der Sperulation gestört werde. Selbstverständlich solle nicht behauptet werden, daß die Speculation die 6 stets unter das dem Ver— bältniß von Vorrath und Bedarf entsprechende Maß drückte; im Gegentheil würde durch den Terminhandel der Preis für die Waare oft, insbesondere dann, wenn die Befürchtung gehegt werden müsse, daß die vorhandenen Vorräthe zur Befriedigung des Bedarfs nicht genügten, wesentlich über dieses Maß hinaus in die Höhe getrieben. Es dürfe aber nicht bezweifelt werden, daß das Herbeiführen von Preisen, die nicht in dem Verhältniß von Vorrath und Bedarf be⸗ gründet sein, durch den Terminhandel wesentlich begünstigt würde. Denn ohne Terminhandel könnten nur solche Geschäfte abgeschlossen werden, bei denen der Verkäufer die Waare zu liefern, der Käufer dieselbe zu be⸗ zahlen im stande sei, während der Terminhandel die Möglichkeit biete, erheblich größere Quantitäten zu verkaufen, als sich im Besitz des Verkäufers befänden, ja überhaupt vorhanden seien und erheblich
rößere Quantitäten zu kaufen, als die Käufer zu zahlen in der Lage ie und dadurch die Preise nach unten oder oben zu beeinflussen. Insbesondere könnte durch Vereinigung großer Speculanten das An⸗ gebot oder die Nachfrage vorübergehend künstlich gesteigert und dadurch in dem einen Falle die Interessen der Producenten, im anderen die der Consumenten empfindlich geschädigt werden.
Den Preisdruck zu vergrößern, sei um so leichter, als die all⸗ emeinen Lieferungsbedingungen an vielen Börsen die Baissespeculationen . indem sie die Lieferungszeit auf zwei Monate ausdehnten, die Verwendung uncontraetlicher Waare nicht ahndeten, die Frist für die Erklärung des Empfängers über die Annahme und die Contract⸗ lichkeit der Waere ungebührlich abkürzten. Durch diese Bedingungen begünstigt, hätten sich dann noch eine Reihe von Geschäftspraktiken ebildet — Scheinkündigungen, bewußte Verwendung uncontraectlicher
Faare zur Kündigung —, die ebenfalls die Preise ungünstig zu beein—⸗ flussen geeignet wären. Diese unnatürlichen Preisspeculationen nöthigten den Zwischenhändler, insbesondere auch den Detaillisten, zu einer Steigerung der Verkaufspreise, um sich für das von ihnen zu tragende Risieo zu entschädigen.
Der Auffassung, daß eine Begünstigung der Baissespeculation durch den Terminhandel deshalb ausgeschlossen sei, weil einem jeden Verkäufer ein Käufer gegenüberstände, der das entgegengesetzte Interesse an der Preisentwickelung hätte, wie der Baissier, könne in keiner Weise zugestimmt werden. Wenn es richtig sei, was wohl von niemand würde bezweifelt werden können, daß der Preis durch eine wesentliche Steigerung des Angebots gedrückt werde, so müsse diese Wirkung den Blancoverkäufen zugeschrieben werden, denn durch diese erfahre ja das angebotene Quantum eine beträchtliche, in den vorhandenen Vorräthen keineswegs begründete Steigerung. So berechtigt es sei, daß bei großen Vorräthen und sich auf solche stützenden Angeboten die Preise herab⸗ gedrückt würden, so unberechtigt sei es, wenn das gesteigerte Angebot sich nicht auf vorhandene Vorräthe stütze, sondern lediglich in Speculationsmeinungen seine Ursache fände. In diesem Falle hätten die Producenten durchaus Anlaß zu berechtigten Beschwerden. Werde hier durch das Eingreifen der Speculation das Interesse der ein⸗ heimischen Producenten geschädigt, so führe dasselbe auch oft zu einer Benachtheiligung der Interessen der Consumenten, wenn in großem Umfange Terminkäufe stattfänden, nicht zu dem Zweck, den zukünftigen Bedarf zu befriedigen, sondern lediglich um den Preis in die Höhe zu treiben. Wäre die Theorie richtig, daß Eingriffe der Speculation den Preis weder nach oben noch nach unten erheblich zu beeinflussen ver— möchten, weil jedem Baissier ein Haussier und jedem Haussier ein Baissier gegenüberstände, so könnte überhaupt von einer Preisbewegung nicht die Rede