jetzigen Friedenspräsenzstärke forderte, woraus sich nur ein Mehr von 25 009 Rekruten ergab. .
Allerdings sollten die Uebungen der Ersatzreservisten im bisherigen Umfange beibehalten werden.
Es handelte sich somit nicht um einen Unterschied von 11000, sondern von 28 009 Rekruten, denn es muß jedem Laien einleuchten, daß ein nur kurze Zeit ausgebildeter Ersatzreservist nicht gleichwerthig einem zwei Jahre dienenden Mann gegenübergestellt werden kann, ganz abgesehen davon, daß bei den Reichstags verhandlungen seitens der Militärverwaltung die positive Unmöglichkeit der Beibehaltung der Ausbildung der Ersatzreservisten bei gleich⸗ zeitiger Einführung der zweijährigen Dienstzeit nachgewiesen worden ist. . . .
Hieran ändert auch die beispielsweise von der „Frei— sinnigen Zeitung“ vom 6. Juni 1893 gebrachte Erklärung, der Kriegs Minister von Verdy hätte die Ausbildung der Ersatz⸗ reservisten vorerst beibehalten wollen, nichts; denn die „Frei⸗ sinnige Zeitung“ verschweigt hierbei, daß dem Verdysschen Project nicht die zwei⸗, sondern die drei jährige Dienstzeit zu Grunde lag.
2D. Wie viel Mann wurden schon bisher (1891) zur militärischen Ausbildung jährlich eingestellt?
Die Beantwortung dieser Frage lautet in den ge kenn— zeichneten Flugblättern:
a. in Deutschland: 211 403 Mann. b. in Frankreich: 214 442 Mann.
Auch diese Angaben treffen nicht zu.
Nach der dem Reichstag zugegangenen amtlichen Ueber— sicht über das Ergebniß des Aushebungsgeschäfts im Jahre 1891 sind einschließlich aller Freiwilligen 198 500 Mann in Deutschland ausgehoben worden, wovon etwa 10 500 Mann für durch Tod, Unbrauchbarkeit u. . w. Abgegangene als Nachersatz und 5000 für Marine abzuziehen sind, sodaß für das Landheer rund 183 000 Mann, oder 28406 Mann weniger, als jene irre⸗ leitenden Flugschriften und Zeitungsartikel behaupten, zur Aushebung gelangt sind. ;
In Frankreich werden bekanntlich alle Diensttauglichen eingestellt. . ;
Nach dem amtlichen Bericht des französischen Kriegs— Ministeriums vom 24. Juni 1891 „compte - rendu sur le recrutement de l'armée pendant année 1890“ wurden allein für das Landheer einschließlich der Freiwilligen in Frankreich 226496 Mann ausgehoben. Diesen (treten noch mehrere Tausend für solche Marine ⸗Infanterie⸗ und Artillerie- Truppentheile Ausgehobene hinzu, welche berufen sind, im Fall eines europaäͤischen Krieges im Ver— band der Landarmee verwandt zu werden, sodaß die Gesammt— aushebungsquote für das französische Landheer die Ziffer von 230 0900 Mann im Jahre 1890 nicht nur erreicht, sondern noch überschreitet. Das bedeutet, daß rund 16000 Mann im Jahre 1890 in Frankreich mehr ausgehoben sind, als jene Flugblätter angeben; der Unterschied zwischen der deutschen und französischen Aushebungsquote beläuft sich hiernach im ganzen auf ein Mehr von rund 44 000 Mann zu Gunsten der französischen.
Bei den Commissionsverhandlungen wurde dieser Gegen— stand in ausführlichster Weise behandelt, worüber Seite 10 des Gröber'schen Commissionsberichts Aufschluß giebt, der die betreffenden Ziffern auch enthält.
3) Wieviel Mann würden künftig jährlich in Deutschland eingestellt werden?
a. nach der Forderung der Regierung:
laut einem freisinnig-volksparteilichen Flugblatt... ö 247 403,
JJ 229 000 Mann, b. nach dem Angebot der freisinnigen Volkspartei: laut Wahlflugblättern dieser Partei . 236 403,
J 200 000 Mann.
In beiden Fällen sind bei der „thatsächlichen“ Angabe die Einjährigfreiwilligen und der Nachersatz unberücksichtigt geblieben. Letzterer deshalb, weil er nur als Deckung ' fuͤr Abgänge dient und daher auf die Zahl der ausgebildeten Mannschaften ohne Einfluß bleibt. .
4. Wie groß war die deutsche Kriegsarmee 18707717 .
laut Flugblättern, die im Verlage der „Freisinnigen Zeitung“ erschienen sind, .
13509787 Mann leinschließlich der nach Ausbruch des Krieges Ausgebildeten), .
thatsächlich 1452 000 Mann. (Generalstabswerk Band V. Seite 865.)
5) Wie groß wird künftig die deutsche Kriegs⸗ armee sein ohne die neue Vorlage?
laut obengenannten Flugblättern 3700 0090 bis 3900000 Mann; .
thatsächlich, wie in der Militärcommission nachgewiesen, auf Grund der sich aus der Heeresverstärkung 1890 ergebenden Rekrutenquote in 24 Jahren (also 1914) — 3500006 Mann nach Abzug der Abgänge und einschließlich der Ersatz— reservisten.
s) Wie groß würde die deutsche Kriegsarmee künftig werden nach der Forderung der Regierung:
laut den Wahlflugblättern thatsächlich der Opposition fast 4 300 000 Mann. 4348 000 bis 4548000,
D Wie groß würde die deutsche Kriegsarmee
i f werden nach dem Angebot der freisinnigen arte i?
nach der Freisinnigen Zeitung“ thatsächlich
4150009 bis 4350000 Mann, etwa 3 750 000 Mann,
das heißt nicht viel mehr, als die jetzige Organisation an
Ausgebildeten zur Verfügung stellt.
