Die Rummer 18 der Gesetz⸗Sammlung, welche von heute ab . Ausgabe ö enthält unter . Nr. 1 das Gesetz, betreffend Aenderung des Wahl⸗ verfahrens. Vom 29. Juni 1893. Berlin, den 29. Juni 1893. Königliches Gesetz⸗Sammlungs⸗Amt. Weberstedt.
Bekanntmachung
Ausreichung der neuen Zinsscheine zu der
wegen
Staats-Anleihe der vormals freien Stadt Frank—⸗ furt a. M. vom 9. April 1839.
Die Zinsscheine zu den Schuldverschreibungen der vorbezeichneten
Staats⸗Anleihe Reihe III und zwar zu Litt. A ö Nr. Ibis 6, deren erster am 1. Januar 1894,
insscheine Nr. J bis 5, deren erster am 1. April 1894, zu TIitt. C Zinsscheine Nr. JI bis 5, deren erster am 1. Juli 1894, zu JLitt. D Zinsscheine Nr. bis 5, deren erster am 1. Oktober 1894 fällig wird, werden vom 1. Au gu st 1893 ab bei der Königlichen Kreis⸗ kasse ö Frankfurt a. M. während der üblichen Dienststunden aus⸗ gereicht. Diese Zinsscheine können auch durch die Königlichen Regierungs— Hauptkassen bezogen werden. . Beim Bezug der neuen Zinsscheine sind von dem Eigenthümer oder dessen , n te, die alten Zinsschein⸗Anweisungen mit einem doppelten Verzeichniß an die betreffende Kasse einzureichen. Das eine Verzeichniß wird, mit einer Empfangsbescheinigung ver⸗ sehen, sogleich zurückgegeben und ist bei Aushändigung der neuen insscheine wieder abzuliefern; über die neuen Zinsscheine hat deren mpfänger Quittung zu geben. ormulare zu diesen Verzeichnissen sind bei den genannten Kassen
unentgeltlich zu haben. er Einreichung der Schuldverschreibungen bedarf es zur Er—⸗
langung der neuen Zinsscheine nur dann, wenn die alten Zinsschein⸗ Anweisungen abhanden gekommen sind; in diesem Falle sind die be⸗ treffenden Documente an den unterzeichneten Regierungs⸗Präsidenten mittels besonderer Eingabe einzureichen. ;
Die entstehenden Portokosten haben die Empfänger der neuen Zinsscheine zu ersetzen.
Wiesbaden, den 5. Juni 1893. -
Der Regierungs⸗Präsident. von Tepper ⸗Laski.
zu Litt. B
Aichtamtliches.
Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 30. Juni.
Seine Majestät der Kaiser und König unter— nahmen, wie „W. T. B.“ aus Kiel meldet, gestern Nachmittag eine größere Segelfahrt nach der Eckernförder Bucht und kehrten um 6 Uhr an Bord der Yacht „Hohenzollern“ zurück.
In der am Donnerstag unter Vorsitz des Vice⸗Präsidenten des Staats⸗Ministeriums, Staatssecretärs des Innern Dr. von Boetticher abgehaltenen Plenarsitzung des Bundesraths wurde über Eingaben in Zoll- und Steuerangelegenheiten so—⸗ wie über mehrere Gesuche um Befreiung von Bestimmungen der Gewerbeordnung Beschluß gefaßt. Dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Gewährung von Unter— stützungen an Invalide aus den Kriegen vor 1870 und an deren ir id, dem Verordnungs⸗Entwurf wegen Ein⸗ führung von Reichsgesetzen (gesundheitspolizeilichen In⸗ . in Helgoland und den Entwürfen von Vor⸗ chriften, betreffend die Einrichtung von Anlagen zur Anfertigung von Zündhölzern, die Einrichtung und den Be— trieb der Bleifarben⸗ und Bleizuckerfabriken und die Einrichtung und den Betrieb der zur Anfertigung von Cigarren bestimmten Anlagen, wurde die Zustimmung ertheilt. Die Resolution des Reichstags, betreffend die gesetzliche Einführung einer in das metrische System passenden Bezeichnung für 160 kg, wurde dem Reichskanzler überwiesen. Mit der Vorberathung des Antrags der Königlich großbritannischen Regierung auf An⸗ erkennung der englischen Prüfungszeichen für Handfeuerwaffen wurde der Ausschuß für Handel und Verkehr beauftragt.
Die Commission für Arbeiterstatistik trat heute unter dem Vorsitz des Unter⸗Staatssecretärs Dr. von Rotten⸗ burg im Reichstagsgebäude zusammen.
Die Zusammensetzung der Commission hat seit ihrer letzten, im Februar d. J. abgehaltenen in keine Aende⸗ rung erfahren. Den Verhandlungen wohnen Commissare des Reichskanzlers, des Ministers für Handel und Gewerbe und des Senats der freien Stadt Hamburg bei.
Die Tagesordnung ist folgende: 1) Eingänge und ge⸗ schäftliche Mittheilungen. 2) Untersuchung über die Verhält⸗ nisse der in Gast- und Schankwirthschaften beschäftigten Per— sonen. 3) Untersuchung über Arbeitszeit im Handelsgewerbe. ) Antrag Siegle: Fortlaufende Erhebungen über die Löhne und die Ärbeitszeiten aller Arbeiter, welche den gewerblichen Berufsgenossenschaften angehören.