sein. Gewiß sei dieses der Fall, wenn beide Speculations⸗ gruppen gleich stark und beide geneigt und im stande seien, ihre Position zu vertheidigen. Stände heute z. B. der Weizenpreis für irgend einen Termin auf 200 ½, so würde es natürlich den Baissiers nicht gelingen, den Preis herunterzudrücken, wenn sich für alle von ibnen angebotene Waare Käufer zum Preise von 200 „S fänden. Ebensowenig würde den Haussiers eine Preissteigerung gelingen, wenn sich für alle von ihnen geforderten Quantitäten Verkäufer zum Preise von 200 ½ fänden. Aber ein derartiges Gleichgewicht im Wollen und Können der beiden Speculationsgruppen liege nur ausnahmsweise vor. Sei dieses nicht vorhanden, . müsse der Preis durch jedes Eingreifen der Speculation nach oben oder nach unten beeinflußt werden. Der Baissepartei würde und müßte es gelingen, den Preis herunterzudrücken, wenn sich zu dem von ihr geforderten Preise von 200 S keine Käufer mehr fänden; sie würde dann den Weizen zu 1965, 190, 180 S anbieten, und der letztere Preis gelangte zur Notirung, wenn es erst zu diesem gelänge, fur das angebotene Quantum Käufer zu finden. Umgekehrt würde die Haussepartei den Preis auf 205, 210, 220 M½υ' hinauftreiben können, wenn sich erst zum letzteren Preise Verkäufer für das volle verlangte Quantum finden würden. In ersterem Falle stände also dem Baissier ein Käufer, im letzteren Falle dem Haussierer ein Verkäufer gegenüber, und gleichwohl sei es
gelungen, im ersteren Falle den Preis auf 180 „ herabzudrücken, im letzteren den Preis auf 220 M in die Höhe zu treiben, weil sich die nöthigen Käufer erst beim Preise von 180 ½ , die Verkäufer erst bei einem solchen von 220 M gefunden hätten. Diesen praktischen Bei— spielen gegenüber würde wohl die Theorie, daß die Speculanten die Preise weder herunterdrücken noch in die Höhe treiben könnten, weil jedem Baissier ein Haussier ogegenüberstände, und umgekehrt, nicht länger aufrecht erhalten werden können.
Wenn man darauf hinweise, daß diese Störungen der natürlichen und berechtigten Preisentwickelung nur vorübergehende Wirkungen äußern könnten, und daß schließlich doch Vorrath und Bedarf den Preis bestimmten, so solle das nicht bestritten werden. Diese Störungen kehrten aber namentlich infolge der Betheiligung des Privatpublikums an der Speculation so häufig wieder, daß der durch Vorrath und Bedarf bedingte Preis nur sehr selten zur Herrschaft gelange. Dies würde schlagend dargethan durch die graphischen Dar— stellungen, welche die Handelskammer in Hamburg über die Preis— bewegung des Kaffees und die Aeltesten der hiesigen Kaufmannschaft über die Preisbewegung des Roggens angefertigt hätten. Diese Dar— stellungen bewiesen, daß kaum zwei Wochen hinter einander die Preise sich auf demselben Standpunkt gehalten hätten. Derartige häufige Schwankungen wären unmöglich, wenn die Preise lediglich durch Vorrath und Bedarf bestimmt worden wären. 1)
Wenn von Sachverständigen der Kaffeebranche aus Hamburg darauf hingewiesen werde, daß die Preisbewegungen im Terminmarkt durchaus nicht entscheidend seien für die Preisbewegungen in effectiv . Waare, so müsse hieraus gefolgert werden, daß der Termin— handel in Kaffee ungeeignet sei, um von den Händlern in effectiver Waare als Versicherung gegen das Risico benußt zu werden. Denn folge in der That die Preisbewegung in effectlver Waare nicht den Schwankungen des Terminmarktes, fo könne auch durch Termin— geschäfte eine Versicherung gegen die Preisschwankungen der Locowaare nicht bewirkt werden. Sei aber die Auffassung der Hamburger Sach— verständigen unrichtig, und folgten wenigstens im allgemeinen bei den jenigen Waaren, deren Lieserungsqualität eine solche sei, wie sie der Consum bedürfe, die Preise für effectivo Waare den Terminpreisen, so liege die Störung des Effectivhandels durch die dauernden Schwan- kungen des Terminpreises auf der Hand.
