1893 / 214 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 06 Sep 1893 18:00:01 GMT) scan diff

behörden, die im Allgemeinen Militär⸗Casino stattfand. Vor der Tafel wurden die Abgesandten Seiner Königlichen Hoheit des . von Luxemburg, Staats⸗Minister Dr. Eischen und der , , , . in Berlin Graf von Villers, von Seiner 6 tät dem Kaiser in Audienz empfangen und mit einer Einladung zu dem Diner beehrt, zu welchem auch der deutsche Minister⸗Resident in Luxemburg von Bülow eine Einladung erhielt. Um 9 Uhr 39 Minuten begab Sich Seine Majestät mit Sonderzug nach Station Kurzel und von dort zu Wagen nach Schloß Urville zurück. Heute beginnen die Manöper des PIII. gegen das XVI. Armee⸗Corps, die drei Tage dauern.

Der Trinkspruch, welchen Seine Majestät der Kaiser und König am Montag bei der Paradetafel im Allge— meinen Militärcasino in Metz ausbrachte, lautet:

Der gestrige Tag, Meine Herren Generale, führte uns mit dem größten Theile Ihres Corps zunächst zu der ernsten Stunde des Feld⸗ gottesdienstes, in welchem wir unseren Dank dem Lenker der Schlachten aussprachen, daß Er uns bis hierher geführt; den Dank, daß Er uns geholfen und dieses schöne Stück Erde, dereinst Deutschland gehörig, dem Deutschen Reich wieder einverleibt hat.

Sodann zogen wir hin zu dem Denkmal Kaiser Wilhelm's.

Die ernsten Blicke der Mannschaften zeigten, wie tief ergriffen sie von dem Momente waren: vor uns die alten Höhen mit ihren Vesten gen Himmel ragend und ringsherum ein blutgedüngter histo—⸗ rischer Boden.

Am heutigen Tage hat das XVI. Armee-Corps seinen Ehrentag gefeiert, indem es auf die eifrige, unermüdliche Friedensarbeit in der Parade seine Krone setzte.

Ich wünsche Ihnen, Mein lieber Graf Haeseler, Glück zu dem heutigen Tage und danke Ihnen und dem gesammten Armee⸗Corps für den hingebenden Eifer und Fleiß, den Sie daran gewandt haben, um zu dem schönen Ergebnisse zu kommen.

Sie haben die Ehre gehabt, nicht nur Meine Zufriedenheit sich zu erwerben; das Corps hat vor den Augen Durchlauchtigster Vettern von Mir vorbeidefiliren dürfen, darunter zwei Heerführer, denen es vergönnt war, unter dem Oberbefehle Meines hochseligen Herrn Groß⸗ vaters den Feldmarschallstab vor dem Feinde sich zu erwerben, das Herrlichste, was einem Soldaten blühen kann.

Indem Ich für die erfolgreiche Arbeit dem Corps Meine vollste Anerkennung und Meinen Kaiserlichen Dank ausspreche, ergreife Ich zu gleicher Zeit die Gelegenheit, dem Corps Meine besondere Zu⸗ friedenheit zu erkennen zu geben; und um auch unter den Lothringern ein Regiment zu haben, welches in unmittelbarer Verbindung mit Meiner Person steht, erkläre Ich Mich hiermit zum Chef des allerjüngsten Regiments Meiner Armee, des 145., welches am heutigen Tage besonders gut bestanden hat.

Sie mögen daraus erkennen, daß das XVI. Corps, welches die Ehre hat, die Wacht an der Grenze der Marlen zu halten, Meinem Herzen nicht weiter steht wie jedes andere.

Ich erhebe Mein Glas und trinke auf das Wohl des Comman⸗ direnden und der sämmtlichen Truppen des XVI. Armee⸗CGCorps. Hurrah! nochmals Hurrah! zum dritten Male Hurrah!“

Der commandirende General des XVI. Armee⸗-Corps Graf von Haeseler erwiderte hierauf:

Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät XVI. Armee⸗-Corps hat heute den höchsten Lohn erhalten, den ein Soldat erhalten kann, die Anerkennung seines Kaisers und Königs. Dieser Anerkennung würdig zu bleiben, wird das Bestreben des XVI. Armee Corps, jedes ,. vom General bis zum Gemeinen, sein, im Frieden und im

riege!

Unsere Wünsche gipfeln in dem Ruf; Seine Majestät, unser ö Kaiser und König, Er lebe hoch! Hurrah! Hurrah! Hurrah!

