1893 / 291 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 06 Dec 1893 18:00:01 GMT) scan diff

daß wir zwei Milliarden Schulden haben und doch auch einmal an die Tilgung derselben denken sollen.

Meine Herren, unrichtig oder wenigstens nicht zutreffend ist endlich die Annahme, als sei durch die in dem Reichs. Steuerreform⸗

gesetz geplanten Ueberweisungen von Antheilen an den Erträgnissen der neuen Steuern an die Einzelstaaten auch eine weitere Be— lastung geplant. Richtig ist, daß ja hierdurch die Lasten zum theil auf andere Schultern gewälzt werden; aber ebenso richtig ist, daß die Aufwendungen, für welche diese Ueberweisungen bestimmt sind, in den meisten Staaten bereits gemacht wurden, und daß, wenn eine Ueberweisung nicht stattfindet, eben die Bevölkerung der Einzel staaten, und zwar vielleicht in unzweckmäßiger und stärkerer Weise aufkommen muß.

Das sind ungefähr die Erwägungen, von denen die verbündeten Regierungen bei den Steuervorlagen und bei der Vorlage des Stempelgesetzes insbesondere ausgegangen sind. Die Agitation dagegen kennen Sie. Man verschweigt, daß der Bedarf im Reich und in den Einzelstaaten wirklich gedeckt werden muß; man bestreitet sogar das Vorhandensein eines Fehlbetrages, wiewohl derselbe von jedermann mit Händen gegriffen werden kann. Man giebt sich nicht die Mühe, zu untersuchen, ob nicht vielleicht auf anderem Wege die Sache besser gemacht werden könnte, sondern man stellt sich einfach auf den Standpunkt der Negation oder mindestens der Verschiebung der vollen Lösung. Meine Herren, damit ist für die Sache selbst garnichts erreicht. Man wird höchstens zu mangelhaften Palliativmitteln genöthigt, und der mit jeder schwebenden größeren Frage erfahrungsmäßig verbundene Druck auf Handel und Wandel wird bei einem solchen Verfahren einfach conservirt. Die Sache selbst wird nicht besser; und man giebt sich einer trügerischen Hoffnung hin, wenn man glaubt, daß durch andere noch unerfundene neue Steuern die Steuerlast erleichtert werden könne. Meine Herren, es wird z. B. die Tabackfabrikatsteuer, davon bin ich fest überzeugt, wenn Sie diese Steuer ablehnen, in der kürzesten Zeit wieder erscheinen, nachdem der Taback allenthalben als ein vorzügliches Steuerobject angesehen wird und in den anderen großen Staaten drei, vier-, fünf⸗ und sechsmal höher besteuert ist als bei uns. Ich bin überzeugt, daß Sie, meine Herren, sich durch die Agitationen ebensowenig beirren lassen als die Vertreter der ver— bündeten Regierungen. Wir haben ja alle nur das eine Ziel: das ist die Förderung der Wohlfahrt des Deutschen Reichs. (Beifall rechts.)

Man hat nicht bloß bei uns zu Hause, sondern ich habe das zu meiner Verwunderung heute erfahren auch hier die Meinung verbreitet, daß die bayerische Regierung in diesen Steuerfragen gewisser⸗ maßen nur den Handlanger der preußischen Regierung mache. Meine Herren, ich halte dafür, daß die deutschen Regierungen in treuer Stammes genossenschaft überall zu einander stehen sollen, aber in der vorliegenden Angelegenheit hat lediglich die Rücksicht auf das Interesse des Reichs und auf die vitalsten Interessen Bayerns selbst die Haltung Bayerns bestimmt. Diese Interessen stimmen allerdings mit jenen Preußens und mit denen, ich glaube sagen zu dürfen, aller übrigen deutschen Staaten in der Hauptsache überein. (Beifall rechts.)

Meine Herren, wir wollen und erstreben eine feste Ordnung, welche dem Reich und den Einzelstaaten eine ersprießliche und stetige Finanzwirth— schaft sichert. Wir wollen ferner, daß die Erhöhung der directen Steuern möglichst vermieden und hintangehalten wird; und wir wollen endlich, daß die indirecten Steuern derartig gestaltet werden, daß sie möglichst leicht getragen werden können. Von diesen Gesichtspunkten aus, meine Herren, bitte ich, den heute zur Berathung stehenden Gesetz⸗ entwurf, sowie die übrigen Steuergesetzentwürfe zu würdigen und denselben Ihre Zustimmung zu ertheilen. Sie erzeigen dem deutschen Volk damit deß bin ich überzeugt einen großen Dienst. Beifall

rechts.)