Diese Schwankungen seien eine stete Beunruhigung der kleineren Händler und Gewerbetreibenden, welche die auf Termin gehandelten Waaren oder die aus diesen hergestellten Erzeugnisse dem Consum unmittelbar zuführten, und seien der Grund dafür, daß diese Kreise im allgemeinen, und zwar vom Standpunkte ihrer Interessen, durch aus mit Recht dem Terminhandel gegenüber eine durchaus ablehnende Haltung einnähmen. Gewiß lämen auch bei den nicht auf Termin Waaren Preisschwankungen vor. Es solle auch nicht in
brede gestellt werden, . der Terminhandel die durch die Ver⸗ schiedenheit der Ernteergehnisse herbeigeführten Preisschwankungen mildere; den Kleinhandel beunruhigten aber die häufigen kleineren Schwankungen! im Terminhandel, zumal dieselben in vielen Fällen
) Stenogr. Ber. bes. S. 2062ff., 2085, 2212 ff., 2465, 2633 ff., 2678ff., 2842 ff., 3031 ff, 3143, 3266ff., 3351 ff., 33565 ff, 3397 ff.
w
nicht durch den Vorrath oder den Bedarf beeinflussende Vorkommnisse, insbesondere die Ernteergebnisse, hervorgerufen seien, sondern in un⸗ begründeten Gerüchten und vorübergehenden Meinungen der Specu⸗ lation ihre Ursache hätten. Diese Schwankungen hinderten den Klein handel, sich Vorräthe zu halten, weil er die Gefahr der Entwerthung durch den Terminhandel nicht zu tragen vermöge, und hätten ferner zur Folge, daß sich viel größere Verschiedenheiten in den Einkaufs— preisen der einzelnen Händler ergäben, sodaß die Concurrenz unter denselben sehr erschwert würde. Zwar käme es natürlich auch ohne Terminhandel vor, daß der eine Händler sich seinen zukünftigen Be⸗ darf zu günstigeren Preisen gesichert habe als der andere; aber da die Preisveränderungen ohne Terminhandel weniger häufig seien und ohne denselben im allgemeinen nur größere Veränderungen in Vor— rath und Bedarf die Preise beeinflußten, so kämen Verschiedenheiten in den Einkaufspreisen der einzelnen Händler doch weniger häufig vor. Wie ungünstig dadurch die Lage der kleineren Händler geworden, könne man am zuverlässigsten beim Kaffee feststellen, weil der Termin⸗ handel in diesem Artikel erst wenige Jahre bestände und man dem— gemäß seine Wirkungen auf den Kleinhandel noch genau ermitteln könne. Gerade von den Kaffeehändlern würden die lebhaftesten Klagen über den Terminhandel geführt. Wie ungesund in diesem Artikel das Geschäft infolge des Terminhandels geworden sei, ginge am besten daraus hervor, daß bereits seit vielen Monaten die späteren Termine billiger im Preise ständen als die Locowaare, obwohl doch nicht die mindeste Gewähr dafür bestehe, daß der Kaffee nach 10 oder 12 Mo— naten in der That den sich aus den gegenwärtigen Terminpreisen ergebenden niedrigeren Preisstand haben werde. Das Halten von Vorräthen seitens der Effectivhändler sei dadurch völlig unmöglich geworden; sie seien genöthigt, aus der Hand in den Mund zu leben, und dadurch hätte der Effectivhandel seine solide Grundlage eingebüßt. Dazu käme, daß, wenn der eine Händler an einem Orte zufällig 6 für seinen Einkauf einen günstigen Tag ausgewählt hätte und si demgemäß in der Lage befände, den Kaffee billiger zu verkaufen, alle diejenigen Kaufleute desselben Orts darunter litten, welche bei ihrem Einkauf weniger glücklich gewesen seien. “)