Nach Erledigung der ersten Nummer der Tagesordnung
wurde die Berathung über den zweiten Gegenstand bis zum Er⸗ scheinen von Auskunftspersonen, welche bei der Feststellung des auszugebenden Fragebogens gehört werden sollen, zurückgestellt. Sodann berichtete Ober⸗Staatsanwalt Dr. Hartmann über das in der Denkschrift „Erhebung über Arbeitszeit, Kündigungsfristen und Lehrlingsverhältnisse im Handels⸗ ewerbe“ niedergelegte Ergebniß der nach den Vorschlägen er Commission vorgenommenen Enquéte. Im n⸗ schluß an die Ausführungen des Referenten und der Cor— referenten . die Commission ihrer Ueberzeugung dahin Ausdruck, haß das durch die angestellten Erhebungen ge— wonnene Material als eine vertrauenswürdige Grundlage sf⸗ die weiteren Erwägungen über etwa zu treffende Maßregeln angesehen werden könne.
Der Königliche Gesandte in Dresden, Wirkliche Geheime Nath Graf von Dönhoff hat einen ihm Allerhöchst be⸗ willigten kurzen Urlaub angetreten. Während seiner Ab⸗ wesenheit fungirt der Legations-Secretär Prinz zu Hohen—⸗ lohe⸗Oehringen als Geschäftsträger.
dem Jahre 18650 im Amt war, ist
Köln, 29. Juni. Der Weihbischof Baudri, der sei eute gestorben.
Baden.
Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Sachsen ist, wie die „Karlsr. 5. “ meldet, am 27. d. M. in Baden⸗ Baden eingetroffen. ch le elbe wurde am Bahnhof von Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog empfangen und nach dem Großherzoglichen Schlosse geleitet, wo Ihre König⸗ liche Hoheit die Großherzogin Höchstihren Oheim begrüßte.
Sach sen⸗Weimar⸗Eisenach.
Seine Königliche Hoheit der Großherzog hat sich nach der „Weim. Stg.“ gestern von Baden-Baden zum Besuch Ihrer Majestäen des Königs und der Königin von Württemberg nach Friedrichshafen begeben und
edenkt zu . Juli einen kurzen . in
ünchen zu nehmen, um die dortige Kunstausstellung zu besichtigen. Nach der Rückkehr von dieser Reise wird Seine Königliche Hoheit längeren Aufenthalt in Schloß Wilhelmsthal ö woselbst auch Ihre k 6 die Großherzogin nach der Rückkehr aus den anden etwa Mitte Juli einzutreffen gedenkt.
ieder
Desterreich⸗ Ungarn.
Der Botschafter von Szoegyenyi, der nur zu kurzem Aufenthalt nach Oesterreich gekommen war, wurde vorgestern vom Kaiser empfangen und trat alsdann Abends die Rückreise nach Berlin an.
Großbritannien und Irland.
Der Vice⸗Admiral Sir Michael Culme-Seymour ist, wie „W. T. B.“ meldet, an Stelle des verstorbenen Vice⸗ Admirals Sir George Tryon zum Chef des Mittelmeer— Geschwaders ernannt worden.
Im Oberhause erklärte gestern der Staatssecretär für die Colonien Marquis of Ripon in Bezug auf die Schieds—⸗ gerichtsfrage über die Fischerei bei Neufundland: die Regierung suche eine derartige Verlängerung des zeitweiligen Gesetzes in Neufundland zu erlangen, daß die Herbeiführung einer Verständigung über ein permanentes Gesetz ermöglicht werde, da ohne ein solches die französische Regierung einem Schiedsgericht nicht zustimmen wolle. In Neufundland stünden Neuwahlen bevor; sobald die Delegirten im nächsten Jahre ein⸗ treffen würden, hoffe er, derartige Arrangements mit ihnen machen zu können, daß jedwede Nothwendigkeit eines Reichs⸗ gesetzes zur Durchführung der Vertragsverpflichtungen wegfalle. — Im Unterhause gab der Parlamentssecretär des Aus⸗ wärtigen Sir E. Grey die Erklärung ab, die Regierung sei zur Zeit nicht in der Lage, weitere Mittheilungen über die berichteten Feindseligkeiten zwischen den französischen und den siamesischen Truppen in der Nähe des Mekong-⸗Flusses zu machen. Die englische Regierung habe keine Gelegenheit gehabt, ihre guten Dienste zum Zweck der Schlichtung der Streitigkeiten anzubieten. Soweit der Regie⸗ rung bekannt sei, ö es nicht richtig, daß ein Theil der fran— ösischen Flotte an der Mündung des Menamflusses eingetroffen ö Der französische Vertreter habe der siamesischen Regie—⸗ rung angezeigt, daß ein französisches Geschwader nach Saigon beordert 6 und nach Bangkok gesandt werden dürfte, falls die Situation es erheischen sollte. Die französische Regierung habe der englischen Regierung die Versiche— rung gegeben, daß diese benachrichtigt werden solle, bevor ein solcher Schritt gethan werde. Die Regierung erwarte eine Antwort auf ihre Nachfragen hinsichtlich der be⸗ züglichen Zeitungsmeldungen. Es sei weder wünschenswerth noch opportun, gegenwärtig irgend welche Erklärungen über das Verhalten abzugeben, welches die britische Regierung für erforderlich halten könnte, falls die Dinge sich kritischer ge— stalten sollten. Jenes Verhalten hänge von Umständen ab, die gegenwärtig noch nicht zu übersehen seien. Was den Schutz des Lebens und Eigenthums der englischen Unterthanen anlange, so besitze England jetzt ein Kriegsschisf in Bangkok. Zur Entsendung eines zweiten seien die Vorkehrungen bereits getroffen, ein drittes werde für die sofortige Entsendung, falls dieselbe erforderlich sein sollte, bereit gehalten. Im weiteren Verlaufe der Sitzung erklärte Sir E. Grey, daß hinsichtlich der jüngst in Angora ver— urtheilten Gefangenen der britische Geschaͤftsträger in . Weisungen über die bei der Pforte zu machenden Vorstellungen erhalten