1893 / 294 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 09 Dec 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Am 4. Dezember 1893 verstarb in Berlin der ehemalige Unter⸗Staatssecretãr im Justiz⸗Ministerium Friedrich Ludwig Theodor Müller.

Derselbe war am 4 Mai 1811 in Ehrenbreitstein als Sohn eines nassauischen, später in den preußischen Richterdienst übergetretenen Beamten geboren. Nachdem er 1838 bis 1833 in Bonn und Heidelberg die Rechtswissenschaft studirt hatte, wurde er am 16. April 1832 als Auscultator vereidigt, am 6. Dezember 1834 zum Landgerichts⸗Assessor und am 1. Dezember 1838 zum Staatsprocurator ernannt, in welcher Amtseigenschaft er in Saarbrücken und in Köln thätig war. Am 30. Noveniber 1846 erfolgte seine Ernennung zum Polizei⸗Director und Landrath in Köln; er kehrte aber bald in den Justizdienst zurück, indem er durch Allerhöchste Ordre vom 25. Juni 1848 zum Unter⸗Staatssecretär im Justiz-Ministerium ernannt wurde. Achtzehn Jahre war er in diesem Amte thätig bis zu seiner ö in den Ruhestand, die auf seinen Antrag unter dem 1. Dezember 1866 erfolgte.

Die ihm gewordene Muße benutzte Müller zur Wieder⸗ aufnahme seiner parlamentarischen Thaͤtigkeit, welche er 1848 als Mitglied des Frankfurter Parlaments und der preußischen Nationalversammlung und von 1849 bis 1851 als Mitglied der Zweiten Kammer ausgeübt hatte. Er vertrat nunmehr während einer Reihe von Jahren im Abgeordnetenhause den Wahlkreis Lennep⸗-Solingen.

Müller war ein Mann von seltener Liebenswürdigkeit und Herzensgüte, die ihm eine über das Grab hinaus dauernde Verehrung sichern. Sein langjähriges und erfolgreiches Wirken in hervorragender Stellung wird in der preußischen Justiz- verwaltung unvergessen bleiben.

Der Kaiserliche Gesandte in Stockholm, General-Lieutenant Graf von Wedel ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Kaiserlichen Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Kaiserliche Gesandte in Kopenhagen, Wirkliche Geheime Rath Freiherr von den Brincken hat einen ihm Allerhöchst, bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit von Kopenhagen fungirt der Legations-Rath Freiherr von Mentzingen als Geschäftsträger.

Der General-Lieutenant von Zingler, Gouverneur der

Festung Ulm, ist in Berlin eingetroffen.

Sachsen. Ihre Majestät die Königin hat sich, nach einem Tele⸗ gramm des „W. T. B.“ aus Dresden von heute, eine Er—

d kältung zugezogen und muß das Bett hüten. Baden.

Die Zweite Kammer setzte vorgestern die Berathung der Interpellation über die neuen Reichssteuern fort. Im Verlaufe der Debatte führte der Präsident des Finanz- Ministeriums Dr. Buchenberger aus, warum die Regierung der Tabacksteuer zugestimmt habe. Gegen die Weinsteuer habe sie von Anfang an aus volkswirthschaftlichen Gründen feste Stellung genommen. In erster Linie habe man Stempel- und Börsen⸗ steuer ins Auge gefaßt gehabt; eine Einkommensteuer für das Reich sei unmöglich, wenn der Einzelstaat erhalten werden solle; die Grundsätze der directen Steuern dürften nicht im Reichstag, sondern müßten in der Kammer berathen werden. Wenn man von Bier und Branntwein bei den Bedürfnissen des Reichs abgesehen habe, so habe man um den Taback nicht herumkommen können. Taback sei ein Luxus, und diesen zu besteuern, verstoße nicht gegen die nöthigen Steuerrücksichten; er sei geeigneter als Kaffee und Petroleum. Neben directen Steuern müßten Verbrauchssteuern be— stehen; das geschehe überall; nur directe Steuern würden un— erträglich werden. Der Redner vertheidigte dann die Fabrikat— steuer gegen die Gewichtsteuer. Der Rauchtaback werde nicht vertheuert. Bei der Fabrikation der Cigarren seien Maß— nahmen möglich, durch welche auch die geringeren Cigarren nicht vertheuert würden. Heute werde , aus ausländischem, 1 ändischem Taback fabrizirt: unter der neuen ; Inlandtaback vielmehr wieder zur

daß das Fabrikat geringer

ze sich von der Rücksicht auf die 30 600

ie Gewichtssteuer sei ungerecht und er; eine längere Dauer derselben werde Grunde richten. Schon lange strebe man l er Rippen der einheimischen Tabacke an; die en 30 Proc. des Gewichts und müßten dennoch, ob⸗ s, versteuert werden. In trocknen Jahren werde

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zroc. an Gewicht verloren, ohne daß dieser erücksichtigt werde. Dem allen helfe er auch die Controle m jetzigen

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ihre Stellung genommen. Die weitere

habe die Re un : zenomme * Interpellation wurde schließlich auf Montag

Berathung vertagt. Mecklenburg⸗Schwerin.