Zweifellos führe der Terminhandel zu einer Concentrirung der Vorräthe und Geschäfte an den großen Terminplätzen, und hätten diese demgemäß einen erheblichen Vortheil von seiner Einführung. Aber diese Concentrirung Und die Abhängigkeit von den Terminbörsen, in welche dadurch alle übrigen Marktplätze geriethen, sei nach mancher Richtung hin in hohem Maße nachtheilig. Früher seien z. B. in Danzig sowohl wie in Königsberg die Preise der hauptsächlichsten Getreidearten völlig unabhängig vom Berliner Markt gewesen. Beide Handelsplätze hätten früher für eine große Anzahl von Specialitäten besondere Preise gehabt, die sich nach den Bedürfnissen der Consumenten und nach der Nachfrage nach diesen Speeialitäten gerichtet hätten. Jetzt sei für die Bestimmung der Preise in Roggen und Spiritus ausschließlich, aber auch in anderen auf Termin ge— handelten Waaren fast ausschließlich der Berliner Preis für ganz Deutschland maßgebend. Diese Abhängigkeit der Preise schädige weite Productionsgebiete, namentlich des Ostens, welche für ihre Er⸗ zeugnisse fast ausnahmslos nur den Berliner Preis abzüglich Fracht und Spesen bekämen, obwohl thatsächlich nur geringe Quantitäten aus diesen Productionsgebieten an die Berliner Börse gelangten.“) Der Grund liege darin, daß die Händler auch der kleineren Städte jener Gebiete sich an der Berliner Börse für ihre Einkäufe, die sie bei den Producenten machten, zu decken pflegten und daher keine höheren Preise für dieselben zahlen könnten, als den Berliner Preis abzüglich der Fracht und der Spesen.
Aber nicht bloß den Börsenplätzen als solchen bringe der Termin⸗ handel beträchtliche Vortheile durch Steigerung ihres Geschäftsverkehrs, sondern auch die einzelnen an den Terminbörsen befindlichen großen Händler und Müller erlangten ein erhebliches Uebergewicht über ihre in der Provinz wohnhaften Concurrenten, weil letztere nicht im stande wären, die jederzeitige Lage der Terminmärkte richtig zu be— urtheilen und vorübergehende Preisconjuncturen so vortheilhaft aus⸗ zunutzen, als die an den Terminbörsen persönlich Anwesenden. Dieses führ immer mehr und mehr zu einer Aufsaugung des Provinzial— gewerbes, insbesondere auch zum Ruin der kleineren Mühlen in der Provinz, was im allgemeinen Interesse durchaus zu bedauern sei. 4)
Wenn behauptet würde, daß der Terminhandel unnütze Trans— porte vermeide, so könne dem nicht zugestimmt werden. Oft sei viel⸗ mehr das Gegentheil der Fall, indem die Waare zuerst nach den Terminmärkten gebracht und, nachdem sie dort zu Kündigungszwecken verwandt, den Consumtionsgebieten wieder zugeführt worden sei, was direct von den Productionsgebieten aus auf viel kürzerem Wege hätte geschehen können. Wenn es im Jahresbericht der Aeltesten der k Kaufmannschaft für 1874 in dem Abschnitt „Weizenhandel“ heiße:
Waare aus fast allen Productionsgebieten kam zur Be⸗ friedigung des Begehrs oder zur Abwickelung von Lieferungs⸗ verbindlichkeiten hierher und ging häufig nach Erreichung ihres Zweckes, und wenn sie für unsere Mühlen nicht paßte, den⸗ selben Weg nach den Seeplätzen wieder zurück, den sie ge⸗ kommen war.“
so solle zugegeben werden, daß derartige große Transportvergeudungen durch den Terminhandel nur ausnahmsweise herbeigeführt würden. Daß dieselben aber auch noch gegenwärtig vorkämen, bewiesen der Hamburger Kaffeekorner, der den Kaffee aus fast allen Ländern nach Hamburg gezogen, um ihn nach Abwickelung der Terminengagements wieder abzustoßen, sowie die Abschiebungen bei der Roggenhausse im Jahre 1891.
