1893 / 274 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Nov 1893 18:00:01 GMT) scan diff

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Bei der gestern Nachmittag 3 Uhr im Ballsaal des Residenzschlosses zu Ehren des hohen Brautpaars abgehaltenen . brachle Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗ Regent das Hoch auf Seine Majestaͤt den Kaiser von Desterreich aus, worauf die Musikcapellen die österreichische Nationalhymne anstimmten. Der Kaiser erwiderte dankend mit einem kurzen Trinkspruch auf den Prinz-Regenten, Höchstwelcher Hic k; den Trinkspruch auf das hohe Brautpaar ausbrachie und diesem den reichsten Segen Gottes wünschte. .

Anläßlich der Vermählungsfeier schreibt die Wiener Abendpost“: „Es ist ein inniger, dem Gleichklange der Seelen entsprungener Herzensbund, welcher die seit Jahrhunderten besiehenden verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den glorreichen Regentenhäusern Habsburg und Wittelsbach neu befestigt und vertieft; die Völker Oesterreich⸗ Ungarns nehmen, wie sie dies seit jeher in Freud und Leid thun, mit aufrichtiger Sympathie, mit wahrer, herziger Freude theil an der schönen Feier“ Das „Fremdenblatt schreibt: Der das Brautpaar umtönende Jubel ist ein getreuer Ausdruck der wahrhaft herzlichen, brüderlichen Beziehungen, welche zwischen den beiden Nachbarreichen und ihren engver— bündeten Dynastien bestehen“. Das Blatt hebt ferner hervor, daß der erhabene Monarch selbst jene edle Fürstin, welche die treue Gefaͤhrtin seines Lebens, die treue Genossin seiner Herrscherfreuden und Herrschersorgen geworden und die Herzen von Millionen treuer Unterthanen ihr eigen nennen könne, aus dem schönen Bayernlande heimgeführt habe.

Sachsen.

Vorgestern Abend trat, wie das „Dr. J.“ berichtet, die Zweite Kammer unter dem Vorsitz des Abg. Ackermann zu ihrer ersten Präliminarsitzung zusammen, in der die Eintheilung der Mitglieder durch das Loos in die fünf Abtheilungen und die Wahl der Vorsitzenden, stell vertretenden Vorsitzenden, Schriftführer 2c. der Abtheilungen vorgenommen wurde. Gestern hielten beide Ständekammern Präliminarsitzungen ab. In der ersten nicht öffentlichen Präliminarsitzung der Er sten Kam mer standen auf der Tagesordnung lediglich die Bekanntgabe des Königlichen Decrets wegen Ernennung des Wirklichen Geheimen Raths Grafen von Könneritz zum Präsidenten der Ersten Kammer für die Dauer dieses Landtags und sonstige Mittheilungen. In der Sitzung der Zweiten Kammer wurde die Wahl des Präsidiums vorgenommen. Zum Präsidenten wurde der Abg. Ackermann, zum Ersten Vice-Präsidenten der Abg. Streit, zum Zweiten Vice-Präsidenten der Abg. Georgi wiedergewählt. Beute Vormittag um 11 Uhr legten die Prä— sidenten beider Kammern der Verfassung gemäß den Eid ab.

Heute Mittag 1 Uhr ist der Landtag, da sich Seine Majestät der König gestern bei der Besichtigung der Bahnhofs⸗ und Hafenbauten eine leichte Erkältung zugezogen hat, durch Seine Königliche Hoheit den .

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eorg durch Verlesung nachstehender Thronrede eröffnet worden: Meine Herren Stände! ö

Ich habe Sie heute zur Wiederaufnahme Ihrer verfassungs— mäßigen Thätigkeit berufen und heiße Sie herzlich willkommen.

Dabei drängt es Mich, dem von Mir bereits öffentlich aus— gesprochenen Dank für die Mir zu Meinem 50 jährigen Militärdienst⸗ Jubiläum aus allen Theilen des Landes entgegengebrachten Zeichen der Treue und Anhänglichkeit auch noch Ihnen, als Vertretern des Landes, gegenüber den wärmsten Ausdruck zu geben.

Der Landtag, der jetzt zur 25. ordentlichen Tagung zusammen⸗ tritt, kann auf einen langen, bedeutsamen und erfolgreichen Abschnitt in dem constitutionellen Leben des Staats zurückblicken. Ist dieser Rückblick auf eine lange Zeit fruchtbringenden Wirkens auch geeignet, Anlaß zur Freude zu geben, so gereicht es Mir umsomehr zu leb— haftem Bedauern, daß Ihr diesmaliger Zusammentritt gerade in eine Periode fällt, in welcher die Verhältnisse auf dem Gebiet der Volks— wirthschaft und der Staatsfinanzen nicht eine so günstige Gestaltung aufweisen wie in den letztvergangenen Perioden.

Die Lage des gesammten wirthschaftlichen Lebens im Lande läßt indessen erkennen, daß der Druck, unter dem dasselbe seit einiger Zeit zu leiden hat, im Weichen begriffen ist, wenn auch die bislang im Bereiche der Industrie und des Handels beobachtete Stetigkeit des Wachsthums, vielleicht mit infolge der durch günstige Jahre ver— anlaßten Vermehrung der Production, einige Abschwächung er⸗ fahren hat.

Die Landwirthschaft ist durch die langandauernde ungewöhnliche Trockenheit im Frühjahr und Sommer dieses Jahres und den dadurch herbeigeführten Futtermangel wesentlich beeinträchtigt worden und Meine Regierung hat sich deshalb veranlaßt gesehen, zur Fernhaltung eines zu besorgenden Nothstandes vorsorgliche Maßregeln zu treffen. Haben sich auch diese Verhältnisse im weiteren Verlaufe des Jahres wesentlich gebessert, so üben doch die zum theil nicht befriedigenden Erträgnisse der diesjährigen Ernte bei gedrückten Preisen einen un— günstigen Einfluß aus. .

Es steht aber zu hoffen, daß der auf den hauptsächlichsten Erwerbs⸗ quellen zur Zeit noch lastende Druck vorübergehen und insbesondere bei den Gott sei Dank sich bietenden Bürgschaften für Er— haltung friedlicher Verhältnisse die Besserung der wirthschaftlichen Lage eine nachhaltige sein werde.