Ueber die Parade am Montag entnehmen wir der „Straßb. Corr.“ folgenden Bericht: Daz zu erwartende militärische Schauspiel lockte schon in früher Morgenstunde Tausende und Abertausende aus Metz und der Um⸗ gebung nach dem etwa acht Kilometer südwestlich der Stadt gelegenen roßen Exercirplatz bei Schloß Frescaty. An das Schloß knüpfen ich bekanntlich historische Erinnerungen. Hier wurde vor 23 Jahren nach langer heldenmüthiger Vertheidigung die Capitulation ab⸗ geschloffen, welche die jungfräuliche Festung Metz wieder in deutschen Besitz zurückgab. Die nach dem Paradefeld führenden Straßen waren von früh an bedeckt mit Truppen, Fußgängern und Fuhr— werken aller Art. Auf dem Platze selbst bot eine fahnengeschmückte Tribüne für 2400 Personen Gelegenheit, der Heerschau in bequemster Weise zuzusehen. . ; Um Sz Uhr etwa hatten die Truppen ihre Aufstellung beendet. In der gegen Nordosten gerichteten Front standen im ersten Treffen Is Bataillone, im zweiten 30 Escadrons, 96 Geschütze und 16 vier— spännige Trainfahrzeuge. Vor der Zuschauertribüne waren in langer Linie Ja Kriegervereine aus Lothringen aufmarschirt; auch standen hler die nicht regimentirten Offiziere und die Metzer Kriegsschule. Bei den Kriegervereinen befand sich der Vorsitzende des Elsaß⸗ Lothringischen Landesverbandes, General 3. D. Freiherr Röder von Blersburg. An, den rechten Flügel des ersten Treffens schloß sich eine Reihe von Equipagen distinguirter Personen an. E56 erwartete hier den Kaiser der Kaiserliche Statthalter Fürst von Hohenlohe, begleitet von dem Staatssecretär von Puttkamer, dem Gehelmen Ober Regierungs- Rath Dr. Hoseus, Major von Dirings— hofen und Assessor Dieckhoff. Seine Majestät der Kaiser war in einem Sonderzuge von Kurjel bis zu dem Bahnwärterhaus bei Tourne⸗ bride gefahren, wo für Allerhöchstdenselben und die in Schloß Urville ein⸗ quartierten Herren des Gefolges die Reitpferde bereit standen. Für die von Metz zu Wagen kommenden Fürstlichkeiten und Offiziere der Suite waren in der Nähe des Parks von Frescaty etwa 150 Pferde bereit gestellt, welche theilweist aus dem Kaiserlichen Marstall in Berlin gekommen, theilweise von Cavallerie Regimentern anderer Armee⸗Corps beigestellt waren. Punkt 9 Uhr erschien der Kaiser auf dem Paradefeld, erwartet von den Fürstlichen Herrschaften, an deren Spitze Seine Majestät der König von Sachsen. Der commandirende General Graf von Haeseler gab das Commando zum Präsentiren, und mit einem dreimaligen Hoch grüßte das XVI. Armee⸗Gorps unter den Klängen der Musik und während die Fahnen sich senkten, den Kaiserlichen . Der Raiser ritt die Front des ersten Treffens im Schritt vom rechten Flügel her ab, gefolgt von dem König von Sachsen, dem Großherzog von Baden, dem Kronprinzen von Italien, dem Prinzen Albrecht von Preußen, Regenten von Braun schweig. Der Kaiser hatte die Uniform des Leib. Cürassier⸗Regiments Großer Kurfürst (Schlesisches7 Nr. 1 angelegt mit gelbem 3 den Helm zierte der Generals-Federbusch. Die sämmtlichen Fürstlich— keiten trugen Stern und Band des Schwarzen Adler⸗Ordens. Am linken Flügel des ersten Treffens angelangt, ritt Seine Majestät der Kaiser um denselben herum und das zweite Treffen vom linken zum rechten Flügel ab. , . en formirten ö die

. zum PVorbeimarsch, der um 9 Uhr 45 Minuten seinen nfang nahm. Der Kaiser hatte Sich gegenüber der Tribüne auf⸗

Kronprinz von Italien und die anderen Der Großherzog von Baden. cotoyirte den Verbeimars a. und stellte sich während desselben rechts vom com- mandirenden General Grafen von Haeseler auf, welcher wieder unmittelbar rechts vom Kaiser die ganze Zeit über, den Saͤbel gesenkt, hlelt. Die Infanterie marschirte in Compagniefront, die Cavallerie in Escadronsfront, die Artillerie in Batteriefront zu sechs Geschützen, der Train in halber Compagniefront zu vier Fahr⸗ zeugen vorüber. Als das Ulanen⸗Regiment Großherzog Friedrich von Baden (Rheinischeß Nr. 7 anrückte, sprengte der Groß⸗ herzog an die Spitze desselben und führte es mit gejogenem 6 bei dem Kaiser vorüber. Unmittelbar an den ersten Vorbeimarsch schloß . der zweite, die Infanterie in Regiments c olonnen, die berittenen

2 in der gleichen Formation wie vorher, aber im Trabe. Um 12 Uhr war der zweite Vorbeimarsch beendet. Die Truppentheile waren sofort in ihre Quartiere abgerückt, mit Ausnahme der Fahnen Compagnie und der Standarten⸗Eßeadron. Um Seine Majestät den Kaiser versammelten sich jetzt die höheren Offiziere zur Entgegennahme der Kritik, nach deren Beendigung der Monarch Sich zu den Krieger⸗ vereinen begab und deren Front abritt. General Röder von Diers⸗ burg erstaktete Seiner Majestät die Meldung; viele der alten Soldaten, namentlich die Decorirten wurden von dem Kaiser durch Anreden ausgezeichnet.

Das Wetter war ausnehmend günstig. Trotz des wolkenlosen

immels war es nicht übermäßig warm, und auch der Staub machte ich erst beim Vorbeimarsch der Cavallerie im Trabe geltend.

In der Nähe des Paradefeldes brachten dieselben Italiener, welche Morgens den Kronprinzen von Italien bereits begrüßt hatten, auch dem Kaiser eine enthusiastische Kundgebung. Seine Majestät ließ halten und die Musik die italienische Nationalhymne spielen, welche die lebhaften Südländer zu immer erneuten Hvviva- Rufen veranlaßte. Der Kronprinz von Italien war so bewegt von dieser Kundgebung, daß er darüber sofort seinem Königlichen Vater telegraphisch Mit⸗ theilung machte.

gestellt, linkg neben Alerhöchftbemselben der Köntg von Sachsen, 7 ne erhöchstdems. r König . .

Zu dem Empfange Seiner Majestät des Kaisers auf. Station Kurzel am Sonntag ist noch die Rede des Bischofs von Metz nachzutragen, die nach der „Straßb. Corr.“ folgendermaßen lautete:

„Eure Kaiserliche Majestät mögen mir gnädigst gestatten, Aller höchstderselben im Namen der Gasfschtint der Diözese Metz und in meinem eigenen Namen unsere Huldigung darzubringen. Die Ehre, welche unserem Lande durch den Besuch des Deutschen Kaisers zu theil wird, schätzen wir um so höher, weil Eure Majestät einen eigenen Wohnsitz in Lothringen haben wollen, und wir freuen uns dieses Umstandes wegen ganz besonders, weil Eurer Kaiserlichen Majestät die Ge— legenheit dargeboten wird, mit unserem Volk in engere Beziehung zu treten, seinen friedlichen, arbeitsamen und religiösen Sinn kennen zu lernen und demselben Allerhöchstihr väterliches Wohl⸗ wollen entgegenzubringen. Was die Geistlichkeit Lothringens be— trifft, möchte ich Eure Kaiserliche Majestät bitten, uns nicht nach dem, was feindlich gesinnte Blätter gegen uns in die Welt aus— streuen, sondern nach unserer Handlungsweise gütigst beurtheilen zu wollen. Unser vorzügliches Bestreben geht dahin, jene verderblichen Lehren, welche die menschliche Gesellschaft untergraben, und was dazu führt, wie Genußsucht und Zügellosigkeit, von unserem Volke fern zuhalten durch die Pflege der Religion und der guten Sitten. Dadurch hoffen wir, dem Beutschen Reich nach Vermögen nützlich zu werden und die hohe Anerkennung unseres Kaisers zu verdienen.“

