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Baden.
Seine Königliche Hoheit der Großherzog war, wie „W. T. B.“ meldet, wegen einer Unpäßlichkeit gestern ge⸗ nöthigt, das Zimmer zu hüten. .
Die „Karlsruher Ztg.“ schreibt: „Die Rede Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs bei dem Militär⸗ vereinsfest in Heidelberg am 14. d. M. (vergl. Nr. 114 d. „R. u. St.⸗A.“) wird in einem großen Theil der Presse in entstellter Form wiedergegeben. Dabei wird unter anderem berichtet, der Großherzog habe ausgesprochen, „nicht viele aber gute Soldaten brauche man“ „mit der Güte erreiche man mehr als mit der Zahl“ 2c. Wir sind zu der Erklärung ermächtigt, daß diese Berichte gänzlich mißverstanden und irre⸗ leitend sind. Wir hoffen in der Lage zu sein, den authentischen Text der Rede demnächst zu veröffentlichen.“
Hessen.
Der Erlaß, durch den von Seiner Majestät dem Kaiser von Oesterreich Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog, wie bereits unter „Oesterreich⸗Ungarn“ mitgetheilt wurde, die Oberst⸗Inhaberstelle des K. u. K. Oesterreichischen Infanterie⸗ Regiments Nr. 14 übertragen worden ist, hat nach der „Darmst. Ztg.“ folgenden Wortlaut:
Durchlauchtigster, freundlich lieber Vetter und Großherzog!
Mehr als 40 Jahre genießt Mein Infanterie⸗Regiment Nr. 14 die Auszeichnung, den Namen des Erlauchten Geschlechts zu führen, welchem Eure Königliche Hoheit vorstehen.
Unter demselben hat das Regiment vielfach Meine Anerkennung zu erwerben gewußt und es waren alte, Mir liebgewordene Erinne— rungen, welche in Mir bisher den Wunsch rege bleiben ließen, dem ausgezeichneten Regiment diesen Namen zu erhalten. .
Seit dem betrübenden Hinscheiden Eurer Königlichen Hoheit Durchlauchtigsten Herrn Vaters ist dasselbe einem Inhaber nicht wieder verliehen worden, und es gereicht Mir zur besonderen Freude, den gegenwärtigen Anlaß wahrnehmend, Eure Königliche Hoheit zum Oberst-Inhaber Meines Infanterie⸗Regiments Nr. 14 zu er— nennen.
Ich gebe Mich der Hoffnung hin, daß Hochdieselben hierin einen Beweis Meiner unverändert warmen Gesinnungen für das Groß⸗ herzogliche Haus zu Hessen erblicken mögen, und verbleibe in voll— kommener Hochachtung
Wien, am 15. Mai 1893. . .
Eurer Königlichen Hoheit gutwilliger Vetter Franz Joseph.
Oefterreich⸗ Ungarn.
An dem gestrigen Déjeuner bei dem deutschen Botschafter Prinzen Reuß nahmen, wie „W. T. B.“ aus Wien meldet, der Großherzog von Hessen, der Herzog und die Her— zogin Johann Albrecht von Mecklenburg-Schwerin, sowie der bisherige englische Botschafter Sir A. B. Paget nebst Ge⸗ mahlin theik. Der zu Ehren des Großherzogs auf der Schmelz angeordneten Trüuppenrevue wohnten außer dem Großherzog der Kaiser, die in Wien anwesenden Erz— herzoge und der Sultan von Johore mit Gefolge bei. Im Gefolge des Kaisers befanden sich der Kriegs-Minister und sämmtliche Militär -Attachés. Gestern Nachmittag war der Großherzog mit dem Herzog und der Herzogin Johann Albrecht von Mecklenburg-Schwerin, dem bisherigen englischen Botschafter Sir Paget und dem Militärattaché der deutschen Botschaft Obersten von Deines bei einer ihm zu Ehren veran⸗ stalteten Festlichkeit in der spanischen Reitschule zugegen. Später fand bei den Kaiserlichen Majestäten in der Hofburg zu Ehren des Großherzogs ein Galadiner statt, an welchem die Erzherzoge und die Erzherzoginnen, der Prinz von Schaumburg⸗Lippe, der Sultan von Johore, der deutsche Botschafter Prinz Reuß mit Gemahlin und dem Botschafts⸗ personal, die Reichs⸗Minister, der Minister⸗Präsident Graf von Taaffe mit den österreichischen Ministern, das Gefolge. der Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften und der Ehrendienst theilnahmen. Der Kaiser brachte bei der Tafel einen Toast auf den Großherzog von Hessen aus, und der Großherzog erwiderte mit einem Toast auf den Kaiser. Abends wohnten der Kaiser und der Großherzog der Opernvorstellung bei. Nach dem Theater nahm der Großherzog bei dem Erzherzog Carl Ludwig den Thee ein. Der Großherzog hat seine Abreise verschoben und wird sich am Freitag nach Linz begeben, um das ihm verliehene Regiment zu inspiciren.
Der niederösterreichische Landtag begann gestern die Berathung des Armengesetzes. Die Antisemiten hatten sich, wie ‚W. T. B.“ berichtet, während der Berathung ent— fernt und erschienen erst nach der Annahme des Gesetzes wieder. Sodann genehmigte der Landtag die Vorlage, be— treffend eine Subvention von 12000 Gulden für die Aus— arbeitung eines technisch und finanziell geeigneten Projects für den Don au⸗Moldau-Elbe⸗Kanal.
Derobe rösterreichischeL and tag beschloß, wie, W. T. B.“ aus Linz meldet, anläßlich des Verbots der Militärbehörden bezüglich der Theilnahme von Einjährig-Freiwilligen und Reserve⸗Offizieren an studentischen Ver⸗ bindungen in seiner gestrigen Sitzung einstimmig: „die Regierung aufzufordern, derartige Uebergriffe der Militär— fen auf das Gebiet der Staatsbürgerrechte streng hintanzu—
alten“.
