Wie innig die Be i gen Seiner Majestät des Kaisers und Königs zu Seiner Majestaͤt dem König Albert von Sachsen sind, geht am besten aus dem beim ersten Besuch des Kaisers an der Festtafel im Residenz⸗Schloß 66 am 7. Sep⸗ tember 889 gehaltenen Kaiserlichen Trinkspruch hervor, aus dem die nachstehenden Worte hier in das Gedächtniß zurück⸗ gerufen werden mögen: .
„Es ist eine große Schuld, die Ich abzutragen habe. Viele Jahre haben Eure Majestät mit unwandelbarer Treue und Gnade für Mich gesorgt und Sich um Mich be⸗ kümmert. Wie Eurer Majestät es wohl bekannt ist, hat dereinst Mein verstorbener Herr Vater Mich Eurer Majestät besonders ans Herz gelegt mit der Bitte, Sie möchten . Mich sorgen, wenn h einmal etwas Menschliches träfe.
Eure Majestät haben diese Bitte in hochherziger Weise erfüllt, und Ich hahe schon lange Jahre Meines Lebens einen innigen Freund und väterlichen Berather an Eurer Majestät gefunden. Ich bin hocherfreut, hier Meinen warmen Dank zum Ausdruck zu bringen.“
Gefühle des Dankes sind es auch, von denen Seine Majestät der Kaiser und König und mit Allerhöchstdemselben das ganze deutsche Volk an dem Jubeltage des Königs von Sachsen beseelt sind, und mit diesen Gefühlen vereinigt sich der Segenswunsch, daß es Seiner Majestät noch lange ver⸗ gönnt sein möge, mit kräftiger Hand die Zügel der Regierung über sein Land zu führen, dem ganzen deutschen Heere ein Vorbild militärischer Tugend und Tapferkeit zu sein und als treuer Bundesgenosse mitzuwirken an der inneren Festigung und gedeihlichen Entwickelung des deutschen Vaterlandes.
Der Ausschuß des Bundesraths für Justizwesen hielt heute eine Sitzung.
Die Commission für die zweite Lesung des Ent— wurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich erledigte in den Sitzungen vom 16. bis 18. Oktober zunächst die in der letzten Sitzung nicht zu Ende
eführte Berathung des Antrages: für die Abtretung der . nicht, mit dem Entwurf (8 1112 Abs. 1), eine gerichtlich oder notariell beglaubigte Abtretungserklärung, sondern nur eine schriftliche Ahtretungserklärung zu er⸗ fordern. Die Mehrheit entschied sich für die Annahme des Antrages. Daneben soll aber vorgeschrieben werden, daß der bisherige Gläubiger auf seine Kosten dem neuen Gläubiger, wenn dieser es verlangt, eine öffentlich beglaubigte Urkunde über die Abtretungserklärung auszustellen hat. Die Aufnahme einer besonderen Vorschrift, daß der Eigenthümer des belasteten Grundstücks dem neuen Gläubiger gegenüber, solange dieser nicht in das Grundbuch eingetragen sei, nur gegen Aus— händigung einer öffentlich beglaubigten Urkunde über die Ab⸗ tretungserklärung zur Leistung verpflichtet sei, hielt man im Hin⸗ blick auf die allgemeinen Vorschriften der 88 1096, 1108, 1119 des Entwurfs und des 5 39 der Grundbuchordnung nicht für erforderlich. Zu einer ausführlichen Erörterung gab weiter ein Antrag Anlaß, die Blancoabtretung der Briefhypothek zu⸗ zulassen. Die Mehrheit lehnte jedoch den Antrag ab. Die auf die Uebergabe des Hypothekenbriefs im Wege der Zwangs⸗ vollstreckung und auf die Ahtretung von Forderungen rüͤck—⸗ ständiger Zinsen u. s. w. sich beziehenden Bestimmungen des 3 1116 Abs. 2, 3 wurden sachlich nicht beanstandet. Auch der § 1113, welcher die Ueberweisung der Brief⸗ hypothek im Wege der Zwangsvollstreckung regelt, fand seinem sachlichen Inhalte nach Zustimmung; man war jedoch einver— standen, daß die 6 in die Eivilprozeßordnung zu ver— weisen sei. Die Vorschriften des 1114 über die Legitimation des nicht in das Grundbuch als Gläubiger eingetragenen Be— sitzers des Hypothekenbriefs gelangten im wesentlichen nach dem Entwurf zur Annahme; doch soll mit Rücksicht auf den u f 1112 gefaßten Beschluß, daß zur Abtretung der riefhypothek Schriftlichkeit der Abtretungserklärung. ge⸗
nügt, zum ö des Gläubigers gegen die damit für
ihn verbundenen Gefahren des Diebstahls und der Fälschung im § 1114 bestimmt werden, daß die Legitimation des Be— sitzers eines Hypothekenbriefs nach Maßgabe des § 1114 nur durch eine zusammenhängende, auf den eingetragenen Gläubiger zurückführende Reihe von öffentlich beglaubigten AÄb⸗ tretungserklärungen hergestellt werde., Ergänzt wurde der 5 1114 ferner durch den Zusatz, daß im Falle einer kraft Gesetzes erfolgten Uebertragung der Briefhypothek die in einer öffentlich be⸗ glaubigten Urkunde enthaltene Anerkennungserklärung des bis— herigen Gläubigers der Abtretungserklärung gleichsteht. Die Vorschriften des § 1115 über die . der Ein⸗ tragung einer nach den 85 1112, 1114 erfolgten Uebertragung in das Grundbuch wurden in die Grundbuchordnung verwiesen. Gegen den sachlichen Inhalt des § 1116, welcher die Frage entscheidet, inwieweit Vermerke auf dem Hypothekenbriefe die Berufung auf den öffentlichen Glauben des Grundbuchs ausschließen, erhob sich kein Widerspruch. Auch der Grunesatz des Entwurfs, daß, wenn Buch und Brief sich inhaltlich nicht decken, das Buch entscheidet (vergl. die Motive zu s 1116), wurde gebilligt. Man war jedoch der Ansicht, daß die Vorschrift des 5 31 der