Kronland sich erstrecke. Der Minister des Innern Freiherr von Feilitzsch hielt die Erleichterungen, welche die Grenz⸗ bezirke bei der Vieheinfuhr genoͤssen, für genügend; andere Landestheile seien gegen eine zu karte österreichische Vieh⸗ einfuhr. Sogar die Einfuhr von Fettvieh in großstädtische Schlachthäuser werde vielfach beanstandet. Er halte es daher für schwierig, dem Antrage Halt zu geben; im Bundes—⸗ rath habe sich dafür keinerlei Neigung gezeigt. Die Theilung Qber⸗Oesterreichs in zwei Sperrbezirke, die vom Abg, Doppelhammer, im oberösterreichischen Landtag beantragt worden sei, sei Sache der österreichischen Regierung; bevor diese gesprochen habe, könne die bayerische Regierung nicht Stellung nehmen. Die Abg. Sellner und Nißler waren im Interesse der Fernhaltung von Seuchen vom fränkischen Vieh gegen weitere Einfuhrerleichterungen. Der Antrag Pichler wurde in seinem ersten Theil abgelehnt, der zweite Theil an— genommen. .
In der vorgestrigen Sitzung des en, , n, wurde die allgemeine Erörterung über die Etats fortgesetzt. Der Abg. Malson (freis.) sprach sich für eine Weinsteuer auf der vom Finanz-Minister im Plenum erörterten Grundlage aus, ebenso für Werthbesteuerung des Tabacks und bezeichnete die Einwände gegen den russischen Handelsvertrag als nichtige; ein Nichtzustandekommen würde für Deutschland schlimme Folgen haben. Der Abg. Lerzer (Centr.) verwies auf die Börsensteuer. Er und der Abg. Orterer (Centr.) hoben die allgemeine Unzu⸗ ,. in Bayern und im Reich hervor. Der Abg.
rterer wünschte, daß die bayerische Regierung weitern Militär⸗ und Marineforderungen entgegentrete. Wenn der russische Handelsvertrag zum Nachtheil der Landwirthschaft abgeschlossen werde, sei dem Faß der Boden ausgeschlagen. Der Abg. Dr. Daller, der auch die Aufrechterhaltung der Staffeltarife beklagte, schloß sich diesen Ausführungen an. Der Minister⸗Präsident Freiherr von Crailsheim bemerkte:
Der Vorsitzende Dr. Orterer habe constatirt, daß eine weit— gehende Unzufriedenheit im Lande herrsche; dies sei der Staatsregie⸗ rung schon bekannt gewesen, ehe es im Landtag betont worden sei. 59 dem Unbehagen hätten einigermaßen die eben beendeten
ahlkämpfe beigetragen. Der Hauptgrund liege allerdings in realen . und dabei sei zu bemerken, daß die Industrie mit dem Wechsel der Dinge mehr vertraut sei, die Landwirthschaft diese weniger dertrage und deshalh mehr als jene klage. Im einzelnen halte er die Klagen der kleinen Städte über ihre Zurücksetzung für 3 aber die Gründe hierfür seien so zwingender Natur, daß die Staatsregierung wenig, dagegen thun könne. egen das Reichs⸗ seuchengesetz habe auch, die bayerische Regierung Bedenken gehegt, namentlich die Bedürfnißfrage verneint, ausgenommen in Bezug auf die Cholera; aber die bayerische Regierung habe nicht soweit durch⸗ dringen können, wie sie gewünscht habe. Den russischen Handels. vertrag anlangend, hätten schon einzelne Redner bemerkt, daß man keine 1. Erklärung von ihm fordern könne. Iedenfalls seien die Befürchtungen vor den Folgen des russischen Handelsvertrags für die bayerische Landwirthschaft übertrieben. Die Aufhebung der Staffel⸗ tarife habe die bayerische Regierung leider nicht erlangen können. Die constitutionellen Bedenken des Abg. Wagner bezüglich der Ueber⸗ schüsse seien ganz unbegründet, die bayerische Regierung werde niemals gegen . Verfassung verstoßen. Der Abg. Dr. Daller habe . Aeußerungen über eine befreundete Regierung gemacht; jedenfalls seien diese nur einer augenblicklichen Mißstimmung über die finanziellen Verlegenheiten des Landes entsprungen. Die Aeußerungen des Abg. Dr. Daller zielten auf ein Bedauern der Auflösung des Deutschen Bundestags und der Gründung des Deutschen Reichs ab. Allein man dürfe doch die vielen und großen Segnungen nicht ver— gessen, die Bayern aus seiner Zugehörigkeit zum F Reich ge⸗ wonnen habe. Auf den Vorwurf, daß die bayerische Regierung für die Militärvorlage gestimmt habe, sei zu erwidern, daß die Militär— organisation für absolut nothwendig erkannt worden sei, daß namentlich auch alle bayerischen Autoritäten diese Nothwendigkeit, erklärt hätten. Die Militärvorlage habe den Zweck gehabt, im Falle eines Krieges die Offensive und die Verlegung des Krieges in Feindesland zu ermöglichen, deshalb hätten uch die Abgeordneten der Pfalz für die Militärvorlage gestimmt. Jedermann wolle Frieden halten, allein es könnten Faͤlle eintreten, in denen es auch, dem gewiegtesten Staatsmann nicht mehr, möglich sei, den Krieg zu, vermeiden. Deshalb habe Fürst Bismarck auf der Wiedergewinnung von Elsaß-Lothringen bestanden, und niemals werde Deutschland diese . wieder preisgeben, denn sie seien für eine erfolgreiche driegführung Deutschlands unentbehrlich. Kein Zweifel dürfe darüber ö. daß die Lasten der Militärvorlage nun auch getragen werden müßten. Sollte der Reichstag die nothwendigen Bewilligungen nicht machen, so bleibe nichts übrig, als daß die einzelnen Staaten sie in Form von Matricularbeiträgen übernähmen, was freilich die drückendste . der Deckung jener am sein würde. Einer Reichs Einkommen⸗ teuer würde die bayerische Regierung niemals zustimmen. Den Klagen des Abg. Dr. Daller über das geringe Entgegenkommen Preußens ständen die Klagen der preußischen. Presse direct entgegen; habe es doch geheißen: das Reich werde, von Bayern regiert. Bayern entwickle eine sehr fruchtbare Thätigkeit im Bundesrath. Die bayerische Regierung wünsche die Wieder⸗ zulassung der Redemptoristen; diese Frage sei aber eine reine Rechtsfrage, und zwar über die Auslegung des sog. Jesuitengesetzes; die preußische Regierung sei in dieser Frage anderer Meinung als die bayerische. L ö über den Hausirhandel seien noch in der Schwebe, da inzwischen auch der Reichstag sich mit dieser Frage beschäftigt habe. Der Rückgang der Eisenbahnrente sei durch die nothwendige Vermehrung der Ausgaben hervorgerufen worden, namentlich durch die Vermehrung des Dienstpersonals, Herabsetzung der Dienstzeit, Vermehrung der Züge, des Wagenparks u. s. w. Die Zukunft der bayerischen Cisenbahnen sei im Augenblick vollkommen beruhigend, übrigens rührten die bisherigen Ueberschüsse vollständig von dem Erträgnisse der Eisenbahnen her. Die Frage der Personen⸗ tarife werde noch speciell erörtert werden; einer generellen Herabsetzung der Personentarife habe der vorige Landtag nicht zugestimmt und eine allgemeine Vereinbarung unter den Eisenbahnverwaltungen sei bisher 1 zu erreichen gewesen. Die Situation sei zwar nicht erfreulich, e, , nicht bedrohlich, und zu einer Befürchtung sei kein Grund gegeben.
