1893 / 217 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 09 Sep 1893 18:00:01 GMT) scan diff

5. bestehen und daß Chicago selbst die meisten Straßen⸗ bahnen der Welt hat, so muß diese Zurückhaltung in hohem Grade bedauerlich erscheinen. Man hätte erwarten sollen, daß die zum großen Theil hochrentablen Straßenbahngesellschaften, welche unter wesentlich günstigeren Bedingungen arbeiten als die europäischen Institute, die Bedeutung dieser Verkehrs⸗ industrie in einer großartigen, technisch und statistisch be⸗ deutenden Ausstellung vor Augen führen würden. Geld war ja allerdings nicht dabei zu machen, ausgenommen die Chicagoer Gesellschaften, welche infolge der Weltausstellung dieses Jahr noch einen erheblich größeren Verkehr als sonst haben und deshalb auch verpflichtet gewesen wären, ihre Institute in der Ausstellung zu repräsentiren. Der Fremde ist bei diesen Mängeln der Ausstellung darauf angewiesen, durch eigenes Studium der . Verkehrsverhältnisse die Dar⸗ bietungen der Ausstellung zu ergänzen, wozu allerdings Chicago, dieser Platz des bedeutendsten Eisenbahn⸗ und Straßenbahn⸗ verkehrs der Welt, eine vorzügliche Gelegenheit bietet. Auf diese Weise aber gebraucht man hier viel mehr Zeit zum Studium, als wir bei europäischen Ausstellungen gewöhnt sind, zumal hier außerordentlich große Entfernungen in Frage kommen.

Es handelt sich dabei nicht nur um die große Entfernung der Ausstellung von dem eigentlichen Centrum der Stadt Chicago (14 km), sondern ö. um die großen Entfernungen in der Ausstellung selbst. Praktisch brauchbare Verkehrsmittel

iebt es merkwürdigerweise in der Ausstellung nicht; man hat gi damit begnügt, eine elektrisch betriebene Hochbahn in den Umkreis der Ausstellung zu legen, während die weiten Wege zwischen den Hauptgebäuden der Ausstellung zu Fuß zurückzulegen sind. Nicht nur eine große An⸗ nehmlichkeit für das Publikum, sondern auch eine Haupt— einnahmequelle für die Ausstellung würde ein System von schmalspurigen Motorbahnen zwischen den Haupt— gebäuden gewesen sein. Der praktische Sinn der Amerikaner 6 sich in dieser Beziehung nicht bewährt. Die vorerwähnte elektrisch betriebene Hochbahn ist insofern interessant, als das Maschinenhaus eine große Dynamomaschine für 1500 Pferde⸗ stärken enthält. Die Strangführung erfolgt durch eine in gleicher Höhe und neben dem Geleise liegende Schiene; die Wagen, welche den 9 6 enthalten nur einen vorderen Motor. Was den Verkehr zwischen der Stadt Chicago und der H betrifft, so wird dieser durch eine Dampf— Sah en nach New⸗Horker Muster, durch eine Strecke der

llinois⸗Centralbahn, durch eine Kabelbahn und durch verschiedene elektrische Bahnen (Trolley⸗System) ver—⸗ mittelt. Wir sehen also hier die verschiedensten Systeme in Concurrenz. Dieser Ausstellungsverkehr zeigt im allgemeinen dieselbe Physiognomie wie der Straßenbahnverkehr in Chicago, da der Verkehr sich auch hier in der Hauptsache auf gewisse Vormittags⸗ und Abendstunden concentrirt. In diesen Stunden ist alles überfüllt, man sieht auf den Straßenbahnwagen die Passagiere auf den Trittbrettern stehen, und sogar in den geöffneten Fenstern sitzen ein Zustand, der nicht nur der Sicherheit des Betriebs, sondern auch der Bequemlichkeit des Publikums erheblichen Eintrag thut. Behördliche Vorschriften über die Maximalzahl der Personen, mit welcher ein Wagen besetzt werden darf, existiren hier nicht.

Wir kommen nun zur eigentlichen Eisenbahn⸗-Ausstellung. Diese ist untergebracht in dem Annexbau des großen Verkehrs⸗ palastes, der seinerseits in der Hauptsache die übrigen Vehikel und die Ausstellung der Handelsmarine enthält. Die Eisen⸗ bahn⸗Ausstellung ist zu mindestens drei Vierteln amerikanisch, von den ausgestellten 60 Locomotiven entfallen 45 Stück auf Amerika. Dann folgen England, Deutschland, Frankreich, während Oesterreich fast nur durch Pläne und Zeichnungen sowie durch statistisches Material vertreten ist. Die großartigste Ausstellung in Locomotiven haben die Baldwin Locomo— tive-⸗Works in Philadelphia veranstaltet, welche allein 17 Locomotiven, darunter die schwerste Güterzug⸗Locomotive der Welt, nach Chicago gebracht haben. Bezüglich der Construction der Locomotiven ist zu bemerken, daß neuerdings sehr vielfach das Compound⸗System angewendet wird, welches eine Ersparniß an Brennmaterial mit sich bringt und eine bessere Ausnutzung der Zugkraft gestattet. Sodann fällt auf, daß bei den Loco⸗ motiven fast immer eine vordere Laufachse oder ein Drehgestell angewendet wird und daß man von einer größeren Zahl von Triebrädern zum Zweck des besseren Durchlaufens der Curven einige mit glatten Bandagen (ohne Spurkranz) versieht. Die Construction der Locomotiven ist durchweg sehr solid und com⸗ pact, wie es die neueren Ansprüche an die Fahrgeschwindigkeit und die Zugkraft von selbst erfordern.

Die Wagenausstellung ist hauptsächlich in ganzen Zügen gruppirt. Wir sehen hier die Erzeugnisse der Pullman⸗-Com⸗ . neben denjenigen der Wagner⸗Palastwagen⸗Compagnie, welche in der Eleganz der Ausstattung der Durchgangswagen miteinander wetteifern. Die Wagner⸗Wagen sind theilweise mit Seitengang und nach dem Coupésystem eingerichtet. Große Sorgfalt wird, wie die Ausstellung beweist, auf die Herstellung der Drehgestelle verwendet; die Zahl der Trag—⸗ edern und ihre Anordnung ist außerordentlich ver⸗ chieden; auch die Rahmenconstruction zeigt vielfache Muster in gepreßtem Stahl und in Schmiedeeisen. Die bei den Personenzügen durchweg angewendeten automatischen Kuppelungen sind in zahlreichen Constructionen vertreten, welche mehr oder minder große Abweichungen von der bekannten Gould'schen Klauenkuppelung zeigen. Diese Mannigfaltigkeit erklärt sich aus der gesetzlichen Bestimmung, daß nach dem Jahre 1895 alle auf amerikanischen Bahnen laufenden Wagen mit automatischen und seitlich lösbaren Kuppelungen versehen sein müssen. Es sind sogar Constructionen vorhanden, bei welchen verschiedene Kuppelungssysteme an einem um einen Bolzen drehbaren Gestell angebracht sind, so⸗ daß der betreffende Wagen leicht an andere Wagen mit ver⸗ schiedenen Kuppelungen angehängt werden kann. Die Klauen— kuppelungen sind seillich . einen Hebel oder durch ein Rad mit Vorgelege leicht lösbar, sodaß, wie es in New⸗York auf dem Central⸗Depot in der 42. Straße geschieht, während der Fahrt die Locomotive leicht von dem Zug gelöst werden kann, um den 3 allein ohne Maschine in die Perronhalle einfahren . lassen. Auf diese Weise wird das Zurückschieben des Zugs er⸗ part und der Maschinenrauch in der Halle vermieden. Von Locomo⸗ tiv- und Wggenrädern sehen wir zahlreiche Muster in geschmiedetem und gegossenem Stahl, in Schmiedeeisen und Gußeisen. Die . Qualität des letzteren und der unübertreffliche Holz— reichthum des Landes geben dem amerikanischen Wagenbau einen bedeutenden . vor dem unsrigen. Trotzdem soll nicht verkannt werden, daß unsere neueren deutschen Wagen der Hauptstrecken ebenso gut und ruhig laufen wie die amerikanischen Wagen. Auch mit den

