1893 / 158 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 05 Jul 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Königreich Preußen. Justiz⸗Ministerium.

Versetzt sind:; der Landgerichts Rath Nosl in Prenzlau an das Landgericht in Potsdam, der Amtsrichter Peßsch in Mücheln als Landrichter an das Land ericht in Torgau, der Amtsrichter Maetzke in Jauer als andrichter an das Landgericht in Glogau, der Amtsrichter Specovius in Bialla an das Amtsgericht in Bischofsburg und der Ämts⸗ . Simon in Staßfurt an das Amtsgericht in Nord⸗

ausen.

Dem Landgerichts-Director Hirsch feld in Berlin ist die nachgesuchte Dienstentlassung ertheilt.

Dem Landgerichts-⸗Rath Wagner in Neisse, den Amts— gerichtsRäthen Hemptenmacher in Stolp und Lategahn in Mülheim a. d. R. ist die nachgesuchte Dienstentlassung mit Pension ertheilt.

Die Amtsrichter Friedberg in Winzig, Heintze in Ratibor und Scheuermann in Löwen sind infolge ihrer Ernennung zu Regierungs⸗Räthen aus dem Justizdienst aus⸗

geschieden.

Dem Ersten Staatsanwalt, Geheimen Justiz-Rath Schlüter in Essen ist die nachgesuchte Dienstentlassung mit Pension ertheilt.

Dem Notar, Justiz-Rath Barlach in Altona ist der Wohn⸗ sitz in Ratzeburg angewiesen.

In der Liste der Rechtsanwälte sind . der 1 anwalt Kröger bei dem Landgericht in Kiel und der Rechts— anwalt Snay bei dem Amtsgericht in Bernstadt.

In die Liste der Nechtsanwälte sind eingetragen: der Rechtsanwalt, Justiz⸗Rath Barlach aus Altona bei dem Amtsgericht in Ratzeburg, der Rechtsanwalt Snay aus Bernstadt bei dem Amtsgericht in Namslau, der Gerichts⸗ Assessor Marcuse bei dem Landgericht I in Berlin und der Gerichts⸗Assessor Becker bei dem Amtsgericht in Alt- Lands— berg mit dem Wohnsitz in Rüdersdorf.

Der Landgerichts-Rath von Hanstein in Hannover, der Amtsgerichts Rath Däumig in Berlin, der Amtsrichter Büning in Essen und der Rechtsanwalt und Notar Furbach in Konitz sind gestorben.

Ministerium für Handel und Gewerbe. Der Regierungs⸗Seeretariats⸗Assistent He inr ich ch lüů ter ist zum Geheimen expedirenden Secretär und Calculator er—

nannt und als solcher bei dem Ministerium für Handel und Gewerbe angestellt worden.

Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten.

Dem Gasthausbesitzer Mikulla zu Dzielau, Kreis Kosel, ist die in Silber ausgeprägte Gestüt-Medaille verliehen worden.

Angekommen:

Seine Excellenz der Staats-Minister und Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten von Heyden, aus Wiesbaden;

Seine Excellenz der commandirende Admiral, Admiral Freiherr von der Goltz.

Per sonalveränder ungen.

Königlich Preußische Armee.

Offiziere, Portepee⸗Fähnriche zc. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im activen Heere. Kiel, an Bord S. M. Jacht „Hohenzollern., 32. Juni pon Winterfeld, Gen. Lt. und Gen. Adjutant Seiner Majestät des Kaisers und Königs, beauftragt mit der Führung des Garde Corps, als ständiges Mitglied in die Landes⸗Vertheid igungscommission berufen.

Kiel, an Bord S. M. Jacht „Hohenzollern, 25. Juni. Witte, Sec. Lt, vom Inf. Regt. Graf Kirchbach (I. Niederschles.) Nr. 46, in das Inf. Regt. Graf Dönhoff (7. Ostpreuß.) Rr. 44 versetzt. Leopold, Sec. Lt. von der Res. des Hannob. Train⸗Bats. Nr. I6, commandirt zur Dienstleistung bei diesem Bat, im actipen Heere und zwar als Sec. Lt. mit einem Patent bom 28. Juni d. Iz. bei dem genannten Bat. angestellt. .

Neu es Palgis,. 1. Juli. Maltitz. Pr. Lt. vom Inf. Regt. Herzog Karl von Mecklenburg Strelitz (6. Ostpreuß) Nr. 453, in das 5. Westfäl. Inf. Regt. Nr. 53, v. Borcke, Pr. Lt. vom ö. Westfäl. Inf. Regt. Nr. H3, in das Inf. Regt. Herzog Karl von Mecklenburg⸗ Strelitz (6. Ostpreuß) Nr. 43, p. Kutzschenbach, Sec. Lt. vom . Thüring. Inf. Regt. Nr. 96, in das Inf. Regt. ven der Goltz C. bomm) Nr. 54, Br eédan, Ser. Lieutenant vom Infanterie Regiment Kaiser Wilhelm (2. Großherz. Hess) Nr. 116, sn das In⸗ fanterie Regiment Graf Werder (4. n Nr. 30, versetzt. Müller, Hauptmann und Compagnie Chef vom Infanterie⸗Regt. Nr. 131, auf vier Monate zur Dienstleistung bei dem Bekleidungsamt des VIII. Armee Corps, v. Kae hne, Sec. Lt. vom 2. Hanseat. Inf. Regt. Nr. 76, auf ein Jahr zur Dienstleistung bei dem Westfäl. Ulan. Regt. Nr. 5, czommandirt. Lampe, Ser. Lt. vom Niederschles. Fuß ⸗Art. Regt. Nr. 5, unter Stellung A la suite des Regts., bis auf weiteres zur Dienstleistung bei dem Auswärtigen Amt cominandirt.

Durch Verfügung der General-Insvpection der Fuß⸗ Artillerie. 29. Juni. Hoerenz, Königl. Württemberg. Feuer⸗ werks Lt., dem Art. Depot Posen zugetheilt.