Abg. Richter (fr. Vp): Bei der Besprechung über die ge— schäftliche Behandlung der Steuerfragen zwischen den Vertretern aller Parteien waren wir übereinstimmend der Meinung, daß es nicht an⸗ gemessen sei, wieder auf die allgemeine Finanz debatte zurückzu⸗ greifen und daß deshalb der Präsident das Recht hätte, jeden Redner, der. die allgemeine Debatte aufnähme, zur Sache zu verweisen. Einen Minister zur Sache zu verweisen, ist der Präsident allerdings nicht in der Lage, aber ich möchte doch annehmen, daß die Gründe des bayerischen Finanz⸗Ministers, hier die allgemeine Debatte aufzu⸗ nehmen und so von seinem formellen verfassungsmäßigen Privilegium Gebrauch zu machen, wenig triftig erscheinen. Der bayerische Minister hat zur Aufklärung der Sachlage garnichts beigebracht; er brachte einige bayerische Zahlen vor, die wir als Nicht- bavern nicht controliren können. Hätte man das gewünscht, so hätte man diese Zahlen ja in die Motive hineinschreiben können. Im übrigen hat dasselbe schon der preußische Finanz Minister Dr. Miquel bei der Etatsberathung vorgebracht. Der bayerische Finanz-Minister erklärte, daß er hierbei nicht der Handlanger Preußens sei. Das hat niemand von uns geglaubt. Nein, in Steuersachen braucht kein Finanz⸗Minister des andern Handlanger zu sein, da gleichen sich die Finanz⸗Minister alle. Und der bayerische Finanz⸗Minister ist dafür bekannt, daß er am liebsten aus dem Vollen wirthschaftet und am liebsten mit Ueberschüssen paradirt. Der Minister sagte: wir können kein einwandfreies Budget herstellen ohne Reichsdolation. Ja, , warum haben Sie uns das nicht vor der Berathung der Militärvorlage gesagt? Bei den Schwankungen der Matrikularbeiträge konnte ich uicht erkennen, ob der Minister die Steigerung der bayerischen Matrikularbeiträge nach Abzug der Steigerung der Ueberweisungen meinte oder nicht. Die jeßigen vorübergehenden Schwankungen im Staatshaushalt liegen nicht in dem Verhältniß zum Reich, sondern in dem System der Staatseisenbabnen, namentlich in Preußen. In Preußen wären 1891/92 die Schwankungen infolge dessen sogar noch stärker gewesen, wenn nicht das Reich einen Theil dieser Schwankungen durch größere Ueberschüsse ausgeglichen hätte. Wie stimmt die Absicht, eine feste Ordnung herzustellen, damit, daß das Gesetz nur auf fünf Jahre ge⸗ macht werden soll? Die Steuergesetze sollen natürlich dauernd sein. Die Ueberweisungen an die Einzelstaaten sind durchaus kein Grundgedanke der Reichsverfassung; umgekehrt: die Einzelstagten sollen zu den Kosten des Reichs zuschießen, so lange nicht directe Reichs steuern eingeführt sind. Angesichts der indirecten Steuern Bayerns, die namentlich wegen des Malzaufschlages sehr hoch sind, würde eine Erhöhung der bayerischen directen Steuern durchaus nicht Wunder nehmen. Ist es föderativ, daß die Einzelstaaten Kostgänger des Reichs sind und beim Reich Zuschüsse erbitten? Ehe man solche Zuschüsse bewilligt, müßte man doch die ganzen bayerischen Finanzverhäͤltnisse prüfen. Ist eine solche Controle des Finanzwesens der Einzelstaaten durch das Reich etwa föderativ-? Damit würde ferner der Einführung des Einheitsstaates kräftigst vorgearbeitet! Denn wer erst Kostgänger des Reichs geworden ist, mit dessen Selbständigkeit ist es vorbei. Das Reich soll schon die Hauptfinanzquellen in Beschlag genommen haben; das zu sagen, war nicht besonders geschickt gerade bei den jetzigen Steuern. a6 Reich hat keine Weinsteuer, keine Steuer auf Frachtbriefe u. s. w.; diese Steuerquellen werden zum theil erst, jetzt den Einzel⸗ staaten entzogen. Warum will man nicht eine bayerische = 0, eine pfälzische Weinsteuer einführen? Der Finanz

inister klagte über unser negatives Verhalten. Unser positives

Programm ist die Aufhebung der Liebesgabe, und wir stimmen darin

l ng Preußens im Bundesrath zu Fall gebracht!