Der den Ständen auf dem gegenwärtigen Landtag seitens der Großherzoglich mecklenburg-⸗schwerinschen Regierung vorgelegte Voranschlag der Allgemeinen Lande s⸗Receptur⸗ kasse pro 1. Juli 1894, 95 schließt in Einnahme mit 40290765 so,

in Ausgabe mit 3941 230 6 ab. Die Necepturkasse verzinst und amortisirt die zum Bau von Privat⸗Eisenbahnen, Chausseen und Wasserstraßen, sowie zur Deckung sonstiger außerordentlicher Ausgaben aufgenommenen Anleihen, leistet einen erheblichen Beitrag zu den Kosten der landesherrlichen Justizverwaltung und gewahrt den anderen Zweigen der staat⸗ lichen Verwaltung die für diese Zwecke von der Regierung und den Ständen zu Lasten dieser Kasse beschlossenen Beihilfen. Ihre Einnahmen bestehen außer den Zinsen des eigenen Kapitalvermögens aus dem Antheil des Großherzogthums an den Ueberschüssen der Reichssteuern, welche nach einem mit dem Landesherrn vereinbarten Modus hier zur Berechnung kommen, und aus einzelnen Landessteuern und zwar der Wanderschein⸗, der Papierstempel, der Collateral Erbsteuer und der außerordentlichen Contribution. Diese Contribution, welche im Gegensatz zu der als ordentliche Contrihution bezeichneten Grundsteuer außerordentliche genannt wird, setzt sich zusammen aus einer landwirthschaftlichen Steuer, einer Miethssteuer von vermietheten Wohnhäusern, einer Gewerbe⸗ Be— soldungss;, Erwerbs⸗, Loose⸗, Zinsen⸗ und Hundesteuer. Die Höhe dieser Steuern, welche die einzige variable Einnahme der Allgemeinen Landes⸗Recepturkasse bilden, wird alljährlich nach Zehnteln der Steuereinheit durch die Regierung und die Stände festgesetzt. Da zur Zeit eine Deckung der Ausgaben des Reichs durch eigene Reichs— steuern nicht beschlossen ist und etwa für das Reich zu be⸗ schließende Steuern dem Lande für das Jahr J. Juli 1894/95 voraussichtlich erhebliche Einnahmen noch nicht bringen werden, hatte die Großherzogliche Regierung vorgeschlagen, zur Deckung der Ausgabe der Kasse die außerordentliche Contribution zu 13/10 zu erheben, während dieselbe in den letzten Jahren regelmäßig nur zu zi bezw. S9 erhoben worden ist. Die Stände haben aher, in der Erwägung, daß der Ausfall an Reichsüber— schüssen ein außerordentlicher und vorübergehender sei, ihrerseits den Gegenvorschlag gemacht, die Contribution nur zu 10/19 zu erheben und den Rest einstweilen durch eine Anleihe zu decken, und die Regierung hat sich hiermit einverstanden erklärt. Diese Differenz von 519 beträgt nach der Berechnung der Regierung, die die Aufkunft eines Zehntels zu 210 006 annimmt, g30 000 Da in dem Voranschlag rund 296 0090 zur Amortisation von Landesschulden eingestellt sind, überdies nach demselben ein etatsmäßiger Ueberschuß von 87 500 „6 verbleiben würde, welcher enibehrlich ist, so werden nur 30 C0 weniger 383 500 M = 246 500 M anzuleihen sein. Von diesen würden 131 750 M6 als Landeshilfen zum Bau von Chausseen und Wasserstraßen 2c. zur Verwendung kommen, für welche Zwecke auch in anderen Fällen die erforder⸗ lichen Mittel durch Anleihen beschafft worden sind. Die aus der Recepturkasse zu verzinsenden Anleihen werden zum 14. Juli bezw. 1. August 1894 betragen: Salomon Heine'sche Anleihe von 1813 2 810 250 6, Eisenbahn-Bau— schulden 4797 378 „S, garantirte Anleihe der Elde⸗Societät 394 100 S, für die Elde-Havel- 2c. Schiffahrtsstraße 1153 349 „S6, für die Elbüberschwemmten 1888 266 699 (e, zur Erweiterung des Rostocker Krankenhauses 107 130 , zum Ständehausbau. S5 406 (6, zum Neubau der Irrenanstalt in Gehlsdorf 597 000 (S6, für den Hafen zu Wismar 400 000 S6, zuasammen 11 371 312 Zu denselben Terminen des Jahres 1893 betrug diese Schuld 10569 0937 6. Die Vermehrung der Schuld ist hauptsaͤchlich veranlaßt durch die beiden an den letzten Stellen aufge⸗ führten Bewilligungen. Diesen Schulden gegenüber ist ein Activum von 4006 000 S in preußischen 4proc. Consols vor— handen. Unabhägnig von demz Etat der Recepturkasse ist der Etat der Großherzoglichen Friedrich⸗Franz⸗-Eisenbahn. Für den Ankauf und Betrieb dieser Bahn werden bis zum 1. Juli 1894 ausgegeben sein: Zi procentige Consols nominal 33 S418 200 (, angeliehen sein: rund 6 650 000 M, zusammen 9 98 200 66. Diese Beträge werden aus den Betriebs⸗ einnahmen der Eisenbahn verzinst und, soweit sie in Anleihen bestehen, auch amortisirt. Reichen die Einnahmen dazu nicht aus, so tritt nicht die Recepturkasse für den Fehlbetrag ein, sondern wird derselbe zunächst aus den angesammelten Ueber- schüssen, dem Sicherheitsfonds, welcher am 1. April 1894 1341 525 6 betragen soll, eventuell durch Einbehaltung der jährlichen Raten, welche der Landesherr noch aus dem Verkauf einzelner der Bahnstrecken an die frühere Eisenbahn⸗Actien⸗

gesellschaft zu fordern hat, gedeckt. Samburg. Der Senat hat den Bürgermeister Dr. Versmann zum Ersten Bürgermeister und den Senator Dr. Lehmann zum Zweiten Bürgermeister für das Jahr 1891 erwählt.

Defterreich⸗ Ungarn.

Der Kaiser wird sich morgen zum Besuch des Erzherzogs Franz Salvator und der Erzherzogin Maria Valerie nach Schloß Lichtenegg bei Wels begeben und am Mittwoch Abend wieder in Wien eintreffen.

Großbritannien und Irland.

Der Premier⸗Minister Gladstone leidet, wii, meldet, infolge einer Erkältung an Unterleibsbeschwerden, die zwar zu Besorgnissen keinen Anlaß geben, doch konnte er der gestrigen Sitzung des Unterhauses nicht beiwohnen und hat auch die von ihm beabsichtigte Reise nach Brighton verschoben.