Grundbuchordnung, nach welcher die nicht auf einer Be⸗ willigung des Gläubigers beruhende Eintragung einer Vor— merkung in das Grundbuch auch Hypothekenbriefs erfolgen soll, einer Aenderung bedürfen werde; dieselbe würde dahin zu gehen haben, daß die n, eines Widerspruchs gegen die Ueber⸗ tragung der Forderung auf den Besitzer des Hypo— thekenbriefß und die Eintragung eines Veräußerungsz— verbots der in den S5 191, 103 (des Entwurfs II) bezeich— neten Art gegen den Besitzer des Hypothekenbriefs sowie die Eintragung einer Vormerkung gegen denselben nur dann an— geordnet werden . wenn der Hypothekenbrief vorgelegt wird. Die besonderen Vorschriften der 88 1117 bis 1121 über die Geltendmachung der Rechte des Gläubigers aus einer Briefhypothek wurden mit einigen nicht erheblichen Aenderungen nach dem Entwurf ange— nommen. Der von der Kündigung des Gläubigers handelnde 5 1118 erhielt den ah; daß auf die Kündigung des Eigenthümers die Vorschriften des 8 350 (des Entwurfs II) über den Schutz des gutgläubigen persönlichen Schuldners gegenüber dem Cessionar mit der Maßgabe entsprechende ö. finden sollen, daß der Kenntniß von der Abtretung die Eintragung des Ueberganges der Hypothek auf den neuen Gläubiger gleichsteht. Auch
ohne Vorlegung des
die Vorschriften des 5 1122 über Bildung von Theilhypothekenbriefen wurden — unter Ablehnung eines Antrages, welcher die Theilung von der Zustimmung des Eigenthümers des Grundstücks abhängig machen wollte — sachlich genehmigt. Zugleich wurde beschlossen, in einer Anmerkung zum Ausdruck zu bringen, es werde voraus⸗ gesetzt, daß die Wesschr f im § 61 Abs. 2 der Grundbuch⸗ ordnung, wonach die Bildung des Theilhypothekenbriefs auf dem Stammhypothekenbriefe vermerkt werden muß, durch eine Ordnungsvorschrift ersetzt werde. Die von dem Aufgebot des Hypothekenbriefs und der Briefhypothek han— delnden 88 1123, 1124 fanden ebenfalls im wesentlichen Zu⸗ stimmung. . .
Zu einer lebhaften Erörterung führten verschiedene An⸗ träge, welche bezweckten, — abweichend von dem Entwurf — auch die Bestellung einer Hypothek für die Forderung aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber zuzulassen und näher zu regeln. Man war darüber einver⸗ standen, daß die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetz⸗ buchs die Möglichkeit gewähren müßten, in der von der Praxis unter Anwendung des Art. 301 des Handels⸗ gesetzbuchs bisher für zulässig erachteten Weise Theil⸗ hypotheken (sog. Partial⸗Obligationen) durch Indossament zu ühertragen und mit Rücksicht darauf bei der Begründung der Hypothek zur Wahrnehmung der Interessen des Hypotheken⸗ schuldners und der Besitzer der Partial-Obligationen einen Vertreter (ssog. Treuhänder) mit Wirkung auch gegen die Rechtsnachfolger zu bestellen. Die Redactionscommission wurde beauftragt, zu prüfen, ob und inwieweit der Entwurf nach diesen Richtungen bedürfe. Dagegen gingen die Ansichten darüber auseinander, ob ein . vorliege, daneben die Bestellung einer Hypothek für die Forderung aus einer Schuldverschreibun auf den Inhaber zuzulassen und im Bürgerlichen Er zu regeln. Man vin hre sich dahin, zunächst in die Be⸗ rathung der einzelnen Anträge einzutreten und die definitive Beschlußfassung über den Gegenstand bis nach der Erledigung der Specialberathung auszusetzen. Die Specialberathung wurde nicht zu Ende geführt.
Aus den von sämmtlichen Königlichen Provinzial⸗-Schul⸗ collegien erstatteten Berichten hat der Unterrichts⸗Minister die Ueberzeugung gewonnen, daß die Einrichtung der öffent⸗ lichen Prüfungen an höheren Schulen zum Schluß des Schuljahres in den Augen des Publikums Si überall das Interesse verloren hat, das ihr in früheren Zeiten entgegen⸗ somit der Hauptzweck der Ein⸗ richtung, die Vermittelung des Zusammenhangs zöwwischen Schule und Familie, nicht mehr erreicht wird und die Prüfung vielfach zu einer leeren Schaustellung zu werden droht, so sind die Königlichen Provinzial⸗Schulcollegien ermäch⸗ tigt worden, die Prüfungen mit Schluß vieses Schuljahres an allen den höheren Schulen aufzuheben, an denen nicht, wie dies an manchen nichtstaatlichen Anstalten nach den vor— liegenden Berichten der Fall ist, die Beibehaltung der alten Einrichtung ausdrücklich gewünscht wird. Die Directoren und Lehrercollegien aller der Anstalten, an denen die öffentlichen Prü⸗ füngen beseitigt werden, haben um so eifriger dafür Sorge zu tragen, daß die öffentlichen Feierlichkeiten an den hergebrachten Festtagen der Schule ein möoͤglichst lebhaftes Interesse für das Publikum gewinnen und der Förderung engerer Beziehungen zwischen Schule und Elternhaus in noch hoͤherem Maße als bisher dienstbar gemacht werden.
gebracht wurde. Da
Das Kaiserliche Gesundheitsamt macht folgende Cholerafälle bekannt:
In Rixdorf, Kreis Teltow, erkrankte eine Frau, nach⸗ dem sie die Wäsche ihres von Havelberg zurückgekehrten, an Diarrhöe leidenden Ehemannes gewaschen hatte, an Cholera. In Zerpenschleuse, Kreis Nieder⸗Barnim, eine Erkrankung mit tödtlichem Ausgange. In Havelberg 3 Erkrankungen.
