1893 / 155 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 01 Jul 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für

idel und Verkehr und für Justizwesen hielten heute eine itzung.

Das Staats⸗Ministerium trat um 2 Uhr im Ab⸗ eerdnetenhause zu einer Sitzung zusammen.

Nach der Anmerkung zu 2642 des Zolltarifs sind Mühlen⸗ fabrikate und gewöhnliche Backwaaren in Mengen von nicht mehr als 3 kg für Bewohner des Grenzbezirks zollfrei, vor⸗ behaltlich der im Fall eines Mißbrauchs örilich anzuorcnenden Aufhebung oder Beschränkung dieser Begünstigung. Nach⸗ dem von dem preußischen Finanz⸗Ministerium verschiedene örtliche Beschrän kungen der Zollbegünstigung angeordnet waren, wurde im vorigen Jahr in ver⸗ . Zeitungen behauptet, daß diese Anordnungen eine rechtliche Gültigkeit hätten, da sie vom Bundesrath hätten ausgehen müssen. Vom Reichsgericht ist indeß am 9. Mai d. J in einer schlesischen Zollstrafsache entschieden worden, daß u derartigen Anordnungen die obersten Finanzbehörden der Einzelstaaten befugt seien, da nach Art. 36 der Reichsver⸗ fassung die Verwaltung der Zölle den einzelnen Bundesstaaten zustehe, und nach Art. 72 daselbst dem Bundesrath nur die Beschlußfassung über die zur Ausführung der Reichsgesetze erforderlichen allgemeinen Verwaltungs⸗ vorschriften und Einrichtungen vorbehalten sei, während es sich hier um Vorschriften handle, die nicht allgemeine, sondern nur örtliche Geltung haben. Wenn im 8 4 des Zolltarifgesetzes, wo Waaren in Mengen unter 50 g und Postsendungen bis zu 250 g für zollfrei erklärt werden und die Ab⸗ rundung der Zollbeträge auf fünf Pfennige unter Weglassung überschießender Bruchtheile angeordnet wird, dem Bundesrath die Befugniß beigelegt ist, im all des Mißbrauchs örtliche Beschränkungen anzuordnen, so pricht, wie das Reichsgericht annimmt, die ausdrückliche Er⸗ wähnung des Bundesralhs im 54 und dessen Nichterwähnung in den Anmerkungen zu 25f, g und 42 des Zolltarifs dafür, daß es bei den zuletzt gedachten Bestimmungen nicht beab— sichtigt gewesen ist, die Beschlußfassung dem Bundesrath vor⸗ zubehalten.

Die Commission für die zweite Lesung des Ent— wurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich setzte in den Sitzungen vom 26. bis 28. Juni die Berathung der Vorschriften über die Hypothek ohne SHypothekenbrief (88 1062 bis 1105) fort.

Der §z 1075, welcher den Anspruch des Gläubigers auf Befriedigung aus dem Grundstück (8 1062) näher dahin bestimmt, daß der Gläubiger die Beitreibung seiner Forderung aus dem Grundstück und den mithaftenden Gegenständen G6 1067) im Wege der Zwangsverwaltung und der

JIwangsversteigerung des Grundstücks verlangen kann, wurde durch die Vorschrift ersetzt, daß die Befriedigung des Hypothekengläubigers aus dem Grundstück und den mithaftenden Gegenständen im Wege der Zwangs⸗ vollstreckung erfolgt. Die Beantwortung der von dem Ent—⸗ wurf im bejahenden Sinne entschiedenen Frage, ob auch die Befriedigung des Gläubigers aus den mithaftenden Gegen⸗ ständen in allen Fällen nur im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen erfolgen solle, blieb der Revision des Entwurfs des Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, vorbehalten. Der 51076 Satz 1 bestimmt, daß, wenn das Gläubigerrecht und das Eigenthum an dem belasteten Grundstück sich in derselben Person ver⸗ einigen, der Eigenthümer bei der Zwangsversteigerung und der Zwangsverwaltung des Grundstücks die Forderung für sich eltend machen kann. Man war darüber einverstanden,

6 diese Vorschrif im Hinblick auf die allgemeine Bestimmung des 3 S835 entbehrlich und daher zu streichen sei. An Stelle der Vorschrift des Satzes 2, daß in dem Falle des Satzes 1 der Eigenthümer nicht berechtigt sei, die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung selbst zu betreiben, wurde als Zusatz zu s 115 die allgemeine Be⸗ stimmung beschlossen, daß der Gläubiger zur Betreibung der Zwangsvollstreckung nicht berechtigt sein soll, wenn er zugleich der Eigenthünier des Grundstücks ist. Gegen den 8 1077, der gewisse gegen den gesetzlichen In⸗ halt des Anspruchs aus der Hypothek gerichtete Verträge, insbesondere die sog. lex commissoria, fuͤr nichtig erklärt, erhob sich kein Widerspruch. Auch der im S 1018 Abs. 1 ausgesprochene Grundsatz, daß, wenn eine Hypothek für dieselbe Forderung an mehreren Grundstücken besteht, der Gläubiger nach seiner Wahl aus allen belasteten Grundstücken oder aus mehreren oder aus einem der— selben Befriedigung verlangen kann, wurde nicht be—⸗ anstandet. Dagegen lag zu dem 5 198 Abs. 2, nach welchem, wenn der Gläubiger aus einem der belasteten Grundstücke im Wege der Zwangsvollstreckung befriedigt ist, die . in Ansehung aller Grundstücke erlischt, eine Reihe von nträgen vor, welche diesen Satz einzuschränken, insbesondere ein

