die Arbeiter, sofern sie sich innerhalb des Bannes und Ge⸗ fahrenbereiches des Betriebes bewegen, regelmäßi 9 auch während der Arbeit spausen gegen die aus dem Betriebe entstehenden Unfälle versichert sind.
Dagegen ist den Hinterbliebenen eines Mühlknappen, der seinen Tod durch Ertrinken im Mühlbach . atte, eine Entschädigung nicht gewährt worden, da der Unfa sic nicht im örtlichen Bereich der durch den Betrie selbst erzeugten Gefahren ereignet, auch der Verunglückte die Mühle gt im Betriebsinteresse, um Besorgungen u machen, sondern im eigenen Interesse zur Be⸗ fed ung seines Unterhaltungsbedürfnisses verlassen hatte.
er Entschädigungsanspruch eines Viehwärters ist für begründet . worden, der in der Hausflur des landwirthschaftlichen Hauptgebäudes einen Unfall erlitten hatte, als er sich des Morgens zum Füttern des Viehs in den Stall begeben wollte, da er sich dabei bereits innerhalb des ört⸗ lichen Bereiches der Betriebsstätte befand, und der Gang, bei welchem er verunglückt ist, unmittelbar den Zwecken des Betriebes diente.
Der Tod eines landwirthschaftlichen Arbeiters durch Sturz beim Hinaufsteigen zu dem ihm als Schlaf⸗ stelle angewiesenen Heuboden ist als HJ angesehen worden, wesentlich mit Rücksicht darauf, daß es offenbar im Interesse des landwirthschaftlichen Betriebes lag, wenn die Arheiter auf dem Gehöfte selbst übernachteten, um die Arbeit möglichst früh beginnen und möglichst lange fort⸗ setzen ö. können.
ls begründet ist auch die Entschädigungsforderung der Ehefrau eines statutarisch versicherten landwirthschaftlichen Unternehmers anerkannt worden, die auf der Landstraße ver⸗ unglückt war, als sie von einer ihr gehörenden Ackerstelle, auf der sie Erntearbeiten verrichtet hatte, nach dem Hof urückkehrte, da erwiesen war, daß sie auf dem Hof ihre eigentliche Thätigkeit fortzusetzen beabsichtigte, sie mithin zur Zeit des Unfalls noch als in ihrem land— wirthschaftlichen Betriebe beschäftigt gelten mußte.
Die für ihre Person versicherte Ehefrau eines landwirth⸗ n gn, Betriebsunternehmers hatte auf dem Rückwege von einem dem landwirthschaftlichen Betriebe dienenden Gange nach der ungefähr eine Meile entfernten Stadt das Fuhrwerk ihres Oheims benutzt und war dabei infolge Scheuens der Pferde verunglückt; ihrem Antrage auf Gewährung einer Entschädigungist entsprochen worden, da ihre Thätigkeit an sich mit dem land⸗ wirthschaftlichen Betrieb im Zusammenhang stand, und dieser Zusammenhang dadurch noch nicht als durchbrochen angesehen werden konnte, daß die Klägerin ohne besonderen Grund — entsprechend der allgemeinen Gewohnheit der ländlichen Bevölkerung — die sich ihr bietende Gelegenheit benutzt hatte, mit dem Gefährt ihres Oheims zurückzugelangen.
Der Unfall eines Landwirths auf einer zur Ver⸗ werthung des im eigenen landwirthschaftlichen Betriebe erzeugten . unternommenen Fahrt ist als landwirthschaftlicher Betriebsunfall angesehen, und es hierbei als unerheblich erklärt worden, ob das betreffende Getreide dem Abnehmer im Tausch oder zum Verkauf gegen Bezahlung hingegeben worden ist, und zu welchem Zweck der Betriebsunternehmer den für sein Getreide erhaltenen Gegen—⸗ werth demnächst weiter verwendet hat.
Das Kaiserliche Gesundheitsamt macht folgende Cholerafälle bekannt:
In Niedersaathen, Kreis Königsberg N-M., eine Neu⸗
. In Stettin wurde bei 2 tödtlich verlaufenen Krankheits⸗ fällen Cholera festgestellt; in Warsow, Kreis Randow, bei 7 (davon 6 5 in Stepenitz, Kreis Kammin, bei 3 ö 2 tödtlich; in Eggesin, Kreis Ueckermünde, er— rankte ein Kahnschiffer.
In Dam natz, Kreis Dannenberg, eine Erkrankung.
In Hamburg wurden vom 16. bis 19. Oktober 2 Neu⸗ , (darunter eine mit tödtlichem Ausgange) ge⸗ meldet.
Die eisenbahn⸗fachwissenschaftlichen Vorlesungen in im Winter⸗Halbjahr 1893.94 in folgender Weise statt⸗
nden:
In Berlin werden in den Räumen der Universität Vor⸗ ö über preußisches Eisenbahnrecht und über den Betrieb der Eisenbahnen 56 werden. Das Nähere, namentlich auch bezüglich der Anmeldung zu den Vorlesungen, ist aus dem 2 in der Universität ersichtlich.
In Breslau werden sich die Vorträge auf die National⸗ ökonomie der Eisenbahnen, insbesondere das Tarifwesen, auf den Betrieb der Eisenbahnen und auf Technologie erstrecken.
In Köln werden Vorlesungen über preußisches Eisen⸗ bahnrecht und über Technologie im Verwaltungsgebäude der ö n Eisenbahn⸗Direction (irre n g gehalten werden.
Der Staatssecretär des Reichs⸗Marineamts, Vice⸗Admiral
. und der Director des Marine-Departements im
eichs⸗Marineamt, Vice⸗Admiral Köster haben sich nach Wilhelmshaven begeben.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich mecklenburgische General⸗Zoll⸗Director Oldenburg ist in Berlin angekommen.
S. M. Schulschiff „Stein“, Commandant Capitän zur See von Wietersheim, ist am 18. Oktober von Southampton nach Funchal (Madeira) in See gegangen.
