1893 / 254 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 23 Oct 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Marine⸗Departements des Reichs-Marineamts, sind in Berlin wieder eingetroffen.

Der Kaiserliche Gesandte in Tanger (Marokko) Graf von Tattenb ach ist vom Urlaub auf seinen Posten zurück— gekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder über— nommen.

Der Königlich . Gesandte am hiesigen Aller⸗ höchsten Hofe Herr Ghika hat Berlin mit Urlaub verlassen und die Geschäfte der Gesandtschaft dem Legations⸗Rath Cuciurano übertragen.

Sachsen.

Das 50 jährige Militär-Jubiläum Seiner Majestät des Königs Albert wurde gestern im ganzen Lande feierlich begangen. Vormittags fand aus dieser

Veranlassung in Dresden für die Truppen evangelischer und katholischer Confession Feld gottesdienst statt. Dem evangelischen Gottesdienst, welcher auf dem Alaunplatz ab⸗ ehalten wurde, wohnten Ihre Königlichen Hoheiten der roßherzog und der Erbgroßherzog von Sachen die Generalität, zahlreiche fremde Offiziere sowie 2000 Mitglieder der Militärvereine, dem katholischen die Prinzen des K Hauses bei. Nach Beendigung des Gottesdienstes hielt Seine Königliche Hoheit der Prinz Georg dem „W. T. B.“ zufolge nachstehende Ansprache an die Truppen:

„Kameraden! Es ist ein hohes, ein herrliches Fest, das wir heute begehen, ein Fest, das jedes Soldatenherz höher schlagen läßt; feiern wir doch heute den Tag, an dem vor 50 Jahren unser König und Kriegsherr in die Armee getreten ist. Dieser Zeitraum von 50 Jahren ist kein leeres, unbeschriebenes Blatt, sondern er ist reich an wich tigen Ereignissen und herrlichen Thaten. Ich erinnere zunächst an den 13. April 1849, wo bei dem Sturm auf die Düppeler Schanzen der damalige jugendliche Prinz Albert die Truppen, die im 1. feindlichen Feuer standen, durch sein Erscheinen und Beispiel an⸗ feuerte. In dem verhängnißvollen Jahre 1866 wem verdankt es zumeist die sächsische Armee, daß sie geachtet von Freund und Feind aus dieser schweren Zeit hervorgegangen ist, als ihm, unserem Führer, dem damaligen Kronprinzen! Und was soll ich sagen von dem ruhm—⸗ reichen Kriege gegen Frankreich, was von dem herrlichen Tage von t. Privat, wo es uns vergönnt war, unter und infolge der ausgezeichneten Führung unseres damaligen Kronprinzen, des jetzigen Königs, zum Erfolge und zur Entscheidung der Schlacht wesentlich beizutragen! Was soll ich sagen von den Siegen von Beaumont und Sedan, die unser König wesent— lich als seine eigenen bezeichnen kann, was von den schweren Kämpfen vor und um Paris! Sind wir stolz auf unseren Koͤnig als Kriegs helden, so sind wir aber auch gewohnt, im Frieden zu ihm empor⸗ zublicken mit Vertrauen und Liebe; ist er doch der gerechte, aber auch milde Beurtheiler unserer Leistungen, der treue Pfleger unserer Armee, ein wahrer Soldatenvater. Kameraden! Wir können diesen Tag nicht . feiern, als indem wir das Gelöbniß unbedingten Gehorsams gegen unseren Königlichen Kriegsherrn und das Gelübde einer unerschütterlichen Treue, der Treue in Krieg und Frieden, der Treue in Glück und Unglück, der Treue bis in den Tod ablegen. Um dieses Gelöbniß zu bekräftigen, stimmen Sie alle mit mir ein: „Hoch lebe Seine Majestät der König und Kriegsherr! Hoch der Held und Sieger! Hoch!“

Um 111½ Uhr nahm Seine Majestät der König die Beglückwünschungen seitens der bereits anwesenden Fürstlich⸗ keiten und Specialgesandten fremder Höfe entgegen. Hieran schloß sich der Empfang von Beglückwünschungs⸗-Deputationen, an deren Spitze sich die vom Prinzen Georg geführte Deputation der sächsischen Armee befand. Der Prinz Georg überreichte im Auftrage der Armee dem König die goldene Kette zum St. Heinrichs-Orden. Die Offiziere, die dem Dienst des Königs angehört haben und angehören, über— reichten eine silberne Truhe mit Photographien, und die sächsischen Militärvereine eine Stiftung in Höhe von 40 000 M, bestimmt zur Erziehung von Söhnen der den Militärvereinen Angehörenden. Der König verlieh 23 Ehrensäbel an seine i n und jetzigen Adjutanten. Nach Beendigung des

Empfangs nahm der König mit den Fürstlichkeiten in den Gemächern der Königin das Frühstück ein.

Nachmittags 5 Uhr 35 Minuten trafen Seine Majestät der Kaiser und Ihre Königlichen Hoheiten der Prin Heinrich und der Prinz Albrecht von Preußen 6 dem Böhmischen Bahnhof ein und wurden daselbst von dem Prinzen Georg empfangen. Seine Majestät der Kaiser begab Sich in Begleitung des Prinzen Georg in offenem vierspännigen Galawagen durch die mit Gasbecken und Candelabern tageshell erleuchteten Straßen, die festlich ge⸗ chmückt waren, 23 dem Schloß. In der Pragerstraße bildete as 2. Grenadier⸗Regiment Spalier. Die nach Tausenden zählende dichtgedrängte Menschenmenge begrüßte Seine Majestät mit brausenden Hurrahrufen. Im Marmorsaale des Residenz— schlosses fand die Begrüßung des Königs und der Königin sowie der fremden Füͤrstlichkeiten statt. Seine M ajestät der Kaiser richtete hierbei, umgeben von sämmtlichen commandirenden Generalen, unter Ueberreichung eines Feld— marschall⸗Stabes in Brillanten folgende Ansprache an Seine Majestät den König:

„Ein seltenes Fest feiern Eure Majestät an dem heutigen Tage. Fünfzig Jahre lang tragen Eure Majestät den Soldatenrock; fünfzig Jahre des militärischen Lebens sind verstrichen, eines Lebens voller Arbeit, voller Aufgaben, voller herrlicher Er⸗ innerungen und Errungenschaften. Eure Majestät sind einer der⸗ jenigen Kämpfer, denen es vorbehalten gewesen, mit Meinem Hochseligen Großvater und Meinem Vater zusammen für unseres Vaterlandes Sicherheit fechten zu können und die Einheit des Reichs, die Kaiserkrone auf dem Schlachtfelde miterobern zu helfen. Nach menschlichem Ermessen wäre es wohl möglich gewesen, daß sowohl Mein Großvater, wie Mein geliebter Vater und des Feldmarschalls Moltke Excellenz am heutigen Tage hätten hier sein können, und freudig wären wir Anderen, Jüngeren, ihren Schritten gefolgt⸗ um das Zusammentreffen der Heerführer zu feiern. Die Vor⸗ sehung hat es anders beschlossen, und Mir ist es nun überkommen, die gesammten Wünsche und die Huldigung des deutschen Heeres am heutigen Tage Eurer Majestät zu Füßen zu legen. Genehmigen Eure Majestät den Ausdruck unseres herzlichsten, innigsten Glück— wunsches zum heutigen Tage. Die Freude, daß Eure Majestät diesen Tag mit ungebrochener Kraft und Frische, mit ungeminderter Arbeits lust und gleichen Interessen erleben und feiern dürfen, erfüllt unser Aller Herzen. Huldigend blickt heute die Armee hier auf den einzigen großen Heerfühter aus jener großen Zeit, auf den letzten Ritter des Eisernen Kreuzes mit dem Großkreuz. Eure

Majestät haben errungen, was einem Soldaten nur zusteht zu er⸗ ringen, die höchste Ehre ist Ihnen zu theil geworden: Sich den Feldmarschallstab vor dem Feind zu erkämpfen. Ich bitte daher Eure Majestät, den Feldmarschallstab, den Ich Eurer Majestät anzubieten wage, als ein Symbol der Huldigung Meinerseits und seitens Meiner Armee zu übernehmen. Zu gleicher Zeit spreche Ich den Wunsch

aus, daß Eure Majestät Uns noch recht lange erhalten bleiben

möge, und daß, da der bewährten Führer und Rathgeber so viele schon aus dem Leben geschieden sind, Eure Majestät Meinem jugend⸗ lichen Streben und Meiner Arbeit für Unsere Armee mit Ihrem be⸗ währten Rathe noch lange zur Seite stehen mögen. Wir vereinigen alle diese Wünsche, die in diesem Augenblick die gesammten com⸗ mandirenden Generale und alle Armee⸗Corps des deutschen Heeres durchzucken, in dem Rufe: Seine Majestät, der General-Feldmarschall König von Sachsen, er lebe hoch! nochmals hoch! abermals hoch!“

Seine Majestät der König erwiderte hierauf:

„Durch das Erscheinen Eurer Majestät ist einem alten Soldaten bei seinem Jubelfest die sehr hohe Ehre zu Theil geworden, einen Kaiser an der Spitze aller Führer des deutschen Heeres vor sich zu sehen. Ich sage Eurer Majestät Meinen tiefgefühltesten Dank. Es ist Mir in früheren Jahren gelungen, die Zufriedenheit des verstorbenen Kaisers und seiner Rathgeber zu er⸗ werben; so bin Ich dafür noch im Tode demselben dankbar. Dieser Stab, den Eure Majestät Mir jetzt verliehen, soll in Meinen Händen fest und sicher sein, und sollte was Gott verhüten möge Ich nochmals das Schwert für deutsches Recht und für die Sicherheit zu ziehen veranlaßt sein, so werden Eure Majestät gewiß glauben, daß Ich mit diesem Stab in der Hand Meine Pflicht erfüllen werde, wie in früheren Zeiten.“

Um 6 Uhr begann die Galatafel. Seine Majestät der Kaiser saß zwischen Seiner Majestät dem König und Ihrer Majestät der Königin. Aderhöchstihm gegenüber saß der Kriegs-Minister, General Edler von der Planitz. Die Tafel war auf das prachtvollste geschmückt; die Anzahl der Gedecke betrug 340. Nach der Suppe brachte Seine Majestät der Kaiser nachstehenden Trinkspruch aus:

„Wollen Eure Majestät huldreich gestatten, daß Ich herzlichen Dank aussprechen darf namens der gesammten Armee für die huld⸗ vollen Worte, die Eure Majestät die Gnade hatten, vorher an uns zu richten. Darf Ich demnächst Meinen persönlichen Dank abstatten für die Annahme der Chefstelle des 2. Garde⸗Ulanen⸗Regiments, wodurch dem Garde⸗Corps ein erneuter Beweis der Huld Eurer Majestät und des Andenkens an dasselbe erwiesen wird, was das Corps besonders ehrt, da es dankbar und stolz an die Zeit zurückdenkt, in welcher es unter Eurer Majestät bewährter Führung unverwelkliche Lorbeeren erwerben durfte. Wir aber in der gesammten Armee ver⸗ einigen unsere Gefühle, unsere Gebete für das Wohlergehen Eurer Majestät in dem Rufe: Gott schütze, segne, erhalte Eure Majestät Ihrem Lande und unserem deutschen Vaterlande, vor allen Dingen als Felkdmarschall unserer Armee. Seine Majestät der König lebe hoch, hoch, hoch!“

Hierauf erhob sich Seine Majestät der König zu fol— gender Erwiderung:

„Ich sage Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät Meinen tiefgefühltesten Dank sowohl für die Worte von vorher als jetzt. Ich glaube Meinen Dank nicht besser aussprechen zu können, als daß Ich die Herren auffordere, auf das Wohl der deutschen Armee und Seiner Majestät des Kaisers, des obersten Kriegsherrn derselben, das Glas zu erheben. Sie leben hoch, hoch, hoch!“

Nach Aufhebung der Tafel fuhr Seine Majestät der Kaiser, lebhaft vom Publikum begrüßt, gemeinschaftlich mit dem König und der Königin zur Festvorstellung im Hof— theater. Bei dem Eintritt der Allerhöchsten ee ha len in die Königliche Loge brachte der Kriegs-Minister General Edler von der Planitz ein Hoch auf den König aus. Seine Majestät der Kaiser nahm zwischen dem König und der Königin Platz. In derselben Loge hatten ferner Platz genommen der Prinz Heinrich und der Prinz Albrecht von Preußen, der Prinz Georg sowie der Prinz und die Prinzessin Friedrich August von Sachsen. In den beiden Königlichen Logen an der Bühne saßen die Prinzessin Mathilde, der Großherzog von Sachsen, die Prinzen Georg und Albert, sowie die übrigen Fürstlichkeiten. Die Vorstellung begann mit Spontini's Ouvertüre zu „Olympia“, worauf das Fest— spiel Die Feuertaufe“ folgte. In der „Feuertaufe“ wurde der Kampf bei den Düppeler Schanzen geschildert, in welchem der Prinz Albert, der jetzige König, zum ersten Male im Kugel⸗ regen stand. Von ganz besonderer Wirkung war die Apo⸗ theose, wobei sich eine nach Hunderten zählende Engelschaar über die Büste des Königs neigte und darauf 500 Soldaten aller Waffengattungen unter „Hurrah“ vorstürmten und dem König Albert huldigten. Alle. Anwesenden erhoben sich und stimmten jubelnd in die Rufe ein. Nach Beendigung der Fest⸗ vorstellung trat der König mit Seiner Majestät dem Kaiser auf den Vorbau vor den Foyers hinaus und nahm die Huldigung der zu vielen Tausenden vor dem Theater harrenden Menge entgegen. Geheimer Hofrath Dr. Mehnert brachte im Namen der Einwohnerschaft Dresdens und Bundes⸗-Präsident Tanner im Namen der Militärvereine ein Hoch auf den König aus. 1000 Sänger trugen zwei Hymnen vor. Fackel⸗ und Lampionträger stellten die Initialen A. R. und die Königliche Krone. Die Ufer der Elbe waren bengalisch beleuchtet, auf den Brücken flammten Leuchtkugeln und Raketen auf, und prachtvolle elektrische Decorationen 6 allerorten. Eintretender Regen beeinträchtigte leider

as Fest. Seine Majestät der Kaiser trat noch Abends 11 Uhr die Rückreise nach Har don an.

Das „Dresdener Journal“ erfährt, daß der König aus Anlaß seines Jubiläums einer Anzahl Militärgefangener des Festungs⸗Gefängnisses in Dresden den Rest der Strafe ent⸗ weder ganz erlassen oder dieselbe erheblich herab⸗ ge etzt habe; ferner seien zahlreiche Gefangene der zandes⸗Strafanstalt Zwickau, die als Personen des Soldatenstandes zu langen Freiheitsstrafen und zur Ent⸗ fernung aus dem Heere verurtheilt worden sind, in Freiheit gesetzt worden. Weiter sei denjenigen Militärpersonen, die gerichtlich wegen entehrender Vergehen mit Freiheits⸗ strafen bis zu sechs Wochen belegt worden sind, und endlich allen im Disciplingrwege bestraften Militärpersonen die Strafe erlassen worden. Personen, die wegen Mißhandlung Unter⸗ gebener verurtheilt waren, seien von einem Strafnachlaß oder von einer Strafminderung ausgeschlossen worden.

Baden.

Karlsruhe, 20. Oktober. Heute Mittag 12 Uhr fand die feierliche . des neuen Geschäftsgebäudes der hier seit dem 1. Ottober 1875 bestehenden Rel fen im Beisein Seiner Königlichen Hoheit des . von Baden, der Mitglieder des Staats⸗Ministeriums, der Spitzen der Behörden, des Vorstandes der Handelskammer und zahl⸗ reicher geladener Gäste statt. Der gestern Abend aus Berlin eingetroffene Reichsbank⸗Präsident, Wirkliche Geheime Rath Dr. Koch en Seine Königliche Hoheit am Eingange des Gebäudes und hatte sodann die Ehre, n hf fag. in dem Geschäftssaale durch eine Ansprache begrüßen u dürfen. Hierauf folgte die Uebergabe der Schlüssel durch ö. ausführenden Baumeister an den Ersten Vorstands⸗ beamten der Reichsbankstelle, Bank⸗Director Puch. Letzterer gab sodann eine kurze Darstellung der Geschichte der Reichsbankstelle und des gegenwärtigen und früheren Ge⸗ bäudes, woran sich eine eingehende Besichtigung sämmtlicher Räume durch Seine Königliche Hoheit und die übrigen Gäste schloß. Um U Uhr vereinigten sich die Theilnehmer der Feier in dem großen Museums⸗Saale zu einem von der Handelskammer für die Kreise Karlsruhe und Baden veranstalteten Festmahl, welches durch die huld⸗ reiche Gegenwart Seiner Königlichen Hoheit des Groß⸗ herzogs einen besonderen Glanz erhielt. Der Vor⸗ in. der Handelskammer, Commerzien⸗Rath Schneider brachte den Trinkspruch auf Seine Königliche , Fabrikbesitzer Holtzmann denjenigen auf Seine ajestät den Kaiser aus. Banquier Rölle, Mitglied der Handels— kammer, toastete auf die Reichsbank, ihrer Verdienste um Handel und Industrie des Großherzogthums gedenkend. In dankender Erwiderung brachte der Reichsbank-Präsident Koch einen Toast auf die Handelskammer aus, worin er in ernster und zugleich launiger Weise die Reichsbank in ihrer verkehrserleichternden und erziehenden Wirksam— keit schilderte, welche im Großherzogthum Baden stets volles Verständniß gefunden habe. Schließlich brachte in zündenden, mit allgemeiner Begeisterung aufgenom⸗ menen Worten Seine Königliche Hoheit der Großherzog ein Hoch auf das Deutsche Reich aus. Nach aufgehobener Tafel verweilte der hohe Herr noch 1 in anregendem Gespräch im Kreise der Gäste. Das Reichsbankgebäude wird morgen in dienstliche Benutzung genommen.

