1893 / 252 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 20 Oct 1893 18:00:01 GMT) scan diff

weise wirthschaftliche und sociale Gesichtspunkte in Betracht kommen. Dementsprechend ist der Unter-Agent einer Versicherungsgesellschaft, dem es zur Pflicht gemacht war, die für die Gesellschaft vereinnahmten Gelder in . Kasse stets vorräthig zu halten und an die Haupt—⸗

gentur nach deren Vorschriften abzuliefern, sich jederzeit einer Revision seiner Kasse und Buchführung durch den Haupt— Agenten zu unterwerfen, im Falle des Ausscheidens aus dem Agenturverhältniß die sämmtlichen in Bezug auf das Versicherungsgeschäft empfangenen Gegenstände (Instruec⸗ tionen, Circulare, Anträge, Correspondenzen, Druck— sachen 2c. dem Haupt⸗Agenten beziehungsweise der ,. aus⸗ uhändigen, keinerlei anderweitige Feuerversicherungsgeschäfte ftr eigene oder fremde Rechnung zu besorgen oder Versiche⸗ rungsagenturen ohage besondere Genehmigung zu übernehmen, als ke dhe ee gli, Handlungsgehilfe erachtet worden. Auf der anderen Seite hat ein Rentenbewerber, der für eine Feuerversicherungsgesellschaft und für eine Lebensversicherungs⸗ gesellschaft Versicherungsanträge zu vermitteln und entgegen⸗ zunehmen hatte, außerdem auch noch für ein Auswanderungs—⸗ unternehmen thätig war, als ein selbständiger Agent angesehen werden müssen.

Ein Provisionsreisender, der seit einer Reihe von

ahren bald bei dieser, bald bei jener Firma, jedoch J gleicher Zeit immer nur bei einer einzigen, für den Bereich der Stadt

erlin beschäftigt war, ist fur versicherungspflichtig erklärt worden, weil er niemals für eigene Rechnung und Gefahr

andelsgeschäfte betrieben habe, sondern stets im Auftrage und ür Rechnung seiner Arbeitgeber ohne geschäftliches Risiko thätig gewesen sei. Dagegen ist in einem anderen Falle, in welchem der Kläger als Provisiongreisender für sieben Firmen leichzeiig und mit Wissen der Firmeninhaber thätig war, ki⸗ begehrte Rente mangels der Versicherungspflicht versagt worden.

In ähnlicher Weise ist die Annahme eines eine persönliche Abhängigkeit und Gebundenheit erfordernden Gehilfenverhält⸗ nisses bei einem Vieh⸗ und Getreidemakler verneint worden. Seine Beschäftigung bestand darin, daß er im Auf— trage von Landwirthen deren Vieh anderen Landwirthen, von denen er mit der Beschaffung von Einstellvieh beauftragt war, in Winterfütterung und -Pflege übergab, dabei den Zu⸗ und Abtrieb bewirkte und das Vieh während der Dauer der Ein⸗ stellung überwachte. Außerdem vermittelte er für Land⸗ wirthe und Gewerbetreibende Ankäufe von Getreide der Neise, daß er, wenn ihm im einzelnen Fall der Auftrag ertheilt wurde, bestimmte Sorten und Mengen von Getreide oder bestimmtes Vieh für einen bestimmten Preis zu kaufen, die betreffenden Kauf— verträge für Rechnung und Gefahr seiner Auftraggeber ab— schloß. Dabei hat er für eine der betheiligten Firmen gleich⸗ zeitig die Verladung des aufgekauften Getreides, die Ueber⸗ mittelung des Kaufpreises an die Verkäufer, sowie das Flicken der schadhaft gewordenen Säcke und die Vertheilung der Säcke an die Landleute übernommen. Als Entschädigung für seine Dienste sind ihm theils Pauschalsummen, theils nach dem Um— fange jedes einzelnen Geschäfts berechnete Vergütungen ge⸗ währt worden.

Eine weitere Entscheidung handelt von der Versiche⸗ rungspflicht der Feld⸗ und Viehaufseher Auf— Aufgabe dieser

ersonen ist es, die als Weideland verpachteten Marsch⸗ ländereien eines oder mehrerer, meist entfernt wohnender Be⸗ sitzer nutzbar zu erhalten und das zur Weide aufgetriebene Vieh zu beaufsichtigen. Sie haben dafür Sorge zu tragen, daß die die einzelnen Fennen trennenden Gräben und Hecken in gutem Zustande bleiben, haben Maulwurfs— hügel zu ebnen, Disteln zu mähen, Dünger zu breiten, die Viehtränken in Stand zu halten, nach Schneefall die Schafe zu füttern, Vieh zum Wegtrieb zu sondern und Vieh⸗ besitzer wie Viehkäufer auf den Ländereien umherzuführen. Das Reichs-Versicherungsamt geht davon aus, daß bei der Vielgestaltigkeit der obwaltenden Verhältnisse jeder Fall eine besondere Beurtheilung erheischt. Im vorliegenden Falle ist der Rentenbewerber im Hinblick darauf, daß er dem ÄArbeiter⸗ stande angehörte und auch niedere Dienstleistungen, wie sie dem ländlichen Gesinde obliegen, ausgeführt hat, als Arbeiter im Sinne des Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes an— gesehen worden.