überein mit der preußischen Regierung, welche im vorigen Jahre die Liebesgabe zu einem Viertel befeirtigen wallte; und wer war damals negativ? Der bayerische Finanz⸗Minister hat diesen Vor. l Wenn Sie etwas 66 ves haben wollen, so erneuern Sie doch diesen Vorsch ag. dann ben Sie gleich mit. unserer Zustimmung zehn Millionen. Wenn es wirklich wahr wäre, daß der Tabackzeonfum sich seit 1879 nicht vermindert habe, ist es denn sicher, daß eine höhere Steuer auch den Consum unberührt lassen wird? Die Regierung selbst giebt zu, daß die 5 Pfennig⸗Cigarre, der Haupttheil des Consums, auf 6 Pfennig steigen wird. Wird, irgend jemand glauben, daß die kleinen Leute, die die 5 Pfennig -Cigarre rauchen, sie künftig mit 6 3 bezahlen können? Der bayerische Finanz⸗Minister sagte: niemand sei zum Rauchen gezwungen. Allerdings; umfomehr 'ist eine Verminderung des Consums zu befürchten, wenn der Preis steigt. Die Analogie mit, den Steuern auf nothwendige Lebensmittel, kann bei einem solchen Genußmittel nicht Platz greifen. Wenn die Tabacksteuer jetzt abgelehnt wird, soll sie wiederkommen. Das wollen wir abwarten; das wurde auch beim Taback- und Branntweinmonopol gesagt, und sie sind nicht wiedergekommen. Wenn die Tabacksteuer angenommen wird, dann wird eine weitere Erhöhung derselben allerdings nicht mehr vorkommen, wohl aber das Monopol. Denn eine große Industrie kann unter einem solchen Controlsystem gar nicht fort⸗ bestehen, und muß selbst wünschen, durch Einführung des Monopols und, eine, mäßige Entschädigung von den Leiden und Qualen eines solchen Controlsystemz befreit zu werden. Allerdings haben andere Staaten eine höhere Taback— steuer, aber dieser Vergleich paßt nicht, denn wir haben 2, England 133, Frankreich 26 und Desterreich 8 Milliarden Schulden. Damit will ich die allgemeinen Dinge verlassen, deren Erörterung uns der Vortrag des bayerischen Finanz⸗Ministers aufgezwungen hat. Die Motive zum Stempelsteuergesetz stellen es fo dar, als ob diese Vorlage besondere Zustimmung im Volke habe. Das würde nur beweisen, daß man in weiten Kreisen der Bevölkerung die Bedeutung der Freiheit von Handel und Verkehr nicht genügend würdigt. Seit 15 Jahren besteht ja eine von oben genährte Strömung zu Gunsten einer Börsensteuer. Man unterschätzt eben die Bedeutung des Handels für die Volkswirthschaft und stellt allein Landwirthschaft und Industrie als productiv hin, den Handel und Handelsstand dagegen als ein Schmarotzergewãchs am Volks⸗ organismus, das man nicht scharf genug beschneiden und nicht kurz genug halten könne. Was Landwirthschaft und In⸗ dustrie an Substanzen hervorbringen, erlangt feinen Werth für die Volkswirthschaft erst, wenn es für den Confum zugänglich wird. Aufgabe von Handel und Verkehr ist es, Production und Consumtion mit einander in Verbindung zu bringen. Diesem Zweck dienen alle großen Verkehrsmittel und Verkehrsanstalten, für die so große Aufwendungen, auch aus öffentlichen Mitteln, gemacht werden. Man hat gesagt, unsere Zeit lebe im Zeichen des Verkehrs. Einen drastischeren Widerspruch damit als diese Vorlage kann man sich nicht denken, Während man sonst die Benutzung der Verkehrs mittel einfacher und bequemer macht, stellen sich nach diesem Gesetz den verschiedensten Geschäftsoperationen Steuerbeamte in den Weg und verlangen einen Beitrag ähnlich den Reisigen, die in früheren Jahrhunderten als Wegelagerer vom Kaufmannsstand einen Zoll er— hoben, ohne irgend welche Gegenleistung für Handel und Verkehr. Man soll Steuern erheben vom Cinkommen, man kann Steuern vom Verbrauch erheben; aber falsch ist es, Geschäfte zu besteuern, die erst ein Einkommen schaffen sollen, vielleicht aber einen Verlufst bringen. Ich bin deshalb ein grundsätzlicher Gegner von Umsatzsteuern. Ich lasse mich auch nicht dadurch bestechen, daß man diesen Stempel eine Börsensteuer nennt. Mich leiten weder Sympathien, noch Antipathien für die Börse. Dort sind alle Parteien vertreten: die Conserbativen mit ihrer großen Landkundschaft, auch Antisemiten und auch solche, die politisch gesinnungslos sind. Große Finanzbanken und. Börsen⸗ institute haben hei der letzten Wahl Gelder gesammelt für die Durch— führung der Militärvorlage. Die Stempelsteuer trifft nicht die Börse, n, wird abgewälzt wie Porto und Telegrammgebühren auf die uftraggeber. Einige Arten von Geschäften werden unmöglich gemacht und dadurch Leute geschädigt, die ganz solide Geschäfte machen. Ent⸗ scheidend ist für mich die Frage, ob die Geschäfte, die durch diese Steuer erschwert oder unmöglich gemacht werden, für den volkswirth⸗ schaftlichen Organismus nothwendig oder nützlich sind. Natürlich wird man hier wieder Schauergeschichten über die Schlechtigkeit der Börse erzählen, aber Steuern sind absolut kein Mittel, die Moralität und Solidität der Geschäfte an der Börse zu heben. Das würde mir so vorkommen, als wenn man angesichts der Spielerprozesse die Stempelsteuer auf Spielkarten oder angesichts der Wucherprozesse die. Wechselstempelsteuer erhöhen wollte. Je gewagter ein Ge— schäft an der Börse ist, desto größer wird der Gewinn, desto weniger fallen solche Unkosten ins Gewicht. Die soliden Geschäfte aber können eine solche Auflage nicht vertragen. Diese Vorlage wird in dreifacher Richtung nachtheilig wirken: für die Proyinzialbanquiers, für, das Verhältniß der kleinen Bankanstalten zu den großen an großen Plätzen und für die Arbitrage. Der Provinzialbanguier kann infolge seiner großen Personenkenntnisse die Creditwürdigkeit beurtheilen. Der Bezug eines Effects aus der Provinz erheischt, zweimal steuer pflichtige Geschäfte; insofern ist der Prodinzialbanquier im Nachtheil egen den Banquier am Hauptplatz. Das frühere Gesetz befreite . Commissionsgeschäfte von der Steuer, und die Vorlage erleichtert es, von dieser Steuerfreiheit Gebrauch zu machen. Andererseits machen aber die Eingaben aus Frankfurt 4. M. darauf aufmerksam, daß die Concurrenz der Banquiers so weit vorgeschritten ist, daß der Provinzbanquier nicht mehr als bloßer Commissionär, sondern als Selbstkäufer auftreten muß und deshalb keine anderen Kosten verrechnen kann, als am Centralplatz an der Börse verrechnet werden. Die Erleichterung der Commissionsgeschäfte kann also die Erschwerung aus der Verdoppelung der Steuer für den Provinzbanquier nicht neutralisiren. Das Controlsystem ist esonders empfindlich und einschneidend für die kleineren Provinzorte; wo die einzelnen Personen sich näher kennen, ist es doppelt und dreifach peinlich, wenn ein höherer Steuerbeamter jemandem bei seinen Freditoperationen in die Tasche sehen, kann. Diese Controlmaßregeln werden von den. Banquiers als ein un⸗ berechtigtes Mißtrauen hetrachtet, während doch feststeht, daß die Banquiers die Stempelsteuergesetze , beobachtet haben, so daß nur wenige Defraudationsfälle vorgekommen sind; es⸗wurden bei der Stempelsteuer in einem Jahre 138 „, bei der Branntweinsteuer 272 000 Æ defraudirt. Die kleinen Bankanstalten werden ebenfalls durch diese Steuer gegenüber den großen benachtheiligt; wir haben aber kein Interesse daran, das Uebergewicht der großen Bankanstalten noch durch Staatseinrichtungen zu verschärfen. as Arbitragegeschäft wird eingeschränkt werden; es hat nur einen Reingewinn von z pro Mille, dem stehen gegenüber Kosten für Stempel⸗ und Depeschengebühren von etwa 4 pro Mille, Die Arbitrage, die den Sorg hat, kleine Cursunterschiede zwischen verschiedenen Ländern auszugleichen, und durch Herstellung von Nachfrage und An⸗ gebot einen Weltmarktpreis herzustellen und unabhängig zu machen pon einzelnen Coterien und einzelnen Börsenplätzen, kann daher diese Erschwerung durch die Steuer nicht tragen. Der Effectenstempel soll verdoppelt bezw. verdreifacht werden. Warum feindet man jetzt die Anlage von Kapital in Aetien so sehr an? Dat Einkommen aus Actien wird in Preußen schon doppelt besteuert: bei der Gesellschaft und bei den einzelnen Actionären; dazu kommt dieselbe Doppel- besteuerung seitens der Commune. Durch die Actiengesellschaft können viele große oder riskante Unternehmungen ins Leben gerufen werden, für die ein Privatmann für eigene Rechnung nicht eintreten könnte. Durch die Verstaatlichung der Eisenbahnen ist das Secundärbahn⸗ wesen zurückgeblieben; es kann nur durch Gründung von Actien⸗ gCellschaften geholfen werden, und diese will das Reich mit einer Steuer von 1 0eυ belegen. Man wird schließlich dazu Gesellschaften mit. beschränkter Haftung oder Ge⸗

beschränkter Haftpflicht statt der Actien⸗ begründen. Wie hat sich der Effectenstempel