sehr großen Fahrgeschwindigkeiten hat es eine eigene Be⸗ wandtniß. Die rn n, nen bis zu 150 km pro Stunde werden nämlich thatsächlich nur auf ganz kurzen Strecken und bei Probezügen erreicht; im übrigen ist die durchschnittliche Geschwindigkeit der Schnellzüge kaum größer als auf unseren Hauptstrecken, außerdem sind erhebliche u eren , an der , Die Angaben über ahrgeschwindigkeiten, welche namentlich vor Beginn der hicagoer Ausstellung durch die Presse liefen, sind 6 immer cum grano salis aufzufassen. Die Achsen und Räder⸗ constructionen sind in der Ausstellung zahlreich vertreten, das Material ist durchweg recht gut und die Arbeit eine sorgfältige.

Es wurde bereits oben hervorgehoben, daß die Eisenbahn⸗ Ausstellung vielfach einen historischen Charakter hat. Eine ganz hervorragende Leistung in dieser Hinsicht ist die große Collection von Modellen, n . und vortrefflichen bild⸗ lichen Darstellungen, welche die Baltimore- und Ohio⸗ Eisenbahn über die Geschichte des Eisenbahnwesens vorführt. Alle Culturnationen der Erde haben zu dieser höchst interessanten Sammlung ihre Beiträge geliefert, sie geht vom Newton'schen Propeller (1680) bis zur modernen Kolossallocomotive und vom einfachsten Vehikel bis zum modernen Schlafwagen. Diese Sammlung giebt im Zusammenhang mit der Geschichte des Eisenbahngeleises, welche durch das Geleise⸗Museum der Georgs-Marien⸗Hütte in Osnabrück in vortreff— licher Weise veranschaulicht wird, einen ziemlich vollständigen historischen Ueberblick über die Entwickelung des Eisenbahn— wesens in allen Ländern. Mit großem Interesse wird der Herausgabe des Werkes entgegengesehen, welche im Anschluß an die bezeichnete Sammlung geschehen soll. Auch die Penn⸗ sylvania-Bahn hat in einem besonderen Pavillon die Geschichte des amerikanischen Eisenbahnwesens durch zahl⸗ reiche Modelle und Zeichnungen illustrirt; sie führt auch das Original der Locomotive „John Bull“ vor, welche am 12. November 1831 als erste Locomotive Amerikas in Dienst trat und kurz vor der Eröffnung der Ausstellung ihren Zug in fünf Tagen von New⸗Hork nach Chicago brachte.

Eine große Zahl von Specialwagen aller Art wird in der Ausstellung vorgeführt. Wir finden Kohlenwagen für große Lasten, Wagen für Schlachtvieh, für Pferde, für Geflügel, Wagen mit Eiskühlung und solche mit Kühlung durch von der Achse betriebene kleine Eismaschinen u. s. w. Diese Muster sind in vieler Beziehung sehr lehrreich. Interesse erregen ferner die mächtigen Schneepflüge, von denen einzelne Construe⸗ tionen nach Art des Schraubenventilators wirken. Daß die Hilfsindustrien der Eisenbahnen nicht fehlen, ist selbst⸗ verständlich. Zahlreiche Constructeure haben sich damit befaßt, die Stoßverbindung der Eisenbahnschienen zu verbessern, ohne daß eine durchgreifende und allgemein anwendbare Verbesserung erkennbar wäre. Die verschiedenartigsten Ueberblattungen an den Schienenstößen werden ebenfalls vorgeführt. Auch Werk⸗ zeuge für den Bau und Betrieb der Eisenbahnen sind zahlreich vertreten.

Was die Betriebsart der Eisenbahnen angeht, so sei hervorgehoben, daß nirgends in der Ausstellung die in neuerer Zeit so vielfach besprochenen Bestrebungen hervor— treten, für normale Eisenbahnen die Elektricität als Trieb⸗ kraft zu verwenden; man bleibt immer beim Dampfbetrieb mit Kohlenheizung, in einzelnen Fällen mit Koksheizung. Das mehrfach in Amerika versuchte System, das natürliche Petroleum zur Heizung der Locomotiven zu verwenden, ist nicht zur Ausstellung gebracht worden, es besteht aber that— sächlich, wie wir uns überzeugt haben, auf den Werken der Standard Oil Company in der Nähe von Chicago. Diese Heizung ist ähnlich eingerichtet wie bei den Dampfkesseln der Ausstellungs⸗Maschinenhalle, welche, um den Rauch zu ver— meiden, sämmtlich (58 Stück) nur mit natürlichem Petroleum (aus einer von den Werken der Standard Dil Company kommenden, eigenen Rohrleitung) geheizt werden. Durch einen Dampfsstrahlapparat wird das Oel auf der mit feuerfesten Steinen bedeckten Rostfläche ver— theilt. Es sei hier beiläufig erwähnt, daß die Ausstellung täglich etwa 1500 Barrels (3 160 1) für die Heizwerke der großen Maschinenhalle verbraucht. Man rechnet, daß für die Kesselfeuerung etwa 2 Barrels von diesem fuel oil den Heiz⸗ werth von 1st Kesselkohle repräsentiren. Es wird nicht ohne Interesse sein, nach Schluß der Ausstellung die Gesammt— ausgaben für die Kesselfeuerung mit Petroleum mit denjenigen früherer Ausstellungen zu vergleichen.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zwangsversteigerungen land- und forstwirthschaftlicher Grundstücke.