Ausgleichungsrecht unter den Eigenthümern der einzelnen mit einer Correalhypothek belasteten Grundstücke zu gewähren be⸗ weckten. Man verständigte sich dahin, die. Berathung

es 8 1078 Abs. 2 und der dazu gestellten Anträge vorlaufig

auszusetzen. Der 5 109 regele für den Fall, daß die Fällig⸗ keit der durch Hypothek gesicherten Forderung von einer Kündigung abhängig ist, das Kündigungsrecht des Gläubigers und des Hypothekenschuldners in . des An⸗ spruchs aus der Hypothek. Der Standpunkt des Ent⸗ wurfs, daß zur Geltendmachung dieses Anspruchs die Künbigung des Gläubigers an den Hypothekenschuldner oder des letzteren an den ersteren erforderlich und genügend sei, fand allseitige Zustimmung. Was dagegen die weitere Vorschrift des Entwurfs betrifft, wonach die Kün⸗ digung des persönlichen Schuldners, der nicht zugleich der Hypothekenschuldner ist, in Ansehung des Anspruchs aus der eat ek von dem Zeitpunkt an wirksam ist, in welchem sie ypothekenschuldner von dem Gläubiger oder von

, persönlichen Schuldner angezeigt worden ist, so

erachtete man es für richtiger, daß eine solche Kün⸗ digu dem Hypothekenschuldner gegenüber, eme. der 2 des 3 1080, unwirksam sein solle und die ge⸗ dachte Vorschrift wurde daher gestrichen. Neu hinzugefügt wurde als 5 107942 die Bestimmung, de der Gläubiger be⸗ rechtigt ist, bei der Kündigung und der Rechtsverfolgung den im Grundbuch als Eigenthümer Eingetragenen als den Eigen⸗

1

ene. anzusehen, daß jedoch das Recht des wahren Eigenthümers, die ihm gegen den Anspruch aus der Hypothek puste enden Ein⸗ wendungen geltend i machen, unberührt bleibt. Der 5 1080, welcher dem Hypothekenschuldner das Recht gewährt, den Gläubiger u befriedigen, sobald die durch die Hypothek gesicherte per⸗ un? Forderung fällig ist, sachlich keine Anfechtung. Auch die e ü. des 5 106861 über das Ablösungsrecht . Zwecke der Abwendung der Zwangsvollstreckung in das elastete Grundstück (sog. jus offerendij wurden sach⸗ lich im wesentlichen genehmigt. Hinzugefügt wurde die Vorschrift, daß auch einem die Zwangsversteigerung des Grundstücks betreibenden persönlichen Gläubiger gegen⸗ über das Ablösungsrecht von demje 24. ausgeübt werden kann, der ein Necht an dem hr n ffn oder, wie z. B. der Miether oder Pächter, den Besitz des Grundstücks durch die Zwangsversteigerung zu verlieren Gefahr läuft. Ferner wurde in Abweichung von dem Entwurf beschlossen, zu be⸗ stimmen, daß mit der Befriedigung des Gläubigers dessen Forderung kraft Gesetzes auf den ihn Befriedigenden übergeht. Gegen den sachlichen Inhalt des 5 1082, der außer Zweifel zu stellen bezweckt, daß in den Fällen der 88 1080, 10861 die Befriedigung des Gläubigers auch durch Hinterlegung oder durch Aufrechnung erfolgen kann, erhob sich kein Widerspruch. Die Vorschrift des s 1083 über die Erstreckung des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs auf die durch die Hypothek gesicherte Forderung gelangte ebenfalls nach dem Entwurf zur An⸗ nahme. Der § 10684 bestimmt, welche Einwendungen von dem Eigenthümer des belasteten Grundstücks gegen den Anspruch aus der Hypothek geltend gemacht werden können. Die Vorschriften der Abs. 1, 2 üher die Zulässigkeit solcher Einwendungen, die sich auf ein zwischen dem Eigenthümer und dem Gläubiger bestehendes persönliches Rechtsverhältniß gründen oder die sich aus dem Grundbuch ergeben oder das Bestehen der Hypothek betreffen, wurden als entbehrlich gestrichen. Der Abs. 3, nach welchem der Eigenthümer, soweit nicht die Vorschrift des 81083 über den Schutz des guten Glaubens ent— gegensteht, auch die dem persönlichen Schuldner gegen die Forderung zustehenden Einreden geltend machen kann, erfuhr sichlich keinen Widerspruch. Zu einer eingehenden Erörterung führte der von einer Seite gestellte Antrag, im Anschluß an das in Preußen und in Mecklenburg geltende Recht die Vorschrift aufzunehmen, daß der Eigenthümer des belasteten Grundstücks Einwendungen, die ihm unmittelbar gegen den Gläubiger zu⸗ stehen, auch einem Sondernachfolger desselben entgegensetzen kann, sofern sie sich auf Thatsachen gründen, die dem Sondernachfolger zur Zeit des Erwerbes der Hypothek bekannt waren. Die Mehrheit entschied sich für die Annahme des Antrages. Ergänzt wurde der Entwurf ferner durch die dem 8 710 des Entwurfs II entsprechende Bestimmung, daß, soweit nicht die Vorschrift des F 1083 entgegensteht, der Eigenthümer des belasteten Grund⸗ stücks die Befriedigung des Gläubigers verweigern kann, so⸗ lange dem persönlichen Schuldner das Recht zusteht, das seiner Verbindlichkeit zu Grunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten; die gleiche Befugniß soll der Eigenthümer haben, so lange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des 9 Schuldners befriedigen kann. Die Vorschriften des 5 1685 über die Zulässigkeit der Ein⸗ tragung einer Vormerkung in das Grundbuch zur Erhaltung einer gegen den Anspruch aus der Hypothek bestehenden Einwendung wurden mit den aus den Beschlüssen zu den S8 844, 845, 1084 sich ergebenden Aenderungen sachlich nach dem Entwurf angenommen. Als § 1985 a soll die . eingestellt werden, daß, wenn die Forderung getheilt wird, es zur Aenderung des Rangverhältnisses der Hypotheken für die einzelnen Theile der Zustimmung des Eigenthümers nicht be⸗ darf. Die S8 1086 bis 1090 betreffen den Uebergang der Hypothek durch Uebertragung der Forderung. Die Regelung des Entwurfs fand im wesentlichen Zustimmung, insbesondere auch die im S 1087 Abs. J enthaltene Bestimmung, daß zum Erwerbe der Hypothek durch Abtretung die Eintragung in das Grundbuch erforderlich ist. Die un gri des § 1088, welche die Uebertragung durch Ueberweisung im Wege der Zwangs— vollstreckung betrifft, soll in die Civilprozeßordnung aufge⸗ nommen werden, und zwar mit der sachlichen Aenderung, daß es zur Eintragung in das Grundbuch der Zustellung des Ueber⸗ weisungsbeschlusses an den Drittschuldner nicht bedarf. Im Zusammenhang damit wurde auch der 5 731 der Civil⸗ prozeßordnung, wie er in der ass nn des Entwurfs des Ein⸗ führungsgesetzes vorgesehen ist, dahin geändert, daß zur ien n einer durch Hypothek gesicherten Forderung die

Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner

neben der Eintragung der Pfändung in das Grundbuch nicht erforderlich sein, die . des Pfändungsbeschlusses aber die Wirkung eines Leistungsverbots haben soll. Die S5 1091 ff. handeln von dem Erlöschen der Hypothek. Der Entwurf stellt im 5 1092 den Grundsatz auf, daß, soweit nicht das Gesetz ein anderes bestimmt, mit dem Erlöschen der Forderung die für sie bestehende Hypothek erlischt, daß mithin, da nach S. 1102 an die Stelle einer erloschenen Hypothek eine andere nicht eingetragen werden kann, die nachstehenden Hypo⸗ theken vorrücken. Eine Durchbrechung erleidet der Grundsatz namentlich vermöge, der, Vestimmungen der ö. 1994, 1097 über die Eigenthümerhypothek. Eine öigenthümerhypothek läßt der Entwurf indessen nur in beschränktem Umfange zu, nämlich nur für den Fall, in dem der persönliche Schuldner, der zugleich der Eigenthümer des belasteten Grundstücks ist, den Gläubiger befriedigt oder die er nn und die Verbindlichkeit sich in der Person des Figenthümers des belasteten Grundstücks vereinigen. Dieser Regelung des Entwurfs gegenüber war von verschiedenen Seiten beantragt, den . Grundsatz aufzustellen, daß, soweit nicht das Gesetz ein anderes ergiebt, mit dem Erlöschen der Forde⸗ rung die Hypothek nicht erlischt, sondern auf den Eigenthümer des belasteten Grundstücks übergeht, und das Gleiche auch für den Fall zu bestimmen, wenn die Forderung nicht zur Ent⸗ stehung gelangt ist. Ein anderer Antrag bezweckte, den gesetz⸗ lichen Uebergang der ire hf auf den Eigenthümer grund⸗ sätzlich auch in den Fallen des Entwurfs auszuschließen und die Eigenthümerhypothek durchweg nur insoweit zuzulassen, als der Eigenthümer sich bei der Begründung der Hypothek durch einen Vermerk im Grundbuch vorbehalten habe, daß im Falle des Nichtbestehens oder des Erlöschens der Forderung hie Hypothek auf ihn übergehen soll. Die Berathung der durch dlese Anträge angeregten Fragen wurde nicht zu Ende

geführt.

*

Der General-Lieutenant von Roon, Commandeur der 21. Division, ist auf einige Tage hier angekommen.

Bayern.

Bezüglich der von der Regierung getroffenen Maßnahmen gegen den Futtermang el hebt die „Allg. Ztg.“ hervor, daß diese sich nicht nur auf die Erleichterungen in Bezug auf Wald⸗ weide, Abgabe von Streu, Laub und Gras, auf Fracht⸗ ermäßigungen u. s. w. erstrecken, sondern daß sofort af die erste Bekanntgabe des Bedarfs hin sehr erhebliche Mittel flüssig ge⸗ macht worden seien, um den Kreisregierungen im Einverständniß mit den Kreiscomités des Landwirthschaftlichen Vereins die augenblickliche , von Futtermitteln und deren Zuführung an die in Bedrängniß befindlichen Landwirthe zu ermöglichen. Der ganze sogenannte Centralnebenfonds für Industrie und Cultur mit einem Vermögensstand von 250 0090 46 sei voll⸗ ständig zur sofortigen Gewährung von Vorschüssen behufs Ankaufs von Di ne und Sämereien aufgebraucht worden. Als dieser Fonds keine Mittel mehr geboten habe, seien sofortStaatsfonds für den fraglichen Zweck in Anspruch genommen worden. So habe der Kreis Unterfranken und Aschaffenburg allein bereits eine Beihilfe von 300 000 M erhalten. Auch für Mittel⸗ franken, Oberfranken und die Oberpfalz seien erhebliche Geld⸗ mittel flüssig gemacht worden. Selbstverständlich sei in Aus⸗ sicht genommen, je nach Bedarf noch weitere Summen auf— zuwenden.