kommen, nossenschaften mit gesellschaften zu

bisher, vertheilt auf die Communal. Obligationen 2.7 Wenn die Einzelstaaten von der Steuer befreit werden, so ist die Besteuerung der Commune un , , . Denn die kleineren Einzelstaaten stellen das aus taatsmitteln her, was die größeren Städte aus eigenen Mitteln bestreiten. Für die Besteuerung der ausländischen . ist Stimmung vorhanden, weil das Publikum davon viel verloren hat. Vor solcher Gesetzgebung ab irato sollte man sich aber hüten; durch die Steuer werden die schlechten Papiere nicht fern⸗ ehalten werden von Deutschland. Die Handelsverträge stellen die 1 in Bezug auf Handel und Wandel gleich; bier wird zu Gunsten des Reichsfizcus eine Ausnahme gemacht. Muß das nicht im Auslande zu Reyressalien Veranlassung geben? Knfere 3 (o Consols stehen terheblich niedriger, als sie es verdienen: wir haben ein Interesse daran, ihren Abfatz im Auslande auszudehnen; das wird weniger möglich, sein, wenn wir das Ausland schlechter bem handeln. Die Lotterien hätte man lieber ebenfo wie die Spielbanken aufheben sollen. Wer den Quittungsstempe!l annimmt, mit dem ist überhaupt nicht mehr zu streiten. Der Abg. n ,. mißbilligte 1880, als darüber verhandelt wurde, a man überhaupt davon Prach er erklärte damals, daß er dieselbe heute und immer ablehne. Der e, ,, . hat Tie eigenthümliche Ausicht kundgegeben, daß, wer baar bezahlt, keine Quittung braucht. Ih weiß nicht, wo der Schatzsecretär diese Erfahrung gemacht hat. In einfachen ländlichen Verhaͤltnissen, wo einer den andern kennt, mag es ja hier und da vor⸗ kommen, aber schon in der Stadt Posen hat er das unmöglich erfahren können; wenn er aber hier in einem Berliner Geschäft in der Leipziger Straße ein Geschäft über 20 hinaus machte, dann würde man ihm nach dem guten Gebrauch in den Berliner Geschäften, baar zu be⸗ zahlen, die quittirte Rechnung bei der Zusendung der Waaren zuschicken. Ich nehme an, daß der Schatz secretar die Gewohnheit hat, die Hand⸗ werker baar zu bezahlen. Er wird dabei erfahren haben, daß jeder Schuhmacher und Schneider die Qujttung mitschickt, wäre es auch nur, um den Kunden an seine Gewohnheit, baar zu bezahlen, zu er— innern. Die Quittung steuer gehört einfach zur guten Ordnung im Geschäft; es handelt sich dabei um die gegenseitige Klarstellung eines Geschäfts. Der Quittungsstempel ist eine Steuer auf den Ordnungssinn im Geschäft. Wenn der Stempel fo gering ist, warum haben denn die Minister sich ausgenommen? Da hätten sie doch mit gutem Beispiel vorangehen sollen; sie können ja auch jetzt noch nach⸗ träglich eine Bundesrathsborlage darliber machen. Bas ist so recht eine Steuer, die den Mittelstand belastet. Das ist eine praktische Probe auf die Fürsorge für den Mittelstand. Mit dem Frachtstempel hat man fi in der Oeffentlichkeit wenig beschäftigt, wohl weil man ihn nicht ernst nahm. Die Reichsverfassung fordert die möglichst niedrige Tarifirung der Massenartikel; das wurde als ein Grundrecht be— zeichnet, wichtiger als alle politischen Grundrechte. Jetzt wird ein Stempel eingeführt, der gerade bei, den geringwerthigsten Artikeln be⸗ sonders belastend ist; so z. B. bei einem Waggon von Packsteinen, der 30 3 Gewinn abwirft, beträgt der Stempel von 20 3 40 0 des Werths. Die Sammelladung war ein Fortschritt; jetzt will man bei Sammelladungen jedes einzelne Stück besteuern. Dazu die Besteuerung der größeren Postpackete, der Connossemente u. s. w. Vom Parteistandpunkt aus könnten wir nur die Annahme der ganzen Steuervorlagen wünschen; die Menge der Plackereien und Schererelen würde die Alnschauung wachrufen, daß wir doch das richtig voraus gesehen haben. Gerade diejenigen Parteien, welche die Militärvorlage angenommen haben, hätten alle Ursache, uns vor diefen Schädlich⸗ keiten zu bewahren.

Staatssecretär Dr. Graf von Posadowsky—

Meine Herren! Wir stehen in der Berathung der ersten Steuer, die die Grundlage bilden soll für die Ausführung der Finanzreform. Der Herr Abg. Richter hat es vorhin scharf getadelt, daß der bayerische Herr Bevollmächtigte auf den Gedanken der Finanzreform eingegangen ist. Er hat gesagt, man wolle in das allgemeine Fahrwasser ein— lenken, weil man die Kritik der Steuern fürchte. Nun, meine Herren, wir fürchten nicht diese Kritik; denn diese Steuern sind nach reiflicher Berathung im Schoße der verbündeten Regierungen beschlossen, und ich glaube, der Herr Abg. Richter hat von dem Rechte der Kritik einen recht weitläufigen Gebrauch gemacht.

Meine Herren, wenn eine neue Steuer in Sicht ist, so ertönt in der Regel der Kassandraruf in lapidarischer Kürze: Die ganze Bran ch e wirdunfehlbardurchdie neue Steuer ruinirt.“ Meine Herren, wenn sich die Regierungen durch solche Befürchtungen und Uebertreibungen bange machen ließen, wünden wir überhaupt zu keiner Steuer kommen.

Wenn man die ganzen Klagen etwas nüchterner betrachtet, so sagt man sich: die Klagen gehen von Interessenten aus oder doch von solchen Personen, die die Interessenten vertreten. Es ist immer eine schmerzliche Procedur im Leben, wenn aus dem Privatvermögen in Form von Steuern Theile in das Vermögen der Allgemeinheit über⸗ gehen sollen, und es ist ein ganz natürlicher Vorgang, daß sich dabei jeder wehrt, so gut er kann. Aber, meine Herren, dieser Gesichtspunkt der Interessenten darf natürlich und ist es auch nicht nicht maßgebend sein für eine gesetzgebende Versammlung und für die ver— bündeten Regierungen. (Sehr richtig! rechts.)

Meine Herren, bisher hat die Börse, soweit es den Reichsstempel⸗ abgaben⸗Entwurf betrifft, nicht in das allgemeine Fahrwasser eingelenkt, sondern sich gegenüber dem Gedanken einer stärkeren Heranziehung der Börse ziemlich ruhig verhalten. Ich hatte den Eindruck, die Börse sage sich selbst, sie sei bereit, zu den erforderlichen neuen Lasten beizutragen, und es war auch bei Berathung der Militärvorlage die Ueberzeugung der Mehrheit des Hauses, daß auch die Börse zu den erhöhten Ausgaben heranzuziehen sei. Man hat aber der Börse von anderer Seite zugerufen: Die Börse scheint sich in stiller Resignation zu befinden, sie ist vor der drohenden Gefahr bereits vollkommen er— starrt, sie rührt sich nicht. Meine Herren, ich kann Sie versichern: die Börse fängt an, den Fehler wieder gut zu machen, sie scheint er— wacht zu sein und protestirt jetzt auch lebhaft gegen die neue Form der Besteuerung. .