Diese Hoffnung wird dadurch bestärkt, daß bereits in einzelnen Zweigen der Volkswirthschaft Anzeichen hervortreten, welche auf eine wiedererwachende stärkere Nachfrage nach Erzeugnissen der Industrie und Gegenständen des Handels schließen lassen.

Wenn die Lage der Staatsfinanzen gegen bisher eine weniger günstige geworden ist, so liegt der Grund hiervon, abgesehen von dem Rückgange der Erträgnisse in einzelnen Staatsbetrieben, in der Haupt— sache in der Verkettung der Finanzwirthschaft des Reichs mit der der einzelnen Bundesstaaten und den dadurch für letztere herbeigeführten Schwankungen in ihren Staatshaushalten. Da die längere Beibehaltung dieses Verhältnisses von den Bundesregierungen allseitig als unhaltbar erkannt und eine baldige Reform der Reichsfinanzverwaltung als dringend nöthig erachtet worden ist, so läßt sich erhoffen, daß die darauf ge— richteten gemeinsamen Bestrebungen in nicht zu langer Zeit von Erfolg begleitet sein und damit auch die gegenwärtig schwer empfun— denen Störungen in unserm Staatshaushalt werden beseitigt werden.

Ungeachtet der Ungunst der Finanzlage hat sich indeß noch die Möglichkeit ergeben, . eine Erhöhung der Steuern das Gleich— gewicht in demselben herbeizuführen. .

Dabei ist es aber unthunlich gewesen, die Ueberweisung eines Theiles der Einnahme nus der Grundsteuer an die Schulverbände fernerhin aufrecht jn erhalten. Um aber die wenig leistungsfähigen und wirklich bedürftigen Schulgemeinden für diesen Ausfall der Ein⸗ nahmen einigermaßen entschädigen zu können, wird Ihnen Meine Regierung eine Erhöhung der Etatssumme zu Beihilfen an unver— n Schulgemeinden bei Aufbringung des Schulbedarfs vor—

agen. sch . Abhilfe der Mißstände, welche sich im Laufe der Jahre bei der gerichtlichen Aburtheilung über die Entwendung pon Feld und Gartenfrüchten herausgestellt haben, wird Ihnen von Meiner Regie⸗ rung ein entsprechender Gesetzentwurf vorgelegt werden.

Die weitere Ausbildung und Verbesserung des Eisenbahn- und Verkehrswesens wird wie bisher Gegenstand unausgesetzter Für⸗ sorge Meiner Regierung sein. Die mit Hilfe der von den vorigen Landtagen bewilligten Mittel angefangenen Erweiterungs2 bausen sollen weiter n , auch eine Reihe anderer der⸗ gleichen Bauten, für welche sich ein dringendes Verkehrsbedürfniß

gejeigt hat, ausgefuhrt werden. Nicht minder hat sich für den Eisen⸗

bahnbetrieb die Beschaffung neuer Betriebsmittel als nothwendig er⸗ wiesen. Auch soll auf die Fortsetzung des Eisenbahnneubaues durch Herstellung einiger Secundärbahnen Bedacht genommen werden. Wegen Bereitstellung der hierzu erforderlichen Mittel werden Ihnen

von Meiner Regierung geeignete Vorschläge zugehen.

So mögen denn die Verhandlungen auch dieses Landtags zum

Heil und Segen des Landes gereichen. Württemberg.

Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Herzogin Albrecht von Württemberg ist, wie der „St⸗A. f. W.“ meldet, gestern früh 4 Uhr von einem Prinzen glücklich ent⸗ bunden worden. Das Befinden der hohen Wöchnerin wie auch des neugeborenen Prinzen ist den Umständen entsprechend gut. Die Taufe findet am Freitag statt.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.

Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Herzogin ist gestern Mittag von Schloß Pelesch bei Sinaja in Rumänien wieder in Coburg eingetroffen.

Oefsterreich⸗ Ungarn.

Die „Wiener Zeitung“ meldet, daß der Kaiser den früheren Unterrichts Minister Dr. von Gautsch zum Curator der Theresianischen Akademie ernannt habe.

Nach dem „Militär-Verordnungsblatt“ hat der Kaiser dem commandirenden General Prinzen Windischgrätz, dem Commandanten der Marine, Admiral Freiherrn von Sterneck und dem Feldzeugmeister Freiherrn von Reinländer das Großkreuz des Leopold⸗Ordens, den beiden ersteren mit der Kriegsdecoration, verliehen.

Vorgestern empfingen die neuernannten Minister, Handels— Minister Graf Wurmbrand und Unterrichts-Minister Dr. von Madeyski, die Beamten ihrer Ministerien. Graf Wurmbrand bezeichnete es dabei als seine Aufgaben, die Interessen des Staats mit denen der Bevölkerung in Ein⸗— klang zu bringen, sowie ferner die Hebung des Verkehrs⸗ wesens, die Entwickelung der Industrie und des Handels, die Erhaltung eines tüchtigen Gewerbestandes und die Förde⸗ rung des materiellen und sittlichen Wohlergehens aller arbeitenden Klassen. Dr. von Madeyski sagte, daß gerade sein Ressort dasjenige sei, in welchem die höchsten Güter des österreichischen Staats⸗ und Völkerlebens gehütet und gepflegt würden. Seine Aufgabe sei eine um so schwierigere, als es gelte das Wohl des Gesammt— staats stets vor Augen —, den culturellen Interessen der einzelnen Länder und Völker gerecht zu werden. Er hoffe, daß es ihm vergönnt sein möge, das Richtige zu treffen und so zu handeln, daß das seinen Händen anvertraute Gut un— versehrt erhalten bleibe. Gestern wurden die Beamten des Finanz⸗Ministeriums dem neuen Minister Dr. von Plener vorgestellt, der dabei bemerkte: die besten finanziellen Grundsätze und Gesetze erhielten erst einen leben— digen Körper und ihren Inhalt fur die Bedürfnisse des Staats und für die Ansprüche der Staatsbürger durch eine gute, sichere Verwaltung. Darin liege die wirkliche Unterstützung nicht nur für den Finanzpolitiker und Finanz-Minister, sondern auch für die ganze große Aufgabe, welche der Staat an die Finanzverwaltung zu stellen habe. Sein Vorgänger hinterlasse die Finanzen in einem günstigen Zustande, wofür er als sein Nachfolger nur dankbar sein könne. Diesen günstigen Zustand der Finanzen zu erhalten, sei seine Aufgabe. Dafür sowie für die Durch ührung der großen ö welche die Finanzverwaltung sich als Ziele gesteckt habe, erbitte er sich die Unterstützung des Beamtenkörpers.