Aus Veranlassung der Feier ist der Reichsbank⸗Präsident durch Verleihung des Großkreuzes, der Bank-Director Puch durch Verleihung des Ritterkreuzes erster Klasse des Zähringer Löwen⸗Ordens ausgezeichnet worden.

Oesterreich⸗Ungarn.

Die Wiener „Abendpost“ vom Sounabend widmet an der Spitze des Blattes dem erlauchten Verwandten und treuen Freunde des österreichischen Kaisers, dem König von Sachsen anläßlich seines Militär⸗Jubiläums einen Rückblick über dessen militärische Laufbahn und hebt hervor: die österreichische Armee, welche durch ihren ruhmgekrönten General⸗Inspector dabei ver⸗ treten werde und in deren Listen der ruhmvolle Name des Königs mehrfach verzeichnet sei, begleite das Jubiläum mit der herzlichsten Theilnahme.

Das „Fremdenblatt“ erfährt, daß die jüngste Anwesenheit des Ministers des Auswärtigen Grafen Kälnoky in Budapest hauptsächlich der Förderung der schwebenden Handelsver⸗ tragsverhandlungen, bezüglich deren in einigen Punkten Divergenzen zwischen den beiderseitigen Regierungen vor— liegen, gegolten habe. Zur Beseitigung dieser Divergenzen habe gestern unter Theilnahme der ungarischen Minister in Wien ein gemeinschaftlicher Ministerrath stattgefunden.

Der Herbsteonvent der Reformirten des Do nau⸗ districts ist, wie „W. T. B.“ aus Budapest erfahrt, am Sonnabend durch den Ober⸗Curator Grafen Ludwig Tisza eröffnet worden. Graf Tisza theilte unter allgemeiner leb⸗ hafter Zustimmung mit, daß die Synodalgesetze nicht sanctio⸗ nirt worden seien, nach einiger Abänderung jedoch hoffentlich die Sanction erlangen dürften. In Betreff der kirchenpolitischen Fragen glaube er, daß nur eine kurze Zeit noch bis zur end⸗ gültigen Feststellung und Veröffentlichung dieser Vorlagen vergehen dürfte; es würde zwecklos sein, so lange der Inhalt nicht bekannt sei, auf Grund bloßer Voraussetzungen sich damit zu befassen.

Frankreich.

In Monteresson fand, wie „W. T. B.“ meldet, am Sonnabend Mittag die Trauerfeier für den verstorbenen Marschall Mac Mahon statt. An dem Leichenzuge nahmen die Civil- und Militärbehörden des Departements, Deputationen der Offiziercorps sämmtlicher H sowie eine ungemein große Anzahl anderer Personen theil. Dem Sarge, der von Unteroffizieren getragen wurde, folgte die zahlreich erschienene Geistlichkeit Ein Regiment bildete Spalier. Während der Sarg auf die Bahre gesetzt wurde, sprach der Pfarrer von Magenta das letzte Gebet. Nach der religiösen Ceremonie defilirten die Truppen vor dem Sarge, der sodann nach dem Bahnhof geleitet wurde. Am Abend traf die Leiche des Marschalls in Baris ein und wurde in der Madeleine⸗Kirche aufgebahrt, wo gestern Mittag die Trauerfeierlichkeiten stattfanden. Bwwor der Sarg aus der Kirche getragen wurde, hielt der Minister⸗Präsident Dupuy eine Rede, worin er den Charakter des Marschalls schilderte und seiner Wirksamkeit als Bürger, als Sigatsmann und als Staatsoberhaupt gedachte. Der Redner führte aus, der Marschall Mac Mahon habe seine Macht mit Loyalität gebraucht, er habe sie mit vorbildlicher Würde wieder abgegeben und den Willen der Nation geachtet. Er sei ein guter Franzose und ein großer Franzose gewesen. Deshalb sei sein Sarg umgeben von so vielen Zeichen der Sympathie und so vielen Zeichen der Achtung und der Trauer fremder Souveräne, die unter Frankreichs befreundeten Fahnen oder als Gegner auf so vielen Schlachtfeldern seine Bedeutung und a Loyalität erprobt hätten. Als der Marschall Mac Mahon ich im Besitz der Staatsgewalt befunden, habe er seine ganze Sorge auf die Stellung Frankreichs dem Auslande gegenüber gerichtet, und seit seinem Rücktritt habe er sehen können, daß die Republik in gleicher Weise diese Pflicht der Wachfamkeit erfüllt habe. Vor seinem Tode

abe der Marschall noch sehen können, daß Frankreich in einer neuen Lage als Lohn für seine weise und aufrichtige Haltung ein sicheres . für den Frieden gefunden hahe, dem Frankreich ergeben sei und dessen ganz Europa bedurfe Der Marschall habe mit Freude von den festlichen Ver⸗