Sigmaringen, 18. Oktober. Ihre Majestät die Königin von Sachsen ist zu mehrtägigem Besuch am ür liche Hofe hier eingetroffen.
Banern.
Die Kammer der Abgeordneten setzte gestern die Debatte über die Futternoth fort. Der Minister⸗Präsident . von Crailsheim hielt Schritte Bayerns oder des
eutschen Auswärtigen Amts wegen Aufhebung des öster— reichischen Futterausfuhrverbots für aussichtslos; als interne österreichische Angelegenheit eigne sich diese Sache
überhaupt nicht zur diplomatischen Intervention. Be⸗ kanntlich 4 in Oesterreich selbst eine lebhafte Agitation für die ufhebung des Verbots; wenn aber die österreichische Regierung dem Drängen der eigenen Angehörigen nicht nachgebe, so sei trotz der freundlichsten Beziehungen nicht zu erwarten, daß sie Bayern zuliebe nachgeben werde. Der Minister verwies auf die demnächstigen Verhandlungen des ungarischen Abgeordnetenhauses. Im übrigen sicherte er auch fernerhin jede Berücksichtigung des landwirthschaftlichen Noth⸗ standes durch die ,, Eisenbahnverwaltung zu; die Bewilligung einer Frachtermäßigung für üngemittel solle erwogen werden. Der Finanz⸗Minister Frei⸗ herr von Riedel erklärte, das demnächst vorzu⸗ legende Steuernachlaßgesetz werde sich auch auf die Pfalz er— strecken; einen gänzlichen Nachlaß der Grundsteuer und ein Hinausrücken des Tilgungsplans für Bodenzinse lehne er grundsätzlich ab. Man werde die Staatshilfe individualisiren müssen, wolle man nicht allen Boden unter den Füßen ver⸗ lieren und zu den von dem Abg. von Vollmar bereits an⸗ gedeuteten Consequenzen gedrängt werden. Das beziehe sich auch auf die Streuabgabe; unentgeltliche oder zu billige Streu⸗ abgabe würde zur Streuverschwendung führen und unwirthschaft⸗ lich sein. Der Minister verwies 91 verschiedene Mißbräuche, zu denen jetzt schon das Entgegenkommen geführt habe. Für das ganze Land denselben Streupreis festzusetzen, lehnte der Minister ab; er nahm ferner die Forstbeamten gegen ver— schiedene Vorwürfe in Schutz; die Bauern hätten sich in den Forsten viekfach aufgeführt, wie sie es in ihren eigenen Wal— dungen nicht gethan haben würden. Vor den Anträgen der Abgg. von Vollmar und Dr. Jäger auf Aufhebung bezw. Suspendirung der Futtermittelzölle warnte der Minister; es kämen dabei nur Hafer und Mais in Betracht; in beiden Fällen sei kein Bedürfniß hierzu vorhanden; die Aufhebung des Maiszolles würde nur den K zu gute kommen und könne bei der guten Kartoffelernte und den niedrigen Getreidepreisen nur eine nicht wünschenswerthe Ueberproduction in Brannt— wein herbeiführen. Der kleine augenblickliche Vortheil einer Zollsuspendirung stehe in keinem Verhältniß zu dem damit geschaffenen Präjudiz. Man würde es später vielleicht bitter ereuen, ein solchesgeschaffen zu haben. Schließlich ver— sprach der Minister, auch künftig die Forstbehörden zu einem schonenden Vorgehen anzuweisen, und versicherte die Land⸗ wirthschaft seines Wohlwollens. Der Justiz-Minister Freiherr von Leonrod erklärte eine allgemeine Amnestie für erh. frevelstrafen für unzulässig, sicherte aber eine wohlwollende Untersuchung und die Amnestie geeigneter Einzelfälle zu. Heute wird die Debatte fortgesetzt werden.
Hessen.
Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Christian sowie Ihre Hoheit die Prinzessin Victoria zu Schleswig⸗Holstein haben, wie die „Darmst. Ztg.“ meldet, gestern Nachmittag von Darmstadt die Rückreise nach England angetreten. Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Heinrich von Preußen und der Prinz Waldemar treffen heute Vormittag zu längerem Be— suche in Darmstadt , ein.
Mecklenburg⸗Strelitz.
Zur Feier des Geburtstags Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs, Höchstwelcher sein 74. Lebensjahr vollendete, fand vorgestern um 8 Uhr in Neustrelitz eine Morgenmusik des Hautboisten⸗-Corps unter den Fenstern Ihrer , , Hoheit der Großherzogin statt, hierauf „Wecken“ der Hautboisten und Spielleute von der Schloßwache um den Markt nach der Kaserne. Um 10 Uhr Vormittags wurde durch den mit der Militärseelsorge beauftragten Pastor Schmidt ein Militärgottesdienst im Exercirhause abgehalten, dem sich die Parole⸗Ausgabe auf dem Kasernenhofe anschloß. Um 1 Uhr Nachmittags versammelte sich das Offiziercorps der Garnison auf dem Schloßhofe zur Gratulationscour. Die Gebäude hatten Flaggenschmuck angeleg. In den Schulen, Vereinen 2c. fanden zur Feier des Tages Festacte statt. Wie in Neustrelitz, so wurde den „Meckl. Nachr.“ zufolge auch in den übrigen Städten ꝛc. des Landes der Geburtstag in her⸗ kömmlicher festlicher Weise begangen.
Anhalt.
Ihre Hoheit die Herzogin und Seine Durchlaucht der Prinz Eduard sind gestern Morgen von Ballenstedt nach Sigmaringen abgereist.
Schwarzburg⸗Sondershausen.
Der Landtag ist auf den 26. . M. nach Sondershausen
einberufen worden.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich⸗ Este ist gestern Abend in Wien eingetroffen. Das Publikum begrüßte dem „W. T. B.“ zufolge den Erzherzog auf die herzlichste Weise.