Meine Herren, Sie mögen es mir verzeihen, wenn ich bei dieser Gelegenheit auf eine historische Reminiscenz zurückkomme, wie sich die Dinge stellen bei der Befürchtung neuer Steuern und wie die Wirkungen sind, welche eintreten, wenn die Steuern durch— geführt sind. Ich habe hier einen amtlichen Bericht vor mir, geschrieben nach Erlaß der Börsensteuer-⸗Novelle vom Jahre 188.5. Darin heißt es wörtlich: ;

Die bisherigen Erfahrungen haben die Besorgnisse gerecht— fertigt, welche für das sogenannte Tagesspeculationsgeschäft, die Zwischengeschäfte und insbesondere die Arbitrage der Fonds und Effectenbörse, da sie die Unkosten einer procentualen Steuer zu tragen nicht im stande sind, gehegt wurden. Diese Geschäfte haben eine bedeutende Reduction erfahren; mehrere Gesellschaften, welche der Vermittelung in denselben dienten, haben vorgezogen, ihre Thätigkeit ganz einzustellen. Das Waarengeschäft ist nur in Betreff der ‚börsenmäßig“ gehandelten Waaren der Steuer unter⸗ worfen, und auch da hat sie sich als ein nicht geringes Hinderniß erwiesen.

Dann wird weiter gesagt:

Die weit hinter den Voranschlägen der Regierung zurückgeblie benen Erträge der Steuer im ersten Vierteljahr, nachdem sie in

Kraft getreten, lassen deutlich ihre lähmenden Wirkungen auf das Börsengeschäft erkennen. Die Störung, welche sie in der Ent⸗ wickelung des Börsen verkehrs hervorbrachte, läßt sich ganz genau an der starken Verminderung der Einlieferungssummen bei der Bank des Berliner Kassenvereins beobachten, welche einen zutreffenden Maßstab für den Umfang des Effectenverkehrs geben.

Und zum Schluß heißt es:

Schon der Schatten, den das Gesetz in seinen Vorbereitungs⸗ stadien und nach seinem Erlaß lim Mah im voraus warf, hatte stark deprimirend gewirkt.

Meine Herren, das war im Jahre 1885. Wie haben sich dem gegenüber die Thatsachen verhalten? Ich nehme an, daß jener Bericht aus der vollen, ehrlichen Ueberzeugung geschrieben ist, daß diese Wirkung wirklich eintreten würde. Glücklicherweise aber haben sich die Verfasser des Berichts getäuscht, zum Vortheil der Interessenten und Vortheil der Reichsregierung.

Die acht größeren Berliner Bankgeschäfte haben in dem Jahre 1835 mit 287 Millionen gearbeitet und arbeiten im laufenden Jahre dagegen mit 452 Millionen. (Hört, hört! rechts. 1884 haben sämmtliche deutsche Banken mit einem Kapital von 1265 Millionen gearbeitet, also vor Erlaß dieser verhängnißvollen Börsensteuer; im Jahre 1892 waren es 1653 Millionen. Und ihre Rentabilität steigerte sich trotz der Einführung des Umsatzstempels von 6 oo im Jahre 1885 auf 73 0so im Jahre 1890. (Hört! hört! rechts.)

Die Einlieferungen bei dem Berliner Kassenverein, auf die in jener verlesenen Erklärung Bezug genommen ist, haben sich von 1007 Millionen im Jahre 1886 auf 1519 Millionen im Jahre 1889 gesteigert, ebenfalls trotz der Erhöhung des Börsenstempels.

Man kann nun sagen: jetzt liegt aber doch das Börsengeschäft darnieder, es ist doch in der That richtig, daß die Erträgnisse aus den Reichsstempelabgaben wesentlich zurückgegangen sind. Meine Herren, ich glaube, kein Sachverständiger ist der Ansicht, daß die Stempellast, welche auf den Börsengeschäften ruht, in irgend einem ursächlichen Zusammenhang steht mit dem Rückgange des Börsengeschäfts über—⸗ haupt. (Sehr richtig! rechts Wenn jetzt die Börsengeschäfte zurück- gegangen sind, so liegt das an den Folgen der großen Jahre der Ueberspeculation von 1888 bis 1891; man ist vor den Börsen— geschäften zurückgeschreckt, hat vorläufig das Vertrauen verloren; des⸗ halb ist der Umsatz zurückgegangen.

Wie hat sich nun die Börsensteuer im einzelnen in ihren Wir— kungen für die Reichsfinanzen gezeigt? Ich verweise dieserhalb auf die statistischen Nachweisungen, die ja zum theil auch in den Motiven stehen; danach hat sich der Ertrag an Schlußnoten— stempel von 2.3 Millionen im Jahre 1881 auf 11 Millionen im Jahre 1891/92 erhöht, trotz der vermehrten Umsatzsteuer des Jahres 1885; es hat sich also der Ertrag des Umsatzstempels mehr als vervierfacht. Das ist doch meines Erachtens ein Beweis dafür, daß der Umsatzstempel in der That keine nachtheilige Wirkung auf die Größe des Börsengeschäfts ausübt. Im ganzen sind die Einnahmen aus den Reichsstempelabgaben gestiegen von 111ͤ Millionen im Jahre 1882ñ83 auf 247/10 Millionen im Jahre 1892ñ93 auch ein Zeichen, daß die Börse trotz des Gesetzes normal functioniren kann.

Ich komme nun zurück auf die Einzelheiten des Gesetzes selber. Es ist uns vorgehalten worden, auch von dem Herrn Abg. Richter, daß es sehr thöricht wäre, ein Gesetz ab irato zu machen, und daß in diesem Gesetz doch wohl ein bischen der allgemeinen Stimmung des von der Börse geschädigten Publikums Ausdruck gegeben würde. Es haben eine Masse unerfahrener, und ich will auch zugeben, leichtsinniger Leute durch Ankauf höchst zweifelhafter Werthe erhebliche Vermögensverluste erlitten. Darüber ist in weiten Kreisen der Bevölkerung Mißstimmung, und man will vielleicht in diesen Kreisen so eine Art Strafjustiz gegen die Börse üben. Ich würde indeß ein derartiges Verfahren für ungerecht, für wirthschaftlich verfehlt und für höchst unpolitisch halten. Meine Herren, in dem einen Schriftstück, was vorhin der Herr Abg. Richter eitirt hat, finden Sie folgenden Passus, den ich mit Erlaubniß des Herrn Präsidenten verlesen will:

Die Tendenz, daß der Gesetzentwurf eine Maßregelung der Börse darstellen soll, müssen wir aufs tiefste beklagen.