habe. Der Parlaments⸗ secretärs des Colonialamts Buxton gab die Erklärung ab, es sei nicht beabsichtigt, das Währungsgesetz in Ceylon zu ändern, bis das Resultat der neuen Maßregel in Indien ersichtlich sei. Nachdem hierauf der Antrag des Premier⸗-Ministers Gladstone, für den Abend das Mitter⸗ nachts⸗Reglement zu suspendiren, mit 302 gegen 2A7I Stimmen angenommen worden war, beantragte dieser die gestern mit— getheilte Resolution wegen Begrenzung der Berathung der Homerule⸗Bill und erklärte, die Regierung sei zu der ur ,, gekommen, daß die Sitzungen des Hauses durch Vertagung oder , m des Parla⸗ ments nicht unterbrochen werden sollten, bis das Aus⸗ gaben⸗Budget nahezu und die Homerule⸗Bill gänzlich erledigt sein würden. Die Regierung glaube auch, ihr Mög⸗ lichstes thun zu müssen, um innerhalb des laufenden Jahres die wichtigsten der von ihr eingebrachten übrigen Vor⸗ lagen durchzubringen. Es sei ihm höchst peinlich, die Freiheit der Discussion zu schmälern, aber unter den obwaltenden Ver⸗ hältnissen gebe es keine andere Alternative. Der Premier⸗ Minister sagte sodann unter Hinweis auf die bereits auf die Berathung der Homerule⸗Bill verwandte Zeit, daß, obwohl die Angriffe der Opposition bei der ersten und zweiten Lesung abgelehnt worden wären, die Opposition dennoch ben] sei, die Bill durch Amendements zu zerstören; die Zahl der Amendements sei so groß, daß deren Erörterung die Durchführung der Bill in der gegenwärtigen Session ver⸗ hindern würde. Balfour bekämpfte den Anirag Gladstone's, der unnöthig sei, und für den es kein Präcedenz gäbe; in dem⸗ selben handle es sich darum, die Stimme ö zu ersticken. Die parlamentarische hie . sei in Gladstone s Vorschlag mit verwickelt; aber der Untergang dieser Freiheit ö. nur ein geringer Theil des Preises, den das Land für
en zeitweiligen Wa ö. einer großen Partei u zahlen habe. Gier en beantragte Russel das berelts . gemeldete mendement. Chamberlain griff sodann den Antrag der Regierung an, der ein weiteres 66 der Dictatur der Nationalisten sei; das Haus sei auf eine gefährliche schiefe Ebene gerathen, wenn es einer Partei die Macht gebe, die
Zeit abzumessen, innerhalb deren die Opponenten ihre Proteste zu begrenzen hätten. Die Regierung benutze ihre kurze Amtsdauer, um das Land zu verrathen; wenn fe an das Land appellire, würde 1 sich in der Minorität befinden; er weissage den Sturz der
. Chaplin beantragte Vertagung der Debatte; der 2 der Schatzkammer Sir W. Harcourt bekämpfte diesen Antrag, der mit 306 gegen A9 Stimmen ver⸗ worfen wurde. Hierauf wurde das Amendement Russel's mit 306 gegen 279 Stimmen abgelehnt. Nach der Kö, wurde die Debatte noch stundenlang fort⸗— esetz. Baron Rothschild beantragte sodann die Vertagung er Debatte. Dieser Antrag wurde mit 283 gegen 257 Stimmen verworfen, ebenso wurde ein Antrag Cranbourne's auf Vertagung des Hauses mit 270 gegen 42 Stimmen . . Hierauf beantragte Byrne ein Amendement dahin gehend, daß in der Regierungsvorlage der 6. Juli durch 14. Juli ersetzt werde. Courtney beantragte . der Debatte. Der Kanzler der Schatzkammer Sir Harcourt willigte schließlich um 3 Uhr 50 Minuten Morgens ein, die Debatte bis heute Nachmittag zu vertagen, da die Opposition sich bereit erklärt habe, die Debatte bis 7 Uhr Abends zum Abschluß zu bringen. Hierauf wurde die Debatte vertagt.
Frankreich.
Der Präsident der Republik Carnot ist, wie W. T. B.“ berichtet, gestern Nachmittag in Begleitung seiner Familie nach Marly abgereist. Eine zahlreiche Menschenmenge begrüßte ihn am Bahnhofe mit sympathischen Zurufen.
Der Botschafts⸗Secretär Manneville, welcher bisher der politischen Direction attachirt war, ist zum Botschafts⸗Secretär in Berlin ernannt und an seiner Stelle der bisherige Botschafts⸗Secretär in Berlin Fleury der politischen Direction attachirt worden.
Der Senat stimmte gestern dem von der Deputirten⸗ kammer genehmigten Gesetzentwurf, betreffend die Rekru⸗ tirung der Colonialarmee, zu.
Die Deputirtenkammer hat gestern die Vorlagen über die Herabsetzung des Fouragezolls und die Liquidation der Panamagesellschaft in der Fassung des Senats angenommen und sodann den Gesetz⸗ entwurf über die Petroleumzölle berathen, der gleichzeitig die Zustimmung zu dem französisch-russischen Handelsübereinkommen in sich schließt. Die Kammer genehmigte die Beschlüsse der Commission, durch welche die Petroleumzölle auf 5 Fr. und 12,350 Fr. . werden. Der Regierungsentwurf wurde in einigen Theilen abgeändert, die Abänderungen betrafen jedoch nicht das Handelsüberein kommen mit Rußland. Insbesondere hat die Commission die zeitweilige Zulassung in ihren Entwurf aufgenommen, gegen welche die Regierung sich ausgesprochen hatte. Im Laufe der Berathung erklärte der Minister des Auswärtigen Develle, Rußland habe die Zusicherung gegeben, die Nachahmung von fran— zösischen Fabrikzeichen mit Strafe zu belegen. Was die Herbeiführung eines Uebereinkommens mit den Vereinigten Staaten, das ebenso vortheilhaft sein würde wie dasjenige mit Rußland, anlange, so müsse der Wiederzusammentritt des amerikanischen Congresses im bevorstehenden September abge⸗ wartet werden.