Die ersten Nachrichten über das Ergebniß der Preis⸗ vertheilung auf der Columbischen Wel t⸗Ausstellung in Chicago liegen nunmehr vor und lassen, wie angesichts des Umfanges und des Charakters der deutschen Abthei⸗ lung zu erwarten war, bereits erkennen, daß die deutschen Aussteller in einem hervorragenden, andere Länder fast überall numerisch und procentual zurück— lassenden Maße mit Preisen bedacht worden sind. Ein Namen⸗ verzeichniß der preisgekrönten Aussteller liegt erst in der Gruppe der bildenden Künste vor. Dieses Verzeichniß, welches wir in den nächsten Tagen zur Veröffentlichung bringen werden, er⸗ giebt einen entscheidenden Sieg in erster Linie der deutschen Bildhauerkunst; denn es sind in der deutschen Kunst— ausstellung 18 Bildhauer, dagegen beispielsweise aus den Vereinigten Staaten 13, aus Italien 12, aus Groß⸗ britannien 7, aus Spanien 6, aus Dänemark und Schweden se drei Künstler mit Preisen bedacht worden. Auf die Aus— steller deutscher Oelgemälde sind 70 Preise entfallen, und es ist damit ein Procentsatz erzielt worden, welchen Großbritannien nur annähernd erreicht hat, wobei hervorzuheben ist, daß letzteres Land bekanntlich seine in der Industriegruppe ver⸗ hältnißmäßig schwache Vertretung durch eine großartige, die besten Erzeugnisse britischer Künstler enthaltende Aus⸗ stellung in der Kunstabtheilung wettzumachen bestrebt ge— wesen ist. In den Industriegruppen einschließlich derjenigen, welche das Kunstgewerbe umfassen, ist das Resultat für Deutschland ein noch weitaus günstigeres, in einzelnen Gruppen derart, daß nahezu 90 Proe. der betreffenden Aussteller prämiirt worden sind. Die Einzelergebnisse in diesen Gruppen werden sich binnen kurzem endgültig übersehen lassen.

Der hiesige französische Botschafter Jules Herbette hat einen ihm von seiner Regierung bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit fungirt der Botschafts-Rath Soulange⸗-Bodin als Geschäftsträger.

S. M. Fahrzeug „Loreley“, Commandant Capitän⸗ Lieutenant Grolp, ist am 5. September von Konstantinopel nach Port Said in See gegangen.

Posen, 6. September. In der heutigen Sitzung des Provinzial-Ausschusses wurde nach einer Meldung des „W. T. B.“ an Stelle des zum Stgatssecretär im Reichs⸗ cha tzamt ernannten Grafen von Posadowsky-Wehner der

ber⸗-Präsidial⸗Rath Pr. von Dziembowski zum Landes⸗

Hauptmann der Provinz Posen mit Einstimmigkeit gewählt.

Teutsche Colonien.

Der Dampfer „Marie Woermann“, welcher am 20. Juli von Hamburg mit einer größeren Anzahl Ansiedlerfamilien

und einer 120 Mann betragenden Verstärkung der Schutztruppe 5 Deutsch⸗Südwestafrika abgegangen war e

s „hat sein nach etwa ö Fahrt [. a ,. 36 eim⸗ an.

3 ger eingelaufener Drahtnachricht ist der

reise am 2. September in Loanda eingetroffen. Dieser

3. von Walfischbai etwa 1300 Seemellen entfernt. Ob die annschaften schon diesmal haben am Swakop gelandet werden können, darüber ist Näheres noch nicht bekannt.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Der Kaiser hat gestern und vorgestern den Manövern bei Jaroslau in Galizien bis zum Schluß beigewohnt. Der Gesundheitszustand der Truppen ist trotz der großen Strapazen ein fortdauernd günstiger.

Großbritannien und Irland.

In der fi en Sitzung des Oberhauses beantragte, wie „W. T. B.“ berichtet, der Erste Lord der Admiralität Lord Spencer die zweite . der Homerule⸗Bill. Alle bisherigen Mittel, Irland zu befriedigen, seien erfolglos geblieben. Der Redner beschwor das Haus, die nicht abzulehnen; jetzt sei die Gelegenheit gegeben, ein großes Zugeständniß freiwillig zu machen. riede ögirsch überall, auch Irland sei ruhig. m irischen Volke lebe jetzt infolge der letzten allgemeinen Wahlen und infolge der vom Unterhause angenommenen Maßregel die Hoff⸗ nung anstatt der Verzweiflung. Der Redner schloß: „Zer⸗ stören Sie diese Hoffnung nicht! Wenn Sie das Zugeständniß verweigern, wird das irische Volk wieder der Verzweiflung anheimgegeben sein. Die Verantwortlichkeit dafür würde eine schwere 6 Der Herzog von Devonshire be⸗— antragte die Ablehnung der zweiten Lesung und moti⸗ virte seinen Antrag in zweistündiger Rede, indem er hervorhob, er dürfe seine mr, , nn, nicht den Wünschen des Volks nid g aber der gegenwärtige ö. sei kein derartiger. as Oberhaus erfülle nur die zflicht, eine große Veränderung in Ermangelung eines klaren Ausdrucks des Willens der Volksmajorität zu verhindern. Das Unterhaus habe kein Mandat für Homerule erhalten; überdies hätten es die Verhältnisse, unter denen das Unter⸗ haus die Vorlage erörtert habe, dem Oberhaus unmöglich ge⸗ macht, das Urtheil des Unterhauses anzuerkennen. Sein (des Redners) Antrag basire nicht nur auf Einwänden gegen die Hauptbestimmungen der Bill, sondern auch darauf, daß die vorgeschlagene Veränderung zu bedeutend und wichtig sei, um ohne die Gewißheit, daß die Volksmehrheit sie billige, an⸗ genommen zu werden. Redner stellte dann weiter in Abrede, daß die Vorlage die Suprematie des Parlaments behaupte und die Minorität schütze, und ersuchte das Haus, die Bill abzulehnen.

