28 mangelt ihr Glanz und Lebendigkeit. Das Textbuch, das auf einem komischen Mißverständniß aufgebaut ist, verdient besondere Erwähnung. Eine Erbschaft zerfließt den erwartungsvollen Erben in nichts, da der vermeintliche Erblasser, Professor Pamfilio, der „auf dem Kirchhof ist?, dorthin nur als Leidtragender sich begeben hat und nicht, wie die Erben meinten, selbst gestorben ist. Babei hat der gelehrte Herr das Glück, die Liebe seiner Magd und Pathin, der Pia oder Stupida, wie er sie nennt, zu ihm zu entdecken, und gern führt er das kluge, ngive Bauernkind als Gattin heim. Die hervorragendste künstlerische Leistung des gestrigen Abends rührt indeß weder vom Compenisten noch vom Textdichter, sondern von der Darstellerin der Stupida, Ilka von . her. Frische und Fröhlichkeit strahlten aus der Darstellung, die eine glückliche
schung von natürlicher Einfalt und ursprünglicher Verschmitztheit bot. Die Künstlerin besitzt ein sehr glückliches Bühnentemperament, das besonders in dem Vortrage des an und für sich unbedeutenden Walzers zu Tage trat; es lag darin eigene, künstlerische Schaffenskraft, die das Anmuthige zu . weiß.
An „ Stupida ' sch . sich der erste Act von Jacques Offen⸗ bach's Operette Die schöne Heleng“. Das urwüchsige Talent der Gastin trat hier wieder scharf in die Erscheinung. Die Künstlerin traf den pgrodistischen Ton sicher und charakteristisch, aber die Ueber—⸗ gänge zum hohen Pathos erschienen zu unvermittelt; die Leistung entbehrte als Ganzes der Harmonie, obwohl die Einzelheiten schauspielerisch wie ge⸗ sanglich trefflich durchgeführt wurden. Die einheimischen Kräfte thaten . ihre Schuldigkeit. Herr Hanno als Groß-Augur Kalchas war voll übermüthiger Laune, die in der stummen Illustration,
mit der er das rie c des Herrn Bruch von den Abenteuern auf Ida's Höhen begleitete, ihren Gipfelpunkt erreichte. Herr Wellhof konnte als Menelgus wieder seinen behaglichen Humor wirken lassen. Herr Bruch als Paris sang mit angenehmer Stimme und spielte zurückhaltender, als in dieser Operette erwartet wird.
; Sing ⸗ Akademie.
Herr Hanz, Pfitzner, ein junger Componist aus Frank— furt a. M. erschien gestern mit einer größeren Anzahl eigener Com— positionen zum ersten Mal vor dem hiesigen Publikum. Der begabte Künstler läßt ernstes Streben, große Selbständigkeit der Erfindung und eine gediegene musikalische Ausbildung erkennen, befindet sich jedoch zur Zeit noch in seiner Sturm, und Drangperiode, wie aus dem Uebermaß im Gebrauch der orchestralen Effeckmittel und aus den oft ermüdenden Längen in der Durchführungsweise seiner Motive hervorgeht. Kennzeichnend für die Eigenart, seiner Werke ist zugleich die Wahl der dichterischen Stoffe, die meist von zer⸗ störtem Liebesglück, von Unheil und Tod handeln, und der Musik zu Ibsen's „Fest auf Solhaug“, der Erzählung aus dem Musikdrama »Der arme Heinrich“ und der Herder'schen Ballade „Herr Oluf“ ihren tief elegischen und schwermüthigen Charakter geben. Die Vorliebe für Molltonarten zeigte sich auch in der Sonate für Klavier und Cello, deren besondere Schönheiten sich in dem Andante und im Scherzosatz befinden und die von Herrn Dr. Jedliezka und Herrn Kiefer (aus Erfurt) ganz vortrefflich vorgetragen wurde. Eine sehr will— kommen Abwechselung gewährten den Zuhörern vier sehr anmuthige Lieder für Sopran, mit welchen Frau Lieban-⸗Globig großen Beifall erntete, sowie ein am Schluß des Abends ausgeführtes Scherzo für Orchester. Der Herzoglich sächsische Kammersänger Herr Büttner, dessen kräftiger und fehr umfangreicher Bariton aus dem Kampf mit der r fee Orchesterbegleitung stets sieg⸗ Leich hervorging, trug „Dietrichs Erzählung“ und die Ballade Herr Oluf“ mit tiefer Empfindung und großer Leidenschaft des Ausdrucks vor, Dem Sänger sowohl wie dem von dem Concertgeber geleiteten Phllharmonischen Orchester spendete das zahlreich erschienene Publikum reiche Beifallsbezeugungen.
. Preisen Hamlet“ mit Ludwig Barnay in der Titelrolle in Scene.
Im Lessing-Theater findet morgen eine Wiederaufführung von Oscar Blumenthal's vieractigem Lustspiel . Falsche Heilige“ statt, in welcher die hervorragendsten Lustspielkräfte dieser Bühne zufammen⸗ wirken. Die Rolle der Angole wird Meta Jäger vom Hoftheater in Altenburg zur Darstellung bringen.
Frau Moran⸗-Olden wird, wie bereits gemeldet, morgen ihre Thätigkeit im Kroll'schen Thegter als Gräfin in Figaro's ochzeit! wieder aufnehmen. Am Sonntag geht zum zweiten und etzten Male „Cavallgria rusticana. mit den Gästen Gemma Bellincioni, Roberto Stagno und Demeter Pepovici in Scene. Vorher findet die Wiederholung der komischen Oper ‚Gute Nacht, Herr Pantalon“ statt.
Signorina Carolina Elia, die erste Ballettänzerin des Theaters Unter den Linden tritt, morgen, nach vier— wöchiger, durch eine Fußverstauchung herbeigeführter Unterbrechung ihrer künstlerischen ie . zum ersten Male wieder als Columbia‘ in dem g eichnamigen Ausstattungs ⸗Ballet auf. Die Vorstellung bringt ferner im „Mikado“ zum ersten Male den bereits früher angekündigten Rollentausch: Herr Steinberger tritt als Mikado auf, Herr Fröden als Koko, Herr Drucker als NaukiPoo, Frau Grimm-⸗-Einödshöfer als Katicha, Herr Strampfer als Po-Pa.
Mannigfaltiges.