Im ungarischen Unterhause hat, wie schon gestern unter den letzten Depeschen mitgetheilt wurde, der Cultus⸗ Minister unter den lebhaften Ovationen des ganzen Hauses
einen Gesetzentwurf über die freie Religionsübung—.
eingebracht. Dieser Gesetzentwurf bestimmt nach den Mel— dungen des „W. T. B.“ aus Pest im wesentlichen Folgendes: Jede Religion darf frei bekannt und geübt werden innerhalb der durch die Sittengesetze gezogenen Schranken. Zu einer religiösen e nn darf niemand gezwungen werden. Die Beschränkungen in der Amtsbefahigung durch die Religion werden abgeschafft. Kirchliche Strafen dürfen wegen Befolgung gesetzlicher Bestimmungen nicht ver— hängt werden. Jede ee ie, kann unter Einreichung detaillirter Vorschriften um die gesetzliche Recipirung einkommen, worauf dieselbe mit den anderen Religionen gleichberechtigt ist. Die Kirche darf keine körperliche, keine Gefängniß⸗ oder Geld⸗ strafe verhängen und darf Grundbesitz nur zu kirchlichen und Schul— zwecken erwerben. Die Geistlichen müssen Ungarn sein und eine in Ungarn anerkannte Befähigung besitzen. er Minister kann die Entfernung der Geistlichen wegen w ver⸗ langen. Sollte die Gemeinde nicht gehorchen, so wird sie auf⸗ Mehrere Gemeinden müssen eine höhere Organisation
gelost. . welche sie der Behörde gegenüber vertritt, doch darf das
Oberhaupt kein Ausländer oder keine ausländische Behörde sein; auch darf die Kirche von keiner ausländischen Person oder ausländischen Behörde abhängen. Die Regierung wacht über die ordentliche Gebarung und Einhaltung der Statuten. Wer confessionslos wird, muß zuvor die Rückstände bei der Confession, der er früher angehörte, beglichen haben. Auch die Confessionslosen sowie die Fremden dürfen sich zu gemein⸗ samen Religionsübungen vereinigen. — Das Unterhaus nahm gestern die Wahlen für die Delegationen vor und beschloß, keine meritorischen Sitzungen mehr abzuhalten. Der Präsident wurde unter lebhaften Eljenrufen ermächtigt, dem Kaiser zu seinem Geburtsfest die Glückwünsche des Hauses zum Ausdruck zu bringen,
Die gestrige Sitzung des böhmischen Landtags nahm einen äußerst stürmischen Verlauf. Beim Beginn der Sitzung fehlten wie „W. T. B.“ aus Prag berichtet, die Alt⸗ czechen wie die Jungczechen; sie nahmen ihre Plätze erst ein, nachdem durch Auszählung die Beschlußfähig— keit des Hausfes festgestellt worden war. Die Jung— czechen verlangten hierauf die Absetzung, der Vorlage, betreffend die Errichtung eines Kreisgerichtes in Trautenau, von der Tagesordnung, da das czechische Volk in dieser Vor⸗ lage ein Hinarbeiten auf die Theilung des Landes erblicke. Die Weigerung des Oberst-Landmarschalls, welcher erklärte, die Majorität des Landtags xepräsentire gesetzlich das ganze Land, rief eine längere, stürmische Bewegung hervor. Die Jung⸗ ezechen entrissen den Stenographen die Stenogramme und drangen auf den Referenten Funke ein, welcher mit der Ver— lesung des Commissionsberichts begann. Die Deutschen eilten zu seinem Schutz herbei und schaärten sich um die Tribüne. Von allen Seiten erschallten heftige Rufe und Gegenrufe. Der Oberst-Landmarschall verließ seinen Platz und sodann den Saal, in welchem der Tumult fortdauerte. Nach einiger Zeit kehrte er zurück und erklärte die Sitzung für geschlossen. Die Deutschen, die Altezechen und die Vertreter des Groß⸗ großgrundbesitzes verließen hierauf ebenfalls den Saal, in welchem die Jungezechen in heftigster Erregung zurückblieben. — Der Statthalter erhielt noch gestern die telegraphische Mit— theilung, daß der Landtag auf Grund Allerhöchster Er— mächtigung geschlossen ist. — Das Organ der Altczechen, der „Hlas Naroda“, tadelt die gestrigen Vorgänge im Landtag als der Würde des Landtags nachtheilig und als unheilvoll für die Nation und das Vaterland. Der Altezeche Mattusch hat sein Landtagsmandat niedergelegt.
Großbritannien und Irland.
Aus der Sitzung des Oberhauses vom Dienstag wird der „Weser Ztg.“ noch über eine Anfrage des Herzogs von Norfolk an den Earl Rosebery berichtet, durch die der Herzog zu erfahren wünschte, wann der Bericht des Capitäns Macdonald über Uganda zu erwarten sei, wie weit sich der Bericht erstrecken werde und welche Schriftstücke die Regierung im Parlament darüber vorlegen werde. Der Minister des Aeußern erwiderte, daß es keine ungelegenere Zeit zur Er— örterung der Angelegenheiten Ugandas geben könne als die gegenwärtige. Wann der Bericht Capitän Macdonald's ein— gehen werde, könne er nicht sagen; bis jetzt besitze die Regie⸗ rung keinerlei auf die Mission bezügliche Schriftstücke.
In seiner gestrigen Sitzung genehmigte das Unterhaus, wie ein Wolffssches Telegramm meldet, nach dreistündiger Debatte den zweiten Paragraphen der Homerule-⸗Bill einschließlich des vorher angenommenen Zusatzes von Henry James, wonach die oberste Gewalt, des Reichs⸗Parlaments ungeschmälert bleiben soll, mit 287 gegen 225 Stimmen, nachdem zuvor der Schluß der Debatte mit 281 gegen 220 Stimmen angenommen worden war. Goschen beantragte die Vertagung der Debatte, um gegen den Debattenschluß zu protestiren, da die Opposition keine Gelegenheit gehabt habe, auf die ministerielle Rede zu antworten. Der Antrag wurde jedoch mit 299 gegen 244 Stimmen verworfen. Die Fortsetzung der Debatte über die Homerule-Bill wurde dann bis zum 30. Mai vertagt.
Frankreich.
