1893 / 130 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 02 Jun 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Oldenburg. .

Oldenburg. 1. Juni. Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin sind heute von ihrer mehrwöchigen Reise zurückgekehrt und haben in ihrer Sommer— residenz Rastedt Aufenthalt genommen.

Braunschweig.

Blankenburg a. H., 1. Juni. Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Albrecht von Preußen, . des Herzogthums raunschwelg, die Frau Prinzessin Albrecht sowie der Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen sind heute Nachmittag 4 Uhr 26 Minuten nach Berlin abgereist.

Deutsche Colonien.

Zum Tode Emin Paschas schreibt das „Deutsche Colonialblatt“: Tippu Tipp hat im April von einem Ver⸗ wandten Namens Raschid bin Mohamed bin Said el Marjabi einen vom 2. Dezember 1892 dagtirten und an den Stanley— Falls aufgegebenen, aber über den Congo und Europa weiter gesandten Brief erhalten, welcher den Tod Emin Paschas be⸗ stätigt. Danach ist der Pascha mit Said bin Abd el Khuduri, dem 24 bis 25 Jahre alten Sohn eines verstorbenen Oman⸗Arabers, der in den Gegenden den, Fur; und Manyema vorzugsweise Sklavenjagden abhält, in Kampf gerathen und nach einem zweitägigen unglücklichen Gefecht guf dem Rückzuge mit allen seinen Beglei—⸗ tern niedergem acht worden. Nur die im Lager zurüch⸗ gebliebenen Leute Emin's sind am Leben geblieben. Nach mündlichen Aeußerungen Tippu Tipp's heißt der Ort, bei welchem der Pascha seinen Tod gefunden hat, Mlimani und liegt eine Tagereise von den Flüssen Ituri und Nyoro, etwa 20. Tagereisen von den Stanley⸗Falls entfernt. Nach dem Schreiben würde das beklagenswerthe Ereigniß in den Monat November 1892 zu verlegen sein.

Ueber die Bestrafung des Häuptlings Mtwana in Kwikuru bei. Mdaburu in Ugogo (Ostafrika), welche Lieutenant Prince mit Capitän Spring und Lieutenant Sigl mit 150 Soldaten und 400 Wagogo⸗ und Wanyamwesi⸗Hilfs—⸗ völkern am 10. März auf dem Rückmarsch der Tabora-Expe— dition vollzogen hat, meldet der Erstgenannte:

Nach vierstündigem Marsch über hügeliges Terrain machte ich an einer entlegenen Stelle bis 11 Uhr Nachts Halt. Der geplante Angriff in üblicher Weise bei Sonnenaufgang schien mir, da ein Rückenangriff am Kwikuru durch die Wahehe wahrscheinlich war, unseren Erfolg nicht hinreichend zu garantiren. Die Hilfsvölker verschwanden auch bis auf etwa 36 Leute. Ich beschloß daher, den Feind durch nächtlichen Sturm unter Verwendung von Magnesium⸗ fackeln zu überraschen, ließ die Lasten hier zurück und trat fofort in aller Stille den Weitermarsch an. Um 3 Uhr befanden wir uns vor der Ostfront des Kwikuru. Es gelang, die Sturmleitern unbe⸗ merkt an die Tembewand zu legen. Dann commandirte ich Sturm, der in der angeordneten Weise, wie der Plan zeigt, mit Tritt ge⸗ faßt!“ bis 30 m heran, dann „‚Marsch, Marsch, Hurrah!“ auf die Tembe hinauf erfolgte. Der mir folgende Gewehrträger erhielt sofort einen Pfeilschuß, in kürzester Zeit aber waren alle Truppen auf dem Tembedach und eröffneten ein heftiges Schnell⸗ feuer. Die Fackeln beleuchteten ein wirres Durcheinander des Feindes in den Höfen. Ich, ließ daher das Feuer nach kaum einer Minute einstellen und setzte den weiteren Sturm in vier getrennten Zügen an. Direction die im Fackelschein sichtbar ge— wesene Fahnenstange. Ohne Zaudern sprangen die Sudanesen von den fast 3 m hohen Temben in die Höfe; die Insassen liefen blind⸗ lings davon und fielen theilweise den Hilfsmannschaften draußen in die Hände, welche die Tembe mittlerweile umgangen hatten und die Verwirrung durch Geschrei erhöhten. In der besonderen Tembe des Mtwana kam es zu einem kurzen Handgemenge, wobei drei weitere Leute, darunter der Capitän. Spring, bderletzt wurden. Innerhalb 10 Minuten war das Kwikuru vom Feinde gesäubert, Mnini Mtwana und sein Vater durch den 1. und 2. Halbzug, welche allen vorangingen, verwundet und gefangen. Nach kurzem Verhör ließ ich beide hinrichten, die Tem be in vorläufig hin⸗ reichendem Maße in Brand stecken. Dann sammelte ich die Truppe und wartete, eines Angriffs gewärtig, Sonnenaufgang ab. Etwa fünfzig Todte lagen am Platze. Von den Regulären der Schutztruppe war niemand verletzt. Ueber 100 Gefangene, an 150 Gewehre (darunter zwei M/7I der Zelewski⸗Expedition), ein kleines Vorderladergeschütz nebst Munition, die Fahne Mtwana's, viele Schilde u. s. w. der ebenfalls geflüchteten Wahehe und gegen 500 Stück Vieh wurden erbeutet. Einen beträchtlichen Theil der Beute brachten die „Hilfsvölker' noch vor Sonnenaufgang bei Seite, die nach geglückter Ueberrumpelung natürlich alle zur Hand waren. Die Hinrichtung Mnini Mtwangz's hatte aber die Organisation des Feindes gebrochen und von allen Seiten brachten die benachbarten Ortschaften, ihre Unterwerfung darzuthun, Elfenbein und Vieh an. ;

Am 16. März langte die Expedition wieder auf der Station an und am 18. März brach Lieutenant Prince von Unyangwira auf, berührte auf dem weiteren Marsch durch Ugogo die Ortschaft Ipala, die er im November gezüchtigt hatte, und wo jetzt die deutsche Flagge wehte, am 36. März Mpwapwa, am 2. April Kilossa und traf, nach einem be⸗ schwerlichen Marsch durch Ugogo, am 18. April mit etwa 1500 Pfund Elfenbein, den Geschützen Sike's und Mnini Mtwana's und dem Nachlaß des Feldwebels Erttel in Baga⸗ moyo ein.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Der deutsche Botschafter in Wien, Prinz Reuß, hat sich, dem „W. T. B.“ zufolge, zum Kurgebrauch nach Bad Gastemn begeben.

