einem großen Theil des Reichs anerkannte, in den ersten Entwurf jedoch nicht aufgenommene Vormerkung zur Sicherung eines persön lichen Anspruchs auf Ein⸗ räumung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder an einem eingetragenen Necht ist nunmehr zugelassen und näher geregelt. ö.
. estimmungen über den rechtlichen Inhalt des Grundeigenthums und über die nachbarrech tlichen K desselben sind, um einer lediglich chika⸗ nösen Geltendmachung des Eigenthumsrechts vorzubeugen. nach den Rücksichten einer praktischen und gerechten Interessen⸗ begrenzung vielfach geändert, namentlich bezüglich der Be⸗ fugniß des Eigenthümers, Andere von dem Luftraum über und dem Erdkörper unter der Oberfläche auszu⸗ schließen, bezüglich der Verpflichtung des Eigenthümers zur Duldung gewisser Einwirkungen, die von Nachbar grundstuͤcken ausgehen, und gewisser Anlagen, die auf diesen erfolgen, seiner Verpflichtung zur Duldung eines Gebäudes, welches die Grenze überschreitet, oder der Zweige und Wurzeln, welche über die Grenze hinausreichen, endlich seiner Verpflich⸗ tung zur Gestattung eines Nothweges. Die Form der Ueber⸗ tragung des Eigenthums an Grundstücken soll mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der Gebiete mit zersplittertem Grundbesitz und im Interesse der Vereinfachung des Geschäftsverkehrs dadurch erleichtert werden, daß neben der Auflassung vor dem Grundbuchamt auch die Auflassuug vor Gericht oder Notar zugelassen wird. Gegenüber den Vorschriften des Entwurfs über den Eigenth umsanspruch ist, im An— schluß an das Deutsche Recht dem gegenwärtigen Besitzer einer beweglichen Sache eine mehr, gesicherte Stellung eingeräumt, indem die Vermuthung des Eigenthums kraft des Besitzes für ihn streiten soll; andererseits ist dem redlichen Vorbesitzer einer beweglichen Sache in erweitertem Umfange ein Anspruch auf Herausgabe der Sache gegen den unredlichen und, wenn die Sache aus dem Besitz des Vorbesitzers ohne seinen Willen ge— kommen ist, auch gegen den redlichen Besitzer gegeben worden; dieser Schutz soll z. B. auch dem Miether und dem Verwahrer zu gute kommen. ; .
Auch in Betreff der Rechtsformen für den Im⸗ mobiliarcredit hat die Commission weitgehende Aenderungen beschlossen. Während der erste Entwurf nur die Belastung mit Kapitalschulden eingehend behandelt, dagegen die Belastung mit einer Rentenschuld lediglich mittelbar und unvollständig durch seine allgemeinen Vorschriften über die Reallasten regelt, stellt die Commission, entsprechend den aus landwirthschaftlichen Kreisen geäußerten dringenden Wünschen, die Rentenschuld den verschiedenen Formen der Kapitalschuld gleichberechtigt an die Seite und gewährt so die erforderliche Rechtsgrundlage für die praktische Verwerthung ditser Creditform. Die Rentenschuld soll eine persönliche Haftung des Grundeigenthümers nicht be⸗ gründen und von Seiten des Gläubigers unkündbar, von Seiten des Grundeigenthümers aber, um einer Entartung dieser Creditform vorzubeugen, ablösbar sein. Was die Formen der Kapitalbelastung betrifft, so sah die Commission sich genöthigt, die vier vom ersten Ent⸗ wurf aufgestellten Formen:; der Buchhypothek, der Briefhypothek, der Sicherungshypothek und der Grundschuld mit Rücksicht auf die in den verschiedenen Landestheilen eingewurzelten und mit großer Vorliebe festgehaltenen Belastungs formen aufrecht u erhalten, so wenig willkommen an und für sich eine solche Mannigfaltigkeit erscheinen kann. Doch ist den thatseichlichen Zuständen insofern mehr Rechnung getragen, als das Ver⸗ hältniß der Buchhypothek zur Briefhypothek dahin um⸗ gekehrt wurde, daß nicht die erstere, sondern die letztere die Regel bilden sol, wenn es an einer be— sonderen Vereinbarung der Betheiligten fehlt. Im einzelnen ist zunächst einem unredlichen Erwerber gegenüber der Kreis der dem Eigenthümer gegen den Anspruch aus einer Hypothek zustehenden Einwendun gen erweitert worden. Es ist ferner, um dem Eigenthümer di Ausnutzung seines Credits zu erleichtern, das Institut der Eigenth üm er⸗ hypothek im Vergleich mit dem ersten Entwurf erheblich fortgebildet. Der Eigenthümer soll die Hypothek stets erwerben, wenn die Forderung, für die sie bestellt worden ist, nicht besteht oder erlischt, oder wenn der Gläubiger auf die Hypothek verzichtet. Dem Zweck der Förde— rung des Realcredits dient eine Anzahl neuer Bestimmungen, durch welche die hypothekarische Sicherung von For⸗ derungen aus Schuldverschreibungen auf den In⸗ haber sowie aus indossabeln Papieren ermöglicht und serner die Ausstellung von Grundschuldbriefen auf den Inhaber zugelassen wird. Diese Einrichtungen werden nament⸗ lich auch den Realcredit-Instituten die Möglichkeit bieten, ihren Pfandbriefgläubigern eine lange schon ersehnte Sicherheit zu gewähren. Die Zwangs⸗ und die Arresthypothek sind zwar beibehalten, aber im Interesse des Schuldners dadurch wesentlich gemildert worden, daß mehrere Grundstücke eines Schuldners nicht mit der ganzen Forderung, um deren Sicher— stellung es sich handelt, sollen belastet werden können, sondern jedes Grundstück nur mit einem Theil der Forderung, dessen Bestimmung dem Gläubiger überlassen ist. Ein Gebiet der Verpfändung, auf welches seit längerer Zeit besonders lebhafte Wünsche der betheiligten Kreise gerichtet sind, ist das Pfand⸗ recht an Schiffen. Dieses Pfandrecht ist nach verschiedenen Richtungen weiter ausgestaltet worden. .