Wegen des Unwohlseins des Präsidenten Carnot fand, wie der „Mgdb. Ztg.“ aus Paris geschrieben wird, am Dienstag an Stelle des Ministerraths im Elysée-Palast ein Cabinetsrath im Ministerium des Innern statt. Der Finanz-Minister Peytral theilte seinen Collegen mit, wie er die bisherige Thür- und Fenstersteuer durch eine Erhöhung der Grundsteuer zu ersetzen gedenke, nämlich im Verhältniß von 2,40 Proc. des Einkommens für die Städte, die unter 10000 Einwohner zählen, 2,30 Proc. für die Städte von einer Einwohnerzahl zwischen 10 000 und 40 000, 2,20 Proc. für Städte von einer Einwohnerzahl zwischen 40 000 und 100 000 und 15 Proc. für die Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern. Wenn die im Finanzgesetz für 1893 ange— nommene ähnliche Bestimmung ,, würde, dann hätte die Stadt Paris eine Erhöhung der Thür⸗ und Fenstersteuer um 93 und die Stadt Ajaccio eine solche von 200 Proc. zu tragen gehabt; deshalb sehe sich der Minister veranlaßt, oben⸗ erwähnte Stufenleiter herzustellen.
Die Familie des französischen Konsuls in Tripolis wurde, wie „W. T. B.“ nach einem Reuter'schen Telegramm meldet, am Dienstag auf einer Spazierfahrt von einer Schaar Eingeborener insultirt und mit Steinen beworfen. Der Kavasse des Konsulats ergriff den Haupträdelsführer; ein türkischer Offizier trat jedoch zu seinen Gunsten dazwischen. Der Konsul verlangt Genugthuung.
In der Petroleum⸗Raffinerie zu Aubervilliers hat die Polizei 20 Dynamitpatronen entdeckt. Die Fabrik— besitzer stellen jede Kenntniß davon in Abrede.
Pariser Blätter veröffentlichen eine Depesche, welche die siamesische Gesandtschaft aus Bangkok erhalten hat und in der berichtet wird, daß der gemeldete Kampf zwischen Franzosen und Siamesen (ogl. Nr. 114 d. Bl.) am 3. Mai in der Nähe des Mekong stattgefunden haben soll. Eine Abtheilung französisch⸗anamitischer Truppen, die einen Stamm der Laos angegriffen habe, sei zurückgeschlagen worden, wobei mehrere französische Offiziere und viele anamitische Sol⸗ daten getödtet wurden. Der Commandirende der französischen Abtheilung, Capitän Thoreux, sei von den Laos . genommen worden, werde jedoch respectvoli behandelt. Man befürchtete weitere Unruhen infolge des Vormarsches der vom General⸗Gouverneur Lanessan abgesandten Truppen. Die Stämme, um die es sich hierbei handelt, haben eine be⸗ sondere Kampfesweise und sollen, wenn sie beunruhigt werden, sehr zu fürchten sein. In der siamesischen Gesandtschaft ist man, wie hinzugefügt wird, überzeugt, daß die Regierung von Siam die schuldigen Laos⸗Leute bestrafen werde.
Italien.
Der Senat hat gestern seine Sitzungen wieder auf— genommen. Auf der gestrigen ,, stand das Ge⸗ en betreffend die Maßnahmen hinsichtlich der Civil⸗ und Militärpensionen. Der Schatz-⸗Minister Grimaldi bat um die Eröffnung der Debatte über den von der Kammer ge— nehmigten Text der Regierungsvorlage und erklärte, dem „W. T. B.“ zufolge, die Regierung sei geneigt, eine heträcht⸗ liche Anzahl der von der permanenten Finanzcommission ge⸗ machten Vorschläge als Amendements zu dem Gesetzentwürf anzunehmen. Darauf folgte die Verlesung der Vorlage.
Rumänien.
Das gestern erschienene „Amtsblatt“ veröffentlicht ein Schreiben des Königs an, den Minister-Präsidenten Catargi, worin der König zugleich im Namen der Königin seiner Theilnahme für die durch die Ueberschwemmung Geschädigten Ausdruck giebt, zur Hilfeleistung auffordert und anordnet, daß der für das Nationalfest am 22. Mai be— stimmte Betrag an die Geschädigten vertheilt werde. Dem Hilfscomité, das unter dem Vorsitz der Präsidenten des Senats und der Kammer sowie des Maire von Bukarest sich gebildet hat, ließ der König den Betrag von 30 099 Fr. zu⸗ gehen. Der Maire von Bukarest hat für die Ueberschwemmten Wohlthätigkeitsfeste veranstaltet.
Bulgarien.
Die Sobranje beendete laut Meldung des W. T. B.“ aus Tirnowo gestern ihre vorbereitenden Formalitäten und wählte sodann das Bureau sowie den Verifications⸗ und Adreßausschuß.
Wahlangelegenheiten.
Für den 17. sächsischen Wahlkreis Glauchau Meerane ist Bürgermeister Dr. Boehme Freiberg, als Candidat der National⸗ liberalen, Conservativen und Deutschsocialen aufgestellt.
— Wie „W. T. B.“ aus Karlsruhe meldet, erläßt die dor⸗ tige Centrumsleitung eine Erklärung, wenach sie darauf ver— zichtet, gegen den Decan Lender im 8. badischen Wahlkreis einen Candidaten aufzustellen.
Statistik und Volkswirthschaft.
Wirthschaftlicher Aufschwung.
Die Lage der Industrie und des Handels hat im letzten Quartal im Regierungsbezirk Frankfurt einen erfreulichen und überraschenden Aufschwung erfahren. Seit dem Ende des Jahres 1892 gingen aus dem In- und Auslande die Aufträge so zahlreich ein, daß ein großer Theil der Fabriken genöthigt war, mit Ueberstunden zu arbeiten. Dieser plötzliche Mehrbedarf an Waaren ist zum theil dadurch zu erklären, daß während der andauernden gedrückten Geschäftslage in den Vorjahren die Bestellungen zu sehr eingeschränkt und die Waarenlager unzureichend ergänzt worden waren, sodaß sie bei dem gleichzeitigen Wechsel der Saison den Ansprüchen nicht mehr genügen konnten. Die größere Nachfrage in den Fabriken hat allerdings nicht stets auch eine Steige⸗ rung der noch immer gedrückten Preise zur Folge gehabt, worüber vielfach geklagt wurde. hien n fagen sind nicht in Angriff genommen worden. Vergrößerungen fanden mehrfach durch Besetzung und Inbetriebnahme von bisher leerstehenden Arbeitsräumen statt. Bimeebseinstellungen und Arbeiterentlassungen sind nicht vorgekommen, mehrfach war Arbeitermangel fühlbar. Aus⸗ standsbewegungen traten nicht hervor. Die Tuchindustrie hatte mit wenigen Ausnahmen sehr bedeutende Aufträge zu verzeichnen und war genöthigt, diese, soweit als überhaupt möglich, unter Zuhilfe⸗ nahme von Ueberstunden zu erledigen. In verschiedenen Tuchfabriken ist der Betrieb durch Pachtung von auswärtigen Arbeitsräumen und Webestühlen wesentlich vergrößert worden. Erfreulicherweise hat das Exportgeschäft von Damen⸗Mäntelstoffen auch nach Nord⸗Amerika wieder zugenommen. Das neue Saisongeschäft in Wollhüten war ein befriedigendes, und die Leinenindustrie wieder mit guten Aufträgen aus Nord-Amerika und aus dem Inlande versehen. Aeußerst schwunghaft gestaltete sich der Betrieb der Sommerfelder Dampfziegeleien. Kleinhandel und Kleingewerbe dagegen zeigen noch immer wenig Leben. Davon gab auch die Frank⸗ furter Reminiscere⸗Messe, die bei mäßigem Besuche im ganzen still verlief, ein überzeugendes Bild.