Der Präsident des ungarischen Oberhauses Baron Nikolaus Vay, der im Alter von 92 Jahren steht, hat, wie das „Frdbl.' aus Budapest erfährt, infolge dieses hohen Alters seine Demission gegeben. Der Kaiser habe noch keine Entscheidung getroffen. Zum Nachfolger Vay's sei der Cultus⸗Minister Graf Csäky ausersehen, doch beabsichtige dieser erst nach erfolgter Vorlage des Eherechtsgesetzes seine Demission als Cultus-Minister zu geben. Als Nachfolger des Grafen Csäky werde Graf Julius Andrassy, ein Sohn des ehemaligen Ministers des Aeußeren Grafen Julius Andrassy, genannt, der gegenwärtig Staatssecretär im Ministerium des Innern sei.

Großbritannien und Irland.

Der Herzog von Sachsen⸗-Coburg und Gotha wird nach einem Telegramm des „W. T. B.“ seinen Aufent⸗ halt in England um vierzehn Tage verlängern. Höchstderselbe verweilt zur Zeit in Cumberland⸗Lodge, der Residenz des Prinzen Christian zu Schleswig-Holstein in Windsor, wo er bis zur Ankunft der Königin, die am 18. d. M. aus Schloß Balmoral in Schloß Windsor eintrifft, verbleiben wird.

Im Unterhause erklärte gestern der Parlaments- secretär des Auswärtigen Sir E. Grey, daß die Unter— sanblnnßen m Tdreünlrgich über am hrt dauerten. Der Abgeordnete Darling beantragte die Ver⸗ tagung des Hauses, um die Gefahr hervorzuheben, die aus der Gestattung von Versammlungen entstehe, wie die am Sonntag von den Anarchisten auf Trafalgar-Square ab⸗ gehaltene. Der Staatssecretä⸗ des Innern Asguith sprach sich gegen diesen Antrag aus. Die Versamm⸗ lung habe das Gesetz nicht verletzt. Niemand zweifele daran, daß die Regierung gesetzwidrigen Anschlägen der Anarchisten energisch entgegentreten würde; aber er werde öffentliche Versammlungen nur dann untersagen, wenn sie den öffentlichen Frieden bedrohen. Der Abg. Balfour tadelte, daß die Regierung eine Versammlung gestattet habe, die Sympathien mit Männern, deren Zweck der Umsturz der socialen Ordnung mittels Bomben und Mord sei, dargelegt habe. Der Antrag Darling wurde ohne Abstimmung abgelehnt.

Der Vertreter der Arbeiter im Parlament Keir-Hardie beabsichtigt, der „Allg. Corresp.“ zufolge, in kurzem im Par⸗ lament eine Bill einzubringen, welche die Nationalisirung aller Mineralien bezweckt. Der Staat könne, wie er her⸗ vorhebt, Geld zu A / Proc. borgen, und 50 000000 Pfd. Sterl. würden den kapitalisirten Werth der Kohlengruben im Lande repräsentiren.

In Cork (Irland) fand am Sonntag eine große Fenier⸗ Demonstration bei Gelegenheit der Enthüllung eines Denk⸗ mals zur Erinnerung an Timothy Daly statt. Daly wurde in Castlemartys in 1867 während eines Aufstandes und eines Angriffs auf eine , , erschossen. In der Ver⸗ sammlung priesen die Redner die Handlung des letzteren: solche Handlungen, hieß es, gäben der irischen Sache „Stärke und Heiligkeit“. In den englischen Bastillen schmachteten die

braven irischen Brüder, die „von Gladstone und seinen Collegen dort eingesperrt worden seien“.

Frankreich.

Das „Journal officiel“ won heute veröffentlicht die Er⸗ nennung Lozé's zum Botschafter in Wien.

Der Ministerrath hat, wie „W. T. B.“ berichtet, in seiner gestrigen Sitzung beschlossen, das anarchistische Journal „Pere Peinard“ wegen eines Artikels, welcher das Attentat in Barcelona verherrlicht, gerichtlich zu verfolgen.

Die Session des Parlaments hat gestern wieder be— gonnen. Im Senat eröffnete Challemel⸗Lacour die Sitzung mit einer Rede, worin er den begeisterten Empfang hervorhob, welcher den russischen Marine⸗Offizieren in Frankreich zu theil geworden sei. Wenn der Senat zur Zeit des russischen Be⸗ suchs beisammen gewesen wäre, so würde er sich glücklich ge— schätzt haben, sich den begeisterten Kundgebungen des ganzen Landes anzuschließen. Der Senat sei von der Ueber⸗ zeugung durchdrungen, daß die Frankreich und Ruß⸗ land verknüpfenden Sympathien von Dauer sein würden, da sie sich auf die Gemeinschaft der Interessen beider Länder stützten, die an keinem Punkte der Erde einander entgegen— gesetzt seien. Der Senat gebe seiner Ehrerbietung gegenüber dem Kaiser von Rußland und der Kaiserlichen Familie Aus— druck und begrüße in der erhabenen Freundschaft zwischen den beiden Nationen eine neue zuversichtliche Bürgschaft für den Frieden und die Civilisation. Hierauf wurde die Sitzung auf— gehoben. Die Sitzung der neugewählten Deputirtenkammer wurde von Blanc als Alterspräsidenten eröffnet, der in seiner Ansprache ausführte: die neue Legislaturperiode beginne unter den glücklichen Auspicien der herrlichen Festtage, in denen die Verbindung von Frankreich mit Rußland unter dem unbeschreiblichen Enthusiasmus des Landes in Erfüllung gegangen sei; der Festtage, in denen Frankreich und Rußland ihre Fahnen vereinigt und in ihre Herzen den Frieden Europas eingezeichnet hätten. Man werde der unvergeßlichen Depesche ewig eingedenk bleiben, durch welche der großherzige Souverain in erhabenen Worten die Allianz zwischen den beiden Ländern besiegelt und ihre friedlichen Gesin⸗ nungen bestätigt habe. Möge Frankreich seine Zuversicht wieder gewinnen: es stehe nun nicht mehr allein da, an seiner Seite stehe ein großes und mächtiges Volk. Frankreich brauche wegen seiner Zukunft sich keinerlei Besorg nissen hinzugeben, es könne alle seine Hoffnungen aufrecht er halten. Hierauf schritt die Kammer zur Wahl eines proviso⸗ rischen Präsidenten. Gewählt wurde Casimir Périer mit 225 Stimmen, 195 Stimmen waren auf Brisson entfallen. Zu provisorischen Vice⸗Präsidenten wurden de Mahy und Lockroy gewählt.