Die Zeitschrift des Königlich preußischen Statistischen Bureaus (J. und II. Vierteljahrsheft 18935 enthält eine Abhandlung über die Zwangsversteigerungen land⸗ und forstwirthschaftlicher Grundstücke im preußischen Staat während des Zeitraums von 1886/7 bis 1891/2. Die somit für sechs Jahrgänge vorliegenden Ergebnisse zeigen in vieler Beziehung einen gleichmäßigen Charakter in Bezug auf den Umfang der Versteigerungen, wie auch auf den Antheil der einzelnen Landestheile und . Die Zahl der Zwangsversteigerungen ist andauernd eine verhästnißmäßig geringe; sie erreicht regelmäßig nur etwas über ein bis zwei vom Tausend der landwirthschaftlichen Haupt⸗ betriebe. Die Gesammtzahl der letzteren beläuft sich nach der Zählung von 18827 auf 1232168; die Zahl der Versteigerungen belief sich im Jahre 1886.s87 auf 2979, 1887188 auf 2355, 1888/89 auf 2446, 1889590 auf 2014, 1890/91 auf 2220 und 1891/92 auf 1636 Grundstücke. Die Gesammtfläche aller landwirthschaftlichen Hauptbetriebe beträgt nach der Zählung von 1882 24 123 733 ha die Fläche der versteigerten Grundstücke der Reihe nach in den genannten Jahren: 110 063, bezw. 81 681, 81 280, 61 801, 55 310 und 62 351 ha. Der Antheil der versteigerten Fläche an der Gesammtfläche bewegt sich also so ziemlich in dem gleichen Verhältniß, wie die Zahl der versteigerten Grundstücke zu der Ge⸗ sammtzahl der vorhandenen. Der Grundsteuerreinertrag der ver⸗ steigerten Grundstücke betrug der Reihe nach in den genannten Jahren S3 4585 M, bezw. 6g zh 6, 697 533 Ss, os 623 , 494 sh3 J und 56 032 .

Während nun aber im allgemeinen die stets geringe Ge— sammtzahl der Versteigerungen sich von Jahr zu Jahr noch regel— mäßig etwas vermindert hat, zeigt sich bei dem mittleren, eigentlich bäuerlichen Besitz, sowie bei dem größeren Besitz im letzten Jahre wieder eine kleine Zunahme: an Grundstücken zwischen 10 und 50 ha wurden 189091 403, 1891/92 410, an Grundstücken über 50 ha in dem ersteren Jahre 180, im letzten Jahre 201 versteigert. Infolge⸗ dessen hat sich der Umfang der Iich der insgesammt versteigerten Grundstücke von bh 310 ha im Jahre 1890/91 auf 62351 ha im Jahre 1891/92, der Grundsteuer⸗Reinertrag der versteigerten Grund⸗ stücke von 494 899 auf 561 032 MS vermehrt.

Der Antheil der einzelnen Provinzen an den Zwangsversteige⸗ rungen hat in sämmtlichen Jahrgängen eine er n Gleichmäßigkeit gezeigt, namentlich insofern, als die sechs ostelbischen Provinzen,

wie in so manchen anderen wirthschaftlichen Verhältnissen, so auch hier sich scharf gegen den übrigen Theil des Staats absondern. So wurden in Ostpreußen in den sechs Jahren versteigert 15 988 ha, 11 840 ha, 14 748 ha, 13 782 ha, 11 152 ha und 10 296 ha; in West- preußen: 23 778, 15 793, 17 532, 14 352, 12594, 12 680 ha; in Brandenburg: g131, 7073, 5255, 5356, 3859, 2814 ha; in ö 10 248, 12 258, 7351, 6332, 4765, 8927 ha; in

ofen: 28 764, 16133, 14780, 9562, 9245, 10 921 ha; in Schlesien: 10206, 10 744, 12 723, 7287, 7517, 11 572 ha. Sehr viel geringere Zahlen weisen Sachsen (2466, 771, 2283, 1104, 2026 und 1438 ha), Schleswig⸗Holstein (3471, 2362, 1733, 1224, 1179 und 730 ha), Hannover (2469, 2267, 1649, 765, 778 und 1289 ha), Westfalen (1066, 848, 896, 488, 559 und 395 ha), Hessen⸗ Nassau (761, 633, 870, 586, 604 und 255 ha), Rheinland (1655, 0, 1384, 935, 935 und 1026 ha) und endlich Hohenzollern (60, 49, 76, 28, 97 und 8 ha) auf. Unzweifelhaft so be⸗ merkt die „Ztschrft. des Kgl. preuß. Stat. Bureaus“ hängt die so große Berheiligung des Ostens an den Zwangsversteigerungen mit der Rolle zusammen, welche dort im Gegensatz zum Westen der größere Grundbesitz spielt; denn dieser ist durch die Versteigerungen besonders hart betroffen. Es entfielen nämlich in allen Berichtsjahren von der versteigerten Fläche drei Viertel und darüber, im letzten Jahre sogar 80,12 ,ο auf den Besitz von über 50 ha, der im ganzen Staat nur 45,90 von der Gesammtfläche der Hauptbetriebe ausmacht. In Ostpreußen entfielen im Jahre 1891/97 von der versteigerten Fläche 70,99 υ᷑ auf Betriebe über 50 ha; in Westpreußen 68,99 9, in Brandenburg 71,75 9, in Pommern gö,47 Mοσ, in Posen 89,79 o, C, in Schlesien 7809 0so; dagegen in den westelbischen Provinzen: in Sachsen 53,55 oo, in chleswig⸗Holstein 30,41 o,, in Hannover Hö,86 o, in Westfalen 38,73 9, in Hessen⸗Nassau 0, in Rheinland 35,57 09 und in Hohen⸗ zollern 0. Die größte Besitzklasse (Rittergut, über 200 ha) ist am meisten im Osten an der Zwangsversteigerung betheiligt; der größere Betrieb des Westens ist nicht nur ungleich weniger ungünstig als der⸗ jenige des Ostens gestellt, sondern auch noch günstiger als der Mittel⸗ und Kleinbetrieb des Westens.

Von dem gesammten Reinertrage der versteigerten Grund⸗ fläche mit 561 032 ½ kam fast die Hälfte auf Schlesien und West⸗ preußen mit 138 703 und 129 368 „½ , fast der ganze Rest auf die übrigen ostelbischen Provinzen, während der Antheil von Hannover, Hessen⸗Nassau und Westfalen je 10 000 „M nicht erreichte.

Zieht man die Grundstücke mit Landwirthschaft als Neben⸗— beruf des Besitzers sowie die Versteigerungen zu Zwecken der Aus⸗ einandersetzung und Erbtheilung mit in Rechnung, so steigert sich die Gesammtzahl der Zwangsversteigerungen im Jahre 1891/92 beträcht⸗ lich, nämlich von 1536 auf 3403, die versteigerte . dagegen, weil es sich hier hauptsächlich um kleine Parzellen grundbesitzender Tage⸗ löhner handelt, nur wenig, nämlich von 62 351 auf 74 057 ha.

