichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse das Wort.
Haus der Abgeordneten. Der Bericht über die gestrige Sitzung befindet sich in
der Ersten Beilage.
74. Sitzung vom 3. Mai. Sitzung wohnen, der Justiz-Minister Dr. von und der Minister der öffentlichen Arbeiten
Der
Zur drittten Berathung steht die Secundärbahn—
vorlage. . . Anfrage, ob nicht an allen Locomotiven ge⸗ eignete Vorkehrungen zu treffen seien, um den häufigen Wald⸗
bränden vorzubeugen, erklärt
Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen, daß die Eisen— selbst ein Intereffe an der Vermeidung von
vor. Es seien ferner Schutzwände gegen dasselbe in den Waͤldern errichtet. Viele von der Eisenbahn nicht verursachte Brände würden
aber dieser zur Last gelegt, während manchmal irgend ein Bummler mit seiner Cigarre daran schuld sei.
Abg. Lerche (dfr.) empfiehlt die Anlage einer Bahn von Nord—
hausen nach Wernigerode oder Thale, die die Verbindung der Nord⸗ . des Harzes mit der Südseite um
; ; . verkürzen würde. Diese ahn liege nicht nur in localem Interesse, fondern im allgemeinen, da
. die Landestheile im Norden des Harzes denen im Süden näher r der Rentabilität sei nicht zu zweifeln, da ein starker Güterverkehr zu erwarten sei infolge des erleichterten Absatzes der bergbaulichen Er— zeugnisse des ö
nge. Auch von militärischem Werth würde die Bahn sein. An
g. S der bereits
meltz er (ul.) empfiehlt die e, r, ö nna hinaus
Fröndenberg nach Unna über
Abg. Lamprecht (eons.) wünscht den Bau der Linie Templin —
. und Neustadt a. D. — Brandenburg und bemängelt die Be⸗
ränkung der Anzahl der Züge zwischen der Uckermark und Berlin.
Abg. von Buch (cons) schließt sich dem Vorredner an und bittet seinerseits um eine Bahn von Löwenberg nach Templin.
Abg. Krebs (Centr.) empfiehlt die Fortführung der Linie Rudezanny -Rothfließ über Seeburg und Heilsberg nach Zinten.
Abg. Lückhoff k beklagt es, daß die Eisenbahnverwaltung sich einer zu großen Sparsamkeit in Bezug auf neue Bahnbauten be—⸗ fleißige, was dem wirthschaftlichen Interesse des Landes widerspreche. Durch Entwickelung des Verkehrs solle die Regierung der Landwirth— schaft und Industrie die Kosten der socialen Gesetzgebung tragen helfen. Die Regierung sei früher bereit gewesen, sogenannte Noth⸗ standsbahnen zu bauen, heute sei es anders. Der armen Bevölkerung des Eulengebirges könne nur noch die Anlage einer Bahn helfen.
Abg. Beckmann (eons.) bittet um Fortführung der Bahn 5a, über Usingen hinaus.
Abg. von Tiedem ann-Bomst (freicons.) bedauert, daß in den letzten Jahren die Secundärbahnvorlage so knapp bemessen worden sei. Gerade in Zeiten wirthschaftlichen Niedergangs müsse der Staat Bahn— bauten vornehmen, zumal dann die Arbeiten billiger seien. Die Provinz Posen sei in den letzten Jahren garnicht bedacht worden. Zu bedauern sei auch, daß die Vorlage keine Staatssubvention für Kleinbahnen enthalte.
Abg. von Baumbach (eons) wünscht eine Verbindungslinie der Main-⸗Weserbahn mit der Bahn Hanau — Bebra, die Hessen aufschließt.
Abg., Sander (nul) bemerkt, daß in der Provinz Hannover für eine Reihe von Linien die Vorbedingung des Aufbringens der Grund⸗ erwerbskosten durch die Interessenten erfüllt sei, und bittet um endliche Ausführung der Projecte Elze —-Gronau— Bodenburg — am- springe-Gandersheim mit Abzweigung nach Düngen und Voldagsen — Dningen — Wispenstein Alfeld.
Abg. Schöller (freicons.) beklagt, daß Preußen in Bezug auf Bahnbauten hinter anderen Ländern, wie Frankreich, zurückbleibe, und daß namentlich die Verbindung Berlins mit Posen und Schlesien mangelhaft sei. .
Darauf wird die Secundärbahnvorlage angenommen. (Schluß des Blattes.)
— Von dem Abg. Freiherrn von Huene (Centr.) ist im Reichstage folgender Abänderungsantrag zur zweiten Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres, ein— gebracht: i
Der Reichstag wolle beschließen: an Stelle des vorgelegten Gesetz⸗
entwurfs dem nachstehenden Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zu— stimmung zu ertheilen:
4 . . j . S I. „Die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres an Ge⸗ meinen, Gefreiten und Ober-⸗Gefreiten wird für die Zeit vom
1. Oktober 1893 bis 31. März 1899 auf 479 229 Mann als Jahreg⸗ Durchschnittsstärke festgestellt.
An derselben sind die Bundesstaaten mit eigener Militär verwaltung nach Maßgabe der Bevölkerungsziffer betheiligt.