Rußland.

Wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg berichtet, ist in der gestern abgehaltenen vereinigten Sitzung des Minister— Comité s und des Departements der Reichsökonomie die Verstagtlichung der großen russischen Eisen⸗ bahngesellschaft gemäß dem Entwurf des Finanz⸗Ministers einstimmig beschlossen worden.

Italien.

Der Minister des Auswärtigen Brin und der italienische Botschafter in Wien Graf Nigra trafen gestern in Mailand ein und begaben sich nach Monza. Der österreichische Minister des Auswärtigen Graf Kälnoky kam gleichzeitig mit dem aus Monza zurückkehrenden Minister Brin und dem Grafen Nigra in Mailand an. Letzterer gab zu Ehren des Grafen Kälnoky ein Diner.

Spanien.

Der Kriegs-Minister hat dem „W. T. B.“ zufolge den Bel gegeben, daß eine weitere Brigade unter dem Be— fehl des Generals Ribeira nach Melilla abgehe.

fenen Meldungen aus Melilla

Nach in Paris eingetrof wäre dort das Gerücht verbreitet, daß mehrere westlich vom Muluia ansässige Stämme den heiligen Krieg erklärt hätten und sich mit den Riff-Kabylen vereinigten.

Der Agent der spanischen transatlantischen Com⸗ pagnie in Melilla ist wegen Mitschuld beim Schmuggel von Waffen verhaftet worden.

Schweiz.

Der Bundesrath hat dem „W. T. B.“ zufolge bei der Bundes versamm lung eine Revision der Bundes⸗ verfassung im Sinne einer Erweiterung der Oberaufsicht des Bundes über die Wasserbau⸗ und Forstpolizei auf die ganze Schweiz, die sich bisher nur auf das Hochgebirge er— streckte, beantragt.

Der Bundesrath hat die Uebereinkunft der Boden seeufer-Staaten über die Fischerei im Bodensee genehmigt. . .

Portugal ist dem in Madrid abgeschlossenen Ueber⸗ einkommen über das Verbot falscher Herkunftsbezeichnungen auf Waaren sowie über die internationale Eintragung der gaben handelsmarken und die Dotationen eines internationalen Bureaus für gewerbliches Eigenthum beigetreten.

Bulgarien.

Der Prinz Ferdinand zu Sachsen-Coburg hielt gestern, wie „W. T. B.“ aus Sofia berichtet, gelegentlich der Inspicirung des neuerrichteten Instructionscurses für Stabsoffiziere eine Ansprache an letztere, worin er die Noth⸗ wendigkeit der Vervollkommnung ih den militärischen Fächern betonte, damit die Commandanten den ,, Neu⸗ zeit entsprechen könnten. Die geographische und politische Lage fordere, daß die Armee stark und in jeder Beziehung kriegs⸗ bereit sei; andererseits solle sie das Resultat des Fortschritts und der Consolidirung Bulgariens zur Schau tragen.

Amerika.

Wie der New⸗Yorker „World“ aus Rio de Janeiro vom 8. d. M. gemeldet wird, hätten die Aufständischen das Arsenal von Santa Luzia angegriffen. Eine Stunde lang sei in der Nähe des Hospitals gekämpft worden, wobei das Hospital von zahlreichen Kugeln getroffen und mehrere, Kranke verwundet worden seien. Wie die „Times“ erfährt, wäre

estern das von Rio de Janeiro aus gegen die Schiffe der Aufständischen unterhaltene Geschützfeuer ünterbrochen worden. Demselben Blatt zufolge hätte die Regierung des Staats Pernambu co die Einstellung des telegraphischen Verkehrs zwischen Pernambuco und Rio de Janeiro angeordnet. Afrika.

Zwei Boten des Sultans von Marokko sind, wie

„W. X. B.“ meldet, mit Briefen an den Minister Moham⸗

med Torres in Tanger eingetroffen. Man glaube, daß diese Briefe die Antwort auf die spanischen Noten vom Oktober enthielten

Eine Depesche der „Agence Havas“ aus Kotonu be— stätigt, daß der König von Dahomey dem General Dodds 00 Gewehre und 4 Kanonen ausgeliefert habe. Die Unter⸗ werfung des Königs solle bevorstehen.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Landgerichts-Rath Czwalina, Mitglied des Hauses der Abgeordneten für den 2. Posener Wahl— bezirk (Fosen⸗Ost, Posen-⸗West und Obornik) ist, wie die „Pos. Zig.“ meldet, gestern Nachmittag gestorben.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Die Anregung des englischen Premier-Ministers Glad— stone zur Beendigung des Ausstandes der Gruben— arbeiter (ogl. die gestrige Nr. 273 d. Bl. unter Groß⸗ britannien) findet bei den Arbeitgebern und Arbeitnehmern bereitwilliges Entgegenkommen, da beide Parteien längst kampfesmüde sind. In Manchester fand gestern Nachmittag bereits eine Conferenz des Bundes der Bergarbeiter statt und beschloß, wie „W. T. B. meldet, den Vorschlag einer Vermittelungsthätigkeit im Sinne des Premier-Ministers Gladstone anzunehmen. ö aus London auf dem Drahtwege mitgetheilt, daß Gladstones Vorschläge zur Beilegung des Kohlen— grubenarbeiterausstandes von den Verbänden der Gruben— befitzer wie der Grubenarbeiter bereitwilligst angenommen wurden. Einer Meldung des „Wolff'schen Bureaus“ vom heutigen Tage zufolge wird das unter dem Vorsitz Lord Rosebery's gebildete Comité zur Vermittelung zwischen den Bergwerkshesitzern und den ausständigen Bergarbeitern am Freitag zusammentreten.