Bei einem gestern Abend veranstalteten Bankett der nationalen republikanischen Vereinigung hob Spu ller hervor, Frankreich müsse sich vor der Mittel⸗ mäßigkeit hüten. Es sei zu wünschen, daß die Wähler Männer in die Kammer schickten, die gut regierten, da die Regierung . . habe, im Namen des Landes vor ganz Europa zu prechen.
Der Director des „Gaulois“ Meyer sagte vor dem Untersuchungsrichter aus, Norton habe ihm bereits im März die gefälschten Documente angeboten. Er habe sie jedoch ab⸗ gelehnt; nur eine ihm von Norton, der angegeben habe, Be⸗ . zur englischen Botschaft zu besitzen, mitgetheilte Nachricht von der Abdankung der Königin Victoria habe er veröffentlicht.
Die Frau Norton 's beging einen Selbstmordversuch, der ihre Ueberführung in ein Hospital nothwendig machte.
Italien. Die „Agenzia Stefani“ ist in der Lage, die Nachricht von einer Kündigung der lateinischen Münzconvention als durchaus unbegründet zu bezeichnen.
Schweiz. Die Session der Bundesversammlung ist gestern ge⸗ schlossen worden. Im Oktober finden Neuwahlen statt.
Belgien.
In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer pre dem „W. T. B.“ zufolge der Minister-Präsident eernaert auf das Verlangen eines Deputirten, die Regie⸗ rung darüber zu interpelliren, welche Maßregeln sie für den Fall einer eventuellen Kündigung der lateinischen Münzconven⸗ tion und gegenüber der aus der Lage in Indien entspringenden Silberbaiffe zu eee. gedenke, den Wunsch aus, aus inter⸗ nationalen Rücksichten die Anfrage zu vertagen, und fügte hinzu, die Münzconferenz werde in zwei Monaten wieder in Brüssel zusammentreten; die Vereinigten Staaten von Nord⸗ Amerika hätten die belgische Regierung um Einberufung der
Conferenz ersucht.
Türkei.
Der Minister der Civilliste Mikael Effendi Portokal ist unter Belassung in seinem bisherigen Amte an Stelle des um Generalgouverneur von Smyrna ernannten Hassan Fehmi
ascha zum Generaldirector der indirecten Steuern ernannt worden. Afrika.
Bei der Regierung des Congostaats ist, wie W. T. B.“
meldet, eine telegraphische Nachricht eingelaufen, der zufolge
der Commandant Chaltin nach Besetzung von Bena⸗Kamba
in Begleitung zahlreicher bewaffneter Eingeborenen das be⸗
estigte Lager von Tchari eingenommen habe und sodann in iba-⸗Riba am oberen Congo eingerückt sei.
Parlamentarische Nachrichten.
Preußischer Landtag. Herrenhaus.
19. Sitzung vom 30. Juni 1893, 12 Uhr.
Der Sitzung wohnen der Präsident des Staats⸗ Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg,
der JustizMinister Dr. von Schelling und der Finanz— Minister Dr. Miquel mit Commissarien bei.
Laut telegraphischer H ist der Ober⸗Bürger⸗ meister von Königsberg Sele gestorben; das Haus ehrt 6 Andenken in der üblichen Weise.
Auf Grund des mündlichen Berichts der Justizcommission wird der Gesetzentwurf, betreffend die Pfandschaften im Gebiete des rheinischen Rechts, mit den vom Abge— ordnetenhause beschlossenen Aenderungen genehmigt.
Es folgt die Berathung des Entwurfs eines Eommunal— 3 V etz es; Berichterstatter ist der Ober⸗Bürgermeister weigert. In der Generaldiscussion erhält zunächst das Wort
Sber-⸗Bürgermeister Bend er⸗Breslau, welcher anerkennt, daß die Vorlage manche Vortheile mit sich bringe; aber diese seien nicht geeignet den Nachtheil aufzuwiegen, daß die stolze, großartige Selbst— verwaltung vernichtet werde, welche namentlich das Gemeinwesen der großen Städte so blühend gemacht habe. Die Selbst⸗ verwaltun möge auch manche Excesse mit sich gebracht haben, aber die hohen Steuerzuschläge, die als so bedenklich geschildert werden, würden fast sämmlich verwendet für Aufgaben, die eigentlich staatlicher Natur seien: für Schule, Polizei c. Die staatliche Aufsicht in allen Fällen sei verderblich für die Entwickelung des Gemeindelebens; sie müsse das Gefühl der Selbstverantwortung mindern und die Arbeitsfreudigkeit schwächen. Redner geht dann noch auf einige Einzelheiten ein.