Schiffbarmachung der Lippe.
In Dortmund tagte gestern der Ausschuß des Vereins für Schiffbarmachung der Lippe unter Theilnahme des Regierungs⸗ Präsidenten Schwarzenberg in Münster, Ehrenmitgliedes des Vereins. Die Sitzung war zahlreich besucht. Wie die Köln. Ztg.“ mittheilt, wurde beschlossen, die auf 30 000 „S veranschlagten Kesten der Vorarbeiten für die Lippe Kanalisation durch Beiträge der Mit- glieder aufzubringen und dem Minister zur Verfügung zu stellen— Von allen Seiten wurde dazu die größte Bereitwilligkeit erklärt. Der Verein verfügt über nahezu 8000 Se Jahresbeiträge der Mit- glieder. Die Generalversammlung wurde auf den 17. Juni in Dort⸗ mund anberaumt.
. Zur Arbeiterbewegung. In Esssen fand, wie die ‚Rhein.⸗Westf. Ztg.! berichtet, am Dienstag eine socialdemokratische Versammlung statt, in
der vor etwa 120 Theilnehmern ein Vortrag gehalten wurde über die
Lage der im Brauereibetriebe beschäftigten Arbeiter. Hierbei wurde auch die Lohnbewegung der Brauergehilfen in der Essener Actien⸗Brauerei (vgl. Nr. 115. d. Bl.) in Betracht gezogen. Die Versammlung faßte eine Entschließung, in der sie sich mit den zwanzig ausständigen Brauern saglidarisch erklärte, weil sie die For⸗ derungen der Gehilfen als gerecht anerkenne. In Jersitz bei Posen legten, wie im „Vorwärts“ mitgetheilt wird, die Tabackarbeiter der Schubert'schen , am Sonnabend wegen Lohnherabsetzung die Arbeit nieder. Im Aus stand befinden sich 56 Personen, von. denen die meisten verheirathet sind. Aus Haynau wird der Schl. Ztg.“ geschrieben, daß die dor⸗ tigen Handschuhmacher vor einiger Zeit ihre Arbeitgeber ersucht hätten, den Schnittlohn für ein Dutzend Handschuhe um 20 3 zu erhöhen. Sie setzten eine Commission ein, welche mit den Arbeitgebern über diese Lohnerhöhung unterhandeln sollte. Die Commission kam zu der Ueberzeugung, daß augenblicklich jene Forderung unerfüllbar sei, da die Arbeitgeber bei allen ihren Lieferungsabschlüssen für dieses Jahr den alten Lohnsatz in Anrechnung gebracht haben. Die Commission der Arbeiter war deshalb zufrieden, als die Arbeitgeber sich bereit erklärten, für ein Dutzend mehrknöpfige Handschuhe 10 3 Schnittlohn mehr zu zahlen. Das genügte jedoch der Arbeiterschaft nicht, und die alte Lohn⸗ commission wurde durch eine neue ersetzt, welche den Auftrag erhielt, die zur Erlangung des höheren Lohnsatzes nöthigen Schritte zu thun und den Arbeitgebern anzukündigen, daß der größte Theil der Handschuh⸗ macher gewillt fei, die Arbeit niederzulegen, falls ihr Wunsch nicht innerhalb vier Wochen erfüllt werde. . In Brünn befinden sich wie im „Vorwärts“ it ,. wird, alle in der ö , , Arbeiter und Arbeiterinnen seit Montag im Ausstande. Die Zahl der Ausständigen wird mit h Als Ürfachen des Ausstandes werden u. a. die Lohn⸗
angegeben.
sogar die
verhältnisse und zu lange Arbeitszeit genannt. Die Ausständigen fordern namentlich 25 00 Lohnerhöhung, Herabsetzung der Arbeitszeit auf 19 Stunden täglich und Abschaffung der Sonntagsarbeit.
Aus Hull, meldet ein Wolff'sches Telegramm: Der Bürger— meister verlas in der gestrigen geheimen Sitzung des Rheder— bundes ein Schreiben des Arbeiterführers Tillet, Inhalts dessen die Ausständigen die Bedingungen des Rhederbundes annehmen. Der Rhederausschuß wird morgen mit dem Strikeausschuß die Einzelheiten verhandeln.
Kunst und Wissenschaft.
Der Geheime Regierungs⸗Rath, Professor Dr. Konrad Schott— müller, vortragender Rath im Ministerium der geistlichen ze. An⸗ gelegenheiten, ist am Dienstag im Alter von 52 Jahren gestorben. Als Sohn des Professors Schottmüller am 23. September 1841 zu Berlin geboren, war er, wie wir der „Nat. Ztg.“ entnehmen, zuerst längere Zeit als Lehrer der Geschichte an der Haupt⸗-Cadetten⸗A1nstalt in Groß⸗Lichterfelde thätig und wurde 1888 vorsitzender Seeretär des Königlich preußischen historischen Instituts in Rom. An. der Schul—⸗ reform nahm er bemerkenswerthen Antheil und wurde am 2. Juli 1891 als vortragender Rath in das Cultus⸗Ministerium be⸗ rufen. Schon seit mehreren Monaten trat bei ihm ein schweres Nierenleiden hervor, dem er gestern erlegen ist. Von seinen historischen Werken sind zu nennen: „Entstehung des Stammherzogthums Bayern“ (1868), „Deutsches Städteleben im Mittelalter (1873), „Die Schlacht von Fehrbellin“ (1875). Geschichtliche Entwickelung der Wasserläufe“ (1879), „Friedrich Wilhelm J.“ (1882), „Der Untergang des Templer⸗ ordens“ (1887).
