1893 / 272 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 13 Nov 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Rathen nach Albendorf im Kreise Neurode, Regie⸗ rungsbezirks Breslau, zur Anwendung kommen. Die ein— gereichte Karte r anbei zurück. Neues Palais, den 30. Oktober 1893. Wilhelm R. Thielen.

An den Minister der öffentlichen Arbeiten.

Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten.

Dem . Heinrich Rievel aus Hannover ist unter Anweisung des Amtswohnsitzes in Marburg die com⸗ missarische Verwaltung der Kreis⸗Thierarztstelle für den Kreis Marburg übertragen worden.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗Angelegenheiten.

Am r' Schullehrer⸗-Seminar zu Pölitz ist der bisherige Seminar-⸗Hilfslehrer Scheibe zu Kammin i. Pom. als ordentlicher Seminarlehrer angestellt worden.

Hauptverwaltung der Staatsschulden.

d

Die am 1. Juli 1894 zu tilgenden Schuldverschreibungen

der Staats-Anleihe vom Jahre 18684 werden am Dienstag, den 5. Dezember 1893, Vormittags 11 Uhr,

in unserm] Sitzungszimmer, Oranienstraße / 94, 1 Treppe, im Beisein eines Notars öffentlich durch das Loos gezogen.

Die verloosten Schuldverschreibungen werden demnächst nach den Nummern und Beträgen durch Zeitungen und Amts⸗ blätter bekannt gemacht.

Berlin, den 6. November 1893.

Hauptverwaltung der Staatsschulden. von Hoffmann.

w nnn chin ng.

Von den zuständigen Staats⸗ und Kirchenbehörden wird die Er— richtung eines neuen evangelischen Kirchspiels der Christus—⸗ kirche in Berlin und im Zusammenhange damit die nachfolgende Veränderung in den Grenzen der Kirchspiele von Drei— faltigkeit, St. Lukas, Heilig-Kreuz, Jerusalem und Zwölf⸗Aposteln beabsichtigt.

.

Die Grenzen des Christuskirchsprengels sind:

a. im Norden, Nordosten und Osten: die Nordgrenze der Grund⸗ stücke Nr. 438 und Nr. 100A der Königgrätzerstraße, die hintere Grenze der an der Morgenseite der Königgrätzerstraße belegenen Grundstücke von der südlichen Grenze der Hedemannstraße ab bis zum Belle -A lliance⸗Platz (sodaß mit eingeschlossen werden die Nummern 20, 21 und 22 des les gletsh ü, , und der Königgrätzerstraße, sowie au das an dieser nicht numerirte Eckhaus Nr. 23 des Belle⸗Alliance⸗Platzes), ferner die Mittellinie der Belle⸗Alliance⸗Brücke und die Mittellinie der Belle⸗ Alliancestraße bis zum Schnittpunkte mit der Mittellinie der Kreuz⸗ bergstraße;

b. im Süden: die Mittellinie der Kreuzbergstraße von dem oben⸗ gedachten Schnittpunkte bis zur hinteren Grenze der auf der Morgen— seite der Möckernstraße belegenen Grundstücke;

c. im Westen (und Norden): diese hintere Grenze (mit Ausschluß der Eckgrundstücke) vom Schnittpunkte mit der Mittellinie der Kreuz— bergstraße bis zur Mittellinie des Landwehrkanals, diese Mittellinie vom Schnittpunkte mit der hinteren Grenze der auf der Morgenseite der Möckernstraße belegenen Grundstücke bis zum Schnittpunkte mit der hinteren Grenze der auf der Abendseite der Großbeerenstraße belegenen Grundstücke, vom Schnittpunkte ab nordwärts diese hintere Grenze ein⸗ schließlich der an dem Halleschen Ufer, der Kleinbeeren⸗ und Halle— schen Straße belegenen Eckgrundstücke, und im Anschluß daran die hintere Grenze der auf der Abendseite der Königgrätzerstraße belegenen Grundstücke bis zum Schnittpunkte mit der unter a angegebenen Nordgrenze. .

ie Evangelischen, die in den durch diese Grenzlinien von Dreifaltigkeit, St. Lukas, Heilig-Kreuz, Jerusalem abgetrennten Straßen und Straßentheilen wohnen, sollen unter Auspfarrung aus je den bezeichneten Kirchengemeinden zu einer neuen evangelischen . der Christuskirche vereinigt und dabei soll bestimmt werden:

a. die Begräbnisse aus der neuen Parochie finden bis zu einer mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde eintretenden anderweitigen Regelung auf dem Kirchhofe der Kirche zum Heiligen Kreuze statt;

b. die Stolgebühren der neuen Pagrochis fließen zur Christus—⸗ kirchenkasse; und neben den Taxen der Tauf⸗, Trauungs⸗ und Attest⸗ gebühren, wie solche durch die bestätigten Beschlüsse der Vereinigten Kreissynoden für gaaz Berlin festgesetzt sind, sollen bis auf weiteres für die Angehörigen der neuen Parochie je nach ihrer bisherigen

ugehörigkeit zu Dreifaltigkeit oder St, Lukas oder Heilig Kreuz oder Jerusalem auch die Begräbnißstolgebührentaxen je dieser Kirchen in fortdauernder Geltung bleiben. 3.