Das Oberhaus hat gestern bei der Berathung der Bill über die Haftpflicht ein Amendement Lord Dudley's, wonach den Arbeitern gestattet wird, sich durch Contracte mit den Arbeit⸗ gebern von der Bill freizumachen, mit 148 gegen 28 Stimmen an⸗ genommen,. Der Staats secretär der Colonien, Marquis of Ripon, hatte das Amendement bekämpft. Im Un terha use theilte der Präsident des Handelsamts Mundella mit, daß die aus— wärtige Kohleneinfuhr während der Strikemonate August, September, Oktober uns November etwas über 15 000 f be— tragen habe, und zwar: aus Deutschland 1120, aus Holland 700, aus Belgien 2500, aus Neu⸗Südwales 3500, aus den Vereinigten Staaten Nord⸗Amerikas 1209 und aus Frankreich 20 t. Der Parlamentesecretär des indischen Amts George Russe ll erklärte, die Forderung einer ostindischen Anleihe im Ve⸗ trage von 10 Millionen sei nöthig geworden, weil, infolge der Schließung der indischen Münzen, der Verkauf der indischen Regierungstratten durch unvermeidliche Störung des Handels so zurückgegangen, daß ein Verlust von 5 Millionen ent— standen sei. Die Regierung habe schon auf Grund der noch vorhandenen Anleihe⸗ Ermächtigung 5 660 000 Pfund ausgegeben und daher nur noch die Berechtigung zur Aufnahme einer Anleihe von 1 800 000 Pfund, weshalb

sie eine neue Ermächtigung nachsuchen müsse, da bis zum April 1894, falls der Trattenverkauf gering aus⸗ falle, 5 Millionen und falls gar keine Tratten verkauft werden sollten, S Millionen gebraucht würden. Der Rest von 4 Millionen Pfund solle als Reservefonds für mögliche Eventualitälen dienen. Im Laufe der Debatte erklärte der Schatzkanzler Sir W. Har= gourt, es handle sich nicht um eine Anleihe zur Deckung von Ausgaben Indiens, denn im indischen Staatsschatz seien jetzt 6. Millionen. Pfund zur Bestreitung der Verpflichtungen disponibel, aber eine directe Uebermittelung dieser Gelder us Indien sei keine vortheilhafte Operation. Die Schuld wurde von der Opposition als beispiellos kritisirt, die erste Lesung aber schließlich angenommen.

Frankreich.

Der Deputirte Delonche wird nach einer Meldung des W. T. B.“ am Montag eine Anfrage an den Minister⸗ Präsidenten Casimir Périch über die siamesische Ange⸗ legenheit richten. Der Minister-Präsident hat ich bereit erklärt, diese Anfrage zu beantworten.

Der Deputirte Méline und die landwirthschaft— liche Gruppe der Deputirtenkammer haben dem Ackerbau⸗ Minister Viger den Wunsch ausgedrückt, die Regierung möge die Initiative zu einem Antrag auf Erh öhung des Getreidezolles ergreifen. Der Minister erwiderte: er werde bei seinen Collegen die Angelegenheit zur Sprache bringen, aber er glaube, daß die Regierung nur vor der Zoll⸗ commission, die anfangs Januar gewählt werden solle, eine Erklärung werde abgeben können.

Die Gruppe der Kammer, benannt Gruppe der nationalen Vertheidigung“, beschäftigte sich gestern min der militärischen Lage in den Alpen. Die Abgeordneten des Departements der Seealpen brachten bei ihren Mit— abgeordneten die Möglichkeit eines Einfalles italienischer Truppen in einen Theil ihres Departements zur Sprache und erinnerten an die Panik, die dadurch entstanden sei, daß am 9. Oktober d. J. italienische Truppen an der Grenze manöverirt hätten. Die Gruppe beschloß hierauf, die Auf⸗ merksamkeit des Kriegs-Ministers auf diese Lage zu lenken.

In parlgmentarischen Kreisen wird es für möglich an— gesehen, daß die Deputirtenkammer am Montag trotz der ablehnenden Haltung der Regierung den Theil des Anta g8 Basly, der eine Enguste über allgemeine Bestimmu igen betreffs der Grubenarbeit verlange, annehmen werde.

Italien.

Der König hat die Verzichtleistung Zanardelli's au Bildung eines neuen Cabinets gestern Vormittag angenommen und am Nachmittag Crispi in längerer Audienz empfangen. Später conferirte dem „W. T. B.“ zufolge Crispi mit mehreren politischen Persönlichkeiten, darunter' mit Saracco und Sonnino; heute wird er sich mit Zanardelli und Brin be— sprechen. Nach der „Agenzia Stefan“ hätte Erispi bisher kein officielles Mandat zur Cabinetsbildung erhalten.

Spanien.

Aus Melilla wird gemeldet, der Bruder des Sultans von Marokko Araaf habe eine Aufschiebung der Unter— redung mit dem Marschall Martinez Campos bis zun Empfang der Antwort auf die Depeschen, die er nach Tanger geschickt habe, verlangt. Man glaube, daß Martinez Campos diesen Aufschub bewilligen werde.

Portugal.

Die neuen Cortes werden, wie Lissahon erfährt, am 5. März 1894 zusammentreten. ist noch unbekannt, ob die Umbildung des Cabinets vor o nach den Wahlen stattfinden wird.

Schweiz.