anstaltungen vernommen, die anläßlich des Besuchs der Frankreich befreundeten ruffischen Marine getroffen worden seien, ö die unterbrochen seien, um ihm die letzten Ehren zu ermeisen, und deren moralische Tragweite er als Soldat und Patriot wohl erkannt habe. Der Minister schloß: „Indem wir seine sterbliche Hülle in den Dom der Invaliden zu den Helden führen, mit denen er wetteiferte, beweisen wir unsern . und Gästen, welche ihre Trauer mit der⸗ jenigen Frankreichs vereinigen, daß die Republik über den Kämpfen der Parteien das heilige Bild des Vaterlandes hoch⸗ zuhalten weiß. Indem wir Abschied nehmen von dem Marschall Mac Mahon, wollen wir seinen Wahlspruch unseren Herzen einprägen: Alles für das Vaterland, Alles für Frank⸗ reich!“ Nach dem Minister-Präsidenten ergriff der Kriegs⸗Minister, General Loizillon das Wort und erinnerte in seiner Rede besonders an die Erstürmung des Malakoff durch den Marschall Mac Mahon, an die Krönung jenes gigantischen Kampfes, aus dem Sieger und Besiegte die gegenseitige Achtung als Vorspiel einer festen, dauerhaften Freundschaft davon getragen hätten. Der Kriegs⸗Minister hob ferner die Waffenthat bes Ver⸗ storbenen bei Magenta hervor, wo er, trotz des Muthes und Ringens einer tapferen Armee, durch seine Kühnheit einen gefährdeten Tag in einen Tag des Triumphes verwandelt habe. Schließ⸗ lich gedachte der Minister der Ereignisse von 1870, denen egenüber selbst die äußersten Anstrengungen des Verewigten 6 Unglück des Vaterlandes nicht hätten beschwören können. Aus dieser Prüfung aber sei der verstorbene Marschall noch größer hervorgegangen, da ihn das Vertrauen der Volksver⸗ treter bald zur ersten Würde der Republik berufen habe.

Nach den Reden der Minister wurde der Sarg auf den mit sechs Pferden bespannten Leichenwagen gehoben und der Zug setzte sich nach dem Invalidendom in Bewegung. Auf mehrere Wagen wurden unzählige Kränze gebracht, unter denen besonders der von Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser gesandte Kranz aus grünen Pflanzen mit der Initiale „W“, der Kranz des russischen Mittelmeer⸗ Geschwaders, der des Prinzen von Wales aus Rosen und ver⸗ schiedenen Blumen, die Kränze der Königin Victoria aus Flieder, Rosen und Veilchen und des Königs von Italien aus Palmen, Veilchen und Rosen mit der Widmung: „Humbert J. König von Italien dem Marschall Mac Mahon, Herzog von Magenta“ auffielen. Auch die italienische Botschaft und die italienischen Colo⸗ nien hatten Kränze niederlegen lassen. Dem Leichenwagen folgten zunächst die Familienmitglieder, dann die Botschafter, unter denen sich Lord Dufferin, Oberst Talbot und Graf Münster mit dem gesammten Botschaftspersonal in großer Uniform be⸗ fanden, ferner die besonderen Gesandten, die russischen Offiziere und die Civil⸗- und Militär Abordnungen. Die kirchliche Feierlichkeit im Invalidendom verlief sehr eindrucksvoll. Die Kirche war vollständig mit schwarzen Draperien ausgeschlagen und auf Schilden waren die Bezeichnungen der Schlachten angebracht, an denen der Marschall theilgenommen hatte. Der Erzbischof von Paris leitete die Feierlichkeit und ertheilte die Absolution. Der Marschall Canrobert wohnte der Feier in großer Uniform bei. Nach der kirchlichen Feier wurde der Sarg vor das Thor des Invalidendoms gebracht, worauf die Truppen vor dem Sarge vorbeimarschirten. Die Mitglieder des diplomati⸗ schen Corps und die russischen Offiziere hatten rechts und links vom Sarge Aufstellung genommen. Nach dem Vorbei⸗ marsch wurde der Sarg wieder in die Kirche verbracht, um in dem für die Marschälle bestimmten Gewölbe bei⸗ gesetzt zu werden. Die Trauerfeier war um 4 Uhr zu Ende. Auf dem ganzen Weg, den der Leichenzug zurück⸗ zulegen hatte, drängte sich eine große Menschenmenge, doch kam kein Zwischenfall vor. Nach der Feier im Invalidendom wurde der Marschall Canrobert von den Söhnen des Ver⸗ storbenen, den Generalen, den russischen Offizieren, den Ab⸗ ordnungen der ehemaligen Soldaten, die am Krimfeldzug theil⸗ genommen haben, und dem Pfarrer von Magenta begrüßt. Letzteren befragte der Marschall über die Pflege der französi⸗ schen Gräber. Von der Menge wurde der Marschall Canrobert ehrerbietigst gegrüßt. Das Gedränge vor dem Invalidendom war so stark, daß die Mitglieder der deutschen Botschaft, als sie ins Freie traten, nicht zu ihren Wagen gelangen konnten und daher genöthigt waren, zu Fuß nach der Botschaft zurück⸗ ukehren. Die bie Volksmenge machte in zuvorkommender Weise Platz und begrüßte die Mitglieder der Botschaft auf das respectvollste.

Wie der „Temps“ meldet, hat Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich der Herzogin von Magenta Ihr Beileid telegraphisch übermittelt.