Endlich wurde ein mit dem regelmäßigen Jahresarbeits—⸗ verdienst von mehr als 2009 6 angestellter Zeitungsexpe—⸗ ditionsgehilfe, dessen Thätigkeit in der Entgegennahme von Annoncen, Berechnung der Insertionsgebühren, Eintragung in das Journal, Entgegennahme von Offerten und Unter— bringung derselben in den bezüglichen Fächern, sowie in Herausgabe der Offerten an die Inserenten bestand, für einen mit Rücksicht auf die Höhe seines Jahresarbeitsverdienstes nicht versicherungspflichtigen Handlungsgehilfen erklärt, indem angenommen ist, daß derselbe mit Diensten kaufmän— . Art beschäftigt worden ist.

ö in Sch leswig⸗Holstein.

Das Kaiserliche Gesundheitsamt macht folgende 1 eg m . der Ho 69 f uf einem Flußfahrzeug an der Hohenwutzener Fähre, 27 o s N.⸗M., f ein tödtlicher Cholerafall fest⸗ gestellt worden.

In Stettin wurde bei 7 Erkrankten (davon 2 gestor— ben) Cholera nachgewiesen. In Bredow, Kreis Randow, in Wittenberge je 1 tödtlich verlaufener Krankheitsfall. In Havelberg eine Erkrankung, in Altenwerder, Kreis Harburg, eine solche mit tödtlichem Ausgang.

In Tilsit, Ostpreußen, ist ein Arbeiter in einer Seifen⸗ siederei, welche russische Leinsaat verarbeitet, erkrankt.

Der Königliche Gesandte am württembergischen Hofe von Holleben . vom Urlaub nach Stuttgart zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Bayern.

Bei der gestern in der Kammer der Abgeordneten fortgesetzten Berathung über die Futternoth verlangte der Abg. Keßler (klerikalh,, die Regierung möge, unbekümmert um das von dem Abg. von Vollmar in Aussicht gestellte Verlangen der Arbeiter um Hilfe, der Landwirthschaft helfen. Der Abg. Hahn (liberal) meinte, die socialdemokratischen Abgeordneten sollten für eine

zufriedene Stimmung bei den Arbeitern sorgen. Der Abg. von Vollmar sprach von einer demagogischen Ausnutzung ihm von Abgeordneten zu Unrecht in den Mund gelegter Worte. Er wles den Vorwurf zurück, daß die Socialdemo⸗ kraten aus Speculation für die Bauern einträten, und tadelte an den Preiserhöhungen des Torfstreuwerks Haspeloor, daß der Staat einem subventionirten Werke die kapi⸗ talistische Ausbeutung der Nothleidenden gestatte. Der Abg. Wiesner (Volkspartei) sprach für eine prak⸗ tischere Abgabe der Streu und gegen die deutsche Futter⸗ ausfuhrsperre, die die anderen Staaten, wie bei allen Pro⸗ hibitivmaßregeln, natürlich nachmachten. Der Nothstand sei ein allgemeiner und sei auch im Gewerbestand vorhanden, deshalb sollten alle Bedarfszölle fallen. Der Abg. Pauli ö 66 tadelte den . der Alpenweiden des Hoch⸗ ands durch die Forstverwaltung, wahrscheinlich mehr zu Zwecken des Jagdvergnügens als des Forstvortheils. Dadurch hätten 1 Stück Vieh die Weide verloren. Der Abg. Weiß (klerikal) sprach für ein Verbot der Vieh⸗ einfuhr aus Oesterreich. Der Abg. Sinzinger (Bauern⸗ bündler) verlangte eine sofortige Erhebung über den Bedarf durch das ganze Land. In den Nichtnothstandsgebieten ver⸗ kauften die Bauern aus Geldmangel das Futter, weshalb auch hier Futtermangel herrsche. Der Minister des Innern k von Feilitzsch antwortete eingehend den einzelnen ednern. Nach dem Antrage Ratzinger's 1 weitere Erhebungen anzustellen, würde Zeitvergeudung und zwecklos sein. Es solle jedem . werden, der es verdiene. . Niederbayern bestritt er Minister diese Nothwendigkeit; wenn Niederbayern viel Futter verkaufe, könne es im Frühjahr keine Unterstützung verlangen. Der Minister vertheidigte die unverzinslichen Vor⸗ schüsse und lehnte die Schaffung einer neuen Centralstelle ab. Aus den Kapitalien der Alters- und Invaliditätsversicherungs⸗ Anstalten seien in Bayern bereits U1/ Millionen auf ländliche Hypotheken ausgeliehen worden. Die Bemängelungen des Abg. Schädler über die . der pfälzischen Nothstands⸗ commission bezeichnete der Minister als kleinlich und 4 es ab, darauf weiter einzugehen. Der Minister ermahnte schließlich, nicht zu schwarz zu malen, und stellte auch weiterhin jede ihr teen der Regierung in Aussicht. Die weitere Be— rathung wurde sodann auf . vertagt.

Sachsen

Zu dem 50 jährigen Militärdienst-Jubiläum Seiner Majestät des Königs werden dem „Dr. J.“ zufolge von Allerhöchsten und Höchsten Fürstlichkeiten erwartet: Seine Majestät der Deutsche Kaiser, Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Sach sen, Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Erzherzog Albrecht von Oesterreich, Seine Königliche Hoheit der Ear, Leopold von Bayern, Seine Königliche Hoheit der Herzog Karl Theodor in Bayern, Seine Hoheit der Herzog von Sachsen-Alten⸗ burg, Seine Hoheit der Herzog von Anhalt, Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Sachsen, Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Mecklen—⸗ burg⸗Strelitz, Seine Durchlaucht der Fürst von Schwarz—⸗ burg⸗Sondershausen, Seine Durchlaucht der Fürst Reuß jüngerer Linie, Seine Durchlaucht der rn, Albert von Sach sen-Altenburg.