Die Initiative für Einführung der unentgeltlichen Krankenpflege und des Tabackmonopols ist jetzt end⸗ gültig festgestellt worden und hat nach dem „Bund“ folgenden Wortlaut:

„Die unterzeichneten Stimmberechtigten stellen gemäß Art. 121 der Bundesverfassung das Begehren, daß folgender Vorschlag zur Ab— änderung der Bundesverfassung dem Volk und den Ständen zur An nahme oder Verwerfung vorgelegt werde:

Art. 34 bis der Bundesvberfassung erhält folgenden Zusatz:

Der Bund hat unter Mitwirkung der Cantone in der Organi— sation und Verwaltung und indem er hierfür den Reinertrag des Tabackmongpolg verwendet, dafür zu sorgen, daß der Bevölkerung ärztlicher Rath und Beistand, sowie Heilmittel unentgeltlich zu theil werden, und er gewährt den CTantonen Beiträge für unentgeltliche Spitalpflege Unbemittelter und für Errichtung von Heilanstalten. Der Bund führt das Tabackmonopol ein, das in dem ausschließlichen Rechte zur Tabackfabrikation und zur Einfuhr und dem Verkaufe von Taback und Tabackfabrikaten besteht; auch kann derselbe gesetzliche Vorschriften über die Taback— surrogate erlassen. Die geringwerthigeren Taback- und Cigarrensorter sollen hierbei nicht vertheuert werden. Die Bundes⸗Gesetzgebung be⸗ günstigt den Tabackbau und die Fabrikation im Inland; ste bestimmt, in welcher Weise die cantonalen Organe an der Verwaltung des Tabackmonopols mitzuwirken haben.

Den Cantonen, die vor 1893 die Fabrikation oder den Verkauf von Taback besteuerten, soll für den Wegfall diefer Steuer eine an— gemessene Entschädigung gewährt werden.

Art. 312 und d der Bundesverfassung soll lauten:

Art. 31. Die Freiheit des Handels und der Gewerbe ist im ganzen Umfang der Eidgenossenschaft gewährleistet.

Vorbehalten sind: a. Das Salz! und Pulverregal, das Taback⸗ monopol und die eidgenössischen Zölle. d. Sanitätspolizeiliche Maß regeln gegen Epidemien und Viehseuchen, sowie die Einrichtungen der unentgeltlichen Krankenpflege.“

Rumänien.

t Minister⸗Präsident Catargiu erhielt einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge anläßlich seines 709. Geburtsfestes die Glückwünsche des Königs, der Königin und des Prinzen Ferdinand von Rumänjen sowie der Minister und Parlamentsmitglieder. Auch aus dem Lande waren dem Jubilar zahlreiche Zeichen der Theilnahme zugegangen.

Amerika.

Der Marzne⸗-FSecretär der Vereinigten Staaten hat dem „W. T. B.“ zufolge, eine Depesche aus Rio de Janeiro vom 7. d. M erhalten, wonach die Lage daselbst unverän⸗ dert sei. Seit der Abfahrt des „Aquidaban“ werde die Kanonade zwischen den Forts und den Schiffen der Auf⸗ ständischen täglich fortgesetzt. Die Schiffe seien gezwungen worden, in weiterer Entfernung vom Ufer vor Anker zu gehen. In Paris eingetroffene Depeschen aus Buenos⸗Aires melden, daß die Aufständischen in Rio Grande bei einem Angriff auf das Fort Bage zurückgeschlagen worden seien. Der „Times“ wird aus Rio de Janeiro vom 5. d. M. ge⸗

Me d * „W. T. B

eldet! der Marschall Peixoto habe dem Admiral Gon— ie den . ertheilt. Der Admiral Gama habe ein Manifest erlassen, worin er denjenigen Lob spende, die tapfer für die Befreiung des Vaterlandes von dem Militärdespotismus, der Unterjochung und der Anarchie sowie für die Wiederherstellung der am 15. November 1889 durch eine militärische Verschwörung gestürzten Regierung kämpften. Das Volk werde über die Forin der zukünftigen Regierung befragt werden.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen 16. Sitzung des Reichstagis, die um 2 Uhr Nachmittags ihren Anfang nahm, trat das Haus, nachdem auf Antrag er Abgg. Liebermann von Sonnen? berg und Genossen die Aufhebung der schwebenden Straf⸗ verfahren gegen die Abgg. Leuß und Hr. König beschlossen. war, in die Berathung des von den Abgg. Aichbichler und Genossen (Centr.) eingebrachten Antrgges auf Vorlegung eines Gesetzentwurfs über Nevision des Gesetzes, betreffend die Invaliditäts— und Altersversicherung vom 22. Jun 1889, sowie einer Novelle zu den Unfallversicherungsgesetzen ein. Als erster Redner erhielt das Wort der Abg. Aichbichler (Centr.).

(Schluß des Blattes.) .

Dem Reichstag ist die auf der internationalen Sa— nitätsconferenz zu Dresden am 15. April d. J. von den Be— vollmächtigten von Deutschland, Oesterreich⸗Ungarn, Belgien, Frank⸗ reich, Italien, Luxemburg, Montenegro, den Niederlanden, Rußland und der Schweiz unterzeichnete Ueb ere inkunft im Originaltert und in Uebersetzung nebst Denkschrift zugegangen. (Beides ist bereits in Nr. 131 des (R. u. St. -A.“ vom 3. Juni, Erste Beilage, veröffent⸗ licht worden. England ist dem Vertrage durch Protokoll vom 13.15. Juli d. J. beigetreten.

Gothaische genealogische Taschenbücher für 1894.