Als Gesammtergebniß für die sechs Jahre faßt die „Zeitschrift des Kgl. preuß. Stat. Bureaus“ folgende Thatsachen zusammen: ge— ringe, dabei im ganzen noch abnehmende Häufigkeit und Bedeutung der Zwangsversteigerungen land⸗ und forstwirthschaftlicher Grund⸗ stücke bei relativ sehr starker, absolut aber noch in keinem Landestheile bedenklich hoher Betheiligung des Ostens und des größeren Besitzes. Weiter heißt es im Anschluß hieran an der gedachten Stelle: „Die sachliche Bedeutung dieses Ergebnisses wird nun freilich nicht zu überschätzen sein. Auch bei ungünstiger Lage des Grundbesitzes kann die Zahl der Versteigerungen gering bleiben, weil die Gläubiger fürchten, daß das Mindestgebot nicht erreicht werde, oder weil die gefährdeten Besitzer sich durch freiwilligen Verkauf noch vor dem Aeußersten zu retten wissen. Es würde in dem Gesammtergebniß ein an sich ungünstiges Zeichen zu finden sein, nämlich die Zunahme der Versteigerungen mit der Größe des Besitzes; denn wie der größere Besitz beim Steigen der Rente, insbesondere bei günstiger Preisbildung für landwirthschaftliche Erzeugnisse, viel mehr als der kleine, nur wenig oder nichts davon verkaufende gewinnt, so setzt er bei umgekehrter Entwicke⸗ lung am meisten zu, wird also gerade in „schlechten“ Zeiten verhältniß⸗ mäßig stark an den Versteigerungen betheiligt sein. Andererseits ist die Fest⸗ stellung der Thatsache, daß der Gesammtumfang der Versteigerungen noch nirgends bedenklich geworden ist, doch auch nicht ganz belanglos. So unerfreulich und ungesund ein Zustand, in welchem ein großer Theil der Besitzer seine Erhaltung nur der Nachsicht oder der Furcht seiner Gläubiger verdankt, für die Volkswirthschaft wie für die Betroffenen ist, so kann den letzteren dann doch immer ein Umschwung noch Hilfe bringen und sie vor der Zwangsversteigerung bewahren, durch die sie in eine noch schlimmere Lage gerathen würden. So lange ferner eine Familie, wenn auch in gedrückten Verhältnissen, sich noch im Besitze erhält, so lange sind auch immer noch nicht die mannigfachen Ueberlieferungen und Zusammen⸗ hänge durchschnitten, um derentwillen die Erhaltung des Grundbesitzes in denselben Familien so sehr im Interesse auch der Gesammtheit liegt. Nach dieser Richtung hin erscheinen die obigen Feststellungen immer⸗ hin beachtenswerth; freilich bleibt zu wünschen, daß sie in Aufzeich⸗ nungen über den Umfang des freiwilligen Besitzwechsels bald die nöthige Ergänzung finden.“

Textilindustrie.

Im Regierungsbezirk Breslau ist die Lage der dort so wichtigen Textilindustrie erfreulicherweise auch im vergangenen Quartal günstig gewesen. Auch die Verhältnisse der Handweber haben sich gebessert. Diese haben im Kreise Glatz namentlich auch durch die Zelt— weberei vollauf Beschäftigung. In der Gegend von Reinerz wurden von Wollausgebern sogar durch die Zeitungen Handwerker gesucht.

Sachsengängerei.

Aus Breslau wird geschrieben: Der Zug ländlicher Arbeiter nach Provinz und Königreich Sachsen war in diesem Jahre ein weit regerer wie im Vorjahre. Insgesammt sind etwa 1360 Personen beiderlei Geschlechts aus Oberschlesien und der Provinz Posen, darunter zwei Drittel polnischer Nationalität, durch Breslau gereist.

Arbeitsnachweis.

Die Frage des Arbeitsnachweises und der Errichtung von amt⸗ lichen Arbeitsnachweisstellen wird jetzt an vielen Orten erörtert, nach— dem das Stuttgarter Gewerbegericht die Errichtung eines städtischen Arbeitsamts unter Aufsicht des Gewerbegerichts n und der Regierungs ⸗Präsident von Liegnitz den Städten über 10 000 Einwohner sogar durch Verordnung die e nschtu n von amtlichen Arbeitsnachweis⸗ stellen empfohlen hat. Insbesondere ist man in Baden rührig, wo nach dem Beispiel von Freiburg und Karlsruhe auch in Mannheim seit dem 1. August eine Arbeitsnachweiseanstalt ins Leben getreten ist, wozu sich auf Anregung des Gewerbe⸗ und Industrievereins und unter Beihilfe der Stadtbehörde 18 Vereine zusammenthaten. Das Bureau wird von einem eigenen Beamten verwaltet, hat Telephonanschluß und vermittelt für Mannheim unentgeltlich, nur für Vermittelung nach auswärts werden, die bagren kern en berechnet. Auch im badischen Wiesenthal wird eine Arbeitsnachweiseanstalt geplant.

Zur Arbeiterbewegung.

Nachdem in Wales der Ausstand der Gruben⸗ arbeiter als beendigt angesehen werden kann, wird . ge⸗ meldet, daß auch die Bergleute in Nord⸗Staffordshire beschlossen haben, die Arbeit zu den früheren Löhnen wieder aufzunehmen. Inzwischen 3. aber immer neue Nach⸗ richten über schlimme Ausschreitungen der Ausstän⸗ digen ein. Einer Meldung des „R. B.“ folg fanden am Donnerstag in Featherstam ei Bradford Unruhen strikender Bergleute statt, bei denen die Soldaten von ihren Schußwaffen Gebrauch machten. Es wurden acht Tumultuanten verwundet, von denen bisher drei ihren Ver⸗

wundungen erlegen sind. Der Zustand mehrerer anderer wird

als bedenklich bezeichnet. Die Zahl der an diesen Aus—

schreitungen Betheiligten wird auf 8000 geschätzt. . liegen folgende Meldungen des „W. T. B.“ über Arbeiter⸗ unruhen vor:

In Birstall zerstörte gestern Morgen ein Haufe von aus— ständigen Grubenarbeitern die Bureaus der White⸗Lee, Gruben. Die Behörden und Cavallerie sind nach dem Schauplatze der Unruhen unterwegs, wo eine große Erregung herrscht. Wie aus Pontefract mitgetheilt wird, versuchte in der Fohlengrube Ackton eine Anzahl Ausständiger mehrere Wagen in Brand zu stecken. Durch Soldaten wurden die Arbeiter zerstreut. In Wakefield trauen sich die Einwohner nicht die Häuser zu verlassen; die Behörden haben an den Minister des Innern das Ersuchen gerichtet, 600 Soldaten nach Derbyshire zu entfenden. In der That sind 6090 Soldaten von Aldershoff und 209 Polizisten aus London in Wakefield eingetroffen. Die Diebstähle auf den Land⸗ straßen werden immer häufiger. Aus Colchester werden weitere Truppenabtheilungen nach unruhigen Gebieten von Yorkshire geschickt werden.

In Leipzig beschäftigte sich. wie die „‚Leipz. Ztg.“ berichtet, eine Versammlung von den graphischen Gewerben angehörenden Arbeitern mit dem Ausstand in der graphischen Kunstanstalt von Kaufmann in Brandenburg a. H. Die von etwa 300 Personen besuchte Versammlung beschloß, daß die Leipziger Gehilfen keine Arbeiten übernehmen sollten, die für das Kaufmann'sche Institut be⸗ stimmt seien. Eine finanzielle Unterstützung ist, wie der Vertraueng—⸗ mann der Leipziger Lithographen und Steindrucker erklärte, unmöglich, da die Kassen erschöpft seien.