Das Abgeordnetenhaus überwies in seiner gestrigen Sitzung die Vorlage wegen der Prager Ausnahme⸗
verfügungen einem Sonderausschufse von 24 Mit—
gliedern.
Großbritannien und Irland.
Der Marquis von Salisbury hielt gestern in Orms⸗ kirk eine Rede, worin er dem „W. T. B.“ zufolge hervorhob, es sei nothwendig, daß die Regierung die englische Seemacht auf ihrer Höhe erhalte, und darauf hinwies, daß andere Länder der Entwickelung ihrer Flotten besondere Aufmerksam⸗ keit widmeten. Wenn Irland durch Homerule eine eigene Flotte erhielte, so würden die irischen Küsten zu überwachen sein, da diese unter gewissen Bedingungen einem Feinde Englands zu landen gestatten könnten.
Frankreich.
Die zwischen dem Präsidenten der Republik Carnot und dem Kaiser von Rußland aus Anlaß des Ein⸗ treffens des russischen Geschwaders in Toulon gewechselten Depeschen sind jetzt veröffentlicht worden.
ie „W. T. B.“ meldet, heil! es in dem Telegramm des Präsidenten Carnot: „Es liegt mir am 3 Eurer Majestät zu danken und die aufrichtige Freude auszusprechen, welche ich angesichts dieses neuen Zeugnisses der tiefen Sympathien empfinde, welche Rußland und Frankreich verbinden.“ Der Kaiser von Rußland telegra⸗ phirte darauf an den Präsidenten Carnot: „In Erwiderung
Ihres liebenswürdigen Telegramms halte 24 mich für ver⸗ bunden, Ihnen die große Freude auszudrücken, welche ich darüber empfinde, daß unser Geschwader den Besuch hat er— widern können, welchen die tapferen französischen Seeleute in Kronstadt abgestattet haben.“ Als der Cane von Rußland die , Kriegsschiffe in Kopenhagen be— suchte, sandte der Präsident Carnot folgendes Telegramm: „Ganz Frankreich wird tief bewegt sein über dieses neue Zeichen der Sympathie. Ich mache mich zu seinem Interpreten, indem ich Ihnen warmen Dank übermittele.“
Sämmtliche Pariser Blätter constatiren übereinstimmend den großartig erhebenden Charakter des vorgestrigen Tages, den herzlichen, den russischen Gästen bereiteten Empfang, den Enthusiasmus der Menge, der von den russischen Offizieren getheilt worden sei, sowie den friedlichen Charakter der Demonstration.
Ueber den Verlauf des gestrigen Tages liegen die nach— . telegraphischen Meldungen vor: Am Vormittag tatteten die russischen Offiziere dem Erzbischof von Paris und darauf dem General Saussier Besuche ab. Letzterer äußerte sich dabei dahin, daß, wenn die Armee ihre f hl, nicht so rauschend kundgeben konne, sie doch nicht weniger herzlich mit allen Franzosen bereit sei, ihre Gäste und Freunde zu feiern. Der Admiral Avelane erwiderte mit einigen bewegten Worten. Später gab der russische Botschafter Baron von Mohrenheim den franzö— sischen Ministern und den russischen Offizieren ein Dejeuner in der Botschaft, wobei der Botschafter auf den Präsidenten Carnot, der Minister⸗Präsident Dupuy auf den Kaiser und die Kaiserin von Rußland toastete. Nachmittags fand ein Diner im Marine⸗Ministerium statt, dem sämmtliche Minister und eine große Anzahl Admirale bei— wohnten. Der Marine⸗Minister Rieunier trank auf das Wohl des Kaisers und der Kaiserin von Rußland. In Erwiderung hierauf brachte Admiral Avelane einen Trink— spruch auf den Präsidenten Carnot, die französische Armee und Marine sowie auf deren hervorragende Führer aus.
Nach einer Meldung des „Gaulois“ wird das russische Mittelmeer-Geschwader einen Theil des Winters in Corsica und Villafranea stationirt bleiben und in der Zwischenzeit Fahrten nach den Küsten Griechenlands und der Türkei unternehmen.
Von der ehemaligen Patriotenliga an der Statue der Stadt „Straßburg“ und an dem Denkmal Gambetta's ange— brachte Schilder mit der Aufschrift „L. D. P. 1870 bis 18.“ sind auf polizeiliche Anordnung entfernt und durch solche mit der Aufschrift „R. F.“ ersetzt worden.
Bei der Familie des Marschalls Mac Mahon treffen fortwährend zahlreiche Beileids⸗-Telegram me aus Frank— reich und dem Auslande ein; darunter befinden sich solche von dem König von Italien, dem Grafen von Paris, dem Cardinal⸗Staatssecretär Rampolla und dem Erzherzog Albrecht von Oesterreich.
Es wurde beschlossen, daß die Beisetzung des Marschalls im Invalidendom in Paris erst Ende des Monats stattfinden soll. Die Leiche wird bis dahin in der Kirche in Monteresson aufbewahrt werden. Die Aufbahrung fand gestern um 5. Uhr statt. Die Leiche ruht in einem dreifachen Sarge, auf welchem der Degen und der Marschallstab nieder⸗ gelegt sind.
Die Blätter beklagen einmüthig den Tod Mac Mahon's. Selbst die politischen Gegner des Marschalls wollen nur des heroischen Soldaten in Afrika und bei . gedenken.
Rußland. Den St. Petersburger Lehranstalten ist, wie „W. T. B.“
aus St. Petersburg berichtet, eine große Anzahl Postkarten mit Grüßen französischer Schüler an ihre russischen Kameraden zugegangen. Infolgedessen hat der russische Unterrichts— Minister ein Telegramm an den französischen Unterrichts— Minister gesandt, worin der Dank der russischen Schüler für die Grüße übermittelt wird. Das Telegramm schloß mit n . Worten: „Alle senden heiße Gebete zu Gott, daß ie Gefühle der Freundschaft und Friedensliebe, welche die französische und die russische Regierung beseelen, tiefe Wurzel fassen möchten in den Herzen der jungen Generation beider Völker.“
Italien.