Ober⸗Bürgermeister Becker-Köln: Bei der Abwägung der Vortheile und Nachtheile wird ja immer die Entscheidung bei einzelnen Punkten eine zweifelhafte sein; der Vorredner scheint die Nachtheile als überwiegend anzunehmen. Ich kann mich dagegen mit Freuden für die Vorlage erklären und würde vollständig befriedigt sein, wenn der Staat den Gemeinden für die Erfüllung staatlicher Aufgaben Zuschüsse gewähren wollte. Daß die Selbstverwaltung zerstört wird, kann ich nicht zugeben; es wird allerdings in manchen Fällen ein gelinder Zwang ausgeübt, es wird der Regierung sogar das Recht gegeben, den Gemeinden Steuer⸗ ordnungen zu oetroyiren, welches sie jetzt nicht hat. Aber andererseits wird doch auch die Machtvollkommenheit der Regierung begrenzt und klar gelegt. Steuerordnungen werden doch nur im äußersten Nothfalle aufgejwungen werden, und davor kann sich jede Gemeinde schützen, indem sie sich innerhalb des Gesetzes hält. Die Thätigkeit der Selbst⸗ verwaltung wird also keineswegs gehemmt. Besonders werthvoll ist die Codification der Communalbesteuerung für den ganzen preußischen Staat. Der Schwerpunkt der Vorlage liegt darin, die Zuschläge zu den Personalsteuern auf ein möglichst geringes Maß zurückzuführen, wenn sie auch nicht ganz vermieden werden können. Gebühren und Beiträge können nicht erheblich erhöht werden; deshalb hält Redner die indirecten Steuern für zweckmäßig, jedenfalls für zweckmäßiger als hohe Zuschläge zur Einkommensteuer. Er be⸗ dauert, daß die Miethssteuer nicht neu eingeführt werden dürfe, ebenso die Brennmaterialsteuer. Solche Steuern seien einem 2000, igen Zuschlag zur Einkommensteuer gegenüber das kleinere Uebel. Indirecte Steuern auf die Getränke seien die besten. Schnaps dürfe gar nicht besteuert werden, Wein im Rheinlande auch nicht, weil man dem Rheinlande den Charakter als Weinland abgesprochen habe. Bier dürfe bloß mit 65 5 pro Hectoliter besteuert werden, während Straßburg z. B. 2,50 Js erheben könne. Das Reich habe eigentlich kein Interesse daran, den Gemeinden auf diesem Gebiete entgegenzutreten; die Verhandlungen der Regierung mit dem Reiche würden hoffentlich baldigen Erfolg haben. Eine größere Freiheit hätte man den Gemeinden bezüglich der Betriebs⸗ steuer gewähren können; das würde die Schankstätten schneller be— schränken als alle Ortsstatuten mit der Bedürfnißfrage, die doch nicht wirksam sei. Die Schankwirthe hätten überall Verbände gebildet und übten auf die Stadtverordnetenwahlen erheblichen Einfluß aus. Deshalb wäre es gut, wenn das Gesetz einen Minimalsatz für die Betriebssteuer vorschreiben würde. Trotz mancher Mängek empfehle sich die Annahme der Vorlage. .
Bei Schluß des Blattes spricht der Präsident des Staats⸗ Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg.
Haus der Abgeordneten. 83. Sitzung vom 30. Juni.
Der Sitzung wohnen der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen und der Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden bei.
Der zum Landgerichts-Director in Magdeburg ernannte Abg. Schneider⸗Hamm zeigt an, daß er sein Mandat nieder⸗ gelegt habe. .
Vom Minister der öffentlichen Arbeiten sind folgende Vorlagen dem Hause zugegangen:
1) Verzeichniß der in der Zeit vom 1. April 1891 bis dahin 1893 landesherrlich ertheilten Concessionen zum Bau und Betrieb von Eisenbahnen. 2) Verzeichniß der in demselben Zeitraum von dem Minister der öffentlichen Arbeiten ertheilten Genehmigung zur Vor— nahme allgemeiner Vorarbeiten für Eisenbahnen. 3) Zusammen⸗ stellung der in der Zeit vom 1. Oktober 1892 bis 309. April 1893 von den Regierungs Präsidenten und den nach F 3 des Gesetzes über Klein—⸗ bahnen und Privatanschlußbahnen vom 28. Juli 1892 sonst zuständigen Behörden genehmigten Kleinbahnen, sowie der noch nicht erledigten Anträge auf Genehmigung von Kleinbahnen.
er Gesetzentwurf, betreffend die Deckung des De⸗ ficits von 1891392 im Betrage von 43 Millionen im Wege der Anleihe, wird in dritter Berathung ohne Debatte endgültig
angenommen. . . ;
Darauf tritt das Haus in die Discussion der Anträge Eckels und Schöller über die Staffeltarife ein.
Abg. Horn⸗-Goslar (nl): Die Schädigung der in den mittleren und . Provinzen Preußens wohnenden Landwirthe und Mühlenbesitzer durch die Staffeltarife ist eine enorme. Die Schädigung der Mühlenindustrie bedeutet auch eine Schädigung der Landwirth' schaft. Was der Abg. Schöller in dieser Beziehung angeführt hat, ist keineswegs im stäande, eine so einschneidende Maßregel wie die Staffeltarife dauernd zu rechtfertigen. Das Beispiel Rußlands kann hier nicht angezogen werden, denn die russischen Staffeltarife sind Exporttarife, und mit solchen wären wir auch zufrieden. Zum Schluß wünscht Redner, daß die Frachtbriefe aus leichterem Papier hergestellt werden möchten. . .
Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen erklärt, daß letzterem Wunsche des Vorredners durch die Behörden bereits entsprochen sei.
Abg. von Plettenberg ⸗Mehrum (con) schildert in aus- führlicher Darlegung die Nothlage, in die die westliche Landwirthschaft durch die Staffeltarife gebracht worden ist, und polemisirt besonders ern die Argumente, welche der Abg. Schöller vorgestern für seinen
ntrag geltend gemacht hat. .
bg. Seer (natl.) tritt im Interesse seiner Heimathsprovinz für die Aufrechterhaltung der Staffeltarife ein, ohne welche die Land= wirthschaft Posens nicht existiren könne. Man habe Zeiten erlebt, in denen das Getreide schlecht in unverkäuflich gewesen sei, Zeiten, die kein Landwirth der Provinz zum zweiten Mal zu erleben Lust habe, Anstatt sich gegen die Staffeltarife aufzuregen, sollte man lieber dahin wirken, die pen i , zu beseitigen. Große Dampfer von 300 Waggons Inhalt gingen ständig zwischen Mecklenburg und Rotterdam hin und her und schafften die Getreldemassen nach dem Westen die dann von Rotter⸗ dam rheingufwärts gingen und die Getreidepreise in den Rheinlanden drückten. Redner tritt für den Antrag S öͤller ein, der nicht wie der Antrag Eckels die Staffeltarife schleuni st wieder aufheben wolle, sondern die Regierung auffordere, die Möglichkeit der Ausgestaltung dieses Systemg zu studiren und auch Frachtermäßigungen auf kürzere Strecken ins Auge zu fassen. (Schluß des Blattes.)