Im Unterhause gab gestern auf eine Anfrage der Staatssecretär des Krieges Campbell-Bannerman die Erklärung ab, die Absicht, in Egypten ein Linien⸗Bataillon durch ein Bataillon Garde abzulösen, werde in der gegen⸗ wärtigen Saison nicht ausgeführt werden. Bei der sodann folgenden Debatte über den Ausgaben⸗Etat wurde ein Antrag Hanbury's, die Gehälter der Beamten des Oberhauses um 500 Pfd. Sterling zu reduciren, mit 103 gegen 9.5 Stimmen angenommen. Der Kanzler der Schatzkammer Sir W. Harcourt erklärte, die Regierung sei nicht für Dinge, die das Oberhaus beträfen, verantwortlich; die Frage bedürfe jedoch der Erwägung, und er werde das Verhalten der Regierung bei dem Bericht über den Beschluß mittheilen.

orlage

Frankreich.

Der Präsident Carnot, der sich vollkommen guter Gesundheit erfreut, präsidirte einer Meldung des,,W. T. B.“ zufolge gestern Vormittag dem in Fontainebleau abgehaltenen Ministerrath. Es wurde beschlossen, unverzüglich mit der Berathung des Voranschlages für das Budget von 1895 zu beginnen. Die Decrete, durch die der Admiral Boissoudy zum Commandanten des westlichen Mittelmeergeschwaders, der Admiral de La Jaille zu dem des Reservegeschwaders für das westliche Mittelmeer und der Admiral Brown de Colstoun zu dem des Nordgeschwaders ernannt werden, wurden von dem Präsidenten unterzeichnet. .

Der Minister des Innern Dupuy hat an den Gouver⸗ neur von Algerien und an sämmtliche Präfecten ein Tele⸗ gramm gerichtet, worin in Hinblick auf die von gewissen 5 und Agenturen verbreiteten alarmirenden Gerüchte Über den Gesundheitszustand des Präsidenten Carnot constatirt wird, daß das Befinden desselben ein ausgezeichnetes sei.

Wie der „Temps“ meldet, ist eine une w über die Urheber der gestern verbreiteten Nachricht, der Präsident Carnot sei gestorben, vom Polizei⸗Präfecten eingeleitet worden.

Schweiz.

Der Bundesrath hat dem „W. T. B.“ zufolge die zwischen der Schweiz, Deutschland, den Niederlanden und Desterreich⸗Ungarn abgeschlossene Vereinbarung er⸗ leichternder Vorschriften für den wechselseitigen Eisenbahnverkehr genehmigt, ebenso das Ab⸗ kommen mit Deutschland über Verkehrserleichte⸗ rungen für einzelne Güter, und, endlich auch das Schlußprotokoll der internationalen fach⸗ männischen Conferenz für den Eisenbahnfracht⸗ verkehr. Letzteres wird auf der zum 18. September ein⸗ berufenen Conferenz unterzeichnet werden. Zu Delegirten für die in Paris demnächst stattfindende Conferenz der Staaten der lateinischen Münzunion behufs Berathung des Ausschlusses der italienischen Silberscheidemünzen aus den übrigen Staaten hat der Bundesrath den Gesandten und bevollmächtigten Minister in Paris. Dr. Lardy und den National⸗Rath Cramer in Zürich ernannt. Ob die Con⸗ ferenz bereits am 15. September zusammentreten wird, ist zweifelhaft, da Frankreich diesem Zeitpunkt noch nicht zu— gestimmt hat.

Der König von Rumänien ist gestern auf Schloß Weinhurg eingetroffen, wohin der Fürstlich Hohenzollernsche Hof übergesiedelt ist.

Serbien.

Der Staatsgerichtshof hat, wie die „Magdb. Ztg.“ erfährt, vorgestern den sämmtlichen angeklagten Ministern die Anklage zustellen lassen und ihnen die höchste gesetzliche Ii von dreißig Tagen zur Einbringung ihrer schriftlichen

inwendungen gewährt.

Schweden und Norwegen.

Bei der vorgestrigen Galatafel auf Schloß Drottningholm

u , des Großherzogs von Sachsen, des Prinzen

riedrich Leopold von . en, des Kronprinzen von Däne⸗ rst

mark und der Großfürsten Michael und Georg brachte, wie

W. T. B.“ berichtet, der König einen Toast auf die fremden ĩ

ir l teln gus, der vom Großherzog von Sachsen mit einem Hoch auf den König erwidert wurde. Die schwedische Kirche und die Universität Upsala begingen gestern den dreihundertjährigen Gedenktag der Versammlung von Upsala. Der 6 mit 1 drei Söhnen, der Großherzog von Sachsen, er Prinz Friedrich Leopold von Preuß en und der Kronprinz von Dänemark trafen um 10 Uhr Vormittags in Upsala ein. Aus ganz Schweden war daselbst eine große Zahl von Personen zu der Feier zusammengekommen. Ein aus den Ministern, den . oren und Studenten der Universität, Geistlichen, Beamten und Reichstags⸗Abgeordneten bestehender 6ug begab sich um 1I1M̃ Uhr in die Kathedrale, woselbst der Erz . die Predigt hielt. Heute und morgen werden die Universitäts-Festlichkeiten ihren Fortgang nehmen.

Dänemark.

Der Prinz Wilhelm zu , Sonderburg-Glücksburg ist, nach einer Meldung des W. T. B.“, gestern Abend in Schloß Fredensborg gestorben. Der König und die Königin sowie der Kaiser und die Kaiserin von Rußland waren am Sterbelager anwesend.

Der Verstorbene, der ältere Bruder des Königs bon Dänemark, geboren am 10. April 1816 zu Gottorf als der älteste Sohn des am 17. Februar 1831 verstorbenen Herzogs nn n der am 13. März 15367 verstorbenen Herzogin Luise, geborenen Prinzessin von Hessen⸗ Gassel, war General-Lieutenant in der dänischen Armee, sowie öster⸗ reichischungarischer General der Cavallerie und Inhaber des öster⸗ reichischen Infanterie⸗ Regiments Nr. 80.

Amerika.