In Dronero in Piemont fand gestern ein Bankett statt, woran sämmtliche Minister, zahlreiche Senatoren und Depu⸗ tirte, die Behörden sowie andere hervorragende Personen aus den Provinzen Turin und Cuneo theilnahmen. Der Minister— Präsident Giolitti hielt dabei die bereits früher angekündigte Programmrede, worin er dem „W. T. B.“ zufolge zu⸗ nächst daran erinnerte, wie er seit sieben Jahren erklärt habe, daß Italien durch die Art seines Entstehens, sowie durch seine politische und sociale Verfassung darauf hin⸗ gewiesen sei, eine freimüthig demokratische Politik zu be⸗ folgen. Er könne diese seine Ueberzeugung auch heute nur bestätigen. Nach einer Skizzirung der Linien dieser Politik, welche die Regierung einhalten müsse, sprach der Minister— Präsident von der auswärtigen Politik und sagte wört⸗ lich: ‚Unsere auswärtige, von dem Parlament und dem Lande
ill te Politik beruht auf den Allianzen, die den ̃.
ichern. Wir waren und werden ihnen gewissenhaft immer treu bleiben. Ein internationaler Zwischenfall, welcher die öffentliche Meinung lebhaft beschäftigte, trug dazu bei, zu beweisen, daß der Wunsch nach Frieden Allen in Europa ge⸗ meinsam ist, weil dieser Zwischenfall infolge der von beiden Seiten geführten Unterhandlungen eine gerechte und billige Lösung gefunden hat. Gegenwärtig macht Italien eine Periode wirthschaftlicher, schmerzlicher Depression durch. Das Land muß vor allem aus dieser wir ff hl il her De pression emporgehoben werden. Die Hauptursache dieser Krise war die schlechte Finanzpolitik, welche Ausgaben zu bestreiten unternahm, die die Hilfsquellen des Landes erheblich überstießen, und welche die erforderlichen Kapitalien durch ungeheure, hauptsächlich im Auslande aufgenommene Schulden beschaffte. Das Werk der Discreditirung Ilaliens wurde, mächtig gefördert, durch das Uebelwollen unserer Feinde im Auslande, wo wir hin. gestellt wurden als ein Volk, das auf dem Wege des Verfalls sich befinde und keine Hoffnung habe, sich wieder zu erheben. Der Minister⸗Präsident wies . an der Hand der Sta⸗ tistik nach, daß Italien seit 1384385 bis 1892,93 von einem Deficit ini Belrage von 330 Millionen heruntergeggngen sei bis zu einem solchen von 14 Millionen; in gie ger Weise sei die jährliche Ausgabe für Eisenbahnbauten von ? Millionen auf 25 Millionen herabgegangen. Italiens Credit sei aber gegenwärtig schwer getroffen. Zu den a,. Uebeln * faft? unerwartet' das Steigen des Wechse
Regierung eine Neform der Erbschafts
inzugekommen. Augenblicklich gelte es vor allem, gegen die d 66 sondern auch finanziell unabhängig sein, und diese finanzielle Unabhängigkeit werde erst erreicht werden, wenn hie nationale Sparsamkeit einen großen Theil der im Aus— lande untergebrachten Schuldtitel aufgenommen habe, Dies abe bereits begonnen und sej eine der Ursachen für pas Steigen der Wechsel. Diese wohlthätige aber lang— same Bewegung werde nur unter der Bedingung 16. Ziel erreichen, wenn mit der Aufnahme von Schulden im Auslande ein Ende gemacht werde und der . bei Beschaffung seiner Zahlungsmittel möglichst wenig auf den Geldmarkt drücke. In Summa: Der ö müsse auf⸗ hören, den Geldmarkt durch große Ankäufe zu beunruhigen, wenn er alle 4 Monate seine Zahlungen im Auslande zu leisten habe, und es müsse sofort das Budgetgleichgewicht her⸗ gestellt werden, um die Nothwendigkeit neüer Schuld absolut auszuschließen. Die Beschaffung der metallischen Gegenleistung ür 120 bis 150 Millionen fremde Wechsel, die in jedem Halbjahre nöthig sei, übe auf den Geldmarkt einen ge⸗ waltigen, von der Speculation leicht auszubeutenden Druck aus. Das einzige Mittel, diesem Drucke zu begegnen, sei, im geeigneten Momente die Zahlung der Einfuhrzölle in Gold zu fordern. Durch eine derartige Maßregel würden die böswillig ausgestreuten , beseitigt, als ob Italien seinen aus— wärtigen Verpflichtungen nicht ohne Aufnahme neuer Anleihen genügen könne. Die Feststellung des Gleichgewichts im Budget bilde eine unabweisliche, unausschiebbare Pflicht. Dem rücksichtslosen Kriege gegen den Credit Italiens müsse dieses eine kräftige Finanzpolitik nge n. Deshalb werde die
teuer und eine progressive Steuer auf Einkommen über 5009 Frs. vorschlagen. Durch diese und andere weniger wichtige Reformen würden 40 Millionen neuer Einnahmen erzielt werden, die zur Fest⸗ stellung des Gleichgewichts genügten. Es müsse aber auch gegen eine zukünftige Vermehrung der Aus- gaben vorgesorgt und eine Verbesserung der ver⸗ schiedenen Verwaltungszweige ermöglicht werden. Die Total⸗ ausgaben für Landheer und Marine seien von 554 Millionen in 1888/89 auf 342 Millionen in 1892,93 zurückgegangen. Innerhalb dieser Ausgabengrenzen müsse das Maximum der militärischen Entwickelung gesichert werden. Der Minister— Präsident besprach hierauf die beabsichtigten inneren Re— formen und sagte über Sizilien: Die Regierung werde den verderblichen, aufhetzerischen Agitationen unter den dortigen Arbeitern . Maßregeln entgegensetzen, gleichzeitig aber alle Mittel studiren, welche die Lage der Arbeiter ver— bessern könnten. Der Minister schloß- Zur Durchführung dieses Programms sei Einigkeit und Wachsamkeit der liberalen Partei nöthig, von der ein mehr conservativer Theil seit einigen Jahren die Tendenz zeige, sich bei den Wahlen mit der kleri⸗ kalen Partei zu verbünden.