Großbritannien und Irland.

Im Unterhause kam gestern die Zeitungsmeldung zur Sprache, daß Sir Gerald Portal das englische Protectorat über Uganda verkündigt haben sollte. Der Parlaments— Secretär des Auswärtigen Grey erklärte, daß der Regierung seit der Ankunft Portal's in Uganda keinerlei . von ihm zugegangen sei, sodaß sie über die von den Zeitungen berichteten Vorgänge nichts wisse. Der Bericht Sir Macdonald's über die Vermessun für die geplante Eisenbahn von Mom basa na dem Victoriasee sei dem Parlament vorgestern zugegangen, aber die Regierung werde darüber keine Entscheidung treffen, bis von Portal ein Bericht eingegangen und vom Parlament erwogen worden sei. Storey fragte an, ob nach der Ansicht des Auswärtigen Amts Portal Vollmacht besitze, die britische Flagge in Uganda zu hissen und das Pro⸗ tectorat zu proclamiren. Grey erwiderte, die Portal ertheilten Instructionen gäben ihm große discretionäre Vollmachten, besonders im 53 8. Er könne bis zum Eintreffen des Portal'schen Berichts nicht sagen, ob nach Ansicht des Aus⸗ wärtigen Amts die Instructionen Portal gestatteten, ohne An⸗ frage bei der Regierung die britische Flagge zu hissen und das

Protectorat zu verkünden. Die Maßnahmen Portal's würden nur provisorische sein, bis sein Bericht von der Re⸗ gierung erwogen worden sei. Im) weiteren Ver⸗ lauf der Sitzung erklärte der Parlaments -Secretär Grey, es läge nicht im staatlichen Interesse, irgend welche Correspondenz, die in früheren Jahren über den Drei— bund gepflogen worden sei, zu veröffentlichen; über eine Ver— wendung britischer Streitkraͤfte sei keine dem Hause unbekannte Zusage gemacht worden. Um 4. Juni 1891 seien von dem früheren Unter⸗-Staatssecretär des Auswärtigen über diese Angelegenheit Mittheilungen gemacht worden, und seitdem sei weder eine Veränderung eingetreten, noch habe ein darauf bezüglicher Schriftwechsel stattgefunden. Auf eine andere Anfrage gab Grey die (Erklärung ab, er erachte es nicht für wünschenswerth, von der fran⸗ zösischen Regierung über ihr , am Mekong Erklärungen zu verlangen, Frankreich habe auch solche bisher nicht angeboten. Bis jetzt hätten die Franzosen noch nicht klar angedeutet, welches Gebiet östlich vom Mekong sie beanspruchten. Im gegenwärtigen Stadium der Frage könne die Regierung nicht sagen, welche Wirkung Frankreichs Vor⸗ gehen auf Siams politische oder commerzielle Unabhängigkeit . könne. Das Unterhaus verwarf weiterhin nach zwei⸗ einhalbstündiger Debatte mit 241 gegen 203 Stimmen einen Antrag Arnold Forster's auf Vertagung des Hauses. Der Antrag bezweckte, gegen die Steigerung von Verbrechen in gewissen Theilen Irlands zu protestiren und die Regierung zu tadeln, weil sie keine Maßregeln dagegen ergriffe. Der Chef— Secretär des Lord⸗-Lieutenants von Irland Morley ver— theidigte die Regierung und erklärte, die agrarischen Verbrechen hätten seit dem Amtsantritt des gegenwärtigen Kabinets abgenommen. Bei der Fortsetzung der Berathung der Homerule-Bill entspann sich eine lebhafte Debatte über das von Wyndham zum 8 3 vorgeschlagene Amendement, welches der irischen Legislatur die Controle der Polizei entziehen will. Balfour behauptete, die Legislatur könnte durch Ausühung einer solchen Controle milltärische Streit⸗ kräfte schaffen, welche eine Gefahr für England in— volviren würden. Der Premier⸗Minister Gladstone gab schließlich zu, daß die irische Legislatur nicht in der Lage sein dürfe, solche Streitmacht zu schaffen, und erklärte gleichzeitig, daß er an gehöriger Stelle ein Amendement vorschlagen werde, welches dies klarmachen würde. Balfour acceptirte diese Er— klärung als befriedigend. Hierauf wurde das Amendement Wyndham's ohne besondere Abstimmung abgelehnt.

Nach einer Meldung aus Ennis in Irland wurden auf den Verwalter Moloney vom Gute Rittonan bei Tulla (Grafschaft Clare), als er sich zur Entgegennahme des Pacht— zinses zu den Pächtern unterwegs befand, von beiden Seiten der Straße Gewehrschüsse abgegeben. Moloney wurde schwer verwundet. Sieben Personen wurden verhaftet, die Thäter sind jedoch noch nicht ermittelt.

Frankreich.

In dem gestrigen Ministerrath verlas der Marine⸗ Minister, Admiral Rieunier einen technischen Bericht des Generals Dodds über den Feldzug in Dahom ey. In dem Bericht wird festgestellt, daß die Lebel-Patronen sich gut erhalten haben und durch die Witterung nicht beschädigt wurden. Das Expeditions⸗-Corps habe gleichzeitig . und rauchstarkes Pulver gebraucht; man habe die Wahr⸗ nehmung machen können, daß diejenigen Truppen, welche das rauchstarke Pulver gebrauchten, mehr zu leiden hatten als die anderen.

Die Deputirtenkammer hat die Vorlage über die Wahlkreise angenommen und das zu der Vorlage ange— nommene Amendement dahin eingeschränkt, daß nur vom Staat besoldete Beamte und Geistliche nicht als Deputirte gewählt werden können. Antonin Du bost ist, wie ein Wolff sches Telegramm meldet, zum Generalberichterstatter der Budgetcommission ernannt worden. .