Von dem Kirchensprengel zum Heiligen Kreuz werden ferner die nachfolgend unter a und b bezeichneten Theile unter Auspfarrung der darin wohnenden Evangelischen von der Kirche, zum Heiligen Kreuz und Einpfarrung zu a: bei der Zwölf⸗Apostelkirche, zu b: bei der St. Lukaskirche abgetrennt und hinzugelegt: :

a. zum Sprengel der Zwölf Apestelkirche: daz im Norden durch die hintere Grenze der Grundstücke auf der Nachtseite der . im Osten durch das Gleise der Dresdener Eisenbahn, im Süden durch die Weichbildgrenze und im Westen durch die Parochialgrenze eingeschlossene Stück; . ;

b. zum Sprengel der St. Lukagkirche: das im Osten durch die hintere Grenze der Grundstücke guf der Morgenseite der Möckern straße, im Süden und Westen durch die Mittellinie der Kreuzberg⸗ straße und die neue Parochialgrenze mit Zwölf ⸗Apostel, im Norden durch die bisherige Parochialgrenze von St. Lukas eingeschlossene Stück einschließlich der Eckgrundstücke der Möckernstraße.

Indem wir den vorstehenden Parochial⸗-Regulirungsplan hiermit zur öffentlichen Kenntniß bringen, fordern wir alle Betheiligten auf, etwaige Einwendungen dagegen bis zum 20. November d. J. während der Zeit von 10 Uhr Vormittags bis 2 Uhr Nachmittags in dem Amtszimmer Nr. 10 unserer Geschäftsräume (Schützenstraße 26 0) bei dem Bureau⸗Vorsteher, Rechnungs⸗Rath Paucke oder dessen Stell⸗ rertreter unter geeignetem Ausweise über ihre Betheiligung bei der Sache schriftlich einzureichen oder mündlich zu Protokoll zu erklären.

Berlin, den 26. Oktober 1893.

Königliches Gonsistorium der Provinz Brandenburg. Schmidt.

Abgereist:

Seine Excellenz der commandirende General des J. Armee⸗ Corps, General der Infanterie von Werder.

Aichtamtliches.

Deutsches Reich.

Prenßen. Berlin, 13. November.

Seine Majestät der Kaiser und König, Aller⸗ höchstwelche am Sonnabend Abend von Piesdorf nach dem Neuen Palais zurückgekehrt waren, nahmen gestern Mittag um 12 Uhr den Vortrag des Reichskanzlers entgegen.

Heute früh um 71 ½ Uhr hörten Seine Majestät den Vortrag des Chefs des Civilcabinets und begaben Sich um 8 Uhr 40 Minuten von der Wildparkstation aus mittels Sonderzugs nach Kreuzenort in Oberschlesien und von dort mit Wagen nach Kuchelna zur Fasanenjagd bei dem Fürsten Lichnowsky. Während der Fahrt ließen Seine Majestät Sich von dem Chef des Müittärcabinets Vortrag halten.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin sind, wie „W. T. B.“ meldet, in Begleitung Ihrer Durchlaucht der Prinzessin Amalie zu Schleswig⸗Holstein heute Vormittag um 9 Uhr 35 Minuten von der Wildparkstation mittels Sonderzugs zum Besuch Allerhöchstihrer Mutter, der Herzogin Adelheid zu Schleswig⸗-Holstein, Hoheit, nach Dresden abgereist.

In der am Sonnabend, 11. d. M, unter dem Vorsitz des Vice⸗Präsidenten des Staats⸗-Ministeriums, Staatssecretärs des Innern Dr. von Boetticher abgehaltenen Plenarsitzung des Zundesraths wurde der Entwurf eines Gesetzes wegen Gewährung von Unterstützungen an Invaliden aus den Kriegen vor 1870 2c. den Ausschüssen für Rechnungs⸗ wesen, für das Landheer und die Festungen und für das Seewesen überwiesen. Dem Handels- und Schiffahrts⸗ vertrage zwischen dem Reich und Spanien wurde die Zustimmung ertheilt. Genehmigt wurden zum Reichshaus⸗ halts-Etat für 1894195 die Etats der Marine⸗Verwaltung, der Verwaltung der Eisenbahnen, des Auswärtigen Amts, des Reichsamts des Innern, des Reichs⸗-Eisenbahnamts und des Rechnungshofs. Endlich wurden der Besoldungs- und Pen⸗ sions-Etat der Reichsbankbeamten für 1894 und der Etat der Schutzgebiete für 1894 / 95 genehmigt.

Heute hielten die vereinigten Ausschüsse für das Land⸗ heer und die Festungen, für das Seewesen und für Rech⸗ nungswesen, sowie die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen Sitzungen.

Die Börsenenquéte-Commission hat am 11. d. M. in ihrer 93. Sitzung nach Feststellung des dem Reichskanzler zu erstattenden a n, Berichts ihre Verhandlungen beendet. Diese hatten am 6. April 1892 begonnen, haben also länger als ein und ein halbes Jahr in Anspruch genommen. Der Vor⸗ sitzende, Reichsbank-Präsident, Wirkliche Geheime Rath Dr. Koch schloß die Verhandlungen, indem er den Mitgliedern der Commission den Dank der Reichsregierung für ihre mühe— volle Thätigkeit und die Hoffnung aussprach, daß ihre Arbeiten aufklärend wirken und dem Vaterlande dauernd zum Nutzen gereichen würden. Das älteste Mitglied dankte dem Vorsitzenden und dessen Stellvertreter, Geheimen Ober— Regierungs⸗Rath Gamp, für die anstrengende und erfolgreiche Leitung der Verhandlungen. Ueber die Veröffentlichung des Berichts und der sonstigen umfangreichen Materialien, welche sich zum theil noch im Druck befinden, wird der Reichs— kanzler seiner Zeit Entscheidung treffen.