Wahlangelegenheiten.
ö. der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „R⸗ u. St -A.“ veröffentlichen wir die Liste der in den Haupt- und Stichwahlen neugewählten Reichstag s⸗Abgeordneten.
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Wegen der im Auftrage des französischen Ministers des Innern vom Seine⸗-Präfecien verfügten Schließung der Arheiterbörse für den 5. Juli (vergl., die gestrige Nr. 153 d. Bl.) fand, wie der „Voss. 3. aus Paxis berichtet wird, am 26. d. M. eine von 5060 Arbeitern besuchte Verfammlung statt, bei der sich die Redner Baudin, Vailland, Brunet ꝛc. an Heß geit überboten und zur Revolution aufforderten. Die
ersammlung erklärte einstimmig, die Fachvereine würden mit allen Mitteln Widerstand leisten. Sie fühlen sich durch den Gemeinderath gedeckt, der allen Ministerien bis jetzt Widerstand geleistet hat.
Ueber den Kutscher-Ausstand in Paris wird der „Köln. Ztg.“ gemeldet:
Gestern sind gegen 4009 Droschken mit fast lauter neuen Kutschern ausgefahren und dem augenblicklichen Bedarf wird dadurch genügt. Der Minister des Innern empfängt heute eine Abordnung der Kutscher, die gegen die Suspendirung der Kutscherkarten Einspruch erheben soll. Die Ausständigen wollen auch Abordnungen an Bepu— , n,, um ihre Vermittlung beim Minister des Innern zu erbitten.
Aus Verviers berichtet dasselbe Blatt: Die Zahl der Aus— ständigen steigt wieder und beträgt über 1100. Auf dem Recollecten— platz wurden am 26. d. M. vier Arbeiterinnen von den ausständigen Spinnern und Webern verfolgt und mit Mißhandlungen bedroht, wenn sie Nachmittags noch fortarbeiten würden. Nach heftigem Kampfe mit den Ausständigen gelang es der Polizei und Gendarmerie, zwei der An⸗ greifer zu verhaften. bi Firma Aubin Sauvage u. Cie. in Ensival vergl. Nr. 152 d. Bl.) hat, der Plackereien mit den ausständigen Webern müde, ihre Fabrik endgültig geschlossen. 200 Personen ver—⸗ lieren hier ihre Arbeit. In Dison fand am 25. d. M. eine Volks— versammlung statt, auf welcher der Klerikaldemokrat Advocat Maquinay und andere die Ausständigen zum Ausharren beredeten.
Der „Voss. 3. wird über den hier in Berlin ausgebrochenen Ausstand der Kürschner mitgetheilt: Nachdem in den Peslzwaaren⸗ geschäften die Forderungen der Ausständigen bewilligt worden sind, ist die Arbeit allgemein wieder aufgenommen. In den Mützen geschästen dauert der Ausstand noch fort.
Aus London vom heutigen Tage meldet ‚W. T. B.“: Eine der größten Wollstofffabriken Großbritanniens, Merrall u. Söhne in Howorth, kündigte vor kurzem ihren Webern eine Herabsetzung des Lohns um 19 –- 15 G an. Etwa S800 Arbeiter erhoben gegen diese Maßregel Einspruch. Infolge dessen schloß die Fabrik drei ihrer Spinnereien. Gegen 4060 Arbeiter sind ohne Beschäftigung.
Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 158. Juni bis incl. 24. Juni er. zur Anmeldung gekommen: 231 Ehe— schließungen, 976 Lebendgeborene, 26 Todtgeborene, 676 Sterbefälle.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Der Generalbericht der XXI. Generalversammlung des Deutschen Landwirthschaftsraths, die vom 13. bis 16. Fe⸗ bruar in Berlin stattfand, ist soeben erschienen. Herausgeber ist der General⸗Secretär des Landwirthschaftsraths Dr. Traug. Müller; die Verhandlungen betreffen u. a, die Heimstättenfrage, den Abschluß eines erf fn fchen Handelsvertrags, die Staffeltarife, die Abänderung des Branntweinsteuergesetzes, die Abänderung des Gesetzes über die Abwehr und Unterdrückung der Viehseuchen und die Organisation der Viehversicherung. Der 37 Bogen umfassende Band ist bei Leonhard Simion gedruckt.
Saatenstand in Rußland.