Im Beurlaubten stande. Kiel, an Bord S. M. Jacht Hohenzollern), 28. Juni. Die Sec. Lts,. Ba fsfe bon der Res. des Westfäl. Train Bats. Nr. 7, Schrauth von der Res. des Rhein. Train⸗Bats. Nr. 8, Uns helm von der Ref. des Schleswig⸗Holstein. Train, Bats. Nr. 9, als Res. Offiziere zum Train⸗Bat. Ri. 16

versetzt.

ie r ier Im aectiven Heere. Kiel, an Bord S. M. Yacht „Hohenzollern“, 25. Juni. Graf v. Ger s⸗ dorff, Sec. Lt. vom 1. Garde⸗Ulan. Regt. der Abschied bewilligt.

Neues Palais, 1. Jult. v. Kracht, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 128 mit Pension der Abschied bewilligt.

Beamte der Militär Verwaltung.

Durch Verfügung des Kriegs⸗MinisteriLu ms. 28. April. n,, Keller, n ,, in Weißenfels und Garde— egen nach Gardelegen und Weißenfels versetzt.

35. Mal. M ewe, Die ck, Proviantamts. Controleure auf Probe in . Graudenz, zu Proviantamts⸗Controleuren ernannt.

2A. Mai. Weise, Yroviantamts, Rendant in Butzbach, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt.

. Jun t, Hoffmann, Walter, mit Wahrnehmung der . bei den Proviantämtern in Schwerin und Bocken— heim beguftragt, zu Probiantmeistern ernannt.

8. Ju ni. Koehler II. Arnold, Proviantamtsassistenten in ö. . und Metz, nach Metz und Mainz (Conserven⸗ a ersetzt. ĩ

8. Juni. Tied ke, Proviantmeister in Metz, zum Proviantamts⸗ Director ernannt.

.

Brandenburg, unter Ernennung zum Butzbach, Lin den, Probiantamts-Afsist. in Köln, als Proviantamts—⸗ Controleur auf meister in Wandsbeck, Roewer, als Proviantamts . Controleur auf feld, Conrgd, Proviantamts Rendanten in Potsdam, nach Wands beck. Erne sti, Proviantamts⸗Controleur in Wandsbeck, nach Pots dam, versetzt. r:

auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt.

ges a mit einem Dienstalter vom 29. April d. J. ernannt.

in den Ruhestand versetzt. XVII. Armee⸗Corps ernannt.

Siegburg, Franke, Br. ,. in Spandau, Wiche lha us, Betri bsführer beim Feuerwerkg⸗ a

, . . . oientin, Hilfschemiker bei der Pulverfabrik bei Hanau, zum Chemiker 2. Kl. ernannt. d ö.

i

3

dörffer, Gr e nacher vom 3. Bat. 3. Thüring. Inf. Rgts. Nr. 71,

zoviantamts, Controleur in

Schoen knehht, oviantamts⸗Rendanten nach

. Juni.

robe nach Brandenburg, Haenicke, Proviant- Proviantamts. Assist. in Parchim, Probe, nach Altona, Bahren

17. Juni. Bremer, Proviantamts. Controleur in Schleswig,

19. Juni. mit

; ; Wahrnehmung der Vorstands— äfte bei dem Propiantamt in Oldenburg beauftragt, zum Proviant⸗

Hoffmann,

20. Juni. Wessel, Proviantamts⸗Assist. in Metz, mit Pension

23. Juni, Schwartz, Zahlmstr. Aspir., zum Zahlmstr. beim Betriebs führer bei der Geschoßfabrik in

26. Juni. Fischer, Betriebsführer bei der Geschütz.

Pfaff,

orgtorium in Spandau, Hoffmann, Constructeur bei der Art. in Spandau, zu Ingenieuren 2. Kl., Hr, von

28. Juni.

Ditz el. Ober⸗Büchsenmacher von der Gewehrfabrik n. Spandau, auf seinen Antrag aus dem Dlenst entlaffen⸗

Bayer⸗

um Ober-Büchsenmacher bei der Gewehrfabrik in Erfurt ernannt.

3. d. M unter dem Vorsitz des Vice⸗Präsidenten des Staats⸗ Ministeriums, Staatzsecretärs des Innern Dr. von Boetticher abgehaltenen Plenarsitzung dem Entwurf eines Gesetzes, be⸗

t

stimmung. ö beschloß die Versammlung keine Folge zu geben.

Bundegraths für Han sowie der vereinigten Ausschüsse

1

die Frage einer ausführlichen und lebhaften Erörterung unter⸗

ö

bahnen für Getreide, in der Form von Staffeltarifen eingeführten allgemeinen Tarifermäßigungen , . oder beizubehalten seien, ohne daß das Ergebniß der

lungnahme des Abgeordnetenhauses geführt hätte. Staatsregierung wurde

l

Rückgange der Getreideausfuhr in das Ausland darauf ange⸗ wiesen seien, ihren 3 in Deutschland zu finden, daß aber die früheren kilometri

genügt hätten, um diesen ß zu vermitteln, welche zwischen den Ueberschuß- und Bedarfs⸗ gegenden in ost⸗westlicher und nord⸗südlicher Richtung zu überwinden Verfügung Zeiten und überall einen den Interessen der Landwirthschaft und des Handels hinreichend enisprechenden am wenigsten für solche Gebiete des Ueberschusses oder des Bedarfs, welche zur Wasserstraße Nach der Ansicht der Staatsregierung könne die preußische Staats⸗Eisenbahnverwaltung

9

Nahrungsmittels in einer den Bedürfnissen des Landes ent— sprechenden Weise zu sorgen.

e 3

Staffeltarifs gewählk worden: einmal, weil diesem eine natür⸗ liche, den Selbstkosten der Beförderung entsprechende Bildung

d

durch die geographische Gestaltung des Landes und durch das Ueberwiegen der landwirthschaftlichen Production in den öst⸗ lichen und nördlichen Bezirken, der Industrie in den mittleren und wenlichen Gebieten für den Getreideaustausch im Lande eine

h

;

sumenten nützlich sei und der Eisenbahnverwaltung allein die Möglichkeit biete, die erstrebten Zwecke zu erreichen, ohne die Staatsfinanzen in unzulässiger Weise zu gefährden. In welchem Maße die Tarifänderung einem wirklich vorhandenen ö entspreche, sei durch die bisherigen Erfahrungen be— wiesen.