Ich bestreite, daß den verbündeten Regierungen auch nur der Ge— danke gekommen ist, der Börse gegenüber irgend eine Maßregel zu ergreifen, weil andere Leute ihr Geld leichtsinnig oder unerfahren ver⸗ loren haben. Es ist ferner in jenem Schriftstück gesagt:

Bei Beurtheilung von der Börse betreffenden Vorschlägen können weder persönliche Ansichten von Nichtsachkundigen noch die Forderungen politischer Parteien maßgebend sein, sondern einzig und allein Erwägungen von nationalem oder internationalem Stand⸗ punkt.

Meine Herren, ich unterschreibe diesen Passus voll und ganz und möchte nur hinzusetzen, daß bei einem Finanzgesetz und das werden Sie natürlich finden doch auch finanzielle Gesichtspunkte maßgebend sein müssen. Man mag über die Börse denken, wie man will, so muß man doch ohne weiteres anerkennen, daß die Börse ein wirth⸗ schaftlich nothwendiges Institut ist, daß dieselbe auch un⸗ bedingt internationale Beziehungen pflegen muß, und daß man die Börse nicht in dem Maße besteuern kann, daß man sie dadurch aus dem internationalen Verkehr heraushebt, sie international isolirt. Mit einer solchen Besteuerung würde man einen großen Theil der Börsengeschäfte ruiniren. Die verbündeten Regierungen sind bei dem Entwurf von dem Princip ausgegangen, den Stempel auf inländische Papiere zu verdoppeln und auf ausländische Papiere zu verdreifachen. Wir haben aber dabei, wie auch die Gegner der Vorlage anerkennen werden, doch manche Erleichterungen eintreten lassen. Ich erinnere nur daran, daß bisher das Reportgeschäft doppelt be⸗ steuert ist, und daß in Zukunft dieses Geschäft nur einen einmaligen Stempel tragen wird eine oft betonte Forderung der Börse. Es ist gegen jene Bestimmung in der Oeffentlichkeit zwar der Einwand erhoben worden, dieses Entgegenkommen wäre viel zu weit- gehend, denn der doppelte Stempel von den Reportgeschäften würde deswegen erhoben, weil sehr häufig bei Reportgeschäften die in Kost gegebenen Papiere verfielen und dann wirklich ein stempelpflichtiger Verkauf stattfände. Ich glaube, dieser Fall ist ein Ausnahmefall, und man kann eine Besteuerung nicht aufrecht erhalten, die in der That dem inneren wirthschaftlichen Vorgang nicht Rechnung trägt. Ich erinnere ferner daran, daß in dem Gesetz eine Erleichterung für die ereditsuchenden Kreise des Grundbesitzes ein- geführt ist. Jetzt wird bei denjenigen Creditinstituten, die die Dar⸗ lehen in Papieren geben, dieses Geschäft, die Hingabe der Valuta in

Papier an den Schuldner, als ein Umsatzgeschäft betrachtet und es mußte daher der Verkauftumsatzstempel berechnet werden. Nach der Vorlage hat man, indem man sich sagte, daß der Schuldner nicht Papiere, sondern Geld haben will, und die Hingabe der Darlehns— valuta doch nicht den Charakter des Kaufs von Papieren trägt, den Stempel für jenes Geschäft in Fortfall gebracht. Es ist ferner in Interessentenkreisen der Einwand gemacht worden, es würde besonders die kleine Speculation durch die Erhöhung des Stempels wesentlich getroffen werden. Ich gestatte mir da auf die Eingabe der Handels⸗ kammer zu Frankfurt a. M. hinzuweisen, die auf Seite 13 Folgendes sagt von der kleinen Speculation:

Sie, d. h. die kleinen Speculanten, sind aber auch für den Staat wichtig, denn, wie die Erfahrung der letzten Jahre gezeigt hat, ist eine directe Unterbringung der für die Staats bedürfnisse aufzunehmenden Anleihen in die Hände der Kapitalisten ganz un⸗ möglich, und hier bedarf es der Mitwirkung jener Coulisse, welche den absatz⸗ und aufnahmsfähigen Markt darstellt, ohne dessen Vor⸗ handensein der Kapitalist nicht die erforderliche Zu versicht entwickelt.

Auf Seite 7 ist aber darauf hingewiesen worden, daß

durch die zahlreichen Conversionen und die rasch fortschreitende Zinsreduction für erstklassige inländische Staats. und Communal⸗ papiere gerade die mittleren Klassen nicht mehr in der Lage sind, von dem Zinserträgniß ihres Vermögens zu leben, und daher ge⸗ zwungen, besser rentirende Staatspapiere zu erwerben.

Das deckt sich ungefähr mit dem, was der Herr Abg. Richter hier ausgeführt hat. Ich meine nun allerdings, daß in den letzten Jahren die kleine Speculation weniger ihr Ziel darauf gerichtet hatte, den deutschen Staatscredit zu heben und deutsche Staatspapiere unter⸗ zubringen, sondern jene hochperzinslichen fremden Papiere, die dem deutschen Publikum so ungeheure Verluste verursacht haben. (Sehr richtig! rechts) Und wenn darauf hingewiesen wird, die kleine Speculation wäre nothwendig, um dem Publikum die nöthige Zuversicht zu geben, so hat man eben vorläufig dem un— vorsichtigen Publikum die Zuversicht gegeben, jene riskanten Papiere zu kaufen.