Die gegen Jahreswende in allen Redactionsbureaur stets mit einer gewissen Ungeduld erwarteten kleinen buntröckigen Rathgeber aus Gotha, die von Justus Perthes verlegten Gothaischen genealogischen Tasch enbücher für 1894 sind, wie alljährlich um diese Zeit, eingetroffen. Der Gothaische geneglogische Hofkalender nebst diplomatisch⸗statistischem Jahrbuch liegt im 131. Jahrgang vor,. Er ist am 13. November gedruckt und enthält alle bis dahin eingetretenen Veränderungen im Familienstand der fürstlichen NRuser, im Personal der Staatsbebörden, der Diplomatie . Die späteren Ereignisse haben in diesmal ziemlich um fänglichen Nach⸗ trägen verzeichnet werden müffen. Für den bequemeren Gebrauch und eine schnellere Auskunftsertheilung ist in dem neuen Jahrgang mehrfach gesorgt, besonders weist, die dritte Abtheilung, das Ver? jeichniß der nicht souperänen fürstlichen Häuser, eine willkommene Neuerung auf. Um vergebliches Suchen zu vermeiden, ist jetzt jeder Fürsten, oder Herzogtitel von Mitgliedern dieser Väuser an seiner ihm dem Alphabet nach gebührenden Stelle im Text, ebenso die ursprünglichen Familiennamen (in Klammern) mit dem nöthigen Hinweis eingefügt. Zugleich ist die Zahl der Familien dieser Abtheilung auf diejenigen beschränkt worden, die einen fürst⸗ lichen oder von einem deutschen, englischen, französischen oder spa— nischen Herrscher verliehenen oder bestätigten herzoglichen Titel führen. Auch im diplomatisch-statistischen Theil des Hofkalenders sind dankenswerthe Verhesserungen vorgenommen worden. So hat eine euordnung des diplomatischen Stoffs namentlich in den Artikeln Desterreich⸗Ungarn. Großbritannien und Türkei stattgefunden; ferner sst der statistische Theil durch neue Tabellen (x. B. bei Großbritannien) vermehrt. Der Kalender ist mit den Bildnissen Fhrer Kaiserlichen Hoheit det Herzogin Maria und Seiner Königlichen Hoheit des Herzogs Ilfred Ian Sachsen Coburg und Gotha, des Königs Alexander J. von Serbien und des Fürsten Carl Fugger ⸗-Babenhausen geschmückt. In gleicher Ausstattung und mit gleichem Inhalt erschien die französische Ausgabe mit dem Titel: „Almanach de Gotha, Annuaire gensalogique, diblomatique et statistique 1894. Das genealogische Taschenbuch der Gräflichen Häuser liegt im 67. Jahrgang vor. Neu aufgenommen sind' darin die Fa⸗ milien Bentinck, Forni, Helfenstein, Szoldrski, Waldeck. Vor dem Titel sieht man das Bildniß des Grafen Eduard Taaffe, vormaligen österreichischen Minister⸗ Präfidenten. = In dem neuen 131. Jahrgang des Taschenbuchs der Freiherr⸗ lichen Häuser sind die Artikel über folgende Familien neu bezw. wieder aufgenommen oder erweitert worden? Bodenhausen (Ast Arn⸗ stein, Bonstetten, Borcke, Brockdorff, Freudenberg, von der Goltz Unterzweig Pagdanzig), Hacke erweitert), Helldorff, Nesselrode— Vugenpost, Ripperda, Salza und Lichtenau, Staudach (erweitert), von und zu der Tann (Christoph'scher Stamm), Thannhausen. Bei einer Anzahl stark verzweigter Familien sind neuerdings Stammtafeln vorangestellt, auch ist die einheitliche Benennung der Verzweigungen weiter durchgeführt worden. Dem Bändchen beigegeben ist das Bild— niß des Majors a. D. Freiherrn Carl von Hoiningen genannt Huene.

Statistik und VBolkswirthschaft.

Deutscher Handelstag. „Unter dem Vorsitz des Geheimen Commerzien Raths Frentzel 9 erlin) fand gestern in der Neuen Friedrichstraße 51 54 elne Uusschußfitzung des Deutschen Handelstags statt, um zu den Landelsverträgen, die zur Zeit dem Reichstag vorliegen, Stellung zu nehmen. Nach sehr eingehender Debatte gelangte ein— zur Annahme; „Der Äusschuß des

stimmig folgende Resolution Deutschen Handelstags erklärt: Für die Erhaltung der Deutschen gegenwärtigen Stande und für

Gewerbsthätigkeit in ihrem Gntwickelung derselben ist der

eine, befriedigende weitere gesicherte r, eines wesentlichen Theils ihrer Erzeugnisse auf den Märkten des Auslandes unerläßliche Vorbedingung. Vas. Wohl. und Wehe eines großen Theiles unserer stetig wachsenden Llrbeiterbeyölkerung, sowie das des Handels und der Schiffahrt ist iervon abhängig. Der Ausschuß des deutschen Handelstags erachtet die ven den, verbündeten Regierungen dem Reichstag vorgelegten Dandelsverträge mit Spanien, Rumänien und Serbien für durchaus geeignet, einen erheblichen Theil des Abfatzes nach dem Muslande für die Zukunft zu sichern, und würde in der Ablehnung dieser Verträge eine schwere Schädigung des zeutschen Erwerbslebens erblicken. Der Ausschuß sst sich bei der Abgabe dieses Urtheils sehr wohl bewußt, daß durch die Bestimmungen er bezeichneten Verträge nicht jedem Industriezweige die erwünschten rleichterungen gewährt werden; er ist aber der Ueberzeugung, daß die, wenn quch nicht für alle, doch für viele Industriezweige errungenen ortheile der allgemeinen Wohlfahrt zu gute kommen. In den durch die Verträge verabredeten Zöllen für landwirthschastliche Er⸗ zKugnisse kann der Ausschuß eine Schädigung der landwirthschaftlichen Tuteressen Deutschlands nicht erkennen, da dieselben Zölle für die Bauer der Vertragszeit zu Gunsten' der Einfuhr aus Ländern etgelegt sind, welche den im Inlande nicht erzeugten . des zedarfs in mehr als ausreichenden Mengen dauernd zu 1. ern vermögen und hierdurch die Preisbildung der landwirthschaft⸗ en Erzeugnisse bereits n nn, wird. Der Ausschuß ist fest uberleugt, daß auch die Landwirthschaft infolge der durch die Ver⸗

träge stattfindenden Förderung der Consumtionskraft der in der In— dustrie und den Handel beschäftigten Perfonen erhebliche Vortheile erlangt, während aus einer Schwächung der gewerblichen Thätigkeit empfindliche Nachtheile für die Lan n rt hsthal mit Nothwendigkeit hervorgehen müssen. Der Ausschuß beehrt sich deshalb, den hohen Reichstag ergebenst zu bitten, den genannten drei Handelsvertrãgen die verfassungsmãäßige Zustimmung zu ertheilen.“

Alsdann wurde beschloffen, die Plenarversammlung des Handels⸗ tags erst im Januar 18354 einzuberufen.