Die Bank⸗-Commission des Repräsentanten⸗ hauses, die mit der Initiative für alle finanziellen Maß— regeln betraut ist, hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Washington gestern Vormittag eine Sitzung abgehalten. Hierauf vertagte sich die Commission auf eine Woch nach⸗ dem zu ihrer Kenntniß gekommen war, daß der Präsident Cleveland sowie der 6 Carlisle den Wunsch geäußert hätten, daß alle Maßnahmen zur Beseitigung der Rrisis verschoben würden, bis der Senat über die Abschaffung der Sherman⸗Acte abgestimmt haben werde.

Afrika.

Wie in der gestrigen Nummer d. Bl. mitgetheilt worden ist, hat der zehn Jahre im Dienste der Londoner Missions⸗ Gesellschaft in Ujiji thätig gewesene und jetzt nach London zurückgekehrte Missionar A. J. Swann einem Vertreter des „Reuter'schen Bureaus“ Mittheilungen über die ihm zuge⸗ gangenen Nachrichten von dem Tode Emin Pascha's gemacht. In der Londoner „Allg. Corresp.“ liegt jetzt ein ausführlicher Bericht über dies Interview vor. Danach sagte Herr Swann:

Was den Tod Emin Pascha's betrifft, so ist kein Zweifel darüber. Im Innern des Landes wird derselbe als eine Thatsache angesehen. An der Küste jedoch ist man darüber noch nicht sicher. Was mich persönlich anbetrifft, so bin ich so gewiß, daß Emin todt ist, als ich sicher bin, daß ich hier sitze. Die Nachricht von seinem Tode erreichte mich in Ujiji infolge eines Briefes, der dort ankam und worin angefragt wurde, was mit Emin's Effecten geschehen solle. Ich fing darauf sofort an, Nachforschungen anzustellen, und erfuhr, daß er in dem Manyema⸗Lande von Seyd Bin Abed getödtet worden sei, und daß die 30 nubischen Soldaten, die ihn begleiteten, dasselbe Schicksal erlitten hätten und gegessen worden seien. Dieser Bericht ging mir von vier verschtedenen Quellen in Ujiji zu, und ich halte ihn für einen ebenso vollgültigen Beweis der Thatsache, wie man nur irgend etwas in Afrika dafür betrachten kann. Die Thatsache wird von allen Arabern geglaubt, und sie scheinen froh zu sein, daß sie endlich Emin los geworden sind. Einer meiner Berichterstatter war ein Araber,

welcher die von Emin eingeschlagene Route bereist hatte. Dieser Araber

beschrieb nicht nur Emin's Reise, sondern skizzirte auch obwohl (er wahr⸗ scheinlich nie in seinem Leben eine Karte gesehen hatte auf einem Stück Papier die verschiedenen Orte, die der Pascha berührt hatte. Er be⸗ schrieb auch ferner, wie die Araber, die den Entschluß gefaßt, ihn zu tödten, seine Spuren verfolgten. Emin passirte durch das Ruanda⸗ Land und folgte einem der Flüsse, welche sich in den Congo er⸗ gießen; so kam er zur Residenz Seyd Bin Abed's, woselbst er einen Stillstand machte. Kurz nach seiner Ankunft kam eine Anzahl von Arabern und fragte Emin, wohin er gehe. Ich gehe westwärts“, antwortete dieser. Dann kam ein anderer Araber auf ihn zu und sagte: ‚Du bist Emin Pascha, welcher die Araber am Victoria Nyanza getödtet hat. Ich werde Dich tödten. Er nahm darauf ein großes gekrümmtes arabisches Messer aus seinem Gürtel, schwenkte es und schnitt seinen Kopf ab. Sein Körper wurde den Manyema zugeworfen, die ihn verzehrten. Emin's nubische Begleiter wurden nachher getödtet und gegessen. Wenn man die Glaubwürdigkeit dieser Erzählung in Erwägung zieht, muß man sich erinnern, daß, Ujiji dem Orte am nächsten liegt, von wo man von Emin zuletzt gehört hatte. Emin war auf dem Wege nach der Westküste begriffen. Die Erzählung machte einen solchen Eindruck auf, mich. daß ich Bumalezia sofort den Befehl gab, Papiere oder Briefe, die Emin hinterlassen habe, an sich zu nehmen, und er ver— sprach mir, dies zu thun. An der Küste herrscht über diesen Gegen stand große Ungewißheit; die Thatsache jedoch, daß Emin seit seiner Ankunft in Ruanda weder gesehen worden ist, noch daß man etwas von ihm gehört hat, ist sehr vielsagend.

Statistik und Volkswirthschaft.

Invaliditäts⸗ und Altersversicherung.

Dem soeben erschienenen Verwaltungsbericht der Invaliditäts- und Altersversicherungsanstalt Berlin für das Kalenderjahr 1892 entnehmen wir folgende Angaben: Im Jahre 1892 lagen vor 617 An— träge auf Altersrente, von welchen 3900 bewilligt, 167 abgelehnt, I anderweit erledigt und 45 unerledigt auf das Jahr 1893 über⸗ nommen wurden. Insgesammt sind bei der Anstalt Berlin bis Ende 1392. 1795 Altersrenten mit einer Jahresrente von 252 790, 40406 einschließlich des Reichszuschusses von 50 6 für jede Rente festgesetzt worden. Bis Ende 1892 waren ausgeschieden durch Tod oder aus sonstigen Gründen zusammen 175 Altersrenten, sodaß ein Bestand von 1620 Altersrenten verblieb. Anträge auf Invalidenrente lagen vor 442, von denen 179 bewilligt, 196 abgelehnt, 24 anderweit erledigt und 43 unerledigt auf das laufende Jahr übernommen wurden,.

Bis zum Schlusse der Berichtszeit waren insgesammt 193 In— validenrenten festgesetzt worden mit 21 378,20 6 Jahresrente ein— schließlich des Reichszuschusses von 50 S½ς, Ausgeschieden sind 14 In . sodaß Ende 1892 179 Invalidenrenten⸗ Empfänger ver⸗

eben. Die Anstalt Berlin hatte im Jahre 1892 174 856,75 „S für Altersrenten und 10 335,30 für Invalidenrenten als eigene An—⸗ theile zu zahlen. ; Gegen Bescheide der Anstalt Berlin wurden bei dem für die Anstalt errichteten Schiedsgericht anhängig, 285 Berufungen, von welchen sich ch mn 53 een Feststellung einer Alters, oder Inva— lidenrente und 232 gegen dle Ablehnung eines Rentenanspruchs.