44 Walter Crane ist in Berlin von der internationalen Kunst— ausstellung des Jahres 1891, wo er zwei seiner originellen Schöpfungen „Die eilenden Stunden“ und die Landschaft „Dunstanborough-Castle“ ausgestellt hatte, in guter Erinnerung. Gleichwohl überrascht die im Lichthof des Königlichen Kunstgewerbe-Museums gegen— wärtig veranstaltete Sonderausstellung seiner Werke, welche neben einzelnen Gemälden seiner Hand namentlich eine Fülle von decorativen Entwürfen und Buchillustrationen umfaßt, durch die Eigen⸗ art und den Reichthum des hier sich offenbarenden Könnens auch den— jenigen, dem die zahlreichen Buchillustrationen des Künstlers und ihr markiger Stil bereits bekannt war. Walter Crane ist einer der energischsten Vertreter jener archaisirenden Kunstrichtung, die seit der Mitte unseres Jahrhunderts in England sich unter dem Namen des Praeraphaelis— mus Geltung verschafft hat. Das Studium der italienischen Früh— renaissance, der Werke der Vorläufer Raffael's, bildet den Ausgangs punkt dieser Strömung, als deren künstlerischer Bahnbrecher Dante Gabriel Rosetti gelten kann, während ihr literarischer Anwalt, der bekannte englische Kunstschriftsteller Ruskin diese Bestrebungen mit glühender Beredsamkeit vertheidigte. Das seltsame Phänomen des Praeraphgelismus bedeutet indeß keineswegs eine Modeschrulle des englischen Geschmacks, vielmehr liegen hier die Keime des jetzt auch auf dem Continent mehr und mehr sich ausbreitenden Neuidealismus. Die den Prae— raphaeliten eigene strenge, gebundene Linienführung, der Sinn für un— gebrochene leuchtende Localfarben, die Vorliebe für tiefsinnige Allegorie kommt auch in Crane's Schaffen voll zum Ausdruck. Das seiner Entstehung nach früheste Bild unserer Ausstellung mit dem Motto Amor omnia vincit“ muthet uns fast wie die Copie eines Filippino Lippi an; die braunen Fleischtöne in dem phantastisch - un⸗ heimlichen „Räthsel der Sphinx“ geben gewissermaßen Patina altflorentiner Bilder wieder; die auch gegenständlich der italienischen Frührenaissance angehörenden Frauengestalten Laura und Fiametta mit ihrem still⸗ernsten Ausdruck, dem nur wenig moderne Sentimentalität beigemischt ist, offenbaren die ganze Inbrunst eines zeitgenössischen Malers. Trotz der harten Umrißzeichnung und der herben Stilisirung, die jede Unmittelbarkeit des Ausdrucks zu hemmen scheint, überraschen die Gemälde Crane's durch ihre vornehme Gesammthaltung in coloristischer Beziehung, das discrete Farbengefühl und den Adel keuscher Empfindung. In letzterer Hinsicht ist besonders das Rittermärchen „La belle dame sans mercis beachtenswerth.
Weit fruchtbarer noch als der Maler zeigt sich uns der Zeichner Crane. Als Sohn eines Miniaturmalers 1845 in Liverpool geboren, dann längere Zeit in Linton's Meisteratelier als Holzschneider be— schäftigt, beherrscht er in seltener Weise auch die handwerklichen Grund⸗ lagen seines Berufs. Die knappe Formenandeutung in gebundener Liniensprache kommt den Zeichnungen für den Holzschnitt ganz be— sonders zu gute. Da begegnen uns in buntem Wechsel Kopfleisten, Culs de lampe, Vignetten und andere Orna— mente der Buchausstattung, stetßs mit sinniger Beziehung auf den Inhalt des mit ihnen geschmückten Werks und seiner einzelnen Theile. Auch Weihnachtskarten, Placate, Adressen und Kalender hat Crane in großer Zahl entworfen. Auf rein decorativem Gebiet begegnen wir ihm in seinen Tapetenmustern, Vor⸗ lagen für plastisches Ornament und Mosaikmalerei. Ueberall geist⸗ reiche Verwerthung der bald der Natur bald der Antike entlehnten Motive, feinfühliges Maßhalten in der Zusammenstellung, Rhythmus und Schwung der Linienführung. Aber auch auf dem Gebiet der eigentlichen Buchillustration hat Crane Bedeutendes geleistet; wir nennen von seinen zahlreichen Bilderbüchern, welche die Bibliothek des Kunstgewerbe⸗Museums großentheils besitzt, nur die Grimm'schen Kindermärchen, die ganz antiken Geist athmenden Rehoes of Hellas die Abe⸗ und Kinderbücher — die sogenannten Shilling-books — und launigen Zeichnungen zu „Mrs. Mundi at home“. Namentlich auch auf den farbigen Holzschnitt hat Crane's Schaffen befruchtend ein—⸗ gewirkt; seine Verbindung mit dem ausgezeichneten Holzschneider und Drucker Edmund Evans ist für die Regeneration des englischen Illustrationsverfahrens von großer Bedeutung geworden. In den Farbenzusammenstellungen der polychromen Holzschnitte, deren Original⸗ vorlagen in großer Zahl ausgestellt sind, ist ein Einfluß der japanischen Kunst und ihrer kräftigen Farbenfreude unverkennbar. Der Verwaltung des Kunstgewerbe⸗Museums gebührt für die viel. seitig anregende Darbietung dieser Werke warmer Dank.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Saatenstand in Rußland.
Ueber die Ernteaussichten in rf nn läßt sich zur Zeit auch nicht annähernd ein abschließendes Urtheil fällen, da infolge des außer⸗ gewöhnlich langen Winters Nachrichten über den Saatenstand eines großen Theils von Rußland nur spärlich vorliegen und dieselben sich häufig widersprechen. Indessen dürfte feststehen, daß die Frühjahrsfröste im Süden und Südwesten des Reichs großen Schaden angerichtet haben. Besonders hat der Weizen gelitten, während Roggen, namentlich früh ge⸗ säeter, sich im allgemeinen besser gehalten hat. Vornehmlich sind es die Gouvernements Kiew, Podolien und Wolhynien, aus denen die Nachrichten ungünstig lauten j aber auch aus anderen Gegenden des südlichen und füdwestlichen Rußlands wird über den Verlust der Wintersaat und die Nothwendigkeit der Neubestellung der Felder ge— klagt, die auf große Schwierigkeiten stößt, da die Vorräthe an Ge— treide für die Sommeraussaat in vielen Bezirken gering sind. Außer— dem macht sich Mangel an Viehfutter fühlbar.