Menge der über Entfernungen von mehr als Beginn der Frachtermäßigung) bewegten Transporte in den

n

dem gleichen Zeitraum des Jahres 18905901 um 257 6065 t bei Getreide und um Diese Steigerung habe auch bereits in dem ersten Jahre nach Einführung der Staffeltarife Ernte des Jahres 1891 festgestellt werden können, sodaß der Antheil der über weite Bahnstrecken bewegten

9 1

und auf fast 20 Proc, im Jahre 1892,95, bei Mühlenfabrikaten von 17 Proc. auf 20 Proc. und auf 25 Proc. gestiegen ist.

troßz der bedeutenden n n infolge Verlängerung

d

der bisherigen Transportentwi tember 1892 bis dahin 1893 bei Getreide, Mühlenfabrikaten und Malz auf eine Brutto⸗Mehreinnahme von etwa 5 000 000 gerechnet werden könne.

wie es gerade nach der günstigen Ernte des Jahres 15893 sich gezeigt habe ar

Aichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 5. Juli.

Der Bundesrath ertheilte in der am Montag,

reffend die , des deutschen Heeres, die Zu⸗ Liner Eingabe wegen ,, . zur Gemeinde⸗

Heute fanden 9 der vereinigten Ausschüsse des

el und Verkehr und für Justizwesen,

für Zoll⸗ und Steuerwesen 0

ind für Handel und Verkehr statt.

In dem Hause der Abgeordneten ist in den letzten Tagen

ogen worden, ob die auf den preußischen Staats—⸗ Mühlenfabrikate und Malz

ebatte zu einer erkennbar festen Stel⸗ enhau Von der hierbei ausgeführt, daß die in⸗

ändischen Geblete mit einem Getreideüberschuß nach dem

ch gleichmäßig gebildeten Tarife nicht Absatz über die weiten Entfernungen

sind. Auch der zu diesem Zwecke

zur stehende. Wasserweg stelle nicht zu l

allen Verkehrsweg dar, ungünstiger gelegen sind.

sich nicht dauernd der Auf— abe entziehen, für den Absatz des wichtigsten menschlichen

Für die nothwendige Fracht⸗

rmäßigung, welche, um auch für weite Entfernungen wirksam u sein, eine durchgreifende sein mußte, sei die Form des

er Tarife zu Grunde liege; sodann, weil dieser Tarif

esondere Bedeutung und Berechtigung erhalte, weil er auch

eeignet sei, den Wettbewerb der inländischen Production gegen ie ausländische zu erleichtern, weil er endlich für die Con—

Nach den angestellten statistischen Ermittelungen ist die km (dem

eun Monaten September 1892 bis Juni 1853 gegenüber 29 600 t bei Mühlenfabrikaten gestiegen. trotz der ungünstigen i . Transporte egenüber der Gesammtbeförderungsmenge bei Getreide von O. Proc. im Jahre 1890/91 auf 13.4 Proc, im Jahre 1891/92

Auch die Einnahmen der Eisenbahnverwaltung häben sich

taltet, sodaß bei Fortdauer

es Beförderungsweges günstig 6e ckelung für die Jeit vom 1. Sep⸗

Seitens der Staatsregierung wurde weiter hervor ehoben,

in wie hervorragendem Maße die ermäßigten

e . durch die Erleichterung des Austausches in— d fen Getreides dazu beigeiragen hätten, die aus— ländi edarfsgegen den mehr oder minder entbehrlich zu machen. So hätten die Mehr⸗ zufuhren aus den fünf östlichen k in dem Halbjahr vom 1. Oktober 1892 bis 1. April 1893 gegenüber dem gleichen Zeitraum des Jahres 1890 91 nach Berlin an Getreide 44 t, an Mühlenfabrikaten 8400 t, nach dem Königreich Sachsen an Getreide 76 009 t, an Mühlenfabrikaten 7500 t, nach Westdeutschland an Getreide 8906 t, an Mühlen⸗ fabrikaten 2500 t, nach Süddeutschland an Getreide 6566 . an Mühlenfabrikaten 6490 t betragen. Es gehe aus diesen Ziffern hervor und werde auch sonst durch die Statistik bestätigt, daß die wesentlichsten Wirkungen des Tarifs in den mittleren Ent⸗ fernungsstufen bis 506 km hervorgetreten seien, während die Transportmengen über ganz weite Strecken fich naturgemäß in mäßigem Umfange gehalten hätten. Es gehe ferner aus den Anschreibungen . daß die östlichen Provinzen nach der Ernte des Jahres 1892 in erster Linie die Vortheile der Frachtermäßigung ausgenutzt haben, daß es aber auch anderen Gebieten möglich geworden sei, für ihren Ueberschuß an einzelnen Getreidegattungen und an Mehl entfernlere Absatzgebiete aufzusuchen, so Schleswig⸗Holstein und andere nördliche Gebiete, die Provinz Sachsen . Weizen, Gerste und Malz, theilweise auch Hannover un Westfalen. Auch aus Süddeutschland seien nach der Ernte von 1891 und von 1892 bedeutende Mengen von Getreide namentlich Hafer unter Ausnützung der Vortheile des Staffeltarifs auf weitere Entfernungen als früher nach Norddeutschland be⸗ fördert worden.