Zu der Meldung des . D. B. H.“ über eine Lohnbewegung der Bauhandwerker in Lübeck ('gl. Nr. 213 d. Bl.) wird dem Vorwärts“ berichtet, die Zimmermeister in Lübeck hätten einen einseitig ausgearbeiteten Lohn· nd Arbeitszeit. Tarif herausgegeben, wonach außer verschiedener Zeitvakschiebung im Winter Gzeitweise) die Frühstückspause ausfallen sollte. Die Bauhandwerker Lübecks hätten aber diesen Tarif nicht anerkannt, weil der bestehende Tarif laut Ver⸗ einbarung der Meister und Gesellen bis zum 1. April 1894 gültig sei. Augenblicklich werde auf allen Plätzen und Bauten nach dem bisherigen Tarif gearbeitet. .

In Karlsbad ist, wie demselben Blatt mitgetheilt wird, das Dreherpersonal der Porzellanfabrik von Karl Knoll, I Mann stark, wegen Lohnstreits in den Ausstand getreten.

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom Y. August bis inel. 2. September er. zur Anmeldung gekommen: A7 GEheschließungen, 852 20 Todtgeborene, 73 Sterbefälle.

Lebendgeborene,

Literatur.

Gesetze, Verordnungen ꝛe.

Das Gesetz über die Kleinbahnen und Privat anschluß bahnen vom 28. Juli 1892, erläutert von W. Gleim, Geheimem Ober⸗Regierungs⸗Rath und vortragenden Rath im Mi⸗ nisterium der öffentlichen Arbeiten. Berlin 1893, Franz Vahlen. Die zweite Auflage ist gegenüber der ersten bereits angezeigten durch die Ausführungsanweisung vom 19. November v. J., deren Ergänzungen und ein ABG-Register erweitert, somit sür die Gegenwart vervoll— ständigt.

. Die Wuchergesetze für das Deutsche Reich. Erläutert von Ernst Barre, Landgerichts⸗Director. Berlin, 1893, Carl Hey⸗ mann's Verlag. 16. S. 52. M 1. Der Verfasser, der sich schon früher mit dem ländlichen Wucher beschäftigt hat (Berlin, 1890), hat die reichsdeutsche Wuchergesetzgebung unter sorgfältigem Abdruck des Wortlauts erläutert. Sämmtliche Commentare zum Strafgesetzbuch sollten sich an dieser Arbeit in der Beziehung ein Vorbild nehmen, daß die im Laufe der Zeit eingetretenen Abänderungen erkennbar ge⸗ macht sind. Der Titel wäre wohl besser dahin gefaßt: Wucher⸗ gesetze des Deutschen Reichs.

Von der vierten Auflage des von dem Geheimen Ober⸗ Regierungs⸗Rath E. von Woedtke herausgegebenen Kranken versicherungsgesetzes, nach der Fassung der Novelle vom 10. April 1892, von der bereits früher zwei Lieferungen erschienen waren, auf die auch an dieser Stelle hingewiesen war, liegt jetzt die Schlußlieferung vor (J. Guttentag, Verlagshandlung in Berlin). Der zuerst im Jahre 1883 erschienene Commentar mußte infolge der Veränderungen, die das Gesetz durch die Novelle vom 10. April 1892 erfuhr, vollständig umgearbeitet werden; es wurden dabei die Commentare von Köhne, Hahn, Henle⸗Reger und von Schicker benutzt, auch ist die Rechtsprechung höherer Gerichtshöfe berücksichtigt worden. Das Werk bekundet in den Erläuterungen volle Beherrschung der Materie und sachgemäße Beurtheilung der gesetzlichen Bestimmungen.

Communalabgabengesetz vom 14. Juli 1893 und Gesetz wegen Aufhebung directer Staatssteuern vom 14. Juli 1893. Text- ausgabe mit Anmerkungen und Sachregister von F. Adickes, Ober⸗Bürgermeister in Frankfurt a. M., Mitglied des Herrenhauses. Berlin 1853, J. Guttentag. 16. S. 144. 1 . In einer Ein⸗ leitung ist die Entstehungsgeschichte des Gesetzes gegeben unter An— führung der hauptsächlichsten Abänderungen, welche die Regierungs—⸗ entwürfe erfahren haben, abschließend mit einer Darstellung der Aufgaben, welche den Gemeindebehörden zu erfüllen obliegen wird. Dem Wortlaut der Gesetze sind kurze Anmerkungen und Erläute⸗ tungen beigefügt, welche scharf die Gesichtspunkte angeben, die leitend und maßgebend sind; überall ist die volle Sachkunde des Verfassers erkennbar.

Rechts- und Staatswissenschaft.

j Kr. Versicherungsrecht von Vietor Ehrenberg. Erster and. Mit Sachregister. Leipzig, 1893, Duncker u. Humblot. Nach längerer Unterbrechung erscheint wiederum von Binding's Hand buch der deutschen Rechtswissenschaft ein in dem veröffentlichten Plan zugesagter Theil; es sei hierbei der Wunsch ausgesprochen, daß baldigst von Binding's Strafrecht die Fortsetzung in die Oeffentlich⸗ keit treten möchte; für andere Werke, deren Verfasser leider ver storben (Wagner, Glaser), bebor sie zum Abschluß gelangen konnten, lind wie wir erfahren bewährte Fortarbeiter thätig. Der Verfasser des vorliegenden Werks hat sich zunächst bekannt gemacht durch eine gediegene Monographie über „beschränkte Haftung des Schuldners, 1880“ und im Gebiet des Versicherungsrechts durch die Monographie über „Rückversicherungę, ferner durch die in Goldschmidt's Zeitschrift abgedruckten Abhandlungen über die juristische Natur der debensversicherung (Bd. TXXII S. 409 ff, Bd. XXXIII S. 171). Mit Zuversicht wird jeder Jurist das Werk in die Hand nehmen; es bedarf aber der Weiterverbreitung in den Kreisen der Ver— sicherer. In den großen Versicherungsgesellschaften finden sich, wie wohlbekannt, ausgiebige Büchersammlungen; ob aber bei den ich als Fachmänner des Versicherungswesens e er hen und leitenden bersonen überall eine aufrichtige Werthschätzung rechtswissenschaft⸗ licher Unterfuchungen sich befestigt hat das sei hier zur Er, wägung anheim gegeben. Nach dem Vorwort soll das Werk in erster Linie geltendes Recht zur Darstellung bringen. Hiernach wird überall w die Werke von König in Endemann's Hand⸗ buch Bd. III S. 741 ff. (3386) und des zu früh durch den Tod dahingerafften Hr. William Lewis (Stuttgart, Ferdinand Enke 1889) verfolgen denselben Zweck. Die Schwierigkeit ist aber eine überaus Joße weil, abgesehen von der Seeversicherung, eine feste, gesetzliche rundlage fehlt, und die etwa vorhandenen därftigen Bestimmungen, 3. B. des Th. II Tit. 8 d. Allg. Preuß. L-NR., schon y. nicht mehr ausreichen. Bei dieser Sachlage erfordert eine Darste . des ersicherungsrechts die feste rue f. rechts wiss etlichen und rechtsgeschichtlichen nn, aber auch Eh minder die Kenntni von der Versicherungtztechnik. ö enn die erstere Eigenschaft dem Verfasser unbedingt beiwohnt, so * die Ueberzeugung aus esprochen werden, daß er auch in den ang des Versicherungsges . eingedrungen ist. In dem vor⸗