In Stettin wurde bei 6 zwischen dem 15. und 19. Ok⸗ tober Erkrankten (davon H bereits gestorben) Cholera nach⸗ gewiesen; von den früher gemeldeten Krankheitsfällen sind zwei tödtlich verlaufen. In Warsow, Kreis Randow, 3 Neu⸗ erkrankungen, davon 2 mit tödtlichem Ausgange.
In Hadersleben, Regierungsbezirk Schleswig, wurde bei zwei Matrosen des schwedischen Dampfers „Hjalmar“ (vergl. Nr. 241/242 des „Reichs⸗Anzeigers“) Cholera festgestellt. In Tönning, Kreis Eiderstedt, eine tödtlich verlaufene Er⸗ krankung.
Durch Allerhöchste Cabinetsordre vom 15. Oktaber d. J. ist die Versetzung S. M. Avpiso's „Greif“ von der Marine⸗ . der Nordsee zur Marinestation der Ostsee genehmigt worden.
Der General⸗Inspecteur der ß Artillerie, General⸗ Lieutenant Edler von der Planitz II. ist vom Urlaub hierher zurückgekehrt.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Fürstlich lippische
Cabinets⸗Minister von Wolffgramm ist hier eingetroffen.
Sigmaringen, 21. Oktober. Gestern sind Ihre König⸗ lichen Hoheiten der Graf von Flandern und der Prinz Albert von Belgien hier eingetroffen. Heute feiert Ihre Königliche Hoheit die ö von Hohenzollern im Kreise zahlreicher Mitglieder und Verwandten des Fürsten⸗ hauses die Vollendung des ach g n Lebensjahres in voller geistiger Frische und bestem Wohlbefinden. Die Stadt ist festlich beflaggt, überall zeigt sich die regste Theilnahme.
Bahern.
Die Kammer der Abgeordneten beendete gestern die Debatte über die Futternoth. Gegenüber dem Abg. Schädler nahm der Minister des Innern Freiherr von . wieder⸗ holt den Regierungs⸗Präsidenten der Pfalz gegen die Verdäch⸗ tigung tendenziöser Zusammensetzung der dortigen Nothstands⸗ commission in Schutz. Der Abg. Grillenberger antwortete in langer Rede auf die Ausführungen verschiedener Centrumsredner, insbesondere bes Abg. Keßler, indem er u. a. bemerkte, im Hause rühme sich das Centrum immer der Arbeiterversicherungs⸗ gesetze, draußen im Lande schiebe man diese Gesetze in
hin einer Ergänzung.
demagogischer Weise den Socialisten in die Schuhe. — Schließ lich wurden mit Rücksicht auf die Zusicherungen der 83 rung sämmtliche Anträge der Liberalen und des Centrums zurückgezogen und lediglich der Antrag des Abg. Dr. Jäger angenommen, der die Regierung ersucht, auf die Auf hebung des österreichischen Futterausfuhrverbots hinzuwirken und im Bundesrath für die Suspension der Zölle für Futter— mittel einzutreten, sofern solche von Gemeinden oder landwirth— schaftlichen Vereinen in Wagenladungen direct zur unmittel— baren Vertheilung an bedürftige Landwirthe bezogen würden.
Sachsen.
Bei den vorgestern vorgenommenen Wahlen zur Zweiten Kamm er sind 17 Conservative, 6 Nationalliberale, 2 Fort⸗ schrittler, 2 Anhänger der Reformpartei und 5 Soeial— demokraten gewählt worden, während im 7, städtischen Wahl- kreis (Meißen ꝛc.) eine Stichwahl zwischen einem Conservativen und einem Anhänger der Reformpartei stattzufinden hat. Ver— gleicht man dieses Ergebniß mit der Vertretung, welche die in Frage kommenden Wahlkreise bisher im Landtag auf— uweisen hatten, so haben die Conservativen vier und die Fort—⸗ fm e e drei Sitze eingebüßt, während die Nationalliberalen, die Anhänger der Reformpartei und die Sorcialdemokraten je zwei Sitze gewonnen haben. Letztere gewannen die Sitze Dresden Antonstadt) und den 37. ländlichen Wahlkreis (Hartenstein). Dazu kommen noch je ein Sitz, den die Conser⸗ vativen und die Socialdemokraten in den neubegründeten Wahlkreisen Leipzig 4 und 5 erworben haben.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Seine Königliche Hoheit der Herzog ist gestern von seiner Reise nach Dresden und Hummelshain wieder in Coburg eingetroffen.
Oesterreich⸗Ungarn.
Wie das „Fremdenblatt“ meldet, wird die Nachricht von der angeblich bevorstehenden Abberufung des öster— reichischungarischen Botschafters in Konstantinopel in Wiener kompetenten Kreisen als unbegründet bezeichnet.
Gegenüber der Nachricht, das , Mittel meer⸗ Geschwader werde in der nächsten Zeit die montenegrinischen Häfen, speciell denjenigen von Antivari besuchen, macht die „Politische Correspondenz“ darauf aufmerksam, daß nach dem Berliner Vertrage die Seepolizei in den Gewässern von Montenegro Oesterreich⸗Ungarn übertragen sei und fremde Kriegsschiffe in den montenegrinischen Häfen nicht ankern dürften. Hierdurch sei der Nachricht von vornherein der Boden entzogen.