Die Einwendungen und Befürchtungen, Staffeltarife geknüpft würden und Eisenbahnverwaltung auf das sorgfältigste im einzelnen ver⸗ fJlgt würden, hätten sich nicht bessätigt, da die Staffeltarife bisher nachweisbar solche Schädigungen allgemeiner Art nicht herbeigeführt hätten, welche gegen die zweifellosesten Vortheile derselben erheblich ins * ch fallen könnten.

Namentlich hätten die bisherigen Erfahrungen nicht be⸗ stätigt, daß die Frachtermäßigung in erster Linie dem aus? ländischen Getreide und Mehl zu gute komme. Nach dem Durchschnitt der sechs Jahre vor Einführung der Staffeltarife habe die über die trockenen Grenzen auf der Eisenbahn in den freien Verkehr Preußens e Getreidemenge kaum den 1 Theil derjenigen Einfuhr ausländischen Getreides etragen, welche zu Wasser eingegangen sei. Von dem mit der Eisenbahn eingeführten Getreide verblieben zudem drei Viertel innerhalb der Grenzgebiete, für welche eine Frachtermäßigung durch die Staffeltarife überhaupt nicht eingetreten sei. Hierin habe sich auch nach Inkrafttreten der Staffeltarife nichts geändert; wenn auch die letzten Jahre in. Bezug auf den internationalen Getreide— markt nicht normale. gewesen seien, so sei doch aus dem für die Einfuhr zu Lande besonders in Frage kommenden Nachbarland Oesterreich-Ungarn trotz des . Bedarfs des Inlandes nach der 9ier Ernte nur eine ehr mäßige Steigerung der Einfuhr an Brotgetreide zu ver⸗ zeichnen. Die Bedingungen der Wasserzufuhr des ausländischen namentlich auch des russischen Getreides seien nach wie vor so viel günstiger, daß ein Anlaß nicht vorliege, mit einer Aenderung der bisherigen Einfuhrwege zu rechnen, zumal da die größere oder geringere Höhe des Zollschutzes, eine gute oder minder gute Ernte des Auslandes für die Wahl des Zufuhrweges gleichgültig seien.

Auch die Befürchtungen einzelner Provinzen namentlich des Westens, daß mit Hilfe der neuen Tarife ihnen große Mengen inländischen Getreides zugeführt würden, welche die vortheilhafte Verwerthung des eigenen Getreides in Frage stellen müßten, erschienen um so weniger begründet, wenn man erwäge, daß diesen Provinzen schon bisher der inländische Ueberschuß anderer Gebiete auf dem Wasserwege zugegangen sei, und daß es sich viel weniger um eine erhebliche Vermehrung der zu⸗ geführten Menge, als um eine theilweise Veränderung des Zufuhrweges handle. Namentlich könnten die An aben, daß die Staffeltarife einen wesentlichen Einfluß auf die Preis⸗ bildung für Getreide ausgeübt hätten, bei einer Betrachtung der Gesammtverhältnisse der für die Preisbildung in Frage kommenden Momente als zutreffend nicht' an— erkannt werden. Es werde indessen nicht verkannt, daß gewisse Veränderungen in einzelnen Absatzverhältnissen durch die Tarifermäßigungen hervorgerufen seien und auch weiter hervorgerufen werden würden, wie dies bei jeder Tarif— ermäßigung von allgemeiner Bedeutung der Fall sei. Für den Absatz von Mehl und von Malz, bei welchem der Wett— bewerb der inländischen Mühlen und Mälzereien mit in Frage komme, könnten solche Verschiebungen in erster Linie hervortreten. Wenngleich die Staatsregierung auch bezüglich dieser Artikel zu der Ueberzeugung nicht gelangt sei, daß durch den wirthschaftlichen Einfluß der Staffeltarife allgemeinere Interessen wichtiger Art in den verschiedenen Lanbestheilen verletzt würden, so sei sie doch mit der Prüfung a h ftign, ob nicht für die Fabrikate aus Getreide (Mehl und Malz) in dem Rahmen der Staffeltarife eine anderweite Tarifordnung zu finden sein möchte, . welche erheblichere Verschiebungen früherer Wettbewerbsverhältnisse gemildert werden könnten. Dagegen habe die Staatsregierung in Bezug auf die Getreidetarife bisher die Ueberzeugung nicht gewinnen können, daß den zweifellos vor⸗ handenen, bedeutenden wirthschaftlichen Vortheilen solche Nach⸗ theile gegenüber ständen, welche eine Wiedererhöhung der Frachtsätze für Getreide erforderten; indessen werde die sorg⸗ same Beobachtung der wirthschaftlichen und finanziellen Wirkungen der Tarife fortgesetzt werden.

e Einfuhr in den

welche an die welche von der Staats⸗

Die Commission für Arbeiterstatistik beschäftigte sich in ihrer Sitzung vom 3. d. M. zunächst mit dem Antrag Siegle auf Vornahme einer Lohnstatistit. Der zur Vor⸗ berathung dieses i . eingesetzte Ausschuß befürwortete, sich zunaͤchst auf den Versuch zu beschränken, in einer ö.

e nung, daß man

zwei Berufsgenossenschaften eine Lohnstatistik k erheben.

Mehrheit der Commission war jedoch der Me dem Antrag Siegle überhaupt keine Folge geben dürfte, da man mit der Erledigung anderer wichtiger Äufgaben vollauf ö thun hätte und sich nicht auf Untersuchungen einlassen önnte, deren praktische Verwerthbarkeit für die Gesetzgebung sehr ö wäre.

Auch der zweite Antrag des Abg. Siegle, betreffend Er⸗ mittelungen über die Benutzbarkeit der vorhandenen Arbeits⸗

e den Interessen des Inlandes gedient hätten, indem bie⸗

nachweisstellen zur Klärung der Frage der Arbeitslosigkeit,

elehnt, da die Mehrheit der Commission schon aus . . des Referenten Ober⸗Regierungs⸗Raths Dr. Wörishoffer die Ueberzeugung gewann, daß die Arbeits—⸗ nachweisstellen zur Zeit noch nicht mit n, De, Zuverlässig⸗ keit zu dem gedachten Zweck benutzt werden könnten.