In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten wurde beschlossen, die Sitzungen, wie alljährlich, während der Monate Juli und Au gu st ausfallen zu lassen. Der Deutsche Verein für Knaben⸗-⸗Handarbeit wird / im Anschluß an die deutsche Lehrerversammlung, seine diesjährigen Sitzungen am 25. und 26. Mai in Leipzig abhalten. Am erst— . Tage werden Vorstand und Ausschuß im Hötel Sedan erathen. Am 26. Mai, Vormittags 105 Uhr, wird Professor Dr. Marschall im Zoologischen Institut der Universität Leipzig, Thal⸗ straße 33, einen Vortrag über ,die Entwicklung der Hand in ihrem Einfluß auf den menschlichen Geist halten. Um 12 Uhr folgt sodann in den Räumen des Vereinshauses für Volkswohl, Löhrstraße 7, die Hauptversammlung des Vereins, woselbst u. a. der Professor der Kunstwissenschaften an der Universität zu Königsberg Dr. Lange einen Vortrag über das Thema halten wird: „Inwieweit kann der Dandfertigkeits⸗Unterricht zur Geschmacksbildung der deutschen Jugend beitragen?“ Nachmittags 3 Uhr folgt ein gemeinsames Mahl, Abends 8 Uhr eine Versammlung der Handfertigkeitslehrer. Auch auf der deutschen Lehrerversammlung wird bereits am Mitt—⸗ woch, den 24. Mai, von früh 7 bis 83 Uhr, im Saale des Vereins für Volkswohl über die gleichen Bestrebungen verhandelt werden, indem Rector Rißmann⸗ Berlin über „den Ent⸗ wickelungsgang und den Stand des Handfertigkeits-Unterrichts in Deutschland' und Director Dr. Götze-Leipzig über das Thema rechen wird; „Wie kann der Handfertigkeits-Unterricht der Schule dienen?“ In den Unterrichtsräumen des Vereinshauses findet an den Versammlungstagen eine Ausstellung statt. Da der deutsche Verein nur jweijãhrlich öffentliche Congresse abhält, so finden besondere Einladungen an Behörden und Private diefes Mal
nicht statt, doch sind Gäste zu allen diesen Versammlungen willkommen.
Eine Belohnung von 200 M ist vom Königlichen
Polizei⸗Präsidium auf die Ermittelung derjenigen Personen aus⸗ gesetzt worden, die in der Nacht zum 19. März die in der Säulen— vorhalle, des Alten Museums aufgestellten Bildsäulen von Schinkel, Winckelmann und von Knobelsdorff verstümmelt hat. Von den Standbildern Schinkel's und Winckelmann's sind die Finger der rechten Hand abgeschlagen, Bildsäule von Knobelsdorffs angebracht sind, die Spitzen der Hörner. Die Thäter haben die abgebrochenen Stücke mitgenommen.
von den Widderköpfen, die an der
Bad Warmbrunn im Riesengebirge. Außer mancherlei neuen
Anlagen, wie einem eleganten Musikpapillon und einer neuen, dem Gebirgspanorama zugekehrten Colonnade am Kursaal hat Bad Warm⸗ hrunn als besonders werthvolle Errungenschaft des Jahres 1893 die Einrichtung von Moorbädern zu verzeichnen, die zusammen mit den seit Jahrhunderten gegen Gicht, Rheumatismus ꝛc. bewährten heißen Quellen die Kranken bon diesen Uebeln befreien sollen. erhebliche finanzielle Opfer hat die Herrschaft Schaffgotsch, die alle dankenswerthen Neuerungen und Verbesserungen durch ihre umsichtige
Nicht un⸗
und energische Verwaltung durchführen läßt, bringen müssen, um die An⸗
lage der Moor- und medizinischen Bäder ermöglichen zu können.
angekauft und auf deren Boden die neuen Badeanstalten im modernen Stile erhaut. — Die reizende Lage des schmucken Badeorts, seine unbestrittene Vorzüge, denen Warmbrunn von Alters her seinen leb haften Fremdenzufluß verdankt. Bahnverbindung mit Hirschberg und Hermsdorf-Petersdorf in nächste Vähe gerückt. Mancher Besucher des Gebirges, der bisher seine Sommerfrische in größerer Nähe des Gebirgskammes aufgeschlagen hatte, wird jetzt das behagliche Warmbrunn vorziehen. Die Äuskunfts⸗ stelle der Ortsgruppe Warmbrunn des Riesengebirgs-Vereins (Hof⸗ Juwelier Bergmann, an der Promenade) verschickt gegen Einsendung einer 10 ⸗Marke gratis das in neuer Auflage erschienene Verzeichniß der Sommerwohnungen von Bad Warmbrunn“, das auch sonst alles dem Besucher Wissenswerthe über dieses Bad in gedrängter Kürze enthält. Friedrichroda. Mit Eröffnung der Badesaison, am 15. Mai wird die Stadt, wie die „Friedr. Itg.“ schreibt, in der neuen Entwässerungsanlage eine Einrichtung besitzen, um die sie viel⸗ fach beneidet werden dürfte. Die von Herrn Ingenieur Mairich aus Gotha geleiteten Bauten schreiten trotz des fast durchweg felsigen, stellenweise mit Meißel und Hammer zu bearbeitenden Untergrunds, schnell fort. Die Entwässerungsanlage wird nach den neuesten Er⸗ fahrungen als sogenannte „Tiefkanalisation' ausgeführt. Das Grund—⸗ wasser wird durch dieselbe dauernd gesenkt. Die sämmtlichen Abwässer werden auf dem kürzesten Wege aus der Stadt abgeleitet und nach Reinigung in einer großen Kläranlage dem Schilfwasser erst 1200 m unterhalh der Stadt wieder zugeleitet. Auch für energische Spülung der Kanäle und Rohrsiele mittelst selbstthätig wirkender Spülapparate ist gesorgt. Die Entlüftungsanlagen werden mit besonderer Sorgfalt angelegt. Die Herstellung der Hausentwässerungsanlagen wird sorg⸗ fältig überwacht und alle etwa noch bestehenden Sickergruben sollen beseitigt werden. Der Stadt erwächst aus diesen Arbeiten ein Auf⸗ wand von ca. 275 900 Man hofft, daß die Entwässerungsanlage innerhalb der von den Badegästen am meisten besuchten Stadtviertel bis zum Beginn der Saison betriebsfähig fertiggestellt sein wird. London, 4 Mai. Das „R. B.‘ meldet aus Aden: Der am 12. April von Bombay nach Dijeddah abgegangene Dampfer Khiva“ ist verb ran nt. Der Dampfer erreichte jedoch noch, bevor er vom Feuer vollständig ergriffen wurde, Ras Mirbat an der grabischen Küste zwischen Aden und Muskat und landete daselbst alle Mekkapilger, von denen er etwa 900 an Bord hatte, sowie die Mannschaft. Ein Dampfer mit Lebensmitteln für die Geretteten, welche Entbehrungen ausgesetzt sind, wurde nach Muskat abgesandt.