Das Abgeordnetenhaus hat gestern den Ausschußantrag angenommen, die Regierung zu Erhebungen über den Noth stand in einigen Gegenden Böhmens und zur Einbringung entsprechen⸗ der Vorlagen aufzufordern; auch der Antrag des Abg. Tausche, zur Linderung des böhmischen Nothstandes sofort einen ent— sprechenden Betrag als unverzinsliches Darlehn in das Budget einzustellen, wurde angenommen. Der Handels⸗Minister Marquis de Bacquehem legte einen Gesetzentwurf über die Unterstützung der Handelsmarine vor. Auf der Tagesordnung der Sitzung vom Montag steht die erste Lesung der Wahl— ref ormvorlage.
Im Finanzausschuß des ungarischen Unter⸗— hauses erklärte der Minister-Präsident Dr. Wekerle auf eine Anfrage des Abg. Falk, er habe auf dem ausländischen Markt kein Silber verkauft, er sei auch nicht in der Lage, solches zu verkaufen, einen etwaigen Ueberschuß an Berg— werkssilber ausgenommen.
Frankreich.
Der gestern im Elysée abgehaltene Ministerrath be— schäftigte sich dem „W. T. B.“ zufolge mit den Anordnungen für die Leichenfeier des Marschalls Mac Mahon. Der Sarg soll in der Madeleinekirche aufgestellt werden, von dort wird sich der Leichenzug nach dem Invalidendom bewegen. Im Namen der Regierung wird der Minister⸗Präsident Dupun, im Namen der Armee der Kriegs⸗Minister Lo izillon sprechen. Da die Leichenfeier am Sonntag stattfindet, ist die Gala⸗Vor— stellung in der Großen Oper von Sonnabend auf Montag, die Jlumination von Sonntag auf Montag und das Reitfes auf den Dienstag verlegt worden.
Die Herzogin von Magenta hat an den Präsidenten Carnot ein Telegramm gerichtet, worin sie für die dem ver— storbenen Marschall gegebenen Beweise der Sympathie und sür die ihm erwiesenen öffentlichen Ehrenbezeugungen den Dank ausspricht. — Von der Kaiserin Eugenie ist ein mit Comtesse Pierrefond unterzeichnetes Telegramm an die Familie des Marschalls Mac Mahon eingetroffen, worin sie ihren Gefühlen lebhafter Sympathie sowie der Theilnahme an dem Schmerz der Familie Ausdruck giebt.
Wie die „Nat. Ztg.“ erfährt, hat das durch den Bot schafter Grafen Münster der Herzogin von Magenta über— mittelte Beileids⸗Telegramm Seiner Majestät des Kgisers einen vorzüglichen Eindruck gemacht. Der „Matin“ erklärt es für eine der Kundgebungen, die gleichzeitig den Kundgeber und den berühmten Todten ehrten, und meint, es sel nicht zweifelhaft, daß die a e des Kaisers inmitten der gegenwärtigen Zu— stände das Gefühl der Beruhigung bestätigen werde, das sowohl in den Wünschen der französischen Nation als des Kaisers von Rußland liege.
Die russischen Offiziere machten gestern eine Ru nd⸗ fahrt durch Paris und wurden überall mit großer Be⸗ geisterung begrüßt. Im Jardin des Plantes wurde ein Dejeuner eingenommen, bei dem der Praäsident des Gemeinderaths Humbert den Vorsitz führte. Toaste wurden dabei nicht ausgebracht. Am Abend fand ein Ba im Stadthause statt, der einen glänzenden Berlauf nahm. Wegen des Todes des Maschalls Mac Mahen he⸗ thelligten sich die russischen 986 iere nicht am Tanze. Als sie um ge nel eg den Ball verließen, wurden sie von der Menge lebhaft begrüßt. ;
ie die heutigen Blätter mittheilen, gab gestern ein In, dividuum in dem Augenblick, als die nuf c Offiziere von dem Ball im Hotel de Ville nach dem Cercle mill tan zurückkehrten, auf die Menge an der Place de . cinen Reyvölverschuß ab. Niemand, wurde verleßt, ar n, den man in Haft nahm, heißt Willis und bezeichng sich als revolutionären Ehen fn; man glaubt, daß er gei te estört sei. ö 19 36 To ulon wurde gestern an Bord des „Hoche' fa [. russischen Seeleute ein Bankett zu 600 Gedecken veranstaltet.
Rußland.
Der Kaiser und die Kgiserliche Familie sind na einer Meldung des W. T. B. aus St. Petersburg e. Abend in Gatsch ina eingetroffen.
Italien.
Die „Tribuna“ schreibt, die von der Londoner „Times“ geäußerte Annahme, daß die von dem Minister-Prässdenten Giolitti angekündigte pr. ir sive Steuer auf das persön⸗ liche Einkommen der italienischen Bürger auch die aus— wärtigen Inhaber von italienischer Rente treffen könnte, beruhe auf einem Irrthum. Die neue Steuer werde nur das reine Effectiv⸗Einkommen der italienischen Bürger treffen. Die Zinsen der vom Staate contrahirten Schulden würden der Steuer nicht unterliegen.