Der Finanz⸗Minister Dr. Freiherr von Riedel äußerte:
Die Frage der Ueberschüsse habe er bereits bei seiner Budgetrede enügend hehandelt. Es würde freilich das Beste sein, das Budget o zu gestalten, daß nur ein ganz kleiner Ueberschuß der Einnahmen über die Ausgaben bestehen bleibe. Allein die Ergebnisse des Staats⸗ haushalts in seinen einzelnen Zweigen seien so schwankend gewesen, haf dies unmöglich vorauszusehen gewesen sei. Die Eisenbahnrente habe 1389 47 Ir ien! 1892 nur 35 Millionen betragen, die Ge⸗ bühren hätten 1889 16 Millionen, 1892 13 Millionen ergeben, der Antheil Bayerns an den Zöllen habe 1888 17, 1890 29 Millionen betragen; die Forstrente habe 1889 14 1890 18 Millionen betragen, die aline habe 1890 1 Million, 1899 4 Mil⸗ lionen ahgeworfen. Wer habe diese Schwankungen voraussehen können? Diese Erscheinungen hätten ihren Grund in den Fluctuationen des großen Verkehrs, es kee bei diesen Handelggeschäͤften, die der Staat nolens volens treiben müsse, wie bei den, Fehr ha ten, in denen auch eine Fahrit in einem Jahre gar keine, in dem darauf⸗ folgenden eine gro . Rente abwerfen tönne. u einer Steuerreduction sei es um deßwillen nicht gekommen, weil zunächst eine größere Schuldentilgung vorgenommen worden sein würde, wenn man die Neberschüsse hätte voraussehen können. Die ö Regierung habe alles gethan, um Deckungs mittel . ie ilitär⸗ vorlage zu gewinnen. Die Klage über die Schwankungen
des bayerischen Budgets infolge der Unsicherheit des Reichs haushalts sei vollständig begründet, aber diese Schwan⸗ kungen seien nicht erst durch die Militärnovelle hervorgerufen worden, sondern seien in früheren Jahren ebenso vorhanden gewesen. Das Bestreben der bayerischen Regierung sei dahin gerichtet. diese Schwankungen möglichst zu beseitigen. Der einzelstaatliche Finanz Minister habe die Pflicht, dahin zu trachten, daß das Land, dessen . ihm anvertraut seien, am , . bei der Gestaltung des
eichshaushalts wegkomme; dieses Bestreben hätten e er. alle einzelstaatlichen Minister. Der Gedanke, die Franceenstein'sche Clausel aufzuheben und dadurch dem Reich weitere Cinnahmen zu sichern, sei nicht weiter verfolgt worden. Geplant sei, dem Reich durch neue Steuern solche Einnahmen zu sichern, daß kein Steigen der Matrikular⸗ beiträge möglich sei, eine gewisse Quote zur Schuldentilgung und eine Resertze für Nothjahre übrig bleibe. Werde dieser Plan durchgeführt, so bekämen die Finanz⸗Minister ein festeres Rückgrat, das heißt die Sache begünstige ein größeres Sparen im Reich. Die Mittel zur Durchführung dieses Planes sollten 1) durch eine sogenannte Börsen⸗ st eu er gewonnen werden, 2) durch die Tabackfabrikatsteuer, die sehr viele Vorzüge vor der bisherigen Gewichtssteuer habe; von dem Taback⸗Monopol könne keine Rede sein, diesem habe sich die bayerische Regierung früher widersetzt und werde sie sich immer widersetzen. Der Entwurf sehe eine sehr starke. Besteuerung aus ländischer Fabrikate vor, das komme dem einheimischen Fabrikanten zu gute; die Steuer solle erst erhohen werden, wenn das Fabrikat in den Consum übergehe; und endlich gestatte der Entwurf eine sehr starke Ab⸗ stufung nach dem Weh Der kleine Mann werde nicht besonders getroffen werden, der geringste Rauchtaback werde garnicht und die nächstfolgenden Sorten sehr gering besteuert werden. Das werde niemand behaupten, daß man immer Cigarren rauchen müsse; man könne manchmal mit einer Pfeife Taback, der ungleich billiger sei, ab= wechseln. Die Herren, denen es ernsthaft darum zu thun sei, den Staatshaushalt in Ordnung zu bringen und den Reichshaushalt auf die Dauer zu sichern, möchten ihren Einfluß aufbieten, daß die neuen Reichssteuern zu stande lämen. Die Weinsteuner be— treffend, sage er ganz offen, er sei zuerst erschrocken, als dieses Steuerproject aufgetaucht sei. Die bayerische Regierung habe auch als Vorbedingung gestellt, daß der Weinbauer seinen Haustrunk frei behalten müsse und in keiner Weise belastet oder geschädigt werde. Aber dem Gedanken, daß, nachdem der Branntwein und das Bier so hoch besteuert worden seien, auch der Wein, „das Getränk der reichen Leuten, besteuert werden müsse, könne man sich nicht verschließen, und in der öffentlichen Meinung finde dieser Gedanke auch fort und fort Ausdruck. Die Weinbaugegenden brauchten keine so großen Befürchtungen zu hegen, der Entwurf habe eine Reihe von Bestimmungen, die den Weinbauern recht an— genehm sein würden. Selbstverständlich müsse man der Kunstwein⸗ Erzeugung sehr ernstlich zu Leibe gehen, und das werde auch geschehen. Nicht zu verkennen sei, daß die Weinsteuer sehr große Schwierigkeiten biete, wenn die Steuer ein erhebliches ur er ih liefern solle. Dem Weinbauer jedoch werde keine, besondere Belästigung auferlegt werden. Eine gewisse Selbständigkeit im eigenen Haushalt und kein zu großer Druck in der Steuererhebung, das seien die Ziele, die jetzt erreicht werden müßten und erreicht werden könnten, wenn Jeder, dem die Interessen des Reiches und des Landes am Herzen lägen, nach seinem Berufe dazu mitwirke.