Der in Plauen ausgebrochene Drechsler-Ausstand dauert, wie aus einer Meldung des „Vorwärts“ hervorgeht, noch fort.

Der Ausstand der Pferdebahn-Angestellten in Marseille, der nach einer Nachricht der Brhb. 3.“ nunmehr beendet ist (vgl. Nr. 271 8. Bl.), hat in den letzten Tagen noch zu Ausschreitungen geführt, über die der „Köln. 3.“ geschrieben wird: Seit dem Beginn des Ausstandes hatten die Arbeiterinnen der Zünd⸗ holffabrik am Prado jeden während der Mittagsfreizeit vorbeikommenden Trambahnwagen mit Schreien und Schmähungen begrüßt. Dies war am letzten Freitag der Anlaß zu einem Angriff der berittenen Gendarmen, welche die Kundgeberinnen jerstreuten und drei von ihnen verhafteten. Darüber entstand großer Lärm bei den Colleginnen, die anstatt zur Arbeit nach dem Präfecturgebäude zogen, dort den Präfecten nicht antrafen und sich um 5 Uhr in der Arbeitsbörse versammelten. Inzwischen hatte sich der Haufe zu Tausenden vergrößert und der Verkehr auf der Cannebiere war ganz unter— brochen. Militär, Gendarmerie und Polizei wurden endlich der Lage Meister. Spät Abends gestand der Präfect die vorläufige Freilassung der Verhafteten zu, gegen das ausdrückliche Versprechen, daß alle Arbeiterinnen am folgenden Tage pünktlich zur Arbeit zurückkehren würden. Der Marseiller Abg. Antide Boyer dückte sein Bedauern aus, daß alle seine Bemühungen bei der Trambahngesellschaft zur Beilegung des Ausstandes vergeb⸗ lich seien. Die Gesellschaft betrachte 190 Ausständige als entlaffen, würde davon aber 50 doch wieder aufnehmen, wenn sie sich sofort vorstellten. Die Ausständigen wollen jeder einzeln einen Prozeß gegen den verabschiedeten Director Seguela wegen Bezahlung der von ihm zugestandenen Gehaltszulagen und der eingetretenen Folgen an— strengen. (Vgl. Nr. 268 d. Bl.) ö.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrung s⸗ Maßregeln. . . Der internationale Gesundheitsrath in Konstantinopel hat folgende Quarantänebestimmungen getroffen:

I) Die für Herkünfte von Cherson angeordnete 10tägige Qua— antäne ist durch eine 24stündige Beobachtung und ärztliche Unter— suchung in Kavak ersetzt worden. (Vergl. „R. Anz.“ Rr. 207 vom 29. August.)

Desgleichen unterliegen Herkünfte vom Asowschen Meer von Fertsch ab linel.,. mit Ausnahme der Häfen von Taganrog und Rostoff a. De, für welche die zehntägige Quarantäne bestehen bleibt und Herkünfte der russisch asiatischen Küste des Schwarzen Meeres zwischen Noworossisk und Poti (letztere Häfen incl.) feit dem 31. v. M. nur noch einer 24 stündigen Beobachtung im Lazareth von Sinope. Vergl. Re- Anz.“ Nr. 207 vom 29. August.) . Die für Herkünfte von der russischen Küste des Schwarzen WUeeres zwischen Batum (incl) und Hoppa angeordnete 16 tägige JYlarantane ist in eine solche von 5 Tagen umgeändert worden. Vergl. Nr. 243 vom 10. Oktober.) ö 2) Herkünfte von den Häfen Amasra und Bartine (Schwarzes Meer) unterliegen felt dem J. d. M. einer h tägigen Quarantäne in den Lajarethen von Sinope oder Kavak. 3) Herkünfte vom Bunder⸗-Abbas (Persischer Golf) unterliegen kit dem 4. d. M. einer 10 tägigen Quarantäne im Lazareth von Camaran (Rothes Meer). ö. ) Die für Provenienzen von Trapezunt angeordnete fünftägige Däarantäne ist seit dem 4 d. M. durch eine strenge ärztliche Unter- benz ersetzt worden. (Vergl. ‚R.⸗Anz.“ Nr. 268 vom 8. No⸗ ember). Mi 5) Herkünfte mit oder ohne, Passagiere von der italienischen littesmeerküste zwischen Neapel (inel.) und Santa Maria di Leucg unterliegen seit dem 4. d. M. nur noch einer Beobachtung von ö Stunden und der ärztlichen Untersuchung. (Vergl. „R. Anz.“ tr. 268 vom 8. November und Nr. 227 vom 21. September.)

Cholera.

stan St. Petersburg, 14. November. An Cholera erkrankten bezw. starben nach dem Bericht des W. T. B.“ vom 15. bis 13. d. M. in 8j Petersburg 27 bezw. 12 Personen, vom H. bis 11. d. M. in Moslkau 2 bezw. , i 4 , , b aft o vgl 3 bezw. 2; in den Gouvernements: Kalisch 18 in 2, Moh ilem 29 bezw. 10, Plozk 17 bejw. i, Radom 9 Hm g; Suwalki ß bezw. 6, Sjedletz 35 bezw. 23, vom 13. i t. bis 4. d. M. Wolhynien 379 bezw. 148, vom 22. v. M. * 4 d. M. Kiew 2358 bezw. 8 und vom 23. bis 38. v. R. Tschernigow 127 bezw. 53.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks . gde , in Oherschlesien. gestellt keine 3 Gödde

Oberschlesien sind am 13. d. M. gestellt 5343, nicht recht

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eim niglichen Amtsgericht 11 Berlin stand