Im einzelnen ist ,, zu bemerken:
In Lip und Kurland sind die Saaten infolge kalter Witte⸗ tung start zurückgeblieben. Man fürchtet, dß die Nachtfröste und anhaltenden kalten Winde den wil tt ce fern chädlich gewesen sind.
Ebenso ist in Polen die Vegetation wegen Regenmangels und ndauernd kalter Witterung in der Entwickelung zurückgeblieben, doch aben die Winterfaaten bis jetzt noch keinen ernsten Schaden ge— nommen. Die Frühjahrsbestelluͤng ist fast überall beendet.
Gro *alselte gilt von den Gouvernements Wilna, Kowno und no.
Die Central⸗Gouyvernements lagen Anfangs dieses Monats großentheils noch unter Schnee. Durch die ungewöhnlich lange Dauer es Winters 8. der Beginn der Sommeraussaat ver en werden.
In dem Distriet von Rostoff a. D. haben die Wintersaaten
gut überwintert, dann aber infolge der ungünstigen Witterung im Frühjahr zum theil gelitten. Die Anbaufläche ist größer als im vorigen Jahr. Die Frühjahrsaussaat hat begonnen, ist aber gegen frühere Jahre im Rückstande.
In den Gouvernements Tiflis, Elisabethpol, Eriwan, Kars und dem Bezirk von Sakataly soll der Stand des Winterweizens ein guter sein.
Im Kuban- und Terekgebiet sind die Saaten durch Frost und Schnee in ihrer Entwickelung zwar aufgehalten, indessen ist der Stand der Felder den Umständen nach zufriedenstellend.
Saatenstand in Italien. Die seit längerer Zeit anhaltende Trockenheit hat in Italien auf die Saaten ungünstig eingewirkt. Geschädigt sind namentlich Gras, Futterkräuter, Reis, Hafer, Roggen, Gerste und Mais, während Weizen noch meist befriedigend steht.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Brasilien.
Die brasilianische Regierung hat die Einfuhr deutscher Mineral⸗ wasser nach Brasilien mit einer auf einen speciellen Fall sich be— ziehenden Ausnahme wieder gestattet. (Vergl. . R. Anz.“ Nr. 248 vom 20. Oktober 1892.)
Cholera.
Hamburg, 17. Mai. Der Hamb. Corr.“ meldet: Die nun⸗ mehr beendete bakteriologische Untersfuchung, an welcher sich im Auf— trage des Professors Dr. Koch auch der Stabsarzt Dr. Weißer aus Altona betheiligte, hat ergeben, daß bei dem am Montag verstorbenen Arbeiter in Schiffbek (vergl. die n. Schl. d. Red. eingetroffenen Meldungen in Nr. 115 und 116 d. Bl) Cholera nicht festzu— stellen war.
Oesterrxeich-Ungarn. Vom 3. bis 10. Mai Mittags sind, wie das „D. österr. San. Wes.“ vom 11. d. M. berichtet, Neu⸗ erkrankungen an Cholera nicht festgestellt worden.
Frankreich. In der Sitzung des „omité gonsultatif d'hy- giène publique“ vom 2. Mai d. J. wurde die Zahl der seit dem 24. April im Departement Morbihan vorgekommenen Cholera⸗ Todesfälle auf vierzehn festgestellt, die auf insgesammt acht Gemeinden entfallen. In der Irrenanstalt Sgint⸗Athanase (Dep. Finistere) sind in den vorangegangenen vierzehn Tagen sechs Cholera⸗-Sterbefälle beobachtet worden, desgleichen einer in einem Nachbarort. Aus Quimper sind für den 29. und 30. April sechs choleraverdächtige Erkrankungen, darunter drei mit tödtlichem Ausgang, gemeldet.
Rußland. Vom 22. bis 28. April (n. St.) sind nachstehend aufgeführte Cholera⸗Erkrankungen und Todesfälle zur amtlichen Kenntniß gelangt: Gouvernement (bezw. Stadt): Orel (Stadt) vom 15.4. bis 22.4. erkr. 5, gest. 0, Orel (sonst im Gouv.) vom 15. 4. bis 22.4. 4 bezw. 2, Tambow vom 27./3. bis 13.4. 16 bezw. 12, Dongebiet am 20/4. 9 bezw. 1, Simbirsk vom 20. /3. bis 16.4. 5 bezw. 1, Kasan vom 7.4. bis 11.4. 3 bezw. 1. Aus Ufa wird für die Zeit vom 13. bis 27. April noch ein Todesfall gemeldet.
Nach dem Ergebniß der Berathungen einer Aerztecommission, welche sich in Tiflis wie in anderen Theilen des Reichs auf Ver—⸗ anlassung des Ministers des Innern gebildet hatte, haben die Erfah—⸗ rungen gezeigt, daß die Bodenverhältnisse und deren mehr oder minder große Reinlichkeit von Einfluß auf die Verbreitung der Cholera sind, daß indessen andererseits die landesübliche Sitte des Besuchs der Kranken, ihres Berührens, des Küssens der Leichen, des Verschenkens der Kleider von Verstorbenen und die mohamedanische Todtenceremonie des Waschens der Leichen in fließenden Kanälen besonders geeignet sind, das Umsichgreifen der Seuche zu begünstigen.
Influenza.