Der russische „Finanz⸗Anzeiger' Nr. 23 vom 18./6. d. M. ver⸗ öffentlicht folgenden Bericht über den Stand der Winter- und Sommersgaten in Rußland zum 30. Mai a. St.:
. Durch telegraphische Berichte der Steuer⸗Inspectoren an das Tinanz⸗Ministerlum zum 230. Mai wird eine weitere Verbesserung des Saatenstandes constatirt. Die Wintersaaten haben sich fast allenthalben bedeutend verbessert, ausgenommen einzelne Gegenden der östlichen, cen⸗ tralen und nordwestlichen Gouvernements, wo infolge Regenmangels in der zweiten Maihälfte die Ernteaussichten sich einigermaßen ver—⸗ schlimmert haben. Nichtsdestoweniger ist der Stand der Wintersaaten in den östlichen und centralen Gouvernements befriedigend und könnte eine wesentliche Verschlimmerung allenfalls durch andauernde Dürre bewirkt werden; doch auch in diesen Gegenden hat es in den letzten Tagen . geregnet. Desgleichen läßt sich auch im Nordwesten ein Umschlag zum Besseren erwarten. Im gesammten Süden, nament⸗ lich in den Steppengouvernements, im nördlichen Kaukasus und im Weichselgebiet ist der Stand der Wintersaaten, Dank der andauernden günstigen Witterung, ganz befriedigend. Im ganzen ist der Stand der Wintersaaten zum 30. Mai besser als mittelgut und hat er sich gegen den 15. Mai, wie aus den nachstehenden Angaben ersichtlich,
verbessert: 64 ᷣ 8 . Ma 30. Mai. Saaten tand: Anzahl der Kreise: „9 Anzahl der Kreise: / gut 218 36 281 47 befriedigend... 38 213 35 mittelmäßig .... 19 71 12 unbefriedigend.. 4 25 4 noch nicht festgestellt 3 14 9 100 604 100 Der Stand der Sommersaaten kann gegenwärtig als festgestellt und im ganzen, bis auf wenige Ausnahmen, als ein vorzüglicher gelten, daher die Erwartung reicher Ernten berechtigt erscheint. Die Veränderungen gegen den 15. Mai sind aus nachfolgenden Angaben
ersichtlich: ; Saatenstand: 18. Mai, 30. Mai.
aatenstand: Anzahl der Kreise: o C0 Anzahl der Kreise: oso
233 38,6 329
170
ö 40
unbefriedigend.. 3 ⸗ 11
noch nicht festgestellt 238 54 604 604
Hierbei ist zu bemerken, daß die starke Verbreitung von schäd⸗ lichen Insecten im vorigen Jahre zu großen Befürchtungen auch für dieses Jahr ,. diese sind indessen durch die für die Insecten⸗ Plage ungünstige Witterung sowohl des verflossenen Winters wie auch Frühiahrs ziemlich zerstreut und das Auftreten von Insecten in nur wenigen Kreisen der östlichen und Schwarzboden⸗-Gouvernements hat keinen erheblichen Schaden zugefügt.
Ernteaussichten in der Türkei. (Vergl. . Reichs⸗Anz.“ Nr. 120 vom 20.5. und Nr. 122 vom 24.65.) Reichlicher Regen, der namentlich anfangs vorigen Monats fft allenthalben in der europäischen Türkei und Kleinasien gefallen ist, und darauf folgende warme Witterung haben die Ernteaussichten wesentlich gehessert, . nunmehr im allgemeinen auf eine Mittel ernte in der Türkei zu rechnen ist.
In den europäischen Provinzen wird ein Ausfall an Winter⸗ getreide von 15 - 20 6 erwartet. Die Sommersaaten dagegen stehen günstig, obgleich auch sie in der Entwickelung noch zurück sind.
Im einzelnen ist . endes zu bemerken:
In den Vilajets Salonik, Monastir und 6 wo die Saaten infolge des außergewöhnlich langen Winters erheblich gelitten hatten, hat der reichliche Regenfall der * . Zeit zwar manchen Schaden wieder gut gemacht, die Saaten sind aber erheblich im Rückstand, und der Ertrag wird wohl einen Ausfall von 25 og ergeben.
Bezüglich des Vilajets Salonik wird der Minderertrag sogar auf 30 Yo geschätzt; den größten Ausfall wird Gerste aufweisen, dann Weizen und chließlich Roggen. Im Vilajet Monastir scheinen die Verhältnisse etwas günstiger zu liegen, obgleich auch dort bie Saaten in ihrer Entwickelung 4 sind.
In der Provinz Adrianopel stehen Weizen und Roggen nicht ut,
Gerste und Hafer noch schlechter, dagegen verspricht 2 einen guten Ertrag. Im Sandschak Rodosto hat man die Leinfaaten fast vollständig umpflügen müssen. Dies ist ein erheblicher Verlust, da. Rodosto ea. 95900 Dopp.Ctr. an Lein sagten zu exportiren pflegt. Die umgepflügten Felder wurden mit Göerste uünd Kanariensaat neu bestellt. Auch der auf den Höhen angebaute, erfrorene Winterweizen mußte umgepflügt werden. Die Aecker wurden mit Sommergetreide neu bestellt. Aus dem Kreise Burgas wird gemeldet, daß die Gerste sehr git habe. m Vilajet Angora sollen sowohl Winter- wie Sommersaaten im allgemeinen gut stehen, namentlich im Sandschak Kaiferich. Trotz⸗ dem auf der Hochebene, ungefähr 800 m über dem Meere, noch anfangs Mai der hundertgradige Thermometer bis 40 Kälte zeigte, stehen die Saaten daselbst nicht schlecht. Dagegen nimmt man an, daß die Wintersaaten im Vilajet Suvas verloren sind, die Sommer⸗ saaten stehen daselbst besser.
In der Provinz Erzerum stehen die Saaten, namentlich auf der ö ungünstig. Dort war auch schon voriges Jahr eine mangel-
afte Ernte, so daß die Regierung die Bevölkerung der Propinz nun⸗ mehr durch Zufuhren von Mehl aus Samsum und Amasia unter⸗ stützen muß.