Die weitere Berathung wurde darauf vertagt.
In der gestrigen Sitzung legte der Finanz-Minister Dr. Freiherr von Riedel die einzelnen voraussehbaren Möglich— keiten dar, die Kosten des Reichsmehrbedarfs zu decken. Keines⸗ wegs werde das,. Budget Bayerns gestört werden. Die Börsensteuer könne sofort Erträgnisse liefern. Wenn der
anze Reichs finanzplan dur . erhalte Bayern im Jahre 1894 schon soviel Ueberschüsse, daß sein Zuschuß zum Reich für 1893 wiederersetzt sei.
Hessen. Der Groß fürst und die Großfürstin Sergius sowie der Großfürst Paul von Rußland, sind nach der „Darmst. Itg.“ vorgestern von Darmstadt nach Paris abgereist.
Oesterreich⸗Ungarn.
Das österreichische Abgeordnetenhaus setzte gestern die erste Lesung der Wahlreform vorlage fort. Der jung⸗ czechische Abg. Kramarz sprach sich, wie „W. T. B.“ berichtet, für die Regierungsvorlage gus. Der Abg. Graf Wurmbrand meinte, die ländliche Bevölke⸗ rung lehne das allgemeine Wahlrecht ab, da sie eine Ueberfluthung durch die Socialdemokratie befürchte. Der altczechische Abg. Fanderlik erklärte, das czechische Volk werde der Regierung für die Einbringung der Wahlreform dankbar sein. Der Abg. Prade bezeichnete die Regierungsvorlage als unzureichend und sprach sich gegen den Antrag Baernreither aus. Die Debatte wurde sodann auf Freitag vertagt.
Der Wehrausschuß hat die Landwehrnovelle un— verändert angenommen.
Bei den gestern vorgenommenen Ergänzungs wahlen für das Prager Stadtverordneten⸗Collegium wurden 16 Altczechen und 13 Jungczechen gewählt. 4 Stichwahlen sind erforderlich.
Frankreich.
Die Münzeonferenz hat gestern ihre Sitzungen wieder aufgenommen. Die auswärtigen Delegirten gaben, wie „W. T. B.“ meldet, von den Ansichten ihrer Regierungen über die vorbehaltenen Punkte Kenntniß. Sodann wurde über die Fristen berathen, die dem Publikum für die ECin⸗ ziehung der italienischen Scheidemünze zu bewilligen sind. Die nächste Sitzung findet heute statt.
Der russische Botschafter Baron von Mohrenheim ist gestern Abend von Paris nach Toulon abgereist.
Der Zug mit den russischen Offizieren kam gestern Vormittag 9 Uhr 50 Minuten in Lyon an, Die O n, wurden am Bahnhof von den Civil- und Militärbehörden empfangen und von einer dichtgedrängten Menschenmenge mit lauten Zurufen bewilllommnet. Der Präfect tauschte mit den Offizieren einige Begrüßungsworte aus. Die russischen Offiziere begaben sich dann zu Wagen durch die vom Publikum auf beiden Seiten dicht besetzten Straßen nach dem Stadthaus und waren auf dem ganzen Wege der Gegenstand begeisterter Ovationen. Ueberall wurde ge⸗ rufen: „Es lebe Rußland!“ „Es lebe der Zar!“ „Es lebe der Admiral!“ Im Stadthause bewillkommnete der Maire den Admiral Avelane und stellte ihm den Gemeinderath sowie eine große n e, Abordnungen, die Geschenke über⸗ reichten, vor. egen Mittag begaben sich die Municipal⸗ räthe mit den Gästen nach der Präfectur, woselbst das Dejeuner eingenommen wurde, bei dem der Präfect einen Trinkspruch 5 den Kaiser von Rußland aus⸗ brachte und darin hervorhob, der lebhafteste Wunsch der arbeit⸗ amen Bevölkerung Lyons sei der Friede, welcher den Segen ihrer Arbeit sichere., Der Admiral Avelane dankte für den sympathischen Empfang und trank auf das Gedeihen und den
Ruhm Frankreichs. Nach dem Dejeuner begaben sich die Theilnehmer nach einem Park, wo ein Ehrentrunk dargeboten wurde und gegen 1590 Vereine defilirten. Nachmittags fand im Stadthause ein Bankett statt, woran 409 Personen theil— nahmen. Der Maire toastete auf den Kaiser von Rußland und die Kaiserliche Familie und hob hervor, die Feste, die den Offizieren des russischen Geschwaders auf ihrer Reise bereitet würden, trügen einen friedlichen Charakter. Sie seien eine große Kundgebung für den Frieden, der die Wohl— thaten der Cipilisation sichere. Der Admiral Avelane er⸗ widerte, in Rußland gelte Lyon für die bedeutendste Industrie⸗ stadt, er trinke auf die Municipalität sowie die Bürgerschaft Lyons und auf den Präsidenten Carnot. Nach dem Bankett fand eine von der Presse ver⸗ anstaltete Galavorstellsng im Grand Théätre statt, deren Erträgniß für die Hinterbliebenen der mit der „Russalka“ zu Grunde gegangenen Seeleute bestimmt ist, worauf die russischen Offizlere um 12/9 Uhr Nachts die Reise nach Toulon fortsetzten. Während des Aufenthalts in Lyon und bei der Abreise wurden den russischen Offizieren enthusiastische Kundgebungen dargebracht. .
Wie der „FJigaro“ meldet, ständen an der Südgrenze Algeriens 3000 Mann französischer Truppen, darunter zahl⸗ reiche Kameelreiter, um gegebenen Falls die Tuat⸗Oasen zu besetzen. Die Truppen würden bis Insalach vorrücken, wo eine starke Garnison zurückbleiben solle. Vorläufig 6 indessen die bereits begonnenen Truppenbewegungen infolge der Beschlüsse des Ministerrathes aus diplomatischen Gründen suspendirt worden.