Die Rede wurde vielfach von lebhaftem Beifall begleitet, besonders der Schluß.
Wie aus Rom berichtet wird, hat der Admiral Seymour an den britischen Botschafter Lord Vivian die Einladung gerichtet, sich aus Anlaß der Ankunft des britischen Ge⸗ schwaders in Spezia dorthin zu begeben, indem er dem Bot⸗ schafter gleichzeitig den Aviso „Surprise“ zur Verfügung stellte. Wie verlautet, sei es zweifelhaft, ob Lord Vivian der Ein⸗ ladung werde Folge leisten können, da er seit mehreren Tagen stark erkältet sei.
Aus Tarent wird gemeldet, daß sich der Admiral Seymour, der Admiral Corsi sowie sechzig 5 e und italienische Marine⸗Offiziere gestern Vormittag in Begleitung der Notabilitäten der Stadt mittels Sonderzugs nach Policoro begeben haben, wo auf den Besitzthümern des Barons Berlingieri eine große Jagd abgehalten wurde.
Belgien.
Die Session der Kammer ist vorgestern eröffnet worden. Nachdem beide Häuser ihre Bureaux ernannt hatten, legte die Regierung eine Vorlage bezüglich Aufstellung der Wahllisten nieder. Der , ,. wurde der „Frkf. Ztg.“ zufolge einstimmig einer Commission von zehn Mit— gliedern überwiesen.
Griechenland.
Der Erbprinz und die Erbprinzessin von Sachsen⸗ Meiningen sind gestern von Athen nach Triest abgereist.
Dänemark.
Der Kaiser und die Kaiserin von Rußland mit der Kaiserlichen Familie sind, nach einer Meldung des „W. T. B.“, gestern Vormittag 111 Uhr an Bord des „Polar— stern“ von Kopenhagen in See gegangen. Zu derselben Zeit trat auch die Prinzessin von Wales mit den Prinzessinnen⸗ Töchtern an Bord der „Osborne“ die Reise an. Bei der Abfahrt der beiden Schiffe wurden Salutschüsse abgegeben.
Amerika.
Der an Cleveland hat, wie W. T. B.“ berichtet, erklärt, daß er Washington nicht früher verlassen wurde, als bis die wichtigen Fragen, deren Erledigung dem Congreß ob— liege, weiter gefördert seien als bis jetzt.
Nach einer Meldung des „New⸗NYork Herald“ aus Monte⸗ video hat sich Admiral Saldanha da Gana mit dem Fort Villegaignon der aufständischen Bewegung angeschlossen. Die übrigen Forts haben infolge dessen das Foͤrt Villegaignon beschossen. In London e r, Nachrichten aus Rio de Janeiro von gestern besag en, daß die Kanonade zwischen den Forts und dem aufständischen Geschwader an Heftigkeit zu⸗ nehme. Einige der aufständischen Schiffe seien durch das. Feuer des Forts Santa Cruz schwer be— schädigt. Zwei Geschosse seien . in die Stadt gefallen und hätten großen Schaden angerichtet. Den Insurgenten fehle es an Lebensmitteln. In der Stadt würden die Geschäfte in gewohnter Weise fortgefetz;. In Paris ist die Nachricht eingetroffen, daß die dem General Peingoto treu gebliebenen Kriegsschiffe sich zur Abfahrt rüsteten, um gegen die Aufständischen zu kämpfen. Die Behörden von Desterro hätten sich der aufhtändischen Bewegung angeschlossen
Ein Decret des Generals Peixoto setzt die Wahlen zum Congreß auf den 30. Oktober an.
Afrika. Wie dem „Neuter'schen Bureau“ aus Capstadt von irn emeldet wird, hat sich der Häuptling Khama mit Mann am 14. d. M. sechs Meilen von Tati mit der Mglischen Colonne vereinigt. Das Wetter im aschonalande ist andauernd günstig. Kein Anzeichen weist
darauf hin, daß die Regenperiode vor der gewöhnlichen Zeit beginnen werde.
Kunst und Wissenschaft.
Am 17. d. M. verstarb hierselbst der Landschaftsmaler Louis Spangenberg. Er war der ältere Bruder des ihm vor einigen Jahren in den Tod vorangegangenen Historienmalers Gustav Spangen berg und im Jahre 1824 in Hamburg geboren. Seine Landschaften charakterisiren sich durch große, strenge Auffassung, und ernste Stimmung. Das Gebäude der Technischen Hochschule in Charlotten⸗ burg weist von ihm eine Reihe von Wandgemälden berühmter Bau⸗ denkmäler des Alterthums auf. Der Verstorbene war Mitglied der Königlichen Akademie der Künste.
— Zur Erlangung von Vorschlägen für den bildnerischen Schmuck der Fronten des Theaters in Wiesbaden hat nach einer Mittheilung im „Centr.⸗-Bl. d. Bauv.“ die Theater⸗Bau⸗ deputation ein Preisausschreiben erlassen. Danach sind bis zum 1. Dezember d. J. Modelle im Maßstabe 1: 10 einzuliefern, und zwar von dem Giebelfelde von einer Panthergruppe, einer Figuren⸗ gruppe und einer freistehenden Figur. Den Entwürfen, welche nur einen Theil der genannten Arbeiten zu umfassen brauchen, sind die Honorar⸗ forderungen für die einzelnen Arbeiten beizufügen. Die näheren Angaben und Her in gungen können in der Theaterkanzlei bei dem bauleitenden Techniker Herrn Roth eingeholt werden. Preisrichter sind die Herren Qber⸗Bürgermeister von Ibell. Stadtrath Bartling, Baurath Winter, Stadtverordneter, Architekt Willett, Regierungs- und Baurath Eggert, Professor Schilling, Maler Kögler und die Architekten des Hauses, Baurãthe Fellner und Helmer. Die vier besten Entwürfe werden mit Preisen von 800 e bezw. 6d0, 400 und 200 M ausgezeichnet, womit sie Eigenthum der Stadt Wiesbaden werden. Bezüglich der Ausführung der einzelnen Arbeiten behält sich die Baudeputation vollkommen freie Hand vor.