Baden.

Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin begeben sich der „Karlsr. Itg“ zufolge heute von Baden-Baden zu etwa vierzehntägigem Aufenthalt nach St. Blasien und dann von dort nach Schloß Mainau.

Sachsen⸗Meiningen.

Der wegen der landwirthschaftlichen Futternoth ein— berufene Landwirthschaftsrath des Herzogthums hat zur Steuerung des Nothstandes eine Bewilligung von 750 000 M6 für erforderlich erachtet, welche Summe darlehnsweise den Gemeinden 11½ Jahre zinslos, von da ab auf weitere M Jahre zu einem Zinsfuß von Proc. bewilligt werden soll. Der demnächst zusammentretende Landtag wird sich mit diesem Vorschlag zu beschäftigen haben.

Elsas⸗Lothringen. Der Bürgermeister Spieß von Schlettstadt, Mitglied

35

des Landesausschusses, ist, wie „W. T. B.“ meldet, seines Amtes enthoben worden.

Deutsche Colonien.

Das „Deutsche Colonialblatt“ veröffentlicht folgenden Nachruf:

Der Leiter der Station Balinga Freiherr Volkamer von Kirchensitten bach, Königlich bayerischer Premier- Lieutenant la suite des Infanterie⸗Leib⸗ Regiments, sowie der ihm als Expeditionsmeister unterstellte Zahlmeister Scadock haben im Kampf gegen den Stamm der Barrongos nach heldenmüthiger Gegenwehr den Tod gefunden.

Indem ich die traurige Pflicht erfülle, diese Nachricht zur Kenntniß zu bringen, darf ich zugleich der Versicherung Ausdruck geben, daß die vorzüglichen Charaktereigenschaften und die unwandelbare Pflichttreue der für Kaiser und Reich Gefallenen ihnen ein ehrenvolles Andenken sowohl hier im Schutzgebiet als auch in der Heimath sichern werden. Kamerun, den 11. Mai 1893. Der Kaiserliche Gouverneur. Zimmerer.

Oesterreich Ungarn.

Der Kaiser empfing gestern, wie telegraphisch berichtet wird, den englischen Botschafter Sir A. Paget in Abschieds audienz und dessen Nachfolger Monson in Antritts⸗ audienz und später den französischen Botschafter Decrais in Privataudienz. Der Aufenthalt des Kaisers in Gastein, wo Allerhöchstderselbe, wie bereits gemeldet, morgen eintrifft, wird acht Tage währen. Sodann begiebt sich der Kaiser nach Ischl, wo gleichzeitig die Erzherzogin Marie Valerie erwartet wird.

Der Austausch der Ratificgtionen des neuen Handelsvertrags und der Viehseuchenconvention zwischen Oesterreich-Ungarn und Serbien hat gestern Vormittag im Auswärtigen Amt iLn Wien stattgefunden.

Uebereinstimmenden Meldungen zufolge wird, wie das Wiener „Frdbl.“ schreibt, mit Rücksicht auf den in zahlreichen Landtagen ausgesprochenen Wunsch, daß im Laufe des De⸗ zember eine Landtagssession zur Erledigung des Budgets und anderer dringender Geschäfte abgehalten werden möge, der Reichsrath Ende September wieder zusammentreten.

In einer vorgestern abgehaltenen Generalversammlung des Czechisirungs vereins für Nordböhmen verlangten mehrere Redner die Gründung einer Volks-Actiengesell schaft, um in Deutschböhmen eine czechische Industrie zu Haff damit die Czechen nicht von den Deutschen wirth⸗ schaftlich abhängig seien. In Brünn fand vorgestern die constitulrende Versammlung eines czechisch⸗ nationalen Clubs statt.

Das ungarische Ackerbau-Ministerium hat, wie der „Budapester Corresp.“ meldet, gestattet, daß zur Ver⸗ größerung der Futterbestände ausnahmsweise Laubfutter und Gras in den ärarischen Waldungen gesammelt werden dürfen.

*

Großbritannien und Irland.

Der König und die Königin von Dänemark sind gestern Nachmittag 1 Uhr in London eingetroffen und wurden von dem Prinzen und der Prinzessin von Wales, dem Herzog und der Herzogin von Edinburg, dem Herzog von Jorkzund der Prinzessin Mary von Teck empfangen. Vom Bahnhof aus begaben sich die Majestäten nach Marlborough⸗House. Der Großfürst-Thronfolger von Rußland traf gestern früh gleichfalls in London ein.

Das Unterhaus hat, einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, gestern nach Ablehnung mehrerer Amendements die Resolution des Premier-Ministers Gladstone über die Debatte der Homerule⸗Bill mit 299 gegen 267 Stimmen angenommen. Im weiteren Verlaufe der Sitzung beantragte Webb eine Resolution zu Gunsten der Unterdrückung des Opiumhandels in Ostindien und die Einsetzung einer Com⸗ mission zur Untersuchung der Frage, in welcher Weise die Ausgaben Indiens i chünt und dessen Hilssquellen entwickelt werden könnten, sowie der weiteren Frage, ob England zur Deckung des Deficits, das für Indien aus der Unterdrückung des Opiumhandels entstehe,

ö. beitragen solle. Der Premier⸗Minister Gladstone

ekämpfte diesen Antrag durch einen Unterantrag, in welchem die indische Regierung aufgefordert wird, die Politik einer be⸗ deutenden n , des Opiumbaues und Opiumverkaufs fortzusetzen, und der sich für die Niedersetzung einer Commission zur Untersuchung aller mit einem etwaigen Verbot des Opium⸗

andels zusammenhängenden Fragen ausspricht. Der Unter⸗ . . ladstone's wurde mit 181 gegen 1065 Stimmen ge⸗ nehmigt.