Es wird dann ferner bei dieser Gelegenheit bezüglich der Arbitrage gesagt, daß es die Pflicht einer einsichtigen Regierung wäre, sich von der irregeleiteten Strömung der öffentlichen Meinung nicht mitreißen zu lassen, vielmehr auf deren Aufklärung hinzuarbeiten und den übrigen Kreisen des Volks klar zu legen, wie richtig im Interesse des Gesammt⸗ wohls ein durch keine Fesseln beengtes Functi oniren der heimathlichen Börsen sei. Man scheint hiernach anzunehmen, die verbündeten Regierungen hätten sich von dieser Strömung leiten lassen, diese Annahme ist völlig hinfällig; ich glaube aber, die Börsen⸗ Enquètecommission wird doch zu Resultaten kommen, die auf dem entgegengesetzten Standpunkt obiger Auffassung stehen. Man wird sich aber doch sagen, daß es richtig und nothwendig ist, auch der Börse gewisse gesetzliche Schranken aufzuerlegen. Ich will damit nicht sagen, und ich habe das vorhin ausgeführt, daß die Börse nicht ein wirthschaftlich absolut nothwendiges und auch nützliches Institut sei. Aber es wird von keiner Seite bestritten werden, daß an der Börse eine ganze Anzahl Geschäfte gemacht werden, die bedauerlich sind (sehr richtig! rechts) und auch die Börse gewissen festen Normen, die gesetzlich zu erlassen sein werden, sich wird fügen müssen zum Vortheil des Instituts selbst und der überwiegend soliden, reellen und achtbaren Kaufmann⸗ schaft, die an der Börse ihre Geschäfte macht.

Es ist ferner darauf hingewiesen worden, daß es doch sehr be— denklich sei, die ausländischen Papiere höher zu besteuern als die in— ländischen. Ich glaube, der Gedanke, warum man das gethan, liegt ziemlich klar. Die ausländischen Papiere genießen den vollen Rechts⸗ schutz unserer Gesetzgebung, sie genießen den vollen Nutzen aller unserer Verkehrseinrichtungen, während sie die Steuern, die auf dem Einkommen aus inländischen Papieren ruhen sowohl seitens des Staats wie der Communen, nicht zu tragen haben. Es liegt also in dieser höheren Besteuerung der ausländischen Papiere eine ge⸗ wisse Compensation.

Es ist ferner ausgeführt, daß gerade durch die Besteuerung aus⸗ ländischer Papiere die Arbitrage wesentlich leiden würde. Es ist un⸗ bestritten, daß die Arbitrage eine nothwendige und vielfach nützliche Börsenmanipulation ist. Es fehlen indessen, um die Arbitrage zu be⸗ rücksichtigen, für das Geschäft an sich ausreichende Unterscheidungs⸗ merkmale, die es erkenntlich machen von dem reinen Speculations geschäft. Die Arbitrage wirkt unter denselben äußeren Merkmalen, wie jedes andere Börsengeschäft, und das Motiv, aus dem sie abge⸗ schlossen wird, läßt sich aus der äußeren Form nicht erkennen. Die ver⸗ bündeten Regierungen erkennen vollkommen den Werth der Arbitrage an, den sie für die Erhaltung unserer Währung, für die Ausgleichung der Curse, für die Begleichung unserer Handelsbilanz und auch für die Anregung des Börsengeschäfts überhaupt hat, und daß deshalb die Entwickelung der Arbitrage auch einen gewissen Einfluß hat auf den Ertrag der Umsatzsteuer als solcher. Die ver— bündeten Regierungen haben aber bisher kein Mittel gefunden, die Arbitrage, so weit sie wirthschaftlich berechtigt ist, durch eine Specialbestimmung zu schonen; es würde sehr verdienstvoll sein, wenn aus der Commission bei Berathung des Gesetzentwurfs solche praktisch verwerthbaren Vorschläge erfolgten. Gegenüber den Folgen, die sich aus der erhöhten Besteuerung, namentlich der ausländischen Papiere, die der Arbitrage dienen, ergeben sollen, möchte ich darauf hinweisen, daß erstens die Arbitragegeschäfte doch wohl überwiegend a conto oder a meta abgeschlossen worden und deshalb die Erträge der Arbitrage⸗ geschäfte, die hier angeführt sind, wohl nur die Hälfte des Gesammt⸗ gewinnes darstellen, der wirklich durch die Arbitrage gemacht wird; daß ferner mit der Arbitrage Hand in Hand in der Regel ein Wechselgeschäft als Deckung geht und der Um satz von Wechseln dem. Reichs Stempelgesetz nicht unterliegt; man würde endlich wohl die Behauptung aufstellen können, die auch wohl von sachverständiger Seite bestätigt: wird, daß die Arbitrage⸗ Papiere vielfach garnicht geliefert werden, sondern häufig ein Gegen= geschäft gemacht wird, was Deckung bietet, und daß infolge dessen eine Verstempelung der gekauften Stücke in vielen Fällen garnicht stattfindet.

Es ist von der Seite, die der Auffassung ist, daß die Vorlage der verbündeten Regierungen in der Besteuerung der Börsengeschäͤfte nicht weit genug ginge, und daraus gegen die Vorlage einen gewissen Vorwurf herleitet, die Forderung erhoben, daß man in jedem Fall

geschäfte. Es geht diese Forderung von dem Gedanken aus, daß jedes Zeitgeschäft ein Differenzgeschäft ist und jedes Differenzgeschäft ein Spielgeschäft. Ich glaube, diese Auffassung ist vollkommen trrig. Es giebt eine ganze Anzahl Zeitgeschäfte, die namentlich über Actien abgeschlossen werden, die durchaus effectiv sind. Zeitgeschäfte werden abgeschlossen, um sich einen gewissen Erwerbspreis für einen be—= stimmten Zeitpunkt zu sichern, und häufig deshalb, weil man zur Zeit, wo man kauft, noch nicht die paraten Mittel zur Deckung hat. Es ist ferner irrig, jedes Zeitgeschäft für ein Differenzgeschäft zu erklären. Es werden eine Masse Zeitgeschäfte abgeschlossen gar nicht in der Absicht, Differenzgeschäfte abzuschließen; erst durch die Con⸗ juUnctur kommt man dazu, nicht zu liefern, sondern die Differenz herauszuzahlen. Ebenso ist es irrig, in jedem Differenzgeschäft ein Spielgeschäft zu sehen. Es ist bezüglich der differentiellen Besteuerung der Zeit und Kassageschäfte von sach⸗ verständiger Seite mit Recht eingewendet worden, daß es gar nicht möglich sein würde, thatsächlich das Differenzgeschäft von dem Kassa⸗ geschäft zu scheiden, und wenn man selbst diesen gesetzgeberischen Ver⸗ such machen wollte, es wohl möglich wäre, in der Form des Kassa⸗ geschäfts thatsächlich Differenzgeschäfte und Spielgeschäfte zu treiben. Der Vorschlag, daß man, wenn das Geschäft abgewickelt ist durch Zahlung der Differenz, dann noch eine Nachsteuer erheben solle, er⸗ scheint unausführbar; denn es würde dadurch eine Controle bedingt werden, die sich doch mit dem Börsengeschäft kaum vertrãgt.