In dem Programm für den Bau strategischer Linien in dem Netz der Ostbahn ist, wie der, Temps“ meldet, unter anderem die Verlängerung der Bahnstrecke Lungville— Gerbeviller bis Bouxisères enthalten, die mit der gegen— wärtigen Linie von Gérardmer aus einen directen, von Nancy und Luneville unabhängigen Weg zu einem der wichtigsten Vogesenpässe in der Richtung nach Colmar bilden soll. Von den nach dem Gesetz vom 18. Februar 1890 zu bildenden vier Reiter⸗Regimentern werden, wie man der „Köln. Ztg.“ telegraphirt, zwei im Oktober, zwei im Jahre 1894 formirt werden.

Der russische Gene ral-Konsul in Paris richtete an die französische Regierung das Verlangen, daß zwei Brief—

packete, die von einem vor mehreren Monaten durch Selbst-⸗

mord geendeten russischen Nihilisten Namens Sawicki' mit der Aufschrift Zu verbrennen!“ hinterlassen waren, ausgeliefert würden. Die Erben Sawicki's erhoben gegen die Auslieferung Einspruch. Das Appellgericht entschied aber, daß die Brief⸗ schaften in Gemäßheit der im Jahre 1872 abgeschlossenen Con— vention dem General⸗Konsul auszuliefern seien.

Ueber die Lage in Madagaskar sind, wie der „Köln. Itg.“ mitgetheilt wird in Marseille Nachrichten eingelaufen, denen zufolge die Verhältnisse dort einen ernsten Charakter annehmen. Es bestätigen sich nicht nur die , sondern die madagassische Regierung hat auch 5 Mann neue Truppen in Tananarivo ausgehoben, während im letzten Jahre die dortige Garnison aufgelöst worden war, um dem französischen Minister⸗ o ten eine Friedens⸗ bürgschaft zu bieten. Bei der Grundsteinlegung zum neuen Palast Masoaudro hielt der Premier⸗-Minister Rainilaiarivony, der sich noch, kürzlich krank erklären ließ, eine heftige An⸗ sprache an die zahlreiche Versammlung und endigte seine Rede unter Versicherungen an die Königin, ge brauche nur ein Wort zu sagen, auf daß das ganze Volk und er zu ihrer un⸗ umschränkten Verfügung staͤnden. Das Räuherunwesen zwischen Majunga und . hat wieder seine volle Ausdehnung gewonnen.

Italien.

Bei Fortsetzung der Berathung des Pensionsgesetzes in der Deputirtenkamm er ergriff in der gestrigen Sitzung der Schatz⸗Minister Grimaldi nochmals das Wort, um in längerer, mit lebhaftem Beifall aufgenommener Rede für den ö einzutreten. Heute soll die Abstimmung statt⸗ finden.

Der Papst wird, wie „W. T. B.“ aus Rom erfährt, am 12. und 15. Juni Consistorien abhalten. In einer Allocution wird er für die ihm anläßlich seines Bischofsjubiläums dargebrachten Huldigungen danken und ferner fünf oder sechs Eardinäle ernennen, darunter den Erz⸗

bischof von Bordeaux, den Bischof von Rodez, den Barnabiten⸗ pater Graniello und den Jesuitenpater Steinhuber.

Belgien.

Die Repräsentantenkammer hat, wie aus Brüsse gemeldet wird, gestern ihre Arbeiten mit der Berathung der Anträge zur Verfassungs-Revisions⸗Vorlage wieder aufgenommen und mit 98 gegen 34 Stimmen beschlossen, daß die Stimmabgabe bei den Wahlen mit Ausnahme der vom BJesetz zu bestimmenden Fälle eine obligatorische sein solle. Sodann nahm die Kammer mit 101 gegen 21 Stimmen den Artikel 48 der Verfassung in folgender Form an: „Die Zusammensetzung der Wahlkörper erfolgt für die einzelnen Arrondissements? durch Desetz. Die Stimmabgabe sindet “mn der Gemeinde statt.“

Türkei.

Dem seit einem Jahre zum armenischen Katholikos ge⸗ wählten Erzbischof von Jerusalem Kirimian ist durch Kaiserliches Irade gestattet worden, die türkische Unterthan⸗ schaft abzulegen. Erzbischof Kirimian reist demnächst nach dem Kloster Etschmiadzin ab.

Rumänien.

Die Parlamentssession ist gestern mit einer König⸗ lichen Botschaft geschlossen worden, in welcher nach Mittheilung des „W. T. B.“ dem Parlament für seine ersprießliche Thätigkeit Dank ausgesprochen und der dem Thronfolger und seiner Gemahlin bereitete warme Empfang hervorgehoben wird, welcher beweise, eine wie große Wichtigkeit die Bevölkerung der vom Thronfolger eingegangenen Ver— bindung beilege.

Serbien.

Nach dem nunmehr vollständig festgestellten Ergebniß der Wahlen zur Skupsch tina sind 126 Radikale, 10 Fort⸗ schrittler und ein Liberaler gewählt worden. In drei Wahl— kreisen werden Stichwahlen vorgenommen werden müssen. Insgesammt wurden 203 932 radikale und 26 012 fortschritt⸗ liche Stimmen abgegeben, sonach 6000 Stimmen weniger als bei den Wahlen am 9. März.

Amerika.

Wie der „Times“ aus Philadelphia berichtet wird, soll nach privatim eingezogenen Erkundigungen die Mehrzahl der Congreßmitglieder für die Abschaffung des Gesetzes über den Ankauf von Silber sein und würde auch in der nächsten außerordentlichen Session des Congresses, welche wahrscheinlich gegen den 1. August beginnen werde, in diesem Sinne stimmen.

Aus Nicaragua wird dem „R. B.“ über Panama ge⸗ meldet, daß nach der Abdankung des bisherigen Präsidenten Sacaza die provisorische Regierung sich nach Managuga begeben und ohne Widerstand' und Ruhe⸗ störungen die Leitung der Staatsgeschäfte übernommen habe. Das Staatssecretariat in Washington empfing von dem Gesandten der Vereinigten Staaten in Nicaragua eine Depesche, welche diese Nachricht bestätigt.

Parlamentarische Nachrichten.