Ich einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Malta sind die Kreuzer „Edgar“ und „Phaston“ mit den Ueberlebenden von der Besatzung des Panzerschiffes „Victoria“, zusammen A Offiziere und 267 Mann, heute daselbst eingetroffen. Augenzeugen berichten, daß die „Victoria“ innerhalb fünf. Minuten gesunken sei, obwohl sofort nach dem Zusammenstoß das Signal zum Schließen der Schotten gegeben worden sel. Von dem Admiral Tryon ist keine Spur nach dem Untergang des Schiffes gesehen worden. Wie der „Times“ aus . berichtet wird, hätte der mit der „Victoria“ untergegangene Vice⸗Admiral Tryon sofort nach ber Collision erklärt, diese sei seine eigene Schuld. Zwischen den Schiffen sei nicht genügend Raum gewesen, um das von Tryon angeordnete Manöver auszuführen. Contre⸗Admiral Markham, an Bord des Camperdown“, habe die Gefahr erkannt und gezögert, der Ordre Folge zu leisten; als jedoch darauf Tryon signalisirte „Was macht Ihr?“ habe Markham den „Camperdown“ mit dem bekannten Resultat vorwärts gehen lassen. In einem anderen Telegramm heißt es: Wenn der Befehl ganz ausgeführt worden wäre, so hätten alle Schiffe des Geschwaders mit einander collidirt.

Frankreich.

Der Senat hat, nach einem Bericht des „W. T. B.“, in seiner gestrigen Sitzung den Gesetzentwurf über die Petroleumzölle und das französisch⸗russische Handelsabkommen, das gestern in (. Kammer votirt worden ist, unverändert angenommen. In zweiter Lesung wurde der Gesetzentwurf wegen Erbauung eines neuen Hafen⸗ bassins in Marseille genehmigt. Der Minister der öffentlichen Arbeiten Viette trat für die Vorlage ein, indem er deren Nothwendigkeit mit dem Hinweis auf die An⸗ strengungen begründete, die Italien bezüglich der Hafenbauten von Genua mache.

Die Deputirtenkammer lehnte gestern mit 349 gegen 173 Stimmen mehrere Anträge ab, wonach die Eingangszölle auf Mais, Hafer und Gerste aufgehoben werden sollten. Hierauf trat die Kammer in die Berathung des Budgets für das Jahr 1894 ein. Pelletan und mehrere andere Redner sprachen sich abfällig über das Budget aus, weil es 3 Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben nicht ichere.

Der Erzbischof von Besangon Ducellier ist gestorben.

Rußland.

Der Erste Botschafts⸗Secretär in Konstantinopel Tscharykow ist, wie ‚W. T. B.“ aus St. Petersburg meldet, zum Botschafts⸗Rath bei der russischen Botschaft in Berlin ernannt worden. Der Erste Botschafts⸗Secretär Baron Budberg ist von Berlin als Zweiter Ministerial-Rath nach St. Petersburg versetzt worden. Der Zweite Secretär bei der Gesandischaft in Bern von Knorring tritt an Stelle des Botschafts⸗Secretärs Novikow in Berlin.

Italien.

Der Senat hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ gestern das provisorische Budget für 1893/94 angenommen. Bei der Berathung des Budgets des Kriegs-Ministe⸗ riums erklärte der Minister des Auswärtigen Brin in Be⸗ antwortung einer Interpellation: man dürfe, um die An⸗ strengungen Italiens für seine Wehrmacht zu beurtheilen, nicht vergessen, daß es auch für die Marine vorzusorgen habe; er glaube nicht, daß eine Erhöhung der Militärausgaben an⸗ gesichts der wirthschaftlichen und finanziellen Zustände Italiens möglich sei; niemand im Auslande habe in dieser Richtung irgend welche Bemerkungen gemacht.

Der Papst empfing gestern eine Abordnung von etwa 30 Bischöfen, Priestern und Seminaristen aus dem Orient. Auf eine von dem Bischof von Sidon Haggiat verlesene Adresse erwiderte der Papst, er freue sich, die orientalische Geistlichkeit begrüßen zu können; er habe stets dem Orient seine volle Sorgfalt zugewendet und wünsche sehnlichst, den alten Glanz dieser Kirche erneuert zu sehen, indem sie die zerstreuten und verlorenen Söhne wiedergewänne.

Der vormalige italienische Gesandte in Rio de Janeiro Rova ist zum diplomatischen Agenten und General-Consul n Sofia ernannt worden.

Türkei.

Ueber die in den letzten Tagen beim Sultan gemachten Schritte, um eine Abänderung der gegen die Armenier gefällten Urtheile herbeizuführen (siehe Nr. 151 des „R. u. St⸗A.“, wird, wie ‚„W. T. B.“ erfährt, nachträglich bekannt, daß diese nicht von den Botschaftern persönlich unternommen wurden. Andererseits wird bestätigt, daß der Sultan die betreffenden Vorstellungen wohlwollend ent⸗ gegengenommen habe.