Der Inspecteur der 1. Cavallerie-Inspection, General der Cavallerie von Krosigk, à 12 Suite des Leib-dGarde⸗ Husaren⸗Regiments, ist vom Urlaub hierher zurückgekehrt.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich baye— rischer Staatsrath und Staats⸗Minister der Finanzen Hr. Freiherr von Riedel, Königlich württembergischer Staats⸗ Minister der Finanzen Dr. von Riecke, Herzoglich sachsen⸗ altenburgischer Staats⸗Minister von Helldorff, Fürstlich reußischer Staats⸗Minister Dr. Vollert und Bürger⸗ meister der Freien und Hansestadt Hamburg Dr. Vers mann

sind in Berlin angekommen.

Bayern.

Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich ist anläßlich der Vermählungsfeierlichkeiten heute Vormittag um 10 Uhr in München eingetroffen. Der Kaiser wurde am Bahnhof von Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz⸗Regenten und sämmtlichen k Prinzen des Königlichen Hauses empfangen. Am Bahnhofe war eine Ehrencompagnie aufgestellt. Unter Begleitung einer Ehrenescorte fuhren der Kaiser und der Prinz⸗Regent nach dem Königlichen Schlosse, überall von der Spalier bildenden, zahlreichen Volksmenge mit Hochrufen begrüßt. Die Häuser der Stadt tragen reichen Flaggenschmuck.

Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent hat nach der „Allg. Ztg.“ den General der Cavallerie und Inspecteur der JV. Armee⸗Inspection Prinzen Leopold zum General⸗ Inspecteur der bayerischen Armee ernannt.

Die Kammer der Abgeordneten hat in ihrer vor— gestrigen Sitzung die Berathung des Etats der Militär⸗ verwaltung begonnen. .

Die socialdemokratische Gruppe hat den Antrag eingereicht: die Kammer wolle erklären, daß die neuen Re ichs⸗ steuern, insbesondere die Steuern auf Taback und Wein, eine abermalige schwere Volksbelastung seien und der ausdrücklich von den verbündeten Regierungen eingegangenen Verpflichtung, die Kosten des Militärgesetzes nicht auf die Schultern der Minderbemittelten zu legen, auf das schroffste

widersprächen. Württemberg.

Ihre Majestät die Königin ist am Freitag Abend, von Schloß Hohenburg kommend, in Bebenhausen ien fn, nachdem Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Pauline bereits im Laufe des Nachmittags von Marienwahl daselbst

angelangt war. Oldenburg.

H. Nach dem seitens der Staatsregierung dem Land⸗ tage porgelegten Entwurf eines neuen Gehaltsregulatins für den Civilstaatsdienst sollen vornehmlich die Gehalte

der Lehrer an den höheren ,,,, , sowie der technischen Beamten erhöht werden, da das jetzt geltende Regulativ bei den seit Erlaß desselben veränderten wirthschaft⸗ lichen , n und insbesondere in Rücksicht auf die er—⸗ heblich höheren Gehaltssäße in den benachbarten Staaten, namentlich Preußen, nicht mehr als ausreichend angesehen werden könne. Zugleich bezweckt der Entwurf, bei den Gehalts— zulagen das bisherige Pauschalsystem durch das System der festen . en zu ersetzen. In dem dem Landtage vorgelegten Staatsbudget des e ihm Oldenburg für die nächste Finanzperiode sind an innahmen vorgesehen: Vom Staatsgut für 1894 887 531,21 6, für 185 882 838,21 MS, für 1856 879 738,21 M, von Gewerbsrecognitionen, Sporteln, Gebühren, für den Ge— brauch von Staatsanstalten 2c. bez. 1 854 710 16, 1 852 30 M, 1852370 S, Steuern bez. 2239 900 MS,, 2 246 800 S, 2 254 600 S, Vermischtes bez. 4 048 758,79 6, 332 531,79 M, 300 791,579 S, im ganzen für 1894 9 030 000 6, für 1895 5 315 000 MS, für 1896 5287 500 6 An Ausgaben sind veranschlagt: Allgemeiner Landesaufwand für 1894 613 580,57 M, für 1895 616 310,57 ½, für 1896 664 420,57 M0, Verwaltung des Innern bez. 2034 090 6, 1 964 276 (6, 1940466 6e, Verwaltung der Justiz bez. 696 981 (t, 678 221 6, 667 263 S½ς, Verwaltung der geistlichen Angelegen— heiten und Schulen bez. 762 475,B77 Ss, 756 113.77 M, öS 293,77 6, Verwaltung der Finanzen bez. 2 398 638,58 M, 2412297, 96 6, 2 394 668,75 MS, Vermischte Ausgaben bez. 95 236, 08 MS, 63 780,70 M6, 65 887,91 6, im ganzen für 1891 6 601 000 HS, für 1895 6491 000 S, für 1896 6491 000 ( An sonstigen Vorlagen sind dem Landtage u. a. zugegangen: zwei Gesetzentwürfe über Aenderungen des Civilstaats— dienergesetzes; Entwurf einer Wegeordnung für das Herzogthum; neues Gehaltsregulativ für die Ober⸗ Beamten der Eisenbahnverwaltung; Normal-EStat für das Gendarmerie-Corps; Gesetzentwurf über das Versteigerungswesen. - Zum Präsidenten des Landtags ist der Abgeordnete Qber— Bürgermeister Dr. Roggemgnn-⸗ldenburg, zum Vice⸗ Präsidenten Abg. Groß-⸗-Brake gewählt worden.

Lippe.