Italien.
Die gestrige Beisetzung des verstorbenen großbritannischen Botschafters Lord Vivian gestaltete sich, dem „W. T. B.“ zu⸗ folge, ungemein großartig. Der Zug bewegte sich langsam durch eine ungeheure, aus allen Theilen der Stadt herbei⸗ geströmte, überall Spalier bildende Menschenmenge. Die Fenster und Balcone der Häuser waren mit Flaggen ge— schmückt und dicht von Menschen besetzt. Der Zug wurde von einer Escadron Carabinieri eröffnet, dieser folgten das diplomatische Corps und dann der Leichenwagen. Die Enden des Bahrtuchs hielten der Minister der auswärtigen Ange— legenheiten Brin, die Botschafter Deutschlands, Sesterreich⸗ Ungarns, Spaniens, Frankreichs, Rußlands und der Türkei, der Ober⸗-Ceremonienmeister sowie Vertreter des Senats und der Kammer. Unmittelbar hinter dem Leichenwagen schritt der Sohn des Verblichenen, zu seiner Rechten der Kron⸗ prinz, als Vertreter des Königs Humbert, und der Oberst Slade, als Vertreter der Königin Victoria. Dann folgten das britische Botschaftspersonal, der Admiral Seymour mit drei Offizieren des britischen Geschwaders, eine Gruppe Minister, Senatoren, Deputirter, darunter Crispi, und hoher Staatswürdenträger, Mitglieder der drei Clubs: „Savoia“, „Vittorio Emanuele“ und „Fratellanza militare“, zwei Wagen mit Kränzen, unter denen sich einer des Königs Humbert und einer der Königin Victoria befand. Eine Abtheilung Artillerie schloß den Zug.
Belgien.
Der mit Prüfung des Wahlgesetzent wurfs beauf— tragte Ausschuß der Kammer hat, wie die „Köln. Ztg.“ er⸗ fährt, in seiner heutigen ersten 5. mit 7 gegen 3 Stimmen das wahlfähige Alter für die Senatswahlen auf 30 Jahre festgesetzt. Der Antrag eines Mitgliedes: den von ihren Frauen geschiedenen Bürgern, die dem Entwurf zufolge die Zusatzstimme der Familienväter verlören, das doppelte Stimm⸗ recht zu belassen, wenn ihnen durch gerichtliches Urtheil die Kinder zugesprochen worden seien, wurde mit 6 gegen 4 Stimmen abgelehnt.
Amerika.
Der Senat hat gestern eine Resolution angenommen, worin der Regierung Dank ausgesprochen wird fuͤr die Be— theiligung des Auslandes an der Weltausstellung von Chicago.
Die „Times“ erfährt aus Philadelphia, die für die Auf— hebung der Shermanacte günstigen Aussichten würden besonders der Thatsache zugeschrieben, daß Präsident Cleveland sich den Republikanern angeschlossen habe. Außerdem sei ein neues Project Sherman's angekündigt worden, das die Ausgabe von Obligationen vorsehe. Die be— unruhigten Demokraten des Südens hätten hierauf beschlossen, ihre Obstruction aufzugeben. — Aus New-⸗York wird dem Standard“ berichtet, daß das Haus der Repräsentanten eine Vorlage angenommen habe, die bestimme, daß alle Offiziere amerikanischer ,. einschließlich der Maschinisten, amerikanische Bürger sein müßten.
In Paris eingetroffene Briefe aus Rio de Janeiro melden, daß ein Decret des Generals Peixoto die den Frem⸗ den garantirten Freiheiten beschränke. .
Aus Buenos Aires wird gemeldet, der Präsident beabsichtige, die Provinzen zu . Die Commission der Kammer sei dem Project der Schuldregulirung nicht günstig gesinnt.
ü berg
der hꝛerht September. — Des weiz. —
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Der socialdemokratische . in Köln nahm gestern den Bericht über die parlamentarische Thätigkeit der socialdemokratischen Reichstagsfraction entgegen, den der Reichstagsabgeordnete Sin ger erstattete. Im Anschluß an seinen Vortrag wurde folgende Entschließung angenommen:
Der Parteitag hat keine Veranlassung, gegen die verflossene Thätigkeit der socialdemokratischen Reichstagsfraction Erinnerungen zu erheben; er heißt daher die Thätigkeit gut und fordert die soeial⸗ demokratische Fraetion auf, auch ferner mit allen Kräften die Interessen des Proletariats zu vertreten, geleitet von dem Grundsatz, daß die parlamentarische Thätigkeit stets Mittel zum Zweck und nicht Selbstzweck sei.
Die hei diesem Gegenstand der Tagesordnung verhandelten Anträge sind zumeist von geringer Bedeutung; uber einen An— trag, daß von den socialdemokratischen Reichstagsabgeordneten immer nur ein Bruchtheil in den Sitzungen anwesend sein sollte, ging man zur Tagesordnung über. Angenommen wurde der Antrag: die socialdemokratische Fraction des Reichstags oh. baldmöglichst einen Antrag auf Beseitigung der jetzt be— tehenden Vereins- und Versammlungsgesetze einbringen. In der gestrigen Nachmittagssitzung stand die Maifeier zur Ver— handlung, über die Herr Liebknecht berichtete. Eine von ihm vorgeschlagene Entschließung empfiehlt, daß nur diejenigen Arbeiter und Arbeiterorganisationen, die ohne Schädigung der Arbeiterinteressen dazu im stande sind, neben den anderen Kundgebungen den 1. Mai auch durch die Arbeitsruhe feiern.