Es wird hierbei ausdrücklich hervorgehoben, daß natürlich, wie schon früher nachgewiesen, Ersatzreservisten bei zweijähriger Dienstzeit nicht in Frage kommen.
s) Wie groß ist gegenwärtig die deutsche Friedenspräsenzstärke (exct. Offiziere)?
laut freisinnig⸗volkspartei⸗ thatsächlich lichen Wahlflugblättern 495 983 Mann 502 000, einschl. Einjährig⸗-Freiwilliger.
Die Einrechnung übender Ersatzreservisten in die Präsenz⸗ stärke ist, wie von Herrn Richter in der Militärcommission richtig hervorgehoben wurde, ein Unding, man könnte dann ebenso gut auch die zu den Uebungen einberufenen Mannschaften des Beurlaubtenstandes in ähnlicher Weise hinzuschlagen, und dann würden wir gegenüber Frankreich allerdings sehr viel zu kurz kommen, denn für Uebungen des Beurlaubtenstandes sind im Jahre 1893 vorgesehen:
Mann mit Uebungstagen in Frankreich 508 90 10 836 000 in Deutschl 85 ⸗ 173 9760 3418 461 in Deutschland E grsatzreseristen N oö 2665 ghz Mithin in Frankreich mehr Dh T 5327 536 9) Wie ist die deutsche Friedenspräsenz schon bisher gewachsen? .
Es wird behauptet, die deutsche Friedenspräsenzstärke habe 1572 nur 359 990 Mann betragen, während sich dieselbe that⸗ sächlich (lt. Reichs-Militärgesetz vom 9. Dezember 1871) auf 101 659 Mann belief. .
Auf den Leser wirken ferner Vergleiche zwischen den an— geblichen Friedenspräsenzstärken Deutschlands und Frankreichs verwirrend, indem fälschlich angegeben wird, daß heide gleich hoch seien. Es ist deshalb angezeigt, den Sachverhalt noch— mals kurz zu erörtern: . ;
Auf Seite 19 und 11 des Gröber'schen Berichts über die Verhandlungen der Militärcommission steht:
Die französische Friedenspräsenz beträgt nicht 502 000, sondern Sab h Mann. 2 600 Mann Hilden Nhie Starke abzüglich der Rekrutenvacanz. Nach gleicher Berechnung beträgt die deutsche Präsenzstärke (496 000 Mann abzüglich der Rekrutenvacanz ec. von 21 000 Mann) rund 4565 006 Mann.
Die deutsche Stärke ist somit 27 0090 Mann geringer als die entsprechende französische.
Diese unbestreitbare Thatsache wird zu verschleiern ver— sucht, indem die französische Präsenzstärke nach der Durch— schnittsstärke, die deutsche aber nach der Maximalstärke an— gegeben wird, was ein völlig falsches Bild giebt. Durch— schnittsstärke und Maximalstärke sind Begriffe, welche für Laien nicht ohne weiteres verständlich sind. Bedurfte es doch erst einer langen Debatte in der Militärcommission, um diesen Punkt völlig zu klären.
Schließlich bleibt noch die öfter wiederkehrende Angabe zu widerlegen, daß die geforderte Präsenzerhöhung von 70 900 Mann „einschließlich der Normirung der Präfenzziffer als Durchschnittsziffer statt der Maximalziffer“ einer Erhöhung von 90 000 Mann gleichkäme.
Die Durchschnittsziffer hat mit der Erhöhung der Friedens— präsenz nichts zu thun, sie ist lediglich eine Geldfrage; du rch sie wird kein Mann mehr ausgehoben, kein Rekrut mehr eingestellt, kein ausgebildeter Mann mehr entlassen.
Das Angebot der freisinnigen Volkspartei hat — abgesehen davon, daß die Einstellung des Plus von 25 000 Rekruten ohne Erhöhung der Friedenspräsenzstärke eine baare Unmöglichkeit ist — eine Verstärkung der Armee nicht oder doch nur in ganz minimalem Umfang zur Folge.
Eine Verjüngung der Armee bezw. die Schonung der älteren Jahrgänge wird dadurch überhaupt nicht erreicht, wäh⸗
rend nach der Regierungsvorlage anstatt früherer 7 Jahrgänge künftig nur rd. 6 z 13 16 20
I / ) M 1 2 1 9, . 2 ) 2 . 2 2, , 1 * n erforderlich werden. Diese Angaben sprechen für sich selbst.
Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für das Landheer und die Festungen, für Eisenbahnen, Post und
Telegraphen und für Rechnungswesen, sowie die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Eisenbahnen, Post und Telegraphen hielten heute Sitzungen.
Durch Allerhöchste Cabinetsordre vom 22. Mai ist Cassel als dauernde Garnison für die reitende Abtheilung Hessischen Feld⸗Artillerie-⸗Regiments Nr. 11 bestimmt worden.
Der Unter-Staatssecretär im Auswärtigen Amt, Wirk— liche Geheime Legations⸗Rath Freiherr von Rotenhan ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt.
Der Königliche, Gesandte in Darmstadt Freiherr von Plessen ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandt⸗ schaft wieder übernommen.
Der Königlich sächsische Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe Graf von , und Bergen ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandt⸗ schaft wieder übernommen.
Der Königlich württembergische Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe Staatsrath von Moser ist vom Urlaub hierher zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Der Landtag des Herzogthums Coburg hat in seiner Sitzung vom 5. d. M. 3000 6 für den Garantiefonds der nächstjährigen Landesausstellung genehmigt, ebenso einen Betrag von 245 0090 M66 für die Hersiellungen im Regierungs⸗ gebäude sowie 1800 6. und 7505 6. zu Herstellungen in anderen staatlichen Gebäuden des Herzogthums.