. . ganze Aufjählung hat sich nur auf die wichtigsten sachlichen Aenderungen des ersten Entwurfs erstrecken können. Es ist unvermeidlich, daß über den Werth der einen oder an⸗ deren dieser Aenderungen die Ansichten auseinandergehen: im großen und ganzen wird aber das Ergebniß der Commissions⸗ arbeiten als eine wesentliche Verbesserung des ersten Entwurfs zweifellos anerkannt werden. AuJs dem Ergebniß der bisherigen Berathungen werden wohl alle, denen das Jelingen des Gesetzgebungswerks am Herzen liegt, die Zuversicht schöpfen, daß die Commission ein den Anschauungen und Bedürfnissen der Nation entsprechendes Gesetzhuch für die Beurtheilung der , ,. Körperschaften fertig stellen wird. Es ift zu hoffen, daß die Commission es verstehen wird, den noch übrigen Theil ihrer Arbeiten in nicht zu langer Zeit zu erledigen Sie wird damit den Wünschen der übergroßen Mehrheit des deutschen Volkes entgegenkommen.
Durch Erlaß des Handels⸗Ministers vom 17. Mai 1893 waren die Regierungs⸗Präsidenten zur Berichterstattung über einen vorläufigen Entwurf von Ausngh mebestim mungen von dem Gebot der Sonntagsruhe für die der Befriedi⸗ gung täglicher Bedürfnisse der Bevölkerung dienenden Gewerbe 105 der Gewerbeordnung) aufgefordert worden.
Um es den Betheiligten in weitestem Umfange zu er⸗ möglichen, ihre Wünsche bei den Behörden anzubringen, war der Entwurf veröffentlicht und gleichzeitig be⸗ kannt gemacht worden, daß die Gewerbegerlchte und die Gewerbe⸗-Aufsichtsbeamten schriftlich dargelegte Wünsche der Interessenten entgegenehmen und , darüber mündlich mit ihnen verhandeln würden. Endlich waren die Gewerbegerichte sämmtlich zur gutachtlichen Aeußerung über den Entwurf aufgefordert worden. . .
Nachdem die Bearbeitung des hierauf eingegangenen Ma⸗ terials im Handels⸗-Ministerium beendet ist, hat der Handels⸗ Minister, wie vor einiger Zeit Vertreter des Photographen⸗ gewerbes, am 30. November 5. J. auch die Vorstandsmitglieder des Verbandes „Bund deutscher Barbier⸗ Friseur⸗ und Perrückenmacher⸗-Innungen! sowie den Vorsitzenden der „Freien Vereinigung der Barhier⸗, Friseur⸗ und Perrücken⸗ machergehilfen“ n gelb auf ihren Antrag . um ihre Wünsche, betreffend Regelung der Sonntagsruhe, entgegen zu nehmen. . .
Die Erschienenen erklärten einstimmig, daß ihr Gewerbe seinen Hauptbetrieb am Sonntag habe, und daß es für sie unbedingt erforderlich sei, ihr Geschäft am Sonntage von früh Morgens an im Sommer bis 2 Uhr, im Winter bis 3 Uhr Nachmitttags ununterbrochen ausüben zu dürfen. Die Gehilfen an sedem zweiten oder dritten Sonntag völlig oder auch nur wahrend der Stunden des Haupt⸗ gottesdienstes von der Arbeit frei zu lassen, sei für die Barbier⸗ und Friseurgeschäfte, möchten sie mit einem oder mit mehreren Gehilfen betrieben werden, nicht möglich; dagegen stehe nichts im Wege, den Ge⸗ hilfen statt dessen in jeder Woche einen, nöthigen Falls auch zwei freie Nachmittage zu gewähren. Den größten Werth erklärten die Vertreter der Principale unter Zustimmung des Vertreters der Gehilfen darauf legen zu müssen, daß in ihrem Gewerbe für die Zeit, in der Gehilfen nicht mehr beschäftigt werden dürften, auch den Geschäftsinhabern der Gewerbebetrieb untersagt werde, da andernfalls die Gefahr vorliege, daß die Gehilfen sich möglichst frühzeitig selbständig machen und mit den älteren mit Gehilfen arbeitenden Principalen in einen die letzteren schwer schädigenden Wettbewerb eintreten würden.
Der Handels⸗Minister wies darauf hin, daß der Geschäfts⸗ schluß um 2 oder 3 Uhr Nachmittags nach gegenwärtiger Lage der Gesetzgebung nicht angeordnet werden könne, und erklärie im übrigen, daß die vorgebrachten Wünsche, deren theilweise Berechtigung er anerkenne, bei der demnächstigen Feststellung der zu erlassenden Vorschriften einer eingehenden Prüfung unterzogen werden würden.
Die Nr. 23 der „Amtlichen Nachrichten des Reichs⸗ Versicherungsamts“ vom 1. Dezember 1893 enthält eine Uebersicht uͤber die bei den Berufsgenossenschaften zur Ueberwachung der Betriebe angestel lten Be⸗ auftragten (Revisions⸗Ingenieure). (68 82 ff. des Unfall— versicherungsgesetzes in Verbindung mit 8 1 des Ausdehnungs⸗ gesetzes, S 4 des e n,, ,. und S 90 des landwirthschaftlichen Unfallversicherungsgesetzes.)