Der Ausschuß für die Kellner⸗Enquéte legte sodann den von ihm aufgestellten rh ragebogen für das Küchenpersonal vor. Die Aufnahme desselben wurde jedoch abgelehnt, da man fürchtete, durch Berücksichtigung der zahlreichen in der Küche beschäftigten Personenkategorien die Erhebung zu sehr zu compliciren. Die Commission hielt es für zweckmäßig, das früher bewährte System der Stichproben sowie das bei der Bäcker- und Handelsgehilfen⸗Enquéte beobachtete Verfahren auch für diese Erhebung beizubehalten. .

. Fortsetzung der Untersuchung über Arbeitszeit ꝛc. im Handelsgewerbe wird nach dem Vorschlage der Commission das durch die Fragebogen⸗Erhebung gewonnene statistische Material durch mündliche Vernehmung einer größeren Zahl einzelner Auskunftspersonen und durch Befragen von Interessenten⸗ Vertretungen zu ergänzen sein. Die zu diesem Zwecke von einem Ausschusse ausgearbeiteten Fragebogen fanden die Zu⸗ stimmung der Commission.

S. M. S. „Stein“, Commandant Capitän zur See von Wietersheim, ist am 3. Juli in Stavanger ein⸗ getroffen und beabsichtigte, am 4. d. M. nach Bergen (Nor⸗ wegen) in See zu gehen.

S. M. Kanonenboot „Iltis“, Commandant Corvetten⸗ Capitän Graf von Bau difsin, beabfichtigt, am 8. Juli d. J. von Shanghai nach Nagasaki in See zu gehen.

Desterreich⸗ Ungarn.

Eine auf den 9. Juli nach Hermann stadt einberufene rumänische Conferenz, zu welcher bereits Gäste aus Rumänien angekündigt waren, ist von der Behörde untersagt

worden. Großbritannien und Irland.

Der gestrigen von der Königin befohlenen Gala⸗ Vorstellung im Coventgarden⸗Opernhaus zu Ehren des hohen Brautpaares, des Herzogs von Hork und der Prinzessin von Teck, wohnten der König und die Königin von Dänemark, der Großfürst-Thronfolger von Rußland, die Großherzoge von Hessen und Mecklenburg⸗Strelitz, der Herzog. Ernst von Sachsen⸗Coburg-Gotha, der Vin und die Prinzessin von Wales, die Herzoge von Edinhurg, Connaught und Fife mit ihren Gemahlinnen sowie der Prinz und die Prinzessin Christian zu Schleswig⸗Holstein⸗-Sonderburg⸗ Augustenburg, der Prinz und die Prinzessin Heinrich von Battenberg und andere fürstliche Gäste bei. Das mit Rosen⸗ bouquets und anderen Blumen geschmückte Haus bot einen glänzenden Anblick dar.

Die Londoner Socialisten haben trotz des von der Polizei erlassenen Verbots beschlossen, am Donnerstag, den 6, dem Tage der Hochzeit des Herzogs von Jork und der Prinzessin von Teck, auf dem Wege, den der Königliche Zug nehmen wird, eine Kundgebung zu veranstalten. .

Wie die „Pol. Corresp.“ erfährt, hätte die britische Regierung gegenüber der Regierung der Vereinigten Staaten die formelle Erklärung abgegeben, daß sie die Brüsseler inter⸗ nationale Münzeonferenz als definitiv geschlossen betrachte und eine neuerliche Einberufung derselben nicht für opportun halte.

In der gestrigen Sitzung des Oberhauses erklärte, wie „W. X. B.“ berichtet, der Staatssecretär des Auswärtigen Lord Rosebery: der Cassationshof in Konstantinopel habe hinsichtlich der beiden Missionare Kaynayn und Thomayan einen Aufschub der Urtheilsvollstreckung beschlossen; beide würden begnadigt und alsdann aus dem Land entfernt werden. Hinsichtlich der übrigen Verurtheilten werde die Re⸗ gierung ebenfalls ihr Aeußerstes thun, um ihnen Gerechtigkeit zu verschaffen, falls Beweise vorlägen, daß ihr Prozeß ebenso ungerechtfertigt wie derjenige der Missionare gewesen sei. Im weiteren Verlauf der Sitzung er—⸗ klärte Lord Rosebery, Dänemark habe eine Conferenz behufs Vereinbarung einer Convention über die Behandlung des internationalen Handels mit gefälschter Butter vorge⸗ schlagen; aber infolge der Bedenken, welche die Ministerien für Landwirthschaft und für die Localverwaltung ausgesprochen hätten, habe die Regierung keine große Bereitwilligkeit gezeigt, den Vorschlag Dänemarks anzunehmen. Der , in dieser Angelegenheit dauere fort. Namens des Ackerbau— Ministeriums erklärte Ribbesdale, er glaube nicht, daß zur Zeit die Nothwendigkeit der angeregten internationalen Con—

erenz erwiesen sei.