14. November das Grundstück zu Tempelhof,; . 1 belegen, der verehelichten Sattler Helbig, Emilie, geb. Schöne gehörig, zur Versteigerung; Fläche 6.77 a; Nutzungswerth 1260 . Mindestgebot 31100 A6; für das Meistgebot voõön 4 0 S wurden die Kaufleute Gottlieb Kuschmieder und Wilhelm Schür⸗ m ann zu Berlin, Alte Jakobstr. 61, gemeinschaftlich Ersteher. A ufgehoben wurde das Verfahren wegen der nachverzeichneten Grundstücke: Zu Deutsch⸗-Wilmersdorf an der Schaperstr. belegen, dem Bauunternehmer Robert Schubert gehörig; die rn, am . und J d. J. fallen fort. . Zu

glitz an der Forststr. belegen, de staurer an ĩe

Mon tag ebenda gehörig. d

Magdeburg, 14. November. (W. T. B. uckerberi Kornzucker exel, von g —, neue 4 , S8 vo Rendement 13,20, neue 13.45, Nachproducte excl., 75 o/] Rende⸗ ment 11 25. Ruhig, stetig. Brotraffinade J. T7, Ho, Brotraffinade II. 26,75 Gem. Raffinade mit Faß 2,26. Gem. Mels J. mit Faß 5 25 Ruhig. Rohzucker. J. Product Transito f. a. B. hamburg pr. No⸗ vember 13,7 bej. u. Br., pr. Dezember 13 560 Gd. 1305 Br. pr. Januar März 13.10 Gd., 13,1235 Br., per April⸗-Mai 13,70 Gd. 13,233 Br. Schwach. . ö

Frankfurt a. M., 15. November. (W. T. B.) Der Frkf. Ztg. zufolge hat die Thurber-⸗Whyland-⸗Fompagnie' hre Zahlungen eingestellt. Die Passiven belaufen sich auf n. Doll., die Aetiven werden auf 2 Millionen Dollars an“ gegeben.

Leipzig, 14. November. (W. T. B.) Kam mzug-Termin— handel. La Plata Grundmuster B. per . 3, 40 . per Dezember 340 n, per Januar 3,427 S6, per Februar 3, 45 ö. per Mãrz 3,475 MS. ver April 3,50 S, per Mat 3,525 , per Juni 3, 85 6, per Juli 3,60 S, per August 3,6235 „S per Sep⸗ tember 3,623 , ver Oktober 3623. Umsatz 75 G00 kg. ; Bremen, 14. November. (W. T. B.) Börsen. Schlußbericht. Raffinirtes Petroleum. (Officielle Notirung der Bremer Petroleum · örse. „Faßzollfrei. Sehr fest. Loco 450 Br. Baum woll e. Willig. Upland middling, loch 427 g, Upland Basis middling, nichts unter low middling, auf Termin Lieferung pr. Noyember 43 3, pr. Dezember 42 3, pr. Januar 421 h per Februar 429 4, pr. März 425 3. pr. Aptil . ben Schmalz. Fest. Shafer 83, Wileor , Choice Frocery 435 3, Armour shield 479 J, Cudahy 485 3, Rohe & Brother (pure) 48 3, Fairbanks 13 . Speck. Fest. Short clear middl. November-Abladung 46, Dezember ⸗Abladung 44. Wolle, Umsatz: 166 Ballen. Taback. Umsatz: 33 sser Virginy, 27 Fässer Kentucky. ;

Wien, 14. November. (W. T. B.) Ausweis der öster— reichisch⸗ ungarischen Staatsbahn Gösterreichisches Netz) vom L bis 10. November 820 250 Fl., Mehreinnahme gegen den ent— sprechenden Zeitraum des vorigen Jahres 61 331 Fl.

Der bekannte Finanzwmann Baron Königswinter ist heute gestorben. j .

London, 14. November. (W. T. B.) An der Küste 1 Weizen- ladung angeboten. q

6 oso. Javazucker loco 154 ruhig, Rüben Rohzucher loco 13 ruhig. Chile -Kup fer 42 pr. 3 Monat 423.

15. Nobember. (W. T. B.) Das Bankhaus Hambro

K Sons erhielt von der griechischen Regierung Ordre, keine Fun— ding⸗Bonds mehr auszugeben. Manche ster, 14. November. (W. T. B.) 121 Water Taylor Ha, z0r Water Taylor 7, 20r Water Leigh 63, 30or Water Clayton 7, zꝛr Mock Brooke 73, 40r Mayoll 7t, 40r Medio Wilkinson 83, z32ꝛr Warpcops Lees 7, 36r Warpeops Rowland 7, 36r Warpeop? Wellington 8, 10r Double Weston 8, 60r Double courant Qualität 124, 32* 116 Jards 16016 grey Printers aus z2r / Abr 162. Ruhig.

St. Petersburg,. 14. November. (W. T. B.) Produecten⸗ mar kt. Talg loco 57, 0), pr. August —. Weizen loco 10,00. Roggen loco 6,560. Hafer loco 4,15. Hanf loco 4300. Leinfaat loco 14.00.

Rom, 14. November. (W. T. B.) Wie der „Popolo Romano“ meldet, hat das Bankhaus Wagnisre in Florenz unter Vor— legung seiner Bilanz um ein Moratorium nachgesucht.

Am sterdam, 14. November. (W. T. B.) Die heute hier durch die Niederländische Handelsgesellschaft ab⸗ gehaltene Auction über 45 349 Ballen Java⸗, 382 Kisten und 100 Ball. Padang⸗Kaffee ist wie folgt abgelaufen. Es wurden angeboten: 382 Kist. Java Padang W. J. B. Taxe 61 à 625 C., Ab— lauf 62 à 634 C., 417 Ball. do W. J. B. Taxe 599 à 67 C., Ablauf 599 à 6h35 C., 2277 Ball. do. Preanger blank gelblich Taxe 57 . 60 C., Ablauf 7 n 85 C, gs Wast Te dbl, i. grünlich Taxe 53 à 54 C., Ablauf 544 à 566. C., 3427 Ball. blank Taxe 525 à 535 C., Ablauf 534 à 54 C., 4411 / Ball. Tagal Taxe 527 A 57 C., Ablauf 53 à 584 C., 1839 Ball. Solo Taxe 528 à 535 C., Ablauf 533 à 54 C., 12277 Ball. Pasoeroean Taxe 52 à 523 C., Ablauf 53 à 54r C., 4719 Ball. do. blaß grünlich Taxe 514 Aà53 C., Ablauf 524 à 533 C., 472 Ball. do. Liheria Taxe 51 ä 53 C, Ablauf 524 à 56 Er, 238 Ball. do. Ordinär u. Triage, 718 Ball. do. B. S. und Diverse. Die nächste Kaffee⸗Auetion findet am Dienstag, den 6. Februar 1894 statt. Java⸗Kaffee goo' ordinary 53. Banecazinn 52. New⸗York, 14. November. (W. T. B.) Außer den bereits ernannten drei Verwaltern stellte die Regierung noch Coudert und Doane als Verwalter der Union⸗Pacifie-Bahn an. Die Unter—⸗ suchung geht durch diese Anstellungen gewissermaßen in die Hände der Regierung über.