Gestern Vormittag hat das britische Geschwader Tarent verlassen. . bag g, herrschte schon in den ersten Morgenstunden auf dem Schiffahrtskanal eine lebhafte Bewegung. Die Truppen hatten am Kanal Auf⸗ , genommen, die Musikcorps spielten während der Vor— überfahrt des britischen Geschwaders. Als sich letzteres in Bewegung setzte, wurden Salutschüsse mit den italienischen Kriegsschiffen gewechselt. Eine zahlreiche Menschenmenge, in Booten und auf den Terrassen der Häuser, begrüßte durch Zurufe und Tücherschwenken die Abfahrenden aufs Lebhafteste, während die britischen Offiziere die Grüße in militärischer Weise erwiderten. Die Menge begab sich später nach dem Corso „Victor Emanuel“, wo fe bis gegen 121/½ Uhr verblieb und den Platz erst verließ, als das Geschwader außer Sicht gelangte.
Schweiz.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ sind die Handels⸗ vertrags-Verhandlungen mit Schweden und Nor⸗— wegen wegen der aus den inneren Verhältnissen Schwedens und Norwegens sich ergebenden Schwierigkeiten zur Zeit ein—⸗ gestellt worden.
Ueher die Münzconferenz in Paris verlautet, daß die Nationalisirung der Silberscheidemünzen nicht nur Italiens, sondern auch aller anderen Staaten, welche der lateinischen Münzconvention angehören, wahrscheinlich sei.
Amerika.
Nach einer Meldung der „Times“ aus Philadelphia hätten die Demokraten dem Cabinet ein Transactions⸗ project zu Gunsten des Staatsschatzes unterbreitet, wonach monatlich bis zum Jahre 1895 41½ Millionen Unzen Silber angekauft und Ihligationen zur Erhöhung der Goldreserve des Staatsschatzes ausgegeben werden sollten. Ein späteres Telegramm der „Times“ meldet, das Cabinet habe das Pro⸗ ject zurückgewiesen.
Wie der New⸗Horker Correspondent der „Daily News“ von gut unterrichteter Seite vernimmt, werde der Präsident Cleveland, falls der Senat nicht die Abschaffung der Sherman-⸗Acte annehme, dieses Gesetz durch eine Botschaft an den Congreß aufheben mit der Erklärung, daß der Staats⸗ schatz die ihm durch das Gesetz erwachsenden Ausgaben nicht decken könne.
Das Repräsentantenhaus hat eine Resolution angenommen, wonach die Zölle für Güter, die auf der Wel tausstellung in Chicago ausgestellt gewesen sind, bis zu einem Betrage von 50 Proc. ermäßigt werden sollen.
Afrika.
Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Kapstadt von gestern- Eine officielle Depesche der Chartered Company von Fort Victoria berichte, daß die Streitkräfte der Company einen lebhaften Zusam menstoß mit den Matabeles gehabt hätten. Die Colonne von Fort Victoria habe den Feind am 16. Oktober auf Mont Indiama zurückgeschlagen, während gleichzeitig die Colonne von Fort Salibury den Feind unweit derselben Gegend geschlagen habe. Beide Colonnen rückten jetzt vereint auf Buluwayo, die Residenz Loben⸗ gula's, vor. Auch die Colonne von Fort Charter habe an dem Kampfe thätigen Antheil genommen. Der Verlust der Ma⸗ tabeles werde auf etwa 100 Todte geschätzt. Auf Seiten der Compagnie⸗Truppen habe der Capitän Campbell eine Ver⸗ wundung am Bein erlitten, die eine Amputation nöthig ge⸗ macht habe.
Wie die „Pall Mall Gazette“ meldet, wären in den letzten Tagen bei den Mitgliedern der Tran svaal-Regie⸗ rung 6. Meinungsverschiedenheiten zu Tage getreten über den Vorschlag, einer ee n e, Gesellschaft ein Monopol für den Handel mit 2 zu bewilligen. Mehrere auswärtige Konsuln hätten lebhaft gegen diese Verletzung des Artikels über die meistbegünstigten Nationen protestirt. Alle Mitglieder des Volksraad, die gegenwärtig in Pretoria anwesend sind, hätten einen formellen Protest gegen diesen Plan der Regierung überreicht.
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Ueber den Ausstand der Grubenarbeiter in Eng⸗ land liegen auch heute neue Nachrichten von Belang 3 vor. Die Londoner „A. C.“ schreibt:
Lancashire ist jetzt der Mittelpunkt der Unruhen, die eine Folge des langen erbitterten Ausstandes der Grubenarbeiter sind. Eine mit Knütteln bewaffnete Menge überwältigte am Donnerstag die wenig zahlreiche Schutzmannschaft, die bei der Sutton , tationirt war. Die Zeche war in kurzer Zeit im vollen Besitz der lufrührer. Steine, Eisenstücke, alles Greifbare wurde in die Schächte hinuntergeschleudert; fast wäre selbst ein Arbeiter in die Tiefe hinab⸗ gestürzt worden. Nach dem Eintreffen von Polizeiverstärkungen gelang es, die Ruhestörer zu Paaren zu treiben und die Zeche in Besitz zu nehmen.
Im Norden Frankreichs führt der Ausstand der Bergarbeiter jetzt gleichfalls häufig zu Ausschrei⸗ tungen. Aus Lens berichtet ein Wolff sches Telegramm: Vor dem Haufe eines Grubenarbeiters, welcher die Arbeit wieder aufgenommen hatte, explodirte in der vergangenen Nacht eine Dynamitpatrone, wodurch einiger Materialschaden angerichtet wurde. Vier andere Dynamit⸗ Patronen mit erloschenem Zünder wurden an, verschiedenen Stellen gefunden. In dem ganzen Kohlenbassin verlief die Nacht zum Freitag unruhig. , . .
In Straßburg i. G. dauert, wie aus einer Mittheilung im Vorwãrtz⸗ herborgeht, der Ausstand der Sattler in der Militär etfeetenfabrik von Jan fen (vergl. Rr. 249 d. Bl) fort; vier Sattler setzen ihre Arbeit fort.
Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Siabi Serlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 8. Oktober bis incl. 14. Oktober er. zur Anmeldung gekommen: 742 Eheschließungen, 1039 Lebendgeborene, 19 ,, 603 Sterbefälle.
Kunst und Wissenschaft.
Um die wichtigen Aufgaben der Gesellschaft für deutsche Erziehungt; und Schulgeschichte zu fördern, hatte, wie wir seinerzeit berichteten, das preußische Ministerium der geistlichen, Unterrichts und Medizinal-Angelegenheiten Verordnungen erlassen; in gleicher Weise hatten die Regierungen Württembergs und Anhalts zu der Gesellschaft Stellung genommen. Aus dem soeben erschienenen neuesten Hefte der Mittheilungen der Gesellschaft geht hervor, daß auch die Regierungen von Bayern, Elsaß-Lothringen und Sachsen eine Förderung der Bestrebungen der Gesellschaft zugesagt, bezw. bereits bethätigt haben.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Spanien.
Die Königlich spanische Regierung hat gegen Herkünfte von Messina, welche diesen Hafen nach dem 2. d. * verlassen haben, Quarantäne angeordnet. Die Häfen, welche von Messina nicht weiter als 165 km enffernt sind, e. ö. .
ortugal. Durch Verfügung des a, n n Ministeriums des Innern sind der Hafen von Antwerpen seit dem 16. d. M. und alle Häfen an der Themse unterhalb von London seit dem 8. d. M. für cholera—⸗ verdächtig erklärt worden. ; Bulgaxien.
Zufolge Beschlusses des bulgarischen Gesundheitsraths ist die für Veisende und Provenienzen von der oberen Donau angeordnete achttägige Quarantäne auf fünf Tage herabgesetzt worden. (Vergl. ‚R.⸗Anz.“ Nr. 207 vom 29. ö Eine gleiche Quarantäne findet für Waaren in Harmanly statt. — Vom J. d. M. ab unterliegen Segel⸗, Schlepp⸗ und andere Boote, welche in den bulgarischen Bonauhäfen eintreffen, um Waaren aufzunehmen, n, einer dreitägigen Quarantäne, bevor sie laden dürfen.
. Brasilien.
Die brasilianische Regierung hat unter dem 23. v. M. die Häfen Grimsby und Hull für choleraverfeucht und alle übrigen Häfen Groß⸗ britanniens, sowie die, spanischen, italienischen und fran⸗ zösischen Häfen des Mittelländischen Meeres, sowohl des Festlandes wie der Inseln in Europa und Afrika, und den Hafen von Tanger am Atlantischen Ocean für choleraverdächtig erklärt. Schiffe, welche seit dem 3. v. M. von Grimsby und Hull, seit dem 11. v. M. von den übrigen Häfen Großbritanniens und seit dem 14. v. M. von den anderen oben erwähnten Häfen abgegangen sind, haben sich zunächst bei ihrer Ankunft in den, brasilianischen Gewässern auf der Ilha Grande der vorschriftsmäßigen sanitären Behandlung zu unterziehen.
Auswanderer, welche Spanien seit dem 23. v. M. verlassen haben, werden in Brasilien bis auf weiteres nicht zugelassen. (Vgl. „R.⸗Anz.“ Nr. 231 vom 26. September.)
. . Cholera.
Wäen, 20. Oktober. Der Gexichtsbezirk Stanislau in Galizien, in welchem 149 Erkrankungen an Cholera, darunter in den letzten 10 Tagen 60 Erkrankungsfälle, vorkamen, ist, laut Mel⸗ dung des ‚W. T. B.“, im Sinne der Dresdener Conferenzbeschlüsse als Choleraherd erklärt worden.
Rom, 20. Oktober. In den letzten 24 Stunden ist, dem ·»W. T. B.“ zufolge, in Rom 1 Todesfäll an Cholera vorgekommen; aus Livorno werden 3 Erkrankungen und 1 Todesfall und aus Palermo 3 Erkrankungen gemeldet.
Handel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks
an der Ruhr und in Oberschlesien.
An der Ruhr sind am 19. d. M. gestellt 11 231, nicht rechtzeitig gestellt 9 Wagen; am 20. d. M. sind gestellt 11 217 Wagen, nicht rechtzeitig gestellt 196 Wagen.
In Oberschlesien sind am 19. d. M. gestellt 4245, nicht recht⸗ zeitig gestellt 324 Wagen. Zwangs- Vexsteigerungen.
Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen am 29. Oktober die nachverzeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Wienerstr 4, zur Tischlermeister Ad. Scheurr' schen Konkursmasse gehörig; Nutzungswerth 5400 Mä; Mindestgebot 700 S; für das Meistgebot von 85 000 M wurde der Banquier W. Hirte zu Berlin Ersteher. — Brunnenstr. 299, dem Kaufmann Eduard
Troplowitz gehörig; Fläche 15,20 a; Mindestgebot 700 S; für
das Meistgebol von 156 506 Sς, wurde der Architekt
. Hermann Krengel, Gneisenaustr. 3, Ersteher.
Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 29. Oktober. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Havel ist am 18. Oktober Vormittags in Nem Hork angekommen. Der Schnelldampfer Aller“ hat am 18. Oktober Nachmittags die Reise von Southampton nach New⸗ Vork fortgesetzt. Der Reichs- Postdampfer Braunschweig“ hat am 18. Oktober Nachmittags die Reise von Antwerpen nach Corunng fortgesetzt. Der Postdampfer „Dres den ist am 18. Oktober Nachmittags von Baltimore nach der Weser abc e, Der ostdampfer We ser ist am 18. Oktober Nachmittags von New⸗JYork nach Neapel abgegangen. Der Dampfer ‚Laugthon“ ift am 18. Oktober Vormittags in New⸗ York angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Bayern“ ist am 19. Oktober Morgens in Sin gapore angekommen. Der Post⸗ dampfer „Leipzig ist am 19. Oktober Vormittags in Antwerpen angekommen. Der Schnelldampfer „Spree“ ist am 19. Oktober Nachmittags auf der Weser angekommen. .