Der Landtag ist am 8. d. M. in Detmold zusammen⸗ getreten. Unter den Vorlagen befindet sich, wie die „Köln. Itg.“ erfährt, die Gewährung von Wohnungsgeld an sämmtliche Staatsbeamte, die bisher weder Dienstwohnung hatten noch Wohnungsgeld bezogen. Der erforderliche Betrag beläuft sich auf 33 060 6 Die Begründung der Vorlage weist auf die allgemeine Preissteigerung aller nothwendigen Lebensbedürfnisse sowie darauf hin, daß die Gehälter der Beamten in anderen Staaten erheblich höher seien als in Lippe, wodurch die Gewinnung und Erhaltung tüchtiger Kräfte für manche Zweige des Staatsdienstes erschwert werde. Die Regierung erklaͤrt ferner, daß sie nach einigen Jahren in der Lage zu sein hoffe, auch eine Erhöhung der Gehälter der Beamten vorzuschlagen.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Die „Wiener Ztg.“ von gestern veröffentlicht nachstehende Handschreiben des Kaisers:

Lieber Graf Taaffe!l Ueber das Mir überreichte Demissions— gesuch des Gesammt-Ministeriums für die im Reichsrath vertretenen Königreiche und Länder finde Ich Mich bestimmt, demselben die erbetene Enthebung vom Amte in Gnaden zu gewähren.

Zugleich verständige Ich Sie, daß Ich unter Einem den Fürsten Alfred zu Windisch-Grätz zu Meinem Minister⸗-Präsidenten für die im Reichsrath vertretenen Königreiche und Länder ernannt und mit der Bildung eines neuen Ministeriums betraut habe.

Wien, am 11. November 1893.

Franz Joseph. Taaffe.

Lieber Graf Taaffe! Mit Bedauern enthebe Ich Sie auf Il Ansuchen von dem Posten Meines Minister-Präsidenten und von de Leitung Meines Ministeriums der Innern.

Ich vollziehe einen Act der Herzenspflicht; indem Ich Ihnen Meinen wärmsten und anerkennendsten Dank für die lange Reihe treuer und hervorragender Dienste ausspreche, welche Sie, in allen Lagen von den besten patriotischen Absichten geleitet, mit selbstlo en hingebungsvollsten Pflichteifer und mit wahrer Selbstaufopferung Mir und dem Staat geleistet haben. 3.

Seien Sie überzeugt, daß alles, was Sie und ein jedes Mit⸗ glied des enthohenen Ministeriums für den Staat Ersprießliches ge— schaffen, in Meiner dankbaren Erinnerung bewahrt bleiben wird.

Wien, am 11. November 1893.

Ihr 261

Franz Joseph.

Lieber Fürst zu Windisch⸗Grätz! Ich ernenne Sie zu Meinem Minister⸗Präfidenten für die im Reichsrath vertretenen Königreiche und Länder und sehe Ihren Anträgen bezüglich der Bildung des neuen Ministeriums ehestens entgegen.

Wien, am 11. November 1893. Franz Joseph.

Lieber Fürst zu Windisch⸗Grätz! In Genehmigung Ihrer Anträge ernenne Ich den Grafen Fal kenhayn neuerlich zu Meinem Ackerbau⸗Minister, den Feldzeugmeister Grafen Zeno Welsers⸗ heim b neuerlich zu Melnem Minister für Landesvertheidigung, den Marquis Olivier Bacquehem zu Meinem Minister des Jungmn, den Grafen Friedrich Schönborn neuerlich zu Meinem Justii⸗ Minister, den Geheimen Rath, Landeshauptmann in Meinem HDerzogthum Steiermark. Grafen Gundgker Wurm brand, R Meinem Handels⸗Minister, den Vlce . Pra identen des r. netenhauses Stanislaus Ritter von Madeys ki zu Meinem Mmnister für Cultus und Unterricht, den LegationsRath a. D. Dr, Ernst Edlen pon Plener zu Meinem Finanz-Minister und den Geheimen Rath Apollinar Ritter von Jaworski zu Meinem Minister. 6

Bie diesbezüglichen, an dieselben gerichteten Handschreiben folgen im Anschlusse mit.

Wien, am 11. November 1893. ;

Franz Joseph.

l . Alfred Fürst zu Windisch-Grätz.

Weitere Handschreiben an die früheren. Minister Dr. von Gautsch, von Zaleski und Dr. Steinbah sprechen diesen, unter Vorbehalt der Wiederverwendung ö. Dienste, volle Anerkennung für ihre ding e ., und . ö ezeichneten Dienste aus. In dem Handschreiben an h

Minister von Gautsch sind insbesondere die Verdienste um die

Entwickelung und Hebung des Unterxichtswesens sowie um ö. Förderung der Interessen aller 5 erwähnt, in den . Dr. Steinb ach 3 Handschreiben die erfol Ir,, Bemühungen zur Erhaltung des Gleichgewichts im, . haushält und die Regelung der Währungsverhältnisse ef Handschreiben, durch welche die bisherigen Minister . ö Graf Welsersheimb, Graf Sch

born und Marquis de Bacquehem wiederernannt werden, 6 die Anerkennung des Kaisers aus für in der bisherigen Stellung geleistete hingebungs⸗ volle und ausgezeichnete Dienste, und heben ins⸗ besondere hervor bei Graf Welsersheimb die Verdienste um Hebung und Ausgestaltung der Landwehr, bei Marquis de Bacquehem die Verdienste, die in der Entwickelung der Handelsverkehrsverhältnisse Oesterreichs so glänzenden Ausdruck gefunden hätten, bei Graf Schönborn bie großen Verdienste um die Entwickelung der Rechtsverhältnisse und um die Anbahnung wichtiger Reformen auf allen Gebieten des Nechtswesens.