Die Börse, anfangs höher, wurde im weiteren Verlaufe lustlos und matt. Der Umsatz der Actien betrug 235 090 Stück. Der Silbervorrath wird auf 155 000 Unzen geschätzt. Silber⸗ verkäufe fanden nicht statt.

Weizen eröffnete träge und fiel stetig von Anfang bis zu Ende auf allgemeine Liquidation, Zunahme der Eingänge und unerwartete ungünstige Kabelberichte. Schluß schwach. Mais stetig fallend von Anfang bis zu Ende aus denselben Ursachen wie für Weizen. Weizen -Verschiffungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Vereinigten Staaten nach Groß⸗ britannien 47 009, do. nach Frankreich —— do. nach anderen Häfen des Continents 57 000, do. von Californien und Oregon na . 26 000, do. nach anderen Häfen des Continentz Chieago, 14. Nobember. (W. T. B.) Weizen fallend auf schwächere ausländische Märkte, große Ankünfte im Nordwesten und auf geringe Realisirungen. Mais fallend auf günstiges Wetter und schwächere Kabelmeldungen.

Verdingungen im Auslande.

Großbritannien. 21. November. M. T. W. Wood, Seeretär der Bombax- Baroda and Central India Railway Company, 45 Finsburꝝ Circus London EG. Lieferung von A. Untertheilen (Rädern u. s. w.) für Locomotiven und Wagen, gewalzten Federn, Kesseln für Locomo⸗ tiven, Sicherheitsketten für Wagen, Spiral⸗ und Schneckenfedern, metallenen Gerippen für Eisenbahnwagen. B. Brückenbalken. C. Kupferplatten für Röhren, Lederartikeln. D. Schleifsteinen, Por⸗ zellanbecken, Stahlachsen für Wagen⸗ und Waggonräder. Lastenheft ist in den Bureaurx der Gesellschaft zu haben zu A für 21 She, zu B für 10 Sh. 6 d., zu C für 5 Sh. und zu D für 2 Sh. 6 d. Portugal. 18. November. Königlich portugiesische Eisenbahn⸗Gesellschaft in

1 zeitig gesselst keln Wagen.

Lissabon: Neuer Submissionstermin für die Einrichtung der elektrischen Beleuchtung des Bahnhofs von Lissabon und des Tunnels zu Rocio

1 auf einer Strecke von 150 m. Caution 225 000 Reis. ãhere Ort und Stelle. h,, Schweiz. 20. November. Communal⸗Verwaltung von Davos⸗Platz. Ein⸗ richtung der elektrischen Beleuchtung, bestehend in 4006 Glühlampen mit Turbine. Pläne sind von der genannten Verwaltung zu beziehen.

Egypten.

20. November. Verwaltung der Eisenbahnen, Telegraphen und des Hafens von Alexandrien in Kairo. Lieferung des Bedarfs an doppelten und einfachen Fenstern für die Dauer eines Jahres.

20. November. Commandant der Khedivialyacht Mahroussa. Lieferung von 150 Yards marineblauem Tuch, 54 Zoll breit, für Uniformen, 150 Jards blauem Tuch, ebenfo breit, für Mäntel, 10900 Jards weißem Baumwollentuch, 27 Zoll breit, für Uniformen,

1090 Jards starkem Segeltuch aus Baumwolle, 22 . breit 3900 Vards Zelttuch aus Baumwolle, 24 Zoll breit. Muster und Bedingungen sind im Arsenal zu Alexandrien einzusehen. Caution 10 50. . November. Financial Secretary 's Office, Kriegs, Mini- sterium, Kairo: Lieferung von 10 000 m Calico an die Magazine der Kairiner Citadelle. Muster und Bedingungen a. a. O. einzufehen. 11. Dezember. Eisenbahnverwaltung Kairo: Lieferung von Eisenzeug. Lastenheft bei dem inspecteur des magasins in Gabbary.

Theater und Musik.

2 Königliches Schauspielhaus.

Eine merkwürdige Erscheinung ist es, daß in einer Zeit wie die unsrige, in der der krasseste Naturalismus aller Schattirungen das ganze Gebiet der Literatur erobern zu wollen schien, fich im Publikum eine starke und siegreiche Vorliebe für reine Phantasiedichtungen, wie s dramatisirte Märchen sind, Bahn bricht. Noch merkwürdiger aber ist. die Thatsache, daß dieser Gegensatz in extremster Form in den Arbeiten eines hervorragenden dramatischn Dichters der neuen Schule Gestalt gewinnt.