Ich erwähne ferner, daß auch daraus dem Gesetz ein Vorwurf gemacht ist, daß man nicht das Lombardgeschäft der Besteuerung unterzogen hat. Ich meine, auch das wäre unrecht, denn die Lom⸗ bardgeschäfte werden erstens abgeschlossen auf sehr kurze Zeit, und der Stempel würde dann ganz außerordentlich hoch und drückend sein. und zweitens sind gerade die Lombardgeschäfte häufig ein Ausdruck des durchaus berechtigten Creditbedürfnisses in den kleinsten Summen. Ueberdem könnte die Stempelsteuer jeden Augenblick dadurch um⸗ gangen werden, daß man das Geschäft in die Form des Contocurrent⸗ geschäfts kleidet.

Es ist gegen die Erhöhung der Stempelabgaben, insoweit sie auf den Börsengeschäften ruhen, überhaupt der Einwand gemacht wor⸗ den: das ist eine durchaus unrationelle Form der Besteuerung, denn man besteuert ja den erst möglichen Gewinn und nicht den that sächlichen Ertrag, den man von dem Geschäft hat; wenn ein Börsengeschäft ab⸗ geschlossen wird, kann der Contrahent noch nicht wissen, wird es wirklich Gewinn erzielen oder wird es vielleicht einen Verlust davon haben. Ich bemerke dem gegenüber, daß die überwiegende Anzahl aller Staaten thatsächlich diese Steuer hat, Staaten, wo die Gesetz⸗ gebung in sehr enger Beziehung zum Handelsstand steht und die sehr reges Verständniß für die Interessen des Handelsstandes an den Tag legt. Ich nenne hier z. B. Frankreich und England und bemerke ferner, daß in einer Anzahl anderer Staaten gerade in letzterer Zeit, auch in Frankreich, sich das Bestreben geltend gemacht hat, die Börsen⸗ geschäfte stärker zur Steuer heranzuziehen. Und wir thun dies doch jetzt in recht bescheidenem Maße. Frankreich zieht aus der Börse über 50 Millionen Mark, während wir bisher aus der Umsatzsteuer nur 47 Millionen Mark gezogen haben.

Ich komme nun auf die sogenannten verkehrsfeindlichen Steuern: auf die Besteuerung der Quittungen, der Check. und der Giro⸗ anweisungen und der Frachtbriefe.

Was zunächst die Besteuerung der Quittungen betrifft, so ist hier sehr dramatisch dargestellt worden, welches Unrecht es wäre, die Quittungen der Arbeiter, die alle vier Wochen ausgezahlt würden, zu besteuern. Ich glaube, der Herr Abg. Bebel hat darauf hingewiesen. Dieser Hinweis ist irrig, und der Herr Abg. Bebel wird sich durch nochmalige Lectüre des Gesetzes davon überzeugen, daß die Quittungen aller der Arbeiter steuerfrei sein sollen, die unter die Versicherungs⸗ pflicht des Alters⸗ und Invaliditätsversicherungsgesetzes fallen. Also diese Personen haben für ihren Arbeitslohn einen Quittungsstempel überhaupt nicht zu zahlen. Ferner fällt doch ein großer Theil der Quittungen damit aus, daß alle Quittungen unter 20 MM überhaupt stempelfrei sind, und die hier ausgeführten Fälle, daß der kleine Hand⸗ werker vorzugsweise den Stempel tragen muß, sind nur in der Theorie construirt, das sind akademische Betrachtungen. Der kleine Hand⸗ werker wird garnicht daran denken, den Stempel zu tragen (Wider- spruch links; sehr wahr! rechts), er wird ihn bei der Arbeit caleuliren oder wird ihn in Rechnung setzen und wieder einziehen, und es wird keinem Menschen einfallen, der bei einem kleinen Handwerker eine Bestellung macht und zu bezahlen hat, diesem kleinen Handwerker den Stempel auferlegen zu wollen.

Es wird ferner eingewendet, daß es doch ein wunderbarer Gegensatz wäre, wenn man den Wucher bekämpfe und die Quittungen besteuere. Ich kann diesen Einwand aus der Praxis heraus nicht recht verstehen und muß dem Herrn Abg. Richter darauf entgegnen: Der Herr Abg. Richter darf wirklich von mir nicht glauben, daß ich den praktischen Verhältnissen, denen ich doch auch über 245 Jahre meines Lebens nahe stehe, so fremd geblieben bin, um nicht zu wissen, daß in einer großen Anzahl von Baarzahlungen natürlich jeder ordentliche Mensch eine Quittung fordert. Ich habe nur von Baarzahlung im allerengsten Sinne des Worts gesprochen, ich habe mich aussprechen wollen gegen die Annahme, daß durch die Erhebung eines Stempels von i 3 auf die Quittung dem Wucher Vorschub geleistet wird. Meine Herren, wer erst einmal in Wucherhänden ist, wird sich dadurch nicht abhalten lassen, eine Quittung auszustellen oder eine Quittung zu fordern, weil 10 3 Stempel darauf liegen. Der Gedanke konnte doch nur der sein, daß jemand einem Wucherer eine Abschlags⸗ zahlung leistet und keine Quittung fordert, weil er 10 * Stempel sparen will. Wer aber einmal mit Wucherern Geschäfte macht, muß leider in der Regel so fürchterliche materielle Opfer bringen, daß. der kleine Fixstempel kein Grund sein wird, eine Quittung nicht zu fordern; ich glaube, daß gerade dieses Beispiel, welches hier gegeben worden ist, kein ganz glückliches zu sein scheint. Dann, meine Herren, ist angedeutet worden, als ob die verbündeten Regierungen es an rechtem Verständniß volkswirthschaftlicher Ver⸗ hältnisse hätten fehlen lassen, weil sie eine solche abnorme Steuer ein führten wie die Quittungssteuer. Ich glaube, die Franzosen und die Engländer sind doch auch recht praktische und geschäftskundige Leute, und die haben ebenfalls die Quittungssteuer.

Es ist dann weiter der Checkstempel und der Girostempel ange fochten, und es ist darauf hingewiesen worden, wie wichtig es sei, gerade den Check- und Giroverkehr bei uns mehr zu entwickeln, da darin ein wesentlicher Schutz für unsere Goldwãhrung

die Zeit geschäfte hätte höher besteueren müssen als die Kassa⸗

liege. Richtig, meine Herren; ich bemerke aber zunãchst,