Serbien.

In der Skupschtina gelangte gestern laut Meldung des „W. T. B.“ der Ausschußbericht über den deutsch⸗ serbischen Handelsvertrag zur Verlesung. Der Bericht befürwortet die Annahme diefes Vertrags sowie des Ueber⸗ einkommens über Muster⸗ und Markenschutz In einem anderen Bericht des Finanzausschusses wird beantragt, daß die im vorigen Jahre von der Regierung für Maßregeln

egen den Ausbruch und die Verxschleppung der . bestimmte Summe von 150 000 Dinaren aus⸗ schließlich zu dem genannten Zwecke verwendet werden solle.

Schweden und Norwegen.

Das Storthing hat dem W. T. B.“ zufolge in seiner gestrigen Sitzung einen Zoll von 4 Oere auf Schmalz und von 10 Oere auf Schinken angenommen, dagegen einen An⸗ trag auf Einführung eines Zolls auf Eier, Theer und Ma⸗ schinen abgelehnt. Amerika.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus 1 von gestern ware nunmehr beschlossen, den Congreß zu einer außerordentlichen Sitzung auf den 7. August einzuberufen.

Parlamentarische Nachrichten.

Preußischer Landtag. Herrenhaus. 20. Sitzung vom 1. Juli 1893, 11 Uhr.

Der Sitzung wohnt der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen mit Commissarien bei.

Auf der . steht der mündliche Bericht der Eisenbahncommission über den Gesetzentwurf, betreffend die Erweiterung, Vervollständigung und bessere Aus⸗ rüstung des Staatseisenbahnnetzes.

Der Berichterstatter, Ober⸗Bürgermeister Küper (Krefeld) empfiehlt die unveränderte Annahme der Vorlage.

Freiherr von Manteuffel tritt für den vollständigen Ausbau der Bahnstrecke Finsterwalde Senftenberg ein.

Ober⸗Bürgermeister Struckmann-⸗Hildesheim befürwortet den Ausbau der Bahnstrecken Gandersheim Duingen und Gandersheim Elze, wofür die Interessenten den Grund und Boden unentgeltlich hergeben würden; er bittet aber den Minister, von der an den Kreis Marienburg gestellten Forderung, auch zu den Baukosten beizutragen, Abstand zu nehmen.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen erkennt an, daß die beiden Strecken einem allgemeinen Bedürfniß entsprechen; aber die finanziellen Erörterungen, die namentlich auch mit Braunschweig ge⸗ pflogen werden müssen, sind no nicht abgeschlossen. Die Kreise Alfeld und Gronau wollen den Grund und Boden erwerben, der Kreis Marienburg will aber dazu nur einen Beitrag gewähren. Der Beitrag für die Linie Bodenburg Duingen ist gerechtfertigt, weil für dieselbe ein Defils bei Salzdetfurth überwunden werden muß, was große Kosten ver⸗ ursachen wird, ohne daß man auf einen großen Verkehr rechnen kann. Die Linie Bodenburg Salzdetfurth Duingen wird jedenfalls nicht allein gebaut werden. Vielleicht tritt dem Kreise Marienburg jemand , zur Seite, damit er die an ihn gestellten Forderungen erfüllen

ann.

Ohne Specialberathung werden darauf die einzelnen Linien und schließlich das Gesetz im ganzen genehmigt.

Es folgt die Berathung von Petitionen.

Die Petition des Emmelhainz in Rhaunen und Genossen: dahin zu wirken, daß der weitere Aufschluß des Hunsrück durch Eisenbahnen baldigst herbeigeführt, daß ins⸗ besondere die Linie Kirn Hahnen Bachthal Hausen Rhaunen möglichst bald in Angriff genommen und über Krummenau an die projectirte Linie Hermeskeil Simmern angeschlossen werde, wird durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt.

Die Petition des Magistrats und der Stadtverordneten zu Neuenburg in Westpreußen, den Bau einer Eisenbahnlinie Schöneck -Pr.⸗Stargard —Skurz Hardenberg Neuenburg zu veranlassen, wird als zur Erörterung im Plenum nicht geeignet bezeichnet.

Bei einer Petition des Kreisausschusses des Kreises Schweinitz, die ebenfalls durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt werden soll, bezweifelt Freiherr von Manteuffel die Beschlußfähigkeit des Hauses, deren Nichtvorhandensein der Präsident bei Anwesenheit von nur etwa 25 Mitgliedern anerkennen muß. Die Sitzung wird hierauf abgebrochen.

Schluß 12/7 Uhr. Nächste Sißung: Dienstag, 2 Uhr (Rechnungssachen, Bericht der Matrikelcommission).

Haus der Abgeordneten. 84. Sitzung vom 1. Juli.

Der Sitzung wohnen der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch, der Finanz⸗Minister Dr. Miguel und der Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden bei.

Der Gesetzentwurf, betreffend die Ausdehnung des Gesetzes wegen Bildung von Wassergenossenschaften für das Gebiet der Wupper auf das Gebiet der Volme und ihrer Nebenflüsse, wird nach einigen befürwortenden Bemerkungen des Abg. vom Heede in erster und zweiter Lesung unver⸗ ändert genehmigt.

Der Vorlage, betreffend Ruhegehaltskassen für die Lehrer und Lehrerinnen an öffentlichen Volks⸗ schulen, beantragt die Unterrichtscommission in der vom Herrenhause angenommenen Fassung die Zustimmung zu er⸗ theilen.