Organisation von Mädchen- und Frauengruppen für . = sociale Hilfsgrbeit. Von Frau Bürgermeister Kirschner, Frau Sanitäts⸗-Rath Schwerin, Frau Schulrath Cauer, Professor Dr. Schmoller, Prediger Lr. Arndt, Dr. Georg von Bunsen, Frau Oberft Cardinal von Widdern u. a., war zu gestern Abend nach dem Bürgersaale des Rath⸗ hauses eine Versammlung berufen worden, um eine größere Organisation von Frauen und jungen Mädchen der besitzenden Klassen für sociale Silfsarbeit zu schaffen. Es hatten sich mehrere hundert Personen, zum größten Theil Damen, den verschiedensten Gesellschaftsklassen an- gehörend, eingefunden. Außer den oben bereits genannten Personen bemerkte man noch Professor Dr. Suring, Frau Ling Morgenstern, Director Professor Dr. Schwalbe, sowle mehrere Stadträthe und Stadtverordnete. Der frũhere Abgeordnete, Eisenbahn⸗ Director a. D Schrader, der der Versammlung präsidirte, eröffnete dieselbe, indem er darauf hinwies, daß die Versammlung nicht berufen sei, Emanei⸗ pgtionsbestrebungen zu fördern, fondern lediglich, um junge Mädchen und Frauen zu ernster Pflichterfüllung im Dienste der Gesammtheit heranzuziehen. * hr. Köbner sprach hierauf über Frauenpflicht in der socialen Frage. Ber Redner bemerkte: Die gesammte moderne, technische und ökonomische Ent⸗ wickelung habe trotz aller Fortschritte' die ernstesten Schattenseiten. Mehr und mehr verminderten sich die Beziehungen zwischen den ver= schiedenen socialen Schichten. Dadurch entstehe die Gefahr, daß durch unsere ganze nationale Cultur ein Riß gehe. Es ständen sich zwei Bevölkerungshalften gegenüber, die sich nicht mehr verständigen könnten, weil sie sich eben nicht mehr verstehen. Mehr als je erscheine es des halb als Pflicht der Frauen, vor diesen Riß zu treten, die zerschnittenen Fäden wieder anzuknüpfen und menschliche Verständigung insbesondere mit den Frauen und der Jugend der unteren Volkskreise zu suchen. Dieser Pflicht werde aber heute in keiner Weise genügt. Es sei nicht zu verkennen, daß gerade bei den Frauen und jungen Mädchen der besitzenden Stände vielfach ein Mangel an Interesse und Verständniß für die Anschauungen und Empfindungen der unbemittesten Klassen vorhanden sei, der die entstandene Klüft noch vergrößere. Die rein äͤsthetisirende Bildung sei in der heutigen Zeit vollständig ungenügend. Es handle sich nicht darum, den Frauen durch Emancipatlons⸗ bestrebungen neue Rechte zu berschaffen, sondern die Frauen und Mädchen der besitzenden Klassen an ihre ernsten Pflichten gegen die Gesammtheit und gegen das Vaterland zu mahnen und sie zur Erfüllung dieser Pflichten anzuspornen. Nothwendig sei eine theoretische, wahrhaft nationale und praktische Ausbildung auf diesem Gebiete, Dies sei der Zweck der neuen Organisation. (Beifall) Hierauf berichtete Frau Schulrath Cauer über die bisherige Thätigkeit der Mãädchen⸗ und Frauen⸗Gruppen für sociale Hilfgarbeit und über die dabei gewonnenen Erfahrungen. Sie richtete unter großem Beifall der Versammlung einen Appell zur thätigen Mithilfe an die Frauen und Mädchen. Frau Sanitäts-Rath Schwerin, Dr. Köbner und Frau Rechtsanwalt Friedemann erklärten alsdann den Arbeitspkan der sich gedruckt in den Händen der Anwesenden befand. Danach soll im Vordergrund die praktische Thätigkeit stehen, und zwar sollen' in erster Linie junge Mädchen, erforderlichenfalls auch Frauen reiferen Alters in hilfsbedürftige Fa⸗ milien sich einführen, um in lebendigen Verkehr mit den Frauen und Kindern derselben zu treten. Da dies unter den großstädtischen Ver⸗ hältnissen aber vielfach auf Schwierigkeiten stoßen könnte, so ist zunaͤchst der Anschluß an schon bestehende Wohlfahrtsinstitute beabsichtigt. In erster Reihe sollen berücksichtigt werden Krippen, Knaben- und Mädchenhorte, Volkskindergärten u. s. w., sowie das weite Ge— biet der Armen- und Krankenpflege. Der ausführliche Arbeitsplan giebt dem Einzelnen, dessen individueller Neigung und Fähigkeit der weiteste Spielraum gelaffen ist, über Art, Zeit und Ort diefer Thãätig⸗ keiten Aufschluß. Hand in Hand damit gehen leichtverständliche Vor⸗ träge über wirthschaftliche und sociale Verhältnisse, zu denen fich eine Reihe hervorragender Fachmänner zur Verfügung gestellt hat. Es sollen in einer bisher in Deutschland für die Frauenbildung unbekannten Methode lebendige Anschauungen geboten werden, indem‘ mit den Vorträgen Besuche in Musterstätten von öffentlichen und privaten Wohlfahrts⸗ einrichtungen verbunden sind. Auch ist eine geeignete Belehrung über öffentliche Gesundheitspflege und Verwandtes beabsichtigt. Der Auf⸗ ruf und Arbeitsplan sowie jede nähere Auskunft sind zu erhalten von Frau Bürgermeister Kirschner, NV, Alt-Moabit go, und Frau Schul⸗ rath Cauer, X.. Nettelbeckstraße 21. Ez entspann sich nunmehr noch eine längere Debatte, in der alle Redner und Rednerinnen unter großem Beifall der Versammlung sich mit dem Vortrage des Pr. Köbner und dem Arbeitsplan einverstanden erklärten. Nach Schluß der Versamm— lung meldete sich sofort eine sehr große Anzahl junger Mädchen und Frauen, um in der angedeuteten Weise praktisch mitzuarbeiten. Centralstelle für Arbeiter-Wohlfahrtseinrichtungen. Die von der „Centralstelle für Arbeiter ⸗Wohlfahrtseinrichtungen . (Geheimer Regierungs⸗Rath Dr. Poft) seit zwei Jahren heraus— gegebene „Wohlfahrtscorrespondenz? ist jetzt' in Ane auch für einen weiteren Leserkreis bestimmte, durch Post und Buch— handel, zugängliche „Zeitschrift der Centralstelle für Arbeiter- Wohlfahrtseinrich tun gen“ umgewandelt worden, in der neben der Wohlfahrtspflege im engeren Sinne auch die Gewerbehygiene und Unfallverhütung behandelk werden soll. Das Jahres⸗Abonnement bei zweimaligem Erscheinen im Monat beträgt 12 6 Das erste jetzt vorliegende Heft enthält u. a. einen Aufsatz über die Anhaltische Buchdruckerei Gutenberg in Dessau, sowie einen Aufsatz über Gewerbehygiene und Unfallverhütung, ihren gegenwärtigen Stand und ihre weiteren Ziele von Dr. H. Albrecht. ö