Soweit den Veröffentlichungen des Deutschen Kaiserlichen Gesundheitsamts“ Mittheilungen aus dem Auslande vorliegen, ist während der Berichtswoche vom 30. April bis 6. Mai durchweg ein Nachlaß in der Verbreitung der Seuche zu verzeichnen. In Paris wurden 52 Todesfälle an Influenza gegen 62 in der Vorwoche bei 278 Todesfällen an acuten Erkrankungen der Athmungsorgane gegen 368 festgestellt; desgleichen in London 28 gegen 40 und 260 gegen 268. In New⸗JYork verringerte sich die Zahl der Influenza⸗ Todesfälle um mehr als die Hälfte, nämlich von 1 auf 13; daneben wurden 346 Todesfälle an acuten Erkrankungen der Athmungsorgane gegen 408 in der Vorwoche beobachtet. Ein vereinzelter Todesfall an Influenza ist aus Amsterdam gemeldet worden. In Kopen⸗ hagen sind nur noch zwei Todesfälle und 83 Erkrankungen, in Stockholm sechs Erkrankungen zur Anzeige gelangt. In Moskau kamen zwei Todesfälle an Influenza gegen vier in der Vorwoche vor. — Auch aus Köln sind nur vier Todes- fälle an Influenza gegen fünfzehn in der Vorwoche mitgetheilt worden. Dagegen kamen in Dresden, von wo in den Vorwochen nur ver⸗ einzelte Fälle gemeldet wurden, in der Berichtswoche fünf Todesfälle vor. Ferner sind in Frankfurt a. O. 22, in der Umgebung der Stadt 33, im Reg.-Bez. Posen und in Nürnberg je zwei und im Reg.⸗Bez. Sigmaringen (März) 55 Erkrankungen an Influenza vorgekommen.
Handel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 17. d. M. gestellt 10 327, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 16. d. M. gestellt 3843, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.
Magdeburg, 17 Mai (we 3 Zuckerbericht. Kornzucker exel., von 92 Jυ — — Kornzucker excl., 88 o / Rendement — —,. Nachproduete exel.,, 75 90 Rendement 15.40. Still. Brodraffinade J. 31,00. Brodraffinade II. 30,25. Gem. Raffinade mü Faß 30,7). Gem. Melis J. mit Faß 29,75. Ruhig, Preise nominell. Rohzucker J. Produet Transito f. a. B. Hamburg pr. Mel ll 7 Be, w,, ,,, pr. Juli 17,40 bez, 17,423 Br., pr. August 17,50 bez., 17,525 Br. Flau.
Leipzig, 17. Mai. (W. T. B.) Kammzug-⸗-Termin« handel. La Plata Grundmuster B. per Mai 3,82 , per Juni 3,85 S, per Juli 3,85 S, per August 3,90 „S, per Sep⸗ tember 3,906 „M, per Oktober 3,95 M, per November 3,977 4, per Dezember 3,976 „M, per Januar 3,97 S, ver Februar 3, 77 , per März 3,97 M, per April 3,975 M, per Mai — M Umsatz 125 000 kg.
Mannheim, 17. Mai. (W. T. B.) Produeten markt Weizen pr. Mai 1700, pr. Juli 17,30, pr. November 1770, Roggen pr. Mai 15,60, pr. Juli 15,75, pr. November 1600. Hafer per Mai 16,00, per Juli 16,19, per November 15,05. Mais pr. Mai 12,15, pr. Juli 11,ů,70, pr. November 12,16.
Verkehrs⸗Anstalten.
Am Pfingst⸗Montag, 22. Mai, kommt ein Sonderzug zu er⸗ mäßigten Fahrpreisen von Berlin nach Coswig i. An halt (Park von Wörlitz) und Dessau zur Beförderung. Der Zug sährt 6.30 Vorm. vom Bahnhof am Askanischen Platz ab und trifft in Coswig 8,57, in Dessau 930 Vorm. ein. Die Rückfahrt ist am 22. Mai nur mit dem Sonderzuge 10,5 Abends aus Dessau, 129 Nachts in Berlin zulässig, kann aber auch am 23. Mai mit dem Sonderzug, welcher wie der Sonderzug am 22. von Dessau abfährt, und mit sämmtlichen Personent igen angetreten werden. Der letzte am 23. zur Benutzung mit Sonderzugfahr⸗ karten gültige Personenzug von Dessau, welcher in Wittenberg An⸗ schluß nach Berlin hat, fährt von Dessau 6,17 Nachm., von Coswig 6,560 Nachm. ab. Die Benutzung von Schnellzügen ist gänzlich aus-
geschlossen. Fahrkarten zu 5 S für die II. und 3 M für die
8.
III. Klasse, für Hin- und Rückfahrt gültig, werden am Montag früh von den Bahnhe fe ahr latte , wbeff , hier, Askanischer Platz und in Großlichterfelde sowie auch schon vorher im Bureau des Invaliden⸗ dank, Markgrafenstraße 51 a, verausgabt.
Die Pastdampfer Peendam“ und , Didam“ der Nieder⸗ ländisch⸗Amerikanischen Dampfschiffahrts Gesellschaft sind am 16. Mai in New⸗Nork angekommen.
Bremen, 18. Mai. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer Lahn“ ist am 16. Mai Morgens von New⸗ Hork via Southampton nach der Weser abgegangen. Der Schnell⸗ dampfer Havel hat am 17. Mai Morgens die Reise von Southampton nach Bremen fortgesetzt; er überbringt 679 Passagiere und volle Ladung. Der Postdampfer Berlin“ hat am 17. Mai Morgens die Reise von Antwerpen nach Bremen und der Post— , Leipzig“ die Reise von Antwerpen nach Lissabon fort— gesetzt. . — London, 17. Mai. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer „Hagwarden Castlen“ hat gestern auf der Heimreise Madeira passirt. Der Unjon⸗Dampfer „Scot “ ist heute auf der Ausreise von Madeira abgegangen und der Union-Dampfer ‚„Angelian“ in Capetown angekommen.
St, Petersburg, 17. Mai. (W. T. B.) Der englische Dampfer, Grange“ ist heute in Kronstadt eingetroffen, die Schiffahrt ist eröffnet.
— 18. Mai. (W. T. B Gestern trafen vor Kron stadt und im St. Petersburger Seehafen die ersten Dampfer aus dem Auslande ein. Auf der Rhede von Kronstadt und auf der See ist jedoch noch Treibeis.
Theater und Musik.
Berliner Theater.