Die verstärkte Budget eommission des Hauses der Ab— geordneten hat den Bericht des Ministers der öffentlichen Arbeiten über die Betriebsergebnisse der preußifchen Staatz— eisenbahnen 1891/92 berathen.

Was das gesammte finanzielle Ergebniß der Staats— eisenbahnverwaltung während des Jahres 1891592 betrifft, so stellt sich dasselbe nach dem Urtheile der Commission trotz der unerwartet großen Ausgaben und der hinter dem Voranschlag zurückgebliebenen Ein⸗ nahmen immerhin als ein bei weitem“ nicht fo ungünstiges dar, wie vielfach angenommen wird. Etatsmäßig liegt allerdings ein Minderüberschuß von 59 306 841 S vor. Wenn man aber erwägt, daß ausweislich der dem Etat der Eisenbahnverwaltung für 1893/94 auf Seite 134 beigefügten Uebersicht der wirkliche Ueberschuß nach stattgehabter Verzinsung der Eisenbahnkapitalschuld noch 101 361 722.7 42 4 beträgt, so gelangt man zu einem freundlicheren Bilde. Nach derselben Uebersicht wurden von diesem Ueberschuß thatsächlich

1) zur planmäßigen Tilgung der für ,, vor 1879

aufgenommenen Schulden c. J b 584 210 Sp 49

2) zur gußerordentlichen Tilgung von Staats-

schulden und zur Verrechnung auf be— ,, i,, zusammen . . 23 435 967 S 7d J verwendet, sodaß noch 77 865 760 M 14 *) für sonstige Ausgaben der Stagtsverwaltung zur Verfügung blieben.

Nach der von dem Reichs⸗Eisenbahnamt herausgegebenen Statistik ergiebt der Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebs ausgaben bei den preußischen Staatsbahnen im Jahre 1891592 die höchste Rente unter allen deutschen Staatsbahnen. Diese beträgt 5, 16 o/ a der Baukosten und 491 o des verwendeten Anlagekapitals, während fie sich bei den bayerischen Staatsbahnen auf 4.02 oo bejw. 3,67 o, bei den sächsischen auf 4.35 0/0 bezw. 4,75 Go, bei den württembergischen auf 235 Yso bezw. 2, 33 Go, bei den badischen auf 2, 96 Gso bezw. 3,94 Go, bei den Reichsbahnen auf 5, Oh C bezw. 4,460 stellte. Angesichts dieser Thatsachen kann nach der Ansicht der Commission kein Zweifel darüber bestehen, daß die preußische Staatsbahnverwaltung bei aller Sparsamkeit und Besonnenheit sich doch durch die finanziellen Ergebnisse des Jahres 1891/92 nicht von ihrer bei der Einführung des Staatseisenbahnsystems übernommenen Aufgabe abdrängen kassen darf, die Verkehrsbedürfnisse des Landes reichlich zu befriedigen und durch möglichst vollkommene Leistungen und deren Preisbemessung zur kräftigen Hebung der wirthschaftlichen Thätigkeit und des Wohlstäandes beizutragen. ö ?

Auf Grund des vorstehenden Berichts stellt die Commission den Antrag: J

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: 1) den Bericht des Ministers der öffentlichen Arbeiten über die Ergebnisse des Be⸗ triebs der preußischen Staatseisenbahnen im Betriebsjahre 1891592 für erledigt zu erklären; 2) die Königliche Staatsregierung aufzufordern, den Betriebsbericht der isenbahnverwaltung in Zukunft, unter möglichster Berücksichtigung der Grund“ lagen des Etats aufzustellen und insbefondere zur Aufklärung der Ab⸗ weichungen von dem Etat zu benutzen; 3) die Königliche Staats= regierung, aufzufordern, in dem alljährlich zu erstattenden Berichte über die Ergebnisse des Betriebs der Staatseisenbahnen thunlichst genaue Angaben über die Wirkungen der ein— geführten wichtigeren Tarifermäßigungen und . wich⸗ tigeren Verkehrserleichterungen vorzulegen; 4) die Königliche Staats⸗ regierung aufzufordern, die Ausgabe von directen Fahrkarten zwischen Stationen des preußischen Staakseisenbahnnetzes, und demgemäß die Ausgabe von Rückfahrkarten thunlichst auszudehnen.

In der Uebersicht zum Staatshaushalts⸗Etat 1893/94 erscheinen nur 75 665 760 ½υ ! 14 5, weil 2 2060 009 S zur Ausgleichung des Defieits im Staatshaushalts⸗Etat auf Grund des war fin e. vom 27. März 1882 abgezogen sind. Diese Berechnung hat indesfen nur ealeulatorische Bedeutung.

Wahlangelegenheiten.

In einer von der ‚Neußer Zeitung“ veröffentlichten Erklärung tritt der Landrath Clemens Freiherr von Schorlemer (Sohn des Freiherrn von Schorlemer-Alst) verschiedenen unrichtigen Be⸗ hauptungen über seine Candidatur entgegen. Von Interesse ist namentlich die Aeußerung, daß er sich denjenigen Wählern des Wahl⸗ kreises Neuß Grevenbroich zur Verfügung sstelle, „welche von der Nothwendigkeit der Vermehrung unferer militärischen Streitkräfte überzeugt sind und welche durch ihre Abstimmung bei der Reichstags⸗ wahl dem Gewissenszwang entgegentreten wollen, der im vermeintlichen Partei⸗Intereffe, aber zum RNachtheil der wirklich katholischen Interessen von der gegenwartigen Leitung der Centrums—⸗ partei und der dieser zustimmenden Presse auf die katholischen Wähler ausgeübt wird!. Der Schluß der Erklärung lautet: „Meinen lirchlichen Standpunkt brauche ich gegenüber den Eingesessenen der Kreise Neuß und Grevenbroich, ac. mich in der Mehrzahl per— sönlich kennen, nicht zu vertheidigen. Einer Preffe gegenüber, die jeden Gegner der von Dr. Lieber vertretenen Richtung als unzuver⸗ lässigen Katholiken zu brandmarken sucht, verzichte ich ohne weiteres auf irgendwelche Erörterung. Wer in der Frage der Erhaltung und Vertheidigung des Vaterlandes den ausgesprochenen Feinden jeder gläubigen Richtung, den Freisinnigen und Socialdemokraken sowie den franzosenfreundlichen Elsaß⸗Lothringern die Hand reicht, hat keinen⸗ falls die Berechtigung, die politische Richtung glaubenstreuer Katho— liken zu verdächtigen, deren Vaterlandsliebe nicht' an der Grenze eines einseitigen Parteistandpunktes Halt machen will.“

Kunst und Wissenschaft.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin besuchte gestern mit Gefolge die Kunsthandlung von Amsler'und Rut— hardt, um die dort ausgestellte neue Hanfstängl'sche Kupferätzung der Sixtinischen Madonna in Augenschein zu nehmen. Hierauf be⸗ sichtigte Ihre Majestät die in den Ausstellungsräumen derselben Firma ausgestellten Kunstblätter aus der vom IZ. d. M. ab zur Ver—⸗ steigerung gelangenden Sammlung Storck.