Desterreich⸗ Ungarn.
Der Heeresausschuß der ungarischen Delegation hat gestern das gesammte Heeresbudget unverändert an— genommen.
Großbritannien und Irland.
Das Unterhgus setzte gestern die Berathung des 8 3 der Homerule⸗Bill, fort. Brodrick beantragte, wie „W. T. B.“ meldet, ein Amendement, durch das die irische Legislatur verhindert wird, Gesetze über die Einwanderung und die Ausweisung von Ausländern sowie über die Rechte der in Irland wohnenden Englander zu erlassen. Der Ober⸗-Secretär für Irland Morley führte aus, der Zweck des Amendements werde erfüllt, wenn dasselbe auf die Ausländer beschränkt werde; Brodrick erklärte sich hiermit einverstanden. Das Amendement
Brodrick wurde 6 durch einen dahin gehenden Unter— antrag Morley ersetzt und letzterer mit 328 gegen 139 Stimmen angenommen. Im Laufe der Debatte protestirten die irischen Nationalisten gegen das Amendement; sie stimmten auch da—⸗ gegen. Der Premier⸗Minister Gladstone erklärte, das Amendement Morley führe kein neues Princip in die Vorlage ein, es bezwecke nur, eine Frage, welche die auswärtigen Beziehungen betreffe, dem Reichsparlament allein zu überlassen. Im weiteren Verlauf der Berathung beantragte Courtney die Weglassung der Worte, welche die irische Legislatur verhindern, Gesetze über den irischen Handel oder Quarantänen zu erlassen. Der Premier⸗Minisser Glad⸗ stone gab zu, daß es sich dabei um eine ernste Frage handle; die Regierung könne aber das Amendement nicht annehmen, das die Vorlage an der Wurzel treffe. Irland hätte zweifellos die Controle des Handels fordern können, doch habe Parnell im Jahre 1886 auf diese Befugniß verzichtet, was ein großes und weises Zugeständniß gewesen sei. Die Handelsgesetzgebung Irlands sei mit den auswärtigen Beziehungen eng verknüpft und es fei daher erwünscht, sie in den Händen des Reichsparlaments zu behalten. Chamber⸗ lain befürchtete, daß Irland sich an dieses Zugeständniß nicht halten und später die Handelscontrole beanspruchen werde. Nolan meinte, Irland sollte diese Controle besitzen; aber das vorliegende Amendement bezwecke nur, die Nationalisten zu Erklärungen zu zwingen, bevor der Finanzartikel erreicht sei. Goschen befürchtete ebenfalls, daß die Irläͤnder später doch die Handelscontrole fordern würden; er werde aber gegen das Amendement stimmen, weil er wünsche, daß das irische Parla⸗ ment diese Befugniß nicht besitze. Ein Antrag auf Schluß der Debatte wurde mit 293 gegen 255 Stimmen angenommen und hierauf das Amendemenk ohne Abstimmung abgelehnt. Frankreich.
Dem „Figaro“ zufolge hatte der Präsident Carnot gestern einen neuerlichen Anfall seines Leberleidens zu bestehen. Am Abend trat eine merkliche Besserung ein.
Spanien.
Einer Meldung des „W. T. B.“ aus Madrid zufolge haben die Conservativen beschlossen, bei der Berathung des Budgets in der Obstructionspolitik zu beharren, um die Abstimmung am 30. Juni zu verhindern.
Schweiz.
Der Nationalrath hat nach der „Köln. Ztg.“ gestern den Antrag zu Gunsten der finanziellen Unkerstü— tung der Volksschule durch den Bund angenommen.
Schweden und Norwegen.
In der gestrigen Sitzung des Storthings beantragte, wie W. T. B.“ aus Ehristiania meldet, der Deputirte Prahl, zur weiteren Aufklärung über die in Horten Anfang Mai vorgenommene Ausrüstung von Torpedobooten und Kanonenbooten drei Marine⸗-Offiziere und zur Auf⸗ klärung über die Frage, betreffend den Vorgang mit Waffen der Marine im Jahre 1834 — es waren damals viele Ge wehre mit abgeschraubten Schlössern vorgefunden worden —, vier andere Marine⸗-Offiziere, darunter den ehemaligen Marine— Minister Johansen vor das Storthing zu laden. Der Antrag soll in einer spaͤteren Sitzung zur Verhandlung kommen
Amerika.
In der vorgestern abgehaltenen Sitzung des Cabinets der Vereinigten Staaten ist, einem Telegramm der IFrkf. Ztg.“ aus Washington zufolge, die Proclamation des Auslieferungsvertrags mit Rußkand aus— gefertigt worden. Der Vertrag tritt am 24. . in Kraft.
Nach einer in London eingetroffenen Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Buenos Aires hat das ge⸗ sammte argentinische Cabinet demissio nirt. Nach einer in Paris eingetroffenen Meldung von heute hätte sich das neue Cabinet bereits constituirt. Als Minister werden genannt: Vences lav Escalante für Inneres, Cane für Auswärtiges, Avellaneda für Finanzen, General Vie⸗ bueno für Krieg und Amancio Alcorta für Justiz.
Wahlangelegenheiten.