Die Nr. 2 der Sonderausgabe der Amtlichen Nachrichten des Reichs-Versicherungsamts, In— validitäts- und Altersversicherung“, vom 1. Dezember d. J. enthält folgende bemerkenswerthen Revisionsentschei⸗ dungen:
i Bezug der einem Rentenberechtigten von einer früheren Privateisenbahngesellschaft bewilligten yFension, deren Weiterzahlung bei der später erfolgten Ver⸗ e leg der Bahn vom Staat übernommen worden ist, hat ein Ruhen der Rente gemäß § 34 Ziffer 2 des In—⸗ validitäts- und Altersversicherungsgesetzes zur Folge.
Die in Armenhäusern untergebrachten Per sonen können insoweit versicherungspflichtig sein, als sie einen den freien Unterhalt übersteigenden Lohn oder Gehalt für ihre Arbeit beziehen. Letzteres wird aber lediglich in denjenigen Ausnahmefällen angenommen werden dürfen, in denen aus dem Maß und Werth der geleisteten Arbeit und aus der Höhe des Entgelts deutlich zu ersehen ist, daß der Empfänger nur eines Zuschusses zur Erlangung des im übrigen noch aus eigener Kraft erzielbaren Lebentzunterhalts bedürfte, und daß daher die aus Mitteln der Armenver waltung bezogenen Leistungen gleichzeitig Unterstützung und Arbeitslohn in sich schließen. Dagegen hat das Reichs⸗Versicherungsamt in einem anderen Falle, in welchem der in einer kleinen Stadt Würt⸗ tembergs wohnende Kläger sich vor Jahren nicht auf Grund der Armenfürsorge, sondern auf Grund eines Alimenta⸗ tionsvertrags in das städtische Spital hatte aufnehmen lassen, die Frage, ob die von dem Kläger durch Vermittelung der . die ö geleisteten Arbeiten der Versicherungspflicht unterliegen, bejaht. ö
. steht auf Grund des 835 Absatz 2 des Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes das echt zu, die für den Rentenanspruch grundlegende Feststellung selbständig anstatt des nach Eröffnung des Verfahrens verstorbenen Hauptberechtigten auf dem durch das Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetz gegebenen Wege und in den daselbst vorgeschriebenen Formen zu betreiben.
Macht ein Armenverband seinen Anspruch auf Renten⸗ überweisung im Rentenfeststellungsverfahren geltend, so ist der Hauptberechtigte darüber zu hören, ob er den Anspruch des Armenverbandes anerkenne. Ist eine Einigung zwischen dem Armen verbande und dem Ha uptberechtigten nicht zu erzielen, so steht der Versicherungsanstalk die Befugniß zu, die Zahlung in derjenigen Art zu leisten, welche das bürgerliche Recht für solche lf vorsieht, in denen auf die Leistung eines Verpflichteten von mehreren angeblich Be— rechtigten Anspruch erhoben wird. . -
Im nichtamtlichen Theil ist eine Entscheidung des Königlich preußischen Ober⸗Verwaltungsgerichts vom 12. Juni 1893 veröffentlicht, in welcher für das Gebiet der Krankenversicherung die Unterscheidung der selbständigen „Hausgewerbetreibenden“ von den un⸗ selbständigen „Heimarbeitern“ nach den . Grund⸗
ätzen getroffen ist, welche das Reichs⸗Versi erungsamt in 6. Reyisionsentscheidungen zu 5 2 des Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes ausgesprochen hat.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Kaiserliche Unter⸗ Staatssecretär von Schraut ist aus Straßburg hier ange⸗ kommen.
Dem Regierungs⸗Assessor Dr. Brockhoff zu Arnsberg ist die commissarische Verwaltung des Landrathsamts im Kreise Bremervörde, Regierungsbezirk Stade, übertragen worden.
Der neuernannte Reglerungs Asse or von Loos aus Stettin ist bis auf weiteres dem Landrat des Kreises Random, Regierungsbezirk Stettin, zur Hilfeleistung in den landräth— lichen . ten zugetheilt worden.
Die Regierungs⸗Referendare Eggert aus Marienwerder, Dr. Hayessen aus Merseburg, Winckler aus Stade, Dr. Hugenberg aus Hildesheim und Hr. von Engelmann aus Breslau haben die zweite Staatsprüfung für den höheren Verwaltungsdienst bestanden.
Bayern.
Die Kammer der Abgeordneten setzte gestern die Specialberathung des Militär-⸗Etats fort, wobei die Abgg. Wörle und Schubert den Militärdienst der Schullehrer be— sprachen und die Abgg. Schmidt und von Vollmar wohl— wollendere Behandlung der Pensionsgesuche der . empfahlen, die sich im Dienste Krankheiten zugezogen haben. Der General⸗Stabsarzt Dr. Lotz beck erörterte, daß in Bayern verhältnißmäßig viele solcher ? ensionen gewährt würden. Betreffs der Gewehrfabrik Amberg fraͤgte der Abg. Scherm, welcher Art die Gewehrreparaturen seien, dle jetzt dort vorgenommen würden. Der Abg. Grillen⸗ berger behauptete, das ganze bayerische Gewehrmaterial werde dort gegenwärtig einer Aenderung unterzogen, um das Rückschlagen der Pulvergase zu verhindern. Der Kriegs⸗ Minister Freiherr von Asch erklärte, von solchen Repargtuten größeren Stils sei dem Kriegs⸗Ministerium nicht das mindeste bekannt. Nach warmen Empfehlungen der Abgg. Wo 1f und Orterer wurde die Petition, worin Wittwen von DOffi⸗ zieren aus 15790 um Aufbesserung ihrer Pension nach dem Gesetz von 1887 bitten, der Regierung zur Würdigung über— geben. Der Kriegs-Minister Freiherr von Asch sagte zu, wenn irgend möglich, in den nächsten Etat etwas dafür einzusetzen.