Im Unterhause erklärte vorgestern der Premier— Minister Gladstone auf eine Anfrage, es liege nicht in der Absicht der Regierung, die Commission zur Untersuchung der finanziellen Beziehungen zwischen England, Schottland? und Irland wieder zu ernennen. Ohne sich irgendwie in Bezug auf die. Mittel zu binden, durch die genauere Informationen über den erwähnten Punkt zu erhalten seien, zeigte sich jedoch der Premier-Pinister dem Vor— schlag Redmond's, während des durch die neuen Finanz⸗ clauseln angeordneten Provisoriums durch eine Königliche Commission die angemessene Beisteuer Irlands zu den Reichs— ausgaben feststellen zu lassen, geneigt. Alsdann wurden die Berathungen über 55 der Homerule Bill wieder auf⸗ genommen. Vicomte Wollmer beantragte das Amendement: der Lord-Statthalter solle in jeder Grafschaft Beamte ernennen dürfen, die über die Ausführung der Entscheidungen des Ge⸗— heimen Rathes, wie der Decrete der Schatzkammer⸗Richter und der Parlamentsacte zu wachen haͤtten. Der Premier⸗ Minister Gladstone trat dem Antrage mit dem Be— merken entgegen, daß er, wenn angenommen, die Bill zerstören würde. Chamberlain wies zur Unter⸗ lien des Antrages darguf hin, daß eine ähnliche

estimmung in der amerikanischen Verfassung für nothwendig erachtet worden sei, und erinnerte an eine Rede Dillon z aus dem Jahre 1856, worin letzterer gedroht habe, daß die irischen Ab⸗ geordneten, einmal im gef der Macht, sich an ihren Feinden rächen würden. T. W. Russell meinte, es sei selbstverständlich, daß die loyale Minderheit nicht Leuten trauen könne, bie während der letzten e m immer Drohungen ausgestoßen hätten für den Fall, daß sie zur Macht gelangten. Dillon bedauerte, die Ausdrücke in seiner Rede gebraucht zu haben, auf die

nun Bezug genommen, worden sei; sie seien durch besonders aufreizende Ereignisse provocirt worden. Darauf erwiderte Chamberlgin, die Rede Dillon 's beweise vom ersten bis zum letzten Buchstaben die feste Absicht, die Macht, welche die Regierung jetzt in die Hände der Iren lege, zum Zweck der . an den Feinden zu mißbrauchen, Harrington hielt Chamberlain vor, er habe gerade zur Zeit, da viele der Iren von der Regierung, deren , . er gewesen, eingekerkert gewesen seien, vertrau 14. Verhanblungen mit biesen Leuten gepflogen und ihnen die ganze Regierung Irlands an⸗ geboten, falls sie auf seinen Plan eingingen. Chamberlain widersprach dieser Erklärung; er habe in einem Privatbrief an eine politische Bekanntschaft, auf die Harrington Bezug nehme, ausdrücklich erklärt, er werde unter keinen Umständen der

omerule zustimmen; er habe nur den Plan zu etwas wie einem Nationalrath entworfen, und mit voller Zustimmung des Premiers mit Parnell über einen ähnlichen Gegenstand ver⸗ handelt. Der 5 kanzler hielt Chamberlain vor, in den sogenannten Verhandlungen der „Tafelrunde“, drei Monate, nach Dillon's Rede, sich willig gezeigt zu . den irischen Abgeordneten über die Polizei in so reich⸗ ichem Maße, wie jetzt die Bill, Gewalt einzuräumen. Chamberlain leugnete dies entschieden. Das Amendement wurde sodann mit einer Mehrheit von 34 Stimmen verworfen. Ein weiterer Antrag Brobrick's, die Ausübung der dem Lord⸗Statthalter übertragenen Vorrechte auf die Angelegenheiten zu beschränken, über welche die irische Legislatur Gesetze machen dürfe, wurde mit einer Mehrheit von nur 27 Stimmen ver— worfen.

Frankreich.

Die Demonstrationen in Paris, an denen sich allem Anschein nach nicht nur Studenten und Kunstschüler, sondern auch zahlreiche andere Elemente betheiligen, haben gestern Morgen im Quartier Latin wieder begonnen und den ganzen Tag fortgedauert. Telegraphisch wird darüber be⸗ richtet:

Ein Aueschuß der Studenten hat ein Manifest veröffentlicht, worin die Studirenden aufgefordert werden, sich gelegentlich der Bei⸗ setzung Nuger's ruhig zu verhalten und sich vor allem vor den Agents . zu hüten, welche die wahren Urheber der gestrigen Vor—⸗ fälle seien. ; ; ;