In der „Nordd. Allg. Ztg.“ wird folgende Erklärung veröffentlicht:
„Die unterzeichneten Katholiken des Rheinlandes sehen sich an⸗ gesichts der demnächstigen Reichstagswahl zu folgender Erklärung ver⸗ anlaßt:
Das Verhalten der Majorität der Centrumsfraction bei der Ab— stimmung über den von Huene'schen Antrag war unseres Erachtens überhaupt, namentlich aber in Rücksicht auf die Stellung der Katho⸗ liken in unserem Vaterland, ein unpolitisches. Indem sie die Wehr⸗ haftigkeit des Reichs nicht zu der den gegenwärtigen politischen Ver⸗
hältnissen entsprechenden Entwickelung gelangen ließ, schwächte sie ihrerseits die Sicherheit unserer Grenzen; sie gab den Gegnern der Katholiken Waffen in die Hand, mit denen man dereinst deren Stel— lung in Staat und Reich bekämpfen wird, und sie entfernte sich von dem traditionellen eonserbativen Boden, in dem die katholischen Be⸗ strebungen wurzeln sollen.
Der Umstand, daß von den rheinischen Abgeordneten des Centrums bei jener Abstimmung nur zwei auf die Seite der Reichsregierung traten, kann hinsichtlich der Stimmung der Bevölkerung der Rhein« lande zu dem Urtheil führen, daß hier in den weitesten katholischen Kreisen das Verständniß für die Nothwendigkeit der Forderungen der Regierung fehle, oder daß die Neigung zur Opposition den politischen Blick der Rheinländer trübe,
Dieser, Auffassung müssen wir unsererseits enischieden entgegen⸗ treten. Wir können nicht zugeben, daß man im Reich, wie draußen, die Stellung der rheinischen Katholiken zu der Militärvorlage ähnlich beurtheile wie diejenige der Bevölkerung Elsaß⸗Lothringens. Wir anerkennen gern die erfolgreiche seitherige Thätigkeit des Centrums und danken ihm für die mannhafte Vertheidigung unserer verfassungs⸗ mäßigen Rechte, wir pflichten auch dem jüngst erlassenen Wahl— aufruf in den meisten Punkten bei, allein wir beklagen es mit einem nicht unbeträchtlichen Theil der rheinischen Katholiken aufs tiefste, daß die Majorität des Centrums in der Bewilligung der Leistungen für die Wehrhafterhaltung des Reichs nicht über dasjenige hinausgehen wollte, was für die Durchführung der zweijährigen Dienstzeit inner⸗ halb der gegenwärtigen Präsenz erforderlich sein würde. Die Be⸗ willigung innerhalb dieser Grenzen ist nach Ansicht nicht allein der maßgebenden militärischen Autoritäten, sondern auch eines großen Theiles des Reichstags für die wirksame Vertheidigung unserer Grenzen gegenüber den herausfordernden Rüstungsbestrebungen' unserer Gegner nicht ausreichend.
Berufe man sich nicht auf die Windthorst'schen Resolutionen. Sie mögen vor drei Jahren am Platze gewesen sein. Nachdem aber inmwischen sowohl Rußland wie Frankreich eine staunenswerthe Ver— besserung der Ausbildung ihrer Truppen, eine starke Vermehrung
sährer Cadres, sowie eine durchgreifende Vervollständigung der Vor⸗
bedingungen für die Mobilmachung ihrer Armeen und' für den ersten Aufmarsch ins Werk gesetzt haben, ist die Lage verändert. Ein Staatsmann wie Windthorst würde bei dem heutigen Stande der Dinge an jenen Resolutionen keineswegs festge halten haben. Er setzte ein so unbedingtes Vertrauen in die Wahrhaftigkeit und Selbstlosigkeit des Reichskanzlers Grafen Caprivi, er schätzte dessen staatsmännische und organisatorische Eigenschaften fo hoch, daß er sich gegenüber den von demselben vertretenen Forderungen zur Erhaltung der vollen Wehr— haftigkeit des Reichs gewiß nicht, in kühler Ablehnung auf die vor drei Jahren beschlossenen Resolutionen berufen haben würde. Nie und nimmer würde er sich durch die angedrohte Secession eines Theils der süddeutschen Centrums⸗Abgeordneten zu einer unpolitischen Oppo⸗ sition haben, drängen lassen; nie und nimmer hätte er die Fraction über das Vaterland gestellt. Ihm wäre es zweifellos gelungen, mit der Majorität seiner Fraetionsgenossen eine Entscheidung herbeizu⸗ führen, welche uns die jetzt herrschende Beunruhigung erspart hätte und über welche in allen Gauen des Deutschen Reichs Befriedigung herrschen würde. Rede man auch nicht von den unerschwinglichen Lasten, die aus der Annahme des Huene'schen Antrages für das Volk entstanden wären. Es giebt Wege genug, die unvermeidliche Mehr⸗ belastung so zu vertheilen, daß die breiteren Schultern auch das meiste zu tragen bekommen und daß den unvermögenderen Kreisen nur das— jenige auferlegt wird, was ihrer Leistungsfähigkeit entspricht. Alle diese Lasten tragen sich leicht, wenn man sich sagen muß, daß fle die Sicher⸗ heit des Reichs gewährleisten und daß damit jene Erleichterung der Dienstpflicht verbunden ist, wie sie die Militärvorlage vorgesehen hatte.
Wir verwahren uns dagegen, daß die conservative Tradition des Centrums, welche unter Reichensperger und von Mallinckrodt, dann unter Windthorst, von Schorlemer und von Franckenstein, und zuletzt unter Graf Ballestrem und von Huene zum großen Nutzen der katho⸗ lischen Sache und unter der ausdrücklichen Zustimmung der höchsten kirchlichen Autoritäten gepflegt wurde, verlassen werde. Wir protestiren gegen die Herabsetzung und Verunglimpfung., welche man fich jüngst in gewissen Organen des Centrums gegen die der Militärvorlage bei⸗ fällig gesinnten Kirchenfürsten herausgenommen hat, gegen hoch⸗ erleuchtete Männer, die in den kirchenpolitischen Kämpfen der siebziger und achtziger Jahre im Vordertreffen gestanden haben, und denen' das katholische Volk nie erlöschenden Dank schuldet.