Ueber das nunmehr feststehende Programm wird Folgendes gemeldet: Sonntag, den 22. Oktober: Morgen⸗ ö. der Kapellen der Dresdener Leib⸗ 2c. Regimenter. Vormittags 9 Uhr: Feldgottesdienst der Dresdener Garnison auf dem Alaunplatz unter Zuziehung der in Dresden und Umgegend wohnenden inactiven Er r. des Beurlaubten⸗ standes, sowie der Deputationen dortiger und benachbarter Militärvereine. 1116 Uhr: Beglückwünschung Seiner Majestät des Königs im Königlichen Residenzschlosse durch die bereits in Dresden anwesenden Fürstlichkeiten, sowie durch die Specialabgesandten fremder Höfe. Hieran schließt sich der 6 nachgenannter Beglückwünschungs⸗Deputationen und zwar: der Deputation der Königlich Sächsischen Armee, der Offiziere des früheren und des jetzigen persönlichen Dienstes Seiner Masestät des Königs, der Staats— Minister und des Ministers des Königlichen Hauses, der Deputation derjenigen Herren, welche während eines Feldzuges im Stabe Seiner Majestät sich befunden haben, der Deputation der Königlich sächsischen Militär⸗ vereine, der Deputationen der nichtsächsischen Regimenter Seiner Majestät und der Deputation des Johanniter⸗-Ordens. Nachmittags 5 Uhr 35 Minuten: Ankunft Seiner Majestät des Deutschen Kaisers auf dem Böhmischen Bahnhofe. Nachmittags 6 Uhr: Galatafel zu etwa 359 Gedecken in den Paradesälen des Königlichen Residenz— schlosses. Abends 9 Uhr: Festvorstellung im Königlichen Hof⸗— theater mit anschließender Huldigung der Militärvereine und der Dresdner Bürgerschaft auf dem Theaterplatze. Abends 11 Uhr: Vereinigung auf dem Königlichen Belvedere der Brühl'schen Terrasse, zu der Seine Majestät der König Allerhöchstsein Er— scheinen zugesagt hat. Montag, den 23. Oktober, Vormittags 101½ Uhr: Empfang von Beglückwünschungs⸗Deputationen der städtischen Collegien zu Dresden und verschiedener militärischer Vereinigungen 2c. im Königlichen Residenzschlosse. Mittags 12 Uhr: Rundfahrt der Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften mit Suiten durch die Albertstadt und Besichtigung der Militär⸗ Etablissements. Nachmittags 5. Uhr: e,. Tafel im Spiegelsaale der J. Etage des Königlichen Residenzschlosses. Abends 9 Uhr: Großer angesagter Hofball in den Parade— sälen des Königlichen Residenzschlosses, welcher die Festlichkeiten beschließt.

Baden.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist vorgestern

Abend von Mannheim wieder in Baden-Baden eingetroffen.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.

Nachdem, wie die „Goth. Ztg.“ meldet, der gemein— schaftliche Landtagsausschuß für die Herzogthümer Coburg und Gotha die Jahresrechnung der beiden herzen thümer pro 189192 in der Zeit vom 9 bis 14. Oktober ge⸗ prüft hatte, ist gestern in Gotha der Ausschuß für das Herzogthum Gotha zusammengetreten, um die Prüfung der Rechnung auf dieselbe Zeit vorzunehmen.

Reuß j. L.

Der Landtag trat gestern in die erste Berathung des Gesetzentwurfs über die Aenderung einiger Theile des unterm 14. April 1852 erlassenen Verfassungs⸗ gesetzes ein. Der Antrag der Regierung 4 dahin: L diesem Gesetzentwurf, welcher den 8 9 des Gesetzes vom 20. Juni 1856 aufhebt und dafür folgenden neuen 8 9 einsetzt:

Ist der Fürst minderjährig, oder aus einem anderen Grunde elbst zu regieren dauernd verhindert, so tritt eine Regents aft ein. Die Regentschaft steht dem der Thronfolge nach nächsten . Agnaten zu. Der Regent hat bei Ueher— nahme der Regentschaft eine, Versicherungsurkunde bei Fürst= lichem Wort und Ehre dahin auszustellen, daß er die Ver— fassung des Staats aufrecht erhalten und in Uebereinstimmun

mit der Verfassung und den Gesetzen regieren will. Die Urschrift dieser Versicherung wird im Archiv des ö niedergelegt die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen und 2) in Gemäßheit von 5 11 des Gesetzes vom 260. Juni 1856 sich einverstanden zu erklären mit den Artikeln LI, LII und LI des , vom 12. Juli 1893 unter der Bedingung, daß es bei dem Gesetze vom 9. November 1892 über die Stell vertretung in der Regierung des Landes bewendet und daß eine Regentschaft . den Hausgesetzen nur dann eintreten soll, wenn der Fürst minderjaͤhrig oder aus einem anderen Grunde selbst zu regieren dauernd verhindert ist. Die er— wähnten drei Artikel des neuen Hausgesetzes lauten: „LlI. Gründe der Regentschaft. Ist der Fürst minderjährig oder aus einem anderen Grunde selbst zu regieren verhindert, so tritt nach den Grundsätzen der Verfassung eine Regentschaft ein. LII. Person des Regenten. Die Regentschaft steht dem der Thronfolge nach nächsten regierungsfähigen Agnaten zu. LIII. Vormundschaft über den in fe, Der Regent als interimistisches Staatsoberhaupt i zugleich persönlicher Vor⸗ mund des minderjährigen oder sonst an der Regierung ver— hinderten Staatsoberhauptes. Der leiblichen Mutter des Fürsten steht, so lange sie sich nicht anderweit vermählt und soweit es sich nicht um Regierungsgeschäfte handelt, die Mit— vormundschaft zu. Auf Antrag des Abg. Graesel wurde J dem gust . e he zur Vorberathung über⸗ wiesen.