Wenn darauf hingewiesen würde, daß auch die inländischen Producenten vom Terminhandel große Vortheile hätten, da er ihnen die Möglichkeit biete, zu denjenigen Zeiten ihre zukünftige Ernte zu verkaufen, in denen an der Börse angemessene Preise für dieselben zu erzielen seien, so würde eine solche Speculation im allgemeinen für den Grundbesitzer wenig vortheilhaft sein, da er nie im voraus die Qualität des von ihm geernteten Getreides bestimmen könne, und er auch selbstverständlich über die voraussichtliche Preisentwickelung nicht annähernd so gut informirt sein könne, wie der berufsmäßige Händler. Es würden aber auch nur sehr wenige Besitzer in der Lage sein, ein so großes Quantum Getreide auf einmal zur Anlieferung zu bringen, wie das Mindestquantum für den Terminhandel betrüge. Wenn man demgegenüber darauf hinweise, daß, wenn auch nicht der Grund— besitzer direct Termingeschäfte mache, ihm der Vortheil der Preis⸗ sicherung doch dadurch zu gute komme, daß der Händler, an den er verkaufe, seinerseits die Benutzung des Terminmarktes habe und ihm also den diesem Terminmarkt entsprechenden Preis auch für kleinere Quantitäten bewilligen könne und würde, so sei die Möglichkeit zwar zugegeben, in Wirklichkeit aber würde kaum ein Besitzer geneigt sein, seine Erzeugnisse mehrere Monate voraus an einen Händler zu verkaufen, für dessen dauernde Zahlungsfähigkeit er nicht die mindeste Garantie habe. Kr Grundbesitzer verkaufe in der Regel sein Getreide baar und erst dann, wenn er es zu liefern im stande sei, und es sei in hohem Maße erwünscht und entspräche durchaus seinen Interessen, wenn er bei dieser Praxis bliebe. Der Rath an den Besitzer, seine Erzeugnisse auf Termin zu verkaufen, sei gleichbedeutend mit dem Rath, in den Kreis der Speculanten ein⸗ zutreten. Auf dem Gebiete der Speculation müsse der Grundbesitzer aber naturgemäß in der Regel den Kürzeren ziehen, da er sich nicht in der Lage befände, die Preisentwickelung im Weltverkehr mit Sachkenntniß und Aufmerksamkeit zu verfolgen, wie solches der Großhändler thun könne und regelmäßig thäte. *)
*
1) Stenogr. Ber. S. 2064, 2081 ff. 2211, 2218ff., 2237ff.
) Stenogr. Ber. S. 28065.
) Stenogr. Ber. bes. S. 2301 ff.
) Stenogr. Ber. S. 2468, 2653, 2839, 3020.
5) Stenogr. Ber. bes. S. 2280, 2298 ff., 2462, 2466 ff. 2470, 2635, 2619, 2858, 2832 ff., 3030, 3012 ff., 3401 u. a.
And. Mein. 24565 ff., 2868, 2645, 2820 ff., 3416 ff. u. a.
Aus allen diesen Gründen ginge herbor, daß der Terminhandel in seiner jetzigen Entwickelung nur für den Großhändler und einzelne Gewerbe, welche die Terminwaaren verarbeiten, von Vortheil sei, im übrigen aber erhebliche Interessen schwer schädige. Die dargelegten Nachtheile des Terminhandels würden abgeschwächt werden, wenn es gelänge, das Privatpublikum und die kleineren Gewerbetreibenden von der Betheiligung am Terminhandel auszuschließen und denselben auf den Kreis der berufsmäßigen Händler und auf das Großkapital zu beschränken.