Mecklenburg⸗ Schwerin.
Den „Meckl. Nachr.“ zufolge hat sich die Regierung mit dem Vorschlage des Landtags, nur 10 9 der Landes⸗ steuer zu erheben, den zur Deckung der Ausgaben eventuell nöthigen Bedarf aber durch eine Anleihe aufzubringen, ein— verstanden erklärt.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.
Der Rechnungsgusschuß des Landtags hat unter Leitung des Landtags-Präsidenten Freiherrn von Rotenhan am 27. v. M. die Prüfung der Rechnungen begonnen. Der Landtag, dessen ordentliche Session am 9. April v. J. vertagt wurde, wird, wie bereits gemeldet, zum 22. Januar nächsten Jahres zur Fortsetzung seiner Thätigkeit einberufen werden. Die Hauptaufgabe für ihn wird der „Th. C. zufolge die Berathung der Reform der Gemeindeordnung sein, über die ihm bereits im Frühjahr eine Vorlage zugegangen ist. Der zur Prüfung ber e gewählte Ausschuß hat auch bereits seinen Bericht fertiggestellt. Die Sitzung des Landtags wird voraussichtlich einige Wochen dauern.
Oldenburg.
(H) Der Finanzausschuß des Landtags hat in seinem Bericht über den Voranschlag der Einnahmen des Herzogthums Oldenburg für 1894/96 die Annahme der sämmt— lichen Paragraphen des Voranschlags beantragt. Zu der Position „Sporteln der Amtsgerichte“ wurde im Ausschuß zur Sprache gebracht, daß in verschiedenen Theilen des Landes die Einführung des Notariats gewünscht werde. Der Ausschuß glaubte aber von einem darauf bezüglichen Antrage absehen zu sollen, weil durch das Bürgerliche Gesetzbuch für das Deutsche Reich, dessen Einführung in absehbarer Zeit zu erwarten sei, auch für das Herzogthum das Notariat zuverlässig zur Geltung kommen werde.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Die „Cob. Ztg.“ ist in den Stand gesetzt, aus zuverlässig⸗ ster Quelle zu erklären, daß Seine Königliche Hoheit der Herzog, um jeglichem Mißverständniß vorzubeugen, seine Heft fle fa sf zum englischen Geheimen Rath die Würde als member ot the privy counci) niedergelegt hat.
Oesterreich⸗Ungarn.
Im ungaxrischen Unterhause erklärte gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, bei der Fortsetzung der Budget⸗ debattze der Minister-Präsident hr. We kerle gegenüber dem Abg. Beoethy, der die Hofhaltungsfrage gesetzlich geregelt wissen wollte: eine gesetzliche Verfügung über die Hof— haltung sei nicht nothwendig, die Regelung des inneren Hofhalts bilde das eigenste Recht des Königs. Die Regierung Ungarns habe nur darauf zu achten, daß sich der innere Hofhalt nicht mit Politik befasse und nicht mit Ungarns staatsrechtlichen Verhältnissen im Widerspruch stehe. Beides sei nicht, zu befürchten. Gegen die gegen⸗ wärtige Organisation der Cabinetskanzlei könne Ungarn keine Einwendun erheben. Die Cabinetskanzlei sei keine staatsrechtliche Behörde, sondern lediglich zur per⸗ sönlichen Dienstleistung bei, dem König berufen. Ungarn besitze — dem Himmel sei Dank — einen Monarchen, der sich mit der größten Hingebung und Selbstaufopferung mit den öffentlichen Angelegenheiten beschäftige. Der Titel „Hof⸗ haltung“ wurde sodann einstimmig bewilligt. ;
In der gestrigen Sitzung der ungaxrischen Bischofs⸗ Lonferenz ist, wie die „Köln. Ztg.“ Ile, der Hirten⸗ brief des Episkopats über die kirchlichen Vorlagen fest⸗ gestellt worden. Er wird erst nach einigen Wochen an alle Diözesen gesandt werden; bis dahin soll der Inhalt geheim gehalten werden.
Frankreich.
Die gestern im Senat und in der Deputirtenkammer verlesene Erklärung des neuen Ministeriums besagt, einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge: das Land habe nech nie eine größere Anhänglichkeit an die Republik, eine größere Ab⸗ neigung gegen das Regime der Reaction und elne größere Achtung vor der Freiheit des Gedankens und Gemissens bekundet als jetzt, es habe noch niemals so klar die Politit abstracter Formeln verurtheilt und so energisch die Aufrechterhaltung der Ordnung angesichts der Theorien einer
gewissen Schule gefordert. in der Richtung der Politik Einheit und Festig
sondern eine fruchtbringende walten entgegengesetzt werde. die Verantwortlichkeit der Macht,
erfüllenden Hoffnungen getragen, mit den G er Republik seien.
betrachte es, die Steuern gleichmäßiger zu sonders den erworbenen Reichthum zu treffen.
kündigt alsdann mehrere Finanzreformen an, Abänderun Regelung der Beziehungen des Staats
die das Erbtheil
eine Grundbuch⸗Revision,
reich, sowie die
Inbetrachtnahme für Arbeiter.