Oesterreich⸗Ungarn.

Der Kaiser empfing gestern, wie ‚W. T. B.“ berichtet, in Budapest den Minister des Auswärtigen ien Kälnoky und sodann den Minister-Präsidenten Grafen Taaffe in Privataudienz. In den allgemeinen Audienzen wurde, wie alljährlich bei dem Beginn des Reichsraths, der Präsident des Abgeordnetenhauses Freiherr von Ehlumetzki empfangen.

Ein von dem Club der Conservativen einstimmig beschlossenes Communiqus besagt, der Club sei zwar bereit, zur Ausbildung des activen Wahlrechts bei Wahrung der autonomistischen Principien die Hand zu bieten, erkläre jedoch

die Wahlreformvorlage in der gegenwärtigen Fassung

im Interesse des Reichs und der Länder für u nannehmbar.— Der Polen club hat in seiner Sitzung vom 16. d. M. mit allen gegen eine Stimme folgende Resolution angenommen: Ohne sich principiell der Idee einer Erweiterung des Wahlrechts auf dem den autonomistischen Anschauungen des Clubs entsprechenden Wege zu verschließen, erklärt der Polen⸗ club, daß er mit Rücksicht auf die staatlichen und politischen Interessen und die autonomistischen Grundsätze mit dem Inhalt der Regierungsvorlage, betreffend die Wahlreform, nicht einverstanden sei, und beauftragt den Obmann, diesen Standpunkt bei der ersten Lesung im Hause zu vertreten.“ Der Club der vereinigten deutschen Linken hat folgendes Communiqués versandt: „Die vereinigte deutsche Linke erblickt in dem Wahlreformentwurf der Regierung eine schwere Bedrohung des politischen Besitzstandes des Bürger- und Bauernstandes im allgemeinen und jenes des deutschen Volks insbesondere. Sie ist bereit, den Arbeitern zunächst eine sofortige Vertretung zu schaffen sowie an einer allgemeinen Wahlreform mit Erweiterung des Stimmrechts überhaupt mitzuwirken, welche zugleich bei einer entsprechenden Vermehrung der Abgeordnetenzahl für die berechtigten Interessen des stäbtischen und ländlichen Mittel⸗ tandes ausreichende Bürgschaften bietet. Die Partei muß en heute ihre Entrüstung über das Vorgehen der Re— gierung aussprechen, die vor wenig Monaten in ihrem Programm das Wort gab, Veränderungen des natio—⸗ nalen Besitzstandes hintanzuhalten, und nunmehr eine solche, alle nationalen und staatlichen Verhältnisse umwälzende Wahlreform vorlegt, ohne, wie es bei der Natur des Gegenstandes und nach dem Beispiel der Geschichte der Wahlreformen in anderen Ländern die parlamentarische Sitte und die politische

Pflicht geboten hätten, die Stimmen der parlamentarischen

Parteien und der berufenen Volkskreise gehört zu haben. Diese Kundgebung ist einstimmig angenommen worden.“

Der „Magyar Uisag“ veröffentlicht eine Darstellung der augenblicklichen in nerpolitischen Lage Oesterreichs auf Grund von hochstehender, hinsichtlich der Anschauungen des Grafen Taaffe autoritatin unterrichteter Seite her⸗ rührender Mittheilungen. Darnach würde Graf Taaffe im Falle der Verweigerung der Genehmigung der Ausnahmeverfügungen in Böhmen dem Kaiser jeden— falls die Auflösung des Reichsraths und die Aus⸗ schreibung von Neuwahlen vorschlagen. Der Kaiser werde alsdann entscheiden, wen er im . der Auflösung des Reichsraths mit der Leitung der Neuwahlen betrauen wolle. Graf Taaffe genieße das unverminderte vollste Ver— trauen der Krone. Obgleich Graf Taaffe sich nicht an den Besitz der ,,, , anklammere, und wenngleich er nach der kürzlich überstandenen Krankheit und der fünfzehn—⸗ jährigen ununterbrochenen Amtsthätigkeit erholungsbedürftig 6 ei das Verbleiben des Grafen Taaffe an der Spitze des szinisterkc kee von den Wünschen des Kaisers, sowie von der Auffassung des Pflichtgefühls des Cabinets⸗-Chefs abhängig. Angesichts der infolge der wichtigen, auf liberaler Grundidee berühenden Wahlreformvorschläge der Regierung entstandenen Schwierigkeiten könne der Minister-Präsident seinen Posten nicht freiwillig verlassen. Jedenfalls sei das 2 oder Drohen der für ihren Besitz an Mandaten fürchtenden Parteien wirkungslos. Die Regierung hoffe, in der Plenarberathung der Wahlreformvorlage auf Grund freundschaftlicher Ver⸗ ständigung sich mit den einzelnen Parteien über ein erreich⸗ bares positives Resultat zu verständigen. Die Regierung hoffe auch, sich über die Wahlreform mit den Deutschen zu ver⸗ ständigen, wenn sie auch mit der Eventualität rechnen müsse, daß die Durchführung der Wahlreform unter Umständen nur nach Neuwahlen thunlich sein werde.

Dem Herrenhaus ist gestern eine Regierung vorlage zugegangen, enthaltend den am 24. April d. J. von Oester⸗ reich⸗Ungarn mit Großbritannien ein fre Ver⸗ trag, be en den gegenseitigen Urheberschutz für Wer ke der Literatur und Kunst.