St,. Petersburg, 4. Mai. Ein ungeheurer Eis block, welcher unerwartet den Oberlauf der Wolga hinabtrieb, hat, wie, W. T. B. meldet, bei Nishny⸗NNowgorod zwei Dampfer der Dampf⸗ schiffahrts⸗-Gesellschaft Ssamolet förmlich zerschnitten und einen Dampfer einer anderen Gesellschaft stark beschädigt. Die Dampfer lagen zum Auslaufen gerüstet. Verluste an Menschenleben sind nicht zu beklagen. Aus gleicher Veranlassung kam 25 Werst flußabwärts von Nishny⸗Nowgorod auch der Dampfer Kasenin“ sammt Ladung zum Sinken. Die Mannschaft wurde auch hier gerettet.
⸗ St Petersburg, 5. Mai. Die Wol ga ist, laut Meldung des. W. T. B.“ in Jaroslaw bei starkem Eisgang drei Meter über Normalhöhe gestiegen.
Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen.
Stuttgart, 5. Mai. (W. T. B.) Der „Staats⸗Anzeiger für Württemberg“ veröffentlicht die . des bisherigen württembergischen Gesandten Freiherrn von Maucler in Wien und die Ernennung des bisherigen Gesandten in St. Petersburg Freiherrn von Varnbüler von und zu Hem— mingen zu dessen Nachfolger.
Wien, 5. Mai. (W. T. B) Wie die „Politische Correspondenz“ aus Bu dapest meldet, werden die Dele⸗ gationen am 25. Mai nach Wien einberufen; die Thron— rede wird am 27. Mai verlesen werden.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
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icht vom 5. Mai, r Morgens.
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Stationen. Wind. Wetter.
in O Celsius 50 C. — 40R.
Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp Temperatur
red. in Millim.
Tetzlaff.
fang 7 Uhr.
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2 bedeckt 4 bedeckt 3 wolkenlos ¶ wolkenlos still bedeckt 4 bedeckt bedeckt wolkenlos
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) Nachts Regen.
‚Aebersicht der Witterung. Ein ochdruckgebiet, dessen Kern an der mittleren norwegischen Küste liegt, überdeckt ganz West⸗Europa, charakterisirt durch schwache Luftbewegung und vor⸗ wiegend heiteres und trockenes Wetter, dessen Fort— dauer . wahrscheinlich . In Deutschland, wo stellenweise etwas Regen gefallen ist, dauert die kühle Witterung allenthalben fort, indessen dürfte die Erwärmung, die in den westeuropaͤischen Küsten⸗ ebieten sich zeigt, ostwärts, auch über unsere
egenden sich ausbreiten. Die Temperatnr liegt an der deutschen Küste 1 bis 6, im Binnenlande 2 bis 8 Grad unter dem Mittelwerthe. Deutsche Seewarte.
wolkenlos heiter bedeckt
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Barnay. e
Heilige.
Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern— us. 114. Vorstellung. Sängerkrieg auf der Wartburg. Dper in 3 Acten von R. Wagner. Ballet von Emil Graeb. In Scene ie, vom Ober- Regisseur Dirigent:
Theater 121. Vorstellung. Zum 1. wirthschaftlichen Balle. Lustspiel in 1“ Aufzug
Regisseur Max Grube. — Lustspiel in 1 Aufzug von Karl Nie— In Seene gfseßz vom Ober⸗Regisseur Max JJ Lustspiel in J Aufzug von Emil Pohl. In Seene geh; vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 6.
Opernhaus. Oper in 5 Aeten von G. Meyer⸗ beer. Text von E. Seribe, deutsch von F. Gumbert. Ballet von 6. er n 9 eur Tetzlaff. irigent: Kapallmeister Anfang 7 Ühr. ; f Theater 122. Vorstellung. Vasantasena. Drama in h5 Auf⸗ zügen von Emil Pohl, mit freier Benutzung der Dichtung des altindischen Königs Sudraka. In Scene et vom Ober ⸗Regisseur Max Grube. 4
Dentsches Theater. glückliche Tage. Anfang 7 Uhr.
Sonntag: Der Talisman.
Montag: Der Talisman.
Berliner Theater. Sonnabend: Zum 1. Male:
Der Freund des Fürsten. Anfang 73 Uhr. Sonntag: Nachmittags 2 Uhr: Hamiet. (Ludw. Abends 75 Uhr:
Montag: Viel Lärm um Nichts.
Lessing · Theater. Anfang 75 Uhr. Sonntag: Brave Leut' vom Grund. Montag: Sodoms Ende.
i nf 25. Sonnabend:
Tannhäunser und der Romanitische
edermann. Zum 3.
ᷣ Herr Kapellmeister apellmeister Dr. Muck. An- Palmay.) — Vorher: Musik von Alexander Neumann. Kapellmeister Federmann. Anfang 75 Uhr. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.
(am Schiffbauerdamm 4565). Male: Vom land⸗
In Seeng gesetzt vom Ober— Zum 1. Male: Ein⸗
Male: Die Schulreiterin.
burg. Anfang 74 Uhr.
115. Vorstellung. Die
In Scene gesetzt vom Frau Moran⸗Olden.
(Gräfin: Frau Moran⸗Olden.)
(am Schiffbauerdamm 46).
Garten. Anfang 55 Uhr. Sonntag: Zum letzten Male:
Sonnabend: . ö . Victoria · Theater.
Zwei
um die Welt in achtzig Ausstattungsstück mit Ballet in 5 dern) von A.
von
Der Freund des 2
Concert im Garten.
Sonnabend:
Falsche Mikado.