Auf dem Boulevard Saint⸗Michel, wo fast alle Läden geschlossen sind, fanden gestern Vormittag neue Zusammenstöße statt. Als die Polizei⸗Agenten den Boulevard entlang gingen, wurden sie von den Manifestanten angegriffen. Von den Terrassen eines Cafés. und selbst aus. den Fenstern wurden Gläser und Flaschenscherben auf die Polizei geschleudert. Drei Polizei · Agenten wurden dabei verwundet. Später zogen zahlreiche Gruppen über den Boulevard Saint⸗Michel und discutirten lebhaft die Vorgänge der letzten Nacht. Die Studenten trugen zumeist Immortellen im Knopf⸗ loch. Gegen 14 Uhr wurde ein Polizei⸗Agent, als er eine Gruppe, die ich um einen Arbeiter⸗Deputirten gesammelt hatte, zum Augeinander⸗ gehen veranlassen wollte, von der Menge angegriffen, entwaffnet und ziemlich schwer verwundet. Um 2 Uhr Nachmittags bewegte sich eine erregte Menschenmenge in dichten Massen den Boulevard Saint⸗Michel entlang. Der Studentenausschuß richtete erneut die Aufforderung an die Studenten, sich ruhig zu verhalten. Gegen 21 Uhr begaben sich die Studenten nach der Charité, von wo, wie es hieß, die Leiche des am Sonnabend in dem Café Harcourt ge— tödteten Nuger nach dem Lyoner 8 , gebracht werden sollte. Eine zahllose Menschenmenge durchzog den Boulevard Saint Germain und schaarte sich um die Zugänge zur Charité. Mehrfach waren die berittenen Schutzleute genöthigt, die Menge der Neugierigen, welche die Sicherheitsmannschaften mit unbe chreiblichen e n ffn empfingen, auseinander zu treiben. Vor dem Hospital sammelten sich zahlreiche Vereine mit Emblemen. Eine Deputation der strikenden Droschkenkutscher überbrachte einen Kranz und Abgesandte der Barbier ; gehilfen erschienen mit einem Banner. Um 4 Uhr Nachmittags war die Lage eine unveränderte. Der Verkehr in den Straßen bei der Charité war wegen des Menschengewühls vollständig unterbrochen. Man erwartete vergebens den Wagen, worin der Leichnam Nuger's fortgeschafft werden sollte. Fortgesetzt wurden Kränze herbeigebracht. Die Studenten lösten sih bei der leberwachung der Ausgänge des dospitals ab. Gegen 5 Uhr erfolgte ein heftiger Zusammenstoß zwischen der Polizei und der Volksmenge. Gegen zwanzig Personen wurden verwundet, davon zehn ziemlich schwer. Die Verwundeten wurden sortgetragen. Als der Zusammenstoß erfolgte, hatten die Studenten die Zugänge zur Charité verlassen. Da eine Anzahl Vagabunden die Polizisten zu insultiren begannen, befahl ein Polizeioffizier seiner Mannschaft, die Manifestanten zurückzutreiben. Es erfolgte ein heftiger Tumult. Die Menge griff die Polizeisoldaten mit Stockschlägen, Fußtritten und Faustschlägen an. Die Polizeisoldaten mußten blank ziehen. Das Straßenpflaster war bald mit Stöcken, Hüten und Käppis bedeckt. Auf beiden Seiten gab es mehrere Verwundete. In⸗ zwischen galoppirte berittene Schutzmannschaft heran, welche die Manifestanten alsbald zerstreute. Alle. Straßen in der Umgebung des Hospitals wurden vollständig gesäubert. Gegen 6 Uhr bewegte 6 ein aus strikenden Kutschern und Vagabunden zusammen⸗ gesetzter Zug nach dem Platz Saint-Germain des Prés, wo zwischen der Menge und den Schutzleuten neue Zusammenstöße erfolgten. Zum Schutze gegen die Angriffe der Polizei bemãchtigten sich die aufs äahsts erregten Manifestanten der auf dem Platze stehenden Pferdebahnwagen, warfen diese um und versperrten damit die Boulevards. Eine andere Gruppe von Demon—⸗ stranten, welche den Bussy⸗Platz besetzt hielt, warf eben falls mehrere Wagen um. Trotz des gesfn 6 Uhr fallenden Regen gusses währten die Zusammenstöße fort. Um 8 Uhr dauerte die Er. regung auf dem Unken Seineufer noch an. Die Cirgulation auf mehreren Omnibuslinien wurde unmöglich gemacht. Drei Kioske in der Rennesstraße wurden verbrannt. Auf dem Boulevard Saint⸗Michel staute sich die Menge. Mehrere Straßen wurden ab= gesperrt und durch ein zahlreiches Aufgebot von Polizei und republikanischer Garde beset. Um 10 Uhr Abends hielt ein starkes Aufgebot von Polizeimannschaften und Cürassieren den Boulevard Saint⸗Michel und die benachbarten Straßen besetzt. Bis Mitternacht war das Quartjer Latin noch sehr belebt. Cürassiere und Garde u Pferde patrouillirten durch die Straßen und zerstreuten verschiedene Ansammlungen. Die Menge versuchte, zwei weitere Kioske in Brand zu stecken, wurde jedoch daran durch die Polizei verhindert; ernstere Zusammenstöße kamen nicht mehr vor. Nach Mitternacht trat Ruhe ein. Gegen 1 Uhr Nachts fanden noch vereinzelte Ruhe— , en in der Rue de Rivoli und an anderen Stellen

tatt, die Demonstranten wurden jedoch mit Leichtigkeit vertrieben. Die Zahl der bei den vorgestrigen Tumulten verwundeten Polizisten beträgt über 50, über 156 Manifestanten sowie Neugierige wurden verwundet, darunter auch der dänische Schriftsteller Hermann Bang, welcher eine Verletzung am Kopf dabontrug. Gestern Abend follen 0 bis 100 Perfonen verwundet worden sein; in der Rue Huchette wurde ein Manifestant durch eine Revolverkugel getödtet, ein anderer und ein Polizei- Agent schwer verletzt. Viele Studenten enthielten sich der Thei 3 an den Kundgebungen. Eine gestern Abend ab— gehaltene ,, ertlärte die Studenten verab⸗ . alle seit zwei Tagen im Quartier Latin begangenen Aete des

andalismus. ö

Um 3 Uhr früh wurde die Leiche Nuger's von der Charité abgeholt, um, wie man arigab, nach einer Zwischenstatlon der Lyoner ln geführt und von dort nach Clermont-Ferrand gebracht zu werden.

In einem gestern abgehaltenen Ministerrath wurde der

„Köln. Ztg.“ zufolge beschlossen, militärische Hilfe in Anspruch

zu nehmen, falls die Unruhen fortdauern sollten. Heute

werden die Minister abermals zu einer Berathung zusammen⸗ treten. Die in den Vorstädten von . garnisonirenden Cavallerie⸗Regimenter haben Befehl erhalten, in Paris ein⸗ zurücken. In den Couloirs des Palais Bourbon gaben die Deputirten ihrem Unwillen über die Anstifter der Unruhen lauten Ausdruck und zeigten sich m,. die Regierung in allen Maßnahmen zu unterstützen, welche diese gegen die Ruhestörer ergreifen werde. Zum Schutze des Senats wurden umfassende Anordnungen getroffen. Die heutigen Pariser Blätter stimmen darin überein, daß die Unruhen weder das Werk von Studenten noch von Arbeitern seien, sondern von Individuen niedrigster Sorte, welche die Be⸗ völkerung verabscheue. Die Regierung soll beschlossen aben, die Arbeitsbörse nicht zu schließ en, da nur die ungesetzlichen Syndikate ausgewiesen werden müßten. Die Frage sei lediglich eine juristische, da die Syndikate erklärt hätten, sie weigerten sich nicht, dem Gesetz zu geharchen. Die Frage werde den competenten Gerichtshöfen vorgelegt werden. Man hofft, auf diese Weise den Konflikt, den man bereits besorgen zu müssen glaubte, zu vermeiden. Der Polizei⸗Präfect Lozé hat seine Entlassung einge⸗ reicht. Dem Vernehmen nach gedenkt die Regierung, diese erst nach Wiederherstellung der Ordnung anzunehmen. Die Deputirtenkammer setzte gestern die Berathung des Budgets fort. Bei dem Bubget für die Colonien be= kämpfte der Unter-Staatssecretär Delcassé die Streichung des Credits von 24 Millionen für Anam und Tongking und erklärte sodann hinsichtlich der Verwickelungen mit Siam, er hoffe, die Siamesen bald dahin zu bringen, daß sie den gerechten Forderungen gen treih⸗ Genugthuung leisten. Es würde für Siam gefährlich sein, bei dem Widerstand zu beharren. Das Budget für die Colonien wurde unverändert angenommen, ebenso das Budget des Finanz⸗Ministeriums, bei dem nur die Pensionen alter Militärs . wurden.