Verfassung ab. Gebiete der auswärtigen Politik vergeßliche Ereignisse, seien; die
auswärtige
sei, die mächtig genug sei, um aufrichtig den Frieden wolle, und die Interessen lhres Handels un allen Punkten der Erde
seitigt und die Gegner überzeugt werd
Nation hätten dasselbe Recht, wenn der Freiheit gebrauchten.
Den Wün echnung . werden
eit der geführt und den Lehren der Sociali Thätigke Das
Die Erklärung fügt hinzu: Frankreichs bewie daß alle Mißhelligkeiten verschwunden Politik des ö
stets von dem Geiste erfüllt sein, der einer Nation würdig daß sie um ihre Rechte sowie Industrie auf Zum Schluß giebt die Vorurtheile be—⸗ en würden durch Loyalität der Sprache und Festigkeit der Beschlüsse. Alle Vertreter der sie die friedlichen Waffen fe, die beständige welche entschlossen
zu vertheidigen. die Erklärung der Hoffnung Ausdruck, daß
Das Cabinet hof Mitwirkung einer Majorität zu erhalten,
Cabinet
einer
inisteriums zu verkünden,
d ihrer
sei, derselben Sache zu dienen, der das Cabinet dienen will.
Im Senat,
Erklärung verlas, wurden einige Punkte klärung im ganzen jedoch mit einer gewissen Kälte auf⸗ Deputirtenkammer das diplo⸗
Minister⸗ die Erklärung, die mit es, mit Ausnahme der Socialist
genommen. 6 der Sitzung der herrschte großer Zudrang, die matische Corps war dicht
Präsident Casimir Périer verlas
Beifall auf allen Plätzen des Haus aufgenommen 1 Pascal Grousset beantragte hierauf eine allgemeine Der Minister des Innern Raynal verlangte die sofortige Discussion, die auch beschlossen wurde. FBrousset sprach für die Bergwerksarbeiter und Arbeiter
der Soeialisten,
Amnestie.
überhaupt und forderte auch eine Amnestie für die verbannten n. Der Minister des Innern die Begnadigung besonders derjenigen
Boulangisten.
hrechens des Vaterlandsverraths ve
Heftiger Widerspruch bei den Socialisten.) Minister des Innern Raynal heftig an, die gegen diesen gerichteten Vorwürfe zurück. Der Minister des An⸗ verurtheilten
Unter⸗ Minister andeln und mit Strenge „Geifall im Centrum.) wurde die allge⸗ mmer lehnte darauf mit
Innern Raynal erklärte, wendung der Gesetze Bergarbeitern für ausreichend brechungen auf der äußersten beharrte darauf, ohne Schwäche zu h gegen die Revolutionäre einzuschreiten Nach einer Rede des meine Digcussion geschlossen.
daß
Die Ka
besetzt.
gegenüber den halte. Linken.)
Boulangisten Roche
wo der Unterrichts-Minister Spuller die sehr beifällig, die Er—
Loge für Der
vurde. Der
rurtheilt worden
er eine milde
Neue Der
257 gegen 226 den Eintritt in die Discussion der einzelnen
Artikel des Antrags Grousset ab.
Dem „XIX. Siècle“
folge bestand die Majgrität. aus 209 regierungsfreundlichen Republikanern und 48 Mitgliedern der Rechten. Die Minorität
bildeten alle
Soecialisten und Radicalen,
N opportunistische
Republikaner und 12 Mitglieder der Rechten.
Die Mehrzahl, der Pariser Blätter von
daß der gute Eindrusk der
Raynal verwischt worden sei. den Amnestie⸗ Antrag zeige, daß Mehrheit vorhanden sei. Befriedigung hervor,
; daß das 18 Stimmen der
heute stellt fest,
; Regierungserklärung durch die wenig geschickte Rede des
Ministers des Innern Die Abstimmung über noch immer keine feste
Die conservativen Blätter heben mit Cabinet Rechten die Majorität erlangt habe, und
nur durch die
hoffen, das Ministerium werde mit dieser Thatsache rechnen. Mehrere Blätter halten es für möglich, daß bei der Wahl des Kammer⸗-Präsidenten Brisson über Dupuy den Sieg davon trage, wodurch das Cabinet schwer erschüttert werden würde.
Rußzland.
Wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg berichtet, stimmte
landes.
in der gestrigen Plenarsitzung des Reichsraths die Majoritãt für die Geseßvorlage über die Unveräußerlichkeit des Bauern⸗
Der Ausweis über den auswärtigen Handel des Eur opäischen Rußlands vom 1. Januar bis 1. Oktober d. J. ergab eine Ausfuhr im Werthe von 395 916065 Rl.
gegen 316 836 909 Rbl. im gleichen Zeitraum und eine Einfuhr im Werthe von 514 391 000 Rbl.
272 864 000 Rbl. im Vorjahre.
Italien. Das neue Ministerium
den Vorsitz Zanardekli, öffentlichen Arbeiten Fortis, den
General San
des Vorjahres gegen
hat sich wie folgt constituirt: und das Ressort des das Auswärtige General Baratieri, die Schatz Vacchelli, die
Innern übernimmt
Justiz Inghilleri, den Unterricht Gallo, das .