Elisa. Zum 42. Male: Die
Friedrich Wilhelmstädtisches
11. Gastvorstellung von Ilka von Palmay. Die schöne Helena. (I. Act.) Komische Operette von Meilhae und Halépy. Deutsch von J. Hopp. Musik von Jacques Offenbach. Dirigent: (Helena: Ilka von . ale: Stupida. perette in 1 Act von Richard Gense und F. Zell. Dirigent: Herr (Pia: Ilka von Palmay.)
Residenz . Theater. Direction: Sigmund Lauten burg. Sonnabend: Neu einstudirt: Die Sirene. (La FEIlamboyante.) Schwank in 3 Acten von Albin Valabrgue. In Scene gesetzt von Sigmund Lauten⸗
Sonntag und Montag: Dieselbe Vorstellung.
Kroll's Theater. Sonnabend: Gastspiel der Die , . des Figaro. in: Fre r nfang 7 Uhr. Bei günstiger Witterung: Vor, während und nach der Vorstellung Großes Concert im Sommer-
rusticama. Oper in 1 Act von Pietro Maseagni. (Santuzza: Gemma Bellincioni; Turiddu: Roberto Stagno; Alfio: Demeter Popobici, als Gäste.)
Belle ⸗Alliancestraße 7 / . Sonnabend: Mit neuer Ausstattung: Tagen. cten (15 Bil⸗ d'Ennery und Jules Verne. Ballet de, , vom Balletmeister C. Severini.
ebillemont und C. A. Raida. Anfang 74 Uhr. Sonntag: Die Neise um vie Welt in achtzig
Nachmittags 4 Uhr bei günstiger Witterung: Entrée 50 3.
Theater Unter den Linden. Sonnabend: Zum 9g. Male (vollständig neu inseenirt): Der Burleske Operette von V. S. Gilbert. Musik von Arthur Sullivan. — Hierauf: Wieder⸗ auftreten der Prima Bellerina Signorina Carolina elt⸗Ausstellung
in Chicago und Die deutsche Abtheilung in dem populären Ausstattungs ⸗ Ballet Columbia. Anfang präc. 75 Uhr.
Sonntag: Dieselbe Vorstellung.
Theater.
Adolph Ernst Theater. Sonnabend: Zum 36. Male: Goldlotte. Gesangsposse in 3 Acten vom Ed. Jacobson und W. Mannstädt. Couplets theil-⸗ weise von G. Gorß: Musik von G. Steffens. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. Anfang 74 Uhr.
Sonntag und folgende Tage: Goldlotte.
Der Sommer⸗Bwarten ist geöffnet.
Urania, Anstalt für voltsthümliche Naturkunde.
Am Lande Ausstellungs⸗ Park (Lehrter B ͤ Geöffnet von 12 - 11 1. d rk (Eehrter Bahnbof)
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt; Frl. Fredeke von Alvensleben mit Hrn. Lieut. Alexander von Schickfus und Neudorff (Erx⸗ , an fa 69. 36 a . Hrn.
egierungs⸗Assessor Rudo ere dam — Minster C. W) ⸗ ö
Verehelicht: Hr. Prediger Paulus Schmidt mit Frl. Martha Nuglisch (Berkin).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Pastor L. Clasen Eichenbarleben). — Hrn. Major Frhrn. von GCzettritz und Neuhauß (Altona). — Srn. Haupt mann Kurt von Lindenau (Flensburg). — Hrn. Amtsrichter Zweig (Berlin). — Eine Toch fer: gr Hauptmann von Bülow (Marburg). — Hrn. ieut. Coupette (Allenstein).
Gestorben: Hr. Wer ⸗Forstmeister a. D. Wil⸗ helm von Reiche (Straßburg i. E.).
Cavalleria
Die Reise Großes
Musik
Redacteur: J. V.: Siemen roth.
Berlin: Verlag der Expedition (Scholyy.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verla Anstalt, Berlin 8SW., Wilhelmstraße Nr. m
Sechs Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
Mehrere, im Pripatbesitz befindliche Häuser wurden zur Niederlegung
würzige , und die Billigkeit der ganzen Lebensweise sind. Die schöne Umgebung ist durch die
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
M 1 O7.
Deutscher Reichstag. 89. Sitzung vom Donnerstag, 4. Mai, 1 Uhr. Die zweite Berathung des Gesetzentwurfs über die
Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres wird
fortgesetzt.
Ueber den Anfang der Rede des Abg. Richter, der zu⸗ nächst das Wort hatte, ist bereits in der Nummer vom Donnerstag berichtet worden. Wir fahren nachstehend in der Berichterstattung über diese Rede fort.