Dem Grafen Taaffe hat der Kaiser außerdem sein Bildniß mit einer huldvollen Widmung übersandt.

Gestern Nachmittag leistete das neue Ministerium, wie „W. T. B.“ berichtet, dem Kaiser den Eid. Sodann wurden die Mitglieder einzeln von Allerhöchstdemselben empfangen. Nachmittags stattete der Kaiser dem Grafen Taaffe einen halb⸗ stündigen Besuch ab.

Gestern Abend hat sich der Kaiser zu den Vermählungs—

teierlichkeiten nach München begeben. Zugleich mit, dem Kaiser hat am Freitag auch die Kaiserin der oßherzogin von Sachsen-Weimar e . Botschaftspalais einen längeren Besuch ab⸗ gestattet.

Der Kaiser hat den Erzherzogen Franz Ferdinand von Oesterreich-Este, Ludwig Victor und Friedrich das Großkreuz des St. Stefans-Ordens verliehen.

Der ehemalige Minister Dr. Freiherr von Bach ist ge— storben. Er bekleidete 1818 im Ministerium Doblhoff⸗-Wessen⸗ berg die Stelle des Justiz-Ministers, die er am 8. Oktober desselben Jahres niederlegte. Am 21. November übernahm er im Ministerium Schwarzenberg-Stadion dasselbe Portefeuille und wurde nach dem Rücktritt des Grafen Stadion im Mai 1849 Minister des Innern, welchen Posten er bis zum 21. August 1859 behielt.

Das ungarische Unterhaus hat am Sonnabend nach dreitägiger Generaldebatte, der kürzesten aller bisherigen Budgetdebatten, das Budget für 1894 mit großer Majorität genehmigt. Im Verlaufe der Debatte wies der Minister⸗Präsident hr. We kerle den Vorwurf zurück, als ob ein übermäßiges Anwachsen der Heeresausgaben die culturelle Entwickelung Ungarns hindere, und gab der Hoffnung Ausdruck, daß ern in, Anforderungen der Kriegsverwaltung, gegen die er seinerzeit erfolgreich aufgetreten sei, nicht mehr vorkommen würden. Betreffs der Regelung der Valuta halte er es für un⸗ zulässig, sich in einer so wichtigen Frage immerfort zu äußern. Die Regelung der Valuta sei an keinen Termin gebunden, und da der als wahrscheinlich bezeichnete Zeitpunkt der Beendigung der Operation noch in weiter Ferne liege, so könne angesichts des von Erfolg begleiteten einleitenden ersten Schrittes von einer Nichterfüllung gegebener Versprechen nicht die Rede sein. Heute tritt das Haus in die Einzelberathung des Budgets ein.

Großbritannien und Irland.

Die „Times“ stellt in ihrer heutigen Ausgabe Vergleiche an bezüglich der europäischen Flotten und besteht darauf, daß die britische Flotte auf einen unüberwindlichen Stand gebracht werden müsse, selbst wenn weitere 100 Millionen Pfund Sterling für die Vermehrung der Flotte ausgegeben werden müßten.

Frankreich.

In dem vorgestern im Elysée abgehaltenen Ministerrath it der Wortlaut der ministeriellen Erklärung, die in der Kammer verlesen werden soll, festgestellt worden. Wie die „Köln. Itg.“ vernimmt, wird sie in Bezug auf die Ein— kommensteuer folgenden Satz enthalten: „Die Regierung ist entschlossen, jeden Steuergesetzvorschlag, welcher den Charakter einer Progressivsteuer oder einen inquisitorischen Charakter hat, unberücksichtigt zu lassen.“

Die Regierung wird sich dem „Temps“ zufolge an die dem General Dodds im Monat April ertheilten Instructionen halten und die von London in Paris angekommenen Ge— sandten des Königs von Dahomey, deren Mission keinen genügend beglaubigten Charakter hat, nicht empfangen. Aus Oran wird gemeldet, daß in Val my (Algier) die Einweihung eines von arabischen Stämmen zur Erinnerung an den Vertrag von 1835 errichteten Denkmals stattfand. Der General-Gouverneur wohnte, wie ‚W. T. B.“ be⸗ richtet, der Feier bei und sagte in einer Ansprache: das Denkmal lege Verwahrung ein gegen diejenigen, welche die fran⸗ zösischen und arabischen Elemente als feindlich gesinnt darstellten. Frankreich habe sein Werk noch nicht vollendet und werde, wenn Tag und Stunde ihm geeignet erschienen, weiter schreiten, um die Theile, die heute noch nicht seinem Einfluß unter⸗ lägen, der Civilisation zu erobern.

Italien.

. Die „Gazzetta Ufficiale“ vom Sonnabend veröffentlicht ein Decret, wodurch die Zahlung der Zollabgaben in Metallgeld angeordnet wird. Die Emissions-Institute werden angewiesen, an diejenigen, welche darum zum Zwecke der Zahlung von Eingangszöllen ersuchen, auf Namen lautende Lagerscheine (Warrants) gegen Zah⸗ lung von Staats- oder Bankbillets in dem Betrage der Warrants mit Zuschlag des Wechselagios unter Abzug von 25 Cent. für je 100 Fr. zu geben. Das an die Emissionsbanken zu zahlende Wechselagio wird sich dem Durchschnittspreise für die Cheks guf das Ausland gleich tellen, wie dieser an den Börsen in Rom, Turin, Mailand, Venedig, Florenz, Neapel und Palermo zwei Tage vor dem⸗ senigen Tage notirt wird, an dem die Warrants übergeben werden sollen. Die Zollämter werden diese Warrants bei . als Metallgeld in Zahlung nehmen.