Wenn wir davon absehen, uns völlig von der Partei des Centrums zu lösen und zur Organisirung einer besonderen, die bewährten Ueber— lieferungen wieder aufnehmenden Partei anzuregen, so geschieht dies, um auch jetzt noch und so lange wie möglich die katholische Einigkeit zu wahren; es geschieht in der Hoffnung, daß die gegenwärtige Centrumsmajorität durch den ruhigeren Ton in ihrer Presse und auf ihren Versammlungen, sowie durch ihr verföhnliches Verhalten bei der bevorstehenden Wahl es uns möglich macht, an der Lösung der großen uns noch bleibenden Aufgaben auch weiter gemeinsam mit ihr zu arbeiten.
Den einzelnen Wahlkreisen mag es überlassen bleiben, ob sie unter den obwaltenden Umständen und gegenüber der aus früheren Zeiten noch vorhandenen straffen Organifation des rheinischen Partei⸗ ausschusses katholische Candidaten zur Wahl stellen wollen, welche auf dem Boden des von Huene'schen Antrages stehen.
Möchte man in jedem Fall Schroffheiten vermeiden, in Zweifel⸗ fällen auch die Entschließung des Gegners achten und vor allem nicht vergessen, daß die Parole: ‚Für Wahrheit, Freiheit und Recht: zu ergänzen ist durch den allen Patrioten gemeinsamen Ruf: „Mit Gott für König und Vaterland!“
Hierzu die folgenden Unterschriften:
Gutsbesitzer Abels zu Gommern. Rentner Alff zu Prüm. Guts—⸗ besitzer Außem zu Niederaußem. Gutsbesitzer Baumann zu Arnolds⸗ weiler. Graf Beissel von Gymnich auf Frenz. Gutsbesitzer von Beulwitz auf Mariahütte. Freiherr von Blanchart zu Alsdorf. Freiherr von Brackel zu Tetz. Gutsbesitzer Brauhaß zu Rheidt. Landrath von Brenning zu Düren. Landrath Graf von Brühl zu Koblenz. Gutsbesitzer Bürsgens zu Güsten. TLandrath Frei⸗ herr von Coels zu Aachen. Fabrikbefftzer Cüͤpper zu Burtscheid. Rittergutsbesitzer Dahmen zu Damianshof. Gutsbesitzer Destrée zu Effern. Gutsbesitzer Dick zu Quadenhbf. Staatsprocurdtor a,. D. Dubuse zu Aachen. Gutesbesitzer Efferty zu Neuenhausen. Gutsbesitze Eich zu Bödingen. Bürgermeister Fischer zu Eschweiler. Graf von Fürstenberg⸗ Stammheim auf Stammheim. Rittergutsbesitzer von Deinsberg auf Wevelinghoven. Graf von und zu Hoensbroech auf Kellenberg. Gutsbesitzer Hoff mann zu Löveling. Freiherr von Hövel auf Junkernthal. Gutsbesitzer Jansen auf Kinzweilerburg. Land⸗ rath z. D. Janssen zu Burtscheld. Rittergutsbesitzer von Kesseler⸗ Bock zu Pattern. Commerzien⸗-Rath Kesselkaul zu Aachen. Landes⸗ Rath Klausener zu Düsseldorf. Landes-Director Klein zu Düsseldorf. Landrath Linz zu Mayen. Landrath Freiherr von Los zu Siegburg. Gutsbesitzer von Meer zu Hottorf. Gutsbesitzer von Meer zu Sittarderhof. Oberst⸗Lieutenant a. D. Meese zu Grülsnghaufen. Ehren⸗Bürger⸗ meister und Gutsbesitzer Meising zu Jüchen. Graf von Mirbach auf Schloß Harff. Gutsbesitzer Jakob Rey zu Gladbach. Guts besitzer Ludwig Rey zu Kelz. Fabrikbesitzer Ritter zu Burtscheid. Handels⸗ tammer⸗-Präsident Rosellen zu Neuß. Landrath Saffe' zu Montjoie. Geheimer Regierungs⸗Rath Seul zu Düffeldorf. Justiz⸗Rath Scheuer zu Jülich. Gutsbesitzer Friedrich Schmitz zu Hillesheim. Guts besitzer Hubert Schmitz zu Serrest. Landrath Freiherr von Schorlemer zu Neuß. Fabrikbesitzer Const. Schwartz zu Prüm. Bürgermeister P. Stern zu Viersen. Freiherr von Syberg zu Eichs. Fabrikbesitzer Trimborn zu Grevenbroich. Landrath Dr. Vüllers zu Jülich. Frei⸗ herr von Wenge⸗Wulffen auf Overbach. Gu 'sbesitzer Wolff zu Merr— hof. Rittergutsbesitzer Zillekens zu Asperschlag.
— Die „Schlesische Volkszeitung“ meldet aus Reichen— bach i. Schl.. In einer sehr zahlreich besuchten Vertrauens— männerversammlung wurde dem Bedauern über die Mandats— niederlegung des Abgeordneten Porsch Ausdruck gegeben, in gerechter Würdigung der Verdienste desselben und unter Mißbilligung der gegen Porsch in einem Centrumsblatt gerich—⸗ teten Angriffe. Dem neu aufgestellten Candidaten, Gutsbesitzer Konrad⸗Neurode ist für die Abstimmung über die Militär— vorlage vollständige Freiheit gelassen.