Abg. Richter (dfr.): Man hat ja 75 G0 mehr taugliche Mann⸗ schaften vorgefunden als 1890,‚91, und man könnte somit nicht bloß um S0 900, sondern um 240 000 Mann die Jahrespfräsenz erhöhen. Die Vorlage nimmt eben nur 25 9,9 mehr an. Ich finde, die Musterungsbehörden haben für den Zweck dieser Vorlage zu gut gearbeitet. Die Rede des Reichskanzlers enthält allerdings keine einzige Zahl, den Rechenstift hat sie verschmäht, darum aber paßte sie auf alle Militärvorlagen. Mit denselben allgemeinen Redewendungen haben der frühere Reichskanzler und Vorgänger des Kriegs-Ministers die Erhöhung um 36⸗, 460⸗, 50 0900 Mann, auch das Septennat gerechtfertigt. Mit dem Hinweis auf die Ehre, das Dasein und die Zukunft des Landes könnte man auch die Verdoppelung und Ver— dreifachung der Präsenz rechtfertigen. Nach den Worten des Reichs⸗ kanzlers könnte man fast glauben, als wenn wir für Culturaufgaben Geldmittel in Hülle und Fülle hätten, während es doch Thatsache ist, daß z. B. in Preußen die geringsten Reformen im Eisenbahn— wesen nicht ausgeführt werden, weil die Militärlasten alle Mittel absorbiren. Es sind z. B. in Preußen zweiundzwanzig Bau— gewerksschulen nothwendig, aber nur elf vorhanden. Jährlich müssen 16 000 Schüler zurückgewiesen werden, weil der preußische Staat nicht die geringen Mittel auffinden kann, um elf neue Schulen ins Leben zu rufen. Ferner hat der Ressort-Minister ver⸗ fügt, die Zuschüsse für das Fortbildungsschulwesen in Preußen in diesem Jahre um 10 eυ einzuschränken, weil die erforderlichen 44 000 ½ im preußischen Staatshaushalt nicht vorhanden sind. Nicht einmal eine halbe Million kann man finden, um dem Richtermangel abzuhelfen. Die Wehrkraft eines Landes beruht nicht bloß auf dem Product des Rechenexempels von ausgebildeten Soldaten für den Kriegsfall, — sie beruht auf dem Product der gesammten materiellen und ideellen Kräfte eines Volks. Der Abg. Freiherr von Huene deutete an, als ob die Patrioten bisher sich nur gegen den Feind mit dem Stock vertheidigen konnten und als ob erst durch diese Vorlage ihnen das Gewehr in die Hand gedrückt würde. Kann eine Uebertreibung excentrischer sein? Was nützt dem Patrioten das Gewehr, wenn er nichts zu essen hat und keine Kleider und Schuhe, um zu marschiren? Eine Behauptung ist so excentrisch wie die andere. Ohne eine gewisse Schonung der Volkskräfte können wir in einem zukünftigen Kriege nicht das leisten, was nothwendig ist. Der Reichskanzler hat dann eine besondere Einlage gemacht in Bezug auf die freisinnige Partei. Er hat angedeutet, daß wir gewisser⸗ maßen durch unseren Widerstand das Programm in Bezug auf die zwei⸗ jährige Dienstzeit verleugnen. Als der Feldmarschall Moltke einmal sagte, es sei ja gleichgültig, ob nach unserer Ansicht drei Mann zwei Jahre im Frieden dienten oder nach seiner Ansicht zwei Mann drei Jahre, erwiderte ich: in beiden Fällen sind es sechs Jahre, aber diese sechs Jahre, vertheilt auf drei Mann auf zwei Jahre, sind eine Schonung gegenüber der Einstellung von zwei Mann auf drei Jahre. Diesem Standpunkt entspricht unsere jetzige Haltung. Darum, weil wir die bisherige Präsenzstärke vertheilt auf eine größere Zahl von Mannschaften bei kürzerer Dienstzeit für einen Vorzug erachten, sind wir bereit, die Mehrkosten zur Durchführung der zweijährigen Dienstzeit zu bewilligen. Wir haben die zweijährige Dienstzeit nicht um einer militärischen Theorie willen verlangt, sondern im Interesse der Entlastung des Volks. In der Gestalt, wie sie sich jẽtzt repräsentirt, führt sie zu einer Belastung des Volks, Für jedes Jahr, das erlassen wird, werden zwei Jahre dem Kasernenleben hinzugefügt. Die Belastung des Volks ist auch nach dem Antrage Huene doppelt so stark wie die Entlastung, die in dem Erwerbsleben eintritt durch Einführung der zweijährigen Dienstzeit. Wollten wir diese Belastung acceptiren, so würden wir geradezu unseren früheren Standpunkt vor dem Volke discreditiren. Wir würden die Empfindung hervorrufen. Man hat unter dem Namen der Entlastung Jahr aus Jahr ein etwas begehrt, was sich jetzt in Wirklichkeit als eine größere Belastung her⸗ ausstellt! Unser Antrag will ermöglichen, unter Innehaltung der Präsenzstärke die Zahl der Unteroffiziere und Capitulanten um etwa S000 Mann zu erhöhen und die Rekrutenaus hebung um etwa 25 000 Mann zu verstärken. Dazu sind wir bereit, die Ersatzreserve in ihrer bisherigen Einrichtung zu erhalten. Man sagt, das sei nicht möglich. Nun, der General von Verdy hat seiner Zeit in der Commission erklärt, bei Durchführung seiner Pläne würde noch für längere Zeit die Ersatzreserve in der bisherigen Einrichtung aufrecht erhalten werden können. Warum soll es nun auf einmal so völlig werthlos sein, 5 Monate die Mannschaften, die zum Ersatz bestimmt sind, auszubilden, während doch in Frankreich mehr als ein Viertel des Jahrescontingents überhaupt nur 10. Monate ausgebildet wird, und während man in Rußland die zwei⸗ oder dreifache Zahl unserer Ersatzreserve in 9 Monaten ausbildet? Der Abg. Freiherr von Huene wandelt die 17500 Mann, die bisher in der Ersatzreserve ausgebildet wurden, in Mannschaften um, die künftig zwei Jahre zu dienen haben. Zieht man diese Zahl von der Zahl der Rekruten ab, so bleiben 36 000 Mann übrig, die nach seinem Antrage neu aus⸗ zubilden sind. Die Zahl der Mannschaften, welche in der zweijährigen Dienstzeit neu auszubilden sind, stellt sich nach unserem Antrage auf 265 000 Mann gegenüber 36000 nach dem Antrag Huene. Dieses Plus von 11090 Mann reicht aber auch nicht aus, um das Heer um einen einzigen Jahr— gang zu verjüngen. Einen Unterschied von 11 000 Mann mehr pro Jahr auszubilden bedeutet für die Kriegsstärke 198 090 Mann in 24 kriegsdienstpflichtigen Jahrgängen. Auf der Grundlage unseres Antrags kann jetzt schon ein Kriegsheer von 4 Millionen in Deutschland aufgestellt werden. Es ist ja in der Commission fest⸗ gestellt worden, daß diese ganze Vorlage garnicht bezweckt, die Kriegs— armee als solche zu erf fen. Es mußte zugegeben werden, daß alle die Geschütze und Waffen, alles Trainmaterial, das erforderlich ist auf Grund dieser Vorlage, schon jetzt vorhanden ist, weil alle Kriegsformationen, die bei dieser Vorlage nöthig sind, auch schon jetzt bei der Mobilmachung vorhanden sind. Es handelt äh nicht um eine Vermehrung der Kriegsarmee, sondern um eine Fr⸗ höhung der Kriegsbereitschaft; darum, für dieselbe Kriegsarmee im Frieden eine höhere Präsenzziffer einzustellen. Ich weiß nicht, ob die russische Präsenzstärke von angeblich 900 000 Mann auf dem Papier steht oder nicht, aber was bedeutet das bei einem Lande, das gz mal so groß ist wie Deutschland, und bei einem Eisenbahnnetz, welches 133 mal hinter Deutschland zurücksteht? Die französische Friedens— vraͤsenzstärke wurde 1874 bereits von der Regierung auf 4640900 Mann angegeben, im neuesten französischen Budget für 1893 ist sie auf 50 000, nach dem Referenten auf 496 000 6 angegeben. Wir hatten 1874 402 000, heute haben wir 486000 Mann. Wir haben also seitdem die Präsenzstärke um 85 000 Mann erhöht, die Franzosen um 48 000. Wie kann man dem gegenüber be⸗
Berlin, Freitag, den 5. Mai
1893.