In Schiller's „Maria Stuart“ begann gestern Abend Fräulein Adrienne von Kola vom Hofburgtheater in Wien ein auf Engagement abzielendes Gastspiel. Die Künstlerin verfügt über eine anziehende Erscheinung und ein ansprechendes, wenn auch nicht sehr kräftiges Organ. Die augenscheinlich vorhandene Begabung für das Schauspiel in Verbindung mit fleißigem Studium des Schiller'schen Werkeßz hat eine beachtenswerthe Leistung gezeitigt, die von den Zuschauern sehr wohlwollend und beifällig auf⸗ genommen wurde. In den Scenen höherer Erregung und größerer Leidenschaftlichkeit, wie besonders in der Garten scene bei der Begegnung mit der Königin Elisabeth, reicht die Stimme allerdings nicht immer aus; sie muß in unnatürlicher Weise forcirt werden und büßt dann manchmal von ihrem Wohlklang ein wenig ein. Durch maßvollen Gebrauch des Organs wird diefer Mangel zwar etwas vermindert, kann aber nicht ganz beseitigt werden. Am besten glückten die Scenen, wo Maria Stuart mit würde⸗ voller Ergebenheit und königlichem Anstand ihr schweres Schicksal zu tragen sucht und ihre Umgebung tröstet. Nament⸗ lich gelang der Künstlerin die Abschiedsscene vor der Hinrichtung; diese vorzugsweise lieferte den Beweis, daß sie ihre Rolle u nur studirt, sondern sich tiefer in sie versenkt hat und sie wirklich durchlebt. Bei Aufgaben, die geringere Anforderungen an die Kraft⸗ entfaltung der Stimme stellen, wird Fräulein von Kola wahrscheinlich noch Besseres leisten. Auch im übrigen nahm die Vorstellung einen zufriedenstellenden Verlauf. Hervorzuheben ist die Darstellung der Herren Stockhausen (Mortimer) Suske (Burleigh), Jacobi (Paulet), Weiß (Shrewsbury), Viebeg (Melvil) und Blankenstein (Leicester). Fräulein Salta als Königin Elisabeth hatte einige recht vortheilhafte Momente, genügte aber noch nicht vollständig.
Theater Unter den Linden.
Die 50. Wiederholung des interessanten und sehenswerthen Ballets „Columbia“ hatte das Theater gestern stark gefüllt. Die Vor⸗ stellung war aus Anlaß dieser Wiederholung eine Festvorstellung und es war zur Feier des Tages ein Festtableau, welches sich auf die Ent⸗ deckung Amerikas bezieht, hinzugefügt worden. Die Tableaux stellten dar: I) die erste Entdeckung Amerikas durch die Normannen, 2) die drei Karavellen des Columbus auf hoher See, 3) den Schiffbruch des Admiralschiffes „Santa Maria“, 4) die Verlesung des König⸗ lichen Erlasses über die Ausrüstung der Schiffe für Co— lumbus vor der Kirche in Palos, 5) die Landung des Columbus auf Guanahani, und 6) den Empfang des Co- lumbus nach seiner Rückkehr in Barcelona. Die geschmackvoll arrangirten Bilder erfreuten sich des lebhaftesten Beifalls, den sie auch verdienten. Das Ballet, in welchem die ausgezeichnete Künstlerin Signora Elia nach ihrer Wiederherstellung wieder auftritt, hat hierdurch eine neue Anziehungskraft erhalten. Der Componist des Ballets und der Balletmeister sowie auch Signora Elia erhielten reiche Blumenspenden und Lorbeerkränze und wurden zu wiederholten Malen hervorgerufen. Den Schluß bildete die bekannte englische Operette Der Mikado“, die voll⸗ ständig neu inscenirt und glänzend ausgestattet ist. Auch das Treppen⸗ haus und das Foyer des Theaters hatten ein festliches Gewand durch
japanische Decorationen erhalten.
J . ; * ; Im Königlichen Opernhause wird am Sonnabend Mas⸗
cagnis Oper „Die Rantzau mit den Damen Hiedler, Rothauser, den Herren Rothmühl, Bulß, Mödlinger, Philipp und Krolop ge⸗ geben. Darauf folgt das Ballet Slavische Brautwerbung“. — Die Königliche Sängerin Fräulein Marie Dietrich hat am Königlichen Hoftheater in Stuttgart ein längeres Gastspiel mit glänzendem Erfolg absolvirt und nimmt ihre Thätigkeit an der Königlichen Oper wieder auf.
Im Lessing-Theater kommt am Pfingst⸗ Sonntag Hermann Sudermann's Schauspiel Sodoms Ende“ mit Jenny Groß in der Rolle der Adah wieder zur Darstellung; am Pfingst⸗Montag wird Anzengruber's Volksstück Brave Leut vom Grund“ aufgeführt, und für Dienstag ist eine abermalige Wiederholung des Lustspiels Ultimo“ von Gustav von Moser auf den Spielplan gesetzt.
Im Concertpark des Friedrich ⸗Wilhelmstädtischen Theaters finden am ersten und zweiten Pfingstfeiertage Früheoncerte, ausgeführt von der Berliner Conecertkapelle Leitung ihres Kapellmeisters Herrn Gutschmidt, statt.
30 ; Saisonbillets haben Gültigkeit. 53 Uhr Morgens.
Im Kroll'schen Garten wird an den beiden Pfingstfeiertagen, wie alljährlich, Frühconcert stattfinden, das um 5 Uhr Morgens beginnt.
Der Philharmonische Chor bat für diese Saisen seine Proben beendigt und nimmt die Uebungen erst im September wieder auf.
tintrittspreis beträg é Concerte beginnen um
Prenßische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)
Bei der gestern fortgesetzten Ziehung der 4. Klasse 188. Königlich . Klassenlotterie fielen in der Nachmittags⸗Ziehung:
1 Gewinn von 1066000 S6 auf Nr. 159 61.
1 Gewinn von 30 000 S6 auf Nr. AN 751.
2 Gewinne von 16 000 S auf Nr. A G82 152 AI.
4 Gewinne von 5000 (S6 auf Nr. 70 020. 126640. 128 029. 175986.
35 Gewinne von 3000 S auf Nr. 1794. S316. 9398. 20 970. 30 608. 30 46. 35 988. 4428. 45 82. 60581. 62 202. 62767. 66581. 83 416. 86 228. S6 805. 86 933 87 917. 88 374. 88 968. N 209. 106 24. 109 815. 115445. 126 107. 126 756. 129 284. 147 5. 152 169. 153 6590. 153 763. 157 584. 168 110 181 253. 189 946.
32 Gewinne von 1500 6 auf Nr. B66. 10 366. 16145. 16500. 24579. 36 568. 89 733. N 493. G Rn.