einer en⸗

liegenden Band J, des Werks sind die allgemeinen Grundsätze des gesammten Versicherungzrechts zur Darstellung gebracht, wobei auch diejenigen Momente berücksichtigt sind, durch . die einzelnen Ver⸗ k sich von einander unterscheiden. Der Band enthält aher neben einer großen Anzahl ausführlich behandelter wichtiger Einzelheiten, auf die im Band II nicht mehr einzugehen ist, bereits eine Darstellung des ganzen Gebiets des Versicherungsrechts. Es sei eine Inhaltsangabe hier kurz verzeichnet: Einleitung S. 1— 63, ent— haltend namentlich die wirthschaftlichen und socialen Grundlagen, die geschichtliche Entwickelung, Quellen und Literatur. Der folgende Theil des Bandes bezeichnet sich als den „Versicherungsvertrag überhaupt“ betreffend und gliedert sich wie folgt: 15 Begriff des Versicherungs⸗ vertrages, 2) Arten desselben, 3) juristische Natur, 4) die sog. Be⸗ dingungen, 5) die Vertragsarten, Versicherung und Versicherungs⸗ gewerbe, Versicherungsinteressenten und ihre Stellvertreter, 6) die Vermittelung des Versicherungsvertrages. wobei die Verant⸗ wortlichkeit des Versicherers für seine Agenten mit besonderer Ausführlichkeit erörtert ist. (Vergl. die . desselben Ver. fassers in der Festgabe der Göttinger Juristenfacustät, Fr. Rudolf von Ihering, Leipzig 1892. A. Deichert. Georg Böhme) 7) Ab schluß und Inhalt des Versicherungsvertrages. 8 Wirkung des Ver— sicherungsvertrages, Verpflichtung des Versicherers, Ansprüche des Versicherers. en Abschluß macht ein ABC-⸗Register. Möge mit dieser Anzeige die Aufmerksamkeit auf das Werk weiter angeregt werden, und wenn auf Einzelheiten einzugehen den Fach⸗ blättern überlassen werden muß, so sei zum Schluß hier ausgesprochen, daß der Verfasser überall den zahlreichen, schwierigen Fragen entgegen⸗ tritt, nirgends ausweicht, sondern sie unter Benutzung aller Hilfsmittel untersucht und auf diese Weise klaͤrt und fördert, was auch von denen freudig anerkannt werden wird, die andere Ansichten vertreten. Mögen die Schlußbände in absehbarer Zeit zu erwarten stehen.

Handbuch des Preußischen Eisenbahnrechts. Von Dr. jur. Georg Eger, Regierungs⸗Rath, Justitiar und Privatdocent der Rechte in Breslau. Breslau 1883. J. U. Kern. Bd. II. Lfg. 3. 2 ½ Die Unterbrechung des vorliegenden Werkes ist durch den Verzug veranlaßt worden, welchen das Inkrafttreten des inter—⸗ nationalen Uebereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr erfahren hat. Die Einführung des Uebereinkommens mußte abgewartet werden, weil dasselbe auf die mit dem vorliegenden Hefte beginnende Darstellung des Eisenbahntransportrechts von wesentlichem Ein—⸗ fluß ist. Nachdem die Einführung am 1. Januar 1893 erfolgt ist, darf die Vollendung des Werkes noch für das laufende Jahr in Aus— sicht genommen werden. Nachdem im Abschn. VII der Eisenbahn—⸗ betrieb erörtert ist, beginn! S. 202 der Eisenbahntransport, dessen Entwickelung durch das internationale Uebereinkommen für weite Gebiete grundlegend geregelt ist. Von demselben Verfasser erschien im gleichen Verlage: Die Nothwendigkeit einer Revision des preußischen Enteignungsrechts?. 8. 60 S. 146 Daß von dieser Schrift eine zweite Auflage erforderlich wurde, beweist ihre Anerkennung, die bei Anzeige der ersten Auflage bereits hier ausgesprochen wurde.

Zeitschrift für das gesammte Handelsrecht, heraus— gegeben von Dr. L. Goldschmidt, Geheimem Justiz⸗Rath, ordentlichem Professor der Rechte in Berlin, Dr. Fr. von Hahn, Senats, Präsidenten a. D. am Reichsgericht in Leipzig, H. Keyßner, Kammergerichts Rath in Berlin, Dr. P. Laband, ordentlichem Professor der Rechte in Straßburg, und Dr. M. Pappenheim, ordentlichem Professor der Rechte in Kiel. Stutt⸗ . Verlag von Ferdinand Enke. 18693. Band 41 enthält: J. Ab- jandlungen: Das Commissionsgeschäft mit Selbsteintrittsrecht des Commissionärs. Eine praktische Studie. Von Herrn Gerichts Assessor A. Eschenbach in Berlin. Zur Auslegung des Artikels 101 des Handelsgesetzbuchs. Von Herrn Amtsrichter W. Merfeld in Wriezen. Die pisanischen Gonsules mercatorum im zwölften Jahrhundert. Von Herrn Gymnasial⸗Oberlehrer, Professor Adolf Schaube in Brieg. Ein Brief des Baldus über Wechselgeschäfte. Mitgetheilt von Herrn Dr. Federico Patetta, Privatdocenten an der Universität Turin. Mit einem Vorwort von Goldschmidt. Der angeblich älteste Campsorenwechsel. Von Herrn Gymnasial. Ober⸗ lehrer, Professor Adolf Schaube in Brieg. Wechselproteste. Von Herrn Justiz Rath H. Makower in Berlin. Die duplex persona im Handels⸗, See- und Wechselrecht. Von Herrn Dr. Reinhard Salman in Berlin. Inhaltsübersicht zu dieser Abhandlung. Zur Frage der Klagbarkeit der sogenannten Differenzgeschäfte. Von . Dr. Hermann Veit Simon, Rechtsanwalt bei dem Kammergericht zu Berlin. II. Rechtsquellen: Die neuen Weltpostverträge. Von Herrn Amts richter Dr. Max Mittelstein in Hamburg. Englische Handels gesetzgebung vom Jahre 1891. Dargestellt von Herrn Dr. jur. E. FTruesemann, Solieitor in London. Die französische handelsrechtliche Gesetzgebung im Jahre 1891. Von Herrn Pro⸗ fessor Dr. Georg Cohn in Zürich. Italienische Handelsgesetz⸗ gebung vom Jahre 1890. Dargestellt von Herrn Dr. Carl Koehne in Berlin. Belgische Handelsgesetzgebung vom Jahre 1890. Dargestellt von Herrn Dr. Carl Koehne in Berlin. Niederländische Handels⸗ gesetzzebung vom Jahre 1891. Mitgetheilt von Herrn Professor Dr. W. L. P. A. Molengraaff in Utrecht. Geschäftsbedingungen für den Berliner Butter⸗, Käse, und Schmalzhandel. Die Ver⸗ kehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands vom 15. November 1892. Von Herrn Br. Alfred v. der Leven, Geheimem Ober⸗ Regierungs⸗Rath in Berlin. Anlage: Verkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands. In Kraft getreten am 1. Januar 1893. III. Rechtssprüche: Rechtsgrundsätze aus 1890 und 1891 durch den Druck veröffentlichten handels⸗, see. und wechselrechtlichen Ent⸗ scheidungen deutscher Gerichte mit Ausschluß des Reichsgerichts. Nebst Nachträgen aus 1889. Nach dem System der Gesetzbuͤcher geordnet von Herrn Professor Dr. H. O. Lehmann in Marburg. IV. Lite- rarische Besprechungen.