BVotschafter Grafen Hoh os beauftragt,

Im Finanzausschuß des ungarischen Unterhauses erklärte gestern der Minister⸗-Präsident Dr. Wekerle, für die Valutaregulirung seien 163 795 000 Kronen Gold derzeit zur Verfügung; er sel überzeugt, daß das Disagio nur transttorischer Natur sei, da die finanziellen und wirthschaftlichen Zustünde Ungarns sich in einem gesunden Zustande befaͤnden.

Großbritannien und Irland.

Der Minister des Innern Asquith hat am 17. d. M. in Glasgow eine Rede gehalten, worin er erklärte, die omerule Bill werde in der nächsten Parlaments⸗Session nicht wieder eingebracht werden, da die Regierung heabsichtige, die Session ausschließlich der britischen Gesetzgebung behufs Durch⸗ führung der dringlichsten Reformen auf politischem, religiösem und focialem Gebiet zu widmen. Die Homerule⸗-Vorlage werde indeß nicht fallen gelassen werden, In einer vorgestern in Bedforb gehaltenen Rede gab Lord Randolph Churchill der „Allg. Corresp.“ zufolge dem Zweifel Ausdruck, ob die irische Gefolg⸗ schaft es dulden werde, daß das Ziel ihrer Sehnsucht auf ein Jahr oder länger hinausgerückt werden solle. Auch die Unionisten würden nicht dulden, daß die Homerule-Bill ein Jahr lang unberührt bleibe. Die Absicht des Premier⸗Ministers sei es jedenfalls beiden event herankommenden Parlamentswahlen die britischen Wähler zu täuschen, wie er das ja auch bei der letzten Wahl so trefflich verstanden habe. Eine Auflösung des Parlaments müsse er wohlweislich zu vermeiden fuchen. Er müsse aber, ob er wolle oder nicht, die Iren befriedigen. Heschke für Großbritannien würden natürlich das Nachschen haben. Das Gladstone'sche Ministerium stehe und falle eben mit der Homerule⸗Bill.

Frankreich.

Bei der 86e sz von Magenta, des Marschalls ac Mahon, laufen zahlreiche Beileids⸗-Telegramme ein. schafter Graf Münster sandte fiel das folgende Telegramm: „Seine Majestät er Deutsche Kaiser hat mich, sobald Allerhöchst⸗ derselbe Kenntniß erhalten hatte von dem schweren Verlust, der Sie betroffen hat, beauftragt, als einen Ausdruck des tiefen Mitgefühls in Allerhöchstseinem Namen einen Kranz auf den Sarg des tapferen edlen Marschalls niederzulegen. Indem ich Ihnen meine persönlichen aufrichtigen Beileidsempfindungen ausspreche, bitte ich Sie, mir gütigst Zeit und Ort mittheilen g wollen, wo ich die Ehre werde haben können, mich dieses Allerhöchsten Auftrages zu entledigen.“ Die Herzogin richtete sofort nach Empfang dieses Telegramms telegraphisch an den Grafen Münster die Bitte, Seiner Majestät' dem Kaiser ihren tiefsten Dank übermitteln zu wollen.

Der Erzherzog Albrecht von Oesterreich sandte folgendes Telegramm:

„Empfangen Sie den Ausdruck meines aufrichtigsten Beileids und meiner lebhaftesten Sympathie mit Ihrem großen Schmerze. Die Armee verliert einen berühmten Führer. Alle, welche ihn gekannt haben, besonders seine Freunde, zu denen ich mich zähle, werden eine unveränderliche Erinnerung an diesen edlen Charakter bewahren.“

Die Königin von Großbritannien und der Prinz von Wales übermittelten den Wunsch, sich bei den Beisetzungs⸗ Feierlichkeiten vertreten zu lassen. Ilußerdem sandten noch Beileidsdepeschen: der Herzog von Aumale, die Königin Isghella von Spanien und der König Franz von Assisi, der Prinz Ferdinand von J der Prinz Victor Napoleon, der Herzog von Eumber— land, der Herzog von Braganza, die Königin von Portugal, der Graf von Eu und die Großfürstin Alexandra Josiphowna.

Der Admiral Avelane telegraphirte:

Wie ganz Frankreich, so schließt sich auch das russische Ge— schwader Ihrem Schmerze an. Ich bitte Sie, mir zu gestatten, Ihnen im Namen des Geschwaders den Ausdruck unserer tiefen achtungs— vollen Sympathie aussprechen zu dürfen.“

Die österreichisch-ungarische Regierung hat ihren , der französischen Re⸗ Rerung anläßlich des Todes des Marschalls Mac Mahon das tzesste Beileid auszusprechen.

Der Ministerrath beschloß, die Beisetzung des ver— storbenen Marschalls Mac Mahon bereits am näͤchsten Sonntag stattfinden zu lassen, nachdem die russische Regierung den Vunsch ausgedrückt hat, daß dem Admiral Avelane und den russischen Offizieren Gelegenheit gegeben werde, den Beisetzungs⸗ feierlichkeiten beizuwohnen.