— Die Administration des Städel'schen Kunst⸗Instituts in Frankfurt a. M. veröffentlicht soeben ihren zwölften, die Jahre 18858 bis 1893 umfassenden Bericht. Danach sind in dieser Zeit von den fünf Mitgliedern der Verwaltung vier, nämlich die Herren Appellationsgerichts- Rath Dr. Jeanrenaud, Hermann von Mumm, J. Klein⸗Hoff und Wilhelm Metzler ausgeschieden und besteht die gegenwärtige Verwaltung nach erfolgter Ergänzung durch Wahl aus den Herren Justiz Rath Dr. jur. Ed. de Bary, Ott! von Neufpville, Wilhelm Landauer ⸗Donner, Georg von Heyder und Franz von Hoven. Sodann verzeichnet der Bericht die Veränderungen im Beamten⸗ und Lehrer⸗Personal. Der zweijährigen Leitung der Anstalt durch den im Oktober 1889 berufenen, im Oktober 18351 wieder ausgeschiedenen Director Dr. Henry Thode wird mit Dank und Anerkennung gedacht und hervorgehoben, daß Dr. Thode das Interesse an dem Institut be⸗ sonders durch seine Vorträge lebhaft gefördert und sich durch die von ihm angeregten Vorarbeiten zur Herausgabe eines kritischen Katalogs der Gemäldesammlung ein dauerndes Verdienst erworben habe. Nach seinem Ausscheiden erachtete es die Administration für angemessen, die Verwaltung der Gemäldesammlung wie aller mit ihr in Zusammen⸗ hang stehenden Obliegenheiten von derjenigen der Bibliothek und des Kupfersticheabinets zu trennen resp. eine Gleichstellung der Vorstände dieser Abtheilungen zu schaffen Demgemäß wurde Herr Dr. phil. Heinrich Weizsäcker vom Königlichen Museum in Berlin als Vorstand der Gemäldegalerie an das Städel'sche Kunstinstitut; berufen, während andererseits Herr Dr. Pallmann zum Vorstand der Bibliothek und des Kupfersticheabinets ernannt wurde; beiden Herren wurde in diesem Jahre der Directortitel verliehen. Die finanzielle Lage des Instituts hat sich seit dem letzten Bericht insofern verändert, als die Zinserträgnisse e . geworden sind, andererseits aber sich die die Verwaltung betreffenden Anforderungen nicht unerheblich gesteigert haben. Da infolge davon die Mittel für die Verfolgung der eigentlichen künstlerischen Ziele nach wie vor äußerst beschränkte sind, so legt die Administration unter Hinweis auf den Wunsch des Stifters das fernere Gedeihen und die Entwickelung des Kunstinstituts allen Freunden der Kunst von neuem ans Herz. Um so willkommener war eine Reihe werthvoller Zuwendungen, welche den Sammlungen von verschiedenen Privaten zugingen. Eine weitere Vermehrung haben die Sammlungen dadurch erfahren, daß sie seit September 1892 in den Besitz eines größeren Vermächtnisses gelangt sind. Dieses, aus 33 Gemälden bestehend und von dem früheren Mitadministrator Lerrn Moritz Gontard dem Institut schon 1886 überwiesen, war nach seinem in demselben Jahre erfolgten Hinscheiden auf Wunsch des Erblassers noch seiner Wittwe bis zu deren Ableben zur Verfügung belassen worden. Nachdem ö Wittwe Gontard im August 1392 ihrem Manne in den Tod nachgefolgt ist, sind diese 33 Gemälde nunmehr den Sammlungen des Instituts endgültig eingereiht worden. Für die Gemäldesammlung angekauft wurden in dem fünfjährigen Zeitraum 20 Werke älterer und neuerer Meister, darunter solche von . Baldung Grien, Lucgs Kranach d. Ae., Correggio, Cavazzola, Llaudio Coello, Constant Troyon und Lorenz Alma Tadema. Durch Geschenk und Vermächtniß erhielt die Sammlung eine Vermehrung um 28 Nummern, darunter Werke von Bernhard Strigel, Anton van Dyck, Guido Reni, Carlo Dolci. J. W. Schirmer, E. von Steinle, W,. Riefstahl, F. von Lenbach, F. von Uhde. Die Sammlung der Handzeichnungen hat einen Zuwachs von 260 Blättern erhalten, wovon 164 durch Kauf erworben, 96 dem Institut geschenkt oder vermacht wurden. Die Sculpturensammlung wurde durch eine Reihe von Gipsabgüssen und bemalten Stuckreliefs aus der Werkstatt der Robbia vermehrt; auch dieser Abtheilung wurde eine Reihe von Geschenken zu theil. Die Kupferstichsammlung erhielt ebenfalls enisprechenden