Marzano, Racchia, und Telegraphen di Blasio. des 3 ist noch zweifelhaft, des Finanz⸗
SchatzMinister auch das Re sort übernommen. Guicciardini, der sich zur Zeit angeboten worden. Guicciardini wartet. tag oder Sonnabend . der dringenden Vor Präsidenten erfolgen. Der „Tribuna“ von der liberalen Partei dis Candida posten aufgestellt werden.
das Marineressort den Ackerbau und Handel Cocco⸗-Ortu, ortefeuilles abe . hat;
Dies letztere ist nun, neldet, auf telegraphischen Wege
ldmiral Post Nur die Besetzung da Boselli die Annahme vorläufig hat der des Finanz⸗Ministers wie W. T. B. dem Deputirten in Florenz aufhält,
wird heute in Rom er— Die Kam mer wird voraussichtlich zum Donners— ö werden und sich nach agen wieder vertagen. iederzusammentritt soll alsbann die Wahl des
Nach neuen zufolge würde Crispi t für den Präsidenten⸗
schen des Landes müsse daß in der Leitung Anschauungen herbei⸗ sten nicht Mißachtung, it der öffentlichen Ge— übernehme um, von den die Nation esetzen zu regieren, Als seine Aufgabe vertheilen, um be— Die Erklärung insbesondere g der Getränkesteuer, zur Bank von Frank— Altersversorgung Das Cabinet werde das von der letzten Gesetz⸗ gebung übernommene wirthschaftliche Werk verth der Landwirthschaft und Induftrie zu Hilfe kommen; es werde sich mit dem landwirthschaftlichen Eredlt und de schaftlichen Versicherungen beschäftigen. eine Vorlage über die geistlichen Gesellschaf aber die Trennung der Kirche vom Staat
eidigen und
n landwirth—⸗ Das Cabinet werde ten einbringen, lehne und die Revision der auf dem sen un⸗
werde
Pascal
Raynal bekämpfte die wegen des Ver— seien. Méry griff den nahm aber schließlich
zu⸗
Spanien.
Der Justiz⸗Minister bereitet nach einem Madrider Telegramm des „W. T. B.“ einen Gesetzentwurf zur Unter⸗ drückung der narchie vor.
Wie aus Melilla gemeldet wird, wünscht der General⸗ stab, wenn die friedliche . der Mauren anhalten sollte, eine neutrale Zone um Melilla einzurichten.
— Schweiz. Die 16. Legislaturperiode der Bundesversammlung ist gestern eröffnet worden, der Nationalrath begann die Constituirung. Der Ständerath wählte zum Präsidenten Munzin ger ⸗ Solothurn radical) und zum Vice⸗Präsidenten Torrente⸗Wallis lultramontan).
Serbien.
Der König hat, nach einer Meldung des W. T. B.“ aus Belgrad, den General Gruic mit ö. Bildung eines neuen Cabinets beauftragt. Nach Meldungen aus Abbazia ist in dem Befinden Dokic's eine langsame, doch fortschreltende Besserung eingetreten.
Amerika. Die gestern im Congreß verlesene Botschaft des Präsidenten Cleveland hebt, wie „W. T. B.“ meldet, hervor, die Politik der Vereinigten Staaten gegenüber Bra⸗ silien bestehe in unparteiischer Neutralität. Ueber die schwe⸗ benden Fragen mit England werde in friedlichem Sinne verhandelt; der neue Auslieferungsvmertrag mit England stehe in Berathung. Die Vereinigten Staaten hätten ein außerordentliches Interesse an der Fertigstellung des Kanals von Nicaragua unter den Auspicien Amerikas zum Vortheil der Schiffe der gesammten Welt und im Interesse der Civilisation. Das Vorgehen des amerilanischen Gesandten in Hawait, der die verfassungsmäßige Regierung gestürzt habe, sei im höchsten Grade zu mißbilligen; der neue Gesandte sei beauftragt werden, den status quo, soweit als möglich, wieder herzu⸗ stellen. Bezüglich der Aufhebung der Shermanacte heißt es: die Aufhebung habe eine vollständige Veränderung der Währungsverhaältnisse Amerikas herbeigeführt, der Prä⸗ sident zweifle nicht daran, daß die Maßregel si schließlich als höchst heilsam erweisen werde; augen⸗ blicklich jedoch sei es unmöglich, festzustellen, was für Ver— hältnisse die Veränderung hervorrufen oder zu welchen Schritten die Gesetzgebung sich veranlaßt sehen werde. Nach der jüngsten finanziellen Störung sei Zeit zur Wiederstellung des geschäft⸗ lichen Vertrauens erforderlich. Sobald das infolge des herrschenden Mißtrauens angehäufte Geld wieder in den Verkehr gelangt sein werde, werde, wahrscheinlich ein sicherer Weg zu einer gesunden, allen Bedürfnissen ge⸗ nügenden Währung gefunden werden; zu diesem Zweck sei ein mäßiger Verzug bei Behandlung der Frage geboten. . legt die Botschaft nahe, daß der Präsident ermächtigt werde, jederzeit, wenn die Umstände für eine Verständigung günstig seien, eine internationale Münzconferenz ein⸗ zuberufen. Weiter wird in der Botschaft die Abänderung der über die Ausgabe von Regierungsbonds bestehenden Gesetze empfohlen, da die Befugniß des Schatzsecretärs hierzu nicht klar sei und die autorisirten Bonds für die Regierung nachtheilig seien sowohl bezüglich der Verfallzeit als bezüglich des Zins⸗ fußes. Obgleich die Politik, welche die Kriegsmarine bis zur Höhe der nationalen Bedürfnisse erhöhen wolle, gebilligt wird, hält die Botschaft den Augenblick nicht für geeignet, um für dieses Kapitel neue Credite zu verlangen. Die Tariffrage erheische in erster Linie die Aufmerksamkeit der Regierung; nichts duͤrfe die Regierung von ihr abziehen, bis eine Reform mittels einer weisen Gesetzgebung vollendet sei. Der Präsident erörtert sodann die Gründe für die Herabsetzung der Zölle auf Lebeng— mittel und die Aufhebung der Beschränkung auf die Einfuhr von Rohmaterialien. Die Jahreseinnahme für das ain 30. Juni 1894 zu Ende gehende Etatsjahr wird auf 1430 Millionen, die Ausgaben auf 458 Millionen Dollars geschätzt. Aus Rio Grande wird mache a Fortschritte. In Paris eingetroffenen Nachrichten aus Buenos Aires zufolge sind die dortigen Municipalwahlen ruhig verlaufen. — Der Finanz⸗Minister Terry plane die Herabsetzung der vier⸗ procentigen Steuer auf die Einkünfte der Banken.