Ueber die gestrigen Festlichkeiten in Paris zu Ehren der russischen Offiziere wird telegraphisch berichtet:

Die russischen Offiziere waren gestern zum Dejeuner im Ministerium des Auswärtigen geladen. Auch das Personal der russischen Botschaft war anwesend. Minister Develle trank auf das Wohl des Kaisers und der Kaiserin von Ruß— land sowie der Kaiserlichen Familie, der russische Botschafter Baron von Mohrenh eim auf den Präsidenten Carnot und ganz Frankreich. In einem zweiten Toast trank der Minlster De velle auf den Admiral Apelane und die russischen „Offiziere, die er glücklich sei zu be— grüßen als die edlen Vertreter der großen russischen Nation. Der Admiral Avelgne antwortete, er trinke auf die beiden edlen Kräfte Frankreichs, die Armee und die Marine. Später stattete der Admiral Abelang dem Marschall Can— robert einen Besuch ab. Der Marschall äußerte dabei, er habe in der Krim den Muth, und den ritterlichen Geist der 2st shen Armee kennen und bieselbe achten und lieben gelernt. Seitdem habe er die Bekanntschaft zahlreicher 3 Offiziere gmacht und deren Sympathie für Frankreich werthschätzen gelernt.

er. Marschall erinnerte sobann an seine ,,, Heziehungen. zu Alexander IJ. Admiral Avelane gab seinem herzlichen Dank Ausdruck. Nachdem der Admiral ich nach dem Gercie militaire zurückbegeben hatte, stattete ihm

arschall Canrobert einen Gegenbesüch ab. Abends 7if, Uhr hb im Htel de Ville eine Festtafel zu 564 Gebecken att, an welcher auch der Präsident Carnot theilnahm. Der . brachte einen Trinkspruch auf, den Kajser 3 adie Kaiserin von Rußland und bie Kaiserliche amilie aus, worauf der Botschafter Baron von Mohren⸗ hin auf den Präsidenten n toastete. Der Prä⸗ at des Muntcipalraths Humbert hieß die russischen 3 in Pgris willkommen und trank auf das russische Volk He nussisch Vaterland die Schwester des französischen

36 andz“ Der Admiral Kveld me antwortete mit einem d Wnauf die Stadt Paris. Die Umgebung des Hotel hen Ch war glänzend eschmückt und beleuchtet. Die russi⸗ . . ffiziere und der i Carnot wurden bei der Auf⸗ grit von der Vollsmenge mit begeisterten Kundgebungen be—

Sängerchoͤre sangen die Marseillaise und die russische

der Wittwe nach wie vor Der deutsche Bot⸗ dem „W. T. B.“

Nationalhymne. Nach dem Bankett im Stadthause nahmen um 10 3 Abends der Präsident Carnot 2 . . Avelane nebst den Geladenen, von der dichtgedrängten Vollsmenge mit Jubel begrüßt, auf einer em Stadthause gegenüber errichteten 6 latz. Als⸗ bald begann der Zapfenstreich der Milltärkapellen. Fackel⸗ glanz, bengalisches Feuer und die sonstige Illumination boten einen prächtigen Anblick dar. arauf kehrten der Präsident. Carnot und der Abmiral! Avelane in das Hotel de Ville zurück, wo sie bis nach 11 Uhr dem Concert, heiwohnten. Von hier aus begaben sich der russische Botschafter Baron von Mohrenheim, der Admiral Avelane und die russischen Offiziere nach dem Bureau des „Figaro“, wo ihnen zu 3. ein Concert veranstaltet wurde. Das Fest dauerte bis gegen 3 Uhr Morgens.

Der Akademiker und Deputirte Mezigres wird am Montag ein Buch überreichen, das der französische Theil von Lothringen der russischen Botschaft darbietet. Das kunstvoll in Gold gebundene Buch enthält Adressen und ein Kunstwerk, hat ein Gewicht von etwa 60 kg und liegt auf einem künst⸗ lerisch ausgestatteten Tische.

Während des vorgestern Abend im Marine⸗Ministerium gegebenen Balles kam es zu einer Demonstration. Eine Bande von etwa 200 jungen Leuten zog von der Rue Royale unter dem Gesang „Gest 1Alsace, qu'il nous faut“ nach der Place de la Concorde. Die Menge klatschte Beifall, die Polizei verhielt sich theilnahmlos.

In Toulon fand geslern an Bord des Formidable“ zu Ehren des russischen Geschwaders ein großer Ball statt.

Rußland.

Dem Eintreffen der Kaiserlichen Familie in Batschina wird, wie ‚W. T. B.“ aus St. Petersburg meldet, für heute, Nachmittags 3 Uhr, entgegen gesehen.

Italien.

Dem vorgestern in Tarent von dem britischen Admiral Seymour an Bord des Panzerschiffs „Sant Pareil“ ver⸗ anstalteten Diner wohnten dem „W. TX. B.“ zufolge die Admirale Cor si und Tux i, der Unter⸗-Präfect, der Bürger— meister von Tarent, die Commandanten der italienischen und britischen Kriegsschiffe und der englische Vice⸗Konful bei. Admiral Seymour brachte einen Trinkspruch aus, worin er für den warmen und herzlichen Empfang dankte und seiner Genugthuung Ausdruck gab, daß ihm die Ehre zu theil geworden sei, einen der größten Häfen Italiens besuchen zu können. Der Admiral schloß seine Rede mit einem Hoch auf den König von Italien. Admiral Corsi erwiderte hierauf, der herzliche Empfang des englischen Geschwaders sei die Pflicht der Gastfreundschaft zwischen befreundeten Seemächten; er trinke auf das Wohl der Königin Victoria und des Königs Humbert. Gestern Vormittag begaben sich Deputationen der Arbeitervereine an Bord des „Sans Pareil“ und über⸗ reichten dem Admiral Seymour ein Diplom als Ehren⸗ mitglied. Der Admiral sprach den Deputationen seinen herzlichsten Dank hierfür aus. Am Nachmittag wurden auf der Besitzung des Deputirten Dayala Ausgrabungen vorgenommen, denen der Admiral Seymour, die Comman— danten der englischen Schiffe, die Admirale Corsi und Turi, der Unter-Präfect, der Maire, der Deputirte Dayala, mehrere Damen und Vertreter der Presse beiwohnten. Als die Nachgrabungen bis auf einen Meter Tiefe gelangt waren, wurden verschiedene Gegenstände aus Terracotta, ö Vasen, ferner alte Münzen bloßgelegt. Admiral