Zum Ausstand der englischen Grubenarbeiter schreibt man der Köln. 3.“ aus London:
Alle Welt beeilt sich jetzt, die Keller mit dem für den Winter nöthigen Kohlenbedarf zu versehen; infolge dessen steigen die Kohlenpreise wieder. 40 Dampfer mit Ladungen von etwa 43 000 t sind seit Freitag in die Themse eingelaufen. Nur wenige Tonnen dieser großen Mme wurden an das Publikum verkauft; der größte Theil war von den Gasgesellschaften bestellt worden. In Warwickshire sind nun alle Bergleute mit Aus⸗ nahme von etwa 300, wieder an der Arbeit. Der Ver⸗ treter der dortigen Grubenarbeiter berechnet, daß der Ausstand in diesem Bezirk allein den Arbeitern 50 900 Pfd. Sterl. in Löhnen, den Grubeneignern 200 009 Pfd. Sterl. gekostet habe. In St. nnn wo letzte Woche bedenkliche Unruhen vorkamen und der Versuch gemacht wurde, das Haus eines mißliebigen Arbeiters in die Luft zu sprengen, ist die Lage so unbefriedigend und die Stimmung unter den Leuten so aufrührerisch, daß die Polizei durch 65 Mann aus der Nachbarschaft verstärkt worden ist. In Pinxton entschlossen sich 50 Mann, die 15 0½ν Lohnherabsetzung anzunehmen und wieder anzu— fahren; die Gruben⸗Direetoren nahmen dieses Anerbieten an und wandten sich daraufhin an die Behörden mit der Bitte, Truppen zum Schutz der Arbeitenden nach Pinxton zu senden. — In den Kohlenbergwerken von Hemsworth wurde gestern, wie W. T. B.“ meldet, die Arbeit zu den früheren Lohnsätzen wieder aufgenommen, wodurch 800 Bergleute Beschäftigung erhalten.
Kunst und Wissenschaft.
Verein für Geschichte der Mark Brandenburg. Sitzung vom 11. Oktober 1893.
Herr Professor Dr. Schmoller eröffnete die Sitzung mit einem Nachruf an den am 6. August d. J. zu Dresden verstorbenen Frei⸗ herrn Louis Fan g ef von Eberstein, den Verfasser einer umfangreichen Familiengeschichte und namentlich einer auf urkund⸗ lichem Material . Biographie seines Ahnherrn, des Feld⸗ marschalls Ernst Albrecht von Eberstein, des Siegers von Nyborg. — Herr Amtsrichter Dr. Holtze besprach das soeben erschienene ver⸗
ODienstvolle Werk des Dr. Lewinski zu Straßburg: „Die Branden
buxrgische Kanzlei und das Urkundenwesen unter den beiden Ersten Hohenzollernschen Markgrafen (1411 bis 1470)“ und zeigte, wie dieses Buch zur Berichtigung, Ergänzung und Erklärung vieler Stellen der betreffenden Abschnitte des Rieden sschen Codex diplomaticus Brandenburgensis zu dienen geeignet sei. — Herr Sin ere , g er rn schilderte, wie König Friedrich der Große nach beendetem siebenjährigen Krieg nach Berlin heim— kehrte, das er seit dem 12. Januar 1757 nicht gesehen hatte. Der ihm hier von der Bewohnerschaft vorbereitete feierliche Empfang fand nicht in der von ihr gehofften Art statt, weil der König erst in später Abendstunde (Gwwischen 8 und 9 Uhr) eintreffen konnte; auch war das Wetter am 30. März 1763 ein sehr kaltes, unfreundliches. Der Monarch kam an diesem Tage aus Schlesien in Frankfurt an, be— sichtigte das Kunersdorfer Schlachtfeld und hatte dann in Tasdorf mit dem Niederbarnimschen Landrath eine lange Unterredung wegen der Kriegsschäden dieses Kreises. Schon am 10. März schrieb der Königliche Herr seinem gelehrten Freunde Marquis d'Argens, daß ihm die Ankunft in Berlin erst zwischen 7 und 8 Uhr ö. möglich sei. Es scheint, der ungeduldig den glorreichen König er— wartende d'Argens habe auf dessen Ankunft um 2 Uhr Nachmittags gerechnet, und derart sei — wie ein Haupt— theilnehmer an der nicht programmgemäß gelungenen, aber überaus glanzvollen und höchst k Bewillkommnungsfeier⸗ lichkeit sich ausdrückt — „das Verhängniß“ entstanden, welches Ramler veranlaßte, in einer Der Triumph“ betitelten Ode zu sagen: .. Siehe, Er lenkt unsern Ehrenbogen aus und unseren gold behangten Rossen, und besteigt den prahlenden Wagen nicht.“ So berichtet der Dichter. In Wirklichkeit aber lenkte . Friedrich dem vor dem Frankfurter Thor erbauten, mit Ramler's lateinischen Inschriften gezierten Triumphbogen nicht aus, sondern wurde hier vom gesammten Magistratecollegio, ‚ehrerbietigst empfangen und be—⸗ willkommnet“. Stets allen Ceremonien abhold, bestieg der philo⸗ sophische König freilich vor seiner Einfahrt in die Landeshauptstadt am 30. März 1763 keinen „prahlenden Wagen“. Er blieb in der — in Gesellschaft seines Schwagers, des Feldmarschalls n erdinand von Braunschweig und des Generals von entulus. Die „angesehensten! Berliner Kaufleute, prächtig uni⸗ formirt und mit Hutkokarden, auf denen in Gold gestickt: „Vivat Fridericus Magnus“ zu lesen war, escortirten den Königlichen Wagen. Die beiden Führer der französischen Freiwilligen⸗Compagnie hatten die Ehre, Seiner Majestät eine prächtig eingebundene Sde überreichen zu dürfen. Andere Glückwunschgedichte, zu deren Ueber gabe es zu spät geworden“, nahm der Monarch am nächsten Vor⸗
e, ,, , entgegen. Als die beim Schein von Wachsfackeln a
dem Wagen des Königs folgenden festlich geschmückten, von vielen Postillonß und Postbeamten begleiteten Bürgercompagnien beim König⸗ lichen Schlosse angekommen, süimmten sie zu wiederholten Malen ein frohes Vivat der König!“ an. Der wirkliche Verlauf des in mannig⸗ faltiger, kostbarer und herzlich gemeinter Art vorbereiteten triumphä— lischen Einzugs des Königs in . Hauptstadt am 30. März steht nicht im 1 mit der Legende, welche aus oben erwähntem Klage⸗ lied Ramler'z fich entwickelt hat. — Herr Dr. Immich sprach im Anschluß an zwe in den letzten Jahren erschienene Arbeiten über die
efangennahme des Finck'fchen Armee⸗Corps bei Maxen. Nach den jetzt vollständig vorliegenden Briefen des Königs kann über den Zweck, den Friedrich mit der Entsendung Finck's verfolgte, kein Jwessel mehr bestehen. König Friedrich hoffte durch das nach Maxen vor— ebene Corps der österreichischen Armee auf dem sicher erwarteten
. nach Böhmen noch erheblichen Schaden zufügen zu können. Die o . Behauptung, General Finck habe von vorn⸗ herein die mit diefem Unternehmen verbundene Gefahr erkannt und