Der Gerichts aal, Zeitschrift für Strafrecht, Strafprozeß, gerichtliche Medizin, , . und die gesammte Strafrechts⸗ literatur. Herausgegeben von M. Stenglein, Reichsgerichts⸗Rath zu Leipzig. (Stuttgart, Verlag von Ferdinand Enke, 18993. Bd. 48. . 6 hat folgenden Inhalt: J. Abhandlungen: Geisteskrankheit, Zurechnung und Entmündigung. Von Amtsgerichts⸗Rath Thuemmel

in Görlitz. Einige Fragen des allgemeinen Strafrechts unter Zu⸗ grundelegung des gert a f hen Strafgesetzentwurfs. Von Professor ĩ 23—26 des Reichs Strafgesetzbuchs. Von Regierungs⸗Rath Böhmer, Anstalts⸗Director in Zwickau. II. Literarische Anzeigen.

Zucker in Prag. Vorschläge zu den 55

Militärisches.

Das Dienst, und Kriegsjahr eines branden— burgischen Jägers 1870/71, von Theodor Prenzel, Oberlehrer am Gymnasium und Inspector des Martinstists in Mörs. Rathenow 1893, Verlag von Max Babenzien. Preis 1,50 M. Trotz der zahlreich . erke, in denen die persönlichen Kriegserlebnisse aus dem Feldzuge von 1870/71 von Mitkämpfern er— zählt werden, wird ein jeder Leser in der Beschäftigung mit dem vorliegenden, von Liebe zum Soldatenstande, Anhänglichkeit an das Bataillon und das Vaterland auf jeder Seite Zeugniß ablegenden und mit frischem Jägersinn geschriebenen Buch hohe Befriedigung finden. Die in bescheidenem aber unterhaltendem, von guter Beobachtungsgabe zeugen⸗ dem Stil , Thatsachen gewinnen an 86 durch die überall erkennbare aufrichtige Verehrung des Verfassers für seine Offiziere, die sich bis zur ih Bewunderung steigert für den damaligen ,, . remier Lieutenant Bernhard von Krosigk, jetzigen Obersten und Commandeur des Leib⸗Grenadier⸗ Regiments König Friedrich Wilhelm III. (1. Branden burgische) Nr. 8, den ersten Ritter des Eisernen Kreuzes II. Klasse bei den Brandenburgischen Jägern, dessen Tapferkeit auch zum Schluß noch durch Verleihung des Eisernen Kreuzes L. Klasse anerkannt wurde und dem der Verfasser seine lesenswerthe Schrift in dankbarer Verehrung gewidmet hat. Das Buch wird sonach, dem im Vorwort e ,, . Wunsch des Verfassers emäß, ein herzlicher Gruß an alle Kameraden vom dritten Jaͤger⸗ Bataillon sein, eine freundliche Erinnerung für die Alten an die ge—⸗

meinsam verlebten Monate und eine kameradschaftliche Mahnung für die Jungen zu hingebender Treue in der Stunde der Gefahr.

Bek leidungsordnung. Zweiter Theil. Vorschriften für die Beschaffenheit und Unterscheidungszeichen der Bekleidung und Aus⸗ rüstung der Mannschaften. Preis 2,260 66 GE. S. Mittler u. Sohn, Königliche Hofbuchhandlung, Berlin 8W. 12, Kochstr, 68 - 70. Durch die zahlreichen Uniformsänderungen der letzten Jahre und die Verleihung besonderer Abzeichen für einzelne Truppentheile ist das Verlangen nach einer zuverlässigen Beschreibung der heutigen Uni⸗ formen unserer Armee in weitesten Kreisen immer lebhafter geworden; nicht etwa nur bei denen, deren Geschäftsbetrieb die gengueste Kenntniß der Uniformmuster fordert, auch nicht nur bei allen Familien, deren Angehörige des. Königs Rock tragen oder bei den vielen, die eine besondere Vorliebe i genaueste Uniformkenntniß pflegen, man darf es geradezu ein allgemeines, volksthümliches Interesse nennen, in den Uniformen unserer Armee bewandert zu sein. Unter der Aufschrift . Bekleidungs⸗ ordnung, zweiter Theil“ (der erste handelte von den Vorschriften für die Bekleidungswirthschaft der Truppen im Frieden und im Kriege) hat nunmehr das Kriegs ⸗Ministerium eine genaue Beschreibung sämmtlicher Bekleidungs- und Ausrüstungsstücke unserer Mannschaften herausgegeben, bis zu, den Signalinstrumenten der Musiker, und zugleich den Sitz und die Trageweise aller Uniformstücke vorgeschrieben. Ein zweiter Abschnitt des Buchs zählt sämmtliche Unterscheidungs⸗ zeichen auf, die für einzelne Truppengattungen und 'theile bestehen, letztere in einer mehr als 100 Druckseiten umfassenden sehr übersicht⸗ lichen Tabelle.

Gesundheitswesen.

Ueber Seeluft und Seebadekuren bei Nervenkrankheiten, von Sanitäts⸗Rath Dr. E. Kruse in Norderney. Norden und Norderney. 1893. Diedr. Soltau. 5. Aufl. 16. 79 S. 1 S Baderegeln und Rathschläge für den Aufenthalt in Seebädern, von Dr. Lindemann, Berlin, 18935. Hermann Brieger. Die erfahrenen Badeärzte geben in knapper faßlicher Form ihre Rathschläge.

Reisebücher.