4h. Eine bemerkenswerthe malerische Leistung repräsentirt das Sensationsbild eines jungen in München ausgebildeten russischen Malers Wladimir Schereschewski „Nach Sibirien“, das in dem Ausstellungslocal des Vereins Berliner Künstler im Architektenhause fast eine Seitenwand allein für sich in Anspruch nimmt. „Eine Etappe auf dem Verbrechertransport nach Sibirien“ lautet die Erklärung der metergroßen Leinwand. In einer von spärlichem, durch ein hochgelegenes Fenster eindringenden Morgenlicht matt erhellten Kasematte halten die vom weiten Marsch in Ketten erschöpften Gefangenen kurze Rast; auf einer an der Wand sich hinziehenden Bank sehen wir sie mit Grauen und Ermüdung ringen, mit stumpfer Resignation vor sich hinbrüten, in ohnmächtiger Verzweiflung die Fäuste ballen; links im Vordergrund blickt ein mit der Führung des Transports beauftragter Soldat gleichgültig auf die vom Frühlicht beleuchtete, ergreifende Gruppe einer Frau, die sich über ihr ver— schmachtendes Kind beugt; rechts öffnet sich die Thür zu einem weiten, von trübem Ampellicht nothdürftig erhellten Raum, in dessen Halbdunkel die Züge anderer Verbrecher ver⸗ schwimmen. Die Wahl des. Motivs ist ohne Zweifel tendenziös und auf sensationelle Ueberraschung, wie Kennan's Berichte aus dem Verb recherlande, berechnet. Die eintönig graublaue Farben⸗ scala verstärkt diesen Eindruck und verleiht ihm noch mehr Beklem⸗ mendes. Das alles würde uns indeß nicht mehr interessiren als andere auf das Sensationsbedürfniß zugeschnittene Kunstwerke, wenn nicht in der Ausführung sich eine überrafchende Kraft des Ausdrucks, ein feines Gefühl für Farbenhaltung geltend machten. Der in Uhdess Bahnen wandelnde, junge Akademiker darf auf die geschickte Beherrschung der großen Fläche mit Recht stolz sein. Es wäre zu bedauern, wenn er, wie es nach seiner Ankündigung eines neuen sibirischen Bildes den An⸗ schein hat, seine Kraft ausschließlich in den Dienst von Aufgaben stellte, die eine volle Entwickelung seiner Fähigkeiten ebenso in Frage stellen, wie sie eine rein sachliche Beurtheilung erschweren. Er kann des Reiz⸗ mittels sensationeller Motive nach dem Eindruck, den die künstlerische Mache dieses ersten Bildes erweckt, wohl entrathen.

Neben der diesjährigen großen Internationalen Kun 3 ausstel lung der Münchener Künstlergenossenschaft im Königlichen Glas⸗Palast zu München wird die erste Ausstellung der Secessionisten (des „Vereins bildender Künstler Münchens“) be— sonderes Interesse beanspruchen. Diese Ausstellung, deren Mitglieder⸗ zahl 130 ordentliche (Münchener) und ungefähr 140 correspondirende Deutsche, Franzosen,. Skandinavier, Holländer, Belgier, Italiener, Engländer und Schotten, Spanier, Russen, Amerikaner u. s. w.) aufweist, hat ihre Stätte in einem architektonisch geschmack⸗ vollen und vornehmen Ausstellungspalast am Rande des Englischen. Gartens, der größten Parkanlage Münchens und in der Nähe des Hofgartens mit feinen Ärkaden, schattigen Plätzen und Cafés gefunden. Die Hauptfront des Gebäudes dessen innere Ausstattung gleichfalls künsklerifchen Anforderungen Rechnung trägt, bildet die abgeschrägte Ecke der Piloty⸗ und Prinz⸗Regenten⸗Straße, die in ihrer Verlängerung den Gasteiganlagen zuführt. In unmittel— barer Nähe der Ausstellung ist auf der Ringlinie der Münchener Trambahn die beste Verkehrsgelegenheit nach allen Richtungen der Stadt geboten. Die Betheiligung von Seiten der deutschen und aus⸗ ländischen Mitglieder der Secefsion an der Ausstellung wird nament⸗ lich in qualitativer Hinsicht eine hervorragende sein. Da der Bau des Ausstellungspalastes rasch fortschreitet, hofft man, die Pforten noch zur Zeit des deutschen Journalisten⸗ und Schriftste llertages (10. Juli) dem kunstfreundlichen Publikum öffnen zu können.