. fu ff geweigert, Friedrich's Befehl auszuführen ist unrichtig; e. ielt ebense wie der König die Position von Maxen für zu i alt daß sie überhaupt von den Oesferreichern, angegriffen werden
nnte. Unberechtigt find auch zum großen Thell die Vorwürfe, welche
Finck wegen seines Verhaltens in den Tagen vor der Kata trophe gemacht wurden; was er that, entsprach den Wünschen des Königs, und. wenn man von einer Schuld reden will. trifft sie Friedrich mindestens ebenso wie seinen General. Ueber die wichtige en. nach der Stärke. des preußischen Corps geben die isherigen Untersuchungen keine genügende Auskunft. Die Angaben einer bald nach der Capitulation von österreichischer Seite veröffent · lichten Liste der Gefangenen wurden in einer preußischen Gegenschrift als zu hoch bestritten und sind infolge dessen nicht weiter beachtet worden. Eine genaue Nachprüfung macht es ge in hohem Grade wahrscheinlich, daß jene Zahlen durchaus auf Wahrheit beruhen, und die Stärke des preußischen Corps ist daher höher anzusetzen, als es bisher geschah. Gegenüber einem neuerdings gemachten Versuch, e. Entschluß zur Capitulation aus der Hoffnung auf Gewährung reien Abzugs zu erklären und zu rechtfertigen, betonte der Vortragende, daß Finck diesen Gedanken in Wirklichkeit nicht gehabt hat, auch ö. Lage der Dinge nicht haben konnte. Finck eh vielmehr, wie si aus seinen eigenen Worten ergiebt, sehr wohl ein, daß ihm nur die Wahl zwischen der Kriegsgefangenschaft und einem Ver⸗ zweiflungskampf frei stand; er erwählte erstere, um seine Truppen für die Zukunft zu bewahren, um sie nicht nutzlos aufzuopfern. Er stand auf demselben Standpunkt wie die so viel getadelten Generale von 1806 und 1807; fast derselben Worte bediente sich Fürst Hohenlohe zur Entschuldigung der Prenzlauer Capitulation. eine solche Denkungszart als berechtigt anerkannt worden; denn auch der Kampf ohne Aussicht auf Sieg, der . nur um seiner selbst willen bleibt eine That von hohem kriegerischen Werth und ist keines⸗ wegs nutzlos, schon des moralischen Eindrucks halber, den ein Widerstand bis zum äußersten und auf der anderen Seite eine Capitulation hinterlassen muß. . Verfahren, so begreiflich es auch ist, blieb doch ein gefährliches Beispiel für die Zukunft. So erklärt es sich, weshalb König Friedrich so streng gegen Finck vorging, dem er bis dahin ein unbegrenztes Vertrauen geschenkt hatte, weshalb er dagegen einem Diericke und einem Fouqué, die in ähnlich verzweifelter Lage wie Finck den Kampf der Gefangenschaft vorzogen, die höchste Anerkennung zollte. — Herr Professor Dr. Brecher berichtete über die diesjährige, in Stuttgart abgehaltene Generalversammlung des Gesammtvereins der deutschen Geschichts-⸗ und Alterthumsvereine.
— Dem ordentlichen Professor an der Universität München, Geheimen Rath und Ober-Medizinal⸗Rath Dr. von . of er ist, wie die Münchener „Allg. Ztg.“ mittheilt, die Function eines Präsidenten der Königli Bayerischen Akademie der Wissenschaften und die hiermit verknüpfte Function eines General⸗ Conservators der wissenschaftlichen Sammlungen des Staats auf die Dauer von weiteren drei Jahren übertragen worden.
— „Wie s. Z. mitgetheilt, waren, im Frühjahr von Seiten des Königlich bayerischen Staats⸗Ministeriums die Architekten Professor Hauberisser, Romeis und Gabriel Seidl eingeladen worden, in be⸗ schränktem Wettbewerb Entwürfe zu dem Neubau des bayerischen National⸗Mu seums in München auszuarbeiten. Im Laufe des Monats September sind nun die drei Pläne eingegangen, und am 14. Oktober traten die sämmtlichen Preisrichter zur Beschlußfassung zusammen. Das Resultat war, dem „Centr. Bl. d. Baub. zufolge, die Annahme des Entwurfs von Professor Gabriel Seidl, vor— behaltlich einiger Abänderungen für die Ausführung. Sämmtliche Entwürfe sollen öffentlich ausgestellt werden.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Cholera.
Oesterreich⸗ Ungarn. In Galizien sind dem „Oesterr. Sanitäts⸗Wesen“ zufolge vom 10. bis 17. Oktober Morgens in 31 zu 19 politischen Bezirken gehörenden Gemeinden 117 Erkrankungen mit 54 Sterbefällen gemeldet worden. Dazu kamen noch 9 Sterbe— fälle unter den früher Erkrankten. Die Neuerkrankungen haben gegen⸗ über der Vorwoche an Zahl etwas zugenommen, insbesondere in der Stadt Stanislau und Umgegend. In Un garn sind vom. bis 13. Oktober 117 Per- sonen an der Cholera erkrankt und 64 gestorben; davon entfielen auf Budapest je 8. In Bosnien wurden in der Stadt Brcka bis einsch. 13. Oktober 64 Erkrankungen mit 32 Todesfällen festgestellt.
Wien, 25. Oktoher. Bei einem gestern aus Pest erkrankt ein⸗ 6 Matrosen ist laut Meldung des W. T. B.“ durch die
akteriologische Untersuchung Cholera asiatica festgestellt worden. SFrankreich. Die Seuche ist nach den Mittheilungen, welche in der Sitzung des französischen Gesundheitsamts vom J. Oktober e wurden, im Süden so gut wie erloschen, da neue Erkrankungen letzthin nicht mehr angezeigt worden sind; von den früher Erkrankten ist in 2 Ortschaften des Departement Basses Alpes, in Barrsme und Clumane je 1 am 1., bezw. am 4. Oktober gestorben. Eine Besserung des Gesundheitszustandes ist auch im Westen bemerkbar gewesen, insbesondere in Nantes. Sehr ungünstig hingegen lauten noch immer die a, aus dem Departement Finist re. Es wurden dort vom 16. September bis 7. Oktober 233 Sterbefälle, seit Aus—⸗ bruch der Epidemie deren 623 gemeldet. Im wesentlichen ist gegen⸗ wärtig die Cholera auf Brest und dessen Vorstädte beschränkt ge⸗ blieben. In Brest betrug die Zahl der an Cholera seit dem 16. September Gestorbenen gg, in der Vorstadt Lambe⸗ zelle 45, in St.- Pierre Quilbign on bis Ende September im Durchschnitt täglich 3, vom 1. bis 7. Oktober insgesammt 2. Sonst ist in dem erwähnten Departement nur in Douarnenez ein ver⸗ einzelter Todesfall festgestellt worden.