ö. Das Parlament ist, wie „W. T. B.“ meldet, zum 23. d. M. einberufen worden.

Fortis, der Führer der legalitären äußersten Linken, hielt gestern in Bologna in der demokratischen Union der Emilia eine Rede, worin er betonte, das Gleichgewicht im Staatshaushalt sei um jeden Preis gänzlich sicher zu. stellen. Er lehne eine Verminderung der militä⸗ zischen. Ausgaben ah. und gcceptire., die finanziellen Vorschläge des . im Princip. Wenn das . dauerhaft festgestellt sei, so werde dies die wirt . Lage des Landes günstig beeinflussen und den Credit Italiens heben, dessen ungünstige Lage nicht pi Folge natürlicher Ursachen, sondern die Wirkung einer danerlichen finanzpolitischen Verschwörung sei, die den Credit, . Production und die Arbeit Italiens seit langer Zeit auf as äußerste bekämpfe. Er werde seine bisherige Hallung im

Parlament bewahren und blicke voll Vertrauen auf die Zu⸗ kunft des Vaterlandes.

Der Papst, der nunmehr ganz wiederhergestellt ist, ertheilte am Sonnabend mehrere Audienzen.

Syanien.

Der Infant Don Antonio von Orleans wird sich, 36 ö. T. B.“ meldet, in das Hauptquartier in Melilla egeben.

Aus Melilla ist in Paris die Nachricht eingetroffen, daß der die Cavallerie der Kabylen commandirende Scheikh von einer spanischen Kugel getödtet worden sei. Der Feind sei dadurch entmuthigt worden. Zahlreiche Kabylen suchten die außer Kanonenschußweite liegenden höheren Berge zu erreichen. Einige kleine Schützengruppen erwiderten schwach das Feuer der Forts.

. ö in Barcelona hat zwei Personen verhaftet, in deren Besitz 215 000 Pesetas in falschen Banknoten vor— gefunden wurden, sowie ca. 40 Falschmünzer und Anarchisten, die in der kleinen Stadt Capellades wohnhaft sind. Der Pariser „Autorité“ zufolge würde Spanien die Initiative er— greifen zur Zusammenherufung einer internationalen Lommission, die mit der Ausarbeitung von Maßregeln gegen die Anarchisten betraut werden solle.

Schweiz.

Bei den am Sonnabend vorgenommenen Nachwahlen zum Nationalrath verloren nach einer Meldung des „W. T. B.“ die Radicalen in Basel einen Sitz an die Con⸗ servativen, behaupteten dagegen den Sitz in Neuenburg. In Appenzell-Innerrhoden siegte der liberale Candidat über den ultramontanen. In Tessin werden wahrschein⸗ lich die Radicalen einen Sitz erhalten und in den beiden Stichwahlen, welche nöthig sind, werden voraussichtlich die Ultramontanen siegen. Im ganzen gestaltet sich das Er— gebniß der Wahlen zum Nationalrath für die Parteien so: daß die Radical-Demokraten fünf Sitze verlieren und drei ge⸗ winnen, die Ultramontanen vier verlieren und die Liberal⸗ Conservativen sechs gewinnen. Die Radicalen behalten auch im neuen Nationalrath eine große Mehrheit.

Türkei.

Der Sultan hat, wie „W. T. B.“ berichtet, am Sonn⸗ abend den deutschen Botschafter Fürsten von Radolin in dreiviertelstündiger Audienz empfangen.

Der großbritannische Botschafter in Konstantinopel Sir F. Ford ist in gleicher Eigenschaft nach Rom versetzt worden.

Griechenland.

Das neue Ministerium hat sich dem „W. T. B.“ zu⸗ folge folgendermaßen constituirt: Trikupis, Präsidentschaft und Finanzen; Bufidis, Inneres; Stephanon, Justiz und interimistisch Auswärtiges; Oberst Tsamados, Krieg; Bu tulis, Marine; Kalliphronos, Unterricht.

Amerika.

Dem „New⸗Hork Herald“ wird über Montevideo aus Rio de Janeiro gemeldet, daselbst seien alle Banken ge—⸗ schlossen. Das Bombardement der Stadt habe wieder begonnen. Der englische Konsul habe bekannt gemacht, daß alle Waaren und Schiffe im Hafen von den Commandanten der ausländischen Kriegsschiffe geschützt werden würden.

In Paris eingegangenen Nachrichten aus Buenos Aires zufolge hat der Gouverneur von Cordoba seine Ent⸗ lassung gegeben.

Asien.

Wie die „Times“ aus Bangkok von gestern erfährt, versuchten die Franzosen, die Eingeborenen zur unentgelt⸗ lichen Frohnarbeit bei der Erbauung von Straßen am linken Ufer des Mekong heranzuziehen, wobei mehrere von den Loas, die sich geweigert hätten zu arbeiten, nieder— geschossen worden seien. Der ganze gebirgige Theil von Tongking sei infolge dessen in vollem Aufstande, dem gegenüber die Franzosen ohnmächtig seien. Die eingeborenen Truppen seien demoralisirt und schlössen sich den Rebellen an.

Parlamentarische Nachrichten. Der Landrath Strutz, Mitglied des Hguses der Ab⸗ geordneten für den 2. Liegnitzer Wahlbezirk (Sagan⸗ Sprottau), ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern gestorben.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Spanien.

Die gegen Provenienzen von Altona angeordnete Quarantäne ist aufgehoben worden. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 232 vom 27. September.)

Die gegen Nantes und Umgegend unter dem 3. Juli d. J. an— geordnete Quarantäne ist unter den üblichen Bedingungen aufgehoben worden. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 167 vom 15. Juli.)