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Magdeb urg wird dem Vorwãärts⸗· mitgetheilt, daß der Aus stand der dortigen Weißgerber unverändert fortdauert.

Hier in Berlin fand in der Angelegenheit des Ausstandes der,. Schuhmacher nicht gestern (vgl. Nr. 293 d. Bl.), sondern bereits vorgestern eine von etwa 800 Personen besuchte Versammlung von Arbeitern und Arbeiterinnen statt, die Blättermeldungen zufolge in einer Entschließung den Ausständigen ihre Justimmung Mu ihrem Vorgehen aussprach und Unterstützung zusagte. Es wurde eine Ausstandscommission gewählt und den Arbeitern der Rogge schen Schuhfabrik aufgegeben, ihrem Arbeitgeber den Lohntarif zur Mnnahme vorzulegen und bei seiner etwaigen Ablehnung die Arbeit gleichfalls einzustellen. Die Berliner Gewerkschaftscommiffkon hielt am Donnerstag ihre Monatsversammlung ab, in der nach dem Vorwärts“ die Vertreter von 64 Gewerkschaften anwesend und 16 Gewerkschaften nicht vertreten waren. Der geschäfts⸗ führende Ausschuß legte einen Antrag vor: die Generalcommifsion der Gewerkschaften Deutschlands in Hamburg aufzufordern, im nächsten Frühjahr einen allgemeinen Congreß der Gewerkschaften ein⸗ zuberufen, der sich neben anderen Dingen hauptsächlich mit der endgültigen Regelung der Organisations form. Streitigkeiten befassen soll. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Eine Versammlung der Freien Vereinigung selbständiger Fleischermeister Berlins und U mgegend, zu der auch Vertreter der Gesellen geladen waren, behandelte, wie die Berliner Volks. Ztg. berichtet, am 6. d. M. die Frage der Regelung der Arbeitszeit im Schlächtergewerbe. Da die s i. sich gegen die Forderung der Ge⸗ sellen auf Herabsetzung der Arbeitszeit im allgemeinen ablehnend ber⸗ hielten, so kam es zu stürmischen Auseinandersetzungen mit den Ge⸗ hilfen. Es liefen zahlreiche Anträge ein, über die aber nicht ab.

gestimmt wurde.

Aut ondan wird dem

schottischen Bergleute ha

wieder aufgenommen, nachdem i Zusicherung gegeben war, daß bis zum Februar keinerlei Lohnherabsetzung stattfinden werde. Wie man der Londoner . C.. schreibt, hat nach einer neuen, soeben an⸗ gestellten Berechnung, der jüngst zu Ende gekommene große Kohlen⸗ 3 einen Verlust von wenigstens 335 231 215 Pfd. Sterl. ver⸗ ursacht.

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standes ämtern in der Woche vom , Te, e. . incl. . k zur Anmeldung gekommen:

2 eschließungen, 27 Lebe rene 37 e . g ebendgeborene, 37 Todtgeborene,

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Abspyerrungs⸗ Maßregeln.

. Griechenland. Die Königlich griechische Regierung hat folgende Quarantäne bestimmungen getroffen: . . aus dem Hafen und der Bucht von Smyrna kommenden Schiffe unterliegen bis auf weiteres nur noch einer fünftägigen Be⸗ obachtung gugrantãne. (Vergl. . R. Anz.“ Nr. 207 vom ,

) Schiffe von der zwischen Enes und der griechisch.· tũrkischen Grenze liegenden Küste haben sich nur noch einer 48 stüůndigen Quarantãne zu unterwerfen. Vergl. „R. Anz.“ Nr. 250 vom 25.59.)

3 Schiffe von der zwischen Carabournon und Macri (klein⸗ asiʒatische Küste) gelegenen Küste sowie Herkünfte von den türkischen im. Mittelländischen Meer gelegenen Inseln, ausgenommen Chios und Mitylene, sind bis, auf weiteres nur noch einer 24 stündigen J unterworfen. (Vergl. R.⸗Anz.“ Rr. 30 zom 25./9.

. Schweden.