Von dem ständigen Ausschuß des Deutschen Juristen⸗ ta ges traten unter dem Vorsitz des Wirklichen Gehesmen Sber— Justiz Raths Dr. von Gneist die Herren Senats⸗Präsident Drechsler Leipzig), die Ober⸗Landesgerichts⸗Präsidenten Becker (Oldenburg) und Struckmann (Köln), Ober, Staatzanwalt Hamm (Köln), die Professoren Brunner, Giercke, Eck (Berlin), Merckel . faff (Wien), Enneccerus (Marburg), die Juftiz-⸗Räthe Levy, Makower, Wilcke (Berlin) und Mörschell (Naumburg), LTandgerichts⸗-Präsident Thomsen (Münster) und die Senats⸗Präsidenten von Stößer Karlsruhe) und von Koestlin (Stuttgart in der Pfingstwoche zu Naumburg a. S. zusammen, um über den Ort des diesjährigen Juristentages und die Tagesordnung desselben zu berathen. Gegen eine große Minorität, welche für Graz stimmte, wurde Au gs burg als Tagungsort bestimmt. Auf die Tagesordnung wurden zunächst die ganz besonders actuellen, die Differenzgeschäfte, das Bank depotwesen und die Actiengesellschaften betreffenden Fragen ge⸗ 86 Als Referenten hierüber wurden die Herren Justiz⸗ dath Levy (Berlin), Strohal (Göttingen), Esser (Köln) und Amtsgerichts Rath Dickel (Berlin) bestimmt. Ueber das Hypothekenwesen werden die Professoren Dernburg und Giercke referiren. Ferner werden die weitere Beschränkung der Zwangsvoll— streckung im Strafrecht, die Verschärfung der kurzen ,,, das Verhältniß zwischen Freiheits. und Geldstrafen, sowie die Frage der Entschädigung unschuldig Verurtheilter berathen werden. Auch die das Abzahlungsgeschäft betreffenden Gutachten und Referate dürften noch in einer der Hauptversammlungen zur Verhandlung . Die Berathungen sollen am 7., 8. und )'9. September er. tattfinden, worguf dann für Sonntag, den 10. September, ein gemein⸗ schaftlicher Ausflug geplant ist.

Das Executiveomits des internationalen medizinischen Congresses beschloß laut Meldung des . W. T. B. aus Rom“ in einer unter dem Präsidium des Professors Baccelli abgehaltenen Con⸗ ferenz, daß der 11. Congreß in der Zeit vom 24. September bis 1. Oktober 1893 in Rom stattfinden sölle.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Deutsche landwirthschaftliche Wander⸗Ausstellung in München.

Am 8. Juni wird die diesjährige große deutsche landwirihschaft⸗ liche Wander ⸗Ausstellung in Munchen eröffnet. Sie bedeckt 225 ha der Theresienwiese und ist beschickt mit 160 Pferden, 1222 Rindern, 207 Schafen, 384 Schweinen, 42 Ziegen und 570 Stamm Geflügel. Von todten Autstellungsgegenständen aus dem Gebset des Ackerbaus sind 14560 Nummern angemeldet und von Geräthen 33060 Nummern. Die Ausstellung ist vielfach in Gruppen gegliedert; so werden bayerische und oberbadische Rinder, oldenburger Pferde, bayerische e,. des Staatsgestüts, Militärpferde u. f. w- zur Vorführung ommen. Ferner wird man Gruppen von Gegenständen des Klein⸗ bahnwesens, des Brauereibetriebes, der Heubereitungsgeräthe, Eggen, von Gegenständen der Verarbeitung von Abfallstoffen zu Handels? dünger ze, finden. Die Fischerei ist ebenfalls vertreten.

Die Münchener Ausstellung überragt die bisherigen Ausstellungen zer Deutschen Landwirthschafts-Gefellschaft an Größe und Vielseitig⸗ keit und verspricht, aus allen Theilen Deutschlands stark besucht zu werden, zumal Erleichterungen des Besuchs durch die Eisenbahnver— waltungen mit Einrichtung von Sonderzügen und Fahrpreisermäßigung, namentlich auf bayerischen Bahnen, geschaffen sind.

Mit der Ausstellung verbunden wird eine Wanderversamm“ lung der Deutschen Landwirthschafts⸗Gesellschaft statt⸗ finden und acht öffentliche Sitzungen, eine Anzahl Ausschußsitzungen und fünfzehn Ausflüge umfassen, welche letztere gegen Ende und nach Schluß der Ausstellung in landwirthschaftlich interessante Gebiete von Bavern unternommen werden follen.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Cholera.

Konstantinopel, 1. Juni. Ein bei der hiesigen englischen Botschaft aus Bagdad eingetroffenes Telegramm meldet, dem 3W. T. B.“ zufolge, den Ausbruch der Cholera in Bassorah und Amarah am Tigris. ;

Influenza.

In New-Vork ist, wie in den Veröffentlichungen des deutschen Kaiserlichen Gesundheitsamts“ berichtet wird, die Zahl der Todesfälle an Influenza von neunzehn in der Vorwoche auf zehn in der Berichts⸗ woche vom 14. bis 20. Mai heruntergegangen; ebenfo hat in Paris eine Abnahme der Todesfälle bon zwanzig auf achtzehn stattgefunden. Aus London ist dagegen wieder von einer Zunahme der Seuche zu berichten, da ihr in der Berichtswoche 31 Perfonen gegen 26 in der. Vorwoche erlagen und auch an acuten Erkrankungen der Athmungsorgane 218 gegen 227 zu Grunde gingen. In Amsterdam wurden vier Todesfälle an Influenza gegen drei in der Vorwoche, desgleichen eine erhöhte Zahl solcher an acuten Er— krankungen der Athmungsorgane (bierzig gegen dreißig) festgestellt. Kopenhagen und Stockholm haben nur noch Erkrankungen an Influenza (66 gegen 88 und 5 gegen 1) veröffentlicht. Vereinzelte Todesfälle an Influenza sind in Moskau und Buda pe st festge⸗ stellt worden. Die Gpidemie scheint in Köln nunmehr ihren Höhepunkt überschritten zu haben. Todesfälle an In⸗ fluenza kamen nur zwölf gegen fechzehn in der Vorwoche, Todes fälle an acuten Erkrankungen der Athmungsorgane 41 gegen 50 zur Anzeige; gleichzeitig verringerte sich die Gesammtsterblichkeit von 35,5 auf 29,5 von je 1000 Einwohnern. Eine ähnliche Abnahme ist aus Dresden zu berichten, wo drei Todesfälle an Influenza gegen acht in der Vorwoche und 25 an acuten Erkrankungen der Athmungsorgane gegen 35 vorkamen. In Frankfurt a. O. sind neun Erkrankungen an Influenza gegen siebzehn in der Vorwoche ge⸗ meldet worden.

Handel und Gewerbe.