Zu Ehren der russischen Offiziere fand am Sonn⸗ abend im Ministerium des Innern ein Diner statt, wobei der Minister-Präsident Du puy zuerst einen Trinkspruch auf den Kaiser von Rußland, die Kaiserin und die Kaiserliche Familie und, dann einen solchen auf den Admiral Avelane, die russische Marine und das russische Heer ausbrachte. Hierauf erwiderte der russische Botschafter Baron von Mohrenheim: „Es ist vielleicht das letzte Mal, daß ich während der gegen⸗ wärtigen Feste die Gelegenheit habe, öffentlich die Gesundheit des Präsidenten der Republik auszubringen, und ich möchte deshalb meinem Trinkspruch den lebhaftesten Ausdruck ver⸗ leihen. Je stärker aber die Gefühle, desto schwächer der Aus⸗ druck, Ich rufe deshalb aus vollem Herzen nur? „Es lebe der Präsident Carnot! Es lebe der Präsident der Französischen Republik“. Dann hielt Admiral ÄAvelane folgende Rede: Seit dem Tage, wo die Schrauben unserer Schiffe, in den 66 ösischen Gewässern arbeiten, befinden wir uns in einem

auberlande und schreiten von Wunder zu Wunder. Dieser anti gige Zauber, ist so mächtig gewesen, daß uns das Bewußtsein für die Zeit abhanden gekommen ist. Wir befinden uns heute bei dem Minister des Innern, das will sagen bei dem Minister des Herzens Frankreichs. Ich trinke auf die Gesundheit des Minister⸗Präsidenten Dupuy, auf das ohlergehen Frankreichs.“

Die Verhandlungen zwischen Frankreich und England 6 Errichtung einer neutralen Zone in Siam haben in der vergangenen Woche begonnen, sind aber noch nicht über das Anfangsstadium hinaus gediehen. .

Italien.

Wie „W. T. B.“ aus Rom meldet, glaube man, daß die Offiziere des britischen Geschwaders dort eintreffen würden, um der am Mittwoch stattfindenden Beisetz ungs⸗ Feierlichkeit des verstorbenen britischen Botschafters Lord iwwian beizuwohnen.

Der frühere Minister Branca hielt gestern vor

seinen Wählern in Vagllo eine Rede, worin er sich gegen

eine Steuervermehrung und für eine starke Einschränkung

der Ausgaben, auch derjenigen für Militärzwecke; aussprach. Hierbei führte Branca aus, daß der⸗ jenige, welcher den Muth besitzen werde, Europa durch Thaten zu zeigen, daß er den Frieden durch Einschränkun der Rüstungen wünsche, die Sympathien der civilisirten Welt auf sich vereinigen werde und eine Umgestaltung der europäischen Politik herbeizuführen ö.

Der „Moniteur de Rome“ erklärt, daß seine Re⸗ daction das Blatt aus administrativen Gründen aufgebe, und fügt hinzu, er werde unter anderer Flagge die Sache des Heiligen Stuhles vertheidigen.

ESyanien.

Laut Nachrichten aus Melilla vom 21. d. M. hat der spanische Kreuzer „Conde Venadito“ einige Schüsse auf die Verschanzungen der Kabylen abgegeben; die Kabylen seien geflüchtet, worauf der Kreuzer 16 Kanonen gelandet habe.

Griechenland. Die Königliche Familie ist gestern wieder in Athen eingetroffen. Serbien.

Die „Politische Correspondenz“ meldet aus Belgrad, daß die Frage der Reconstruction des Cabinets ver⸗ tagt worden sei; es werde somit in der gegenwärtigen Zu⸗ sammensetzung vor der Skupschtina erscheinen. Der Minister⸗ Präsident Dokic sei in Abazzia eingetroffen.

Amerika.

Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus Washington gemeldet, man habe guten Grund zu glauben, daß vor der Mitte dieser Woche die Abschaffung der Sherman⸗ Acte werde angenommen werden. Das Gesetz würde den Secretär des Staatsschatzes ermächtigen, Obligationen bis zum Gesammtbetrag von 290 Millionen Dollars auszugeben und das gegenwärtig im Staatsschatz befindliche Münzmetall aus— zupraͤgen. Das dergestalt modificirte Gesetz würde die Zustim⸗ mung des Präsidenten Cleveland finden.

Im Senat kündigte Vorhees die Absicht an, ein Amendement zur Geschäftsordnung einzubringen, welches dahin geht, daß, falls eine Vorlage oder Resolution 30 Tage im Senat berathen worden sei, jeder Senator die Festsetzung eines bestimmten Zeitpunktes für die Abstimmung darüber solle beantragen durfen. Ein derartiger Antrag solle nicht amendirbar sein. Falls der Antrag angenommen würde, solle die Ab⸗ stimmung über die betreffende Vorlage oder Resolution zu der festgesetzten ,. stattfinden.

Laut Meldungen aus Montevideo ist der Insur⸗ genten-Kreuzer „Republica“ daselbst angekommen. Aus Rio de Janeiro wird gemeldet, daß der Panzer „Rio⸗ Chuelo“ sich den Aufständischen angeschlossen habe. Die legislativen Wahlen sind auf den Dezember vertagt worden.

Afrika.

Die britische Regierung hat, wie „W. T. B.“ berichtet, von dem Gounerneur des Kaplandes Depeschen erhalten, welche die in der vorgestrigen Nummer d. Bl. mitgetheilten Meldungen des „Reuter'schen Bureaus“ über die Niederlage der Matabeles völlig bestätigen. Der Ort, an dem das Gefecht stattfand, liegt am rechten Ufer des ö Tokwe, nicht weit von seiner Verbindung mit dem 3 Er ist einige dreißig Meilen von dem Pioneer⸗Weg der Gesellschaft entfernt und befindet sich in der Mitte der beiden Hauptquartiere der Kämpfenden Salisbury und Buluwayo. Die Gegend bietet, wie die „Allg. Corresp.“ hört, große Schwierigkeiten für den Transport dar.

Parlamentarische Nachrichten.

Graf Heinrich von Haugwitz, Majoratsherr auf Krappitz im Oppelner Kreise, ist, dem „W. T. B.“ zufolge, mittels Königlicher Ordre auf Lebenszeit in das Herren⸗ haus berufen worden.