— Wen sollen wir wählen? betitelt sich ein gut und ein⸗ dringlich geschriebenes „vaterländisches Mahnwort“ von K. 2 udwig. Emmendingen, Commissionsverlag von A. Dölter, 1893.) Die Broschüre setzt sachgemäß die Nothwendigkeit der Militärvorlage aus— einander und hält dem deutschen Volke vor, was es damit gewinnen, was es bei ihrer Verwerfung verlieren würde. Sie schließt mit den Worten: Was wir sind und was wir haben, verdanken wir dem Vaterlande; darum: das Vaterland über alles!
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Lage der Textilindustrie.
Aus dem Regierungabezirk Liegnitz wird uns geschrieben: Auf dem Gebiete der Fabrikation leinener Tücher, der Leingarnspinnerei,
der Leingarnbleiche, der mechanischen Baumwollweberei, sowie endlich
der Wollspinnerei ist in dem letzten Quartal ein merklicher Aufschwung zu verzeichnen gewesen.
Rentengüter und Ansiedelungsstellen.
Die Bildung von Rentengütern hat im Regierungsbezirk Danzig immer mehr Anklang gefunden; es sind in der Zeit vom 1 August 1892 bis Anfang März d. J. aus den einzelnen Kreisen des Beꝛirkz 51 Anträge auf Parzellirung von Gütern, Gutztheilen und bäuerlichen Besitzungen, welche eine Fläche von nahezu 12 000 ha
umfassen, eingegangen. Wenn auch in elf Fällen, bei welchen es 14 um Parzellirung eines Gesammtarealz von 24599 ha. handelt, inzwischen der Antrag theils zurück⸗ gezogen, theils das Verfahren nicht eingeleitet ist, so liegen doch immer noch 87 Anträge auf Parzellirung einer Fläche von insgesammt 22550 ha vor — ein Beweis, von welch hoher Bedeutung das Gesetz über die Bildung von Rentengütern für den Regierungsbezirk ist. Mit der Begebung von Anfiedelungsstellen“ des Ansiedelungsguts . im Pr. Stargardter Kreise, soll demnächst vorgegangen werden. ;
Zur Arbeiterbewegung. . Wie der „Vorwärts“ heute berichtet, legten sämmtliche Hand⸗ schuhmacher des Kaufmanns Liebenam in Brandenbi 18 a 5 wegen einer Lohndifferenz die Arbeit nieder.
Der Ausstand in den Kohlenbergwerken der Donau— Dampfschiffahrts-Gefelkfchaft in Fünfkirchen (vergl. Nr, 134 d. Bl.) hat sich nach einer Meldung des W. T. B.“ vom gestrigen Tage auf sämmtliche Kohlenbergwerke der Gesellschaft aus⸗ gedehnt. Die Zahl der Strikenden beträgt mehr als 2200. Bisher ist die Ordnung nicht gestört worden. In einer Bekanntmachung wird allen denen, die bis heute die Arbeit nicht aufnehmen, die Abschiebung angedroht.
Angesichts der Au freizungen gegen die belgischen Ar— beiter im Pas de Calais beschloß nach einem Telegramm des EH; T. B. „aus Brüssel vom heutigen Tage der Vorstand des Arbeitersyndikats, dort hinzureisen und ein Manifest zu erlassen, vorin die französischen Arbeiter vor Ausschreitungen gewarnt werden.
Eine Maurerversammlung, die hier in Berkin am Dienstag Abend bei Hensel in der Invalidenstraße stattfand, hat, der Post zufolge, den Ausstand befchloffen. Es wurde folgende Resolution angenommen. „Die Maurer Berlins und Umgegend verpflichten sich, morgen, 7. Juni, unverzüglich die Forderung von Hö 3 Stunden⸗ lohn zu stellen. Auf Bauten, wo er nicht gezahlt wird, ist die Arbeit sofort niederzulegen. Der Bau wird fo lange gesperrt gehalten, bis bewilligt ist.“
Nach einem Bericht des, Vorwärts“ wurde in einer Versammluug des Allgemeinen Unterstützungsvereins der Töpfer, Filiale Berlin, am 28. Mai die Frage des Achtstundentages berathen und durch eine Resolution bestimmt, daß an den Stellen, wo die Arbeitszeit, ein— schließlich einer halbstündigen Frühstücks, und einstündigen Mittags⸗ pause, länger als von früh 73 Uhr bis Vachmittags 5 Uhr dauert, eine Einigung versucht und erforderlichen Falls die Sperre verhängt werden soll.
Kunst und Wissenschaft.
. Sitzung der kunstgeschicht lichen Gesellschaft sprach Herr Schweitzer über die Stunden des Tages und der Nacht‘, die unter Raffael's Namen bekannt und in Stichen der französischen Akademie aus dem Anfang unseres Jahr—
XM . —
hunderts weit verbreitet sind. Die Originale befanden sich, wie der
Vortragende unter Vorlage eines älteren Stichs nachwies, ursprünglich an der Decke des Badezimmers des Cardinals Bibbiena.
den Appartamenti
umgewandelt,
die
und sechs Nachtstunden, Fuße der Gemälde.
6
X XV
ammengetragen.
und sind mehr die werke bevorzugt, sodaß abschließendes Bild der
; ngen der Gesellschaft
bis zum Herbst vertagt.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Anläßlich der Wanderversammlung der deutschen Land? wirthschaftsgesellschaft und der Eröffnung der Aus- stellung auf der Therefienwiese werden, dem . W. F. B. zufolge, heute zahlreiche Extrazüge in München eintreffen. Der preußische Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten von Heyden trifft heute Mittag dort ein und wird der Eröffnung der Ausstellung beiwohnen. Gestern fand im Rathhaussaale Empfangsabend statt, bei dem etwa 609 Personen aus allen Theilen des Reichs anwesend waren, darunter Vertreter der Regierungen der deutschen Staaten und andere hervorragende Perfönlichkeiten. Der Bürger⸗ meister Borscht hieß die Gäste im Namen der Stadt willkommen
und schloß mit einem Hoch auf die Landwirthschaftsgesellschaft. Der.