Die englische Regierung hat nach einer Verordnung des Ober⸗Commissars für den westlichen Stillen Scean den Handel mit Waffen, Patronen und Spreng⸗ material auf folgenden Inselgruppen im Stillen Scean ver— boten: Union⸗-Inseln, Phönix-Infeln, Ellice⸗Inseln, Gilbert⸗ Inseln, Salomon-⸗Inseln, soweit dieselben nicht unter deutschem Schutz stehen, und Santa Cruz-Inseln.

Von den französischen Zollbehörden wurde bisher verlangt, daß Waaren, welche aus meistbegünstigten Ländern (Deutschland, Oesterreich⸗Ungarn u. s. w. im Transit durch die Schweiz nach Frankreich eingehen, in plombirten Collis oder Waggons befördert werden müßten, wenn der französische Minimaltarif auf dieselben angewendet werden sollte. Durch eine am 25. April d. J. ergangene Cirkularverfügung = der französischen General-Zolldirection Nr. 2283 * ist dieses Erforderniß nur bezüglich der Waggonladungen aufrecht erhalten worden. Bei einzelnen? Collis hingegen kann hinfort die Plombirung durch die Vorlegung von Ur— sprungszeugnissen ersetzt werden, welche sowohl von den Zollämtern oder den zuständigen Behörden des Absendungs⸗ orts als auch von den schweizerischen Zollbehörden ausgestellt werden können. Abgesehen von den üblichen Angaben (Waarenzeichen, Zahl, Nummer und Art der Collis, Be⸗ zeichnung und Gewicht der Waare u. s. wg müssen diese Zeugnisse, soweit thunlich, das Datum der Absendung ent⸗ halten. Der Trangport der fraglichen Sendungen durch die Schweiz hat nach Maßgabe der bestehenden allgemeinen Vor— schriften auf directem Wege zu erfolgen. Der Nachweis hierfür ist durch Vorlegung der Frachtbriefe, Empfangsscheine und sonstigen von den Eisenbahnen ausgestellten Schriftstücke zu erbringen. Im Falle einer unterwegs stattgefundenen Um⸗ ladung muß nachgewiesen werden, daß die Waare nur die hierzu erforderliche Zeit an der Ümladestelle verblieben ist. Wenn die Beförderung der Waare es mit sich bringt, daß die im Ursprungslande ausgestellten Transporturkunden durch schweizerische Begleitpapiere oder Frachtbriefe ersetzt werden, so hat dieser Umstand keinen Einfluß auf die Zollbehandlung der Waare, falls die Vergleichung der Daten auf den neuen Urkunden mit denen der Ursprungszeugnisse ergiebt, daß die Waare nicht über den zur Erfüllung der Formalitäten der Weiterexpedition erforderlichen Zeitraums in der Schweiz verblieben ist; über jeden einzelnen Fall dieser Art entscheidet die betreffende französische Zollbehörde auf Grund der vorgelegten Urkunden und der abgegebenen Erklärungen.

Postpackete, welche aus . Ländern im Transit durch die Schweiz nach Fran reich gelangen, werden ohne weitere Formalitäten zum französischen Minimaltarif zugelassen.

Was die Plombirung der Waggonladungen anlangt, die, wie oben erwähnt, nach wie vor erforderlich ist, so kann dieselbe entweder durch die Zollbehörde oder die Eisenbahn⸗ verwaltung des Landes, wo die Absendung stattfindet, oder

durch das schweizerische Eingangszollamt erfolgen.

In Gugtemala ist unterm 19. April d. J. ein Gesetz

über die Rechtsstellung ausländischer Gesellschaften

und deren Vertretungen erlassen worden, das wir nach⸗ stehend in deutscher Uebersetzung folgen lassen:

Art. 1. Gesellschaften, die im Auslande gesetzmäßig gebildet sind, können sich mit vorheriger Einwilligung der vollziehenden Gewalt in der Republik niederlassen oder dort Agenturen oder Filialen errichten, falls sie sich hinsichtlich ihrer Niederlassung im Lande und ihrer geschäftlichen Thätigkeit den Vorschriften des Handels ⸗Gesetzbuchs sowie der Rechtsprechung der Gerichte des Landes unterwerfen.

Art. 2. Sobald die bejagte Einwilligung erwirkt ist, sollen die ausländischen Gesellschaften, die sich in der Republik niederzulassen oder dort Filialen oder Agenturen zu errichten wünschen, ihre Satzungen, Verträge und sonstigen auf ihre Constituirung bezüglichen Schriftstücke vorlegen und in dem durch Art. 235 des Handels ⸗Gesetz⸗ buchs vorgeschriebenen Register eintragen lassen.

Art. 3. Die vollziehende Gewalt darf die im Art. 1 er⸗ wähnte Einwilligung nicht ertheilen, so lange nicht der Nachweis le. führt ist, daß die ausländischen Gesellschafken den 4 des be⸗ treffenden Heimathlandes entsprechend gebildet sind. Diefe Bescheini⸗ gung ist von dem Gesandten oder Konful des Landes auszustellen, der in der Republik beglaubigt ist.

Art. 4. Jede im Auslande gesetzmäßig gebildete Gesellschaft, die sich in der Republik niedergelassen hat oder bort durch Agenten oder Filialen vertreten ist, muß außer der in einem früheren Artikel vor⸗ geschriebenen Registereintragung eine jährliche Bilanz veröffentlichen, die mit aller Klarheit ihre Activa und Passiva nachweist und die Namen der mit der Leitung und Verwaltung betrauten Persönlich⸗ keiten bekannt giebt.

Art. 5. Die Unterlassung der Erfüllung irgend einer Vorschrift dieses Gesetzes von Seiten der Gesellschaften, Agenten oder Filialen bewirkt eine persönliche und solidarische Verantwortlichkeit wegen sämmtlicher in der Republik eingegangener Verpflichtungen für die⸗ jenigen, die im Namen der Gesellschaften Verträge schließen; wenn diese Personen zum Nachtheil Dritter derartige Geschäfte abschließen, können sie wegen Betrugs verfolgt werden.

Art. 6. Es versteht sich, daß die Verantwortlichkeit der er— wähnten Agenturen oder Filialen unabhängig von derjenigen ist, die gegen die von ihnen vertretenen Gesellschaften geltend gemacht werden kann.