Rußland. Ueber den Stand der Cholera Epidemie in Polen wird Folgendes berichtet: In Warschau sind in der Zeit vom 13. bis 20. d. M. S. Erkrankungen und 6 Todesfälle vorgekommen; in den Kreisen Radzimin, Warschau, Gostynin und Wlozlawsk (Gouverne⸗ ment. Warscha) vom 11. bis 19. d. M. 33 bezw. 14; in Kolo, Oiorkow und Lenczyce (Gouvernement Kalisch) vom 10. bis 18. d. M. 9 bezw. 6; im Kreise Cholm (Gouvernement Lublin) vom 11. bis 19. d. M. 5 bezw. 2; im Kreise Konstantinom und Sokolow (Gou⸗ bernement Siedle) vom 12. bis 20. d. M. 48 bejw. 22; in Prasnysz, Mlawa und Kreis Plonsk (Gouvernement Plozk) Tom 10. bis 19. d. M. 42 bezw. A in den Kreisen Lomza, Makow, Ostrolenka, Pultusk, Ostrow und Mazowieck (Gouvernement Lomza) vom 12. bis 19. d. M. 419 bezw. 216; in Mariampol und Godlewo (Gouyernement Suwallih vom 12. bis 19. d. M. 4 bezw. 4.
Rom, 25. Oktober. In den letzten 24 Stunden sind, wie W. T. B.“ berichtet, in Livorno 9 Erkrankungen an Cholera und 5 Todesfälle vorgekommen, in Rom 3 verdächtige Erkrankungen.
Spanien. In der Provinz Bisegya scheint, wie in den ,, des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ berichtet wird, die Cholera in Baracaldo erloschen und an den sonst ergriffenen Orten im Abnehmen zu sein. Vom 9. bis 16. Oktober erkrankten und starben in Bilbao 10 (69, 8 (h, 13 (6), 8 (. 14 (63), 7 (6), 6 (7, sonst in der i. (II, 17 (4), 16 (10), 9 (3, 8 ich, 104, 10 (l), insgesammt 144 (68).
Verdingungen im Auslande.
Spa nien. I. November, 12 Uhr. Munieipalität von Mahon (Balearen): a Beleuchtung der Stadt Mahon auf 30 Jahre. Caution T.
Portu
al. 7. November, 12 Uhr. . — portugiesische Eisenbahngesell⸗
schaft in Lissabon: Lieferung von 516 Stahlreifen, und zwar 365 für
Locomotivräder, 50 für Tenderräder und 260 für Räheres an Ort und Stelle. 31. Oktob Directi crit tthard⸗Eisenb L ; ober. irection der St. Gotthard⸗Eisenbahn in ; Errichtung eiserner Brücken: 345 Tonnen. . 1
gl gien. 30. Oktober. Finanz. Ministerium in Brüssel: Lieferung v verschiedenen Tuchen und Stoffen für die hben c der 3
aggonräder.
Niemals ist aber
Angebote sind auf gestempeltem Papier einzureichen. Lastenheft und 3 liegen im Bekleidungsmagazin im öffentlichen Entrepot zu Brüssel von 10 bis 3 Uhr täglich aus.
Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 25. Oktober. (W. T. B.) Norddeutscher Llovr. Der Schnelldampfer Werra“ hat am 23. Oktober Nachmittags die Reise von Gibraltar nach Genua fortgesetzt. Der Postdampfer Weimar“ ist am 21. Oktober Morgens 86. der Weser angekommen. Der Postdampfer Amerika“ ist am 23. Oktober Nachmittags in New York angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer Oldenburg“ hat am 23. Oktober 5 die Reise von Genug nach Neapel fortgesetzt. Der Schnelldampfer ahn. hat am 24. Oktober Vormittags Silly passirt. Der Postdampfer München“ ist am 24. Oktober Mittags in Genug angekommen. Der Reichs⸗
ostdampfer Karl 3 ist am 23. Oktober Nachmittags in
den angekommen. er Reichs⸗Postdampfer Gera“ hat am 24. Oktober Morgens die Reise von Genua nach Southampton fortgesetzt. Der Schnelldampfer Elbe ist am 24. Oktober Morgens in New⸗Jork angekommen.
Theater und Mnusik.
Berliner Theater.
Ein r r Schauspiel mit dem Titel ‚Chie“, das von dem feinsinnigen Novellenschriftstellee Alexander von Roberts verfaßt ist, ging gestern Abend unter lebhafter Theilnahme der Zu—⸗ schauer zum ersten Male in Scene. Unter „Chic scheint der Ver⸗ fasser alle jene . und herzlosen Mode⸗ und Vergnügungsthor⸗ heiten zu verstehen, die wie Auswüchse der natürlichen Entwickelung erscheinen und besonders in großen Luxusbädern sich den Besuchern aufdringlich bemerkbar machen. Der erste Act des neuen Stückes spielt in einem Hotelgarten in Baden⸗Baden und der letzte auf einer Parkterrasfse von Monte Carlo; beide geben ein Spiegel⸗ bild des wüsten, oberflächlichen Gesellschaftstreibene, das man fast, nur an solchen Orten zu finden pflegt. Ein junges Mädchen, das unschuldig und fröhlich geblieben ist, obwohl die Mutter und der Bruder eine unstäte unsichere Existenz führen und über dem ungenannten Vater ein düsteres Geheimniß waltet, gewinnt mit zartem feinem Sinn einen rechtschaffenen Mann, den Afrika—⸗ reisenden Dolberg. Der jungen frischen Lux‘ begegnet man in der thüringischen Heimath ihres Gatten nur mit scheelen Blicken und miß—⸗ trauischer Ablehnung. Ein Besuch ihrer Mutter, die von ihr Ab⸗ schied nehmen kommt, um mit ihrem ehen aus dem Gefängniß ent⸗ lassenen Gatten, einem früheren Eisenbahn-Direetor, in der 6e ein neues Leben zu beginnen, enthüllt der Tochter das traurige Familien- geheimniß. Trotz der trostreichen Zusprache Dolberg's, der die Vergangenheit seines Schwiegervaters kannte, besteht die junge Frau in einem unbegreiflichen Mißverstehen darauf, den
Gatten zu verlassen und den Eltern zu folgen. In Monte Carlo,
wohin Lux mit ihren Eltern gegangen, trifft sie wieder mit ihrem Manne zusammen. Dolberg, der im Begriff steht, wieder nach Afrika abzureisen, kommt gerade zur rechten Zeit in die Spielhölle, um seine Frau in seinen Schutz zurückzunehmen, als sich ihr Vater eine Kugel durch den Kopf jagt. Um eine volle Vorstellung von dem Inhalt des Schauspiels zu gewähren, müßte die Handlung noch aus— führlicher erzählt werden; denn eine leitende Idee läßt sich ebenfo
wenig darin erkennen, wie ein lebendiger, streng durchgeführter Charakter.