Durch Bekanntmachung des Königlich schwedischen Kammer— Tollegiums vom 6. d. H. sind die Stärke Stetth und Swinemünde sowie die übrigen Theile des Regierungsbezirks Stettin für cholerafrei . Vergl. . R. Anz.“ Nr. 248 vom 16.109. und Nr. 255

om 24/10.)

Chole ra.

St. Petersburg, 8. Dezember. An Cholera erkr n bezr starben ö dem Sen c des W T. * . err tteng eon St. Petersburg 7 bezw. 5, am 36. v. M. in Kron stadt 0 bezw. l, in den Gouverne ments vom 26. v. M. bis 3. d. M. in Kowno 25 bezw. 11, Livland 3 bezw. , Minsk? bezw. 4 Radom 40 bezw. 15, St. etersburg 7 bezw. 2, Sjedke; bezw. 2, vom 19. bis 277 p. M. in Podolien 5 bezw. 33. (

Handel und Gewerbe.

. Zwangs- Versteigerungen. n . sniglichen Amtsgericht I Berlin stand am 8. Dezember das Grundstück Stralauerbrücke 4, dem Kaufmann Eduard Troplowitz gehörig, zur Versteigerung; Nutzungswerth 20 650 M; Mindestgebor 380518 A; für das Meistgebot von 10900 A wurde die Grunderwerbs? Gesellschaft' mit be— schränkter Haftung zu Berlin Ersteherin. Aufgehoben wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung wegen der nachbezeichneten Grundstücke: Chaufseestr. 28/68 a, dem Kaufmann Eduard Troplowitz gehörig; Rosenthaler ftr. 32 und Sophien str. 11 dem Rentier Oscar Schaefer zu Dresden⸗Striesen gehorig da Regulirung erfolgte. 5

Beim Königlichen Amtsgericht 11 Berlin standen am 8. Dezember die dem Restaurgteur Rudolf Sternecker gehörigen zu Weißen see und Neu. Weißensee belegenen Grundstücke zur Versteigerung; Fläche 15,5176 ha, 1,2025 ha, 1,5479 haund 14. 19a: Gebäudesteuer⸗Nutzungswerth 11 606 At, 8ß65 ½Æ und 420 0. Für das Gesammtgeboͤt von 1235 099 A6 wurden die Kaufleute Her⸗ mann und Adolf Burchardt zu Berlin, Ersteher.

Wien, 8. Dezember. (W. T. B. Der Verein sterre ichisch⸗ ungarischer Zuckerraffinerien hielt gestern hier seine General⸗ versammlung ab und faßte auf Grund der Thatsache, daß die Roh⸗ zuckerpreise in letzter Zeit sehr starken Schwan kungen unterworfen sind wodurch eine richtige Berechnung für das Termingeschäft nicht thunlich erscheint, den Beschluß, bis auf weiteres den Terminverkauf aus zusetzen und von nun ab nur mehr auf prompte Lieferung zu verkaufen.

Theater und Musik.

ö . Lessing⸗Theater. Frau Eleonora Duse gab an ihrem gestrigen vierten dies⸗ jährigen Gastspielabend eine hier von ihr noch nicht dargestellte Rolle und zwar die der Gilberte, genannt Frou-Frou, in dem Parifer Sitten bild -Frou-Frou“ von H. Meilhac und Lust. Halsvy. Die Rolle stellt die denkbar höchsten Anforderungen an eine Schaufpielerin und wird deshalb gern von besonders begabten Künstlerinnen als haraderolle ge⸗ wählt. Gilberte ist im ersten Act ein Ausbund von Ausgelassenheit im Alter von achtzehn Jahren, der keinerlei Sorgen kennt und nur zu Scher; und allerlei Tollheiten aufgelegt ist; im zw iten Aet ist sie die Frau eines, ungeliebten Mannes und die Mutter eines Kindes um das fie sich nicht kümmert, von ihrer übermüthigen Laune hat Re noch nichts oder nur wenig eingebüßt; i sorgenvoll durch Eifersucht und verkäßt treu im vierten Act hat sie ein f zu furchtbarster Aufregung, im fünften Act endlich kehrt müthig in das Haus ihres or dem Tode die erbetene Virtuosität wird Frau Duse alle Aufgabe gerecht. Es gelingt ihr sogar, die dur und unnatürlich gezeichnete Person in den einzelnen zu machen. Das Publikam bewunderte ihre Leif reichlichen Beifall, ohne jedoch die laute Begeis Tage zu jeigen. Mag auch die nähere ungewöhnlichen Künstlerin die ursprüngliche B Bahnen so muß doch wohl

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8 S *

gelenkt haben, d zweifellos geringere Antheilnahme der Zuschauer da daß man sich für die Handlung des gef n beute nicht mebr interesstren, für die vorge erwärmen kann. Nichtsdestoweniger bleibt e Duse die Gilberte vom Üübermüthigen Kinde sterbenden Frau mit Meisterschaft zur Gilberte's Gemahl Enrico de Sartorps warde?

gut gegeben.

Die Kladiervirtuosin Fräulein Marga und die Concertsängerin Fräulein Mar deranstalteten gestern gemeinschaftlich Akademie, das von der Pianistin

hier bereits woblverdiente Anerkennung Beethovenschen moll Variationen er wie im Vortrag kleinerer Stücke Raff, Liszt und anderen die

erkennen: unfeblbare Technik und feurig beledte Ausdrucksweise. Ge. rechtes Lob gebührt der Sãngerin br auch noch die vollkommene Ausgleichung der Register fehlt. r r rie aus Achilleus don M. Bruch, wie nach dem Liede: Meine Mutter bat s gewollt! don Leßmann und dem beliebten Wiegenliede bon G. E. Taubert erntete sie reichen Beifall, der auch den Leif der Pianistin zu then wurde. ; Frau Lill

i Lehmann gab am Freitag im Saale der Pbil⸗ ;

1 11 harmonje einen Lieder Abend. für welchen sie diesmal mir Reder