Asien. Der Pariser „Politique Nationale“
gemeldet, die Revolution
I. er „Pol würden nach dem zwischen Frankreich und England getroffenen Ueberein⸗ kommen die Länder Luang⸗-Prabang und ieng⸗khong
zufolge
keinen Theil des Pufferstaates bilden. In letzterem würden die beiden Mächte die Einrichtung jeglichen Monopols zu Gunsten einer europäischen Macht verbieten.
Parlamentarische Nachrichten.
Deutscher Reichstag.
Der Bericht über die gestrige Sitzung befindet sich in der Ersten Beilage.
13. Sitzung vom Dienstag, 5. Dezember, 1 Uhr.
Der Sitzung wohnen bei der Reichskanzler Graf von Caprivi, die Staatssecretäre Dr. von Boetticher und Dr. Graf von Posadows ky, der Königlich preußische Finanz⸗ n r Dr. Miquel und der Königlich bayerische Staats⸗ Minister der Finanzen Dr. Freiherr von Riedel
Auf der Tagesordnung steht die erste Berathung des Gesetzentwurfs 2 Abänderung des Gesetzes, betreffend die Erhebung von? eichs⸗Stempelabgaben.
Königlich bayerischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, Staats Minister der Finanzen Dr. Freiherr von Riedel: Wenn ich zu diesem Gesetzentwurf das Wort nehme, so geschieht es darum, weil die baverische Regierung den höchften Werth auf die Annahme dieser Vor⸗ lage legt und weil ich nicht weiß, ob ich in den nächsten Tagen noch im stande sein werde, hier zu sprechen. Ich werde mich möglichst an den Entwurf halten, obgleich ich nicht meine, daß derselbe En losgelöst zu behandeln ist von den anderen Vorlagen. Wer die Tragweite dieser Vorlage erfassen will. wird sich die Finanz. lage des Reichs und der Cinzelstaaten, das Verhältniß der directen und indirecten Steuern klar machen müssen. Ueber die schlechte Finanzlage des Reichs und der Cinjelstaaten wird nach den 6 welche der Reichs- Schaßseeretäͤr egeben hat, der beste Rechenkünstler nicht hinwegkommen. ie Einzel⸗ staaten befinden sich schon jetzt in den größten Verlegenheiten
kularbeiträge und die sich vermindernden Ueberweisungen entstandenen Lücken auszufüllen. Den Einwand, daß die Cinnahmen des Reichs in der nãchsten . auch steigen werden, hat der Reichs⸗Schatzsecretãr bereits genügend beleuchtet; ich möchte darauf hinweisen, daß das Reich mit 2 Milliarden Schulden belastet ist, deren Tilgung angebahnt ist. Gegen die Einführung der mehrfach vorgeschlagenen Reichs ⸗GEinkommen⸗ steuer muß ich mich vom Standpunkt der bayerischen Regierung mit derselben Entschiedenheit erklären, wie die preußische Reglerung. Wenn Ungerechtigkeiten und Un uträglichkeiten vermieden werden sollen, müßte man die ein ir ne, Einkommensteuern be⸗ seitigen. Das würde so tief eingreifen, dah nicht bloß die einzel staatlichen Regierungen, sondern auch die Landesvertretungen mit allen Mitteln sich dagegen wehren würden. Wieweit das fundirte Cinkommen besteuert werden l, spielt dabei eine große Rolle. Das Reich müßte sich also tief in die Verwaltung und . von Steuern ein⸗ mischen. Sehr recht hatte der preußische inanz⸗Minister, wenn er da fragte: Was bleibt dann von der Selb tändigkeit der Einzelstaaten noch übrig? Nach der Entwickelung der Dinge ist es daher natürlich, daß das Reich zur Deckung feiner Ausgaben sich zuwendet den durch die. Reichsverfasfung ausgebildeten indirecten Steuern. Die verbündeten Regierungen waren bemüht, die Vorlagen so zu gestalten, 3 die Lasten möglichst wenig fühlbar sind. Die Regierungen haben es vermieden, nothwendige Lebensbedürfnisse zu belasten. Ungerecht ist der Vorwurf, 16. wir mit diesen Steuervorlagen den wirkhschaftlich Schwächeren treffen. Ein solcher Vorwurf trifft jedenfalls den Entwurf des Stempel⸗ . nicht. Bedenken werden nur gegen die Quittungssteuer erhoben im Interesse des kleinen Mannes. Solche Be⸗ denken mögen ja beftehen, aber ernsthaft kommen sie doch nicht in Betracht bei der Geringfügigkeit der Stempelsãätze und hei der großen Zahl der Einnahmen. Der Aussteller einer Nota, einer Quiftung hat gar kein Interesse daran, daß eine solche ausgestellt wird, das sist Sache des Em“ pfängers der Waare u. f. w. Die Weinsteuer ist nur gerichtet gegen einen Luxusartikel. Wäre die Weinsteuervorlage nicht gemacht worden, so hätte man uns die lebhaftesten Vorwürfe gemacht. Man behauptet, daß durch die Tabacksteuer das ganze Reich aus dem Leim gehe, daß die Regierung nichts Anderes zu thun hätte, als möglichst diele, Existenzen zu vernichten. Dabei haben die Interessen der Arbeiter der Regierung in erster Linie am Herzen gelegen. Der Vor⸗ wurf, daß die Tabacksteuer auch die breiteren Volksschichten trifft, ist nicht unberechtigt. Aber der Vorwurf verliert bedeutend an Gewicht, weil ja niemand zu rauchen gezwungen ist und weil die verbündeten Regierungen von einem irrationellen, die billigen Tabacke be— sonders schwer belastenden Steuersystem zu einem Werthsteuer⸗ system übergehen. Wenn das Reich keine neuen Steuern erhält, wie sollen die Einzelstaaten auskommen? Dann müßten die directen Steuern erhöht werden. In Bayern sind unter den Steuerpflichtigen nur 217, welche (ine Rente von mehr als 30 000 S haben. Eine Heranziehung der breiten Masse wäre also auch bei der directen Steuer unausbleiblich. Wollte man die Steuererhöhung auf eine geringere Anzahl von Schultern legen, müßten sie so erheblich herangezogen werden, daß eine ent schiedene Rückwirkung auf Handel und Wandel un damit auch auf das Wohl des Arbeiters unausbleiblich wäre. (Schluß des Blattes.)