uwachs, und zwar war man darauf bedacht, nicht nur die Bestände älterer Meister zu ergänzen, sondern auch Arbeiten moderner Künstler zu erwerben; diese Abtheilung zählt . über 60 000 Blatt. Die Bibliothek ist auf ungefähr 75 Bände angewachsen. — Das Verzeichniß der Gemäldesammlung wurde im Herbst 1892 in neuer Auflage herausgegeben und zwar, abweichend von der bis⸗ herigen Ausstattung, bereichert durch w nach einigen der ert orra gen dsten Bilder der Galerie. iese illustrative Beigabe wurde im Atelier der Hofkunstanstalt von Kühl u. Co. in Frank⸗ furt a. M. hergestellt, welche im Laufe des Sommers 1893 in der Städel'schen Gemäldesammlung weitere photographische Auf⸗ nahmen, circa 120 Blätter in handlichem Format, die im Einzel- verkauf zu haben sein werden, ausführen wird. Durch diese letztere Ver⸗ anstaltung hofft die Verwaltung einem seit lange vorhandenen und von Seiten der Besucher häufig geäußerten Wunsche entgegen zu kommen. Neben dem bisherigen . Gemãäldekatalog ist weiterhin die Herausgabe eines beschreibenden Verzeichnisseß der Ge⸗ mäldegalerie auf historisch - kritischer Grundlage ins Auge gefaßt worden, eine Arbeit, welche bereits von r. Thode in , genommen worden war und mit deren endgültiger Ausführung Dr. Weizsäcker zur Zeit beschäftigt ist. — Im Jahre 1891 wurde die Malschule des Instituts durch den Neubau eines Malsgales und Maler-Ateliers erweitert und dieser Bau im Herbst desselben Jahres der Benutzung übergehen. Was die Lehranstalt betrifft, so wurde mit Ende des Wintersemesters 1892,93 die bisherige Elementar-Zeichenschule aufgehoben, und die Schüler dieser Klasse der Kunstgewerbeschule und der städtischen Fortbildungs⸗ schule überwiesen. Von dieser Aufhebung erwartet die Administration eine Ersparniß, die ihr die Möglichkeit bieten soll, die dadurch frei werdenden Mittel nach anderer Richtung und ebenfalls im Sinne des Stifters für Kunstbeflissene zu deren Vortheil verwenden zu können. Die Architektenschule bleibt mit ihrem Elementar⸗ und Atelier⸗ Unterricht unter Leitung des Prof. Sommer unverändert bestehen und hat insofern noch eine ien lth⸗ Erweiterung erfahren als neben dem Unterricht in Matheniatik und Statik, ertheilt von den Herren Mathias und Philipp Knies, auch noch ein Cursus für Aquarell⸗ malerei unter Leitung des Ober⸗Ingenieurs W. H. Lauter eingerichtet wurde. Die Tages⸗Zeichen⸗ und Malschule unter Leitung des Prof. Hasselhorst dient nach wie vor als Vorbereitungsunterricht für die eigentliche . In Betreff der Bildhauerschule ist zu berichten, daß Prof. Kaupert im Herbst vorigen Jahres von seiner
25 jährigen Thätigkeit als Lehrer am Städel 'schen Kunstinstitut zurück= getreten ist und pensionirt wurde. An seine Stelle trat einstweilen als Lehrer der Bildhauerkunst der Bildhauer 6 Hausmann.
Die Administration fand sich, wie schließlich noch zu melden ist, veranlaßt, in der Rotunde des Galeriegebäͤudes im ersten Stock zu beiden Seiten der Büste des Stifters der Anstalt Marmortafeln an⸗ bringen zu lassen, auf welchen die Namen von Gönnern des Instituts verzeichnet werden, welche diesem besonders hervorragende Zuwendungen gemacht haben.
Theater und Musik.
Berliner Theater.
Eine junge Debütantin, Fräulein Nina Bangiu, trat gestern Abend als Lusse in Schiller's „Kabale und Liebe“ auf. In der Erscheinung und im Spiel gebricht es der Darstellerin nicht an Schlichtheit und Mädchenhaftigkeit, auch tritt sie mit ziemlicher Sicherheit auf und spricht klar und deutlich. Es mangelt aber, wie es scheint, dem Organ = an Kraft im großen Affect; gestern Abend wenigstens klang die Stimme in leigen⸗ schaftlichen Momenten etwas nüchtern und flach, und die zärtliche Schwärmerei Luisens schien mehr dem Kopf als dem Herzen zu ent— springen. Gerade in der Rolle der Luise, die in ihrem Gefühl, in ihrer begeisterten Hingebung völlig aufgeht, ergiebt sich so ein empfindlicher Mangel. Die Darstellerin bot im ganzen in ihrer Verkörperung der Luise eine mehr freundliche als hinreißende Leistung dar. Fräulein Pospischil stimmte ihr starkes Organ wiederholt auf tiefe, dunkle Töne, die mehr einer Heldin als der sinnlich berauschenden, intriguirenden Beherrscherin des Fürsten⸗ hofes eigneten. Der, Schmerz steht ihr besser als der leidenschaftliche Zorn; die thränenverschleierte Stimme nimmt dann einen weichen, milden Klang an. Bei der Erzählung ihres Unglücks und ihres Falles vermochte die Darstellerin der Lady Milford wirklich zu rühren. In Herrn Stockhausren's Leistung als Ferdinand ist ein merkbarer Fortschritt zu erkennen, er spielt freier und daher über- zeugender in seiner Leidenschaft. Die übrigen Rollen zeigten gegen früher keine Veränderung in der Besetzung; einen köstlichen Miller, derb und bieder in seiner Grobheit und dann wieder voll rührender Vater⸗ zärtlichkeit, lieferte Herr Kraußn eck, der daher stets von neuem an—⸗ erkennend erwähnt werden muß; seine kernige Natürlichkeit erfrischt und erfreut den Zuschauer, dem aus seinem ungekünstelten Spiel und aus der einfachen Sprache lebendiger Menschenodem entgegenweht.
Central -Theater.