Der erste Dampfer der neuen Roland-⸗Linie des Norddeutschen Lloyd „Roland“ traf heute Mittag, direct von Baltimore kommend, in dem hiesigen Freihafen ein. .
am burg, 20. Oktober. (W. T. B.). Ham burg Amer i⸗ kanische Packetfahrt⸗Aetien⸗Gesellschaft. Der Post⸗ dampfer Dania“ ist in New Vork eingetroffen.
London, 20. Oktober. (W. T. 26 Der Ca stle · Dampfer -Doune GCastle“ hat gestern auf der Ausreise die Canarischen In seln passirt. Der Uniondampfer „Afrikan“ ist gestern auf der Heimreise von den Canarischen Inseln abgegangen.
Theater und Musik.
Königliches Schauspielhaus.
In der Rolle der Porzia in Shakespegre's „Kaufmann von Venedig“ trat Frau Clara Meyer, das Ehrenmitglied der Königlichen Bühne, gestern Abend als Gast wieder auf. Die an— muthige Künstlerin schied vor mehreren Jahren, wie man damals glaubte, für immer von der Königlichen Bühne als Porzia, und als r. kehrt sie wieder. Diese dichterische Gestalt entspricht dem ünstlerischen Vermögen Clara Meyer's, ihrem Wesen und ihrer Erscheinung in besonders hohem, Grade. Liebenswürdigkeit, Grazie, ,,, Schelmerei, herzinnige Empfindung treten in dem Spiel der Künstlerin klar und eindringlich zu Tage. Der maßvolle Gebrauch der Stimme hat ihr den weichen Wohllaut bewahrt, der bei großer Kraftanstrengung gefährdet wird. Wie großer Beliebtheit sich die Künstlerin stets erfreute, bewies der rauschende Beifall, der ihr erstes Erscheinen begrüßte. Als Gast genoß sie das Vorrecht, auch nach den Actschlüssen vor der Gardine zu erscheinen; ein duften⸗
der Blüthenregen fiel auf die Bühne nieder, so reich und kostbar, wie selten bei ähnlichen Gelegenheiten — Neu besetzt war gestern Abend nur die Partie der Nerissa, und zwar durch Fräulein von Mayburg; heiter und unbefangen, mit ewinnender Einfachheit und natürlicher Keckheit scherzte und neckte
e; gleichzeitig aber brachte sie die rührende Ergebenheit gegen ihre
kluge Herrin im Blick und in der Bewegung wahrhaft zum Ausdruck. Die übrigen Darsteller haben sich in ihren Rollen , oft als tüchtig bewährt; ihre Zahl ist im „Kaufmann von Venedig“ so groß, daß man nicht jeder Einzelleistung wieder anerkennende Worte zollen kann. Es sei genug, zu bestätigen, daß auch gestern Abend jeder an seinem 2 war und seinwolles Können für eine gute Gesammtvorstellung einsetzte. n wie hohem Maße die decorative Einrichtung, die Inscenirung
den Eindruck der Dichtung verstärkt, konnte man gestern aufs neue be⸗ obachten. Es war nicht mehr die Neuheit, die wirkte, sondern die eigenartige Stimmung, die sich jedesmal von dem seenischen Bilde loslöst und das Gemüth ergreift. Der Sonnenuntergang an der Adria mit der hinter lichtem Gewölk aufsteigenden Mondscheibe beim Beginn des Spiels trifft sehr gut den Ton der Sehnsucht und Weh⸗ muth, auf den die Vorgänge auf der Bühne anfangs abgestimmt sind; die enge Gasse, in der über den blutigen Schuldschein verhandelt wird und wo nur die obersten Hausspitzen vom Glanze der einfallenden Sonne getroffen werden, macht einen drückenden und schaurigen Eindruck; die feierliche Pracht des Dogenpalastes gebot Ehrfurcht und die vom Mondschein durchströmten heiteren Gärten Belmontes lagen wie in süßem Zauber gebettet, in den sie die Seelen persenken sollten. Die Pracht der Scene versuchte so, dem Glanz der Dichtung möglichst vollkommen sich anzupassen. — Dem schönen Ge⸗ fh. der ganzen Aufführung entsprach der reiche, warme Beifall der
Zuschauer.
Concerte.
Händel's Oratorium „Samson“ wurde, nachdem es sieben Jahre lang geruht hatte, gestern von dem Chor der Sing / Akademie wieder aufgeführt. Als biblisches Oratorium componirt, gehört es doch zu den dramatisch gedachten Werken und zugleich zu den groß⸗ artigsten Schöpfungen des Meisters. Die Chöre „Es werde Licht“, Zum glanzerfüllten Sternenzelt“, der sechsstimmige Chor: „Hör', Jakob's Gott!. der Doppelchor „Ehret in seiner Herrlichkeit‘, der tiefergreifende Klagegesang der Israeliten „Ihr Thränen fließet“ mit dem folgenden ‚Trauermarsch' des Orchesters, sowie der Schlußchor des erks Laut stimme ein“ sind von überwältigender Wirkung, die allerdings bei der gestrigen Aufführung durch die Kraft und Klangfülle der Stimmen dieses Chors sowie durch eine wahrhaft begeisterte Hingabe für das Werk noch gehoben wurde. Auch die Solisten die Herren Dierich (Tenor. Betz (Baß), Kuh lo (Tenor) und die Damen Stephan (Alt), a, (Sopran) und Haberlandt (Sopran) trugen im Verein mit dem J Orchester zum Gelingen der Aufführung des Orato⸗ riums sehr wesentlich bei. Der einsichtsvollen, stets feurig belebten K Herrn Professors Blum ner sei hier noch besonders erwähnt. .