69 Berufungen hatten Erfolg, während die übrigen Durch Zu— rücknahme der Berufung oder Bestätigung des angefochtenen Bescheides etledigt wurden.

Gegen Urtheile des Schiedsgerichts wurde in 59 Fällen Rerision beim Reichs Versicherungs amt eingelegt, und zwar entfielen 35 Revisionen auf Alterzrentensachen, M auf Invalidenrentensachen.

Streitsachen hinsichtlich der Versicherungspflicht, an welchen die Anstalt betheiligt war, wurden bei der unteren Verwaltungsbehörde II anhängig, von welchen in 43 Sachen die Ansicht der Anstalt be⸗ stätigt, in 23 Fällen gegen den Antrag der Anstalt entschieden wurde,

Die Vertrauensmänner der Anstalt erstatteten insgesammt 429 Gutachten über Anträge auf Invalidenrente, während die 16 Ver— trauengärzte in 222 Fällen 2 Gutachten über die Erwerbs⸗ fähigkeit von Invalidenrenten⸗Antragstellern abzugeben hatten.

Durch die Controlbeamten der Anstalt wurden 4147 Betriebe in der Bexichtszeit revidirt. Gegen 91 Arbeitgeber sind Ordnungsstrafen wegen Verstoßes gegen das Inyaliden⸗ und Altersversicherungsgesetz im Betrage von 1 bis 20 4 festgesetzt worden.

An Quittunge karten wurden 397 465 Stück in der Berichtszeit für Versicherte neu ausgestellt. Bei der Anstalt gingen insgesammt 387 192 im Verkehr gewesene Quittungskarten ein, von welchen 348 404 den Namen der Anstalt Berlin und 38 788 den Namen einer fremden Anstalt trugen.

Die Anstalt Berlin hatte im Jahre 1892 aus dem Erlöse ver⸗ kaufter Beitragsmarken eine Einnahme von 4738 167,28 66. Nach dem Jahresabschluß der Anstalt pro 1892 beliefen sich die Gesammt⸗ einnahmen auf 13 824 492, 18 M, die Ausgaben auf 4 783 952,06 A6, sodaß ein Bestand von 9 040 540,12 M verblieb.

Zur Arbeiterbewegung.

Der Ausstand der britischen Grubenarbeiter hat in den letzten Tagen zu neuen großen Arbeiteraus⸗ ,, ges ! über die „W. T. B.“ Folgendes meldet:

In dem Bezirk Alfreton (Grafschaft Derby), wo gegen 1000 Bergarbeiter beschäftigt werden, sind gestern ernstliche Ruhe⸗ störungen vorgekommen. Ausständige Arbeiter griffen die Gebäude, die zu den Kohlengruben Toadhole und Oakethorpe gehören, an und zerbrachen alles, was sie fanden. Hierauf zogen die. Meuterer nach den Kohlengruben von Shirland. Da die Polizei dem Vorgehen der Meuterer nicht Einhalt thun konnte, wurde eine Abtheilung Infanterie aus Sheffield herbeigerufen. Auch an anderen Orten sind Ünruhen von Ausständigen erregt worden; so wird dem R. B.“ aus Barnsley berichtet, daß mehrere Tausend Bergarbeiter die Steinkohlengruben von Silkstone und Hoyland plünderten, den Director, sowie mehrere Beamte verwundeten und die Bureaus der Gruben in Rockingham in Brand steckten. Die Behörden von Barnsley beschlossen, Truppen aus Chesterfield herbeizurufen. Die Strikenden, mit eisernen Stangen bewaffnet, beherrschten die Steinkohlengruben und forderten die Polizei heraus, die unter dem Schutz der Truppen sich nur unter großen Schwierigkeiten den Weg bahnen konnte. Die Behörde erließ die gesetzlichen Aufforderungen und kündigte an, daß nach Verlauf von 20 Minuten Feuer gegeben werden würde. Die Bergarbeiter zogen sich hierauf zurück.

Ferner berichtet die Londoner „Allg. Corr.“

In Doncaster verübte ein Haufe von Männern, Kindern und Frauen bei der Grube Manvers in Süd⸗Porkshire Gewaltthätig⸗ eiten, die zu verhindern die vereinigten Polizeimannschaften von Doncaster und Rotherham erst nach einiger Zeit im stande waren. Eine Versammlung von Ausständigen mißbilligte den Vorfall.

Im übrigen liegen folgende Meldungen über den Aus⸗

stand vor:

. In Fife bheschlossen die Ausständigen, die Arbeit unter der Be⸗ dingung einer 125 6/0oigen Lohnerhöhung wieder aufzunehmen. In⸗ folge Kohlenmangels hat, wie ein Wolff'sches Telegramm aus Lon⸗ don mittheilt, die Midland: Eisenbahn⸗-⸗Gesell'schaft bekannt gemacht, daß ihre großen Werkstätten und Maschinenfabriken in Derby künftighin von Mittwoch bis Montag jeder Woche geschlossen werden. Hiervon werden 6000 bis 7000 Arbeiter betroffen.

Der Aus stand der Steinmetzen in Dresden und Umgebung (vergl. Nr. 204) wird durch die Berufsgenossen in mehreren anderen Städten unterstützt. Nach einer Kund⸗ gebung der Arbeitgeber ist, wie wir dem „Ger. Tgbl.“ entnehmen, der Ausstand auf folgende Umstände zurückzuführen:

Auf dem Werkplatz Spitzbarth⸗Dresden wurde über Lohnfest⸗ stellng sogenannter Vereinbarungsstücke Verhandlung gepflogen, welche, da eine Einigung nicht gleich zu erzielen war, am selben Tage erst Nachmittags 6 Uhr erfolgte. Die Sache war geordnet und bei⸗ gelegt. Von den Arbeitnehmern wurde die Arbeit aber nicht wieder aufgenommen, sondern die Forderung aufgestellt, daß der Arbeitgeber einem jeden der während der Dauer der Unterhandlungen feiernden Leute, zusammen etwa 45 Mann, eine Buße von 6 66 zu zahlen habe; ja, nicht nur auf dem hiervon betroffenen Werkplatz, sondern auch auf zwei anderen Stellen, wo an der Sache ganz unbetheiligte Leute heschäftigt waren, wurde das gleiche Verlangen gestellt. Infolge dieser Forderung wendete sich der Steinmetzmeister Spitzbarth an die Vereinigung der Arbeitgeber, zu der er gehörte, und die Vereinigung beschloß in einer Versammlung einstimmig einzuschreiten. Sie that dies, indem sie die Arbeiter aufforderte, die Arbeit bedingungslos wieder anzutreten, mit der Androhung, daß sonst auf allen Werkplätzen der Mitglieder der Vereinigung vom 21. August an keine neue Arbeit mehr herausgegeben werde. Da die Arbeiter hierauf nicht eingingen, sondern den allgemeinen Strike begannen, so beharrten die Meister (mit Ausnahme eines einzigen in Pirna) bei ihrem Beschlusse. Ueber die letzten Versammlungen der Ausgesperrten, die in Dresden und Pirna stattfanden, berichtet das „Dr. Irn.“

An der Dresdner Versammlung betheiligten sich etwa 809, an der . vielleicht 400 Steinmetzen und Gewerkschaftler. In beiden Versammlungen sprach Steinmetz Gerber. Er forderte unter Hinweis auf die Hilfeleistungen von anderen Städten und der verschiedenen Gewerkvereine zum Ausharren auf und veranlaßte nach längeren erregten Debatten die Annahme von, Resolutionen, welche die Solidarität der Steinmetzen mit den übrigen Gewerkschaften erklären und die Entschlossenheit bekunden, mit allen Mitteln den Steinmetzen zum Siege zu verhelfen. Von den feiernden 1000 Steinmetzen sind etwa 200 nach anderen Plätzen abgereist, ebensoviel haben guderweitig Arbeit gefunden und gegen 600 erhalten Unterstützung. Der Versuch, selbständige Arbeiten auszu⸗ . scheiterte an der Weigerung der Bruchbesitzer, Material zu iefern.

Wie in andern Städten versuchen die Socialdemokraten in letzter Zeit auch in Braunschweig die Handlungs⸗ in in ihre Bewegung hineinzuziehen, ohne aber, wie rüher schon in Berlin und Leipzig, wesentliche Erfolge zu er⸗ zielen. Der „Mgdb. 3.“ wir Socialdemokraten geschrieben: Die socialdemokratischen Agitatoren, die unter dem Vorgeben, daß nur durch die Socialdemokratie die Lage der kaufmännischen An⸗ gestellten wirksam . werden könne, die , an sich zu ziehen fuchen, haben bisher damit kein Glück gehabt; denn eine neuliche Ver⸗ sammlung. in der ein Berliner soeialdemokratischer Kaufmann die Hand⸗ e e, über ihre Lage aufklären wollte, verlief erg n g , und so tumultuarisch, daß sie aufgelöst werden mußte. Nun haben die Soeialdemokraten soeben unter der Bezeichnung: „Freie Vereinigung der Kaufleute zu Brgunschweig“ einen Verein begründet, der unter den Handlungsgehilfen Propaganda machen soll. Die Gründung ist von einer Versammlung beschlossen worden, die von noch nicht einem Dutzend Personen besucht war.

In Belgien steht ein allgemeiner Kürschnerstrike bevor. Wie aus einer Mittheilung im „Vorwärt, hervorgeht, haben die belgischen Kürschner neunstündige Arbeitszeit und Lohnerhöhung ge— fordert. Infolge der Ablehnung dieser Forderungen ist am 1. Sep tember in allen Werkstätten gekündigt worden und vom 9. d. M. ab

über dies Vorgehen der

wird der Strike beginnen.

Gesundheit gwesen, Thierkrankheiten uud Ab sy Maßregeln. Spanien.

Der Königlich spanische Minister des Innern hat unter dem 1. d. M. folgende Quarantäne ⸗Verordnung erlassen:

Einer Quarantäne unterliegen:

1) Herkünfte aus Brest, welche diesen Hafen nach dem 10. Juli verlassen haben. 2) Herkünfte aus Mogador und Majagän (Marokko), welche diese Häfen nach dem 20. August verlassen haben. Gleichzeitig werden alle Häfen, welche von den genannten Orten in gerader Linie nicht weiter als 165 Rm entfernt sind, für cholera⸗ verdächtig erklärt, und zwar ad 1 seit dem 20. Juli, ad 2 seit dem 30. v M. .

ürkei.

T

Zufolge Beschlusses des Interngtionalen Gesundheitsraths zu Konstantinopel sind folgende Quarantänen angeordnet worden;

1) Diejenigen Schiffe, auf welchen während der Quarantäne in Sinope Cholerafälle vorgekommen sind, haben sich auf dem Wege nach , noch einer 24 stündigen Beobachtung in Kavak zu unterwerfen. Ist kein Cholerafall an Bord constatirt worden, so unterliegen sie nur einer ärztlichen Untersuchung.

2) Provenienzen von Odessa unterliegen Beobachtungsquarantäne in Kavak.

3) Herkünfte von Sebastopol haben sich vom 23. August ab einer ,, Quarantäne in Sinope zu unterwerfen (zu 2 und 3 vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 207 vom 29. / 8. 93).

4) Herkünfte von Antwerpen und Rotterdam unterliegen seit dem 24. August einer 24 stündigen Beobachtungsquarantäne und ärztlichen ö

. 5) Herkünfte von Monaco unterliegen denselben Bestimmungen, wie solche von der französischen Mittelmeerküste (vergl. ‚R. Anz.“ Nr. 168 vom 5. s7. 93).

Norwegen

Durch Bekanntmachung des Königlich schwedischen Commerz⸗ Collegiums werden St. Petersburg und die übrigen Theile Rußlands (ohne Finland), welche bisher noch als cholerafrei galten, seit dem . und Ungarn seit dem 29. v. M. für choleraverseucht erklärt. .

einer fünftägigen

Cholera.