Die Einjährig⸗Freiwilligen kommen auf die Friedenspräsenzstärke nicht in Anrechnung.
Die Stellen der Unteroffiziere unterliegen in gleicher Weise wie die der Offiziere, Aerzte und Beamten der Hel stellnn durch den Reichshaushalts⸗Etat.
In offenen Unteroffizierstellen dürfen Gemeine nicht verpflegt werden.
§ 2. Vom 1. Oktober 1893 ab werden
die Infanterie in 538 Bataillone und 173 Halbbataillone, die Cavallerie in 465 Escadrons, ; die ö in 494 Batterien, die Fußartillerie in 37 Bataillone, die Pioniere in 24 Bataillone, die Eisenbahntruppen in 7 Bataillone, . der Train in 21 Bataillone formirt.
Artikel II.
Für die Zeit vom 1. Oktober 1893 bis zum 31. März 1899 treten bezüglich der activen Dienstpflicht folgende Bestimmungen in Kraft:
§ 1. Während der Dauer der activen Dienstpflicht sind die Mannschaften der Cavallerie und der reitenden Feldartillerie die ersten drei, alle übrigen Mannschaften die ersten zwei Jahre zum ununter⸗ brochenen Dienst bei der Fahne verpflichtet.
Im Falle nothwendiger Verstärkungen können auf Anordnung des Kaisers die nach der Bestimmung des ersten Absatzes zu ent⸗ lassenden Mannschaften im activen Dienst zurückbehalten werden. Eine solche Zurückbehaltung zählt für eine Uebung, in sinngemäßer Anwendung des letzten Absatzes des § 6 des Gesetzes, betreffend die Verpflichtung zum Kriegsdienst, vom 39. November 1867.
§ 2. Mannschaften, welche nach einer zweijährigen actipen Dienstzeit entlassen worden si (6 1), im ersten Jahre nach
sind kann ihret Entlassung die Erlaubniß zur Auswanderung auch in der Zeit. in welcher sie zum activen Dienst nicht einberufen sind, verwelgert werden. ; Die Bestimmung des § 60 Ziffer 3 des Reichs Militärgesetzes vom 2. Mai 1874 findet auf die nach zweijähriger activer Dienstyflicht entlassenen Mannschaften keine Anwendung. Auch bedürfen diefe
Mannschaften keiner militärischen Genehmigung zum Wechsel des Aufenthalts. . . § . 3. Mannschaften der Cavallerie und der reitenden Feld⸗
artillerie, welche nach erfüllter activer Dienstpflicht übertreten, dienen in der Landwehr ersten Aufgebotg nur drei Jahre.
S4. Für die Zeit vom 1. Oktober 1893 bis zum 31. März 1899 werden alle früheren gesetzlichen Bestimmungen, welche denen dieses Artikels entgegenstehen, insbesondere die bejüglichen Bestim⸗ mungen des § 6 des Gesetzes, betreffend die Verpflichtung zum Kriegs= dienste, vom 9. November 1867, der Ziffern 3 und 4 des 5§ 60 des Reichs⸗Militärgesetzes vom 2. Mai 1874, sowie des S2 des Gesetzes. betreffend Aenderungen der Wehrpflicht, vom 11. Februar 1888 außer Kraft gesetzt. J
zur Landwehr
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Artikel III.
Die Bestimmungen des Artikels II S 1, erster Abfatz, finden für diejenigen Mannschaften, welche nach zweijährigem aetiwen Dienst hiernach zur Entlassung zu kommen hätten, im ersten Jahre nach In⸗ krafttreten dieses Gesetzes keine Anwendung; jedoch zählt eine forhe Zurückbehaltung für eine Uebung, desgleichen eine etwaige Einberufung während des angeführten Zeitraumes. .
Artikel IV.
Die §§ 1 und 2 des Gesetzes, betreffend die stärke des Deutschen Heeres, vom 15. Juli 1890 treten 1. Oktober 1893 außer Kraft.
Artikel V.
Gegenwärtiges Gesetz kommt in Bavern nach näberer Bestim⸗ mung des Bündnißvertrags vom 23. November 1870 (Bundes Gesetzbl. 1871 S. Q unter III S 5, in Württemberg nach näberer Bestimmung der Militär Convention vom 21. 25. Noedember 1870 zur Anwendung.
— Im 4. Kölner Landtagswahlbezirk (Sieg⸗ Mulheim Wipperfurth ist an Stelle des verstorbenen Ad geordneten Landgerichts⸗Raths Bödiker in Hildesheim der Rentner Otto Rings zu Königswinter Wentrum mit 1496 Stimmen zum Mitgliede des Hauses der Abgeorde neten gewählt worden. Ober⸗Präsident von Bennigsen in Vannover (nationalliberal' und Pfarrer Düsterwald zu Scheiderhöhe (Centrum) haben je 6 Stimmen erhalten.