Nr. 42 der „Veröffentlichungen des Kaiferlichen Gesundheitsamts“ vom 18. Oktober hat folgenden Inhalt: Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten (Cholera ꝛc.). Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. Desgl., in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Witterung. Zeitweilige Maßregeln gegen Cholera ꝛc. Desgl. gegen Gelbfieber. Gesundheitsverhältnisse in Mailand 1891. Gesetzgebung u. s. w. (Preußen). Besichtigungen von Drogenhandlungen. Aufsehenerregende Ereignisse auf dem Ge⸗ biete der öffentlichen Gesundheitspflege. Lumpensammler ze. , Sachsen) Roßschlächtereien. (Stadt Magdeburg). Minderwerthiges Fleisch. Fleischuntersuchuig. (Rheinprovinz). Entschädigung für an Milzbrand gefallene Thiere. (Sachsem). Maul⸗ und en,, (TDesterreich). Anpreisungen von Arzneifabrikaten. XW e. e. (Ungarn). Lungenseuche der Rinder. (Großbritannien). Mittheilung von veterindärpolizeilichen Maßregeln Gang der Thierseuchen in Oesterreich, 2. Vierteljahr 18935. Desgl. in Großbritannien, 3. April bis 1. Juli 1893. Rinderpest in Rußland, 2. Vierteljahr 1393. Thierseuchen in Rumänien, 2. Vierteljahr 18393. Desgl. in Serbien. Desgl. in Bulgarien. , Maßregeln gegen Thierseuchen. Preuß. Reg.-Bez. Aachen, Dänemark). g (Landgericht Berlin). Feilhalten und Verkauf von Zimmettinctur, Ingwer ⸗Essenz u. dgl. durch einen Drogisten. Bestrafung eines Impfgegners wegen Be⸗ leidigung von Militärärzten. Verhandlungen von gesetzgebenden Ehn haft (Großbritannien.) Abänderung der r ff e Vermischtes. (Preußen, Prov. Schlesien) Schlammkrankheit. (Hannover). Staͤdtisches Lebensmittel⸗Untersuchungsamt zu Hannover 15392. Niederlande). Impfstoffgewinnanstalt zu Utrecht. (Nor⸗ wegen). Irrenhäuser. Lepra 188690. Geschenkliste.

Nr. 41 A des . Centralblatts der Bauverwaltung“ herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 18. Oktober hat folgenden Inhalt: Theophilos Hansen und seine Werke. Stromregulirung und Lanpwirthschat. Ver⸗ mischtes: Preisbewerbung für Entwürfe zu einer Herrenzimmer-Ein⸗ richtung. Preisbewerbung für Pläne zu Bauten für den König—= lichen Hof in Stuttgart. Preisbewerhung für Entwürfe zu dem bildnerlschen Schmuck der fn, des Theaters in Wiesbaden. Vorlesungen im Berliner Kunstgewerbe⸗Museum. Dauer der eisernen Brücken.

Kunst und Wissenschaft.

Im Vexein für deutsches Kunstgewerbe wird Mittwoch, den 25. d. M., Herr Architekt Karl Hoffacker, der an der decorativen Ausstattung der deutschen Ausstellung in Chicago hervor⸗

ragenden Antheil hatte, einen Vortrag halten über die Decoration der Weltausstellung in Chicago und die Betheiligung des deutschen Kunstgewerbes.“ Gleichzeitig werden die Concurrenz⸗Entwürfe zu einem Meisterbrief für die Innung Bund der Bau⸗, Maurer⸗ und Zimmer⸗ meister in Berlin“ ausgestellt werden. Die Sitzung findet Uhr Abends im großen Saale des Architektenhauses statt.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Galizien. t ö Wiener „Abendpost“ vom 20. d. M. brachte folgende Mit⸗ eilung:

Der Gerichtsbezirk Stanislau des pglitischen Bezirks gleichen Namens in Galizien, in welchem bisher 149 Erkrankungen, wovon 60 auf die letzten zehn Tage entfallen, und zwar in der Stadt Stanislau und in nahe gelegenen elf Landgemeinden vorkamen, wurde im Sinne der Beschlüsse der internationalen Dresdener Conferenz als Cholera⸗ herd erklärt und wurden die diesem Zustande entsprechenden sanitären Vorkehrungen im vollen Umfange getroffen.

Spanien.

Durch eine Königliche Verordnung vom 17. d. M. ist die gegen den Hafen von Mazagän erlassene Quarantäne⸗Verfügung unter den üblichen Bedingungen aufgehoben worden.

Griechenland.

Die für Schiffe aus den Häfen zwischen Venedig und Santa Maria di Leuca (beide Orte inbegriffen) angeordnete fünftägige Beobachtungsquarantäne ist in eine solche von 48 Stunden umge⸗ wandelt worden. (Vergl. R. A.“ Nr. 195 vom 14. August) Her⸗ künfte von Tunis unterliegen einer, statt wie bisher zehn⸗ nunmehr nur noch fünftägigen Quarantäne. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 209 vom

k Gibraltar

Die gegen Herkünfte von Antwerpen in Gibraltar angeordnet

gewesene Quarantäne ist aufgehoben worden. Bul gaxien.

Reisende, welche sich mit dem Orient⸗Expreßzug nach Bulgarien begeben, unterliegen daselbst einer 24stündigen Quarantäne. olche Reisende des Orient⸗Expreßzugs, welche sich direct nach der Türkei begeben, setzen ihre Reise in Begleitung des Eisenbahnarztes bis zur türkisch⸗bulgarischen Grenze fort, nachdem ihr Gepäck und ihre Kleidungsstücke äußerlich desinficirt worden sind. (Vergl. R.⸗A.“ Nr. 251 vom 19. Oktober.)

Dänemark.

Die Königlich dänische Regierung hat die aus Anlaß der Cholera gegen Hamburg, die Elbhäfen, Lübeck, Kiel, Warnemünde und die Landesgrenze angeordneten Schutzmaßnahmen wieder aufgehoben. (Vergl. ‚R. Anz. Nr. 228 vom 27 September, Nr. 232 vom 27. September, Nr. 242 vom 9. Oktober.)

; Egypten.