Art. 7. Die vollziehende Gewalt kann im Falle des Artikels 4 eine Stempelabgabe oder Steuer für ihre Einwilligung erheben, 23 darf diese für den einzelnen Fall den Betrag von Foo Pesos jaͤhrli nicht überschreiten.

Art. 8. Die zur Zeit in der Republik bestehenden ausländischen Gesellschaften sind für die Gültigkeit ihrer zukünftigen Handlungen

sämmtlichen Anordnungen diefes Gesetzes unterworfen.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am J. d. M. (einem katholischen Feiertage) gestellt 1825, nicht rechtzeitta gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 31. v. M. gestellt 3135, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.

Der „Frankf. Ztg.“ zufolge beabsichtigt die Deutsche Ge⸗ nossenschafts bank für die Börfen Frankfurt und Berlin die Wiederzulassung der seit Anfang Oktober 1892 gestrichenen Actien der 5st erreichisch⸗- ungarischen Staatsbahn zu beantragen, sobald die Verwaltung der Staatsbahn officiell die all— seitige Genehmigung der Vergleichsgrundzüge anzeigt und die Nach⸗ zahlung der rückständigen Couponsbeträge anordnet. Magdeburg,! ,, B.). Zuckerbericht. Kornzucker exel, von 92 —, Kornzucker excl., 85 o / Rendement 18, 15, Nachproducte excl., 75 o6ο Rendement 15,65. Stetig. Brod⸗ raffinade JI. —. Brodraffinade JI. —. Gem. Raffinade mit Faß w‚. Gem. Melis J. mit Faß —. Geschäftslos. Roh⸗ zucker J. Product Transito f. a. B. Hamburg pr. Juni 18,25 bez, 18,274 Br., pr. Juli 18,50 bez, 15,75 Br., pr. August 18,62 bez., 18,65 Br., pr. September 17,50 Br., 16,50 Gd. Fest.

Verkehrs⸗Anstalten.

Brem en, 2. Juni. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Havel“ ist am 31. Mai Vorm in New Vork angekommen. Ser Postdampfer Straßburg“ ist am 31. Mai Abends von New-Hork nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Kronprinz Friedrich Wilhelm“ sst am 31. Rai Abends von New-Jork via Gibrastar nach, Neapel abgegangen. Der Postdampfer ‚Rünchen“ ist am 31. Mai Nachm. von Balti⸗ more nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer ‚Berlin⸗ hat am 31. Mai Nachm. die Reise von Vigo nach dem La Plata fortgesetzt. Der Postdampfer „Hannover“ hat am 31. Mai Nachm. die Reise von Santa Cruz nach Vigo fortgesetzt. Der Postdampfer Weser“ hat am 31. Mal Nachm. die Reise von Gibraltar nach Neapel fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer Oldenburg“ hat am 31. Mai Abends die Reise von Genua nach Southampton fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer Karlsruhe“, von Australien kommend, ist am 31. Mai JRachm. in Suez an⸗ gekommen. Der Schnelldampfer „Lahn“ hat am 31. Nachm. die Reise von Southampton nach New⸗Vork fortgesetzt. Der Schnelldampfer „Spree“, von New⸗JYork kommend, ist am 1. Juni Nachm. auf der Weser angekommen.

Hamburg, 1. Juni. (W. C. B.) Hamburg ⸗Ameri⸗ kan ische Packetfahrt⸗ Act ien⸗Geselrschaft. Der Postdampfer „Dania“ ist Nachts auf der Elbe eingetroffen. Der Schnell⸗ dampfer Normannia“ hat heute Morgen Lizard passirt.

Konstantinopel, 1. Juni. (W. T. B.) Ein Irade des Sultans hat dem Vertreter der französischen Eisenbahngesell⸗ schaft Beirut⸗Damaseus⸗Hauran die Concession zum Bau einer etwa 550 km langen Eisenbahn Da mas eus⸗Biredjik über

Homs, Hamal und Haleb ertheilt.

Theater und Musik.

Königliches Opernhaus.

Gestern Abend ging Giuseppe Verdi's neue Oper Falstaff“, von der Gesellschaft des Deatro alla Scala in Maisand im Ensemble vortrefflich ausgeführt, unter dem lebhaften Beifall des voll besetzten Hauses zum ch Mal in Scene. Der neuen Oper ging ein großer Ruf voraus, und in der That ist es ein großartiges Tonwerk, das der greise Maestro hier wieder geschaffen hat, eine musikalische Arbeit von ungewöhnlicher Kraft und Wirkung, wie sie nur bon einer Künstler⸗ natur mit einem nicht nur reifen, fondern überlegenen Geist geschaffen werden kann. Verdi hat sich hier zum ersten Mal dem heiteren dra— matischen Genre zugewandt und eine Summe von guter Laune und von musikalisch feinem Esprit entwickelt, der den Hörer fast überall fesselt und ergötzt, wo nicht, wie es hin und wieder der Fall ist, die Schwere der musikalischen Arbeit den leichten und un⸗ mittelbaren . hindert; aber die Gewöhnung und wiederholtes Hören wird auch hier der Laienwelt das Verständniß sicher vermitteln und offenbaren. Wie schon in seiner großen Oper „Othello“ hat Verdi auch hier wieder dem Stil des modernen deutschen musika · lischen Dramas sich zu nähern gesucht und ist fo zu einer eigenartigen Combination gelangt, in der sich schöne vielstimmige Sätze von der reichen, kraftvollen orchestralen Grundlage natürlich abheben; mit den recitatiwischen Quartetten, Quintetten und noch mehrstimmigen Nummern wurde denn auch am ersten Aufführungsabend die nachhaltigste Wirkung bei den Hörern erzielt, während im inzelgesang fast nur die allerdingẽ im Vordergrunde der Handlung stehende und musikalisch am reichsten bedachte Falstafffigur sich nachhaltiger Geltung verschaffen konnte. Der Componist hat im Bewußtfein seiner eisterschaft in der Instrumentation auch im ‚Falstaff wieder das Hauptgewicht der Wirkung in das Orchester verlegt, und hier besonders weisen die . reiche Schöpfungskraft, der Erfindungsreichthum und die einzige Aus⸗

drucksfähigkeit ür das Gemüthvolle und Empfindungswarme auf

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