haupten, daß sich die Kriegsbereitschaft zu unseren Ungunsten verschoben hat? Der Kriegs-⸗Minister von Verdy hat noch 1890 anerkannt, daß wir jeden Krieg mit Frankreich ehrenvoll bestehen können, und daß der Kampf gegen Rußland in gegenseitigem Hinundher sich ver bluten würde, wenn wir keine Bundesgenossen hätten. Seit 1890 ist nichts hinzugekommen, dieses Verhältniß zu verschieben. Nun sagt der Reichskanzler, jede Einführung der zweijährigen Dienstzeit ohne Er⸗— höhung der Friedenspräsenzstärke sei ein Uebergang zum Milizsystem. Dasselbe hat man auch schon vom Triennat an Stelle des Septennats gesagt. Was ist überhaupt Milizsystem? Das ist ein eben solches Schlag⸗ wort wie Militarismus. Jeder kann sich darunter denken, was er will. Man führt gegen die zweijährige Dienstzeit an, daß sich dabei die Zahl der älteren Leute nicht vermehre. Es ist wahr; mit der Ein⸗ führung der zweijährigen Dienstzeit verliert jedes Bataillon aus dem dritten Jahrgang 76 alte Leute. Wir sind aber bereit, eine Zahl von Unteroffizieren und Capitulanten mehr zu bewilligen, sodaß der Ausfall gedeckt wird. Wir haben nun in der Commission erfahren, daß schon gegenwärtig an der Zahl der etatsmäßigen älteren Leute ein weit größerer Mangel vorhanden ist infolge der Ab— commandirung zu Zwecken, die mit der militärischen Aus—⸗ bildung sehr wenig zu thun haben. In jedem Bataillon werden durchschnittlich 24 alte Leute, Unteroffiziere und Gemeine, abeommandirt zu Diensten als Schreiber, Burschen u. s. w. Wir haben uns bereit erklärt, die Oekonomiearbeiter durch Civilarbeiter zu ersetzen und die Mehrkosten in Conseguenz der Durchführung der zweijährigen Dienstzeit weit über die Vorlage hinaus auf uns zu nehmen. Es wäre auf diesem Wege möglich, die Zahl der alten Leute, die wirklich für den Frontdienst verfügbar sind, den Truppentheilen zu erhalten. Der Abg. Freiherr von Huene hat sich meine Mahnung zu Herzen genommen und bei der Regierung durch⸗ gesetzt, daß eine Verminderung im Präsenzstande der Oekonomie handwerker um 2300 Mann eintrete. Warum sollte man nicht in größerem Umfange die Oekonomiehandwerker durch Civilisten ersetzen können? Dieser Forderung wird man überall im Lande zustimmen, weil man überall wahrnimmt, wie Soldaten zu Diensten verwendet werden, die mit dem Soldatendienst nichts zu thun haben und zum theil der Uniform kaum würdig sind. Wenn es durch Ein— schränken in dieser Richtung möglich wäre, zur Annäherung an die Regierung zu kommen, wird man das überall im Volk als gerechtfertigt anerkennen. Der Reichskanzler hat sich auf hervorragende volkswirthschaftliche Gelehrte berufen, welche ihn in Bezug auf die finanzielle Seite dieser Frage beruhigt haben. In der That scheint er neben den Offizieren auch Professoren unter seine Officiösen aufgenommen zu haben. Selbst von dieser Seite bestreitet man nicht, daß die Militärlasten in Oesterreich und Italien erheblich geringer sind als bei uns. Ueber Rußland schweigt man sich aus, dort beträgt die Militärlast auf den Kopf der Bevölkerung noch nicht die Hälfte der unserigen. Wir wenden schon jetzt mehrere Dutzend von Millionen mehr für die Armee auf als die Franzosen. Die Ausgaben für die Marine sind dort . in Anbetracht der größeren Auf⸗— gaben größer. Sollen denn überhaupt die französischen Verhältnisse für uns maßgebend sein? In Deutschland werden jährlich doppelt soviel Kinder geboren als in Frankreich. Der Bevölkerungszuwachs ist seit 1886 um sechs Millionen gestiegen. Für diesen Ueberschuß bon sechs Millionen hat man in Deutschland sparen müssen. Von dem Jahresverdienst ging der Betrag für die Ausstattung des Bevölkerungszuwachses ab, und sollte auch nur der bisherige Cultur— stand festgehalten werden, so müßte durch Ersparnisse an dieser Ausstattung sobiel gewonnen werden, um die Erwerbs⸗ und Verbrauchskapitalien auf der bisherigen Höhe zu erhalten. Frankreich brauchte diese Er⸗ sparnisse nicht zu machen. Sollen wir auf den Bevölkerungszuwachs verzichten? Er ist doch die einfachste und natürlichste und sicherste Grundlage auch für die Wehrkraft des Landes. Wir geben für die Armee jetzt mehr aus als England für Armee und Flotte zusammen, trotzdem es ein coloniales Weltreich zu schützen hat. Ich will das englische Werbesystem nicht empfehlen, aber die allgemeine Dienst⸗ pflicht legt dem Volk weit mehr persönliche Opfer auf. Die volkswirthschaftlichen Autoritäten des Reichskanzlers berücksichtigen in ihrer Zahlenwuth solche kleinen Nebenumstände nicht. Durch den Hinweis auf das Ausland wird man im Volk, welches den Druck dieser Lasten fühlt, wenig Eindruck hervorbringen. Die Verhandlungen in der Commission sind insbesondere nach der finanziellen Seite hin sehr eingehend gewesen. Die finanziellen Verhältnisse haben sich seitdem noch erheblich ungünstiger herausgestellt. Reichshaushalts⸗Etat ist größer, als man vorher glaubte. Allerdings hat man durch den Nachtrags-Etat eine Anzahl von Millionen durch Erhöhung der Matrikularbeiträge abgewälzt, was wiederum das preußische Deficit erhöht. Im Reich ist man für das nächste Etatsjahr um 20 Millionen schlechter gestellt als in diesem. In den nächsten