Zufolge Beschlusses des internationalen Gesundheitsraths in Alexandrien vom 8. d. M. werden ö von Neapel nach Ablauf von fünf Tagen, vom Tage der Abreise an gerechnet, nach günstig ausge⸗ fallener ärztlicher Besichtigung und Desinfection der Gebrauchsgegenstände zum freien Verkehr in Egypten zugelassen. (Vergzl. „Reichs. Anzeiger“ Nr. 1983 vom 14. August. Dagegen unterliegen Herkünfte von Livorno und Palermo einer ö Quarantäne nebst ärztlicher Besichtigung und Desinfection der Gebrauchsgegenstände.

Cholera.

Danzig, 22. Oktober. Bei dem am 21. d. M. im Ueber⸗ wachungsbezirk Danzig krank aufgefundenen Schiffsführer Nickel ist durch bakteriologische Untersuchung . Cholera festgestellt worden.

St. Petersburg, 21. Oktober. An Cholera erkrankten und starben nach dem Bericht des W. T. B.“ vom 16. bis 19. d. M. in St. Peters burg 91 bezw. 39 Personen, vom 18. bis 16. d. M. in Moskau 6 bezw. 4. vom 8. bis 14. d. M. in Warschau 23 bezw. 4, in Kronstadt 32 bezw. 15, in Dorpat 16 bezw. 8, in den Gouvernements: Orel 134 bezw. 44, St. Peters burg 84 bezw. 35, Sim birsk 103 bezw. 506, Smolensk 11 bezw. 4, Sjedletz 48 bezw. 24, Chersson 116 bezw. 60, vom 1. bis 7. d. M. in Kursk 129 bezw. 51, in Kasan 166 bezw. 102, vom 7. bis 14. d. M. in Kowno 84 bezw. 30, vom 1. bis 14. d. M. in Moskau 222 bezw. 67.

Rom, 21. Oktober. In den letzten 24 Stunden sind, wie „W. T. B.“ berichtet, 12 Erkrankungen an Cholera und 6 Todes⸗ fälle vorgekommen, in Livorno 5 Erkrankungen und 1 Todesfall.

Theater und Musik.

Königliches Schauspielhaus. Am Sonnabend kam Franz Grillparzer's Trauerspiel

Sappho“ nach neuer Einstudirung wie der Theaterzettel sagt

Da die Tragödie aber mehr als fünfzig Jahre im Königlichen Schauspielhauses geruht hat und inzwischen für die Bühne gleichsam ein neues Zeitalter mit neuen sceenischen Mitteln und Künsten und auch mit neuen Menschen erstanden ist, so kann man eigentlich von einer Neuaufführung sprechen. Franz Grillparzer hat die Stoffe zu seinen Dramen häufig dem griechischen Alterthum ent⸗ nommen; die Trilogie vom „Goldenen Vließ⸗, Des Meeres und der Liebe Wellen“ knüpfen an seine Sagen und Heroenwelt an, und in der Sappho“ verklärt Grillparzer dichterisch das tragische Geschick der hochgepriesenen griechischen Dichterin, die die Liebe eines einfachen Jünglings nicht gewinnen kann und durch den Sprung vom leukadischen e. ihrem Leben und ihrem Liebesleid in den Meeres⸗ fluthen ein Ende setzte. Der tiefe Lehrsinn der Handlung gipfelt in dem Satze: Wer auf den Höhen der Kunst und des Lebens wandelt, kann Begeisterung und anbetende Verehrung bei der kraftvoll auf⸗ strebenden Jugend wecken, aber der süͤße unschuldige Lebensgenuß bleibt ihm verschlossen; der fruchtreiche Herbst kann sich nicht mit dem knospenden Frühling gatten. Grillparzer's tragische Dichterkraft . sich reizboll in der Darstellung der menschlich rührenden, ein-

zur Aufführung. Bibliothekenschrein des

fachen Vorgange, die die Sehnsucht des gereiften Weibes nach der unberührten Jugend und Lebensfrische ausdrücken, wo die Liebe noch ein süßes Ahnen und keine flammende Gewißheit ist; sie zeigt sich 6. in der Ausgestaltung der verzehrenden Liebesqualen, die das ruhmgekrönte Weib martervoll durchschreitet, wenn sie Phaon, den Geliebten, sucht, sich in der tiefsten Demüthigung des Weibes als Priesterin der Musen selbst wiederfindert und, von irdischem Sehnen losgelöst, sich den Unsterblichen zugesellt. Schlicht und einfach tritt die Liebe des Jünglings, die sich in schüchterner Ehrfurcht vor der Dichterin ins innerste Herz zurückzog, der kindlichen Melitta, der unbedeutenden jungen Sklavin gegenüber in die Erscheinung; ein mitleidiger Trostspruch, eine Rose am Busen, ein im Traum gesprochenes Wort deuten die Ent⸗ wicklungsphasen der erwachenden er. an, die unmerklich zum 36 allen Stürmen, troßenden. Gefühl 7 Jede Regung dieser Menschenkinder ist schlicht und natürlich und bl doch fern ab von dem Gemeinen. Die einfache Handlung, die, auf die ursprünglichsten menschlichen Empfindungen gestützt, sich zwischen diesen drei Personen abspielt, wird in ihrer bewegenden Kraft verstärkt durch die Unmittelbarkeit der Sprache des Herzens, durch den leidenschaft⸗ lichen Schwung der Rede und durch die reiche Bilderpracht der dichte⸗ rischen Phantasie, Freilich gehört großer, vornehmer Stil im Vor. trag und Spiel dazu, wenn die Erscheinungen auf Bühne einer solchen Dichtung gerecht werden sollen. Die Haup aufgabe der Vorstellung 2 Fraͤulein * r als E

zu. Die Augen der stolzen Frau, die die größten Geister u Herzen ihres Landes zu ihren Füßen sah, suchten sehnst demüthig bittend nach einem Liebeeblick des unerfahrenen

In dem wechselvollen Spiel des Antlitzes, in den ma wegungen der Darstellerin las man die rastlose Pein,

e vom u lenden Zweifel zu marternder Gewißheit sich steigert, bis das lieben