; Dänemark.

Durch eine sofort in Kraft getretene Bekanntmachung des Königlich dänischen Justiz⸗Ministeriums vom 10. d. M, sind die unter dem 9. September d. J. gegenüber Grimsby dänischerseits angeordneten Maßnahmen zur Verhütung der Einschleppung der Cholera aufgehoben worden. (Vergl. ReAnz.“ Nr. 223 vom 16. September und Nr. 266 vom 6. November.)

Cholera.

St. Petersburg, 10. November. An Cholera erkrankten bezw. starben nach dem Bericht des ‚W. T. B.“ vom J. bis 9. d. M. in St. Petersburg 27 bezw. 11 Personen, vom 29. v. M. bis 4. d. M. in Warschau 0 bejw. 4, in Kronstadt 6 bezw. 2; in den Gouvernements: vom 22. bis 29. v. M. Warschau 33 bezw. 17, Kursk 92 bezw. 43; vom 29. v. M. bis 4. d. M. Grodno 22 bezw. 7, Kowno 102 bejw. 37, Livland 37 bezw. 23, Orel 91 bezw. 31, Minsk 13 bezw. 6, Lom sha 75 bezw. 48 und St. Petersburg 23 bezw. 6. ͤ

Kon stantinopel, 12. November. (W. T. B.) meldet: Am Donnerstag kamen hier 27 Erkrankungen an Cholera vor, wobon 22 einen kuf ichen Ausgang nahmen. Von Freitag bis Sonnabend früh wurden 23 Ertrankungen an Cholerg gemeldet; die Zabl der Todes- falle ii. noch nicht festgestellt. In Pera ist eine Person an Cholera erkrankt; in der W. Haskioi sind 6 Personen erkrankt und 4 gestorben.

Verkehr S⸗Anstalten.

Laut Telegramm aus Aachen ist die i 1 über Ostende vom 12. d. M. ausgeblieben. Grund: Zug⸗

verspätung in England und ungünstiges Wetter auf See.

Bremen, 1IJ. November, (W. T. B.) Norddeu tscher Lloyd. Der Postdampfer Berlin“ hat am 9. November Nachmittags St. Vincent passirt. Der Schnelldampfer Aller ist am 10. November Morgens, auf der Weser angekommen. Der n, . „Roland ist am 9. November Vormittags in New⸗

ork angekommen. Der Reichs , Habsburg“ hat am 19. November Vormittags die Reise von . nach Port Said fortgesetzt. Der Postdampfer Fürst Bismarck hat am 10. No— vember Nachmittags Ouessant passirt.

= 12. November. (W. T. B.) Der Schnelldampfer Kaiser Wilhelm II.“ hat am 10. November Abends die Reise von Gibraltar nach New⸗HYork fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer Preußen * hat am 11. November Morgens die Reise von Port Said nach Neapel fortgesetzt. Der Reichs-Postdampfer ‚Olden⸗ burg“ ist am 11. November Vormittags in Colombo an- ekommen. Ter Postdampfer Pfalz. nach dem La Plata be⸗ timmt, hat am 165. November Abends Santa Cruz passtrt. Der ,,,. Dres den * hat am- 11. November Vormittags izard passirt. Der Reichs⸗Postdampfer „Sachsen“ hat am 1. November Nachmittags die Reise von Antwerpen nach Southampton fortgesetzt.

„Triest, 11. November. (B. T. B. Der Lloyddampfer „Vorwärts“ ist heute Nachmittag hier eingetroffen.

St. . 12. November. (W. T. B.) Wie die Nowoje Wremja! erfährt, ist mit der Riga⸗Düngburg⸗Eisen⸗ 2 ngesellschaft ein Vergleich über die Verstaatlichung zu stande gekommen.

Theater und Mufik.

Deutsches Theater.

Die Aufführung des Mysteriums „Kain“ von Byron, das von Adolph L'Arronge frei übertragen und für die Bühne ein— gerichtet worden ist, fand am Sonnabend stürmischen Beifall, während die dann folgende Darstellung von Hans Hopfen's Schauspiel Der König von Thule“ bei den Zuschauern auf merkbaren Widerstand stieß,