. Nachdem Abg. Freiherr von Minnigerode (cons.) die Annahme der Vorlage empfohlen und auch Abg. Dr. Wür⸗ meling (Centr.) erklärt hat, daß die Centrumspartei ihre Bedenken, ob nicht das Gesetz eine Verfassungsänderung in⸗ volvire, wegen der überwiegenden Vortheile, die das Gesetz zur Annahme empfehlen, zurückgestellt habe, wird der Gesetz⸗ entwurf ohne erhebliche Debatte angenommen. Die dazu ein⸗ gelaufenen Petitionen werden durch diese Beschlußfassung für erledigt erklärt.

Ueber die dem Hause vorgelegten Verhandlungen des Landeseisenbahnraths im Jahre 1892 berichtet namens der verstärkten Budgetcommission Abg. Schöller; die Com⸗ mission beantragt, die Vorlage durch Kenntnißnahme für er⸗ ledigt zu erklären und über die Petitionen von Friedlaender und Alexander Katz, welche begntragen, die Personen⸗Gepäck⸗ tarife der Eisenbahnen umzugestalten, zur Tagesordnung uͤber⸗ ugehen.

7 Abg. Dr. Lotichius (b. k. F,) ersucht die Eisenbahn⸗Verwaltung, von Maßnahmen auf dem Gebiet der Tariffestsetzung, die den Ver⸗ sand von Eisenerzen aus Elsaß⸗Lothringen und Luxemburg nach Rhein⸗ land und Westfalen von Oberlahnstein ablenken könnten, Abstand zu

nehmen.

Geheimer Ober-Regierungs⸗Rath Hoeter erwidert, daß die mit Rücksicht auf die Lage der Eisenbahnindustrie in Rheinland und West⸗ falen für die von Hochöfen bezogenen Eisenerze wa . , gung den Verkehr auf dem Wasserwege über Oberlahnstein zu be⸗ einträchtigen nicht geeignet sei. 6

Abg. Dr. Hamm acher (ul.) schließt sich den Ausführungen des Abg. Lotichius an, der im Intéresse der schiffahrenden Bevölkerung von Oberlahnstein genau dieselbe Forderung erhebe, die er Ren e im Interesse der Ruhrorter Eisenindustrie geltend machen müsse. Au die Fracht über Oberschlesien müsse ermäßigt werden.

Geheimer Ober -Regierungs⸗Rath Hoeter: Die Verwaltung kann auf diese Forderung nicht eingehen, weil die Eisenwerke an der Sieg einer solchen Ermäßigung ö. Gunsten der Ruhrindustrie gegen⸗ über nicht mehr 3 leiben würden. Die am Rhein ge⸗ legenen Werke würden dadurch einen unberechtigten Vorsprung vor den nicht am Rhein el cen en erhalten.

Abg. Letocha (Centr.) verlangt die Abschaffung der neu ein⸗ eführten höheren Tarife für die oberschlesische Kohle. Die alten arife seien viel niedriger gewesen, die neuen habe man eingeführt,

ohne die nn,, , zu fragen.

Geheimer Regierungs⸗Rath Möllhausfen: Die Interessenten sind bei der Erhöhung allerdings gehört worden. Zur Sache selbst heute Stellung zu 2 26 ist für die Verwaltung unthunlich, da die

ö. ohnehin auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung des Landeg⸗- eisenbahnraths steht.

Abg. Schul tz-Lupitz (freicons) kommt auf seine mehrfach und auch in Form von Anträgen bereits ,, Anregungen einer wei. teren , des Frachtsatzez für künstliche Düngemittel zurück und erhebt von neuem . diese Forderung, deren Erfüllung weit mehr gls das System der Staffeltarife zur Hebung der Ger mn ne, im Osten und Westen beitragen werde.

Ministerial⸗Director ö. eck erklärt, daß über die Möglichkeit einer weiteren der, r, der Ausnahmefrachttarife für Kalirohfalze zum Düngen neuerdings Erhebungen angestellt würden.

. Abg. Dr. Hamm acher: Die eingeführten Tarifermäßigungen

seien für die achtzehn Hochöfen bei Duisburg und Ruhrort von keinem Nutzen. Das sei eine Ungerechtigkeit. Eine Staatseisenbahn⸗Ver⸗= waltung wie die unsrige mit solchen Ueberschüssen könne und solle den wirthschaftlichen Aufgaben des Landes voll und ganz gerecht werden. Die n,, des Tarifs müsse also für alle in Betracht kommenden Werke gleichmäßig erfolgen. Abg. Dr. Gerlich (freicons.) spricht dem Minister Dank und Anerkennung dafür aus, daß er durch die Einführung der Staff-l⸗ tarife der armen östlichen Landwirthschaft zu Hilfe gekommen sei. Die Provinz Sachsen habe gewiß am allerwenigsten Anlaß, über diese Tarife sich zu entrüsten, denn es seien noch nicht 3 des ganzen Consums an Getreide aus dem Osten nach der Provinz Sachsen auf Grund der Staffeltarife gelangt. . .

An der weiteren Debatte betheiligen sich die Abgg. Letocha und Schultz-Lupitz. .