Gestern Abend feierte das Central⸗Theater unter der neuen Direction seine erste Juhelaufführung mit der fünfzigsten Darstellung der heiteren Gesangsposse Berliner Vollblut“! von Jean Kren. Musik von Julius Einödshofer. Die junge Bühne, deren Mitglieder in der jetzigen Zusammensetzung größtentheils gute Bekannte aus früherer Zeit sind, hat sich bereits zahlreiche Freunde er⸗ worhen, die es sich nicht nehmen ließen, diesem Tag nicht nur durch ihr Erscheinen, sondern auch durch duftige Spenden ein festliches Ge⸗ präge zu geben. Das trotz seiner übermüthigen Laune doch auch ernste Scenen aufweisende, wirksame Stück war mit denselben Personen besetzt wie bei der ersten Vorstellung am 31. August d. J. und fand für die Frische der Vorstellung, die bei der langen Reihe der Auf führungen noch durch schärfere Hervorhebung der Pointen in ihrem Eindruck gewonnen zu haben scheint, die lebhafteste Anerkennung. Vor allem glänzte wieder die Gemahlin des Directors, Frau Dora durch den Vortrag des allerliebsten Blumenwalzers, dessen zweite Strophe sie auf allgemeines Verlangen bereitwillig wiederholte, und durch ihren unübertrefflichen Coupletvortrag. Auch die gemeinschaftlich mit Herrn Meißner vorgetragene Bajazzi⸗Parodie wurde sehr beifällig aufgenommen. Neben diesen beiden Künstlern wirkten Herr Helmerding als der dem Sport ergebene Glasermeister Jennerich und Fräulein Dorny als sein in salbungsvollen Reden dem Vater von den verderblichen Verirrungen abrathender Sohn erheiternd mit. Um die Vorstellung machten sich sonst noch verdient: Fräulein . als die Besitzerin einer Gastwirthschaft und die Herren Schmafow, Worlitzsch, Walden und Müller. Herr Director Schulz, der Verfasser und der Kapell⸗ meister erhielten ihren vollen Antheil an dem den Darstellern reich ⸗ lich gespendeten Beifall.
. Concerte. .
Am Mittwoch fand im Königlichen Opernhausfe der zweite Symphonie-⸗Abend der Königlichen Kapelle unter Leitung des Königlichen Kapellmeisters Herrn Weingartner statt. Mendelssohn's Hebriden⸗Ouverture machte den Anfang; ihr folgte eine von Tschaikowsky componirte Ouverture Fantaisie Romeo und Julien, welche an dieser Stelle zum ersten Male ge⸗ spielt wurde. Das Werk charakterisirt in Tönen die Handlung des Dramas zumeist mit vielem Geschick, nur ist, die Schil⸗ derung der Kämpfe zwischen den feindlichen Familien zu überwiegend, sodaß die Scenen der Liebe nur wenig zum musikalischen Ausdruck gelangen. Der am Schluß bei der Aufbahrung eintretende Choralgesang ist von sehr nachhaltiger Wir, kung. Reicher Beifall folgte dieser interessanten Novität sowie auch der beliebten Akademischen Fest⸗Duverture“ von Brahms und der Symphonie „Im Walder von Raff, deren poesievoller Inhalt in den drei Theilen Am Tagen, „In der Dämmerung“ und ‚Nacht im Walde“ so herrlich ausgedrückt ist. Die Ausführung von seiten der Kapelle und ihres Dirigenten war eine in jeder Beziehung vollendete.
Zu gleicher Zeit ließ sich die treffliche Pianistin Fräulein Felicia Kirchdorffer im Saal Bechstein hören. Sie besitzt eine sehr bedeutende technische Fertigkeit, die mit schönem, gebildetem Anschlag, perlender Klarheit des Spiels und verständnißvoller Auf- inch verbunden ist. Diese Borzüge kamen in mehreren Piecen klassischer und moderner Componisten zur Geltung.
Am Dienstag gab das Sängerpaar Herr Rudolf Gmür (aus der Schweiz und Frau Amelie Gmür-Harloff (aus Norwegen) im Saal Bechstein hierselbst sein erstes Concert. Die Concert= geber, denen von Rostock, wo sie als Bühnensänger thätig waren, ein . Ruf vorausging, erwiesen sich auch im Coneertgesang sehr obenswerth, wie, aus mehreren Sologesängen und Duetten hervor- hing, Beider Stimmen sind sehr wohltlingend und gut geschult der Vortrag der Sängerin zeichnete ich besonders durch 5 — keit aus. Das zahlreich erschienene Publikum spendete reichen Beifall.
Im Königlichen Opern hause wird morgen Wagner s Lohengrin“ mit den Damen . und Hiedler, den Herren Bulß, Mödlinger, Fränkel unter Kapellmeister Weingartner's Leitung ge= geben. Herr Emil Götze singt die Titelrolle als Gast.
Im Königlichen Schauspielhause gelangt morgen Shake speares „Kaufmann von Venedig? mit den Damen von Hochenburger und Conrad, den Herren Ludwig, Matkowsky, Keßler, Arndt, Vollmer, Nesper, Purschian, Hartmann, Oberländer, Hertzer und Plaschke zur Aufführung. Frau Clara Mever gastirt als Porzia, Fräulein von Mayburg spiest zum ersten Male die Nerissa, Herr Klein giedt die Rolle des Shylock.
Die weibliche Hauptrolle in dem neuen Schauspiel Chien von Alexander Baron von Roberts, das in der Mitte der nächsten Woche im Berliner Thegter zur ersten Aufführung gelangt, wird Frau Agnes Sorma übernehmen.
Das Programm des Concerts, welches die Componistin Mary Clement unter Mitwirkung der Coneertsängerinnen Fräulein Luise Müller und Martha Münch, des Kammermustkers Herrn Hasse und des Correpetitors Herrn Dehn am Sonntag, Abends 71 Uhr, im Saal Bechstein veranstaltet, bringt eine ganze Reihe von und Duett⸗Compositionen der Concertgeberin sowie ferner Instru⸗ mental ⸗Compositionen von W. Kes und Vieuxtemps.
Mannigfaltiges.
Das Königliche Prinz Heinrich⸗ Gymnasium in Schöne berg (früher West⸗Gymnasium) ist, wie die N. Pr. 3.
gestern Vormittag 11 Uhr eingeweiht worden. Die Verhandlungen