An demselben Abend g, sich die Altistin Fräulein Clara von Senfft und die Violinistin Fräulein Olga von Zerdahelyi im Saal Bechstein hören. Die Sängerin besitzt eine sehr tiefe, vollklingende Stimme und eine verständnißvolle Vortragsweise, die in Arien von Händel und Gluck sowie in mehreren Liedern von Schu⸗ mann und anderen vortrefflich zur Geltung kam. Die Violinistin hat, von einem etwas herben und spröden Ton abgesehen, viel kechnische Fertigkeit und erntete gleich der Sängerin reichen Beifall von Seiten des zahlreich erschienenen Publikums.
Im Königlichen Opernhaguse wird morgen Mozart's Zauberflöte! mit den Damen Leisinger, Herzog, Dietrich. Kopka, Rothauser, Lammert, Weitz, ö Deppe, den Herren Sommer, Mödlinger, Krolop, Lieban, Betz, Fränkel, Philipp, Krasa, Krüger unter Kapellmeister Weingartner's Leitung gegeben. Am Montag ge⸗ langt Flotow's Martha“ mit den Damen Dietrich, Rothauser, den Herren Betz, Schmidt, Krasa zur Aufführung. Herr Emil Götze singt den Lyonel als Gast, Musikdirector Wegener dirigirt.
Im Königlichen Schauspielhause werden morgen Die Quitzows mit den Damen von Hochenburger, Poppe, Seebach, Conrad, Abich, den Herren Ludwig, Nesper, r chen Vollmer, Keßler, Arndt, Eichhol;, Oberländer, Kahle, Plaschke, Link, Siegrist, Hartmann gegeben. Am Montag findet eine Wiederholung von Shakespeareiß „Sommernachtstraum!ꝰ mit der Musik von Mendelssohn statt. Frau Clara Meyer tritt am Dienstag als Maria Stuart“ auf.
Im Deutschen Theater ist der Wochen⸗Spielplan folgender⸗ maßen festgestellt: Sonntag: „Der Talisman“, Montag: „Der
farrer von Kirchfeld', Dienstag: Man sagt!“, Mittwoch: „Der Talisman“, Donnerstag: Man sagt!“, 66. Goethe⸗Cyklus, J. Abend: Stella“, , Die Mitschuldigen“, , . Man sagt!“ Im, Berliner Theater ist die erste Aufführung des neuen Schauspiels „Chic“ von Alexander Baron von Roberts, mit Frau Sorma in der Hauptrolle, auf Mittwoch angesetzt worden. Am Freitag 39. Abonnements⸗Vorstellung) findet die erste Wiederholung von „Chie“ tatt. Morgen Abend spielt Agnes Sorma die ö. in e,, Nora“. Für Montag ist das Lustspiel „Die Journalisten‘, für. morgen Nachmittaß und für Dienstag Ohnet's „Hütten⸗ besitzer“ angesetzt. Am Donnerstag geht „Der Kaufmann von Venedig“ in Scene und am Sonnabend findet eine Wiederholung von „Hamlet statt. Der Billetverkauf für die erste Aufführnng von »Chig' beginnt, am Montag an der Vormittagskasse des Theaters.
Im Lessing-Theater setzt sich der Spielplan der neuen Woche wieder ausschließlich aus Aufführungen des Lustspiels . Mauer⸗ blümchen? zusammen. Morgen gelangt das Stück am Stadt⸗-Theater in Frankfurt am Main zur ersten Aufführung.
Im Fried rich,Wilhelmstädtischen Theater wird bis einschließlich nächsten Freitag „Freund Felix“ gegeben.
Im Vietorig⸗ Theater findet am Diengtag die letzte Auffũhrung von „Frau Venus“ statt. Vom Mittwoch bis Freitag bleibt das Theater wegen der Vorbereitungen zu den „Sieben Raben“ geschlossen, deren erste Aufführung am . Sonnabend stattfindet. räulein Walden, vom Thegter Unter den Linden, debütirt an diesem Tage in der Rolle des „Liebseelchen“.
Morgen findet im Theater Unter den Linden die zwele Nachmittagsvorstellung der Weinberger'schen Operette, Lachende Erben bei halben Preisen 1
Im Concerthause . am Montag unter Mitwirkung der Toncertsängerin Frau Böhm, des . Herrn Robert vom Großherzoglichen Theater in Weimar), des Professors Bohm, der Herren Carnier, Smit, Herrmann (Dirigent des Ver—⸗ bandes deutscher Zither⸗Vereine), der Cornet à Piston Virtuosen Herren Steffens und Werner und des Mohr'schen Gesangvereing (Dirigent Herr Schmidt) ein Virtuosen⸗Concert statt. .
Der Pensionsanstalt der Genossenschaft Deutscher Bühnen, Angehö riger ist, wie wir der Nat.⸗Itg.“ . durch letztwillige Verfügung der kürzlich in Honnef verstorbenen Wittwe des Theater⸗Agenten, Commissions⸗Raths Roeder ein Legat von 40 000 S zugewiesen worden.
Das französische Ministerium hat, wie W. T. B. aus Paris berichtet, in dem gestern abgehaltenen Ministerrath beschlossen, daß die Beisetzung des Componisten Charles Gounod auf Staate kosten erfolgen soll.
Mannigfaltiges. i.
In Gegenwart Ihrer Majestäten des Kgisers und de Kaiserin ist heute Vormittag die unter dem Proteckorat Ih
Majestät erbaute Immanuelkirche in der Prenzlauer Allee feierlit eingeweiht worden. Der Alexanderplatz, die Prenzlauerstraße und die