Dagegen lauten die Nachrichten aus Koniah gut. Auf der Hoch⸗— ebene bis zu 1000 m Seehöhe konnten an Wintergetreide nur 50 oo des üblichen Quantums ausgesäet werden. Doch ist dieses Manco durch Mehraussaat von Sommergetreide so ziemlich ausgeglichen. In den niedriger gelegenen Gegenden des Vilajets bis 306 m Seehöhe hatten die Saaten durch Kälte und Trockenheit und zuletzt auch strich— weise durch Ueberschwemmungen gelitten. Trotzdem sollen die Pflanzen sich zur Zeit nicht schlecht entwickeln. Namentlich auf die Qualität der Ernte werden in diesem Vilajet gute Hoffnungen gesetzt, da die Getreidepgrasiten wegen der strengen Kälte nicht haben aufkommen können. Ganz besonders in stis sollen die Aussichten auf die Bohnen⸗ ernte sein. Die Reben haben etwas durch die strenge Kälte gelitten. In der Provinz Hudavendighiar haben sich zwar Heuschrecken⸗ schwärme gezeigt, doch hört man nichts von bedeutendem, durch die⸗ selben angerichteten Schaden. Dagegen haben Wolkenbrüche im Sakkariahthale erhebliche Schäden verursacht.
Die Aussgat im Moutessariflik Bigha betrug 1000/0 weniger als üblich, vom Rest der Wintersaaten sind ca. 15 ιίσC durch Frost zer= stört worden. Trotzdem erwartet man auch dort eine Mittelernte.
In den Kreisen von Manjaß, Mychalitsch und Günnen haben erhebliche Ueberschwemmungen stattgefunden, durch welche die Winter⸗ saaten vernichtet wurden, an deren Stelle Sommergetreide angebaut worden ist. In den übrigen Theilen des Sandschaks von Karassy stehen Winter- und Sommersaaten ziemlich gut, fodaß Aussicht auf eine, vielleicht wegen der kühlen Witterung späte, doch gute Mittel ernte vorhanden sst.
In dem Hinterland von Smyrna und dem Vilajet Aidin ist der Stand der Saaten im allgemeinen befriedigend, doch ist die Ernte um 14 Tage im Rückstand.
In Syrien sind die Ernteaussichten im großen und ganzen gute zu nennen. Im Hauran, sowie in der Gegend von Homs und Hama steht das Getreide recht gut; dagegen wird in den tiefer gelegenen Küstenebenen um Akka und Haifa, Sur und Saida, Tripolis, Lattakie sowie in der Ebene Bekaa die Ernte weniger gut ausfallen, weil dort das Getreide unter den starken hlegrugusen im Frühjahr gelitten hat. Im allgemeinen wird aber die Ernte eine ebenso gute sein, wie die des Vorjahrs, vielleicht sogar noch etwas besser. In Palästina waren die Erntearbeiten bereits anfangs dieses Monats im Gange, auch wurden schon aus dem Jordanthale, wo die Ernte anfangs Mai begonnen hat, Weizen und Gerste diesjähriger Ernte in Jerusalem auf den Markt gebracht.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Belgien.
Der Königlich belgische Nini ter für Landwirthschaft, Industrie und öffentliche Arbeiten hat unter dem 24. d. M. angeordnet, daß alle Schiffe, welche russische Auswanderer nach Antwerpen befördern, im Hafen von Antwerpen einer strengen ärztlichen Unterfuchung unter zogen werden sollen. Ueber die Dauer der ärztlichen Beobachtung hat die zuständige Sanitätsbehörde zu befinden; dieselbe darf jedoch, falls ein Arzt an Bord ist, 24 Stunden, anderenfalls 48 Stunden nicht übersteigen. Strengere Maßnahmen für den Fall, daß solche erforder⸗ lich werden sollten, werden vorbehalten.
Bulgarien. „Zufolge Beschlusses des bulgarischen Gesundheitsraths haben sich Reisende und Probenienzen von Marseille, welche auf dem See⸗ wege eintreffen und nicht schon eine Quarantäne in einem türkischen Hafen durchgemacht haben, vom 18. d. M. ab einer ärztlichen Beobachtung von drei Tagen in dem Hafen von Burgas oder Varna zu unterziehen. Das Gepäck der Reisenden wird desinficirt.
Handel und Gewerbe.
Das zur Zeit bestehende provisorische Handelsabkommen mit Spanien läuft bekanntlich mit dem heutigen Tage ab. Eine Verständigung über nochmalige Verlängerung desfelben ist bisher nicht erzielt worden; doch ist die Möglichkeit einer solchen noch nicht ganz an fen da die endgültige Ant⸗ wort der spanischen Regierung auf die deutschen a, bis heute Mittag nicht eingetroffen war.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 29. d. M. (katholischem Feiertage) gestellt 1698, 26 rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 28. d. M. gestellt 3516, nicht recht zeitig gestellt keine Wagen.
Zwangs-⸗Versteigerungen. Beim Königlichen Amtsgericht i Berlin stand am 29. Juni das Grundstück Kieler Straße 15, dem Gutsbesitzer Wilh. Filter zu Alt⸗Thymen gehörig, zur Versteigerung. Nutzungs⸗ werth 5800 M Mindestgebot 500 S6, Für das Meistgebot von 110 000 Æ wurde der Kaufmann Johann Lehmann, Tresckiow= straße 22, Ersteher.
Magde burg, 28. Juni. IW. T. B) Zu cerbericht Kornzucker excl., von 92 9ͤ 19,20, Kornzucker excl., 85 o Rendemeni 18,50, Nachproducte * 7hHoso Rendement 15,70. Still. Brot- raffinade J. 31.00. Brotraffinade II. 3075. Gem. Rafftnade mit Faß 3050. Gem. Melis J. mit Faß 30,2. Ruhig. Robzucket J. Product Transtto f. a. B. Damburg pr. Juni 18335 Gd. 18.50. Br., pr. Juli 1845 bez, 18350 Br., pr. August 18, 85 Gd., 185725 Br., pr. Seytember 16975 Gd, 17,10 Br. Ei ;
Leipzig, 25. Juni. (W. T. B) ö,, handel, La Plata Grundmuster B. per Juni —— 4, per Jul 3,76 MÆ, per August 3,70 M, ver Scptember 3.727 M, per