eym9gur nahm das größte Interesse an den gefundenen Gegenständen. Den Anwesenden wurden im Pavillon des Besitzthums Erfrischungen gereicht. Der Fife o'ciocik, tea wurde in der Municipalität eingenommen; es nahmen daran außer den englischen Gästen die Admirale Corsi und Turi, sowie eine große Zahl geladener Offiziere theil. Der Bürger⸗ meister von Tarent begrüßte dabei den Admiral Seymour und dankte ihm auf das herzlichste für den Besuch des eng⸗ lischen Geschwaders. Er fügte hinzu: J Die Kundgebungen Tarents, das durch den Besuch des eng⸗ lischen Geschwaders geehrt ist, beweisen, daß die Stadt glücklich . die tapferen Seeleute begrüßen zu können. Ich empfinde den lebhaften Dank für Alles, was das freie England für die Einheit Italiens gethan hat. Zwei Nationen sind vereint unter dem Ideale der Frei⸗ heit. Die Tarentiner werden den 16. Oktober 158935 niemals ver— gessen. Der von uns bereitete Empfang ist ein Ausdruck unserer Empfindungen von Freundschaft und Dankbarkeit.“

Der Bürgermeister schloß:

Ich trinke auf die treue Freundschaft der beiden Nationen, auf das Wohl der Königin Victoria und des Königs Humbert.“

Admiral Seym our erwiderte darauf:

Ich bin stolz; das erste britische Geschwader, das nach Tarent gekommen ist, befehligt zu haben. Ich werde stets eine dank— bare Erinnerung an diesen festlichen Empfang bewahren und werde glücklich sein, wenn mir die Gelegenheit geboten wird, Ihnen Allen die Hand zu drücken. Ich danke dem Bürgermeister von Tarent und der ganzen Bevölkerung für die Gastfreundschaft und den mir zu theil gewordenen Empfang.“

Beide Toaste wurden mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Der Deputirte Daygla erwiderte dem Admiral Seymour:

„Ich vertrete das Volk und heiße im Namen der tarentinischen Bevölkerung die ruhmvollen Vertreter der britischen Nation will— kommen. ie kamen zu uns, wir gaben Ihnen den Schlüssel zu unserem Hause, weil Sie einer befreundeten Nation angehören. Nach unseren Traditionen und unseren Idealen gilt unsere Ga tfreundschaft nichts im Vergleich mit dersenigen, welche das freie England unseren verbannten Landsleuten gewährte, die unser Vaterland gestalteten

. Daygla erinnerte sodann an den Antheil, den die britische Marine an dem Schutze der Landung der „Tausend“ in Marsala hatte, und fügte hinzu:

Unsere militärische Organisation ist zur Vertheidigung bestimmt, unsere Wünsche sind Friedenswünsche, unsere Politik sst die Politik des friedlichen Fortschreitens. Drei Gefühle beherrschen uns: Die Liebe zu unserm err en. die Liebe zur Freiheit, die Liebe zum Meer! Mit diesen Gefühlen im Herzen drücke ich Ihnen die Hand. Als Vertreter des Volkes trinke ich auf das Wohl der Königin von England und unseres Königs, auf das Gedeihen der Marine beider Nationen!“

Für diesen gleichfalls lebhaft applaudirten Toast dankte Admiral Seymour und schloß mit den Worten:

m: Ich wünsche, daß die Freundschaft der beiden Nationen so mächtig wie in der Vergangenheit fortbestehen möge!“

Auf dem Wege ur Municipalität bereitete die Bevölke⸗ rung den britischen On ieren lebhafte Kundgebungen. Abends veranstalteten Bürger auf einer großen Anzahl Barken dem

britischen Geschwader eine Serenade.

Amerika.

Der Secretär des Staatsschatzes Carlisle hat nach

einer Meldung des W. T. B.“ aus Washington erklärt falls die gegenwärtigen Verhältnisse andauerten, werde sich wahrscheinlich am Schluß des Jahres (in Deficit von ungefähr 50 Millionen Dollars ergeben.

Nach einẽr Meldung des, New⸗Hork Herald“ aus Montevideo von vorgestern hätten die ,,, en Insurgenten in Desterro eine provisorische Regierung errichtet. Die Regierung Peixoto's erkläre, daß sie für die den Ein— heimischen und Fremden durch die Aufständischen oder durch das Eingreifen der Regierungstruppen zugefügten Verluste nicht verantwortlich sei. ;

Wie „Boesmann's telegraphisches Bureau“ in Bremen erfährt, berichteten die . aus Rio de Janeiro ein⸗ gegangenen Mittheilungen, daß mit dem Eintreffen der deutschen Kriegsschiffe „Arcona“ und „Alexandrine“ für die Rio de Janeiro anlaufenden Dampfer eine Aenderung zum Besseren eingetreten sei. Insbesondere wird dem Commandanten der „Arcona“, Corvetten⸗ Capitän Hoffmeyer, für seine thatkräftige Unter⸗ stüͤtzung Anerkennung gezollt. So wurde unter Hitwi der Kriegsschiffe dem Dampfer des Norddeutschen u „Ohio“ die sichere Uebernahme feiner Kaffeeladung und dem auf der Ausreise in Rio de Janeiro angekommenen Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Berlin“ die . Entlöschung der für Rio bestimmten Ladung ermöglicht. uch wurde dem letzt⸗ genannten Dampfer in entgegenkommendbster Weise frisches Wasser geliefert. nachdem alle Hafenfahrzeuge aus Furcht, von den Aufständischen weggenommen zu werden, ihre Fahrten eingestellt und die Behörden sogar die Wasserhähne am Hafen verschlossen hatten. ö.