In dem zweitheiligen Traumstück „Hannele“ von Gerhart

Hauptmann das gestern Abend seine erste erfolgreiche Aufführung erlebte, würde niemand den Verfasser der ‚Einfamen Menschen“, des „Vor Sonnenaufgang“, des „Biberpelz' wieder erkennen, wenn man von den ganz kurzen Eingangsscenen absieht. Der Ort der Handlung, die Stube eines dörflichen Armenhauses, mit seinen plärrenden und scheltenden Insassen, ist zwar sehr realistisch: auch das Wimmern des aus dem Wasser geretteten Hannele, der tröstende Zuspruch des Lehrers Gottwald, der berathende Arzt. die milde Dienstfertigkeit der Diakonissin, stehen noch auf dem Boden der Wirklichteit, aber dem vorangegangenen Gekreisch gegenüber wirken sie schon versöhnlicher, und die Traumgesichte Hannele's, die sich übrigens natürlich aus dem Zusammenhang er⸗ geben, heben die Zuschauer ganz aus der Sinnenwelt hergus. Dieser Traum bedeutet das eigentliche Stück; denn das irdische Leiden des von seinem Stiefvater mißhandelten, in den Dorf teich getriebenen Hannele und die Bestätigung feines Todes am Schluß der Handlung sind gleichsam nur Prolog und Epilog. In viesem Traum wird das Sterben und die Himmelfahrt des frommen jungen NM ãdchens das noch halb in den Kinderschuhen steckt, in blumenreicher Sprache, in bilderreichen Verfen und allegorischen Gestalten vorgeführt. Das Hannele, das sich nach der Vereinigung mit seinem Heilande und seiner todten guten Mutter sehnt, hört noch einmal im Fiebertraam die drohenden Worte des Stiefvaters und schaut noch einmal seine von Wuth verzerrten Züge; die todte Mutter kommt und tröstet es mild und preist dem Töchter lein das Paradies in ähnlicher, auch Kindern verständlicher Weise; wie es Martin Luther einst in dem bekannten Briefe an sein Söhnlein Hans that; dabei läßt sie ein Blümlein, ein Himmels— schlüsselchen auf dem Bett zurück; es treten sichtumflossene Engel auf und der Tod in schwarzen Gewändern und schwarz geflügelt, mit dem Schwert im Arm; und als sein Zeichen das Hannele, dem die Mutter schützend die geweihten Hände aufs Herz gelegt, be⸗ rührt hat, feiert das fromme Kind seine Himmelfahrl; es wird mit seidenen Gewändern, Schleiern, Kränzen und gläsernen Pantoffeln angethan und in einen gläfernen Sarg gelegt; nachdem das ganze Dorf das, Bettelprinzessin geschmähte, Kind als reich geschmückte Himmelsbraut bewundert hat, kommen die bimm— lischen Heerschaaren, an der Spitze der Bote Gottes in der Leibes gestalt des geliebten Lehrers Gottwald, schrecken das Gewissen des ruchlosen Stiefvaters, und geleiten dann, goldgestickte Teppiche aus— breitend und Blumen streuend, unter Jubelgesängen das Hannele fort. Der, ganze Vorgang stellt also in märchenhafter AÄllegorie eine Verherrlichung des kindlichen, unzerstörbaren Glaubens dar. Die Dichtung ist so abgrundtief verschieden von des Verfassers früheren Werken, daß man diesen neuen Menschen, den Gerhart Hauptmann angezogen hat, mehr verwundert anstaunt als begreift. Eine ge— dämpfte Stimmung lagert über dem Werk, die selbst die lichtreichsten und glanzvollsten Gestalten mit schwermüthigen Schleiern verhüllt: ist es doch ein Märchen vom jungen Sterben und nicht vom lenzesfrohen Leben. Dies Gemisch von Armenhäusleratmosphäre, von Krankenstußenluft und Kirchenweihrauch, das das Schauspiel in krassem Wechsel durchzieht, wirkt mit seiner mystischen Exaltation dumpf beschwerend, zuweilen niederdrückend. Der Dichter wendet in, der gebundenen Rede, die den Traumgestalten mehrmals in den Mund gelegt wird, üppige, blumenreiche, manchmal phantastisch über—⸗ schwängliche Bilder an, unter denen dann die wahre poetische Empfindung fast erdrückt wird. Die meisten Charaktere find nur kurz, aber energisch angedeutet; die Ausgestaltung der gläubigen Todes sehnsucht Hannele's ist dem Verfasser gut gelungen und ebenfo die stille, thatkräftige Frömmigkeit des Lehrers Gottwald. Am Eingang störten einige ermüdende Längen in den Scenen am Krankenlager, aber im weiteren Verlauf der Handlung wurde die Aufmerksamkeit der Zuschauer Lurch stets neue und unerwartete Traumgestalten lebendig exhalten. Ein stärkerer poetischer Gehalt, als in der Sprache der Dichtung; steckt in einzelnen seenischen Bildern, so in der Erscheinung der drei fin genden Engel, die mit den lang herabfallenden Notenblättern, an alte Bilder erinnern, oder in der Auferstehung Hannele's aus den gläsernen Sarge, aus dem sie sich wie Jairi Töchterlein erhebt. Die Inscenirung war sorgfältig vorbereitet und die Traum stimmung möglichst festgehalten; glänzende Lichtstrahlen umflutheten die himmlischen Erscheinungen, das Licht flackerte geheimnißboll auf, der blühende Himmelsschlüsel strahlte plötzlich an des kodten Mädchens Brust, ein seltsamer Gegensatz zu dem elenden Armenhäusler= stübchen. ; Frau Conrad, das furchtsame, lebensmüde Hannele mit dem frommen Kindergesicht, flehte und seufzte in rührenden Tönen; der Anblick, des ernsten, erlösenden Todesengels ließ leichtes Erschauern durch ihre Glieder fließen und mit kindlicher Freude, in gläubiger Demuth empfing sie den himmlischen Schmuck, in dem sie mit ver= klärtem Lächeln der ewigen Seligkeit entgegenschritt. Der ernste Lehrer und der leitende Himmelsbote, der Ver⸗ künder der neuen Freuden war Herr Matkowsky; er trug seine Verse klar und volltönend vort. Unter den übrigen Per—⸗ sonen tritt keine besonders bedeutsam hervor; sie haben wenig zu sprechen und wirken mehr durch das stumme Spiel, mit dem sie die Handlung begleiten. Der Dichter wurde nach jedem Theil stürmisch gerufen und erschien mehrere Male vor der Gardine.

Concerte.

Am Montag gah die Mezzo⸗Sopranistin Fräulein Anna Trippen⸗ bach im Sagal Bechstein ihr erstes öffentliches Concert. Unter Leitung des Herrn . Schmidt und der Frau Joachim ausgebildet, gebietet sie über eine in der Höhe besonders wohlklingende Stimme. Reine Intonation und Deutlichkeit der Aussprache sind vereinigt mit warm empfindender Ausdrucksweise: Vorzüge, die in der Arie von Beethoven „Ah persido“ und in mehreren Liedern won Brabrg. Beethoven, Jensen, Schubert und anderen vortrefflich zur Geltun

kamen. Reicher Beifall des zahlreich erschienenen Publikums folgte

allen ihren Vorträgen. Außerdem kam ein neues Streichquartett von