Der Verfasser will in dem Schauspiel die Erbaärmlichkeit und Ver⸗ kommenheit der Lebewelt, deren höchste Gottheit man „Chic“ nennt, aufdecken und verurtheilen; er läßt in diesem Sumpf ein reines, gutes Menschenkind mit starker Empfindung aufblühen, das an den Eltern wie 3. hbeste Tochter hängt, das aber endlich, nachdem es über den geliebten Mann endloses Unglück heraufbeschworen hat, glücklich mit ihm wird. Zu gleicher Zeit richtet der Verfasser strafende Worte 1 die gute, ehrbare, aber etwas engherzige Welt, wie sie zuweilen auf dem Lande und in kleinen Städten zu finden ist, weil sie der in ihrem Benehmen sehr freien, auch manchmal sehr unüberlegten, aber unschuldigen Lux kühl und abweisend begegnet. Der Ernst, mit dem der Verfässer allem, was ihm unwahr und oberflächlich erscheint, zu Leibe geht, gewinnt ihm sicher Achtung und Sympathie; sein An⸗ griff verliert aber an Wirkung durch die Zerstreutheit und Jer⸗ fahrenheit der Kampfesweise. An Handlung fehlt es dem Stück nicht; man erkennt nur nicht immer den inneren Zusammenhang der Vor⸗ gänge und die Nothwendigkeit vieler neu eingeführter Personen und breit angelegter Scenen. Im Beginne spinnen sich tausend ö an, die auf eine große innerlich gefestigte Handlung schließen lassen, aber nur sehr wenige können mit dem Grundgedanken zu Ende geführt werden. Fast gewann man den SGindruck, als 4 die Menge der Figuren die mangelhafte Charakterzeichnung verdecken sollte. Lux, die Hauptträgerin des Schauspiels, läßt in Baden-Baden einen geheimen Abschen vor dem hohlen Treiben, vor dem Wander⸗ leben von Hotel zu Hotel durchblicken und giebt einer schmerzlichen Sehnsucht nach einer festen, sicheren Heimath Ausdruck; auf den thüringischen Gütern ihres Gemahls aber, als sie die sichere Seim⸗ stätte gefunden, treibt sie unbegreifliche Kindereien und sehnt sich nach dem tollen Treiben Nizzas und Wiesbadens; im Schmerz zeigt sie plötzlich eine große, überstolze Seele, die sich durch das einzige War Mitleid‘ tödtlich beleidigt fühlt und deshalb ihren Gatten flieht, um mit den Eltern das Leben einer Hochstaplerin zu führen. e Charakter der Mutter schillert in allen Schattirungen von einer Abenteuerin bis zum opferfähigen Weibe hin und her. Der arme Afrikareisende will viel und kann nichts. Die Nebenversonen kommen diesen gegenüber garnicht in Betracht. Zuweilen bricht durch die Menge grober Unnatur eine wirklich zarte Empfindung, ein fein beobachteter Charakterzug, ein glücklicher Gedanke. der den begabten Romancier verräth, hindurch; aber ein Dramendichter hat sich in diesem Schau⸗ spiel nicht offenbart. Das Stück ist mit großer Sorgfalt in Scene gesetzt worden. In der Rolle der Lux trat Frau Sorma auf, aber auch ihr über⸗ legtes Spiel vermochte nicht zu einer klareren Anschauung der Gestalt zu verhelfen. Sie übertrieb in der Fröhlichkeit durch manche unschoönen Bewegungen, durch manche Formlosigkeit; im Schmerz und in der deidenschaft fand sich aber die große Künstlerin wieder, und der dritte Act erzielte Durch die ergreifende Darstellung der Frau Sorma eine roße Wirkung; den letzten Aufzug vermochte sie nicht zu retten. err Kraußneck als Solberg trug die ö von Beginn an zu tark auf; jeder Gesinnungswechsel krat ebenso schnell wie beftig in seinen Aeußerungen ein, ohne daß seine inneren Ursachen angedeutet wurden. Von den übrigen Mitwirkenden trat nur Frau Bau meistser in einer kleinen, mit Humor gespielten Rolle, als Haug-⸗ hälterin der ehrbaren Familie Dolberg, hervor. An Beifall und an e n g git . . . . galten, fehlte nicht. Nach dem letzten Act machte sich allerdings au wa Widerspruch bemerklich. r 2 36.
Concerte.
Die bereits vortheilhaft bekannte Pianistin Fräulein Selen ,, gab am Dienstag im Each With st f ein ae, in welchem sie außer dem schon früher mit Beifall aufgenommenen Klavier⸗Quartett von G. C. Taubert noch Solostücke bon Mozart, . von 9 . Mendelssohn, Raff und anderen
ehör brachte. In allen Vorträgen bewies die Künstlerin die sthh an ihr gerühmte, gut geschulte Technik und eingehende Ausdrucks weise. Die Cyncertsangerin räulein Oberb eck unterstützte das neert h 23 ue, 6 , een, die Herren . meister Grünber relle un emann brachten erwãhnte k 3 3 i, . ach . Gestern li im Sana ech stein die Co äangerin räulein Helene Frank hören, und . in i 2 . . Brahms, Bungert,. J. Cichberg und anderen. Die wohl geschulte Stimme ist in der NMittellage von sehr angenehmer Klang, während die Höhe ein wenig 6. klingt; ganz beson