Nach den bis heute 10 Uhr Vormittags im Rathhause ein—⸗ gelaufenen Meldungen aus den drei städtischen Kranken häusern wurden im , , Moabit neu eingeliefert 2 männl. Personen. Aus den Krankenhäusern am Friedrichshain und am Urban sind keine neuen Erkrankungsfälle gemeldet. Der gestrige Bestand in allen drei Krankenhäusern betrug 25 Personen (17 männl., 9 weibl.), darunter Fälle von Cholera asiatica 8 bei 3 männl. und 5 weibl Personen. Entlassen wurden 7 männl. und 3 weibl. Personen, gestoͤrben ist 1ñ᷑ männl. Person. Es bleibt somit heute ein Bestand von 16 Personen (10 männl., 6 weibl.), darunter 7 Fälle von Cholera asiafica. Der Abgang durch Tod im Krankenhause zu Moabit betrifft den früher wiederholt erwähnten vier Wochen alten Knaben. Die in . Anstalt befindliche Mutter und Schwester des Knaben gehen der Genesung entgegen.

Köln, 5. September. Der hier zugereiste und gestern wegen verdächtiger. Erkrankung in das Augusta⸗Hospital gebrachte Italiener (vergl. Nr. 213 d. Bl.) ist, wie W. T. B.“ meldet, heute an K Cholera gestorben.

Mannheim, 5. September, Wie von amtlicher Seite fest⸗ gestellt worden ist, ist hier ein Schiffshilfsheizer an asiatischer Cholera , n. Es ist eine Controlstation für Rheinschiffe hierselbst er richtet.

London, 5. September. In Grimsby sind nach einer Mit⸗ theilung des. Wolff 'schen Bureaus, seit gestern drei weitere Todesfälle infolge Cholera sowie ein verdächtiger Krankheitsfall vorgekommen.

St. Petersburg, 5. September. Vom 31. . 2. Sep⸗ tember kamen nach einem Bericht des W. T. B. in St. Petersburg vor 26 Erkrankungen an Cholera und 13 Todesfälle, in Moskau vom 27. bis 30. August 108 Erkrankungen und 57 Todesfälle, in den Gouvernements Podolien vom I9. bis 26. August 1229 Er⸗ krankungen und 604 Todesfälle, Orel vom 20. bis 26. August 689 Er⸗ krankungen und 243 Todesfälle, in demselben Zeitraum in den Gouverne⸗ ments Kiew 740 Erkrankungen und 284 Todesfälle, Minsk 232 Er⸗ krankungen und 191 Todesfälle, Pol tawa 283 Erkrankungen und 127 Todesfälle, Charkow 182 Erkrankungen und 87 Todesfälle, Grodno 187 Erkrankungen und 59 Todesfälle, Kalisch 114 Erkrankungen und 61 Todesfälle und im Dongebiet vom 27. bis 29. August 132 Erkrankungen und 66 Todesfälle. Im „Regierungsboten. wird ein Rundschreiben des Ministeriums des Innern mit Anweisungen veröffentlicht, um eine Beaufsichtigung auf Reisen befindlicher Arbeiter, Auswanderer und Wallfahrer zur Cholerazeit in gesundheitlicher Hin⸗ sicht zu ermöglichen. Ueber den Stand der Cholera Epidemie in Polen wird Folgendes mitgetheilt: In der Stadt arschau sind vom 30. August bis 2. September 1 Erkrankung und 1 Todesfall borgekommen, in Kolo, Lenczyca und Ozorkow (Gouvernement Kalisch) vom 28. bis 31. August 43 bezw. 19, in Kreis Mazo⸗ wieck, Kreis Ostrow und Stadt Lom za (Gouvernement Lomza) vom 31. August bis 2. September 39 bezw. 26.

Rom, 5. September. W. T. B.“ meldet: Der Gesundheits⸗ zustand der Stadt ist vortrefflich. Alle unter verdächtigen Erschei⸗ nungen in das Lazareth Santa Sabina eingelieferten Personen konnten heute als geheilt entlassen werden. ie die ‚Tribuna“ meldet, sind in den letzten 24 Stunden in Neapel 9 Todesfälle an Cholera vorgekommen, in Cassino 2 Erkrankungen, in Palermo 5 Er⸗ krankungen und 5 Todesfälle, wozu noch seit Mitternacht bis heute Nachmittag um 4 Uhr 5 Erkrankungen und 2 Todesfälle kommen und in der Provinz Salerno, in Scafati, 3 Erkrankungen und 3 Todesfälle, in Albanella 1 Erkrankung.

Rotter dam, 5. September. Hier sind nach Meldung des W. T. B.“ neuerlich 1 Todesfall und 2 Erkrankungen an Cholera sestgestellt. Eine Person ist als gesund entlassen. In Assen sind 3 Todesfälle und 2 Erkrankungen, in Wonbrügge und Ammers⸗ thal je ein Todesfall vorgekommen.

Konstantinopel, 5. September. Nach einer Meldung des W. T. B.“ sollen in der Irrenanstalt zu Skutari bei Kon⸗ stantinopel 22 Cholerafälle vorgekommen sein, welche die Aerzte für Cholsra nostras erklärten, während hier angenommen wird, da Cholęra asiatica vorliege. Im . französischen en ist eine Person unter choleraverdächtigen Erscheinungen gestorben.

Handel und Gewerbe.

Hamburg, 5. September. (W. T. B) Auf , des Aufsichtsrathes der 7. Assecuranz⸗ Compagnie von 18 1 der bisherige Director dieser Gesellschaft wegen Unterschlagungen, die sich auf 2900 009 4 belaufen 1 verhaftet worden. Der Ver⸗ haftete soll in Fonds speculirt haben.

St. Petersburg, 6. September. (W. T. B.) Die Reichs⸗ bank wird zufolge einer heutigen Bekanntmachung von heute ab in St. Petersburg erheben: Für Vorschüsse auf Speeiaglrechnungen, sichergestellt durch zinstragende ö o/o, für Verschüsse auf . tragende Papiere, von Banken, Creditinstituten und Banquiereomptoirs 8 osJ, und von anderen Instituten und Personen 700. 6

Verkehrs⸗Anstalten.

Zwischen Lissabon und den Azoren Inseln San . und Fa yal ist eine tek ap . Verbindung her⸗ gestellt. Die Worttaxen für Telegramme aus Deutschland nach jenen Inseln betragen für den Weg über Fran 70 Z, über England 1 6 ö