Byron's ramen, von wilder Genialität und von hin reißendem Glanz der Sprache getragen, haben doch auf der Schaubühne bisher nicht recht festen Fuß fassen können. Die trotzige wuchtige Gedankenwelt strömt bei dem Dichter in tiefsinniger Redefluth dahin, aber 3 setzt sich nicht in Handlung um. Dieser Mangel hindert die Volksthümlichkeit seiner Dramen auf dem Theater. Das Wagniß war also groß, das Buchdrama „Kain zu einem Bühnenstück umzuprägen und damit eigentlich erst in die sinnliche Welt der Erscheinungen einzuführen; eben so groß erscheint aber das Verdienst des Bühnenleiters, der, ein hohes Ziel mit Opfermuth verfolgend, die großartige Dichtung dem ganzen Volke zugänglich macht. Eine Handlung birgt der Kain“ kaum; lange philosophische Zwiegesprächs, in denen sich das trotzige Herz Kain's gegen die . Strafe des Leidens und des Todes aufbäumt, die er und alle folgenden Geschlechter um der Mutter Fehltritt willen auf sich nehmen müssen, bilden fast aus⸗ schließlich den Inhalt des Mysteriums. Kain, der unruhige Zweifler, und Lucifer, der ewig widerstreitende Geist, erwägen mit titanenhaftem Groll die Güte des ewigen Gottes; Lucifer zeigt dem wißssens⸗ durstigen Kain das ungemessene Weltall, den Ort der ab⸗ geschiedenen Seelen, früherer, zerstörter Welten, und führt ihn dann zu den Seinen zurück, noch tiefer von dem Gefühl seines Nichts durchdrungen, noch gewaltiger in seinem Trotz gegen den Allmächtigen. Der ruhige glückliche Sinn Abel's, der nicht grübelt, sondern gläubig und gottergeben sein Opfer zum Altar trägt, quält und martert den ruhelosen Geist Kain's. Wie der Gegensatz zwischen diesen beiden Geistern, dem anklagenden Kain und dem gläubigen Abel, der seinen Altar vor der verwegenen Raserei des von Zweifeln gepeitschten Bruders mit seinem Leibe schützen will, im Brudermord endet, ist das einzige Moment, das von dem Dichter mit dramatischer Kraft geschildert wird. Der Aufschrei Zillah's: Der Tod ist in die Welt gekommen der Tod, den alle fürchteten und den Niemand kannte —, war von ergreifender Wirkung, die sich bei dem fürchterlichen Fluche Epa's noch steigerte. Von dichterisch einziger Kühnheit und Kraft zeugt die Charakterzeichnung der verschiedenen Glieder dieser ersten Menschenfamilie. Die beiden Hauptgestalten, Kain und Lucifer, stehen groß, düster und ergreifend im Vorder grunde. Kain's leidenschaftlicher Trotz findet sich im Spiegel⸗ ilde der aufgeschreckten Mutterseele wieder, die ihrem Erst⸗ geborenen fluchen kann. Voll holden Liebreizes stellt der Dichter Adah dar, die Gattin und Schwester Kain's, die das verlorene Eden an der Seite des geliebten Mannes wiederfindet und ihm, liebend und tröstend, in die dunkele Ungewißheit folgt; aus ihrem Munde erklingt auch der ahnungsvolle Weckruf, daß vielleicht

doch eines Tages ein schuldloses Opfer unser Geschlecht erlöoͤsen könne;

aus Adah's Liebe strahlt Trost und Versöhnung, die einen milden Schein auf die unstäte Verzweiflung Kain's werfen. Zillah tritt weniger selbständig hervor. Adam und Abel weisen in ihrer Charakteranlage eine nahe Verwandtschaft auf; der Antrieb zur Sünde wohnte nicht in ihrem Herzen, aber da sie ge⸗ kommen ist, tragen sie geduldig und gottergeben die Strafe. Wenn man den Eindruck des Ganzen zusammenfaßt, so steht man vor einer weiten und umfassenden Gedankenwelt, die nach Goethe's Aus⸗ spruch jeden rein empfänglichen Geist zum Erstaunen und Bewundern anregen muß.

Die Arbeit L'Arronge's darf als wohlgelungen gelten, obgleich der Bearbeiter den größten Theil des zweiten Actes unterdrückt hat. An decorativen und maschinellen Einrichtungen ist Auserlesenes geleistet worden. Das blühende Thal im rötblichen Schimmer des Sonnen⸗ aufgangs mit den ersten Menschen im Gebet im Vordergrunde, der Flug Lucifer's und Kain's auf einer glänzenden Wolke durch das sternen⸗ besäete unendliche Weltall, die Verdunkelung und das düsterrothe Aufflammen des Himmels bei Kain's Brudermord boten ergreifende scenische Bilder dar, schön anzuschauen und doch fern von aller Auf⸗ dringlichkeit. Die lobpreisende, fern herüber tönende Musik vor dem Beginn und die leise klagenden Töne am Schluß des Mysteriums wirkten erhebend auf die Stimmung.

Die Darstellung war tadellos. Josef Kainz trug als Kain den Ausdruck der qualvollen Zweifel, die sein Herz zernagen, an der Stirn, im düsteren Blick seines Auges, das ein freundliches Lächeln nur dann zeigt, wenn er sich seinem sanften Weibe zuwendet. Als Lueifer erschien Herr Sommerstorff ernst und gewaltig in strenger Schönheit. Frau Geßner als Adah sprach weich und gewinnend, als sie ihrem unglücklichen Gatten in die trostleere Nacht folgte, und mit wilder Leidenschaft rief Fräulein Frauendorfer den Fluch über Kain in die öde Welt hinaus.

Hans Hopfen versetzte mit seinem König von Thule“ die Zuschauer in eine alte beldenhafte Zeit, in der von zarten Ge- fühlen wenig die Rede ist, dagegen viel von berzbaftem Zuschlagen und von derbem, sorglosem Genießen. Es liegt Qumor in dem alten, frohherzigen König von Thule, der die Prinzessin den Golconda, das zarte Braͤutchen seines liederlichen Sobnes, fröͤb⸗ lich schmunzelnd auf seinen Armen in den Saal trägt, sich feiner Jugendkraft noch rühmt und dann äußerst gutmütbig, um der unbändigen Herrschsucht seines Sobnes willen. durch einen eigen. hãndigen Schwerthleb heldenhaft nach Walball fabren will. sich aber plötzlich besinnt, Christ wird und lieber seinen ungeratbenen Spro von der höchsten Zinne seines Schlosses stürzt. Zu bedauern ist nur, da die plötzliche Umwandlung in des Königs Denkungsart so unmetidi hervortritt, daß sie niemand begreift. Ez balf darum nichtz, aus vielen Versen ein echter Dichter mit berzbafter Vaune sprach, das poetische Bekenntniß des Tönigs: Ich bin jung! warm n 2 an die bene der Hörer klopfte: der underständliche Schluß 8 die Gutgesinnten ungeduldig und wenig geneigt a. Beifa penden.