Präses der ostpreußischen Section. Justiz⸗Rath Reich schloß mit einem Hoch auf den Ehren- Praͤsidenten Prinzen Ludwig. Letzterer dankte in einer längeren Ansprache, worin er hervorhob, daß er neben dem allgemeinen Interesse für alle Zweige des Staatslebens und für alle Stände auch der praktischen Landwirthschaft nahestehe. Gerade die Landwirthschaft beweife die unbedingte Noth⸗ wendigkeit des. Zusammenwirkens der Berufsarten besonders mit der Industrie; auch die kleinen Landwirthe könnten sich die Vor⸗ theile einer industriellen Nebenthätigkeit sichern durch Genossenschafts⸗ unternehmungen, in denen in der letzten Zeit erfreuliche Forschritte gemacht seien. Allerdings träten entgegengesetzte Wünsche der Städte— bewohner und der Landwirthe betreffs der Zollschutzfragen hervor; die Landwirthe beispielsweise wünschten vielfach eine billigere Verzollung der Maschinen, wohlfeilere Kohlentarife 2c. ꝛc. Es sei eine schwere Aufgabe, die richtige Ausgleichung der Interessen und Gegensätze heraus⸗ zufinden, auch zwischen den großen und kleinen Landwirthen und zwischen den verschieden beschaffenen Ackergegenden. Hierzu rechne er die Frage der Staffeltarife und des Identitätznachwelfes, in welcher ebenfalls nur das Gesammtwohl, nicht der Vortheil eines Landes— theils mitzusprechen habe, desgleichen bei allen Zolltarifen. .Ich bevorzuge“, schloß der Prinz, „keinen Stand und kein Land, nur das allgemeine Beste suche ich zu fördern; ein treues Zusammenstehen aller Stände ist nothwendig, am höchsten verkörper? im Deutschen Reich. Das Reich lebe hoch!‘ — Die Rede wurde sehr beifällig aufgenommen.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Italien.
Nach einer seesanitätspolizeilichen Verordnung vom 29. v. M. werden in Zukunft die aus den osterreichisch⸗ ungarischen Häfen nach italienischen Häfen bestimmten Schiffe in letzteren zum freien Verkehr zugelassen werden. (Vgl. „R. A.“ Nr. 270 vom 14.11. 92.)
Spanien.
Nach einer in der Gaceta de Madrid“ vom 1. d. M. ver⸗ öͤffentlichten Verordnung des Ministeriums des Innern sollen Pro⸗ venienzen von Marseille, die nach dem 71. v. R. abgegangen sind und nach dem J. d. M. in spanische Häfen einlaufen, wegen der in Marseille wieder aufgetretenen Cholera nach dem Lazarethhafen ge⸗ schickt werden. Provenienzen aus solchen Hafenorten, die 165 Em oder weniger weit von Marseille entfernt liegen, werden als ver— dächtig erklärt.
Rumänien.
Durch Verfügung der Königlich runlänischen Regierung ist die Grenze der Bukowina in ihrer ganzen Länge von Mamornitza bis einschließlich Burdujeni wieder geöffnet und die Sanitätsposten von Burdujeni und Michaileni sind eingezogen worden. (Vergl. R. A.“ Nr. 87 vom 13. April 1893.) ⸗
Cholera.
Hamburg. Da die Ausbreitung der Cholera im Vorjahre zum Theil den ungünstigen Wohnungsverhältnissen in Hamburg zuge⸗ schrieben wurde, hat, wie in den ‚Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ mitgetheilt wird, der Senat mit Rücksicht darauf der Bürgerschaft unterm 12. Mai d. J. einen Gesetzentwurf vor—⸗ gelegt, welcher eine bessere Wohnungspflege unter staatlicher Beaufsichtigung zum Ziele nimmt. .
Nimes, 7. Jun. Heute ist, wie W. T. B.“ meldet, hier ein Todes fall infolge choleraartiger Erkrankung vorgekommen. Die cholergartige Epidemie ist auch in Alais aufgetreten, wo die Zahl der Sterbefälle die Durchschnittsziffer übersteigt.
Mon tp , gestern Abend sind, dem W. T. B.“ zufolge, hier zwei Todesfälle infolge Cholera vor— gekommen.
Frankreich. Zufolge einer Mittheilung vom 19. Mai d. J sind in, der Vendée seit Anfang Mai „choleraartige“ Krankheits- und Todesfälle in den Orten Sa bless d' Slonne, Olonne, Cha teau⸗ dOlonne und auf Ile⸗de Jeu vorgekommen. Im Kreise St. Nazaire (Departement Loire⸗Inférieure) wurden Tinige Falle verdächtigen Durchfalls beobachtet. Das „Journal des Böbats“ vom 14. Mai theilt mit, daß im Departement Mor bihan zur noch in zwei Ortschaften der Umgebung von Lorient Erkrankungen letzthin festgestellt worden sind. Zu Cette (Departement Hérault) haben vom 20. bis 23. Mai vier bis fünf ycholeraverdächtige Erkrankungen, zu Nim es (Departement Gard) am 22. Mai ein Todes fall infolge von „Cholerine“ sich ereignet. Choleraverdächtige“ Fälle sind nach einer Mittheilung vom 30 Mai aus Toulouse, Frontignan, Montpellier und Lunel gemeldet worden. .