Afrika.

Die Expedition gegen den König von Dahome

hat nach einer Meldung des „W. T. H', aus kh 1 begonnen. Die Colonne des Generals Dodds ist nach fuͤnf⸗ tägiger Fahrt auf dem Fluß Uäme in Agony eingetroffen. , , und die Verfassung der Truppen sind vor⸗ züglich. Die Londoner „Pall Mall Gazette“ veröffentlichte gestern in einer besonderen Ausgabe eine Depesche aus Johannes⸗ burg, der zufolge Gerüchte im Umlauf wären, daß die unter dem Befehl des Generals Raaff stehende Tuli⸗-Colonne der Südafrikanischen Gesellschaft vernichtet worden sei. Die Gerüchte hätten jedoch ihren Ursprung in Mit⸗ theilungen von Eingeborenen, man messe ihnen deshalb keinen Glauben bei.

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Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

; Spanien. Die Königlich spanische Regierung hat die gegen Amsterdam und Manchester angeordneten Ouarantänen wieder aufgehoben. (Vergl. R. A. Nr. 223 vom 16. September und Rr. 236 vom 2. Oktober.)

Cholera.

Rom, 19. Oktober. In den letzten 24 Stunden sind, wie W. T. B. berichtet, in Livorno 3 Erkrankungen an Cholera und 2 Todesfälle vorgekommen, in Pnnlermo 24 Erkrankungen und 8 Todesfälle, in Aquila in den Abruzzen 3 Erkrankungen und 1 Todesfall.

h. ö 4 9 ,, der bisher an der hier ausgebrochenen Epidemie Erkrankten beläuft Yin W. T. B. auf 2c. n belluft fich nech Meldeang de

Der Gesundheitsstand in Berlin war in der Woche vom 1L. bis 7. Oktober ein, günstiger und auch die Sterblichkeit eine niedrige (pon je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 17,33. Eine weitere Abnahme zeigten acute Darm krankheiten, die in 39 Fällen (gegen 72 der Vorwoche) zum Tode führten. Die Bethei⸗ ligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war eine noch kleinere als in der vorhergegangenen Woche; von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 57 Säuglinge. Dagegen kamen acute Entzündungen der Athmungsorgane etwas häufiger zum Vorschein und endeten auch etwas häufiger tödtlich. Erkrankungen an, Grippe sind nicht bekannt geworden. Bezüglich der Cholera ist auch in dieser Woche keine weltere Erkrankung vor⸗ gekommen; auch in den Krankenhäusern befinden sich keine Cholera⸗ kranken; die Stadt war also vollständig seuchenfrei. Von den anderen Infectionskrankheiten kamen Erkrankungen an Masern, Scharlach, Diphtherie und Typhus seltener zur Anzeige. Erkrankungen an Masern und Scharlach kamen aus dem Stralauer Viertel, an Diphtherie aus dem Stralauer Viertel und der Rosenthaler Vorstadt am zahlreichsten zur Melzung, während Erkrankungen an Typhus auf 30 zurückgingen und sich in keinem Stadttheile in nennenswerther Zahl zeigten. orkrankungen an Kindbettfieber wurden 3 bekannt, rosenartige ,,, des Zellgewebes der Haut kamen ebenfo wie Erkrankungen an keuchhusten etwas häufiger zur ärztlichen Be⸗ handlung; der Verlauf blieb aber im allgemeinen ein überwiegend milder. Rheumatische Beschwerden aller Art wurden gleichfalle etwas mehr zur Behandlung gebracht als in der vorhergegangenen Woche.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlefien.

In Oberschlesien sind am 18. d. M. gestellt 4469, ni ö zeitig gestellt keine Wagen. geste nicht recht

. Zwangs⸗Versteigerungen.

eim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen am 19. Oktober die nachverzeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Yu ssit en stꝛ. 25, der Frau Louise Tosch gehörig; Nutzungswert 16 2560 16; für, das festgesetzte Mindestgebot von 185 250 M wurde der Kaufmann Fritz Queh l, Infelstr. I, Ersteher. Straße 59b, dem Stuckateur Ernst Mueller gehörig; Fläche 271 a; für das Meistgebgt von 10 900 46 wurde die Disco n to⸗Bank⸗ Actien⸗ gesellschaft, Prinzenstr. 76, Ersteherin.

Börse zu Düsseldorf. (Amtlicher Preisbericht vom 19. Oktober 1893.5 Der Kohlenmarkt ist . und für außervertragliche sofortige Lieferungen werden bessere Preise be⸗ willigt. Der Fisenmarkt ist unverändert still Be⸗ rechnung in Mark für 1090 kg und, wo nicht anders bemerkt ab Werk) Kohlen und Koks. 1) Gas. und Flammkohlen: Gaskohle für Leuchtgasbereitung 9 biz ,b. Generatorkohle 850 Y. 50, Gasflamm för derkohle 7,50 - 8,50; ) Fettkohlen: Förderkohle =I 50, melirte beste Kohle 8 - d 60. Volhkohle bh 6; 3) Magere Kohlen: Ford Kohle 9 ig, Nußkohle Korn 11 nthracit) 17, 4) Koks: Gießereikoks 13,50 14.50 . 11. gebrochen 1-15; 5) Briquets 8 50 l 90. Erze:

ohle 7 —=8, melirt

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