Rußland

Die Gesammteinnahmen der Staatskassen für die Zeit vom 1. Januar bis 1. April d. J. betrugen, wie dem W. T. B.“ aus St. Petersburg gemeldet wird, 390 931 000 Rubel, die Ausgaben n l ich der Zahlungen für An⸗ leihen 230 390 0960 Rubel. Es ergaben u. a. die directen Steuern, in Rubeltausend 20 454 gegen 19 837 im Vor⸗ jahre; die indirecten Steuern 88 165 gegen R920 im L hr, die Gebühren 15929 gegen 17 355 im Vor⸗ jahre; die Regierungsregalien 107656 gegen 10290 im Vorjahre; die Erstattung von Ausgaben der Rei 8⸗ rentei betrug 17343 gegen 21 476; insgesammt betrugen die ordentlichen Einnahmen 196183 gegen 201 074, die außer⸗ ordentlichen Einnahmen 93 8i3 gegen 63 414 Tausend Rubel; die ordentlichen Ausgaben 159 065 gegen 163 275, die außer⸗ ordentlichen Ausgaben 9270 gegen 18377, die Zahlungen für Anleihen 62 064 gegen 53 525 Tausend Rubel im Vorjahre.

Türkei. Der ehemalige Arbeits⸗Minister Raif⸗Pascha ist, dem

„W. T. B.“ zufolge, zum General-Director der in⸗ directen Steuern ernannt worden.

Serbien. Die S kupschtina . gestern in zweiter Lesung die Verlängerung des Budgets pro 1893 angenommen.

Amerika.

Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Buenos-Aires soll der Präsident, da es ihm nicht gelungen sei, ein gemäßigtes Cabinet zu stande zu bringen, die Radicalen aufgefordert haben, ein Ministerium zu bilden.

Parlamentarische Nachrichten.

Dentscher Reichstag. 2. Sitzung vom Mittwoch, 5. Juli, 11 Uhr.

Der Sitzung wohnen die Staatssecretäre Dr. Boetticher und Freiherr von Marschall bei. Der Alters⸗Präsident Dieden eröffnet dieselbe.

Eingegangen ist 1 schleunige Antrag:

Der Reichstag wolle beschließen, den Reichskanzler zu ersuchen, zu veranlassen, daß die gegen den Abg. Dr. Serrmann Müller lfrs. Vp): 1) beim Schöffengericht zu Glogau wegen Vergehens gegen die 8 185 und 200 d. Str. G. B., 2) beim Landgericht zu G ogau wegen Vergehen gegen die 185, 136, 194, 196 und 200 d. Str. G. B. schwebenden Strafverfahren für die Dauer der Session ststirt werden.

Auf der Tagesordnung steht die Wahl der Präsidenten

und der Schriftführer.

Das Haus schreitet zunächst zur Wahl des Ersten Präsidenten. Es werden 319 Stimmzettel abgegeben, von denen 310 auf den Abg. von Levetzow, 4 auf den 1 Dr. Lieber, 2 auf den Abg. Dieden, 1 auf den Abg. Ah wardt entfallen. . ;

Auf die Frage des Alters⸗Präsidenten Dieden, ob er die Wahl annehme, erklärt der

Abg. von Levetz aw; Meine Herren! Ich nehme die Wahl zum Präsidenten des Reichstags für die geschãftsordnungsmãßige Dauer dankbar an, um so dankbarer, als sie mit einer an Einstimmigkeit grenzenden Mehrheit vollzogen ist. Ich will mich redlich bemühen, die Pflichten des Amts zu erfüllen. Die Febler, die ich sicher machen werde, darf ich mit. Unerfahrenheit 6 mehr entschuldigen. Um so mehr bitte ich Sie, m Ihre wohlwollende Unterstützung und Nachsicht zu gewähren. Halten Sie mich, bitte, für das, was ich vor allen Dingen sein möchte: für einen aufrichtigen, unparteiischen und unabhängigen Mann der bestrebt sein wird, auch an dieser Stelle dem Vater · land nach seinen chwachen Kräften zu dienen. Nehmen Sie vorlteb mit mir, so wie ich war, wie ich bin und, ich muß wohl sagen leider, bleiben werde. ;

Der Abg. von Levetzow nimmt darauf den Prä⸗ sidentensitz ein. und fährt fort: ; .

Meine Herren! Lassen Sie ung zunächst herzlich danden unserm ehrwürdigen und verehrten Derrn Alters. Präsidenten für die waltung, die er dem Reichstag gewidmet bat. Möge die lugendliche Frische an Körper und an Geist ihm erhalten bleiben, mit welcher er gestern und heute unsere Geschäfte 2 bat. Mit diesem Wunsche und zum Zeichen unseres Dankes wollen Sie sich von ihren Plätzen erheben. Geschieht unter nt Beifall.

Das Haus schreitet darauf zur Wahl des

von

5 2 2

2. Vice Präsidenten. Es werden 315 Stimmen abg Abg.