Rußland. In der Zeit vom 15. bis 19. Mat (n. St.) sind, wie in den „Veröffentlichungen des Deutschen Kaiserlichen Gesundheits⸗ amts“ berichtet wird, nur für das Gouvernement Saratow drei Cholera⸗Erkrankungen und zwei Todesfälle amtlich angemeldet worden; dieselben ereigneten sich vom 23. bis 29. April. In den Gouverne⸗ ments QOrel und Ufa wird die Seuche als erloschen angesehen. Im Kreise Nachitschewan (Gouvernement Jelissawetpol) ist zufolge einer Mittheilung vom 19. Mai ein Todesfall neuerdings vorgekommen.
Gelbfieber.
Brasilien. Nach der heftigen Epidemie während der heißen Jahreszeit 1891/92 hatte das Gelbfieber in Sant os vom Mai bis Dezember 1892 während der kähleren Jahreszeit zwar nachgelassen, war aber nie erloschen. Mit Beginn der heißen Jahreszeit im Dezember 1892 hat die Seuche wieder zugenommen. In den letzten Tagen des März befanden sich, nach einer Mittheilung in den ‚Ver⸗ öffentlichungen des Deutschen Kaiserlichen Gesundheitsamts“, in dem Hospital de Isolamento 95 Fieberkranke, wovon 23 auf die im Hafen liegenden fremden Schiffe entfielen. In der Zeit vom L Dezember 1892 bis 6. April d. FJ. haben sich insgesammt 45 deutsche Schiffe mit 1434 Mann Besatzung im Hafen von Santos aufge⸗ halten, darunter 14 Segelschiffe mit 161 Mann. Am Gelbfieber verstarben unter den deutschen Seeleuten 24 Mann von den Segel⸗ schiffen, hingegen nur 12 Mann von den Dampfern. Diese auf⸗ fallende Thatsache erklärt sich daraus, daß die zur Verhütung einer Erkrankung erforderlichen Vorkehrungen lin Anbetracht des Kosten Lunkts in vollkommener Weise von den großen FRhedereien, denen die Dampfer vorzugsweise angehören, durchgeführt werden können.
Handel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks
an der Ruhr und in Oberschlesien.
An der Ruhr sind am 7. d. M. gestellt 16 292, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.
In Oberschlesien sind am 6. d. M. gestellt 3868, nicht recht · zeitig gestellt keine Wagen.
. Zwangs-Versteigerungen.
Beim Königlichen Amtsgericht P Berlin standen die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Görlitzerstraße 33, den Glasermeistern G. Böhme und G. Diechmann gebörig. Nutzungswerth 7050 6 Mindestgebot 120 060 Für dasselbe wurde der Hotelbesitzer Georg Stöckel, Neustädtische Kirchstraße 10. Ersteher. — Kommandantenstraße 16 und II, dem Baumeister Th. Schiller gehörig. Nutzungswerth 49 800 6 Mindestgebot 2900 M Für das Meistgebot von 16006 000 0 wurde der Premier- Lieutenant a. D. Hans von Westernh agen, Bellevuestraße 14, Ersteher. ö ö
Danzig, 8. Juni. (W. T. B.) Die Einnahmen der Marien⸗ burg-⸗Mlawkger Eisenbahn betrugen im Monat Mat 1393 nach provisorischer Feststellung 142700 gegen 100 900 ½ nach provisorischer Feststellung im Mai 1892, mithin mehr 41 800
Breslau, 8. Juni. Vormittags. (W. T. B.) Die Zufuhr zu dem bevorstehenden WolLmarkt hat begonnen und istf vorläufig eine sehr geringe. Auf den hiesigen Lägern befindet sich weniger Wolle diesjähriger Schur als sonst. Waͤsche ist meist befriedigend. Es sind englische Käufer anwesend; dieselben kauften von den Lägern 400 bis 500 Ctr. feine und hochfeine schlesische Wollen. Tuchwollen waren gesucht, Stoffwollen vernachlãässigt.
Magdeburg, 7. Juni. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker erel., von 92 0½ 1935, Kornzucker exel., 85 Cο 9 Rendement 19, 090, Nachproducte exel.,, 75 0 Rendement 16,90. Fest. Brod⸗ rafftnade J. 31.090. Brodraffinade II. 30,25. Gem. Raffinade mit Faß 30,23. Gem. Melis 1. mit Faß 29,75. Fest. Roh⸗ zucker J. Product Transito f. a. B. Hamburg pr. Juni 18.95 bez., 19.90. Bre, pr. Juli 19,15 bez, 19177 Br., pr. Auguft 1939 bez. 19,323 Br., pr. September 1650 Gd. 17,577 Br. Fest.
Feige Kamm zug⸗Termin⸗ handel. La Plata Grundmuster B. per Juni 3,23 6, per Just 23 M, per August 3777 Ss, per September 3.30 C, per Oktober 3, 829 6, per November 3, 8, 6, per Dezember 3, S 0. per Januar 3.87 6, per Februar 3, 8ß6 M0, per März 3,87 6. per April 3, 8? S, per Mai — MS.
Mannheim, 7. Juni. (W. T. B.) Productenmarkt. Weizen pr. Juli 16,85, pr. November 17,20, Roggen pr. Juli 15.45, pr. November 15,70. Hafer per Juli 16,90, per November 15.10. Mais pr. Juli 11,30, pr. November 11.70.
Wien T. Juni. (W. T. B.) Der „Politischen Correspondenz⸗ wird aus Belgrad gemeldet: Dle für den Anleihedienst in Belgrad domicilirenden ausländischen Delegirten der Obligatio näre werden nunmehr ihrerseits alle Publikationen über di Kassengebahrung
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