. Die „Durch Schwaben“ betitelte Serie der bei Orell Füßli in Zürich verlegten „Illu strirten Europäischen Wander⸗ bilder“ ist soeben durch zwei neue Hefte erweitert worden, die sich dem schon besprochenen ersten, welches „Stuttgart und Cannstatt“' zum Gegenstand hatte, würdig anreihen. Das Doppelheft 216, 217 Ludwigsburg ⸗Marbach⸗Maulbronn“ (Preis jeder Nummer 50 9) schildert die berühmte württembergische Residenz, dann den Geburts- ort des Lieblingsdichters der deutschen Nation und schließlich das architektonisch merkwürdige Cisterzienserkloster. Diese in ge⸗ schichtlicher, literarischer und künstlerischer Hinsicht so inter⸗ essanten Stätten werden auch bildlich in ihren Hauptsehenswürdigkeiten veranschaulicht, und dem Reisenden, der die Hefte als Führer benutzt, wird auf diese Weise eine bleibende angenehme Erinnerung geboten. Dies gilt auch von dem Doppelheft 8, 2719 „Ulm und Ober⸗ schwaben“, welches den Besuchern Ulms, die das herrliche gothische Münster zu bewundern kommen, eine angenehme Gabe sein wird. Der Text beschränkt sich auf das Nothwendige, erfüllt aber gerade dadurch seinen Zweck, schnell zu orientiren und zu belehren. Die Illustrationen, namentlich die Ansichten des Münsters im Aeußern und Innern, sowie die des Rathhauses und aus dem Gewerbe⸗Museum sind wegen ihrer sorgfältigen Ausführung zu loben.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Sterblichkeits- und Gesundheitsverhältnisse während des Monats Juli 1893.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts sind während des Monats Juli, aufs Jahr berechnet, als ge⸗ storben gemeldet: in Berlin 26,?', in Breslau 346, in Königs⸗ berg 30,5), in Köln 34,8, in Cassel 21,1, in Magdeburg 37,2, in Stettin 42,8, in Altona 20,9, in Hannover 36,8, in Frankfurt a. M. 22,4, in Wiesbaden 25,“, in München 27,“, in Nürnberg 23,6, in Augsburg 27,8, in Dresden 28,3, in Leipzig 39,8, in Stuttgart 24,9, in Karlsruhe 24,2, in Braunschweig 35,4, in Hamburg 19,8, in Straß⸗ burg 28,4, in Metz 22,2, in Amsterdam 18,2, in Brüssel 22,1, in Budapest 27,l, in Christiania 16,9, in Dublin 27,?, in Edinburg 17,5, in Glasgow 23,0, in Kopenhagen 20,, in Krakau 42,3, in Liverpool 34,9, in London 22,1, in Lyon 21,4, in Moskau 51,4, in Odessa 28,8, in Paris 20,, in St. Petersburg in Prag 30,5, in Rom (Juni)h 23,5, in Stockholm 165, in Triest 265,4, in Turin (Juni) 19,2, in Venedig 23,0, in Warschau 26,2, in Wien 32,0, in

New⸗VYork 30,4. (Für die nichtdeutschen Städte ist der Zeitraum von vier Wochen, vom 2. bis 29. Juli, zusammengefaßt worden.) Der Gesundheitsstand im Monat Juli war in der über⸗ wiegenden Mehrheit sowohl der deutschen wie der nichtdeutschen Städte ein viel ungünstigerer als im Juni und die Sterblichkeit, besonders in den meisten deutschen Orten, eine erheblich gesteigerte. Die Zahl der deutschen Orte mit sehr geringer Sterblichkeit, in denen die Sterblichkeitsziffer noch nicht 15,9 pro Mille und Jahr betrug, ging von 8 im Vormonat auf 4 im Juli herab, und zwar waren dies die Orte Allenstein, Neunkirchen, Eßlingen und Schwerin i. M. Dagegen stieg die Zahl der deutschen Orte mit hoher Sterblichkeit (Sterblichkeitsziffer über 35,9 pro Mille) von 16 im Juni auf 53, und nennen wir aus der Zahl derselben hier nur: Burg. Gießen, Glauchau, Chemnitz, Görlitz, Soest, Aachen, Stettin, Gelsenkirchen, Duisburg, Halle, Fürth, Düren, Reckling⸗ hausen, Spandau, Langenbielau, Neumünster, in denen die Sterblich⸗ keitsziffer über 40,9, ferner Linden, Werdau, Merseburg, Branden⸗ burg, in denen sie über 50,0, Grabow 4. O., Rixdorf (bei Berlin), in denen sie über 60, ), Köpenick und Weißensee (bei Berlin), in denen sie über 70 und Lichtenberg (bei Berlin), wo die Sterblichkeit über 80 pro Mille und Jahr berechnet, stieg. Das Sterblichkeits⸗ maximum, das im Vormonat 653,3 pro Mille betrug, erreichte im Juli die Höhe von 810 (Lichtenberg. Die Zahl der deutschen Orte mit günstiger Sterblichkeitsziffer bis 20.0 pro Mille sank von 44 im Juni auf 22 und wollen wir aus der Zahl derselben hier nur Celle, Glogau, Köslin, Jolberg Kreuznach, Neisse, Osnabrück, Bayreuth, Kaiserslautern, Zittau, Ludwigsburg, Cöthen, Rostock, Bremerhaven, 6 und von nichtdeutschen Städten: Amsterdam, Christiania, dinburg, Stockholm, Turin (Juni) erwähnen,. Die Zahl der deutschen Orte mit, mäßig hoher Sterblichkeit (Sterblichkeitsziffer bis 25,0 pro Mille), die im Juni 45 betragen hatte, ging gleichfalls im Juli er⸗ heblich herab, auf 28, und nennen wir aus der Zahl derselben hier nur Altona, Beuthen O. / S., Frankfurt a. M., Iserlohn, Cassel, , . Ratibor, Schleswig, Wesel, Landshut, el en, Regens⸗ urg, Ulm, Reutlingen, Freiburg i. B., Konstanz, Darmstadt, Bre⸗ men, Metz, und von außerdeutschen Städten: Brüssel, Kopenhagen, London und Paris. Die Betheiligung des Säuglings⸗ alters an der Gesammtsterblichkeit war fast allgemein außer⸗ gewöhnlich gesteigert. Von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr be⸗ rechnet, in . 89, in Stuttgart 115, in Dregden IJ. in, Berlin 130. in. München 184 Säuglinge. Diese größere Sterblichkeit des Säuglingsalters wurde bedingt durch die abnorme hohe Zahl von acuten Darmkrankheiten mit tödtlichen Ausgängen, die infolge der anhaltend heißen Witterung . k. eine seltene Höhe erreichten. In den meisten größeren rten Europas, namentlich in den deutschen, war die Zahl der durch diese k hervorgerufenen Sterbefälle eine große, beson⸗ ders aber in Berlin und seinen Vororten Lichtenberg, Rixdorf und Weißensee; ferner in Brandenburg, Breslau, Burg, 6 Danzig, Düsseldorf, Duisburg, Elberfeld, Erfurt, Essen, . M., Görlitz, Halle, Hannover, Köln, Königsberg, Krefeld, Linden, Magde burg, Spandau, Stettin, München, Nürnberg, Dres den, Le g Stutt Ci Mannheim, Braunschweig, Hamburg, Straßburg, nifterdam, udahest, Christianig, Dublin, Glasgow. Kopenhagen, Liverpool, London, Lyon, Odessa, Paris, Warschau, Wien, Moskau, Neid. Jork u. a. Dagegen