vier Jahren wird die Verschlechterung der Finanzverhältnisse weitere 24 Mil⸗ lionen betragen. Durch die Militärpensionsnopelle wird das Reich noch weiter belastet. Der Chef der Admiralität überraschte im Winter die Budgeteommission durch die Ankündigung, daß die Ab⸗ sicht bestehe, in den nächsten Jahren alle zwei Jahre, den Bau eines neuen Schiffes in Angriff zu nehmen; der Bau von fünf Panzer⸗ schiffen würde im ganzen 100 Millionen erfordern. Der Reichs, kanzler hat dies zwar als noch nicht feststehend bezeichnet, ist aber hier für den Bau des ersten Panzerschiffes eingetreten. Wenn auch dieser Bau abgelehnt ist, glauben Sie damit die Sache erledigt? In diesem Jahre hat man allerdings darauf verzichtet, mit der Reichstagsmajorität gleichzeitig in einen Kampf zu Lande und zu Waffer einzutreten. Aber wenn erst dieser Kampf zu Lande mit der Militärvorlage durchgeführt ist, werden unzweifelhaft neue Forde— rungen für die Marine in um so größerem Maße hervortreten. Die Durchführung des Antrages Huene erfordert 55 Millionen Mehr— ausgaben. Dazu kommen die Mehrausgaben für erhöhte Pensionen, die Anleihe zur Deckung des Extrgordinariums und die Anleihe für neue Kafernenbauten. Die 106 Millionen für neue Kasernenbauten nach der Regierungsvorlage werden durch den Antrag Hueng nur wenig vermindert. Im übrigen sind noch 37 000 900 zur Kaser⸗ nirung der schon jetzt vorhandenen noch nicht kasernirten Truxpen erforderlich. Wo soll das hinaus? Angesichts solcher Ver⸗ hältnisse hat der Reichskanzler gestern so cavalièrement die Deckungsfrage behandelt; und. das geschah, trotzdem die Steuervorlagen der Regierung im gegenwärtigen Reichstag nicht auf Annahme rechnen dürfen. Der Reichskanzler ist zufrieden auch mit andern Steuern. Der Abg. Freiherr von Huene hat in leichten Umrissen eine anderweitige Deckung angedeutet, aber auch sein Finanz programm war nicht ausreichend für einen zukünftigen Reichẽ⸗ Schatz seeretair. Er sprach von Luxussteuern. Der Luxus ist in Deutschland so wenig verbreitet, daß mit der Luxussteuer nur geringe Summen aufgebracht werden könnten. Mit der Tabacksteuer hat Abg. Freiherr von Huene die Interessenten aufs neue beunruhigt. Er hat nichts gegen eine , der Matrikularbeiträge und dem⸗ entsprechende Erhöhungen der Einkommensteuer. Die Finanz ⸗Minister der einzelnen Staaten verwahren sich mehr als je gegen eine weitere Steigerung der Matrikularbeiträge. Erst in diesem Jahre sind dieselben um 36 000 000 (060 gesteigert, während die Finanzverhältnisse in ö niemals ungünstiger waren; In Preußen schließt das Jahr 1891/92 mit einem Deficit von 45 Millionen ab, 1892/93 jedenfalls nicht mit einem ö und für das jetzt begonnene Jahr 1893ñ94 ist das Defieit im Etat auf
Das Defieit im—
58 Millionen veranschlagt. Eine solche Schnur von Defieits ist seit Menschengedenken im preußischen Haushalt nicht dagewesen. Und dabei haben wir, zum Beispiel auf dem Gebiet des gewerblichen Unterrichtswesens, eine Finanzwirthschaft, wie sie knapper gar nicht gedacht werden kann. In Preußen ist soeben die Einkommensteuer um 40 Millionen erhöht. Wie das wirkt, zeigt sich schon in diesem Jahre. Obgleich die Kunstfertigkeit der Veranlagungsbehörden mit, dem zweiten Jahre sich erheblich ver⸗ bessert hat, ist ein Rückgang in dem Ertrage der Einkommensteuer um 23 Millionen vorhanden. Dazu kommt demnächst noch die Ver⸗ mögenssteuer. Allerdings sollen dafür die Reglsteuern den Ge⸗ meinden überwiesen werden. Ist etwa der Abg. Freiherr von Huene bereit, diese Ueberweisung zu suspendiren im Interesse der Deckung der Militärvorlage, oder ist er bereit, das Kapitalgeschenk an die Inhaber von Gutsbezirken, welches sich durch den Erlaß der Grundsteuer vorbereitet, zu Ehren der Militärvorlage rückgängig zu machen? Im Gegentheil! Er hat den größten Theil seiner parlamentarischen Kräfte aufgewendet, um diese Steuerreform unter das Dach zu bringen. Ich wünschte, daß die Deckungsfrage in dieser Vorlage selbst erledigt würde, und daß man es nicht der Zukunft über⸗ ließe, woher die Deckung kommt. Die Persönlichen Lasten der Vor⸗ lage tragen hauptsächlich die minder Wohlhabenden, nicht die Fa⸗ milien, deren Söhne einjährig⸗freiwillig dienen. Nichts wäre gerecht⸗ fertigter, als die Kosten der Regierungsvorlage den Klassen aufzu⸗ erlegen, die persönlich dadurch nicht getroffen werden. Nehmen wir an, die Einkommen von 10 009 M an aufwärts wären zur Deckung des Antrags Huene heranzuziehen, so würde die Einkommensteuer in Preußen um 60 zu erhöhen sein. Die größten Bewunderer der Militärvorlage befinden sich gerade unter den Wohlhabenden. In einer Versammlung im Gürzenich in Köln haben sich Bankdirectoren und Commerzien⸗Räthe nicht genugthun können in der Begeisterung für die Militärvorlage; wenn man diesen Leuten die Perspective vorgehalten hätte: 60 o, Erhöhung der Einkommensteuer, die Begeisterung würde eine erhebliche Abkühlung erfahren haben. Daß der gleich rer die conservative Partei gelobt hat, gönnen wir ihr nach so viel Tadel. Die Herren haben sich ja durch rollende Beifallssalven dankbar gezeigt, und zwar an den⸗ jenigen Stellen, die, als sie der