Zu der oben erwähnten Petition, welche die Einführung des Zonentarifs befürwortet, bemerkt

Abg. Broemel (dfr., daß seine Behauptung. es sei unzweckmäßig, die großen allgemeinen Eisenbahnfragen von der Berathung des Etats zu trennen und besonderer Berathung vorzubehalten, durch den Gang der ö vollauf gerechtfertigt worden sei. Man befinde sich 22 am Schluß einer arbeitsreichen Session und auf keiner Seite sei mehr Geneigtheit vorhanden, an diese allgemeinen Fragen mit gründlichen Erörterungen heranzutreten. Unter diesen Umständen verzichte auch er auf eine eingehende Besprechung und wolle gegen den Uebergang auf Tagesordnung keinen Widerspruch erheben.

Die Commissionsanträge werden angenommen. (Schluß des Blattes.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Wie bereits in der gestrigen Nr. 154 d. Bl. n. Schl. d. Red. gemeldet, fanden am Donnerstag Abend auf den äußeren Boulevards von Paris infolge des Kutscherstrikes ernstere Ruhestörungen statt; die neuangeworbenen Kutscher wurden bei der Fahrt nach den Wagendepots mißhandelt und zahl⸗ reiche Wagen zertrümmert. Die im Strike befindlichen Wagenlenker haben, wie wir einem Bericht der „Nat⸗3.“ entnehmen, durch eine Deputation dem Conseil⸗Präsidenten Dupuy eine von ihnen mit Einstimmigkeit beschlossene Tages⸗ ordnung übermitteln lassen. Sie verlangen zunächst, daß der Minister⸗Präsident dem Polizei⸗Präfecten von Paris An⸗ weisungen in dem Sinne ertheile, daß er sich zur strengen Beobachtung des Reglements veranlaßt fühle. Zugleich wird ein entschiedener Tadel gegen die Gesellschaften ausgesprochen, weil diese sich unterfangen“ haben, an Stelle der strikenden Kutscher andere einzustellen. Endlich erklären die Kutscher, daß sie Bedenken tragen müßten, so lange ihre Forderungen nicht erfüllt werden, die Arbeit wieder aufzunehmen. Sie weisen darauf hin, daß sie selbst bei der Wiederaufnahme ihrer Thätigkeit in einem Monat von neuem gezwungen wären, in den Strike einzutreten. Wenn die an dem Strike Betheiligten von den zahlreichen Unfällen sprechen, die durch die, Gelegen⸗ heitskutscher“ herbeigeführt werden, so hebt der „Figaro“ her⸗ vor, daß die Anzahl der von den regulären Wagenlenkern ver⸗ anlaßten Unfälle sich täglich auf nicht weniger als 83 beläuft. Ein Mitglied des Gemeinderaths Rouanot hat über die Kutscherfrage einen Bericht fertig gestellt, der vorgestern im Stadthause zur Vertheilung gelangte. Die Stimmung in Paris ist den etwa 3500 strikenden Kutschern nicht günstig. Nach einer Meldung des „H. T. B.“ vom heutigen Tage soll zur Beilegung des Ausstandes eine von der Regierung zu⸗ sammenberufene Conferenz stattfinden, an welcher Deputirte, Gemeinderathsmitglieder und Mitglieder der Arbeiterbörse theilnehmen sollen.

Aus dem Kreise Templin wird der ‚Neu⸗Ruppiner Zeitung“ gemeldet: Seit Montag wird auf den meisten Ziegeleten der 89 Gegend nicht gearbeitet, und zwar infolge von Lohn- abzügen, die durch die niedrigen Steinpreise hervorgerufen sind. Am Montag und Dienstag sind zwischen den arbeitenden und nicht- arbeitenden Ziegelarbeitern schwere Ausschreitungen vorgekommen; etwa achtzig Personen liegen schwer darnieder. Fortwährend werden durch die Gendarmerie Verhaftungen vorgenommen. Die Leute ziehen mit rothen Fahnen und lärmenden Rufen in der Umgegend auf den Ziegeleien, wo noch gearbeitet wird, umher. Nach den Schmidt'schen Dampfziegeleien in Mildenberg sind fünf Polizeibeamte berufen, die Tag und Nacht auf den Ziegeleien wachen, denn auf dem Mildenberger, sowie dem Dam⸗ horster Theil sind die Ziegeleien noch in Betrieb, dagegen war Ribbeck⸗ Marienthaler genöthigt, die Ringöfen ausgehen zu lassen. 1000 bis 1500 Arbeiter sind nach Hannover verzogen.

Kunst und Wissenschaft.

Die Ausstellung der Werke von Walter Crane im Königlichen Kunstgewerbe⸗Mu seum bleibt am Sonntag noch 66 muß aber im Lauf der nächsten Woche geschlossen werden.

inige von den Gemälden werden dieser Tage nach München zu der Kunstausstellung der Secessionisten geschickt werden. Im oberen Umgange des Lichthofs ist seit gestern eine Auswahl von den Wett arbeiten der letzten Concurrenz des Vereins für deutsches Kunst gewerbe (Entwürfe zu einem Abreißkalender) für kurze Jei ausgestellt.

Das Gravenreuth⸗Denkmal wird gegen Mitte Juli von Herrn n . von Miller in München hergestellt sein und als. dann zur Verschiffung nach Kamerun gelangen. Schon jetzt kann hervorgehoben werden, daß das Denkmal einen durchaus würdigen und imposanten Eindruck macht.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Nach der endgültigen Feststellung des Kaiserlichen 8 schen Amts betrug der Ernteertrag im Deutschen Reich im Jahre im Durchschnitt 1892 von 23 Tonnen Gu 1000 Rg Weizen 3 163 835 28816 k 497 818 wg gen Geile gott J artoffeln 27 Ms hh

Wiesenheu 16 833 897