Kunst und Wissenschaft.
Einen Preis von 2000 S und die silberne Denkmünze hat der Verein zur Beförderung des Gewerbfleißes in den preußischen Staaten in seiner gestrigen Sitzung für die Her— stellung einer Masse zur Anfertigung der Formen für den Bronzeguß im Wachs schmelzverfahren ausgesetzt. Der Bronzeguß ist bekanntlich durch das aus Italien eingeführte Wachs⸗ schmelzberfahren wesentlich gefördert worden. Das Verfahren er⸗ möglicht den Guß größerer Stücke und bringt den Abguß viel schärfer und feiner heraus, als beim alten Formsandverfahren. Die Materialien aber, die, bisher für die Formen zum Wachsschmelzverfahren benutzt wurden, Mischungen mit Gips oder Lehm, lassen noch viel zu wünschen übrig; die mit Gips hergestellten genügen zwar im allge⸗ meinen den Anforderungen, verlieren jedoch in der Glühhitze leicht ihre Härte; die mit Lehm hergestellten leiden zwar weniger unter der Glühhitze, nutzen sich aber schnell ab. Die Preisaufgabe bezweckt nun, die Ermittelung anderer Materialien anzuregen, die den Erfordernissen einer guten Gußform besser entsprechen. Die Bewerbungen für bie speciell aus den Kreisen der Kunst-Indusfrie angeregte Preisaufgabe müssen bis zum 15. November 1895 eingesandt werden.
— In Wiesbaden verstarb am 4. d. M. der Romanschrift⸗ steller Graf Ulrich von Baudissin im After von 77 Jahren.
— Zu Mitgliedern des Maximilian-Srdens für Wissenschaft und Kunst sind, wie man dem . W. T. B aus München meldet, ernannt worden: der Geheime Regierungs⸗-Rath Professor Dr. Pring s heim, Mitglied der Königlichen Akademie der Wissenschaften hierselbst, sowie die Professoren Thiersch, Hauberrisffer und Loefftz in München.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Türkei. Der internationale Gesundheitsrath gende Qugrantebestim mungen getroffen: 1) Die für Herkünfte bon Bartin und Amasra (Schwarzes Meer) angeordnete fünstägige Quarantäne ist durch eine ärztliche Untersuchung ersetzt worden. (Vergl. R. Anz.“ Nr. 274 vom 15. 11. ad 3) 2) Die für die Herkünfte von Quarantäne ist in eine (Vergl. R. Anz.“ 3) Die
vom 22.
3
in Konstantinopel hat fol⸗
ad 1), den Häfen Anz.“ Nr. 280 vom gehoben worden.
Die Königlich rumänische Regierung hat den Grenzpunkt Radautz (Distriet Dorohoi) an der Grenze Bessarabiens für den Ver⸗ kehr geöffnet und daselbst einen Sanitãtsposten errichtet. (Vergl. R. Anz. Nr. 180 vom 31.7. und Nr. 264 vom 3 1E
Verdingungen im Auslande.
SGSgyypten. . 1.25. Deiember. CEisenbahnderwaltung Kairo Lieferung von Feilen nach Maßgabe des Verzeichnisses und der Bedingungen des z M in⸗ In ver Sabb bei Aler⸗ dri halt 1 he eim Magazin⸗Inspector ju Gabbard bei Alexandrien erhältlichen Lastenheftes.
Theater und Mu sik.
Königliches Opern haus. Der gestrige sechste Abend des Mozart. Goklus brachte neben einer Wiederholung der Gärtnerin, die wieder einer sebr freundlichen Aufnabme begegnete, die zweigetige Oper Titus La, Clemenza di Tito), die den edelsten — des Meisters zur Seite steht und einen , in seiner dramatischen Gestaltungskraft bildet. Das Werk war für die Krönungz. sestlichkeiten des Kaisers Leopold bestimmt, wodurch der Charakter der Musik mitbestimmt wurde. Bei der trotzdem schlichten Schonbeit und
und suchen jetzt schon nach Mitteln, um die durch die Höhe der Matri⸗
feinen Melodik des Werka sind die Anforderungen, die an die Sänger