Reichskanzler in zwei früheren Reden so ziemlich wörtlich vortrug, von ihnen mit der größten Kälte und Schweigsamkeit aufgenommen wurden. Worin besteht denn das Verdienst der Fonservativen? Sie wollten auch eine Ver⸗ mehrung des Heeres, aber dazu die Beibehaltung der dreijährigen Dienstzeit. Sie wollten dem Volke noch größere Lasten auferlegen, als die Regierung beabsichtigte. Die Haltung der Conservativen war ein Ueberbleten der Regierung. Jetzt wollen sich die Conservativen mit der Regierungsvorlage zufrieden geben. Ich würde das Ver⸗ halten der Conservativen anerkennen, wenn sie bereitwilliger wären, einen Theil der Lasten den Klassen aufzuerlegen, die . vorzugsweise ver⸗ treten, nämlich den Großgrundbesitzern in den östlichen Provinzen. Als Sie (rechts) sich Ihre Privilegien auf Kosten der Allgemeinheit kürzen lassen sollten, als es sich darum handelte, die Liebes gabe für die Brenner auch nur um ein Viertel zu kürzen, wo war da Ihr Patriotismus und Ihre Opferwilligkeit? Da thaten Sie Alles hinter den Coulissen, um sich die Privilegien zu erhalten. Wenn Sie so groß in Ihrem Patriotismus sind, überlegen Sie doch einmal, ob Sie die vierzig Millionen Liebesgabe nicht opfern wollen, wenn es sich Ihrer Meinung nach um die Ehre, das Dasein und die Zukunft Deutsch⸗ lands handelt! Machen Sie den Anfang, legen Sie dieses Privilegium auf den Altar des Vaterlandes nieder, dann werden wir vielleicht bereit sein, etwas weiter entgegenzukommen. Gerade jetzt, wo das Volk mehr belastet werden soll, wird von Ihnen srechtsJ ein Bund zur Ver⸗ theuerung der Lebensmittel gestiftet. Der Reichskanzler sprach von dem Verkehrsleben; man werde nach Bewilligung der Vorlage nicht mehr nach dem pPolitischen Wetterglase zu sehen, brauchen. Wer im Verkehrsleben steht, den tröstet nicht die schneidige Offensive und die schnelle Beendigung des Krieges, den beunruhigt jede Störung, schon die Möglichkeit eines Krieges. Man wird auch nach Annahme der Vorlage das politische Wetter beobachten müssen. Vor der fortgesetzten Beunruhigung in Friedenszeiten, vor der fortgesetzten Aufwerfung neuer Steuerfragen u. s. w. müßte das Erwerbsleben geschützt werden; solche Beunruhigungen erschüttern die Unternehmungs⸗ lust und das Vertrauen der Einzelnen. Die Unzufrieden⸗ heit ist nicht gegründet auf den Pessimismus, sondern darauf, daß die Illusionen, welche man mit der Begründung des Deutschen Reichs verband, zerstört worden sind, daß das Reich sich immer mehr präfentirt in der Form der Vermehrung der Steuern und Soldaten. Der Eindruck, den die Ablehnung der Vorlage im Auslande machen würde, geht uns wohl nichts an. Wir sollten mehr darauf sehen, welchen Eindruck die Sache im Inlande macht. Der große Un—⸗ bekannte ist wieder aufgetaucht. Es ist allerdings sehr bequem, a an der Macht Deutschlands von außen zu erfreuen, wenn man zu den ga ten desfelben nichts beizutragen braucht. Das Ansehen des Deutschen Reichs⸗ tags würde bei den Wählern nicht erhöht werden, wenn der Antrag Huene zur Annahme gelangte. Bei der ersten, Lesung stand der Abg. Freiherr von Stumm allein mit einem kleinen Haͤuflein seiner , enossen. Seitdem hat sich nichts geändert, die finanzielle Lage at i höchstens verschlechtert. Noch im Herbst wurde der Antrag Bennigsen für unannehmbar erklärt von einer großen Mehrheit, und jetzt soll der Antrag Huene annehmbar sein? Das wird man sich im Volke nicht erklären können aus der Sache; da wird man andere Dinge dahinter vermuthen. Der Abg. Freiherr von Huene selbst erklärte, daß er nie geglaubt hätte, so weit in seinen Bewilligungen zu kommen. Er hat vor dem Conflict gewarnt. Was heißt denn das? Wenn der Reichstag von seinem verfassungsmäßigen Recht Gebrauch macht, so hat eine Maßnahme zu unterbleiben, die man beabsichtigt hat. Wenn man da vom Confliet spricht, so kann das nur bedeuten, daß Macht vor Recht gehen soll, daß die Revolution von oben eingeführt wird. Ein Reichstag, der sich durch solche Drohungen einschlichtern läßt, der auf sein Necht verzichtet, wäre nicht werth. dieses Recht jemals befessen zu haben. Meine Freunde haben die Ueberzeugung, daß sie niemals patriotischer gehandelt haben als gerade in diesem Augenblick, wenn sie den Antrag Huene ablehnen und sich damit die Aufgabe stellen, die mil ire ch Interessen zu vereinbaren mit der noth⸗ wendigen Schonung der Volkskraft.
Reichskanzler Graf von Caprivi:
Der Herr Abg. Richter hat das wiederholt, was er schon bei anderen Gelegenheiten gesagt Hat (sehr richtig! rechts), ausgenommen den letzten Theil seiner Rede. Ich verzichte darauf, ihm eingehend zu antworten. Monatelang haben wir dieselben Sachen gehört und ge⸗ lesen. (Sehr richtig! rechts.)
Ich habe mich gestern schon dahin ausgesprochen, daß ich die Sache zu ernst auffasse, um an kleine Gründe und dialektische Künste noch Hoffnung auf Erfolg knüpfen zu wollen. (Bravo! rechts) Wenn die Sache nicht durch sich selbst, durch ihr Gewicht, ihren Ernst durch- geht, — durch Ueberredung werden wir keinen Menschen mehr ge⸗ winnen.
Der Herr Abgeordnete sagt: Gott beschütze die Regierung vor ihren Freunden, und nennt als den Mann, vor dem wir geschützt