Den vorstehenden Ausführungen gegenüber wurde von anderer Seite angeführt, daß die Behauptung, der Großhandel lade im wesentlichen sein Risico im Wege des Terminhandels auf das dem Handel in den betreffenden Artikeln fernstehende Privatpublikum ab, eine völlig unrichtige sei. Daß sich Privatleute des Spielgewinns wegen an Termingeschäften betheiligten, müsse zugegeben werden, jedoch sei diese Betheiligung im Vergleich zu dem gesammten Terminhandel doch eine verhältnißmäßig geringfügige, so daß man in keiner Weise davon sprechen könne, der Großhändler wälze im Wege des Termin— handels sein Risie0 im allgemeinen auf die Schultern des Privat— publikums ab. 1) Ebensowenig könne von einer Abwälzung des Risicos auf die Kleinhäͤndler, Bäcker u. s. w. die Rede sein. Mit demselben Recht könne man gegen die Versicherung z. B. eines Schiffes ein⸗ wenden, daß durch sie die Gefahr von dem kapitalkräftigen Rheder auf den kleinen Kapitalisten, der eine Aetie der betreffenden Versicherungs⸗ gesellschaft besitze, abgewälzt werde. Aus dem gleichen Grunde sei auch von der Betheiligung des Privatpublikums eine nachtheilige Preisbeeinflussung oder eine Schädigung anderer berechtigter Interessen nicht zu befürchten. In keinem Falle würde es sich rechtfertigen lassen, die kleineren Gewerbetreibenden von der Betheiligung am Terminhandel auszuschließen oder ihnen dieselbe wesentlich zu er— schweren. Auch kleinere Händler und Müller seien sehr wohl im stande, zu beurtheilen, ob und wann der Abschluß von Termingeschäften für sie vortheilhaft sei, und hätten für die Wahrnehmung ihrer wirthschaft—
lichen Interessen ein sehr großes Verständniß.
Wenn die Händler und Fabrikanten (Müller, Spiritusrectificateure) an den Terminplätzen den Vortheil hätten, ihre Geschäfte ohne Ver— mittelung eines Commissionärs besorgen und günstige Conjuncturen jederzeit wahrnehmen zu können, so hätten die Händler in der Provinz andere Vortheile, insbesondere den, durch vorübergehende Strömungen an der Börse nicht beeinflußt und dadurch in ihrem ruhigen Urtheil nicht captivirt zu werden. Was den Vorwurf anlange, daß durch den Terminhandel häufig Effectivwagre zum Zweck der Preissteigerung aus dem Verkehr gezogen werde, so sei zu bemerken, daß das gleiche auch bei den lediglich per Kassa gehandelten Waaren stattfinden könne.
Durch die dem Terminhandel zugeschriebenen größeren und häufigeren Preisschwankungen erhielte die Allgemeinheit eine viel ge⸗ nauere und sicherere Grundlage für den jeweiligen wirklichen Werth der Waare, als ohne den Terminhandel. Der Terminhandel sei mit einem Präcisionsinstrument zu vergleichen, an dessen Scala sich sofort jede durch eine Veränderung des a und der Nachfrage herbei⸗ geführte Preisbewegung markire; die gleichen Preisbewegungen zeigten sich übrigens auch bei lediglich per Kasse gehandelten Waaren, wenn in den— selben täglich und unter verschiedenen Personen große Umsätze statt—⸗ fänden. Artikel, in denen vielleicht nur alle acht Tage ein Geschäft zu stande käme, seien hinsichtlich ihres wirklichen, in einem späteren Zeitpunkte zu erzielenden Werthes nach der letzten Preisnotiz garnicht zu beurtheilen, während die täglich veröffentlichten Terminnotizen die genauestẽ Handhabe bieten, den gegenwärtigen und den zukünftigen Werth möglichst richtig zu beurtheilen.
Bei der Beurtheilung der Frage, ob die Eingriffe der Baisse und der Hausse sich in Bezug auf die Preisbewegung ausglichen, käme es nicht bloß auf die Abschlüsse, sondern auch auf die Möglichkeit, den Verpflichtungen durch effective Lieferung gerecht zu werden, an. Ez sei nicht richtig, Käufer und Verkäufer stets als Haussiers und Baissiers oder als Spieler aufzufassen, die gegen einander wetteten. Das Interesse der meisten Käufer und Verkäufer ginge auf möglichst billigen Einkauf bezw. möglichst theuren Verkauf in der kurzen Zeit— spanne, innerhalb welcher sie mit Ausführung ihres Geschäfts im Handel seien. Sei das Geschäft abgeschlossen so fehle ihnen aus diesem einzelnen Geschäft heraus jedes Interesse an der Steigerung oder an dem Sinken der Preise, da sie anderweitig für Gegendeckung gesorgt hätten. Sei aber auch der Haussier wirklich in dem Sinne Speculant, daß er nicht die Waare liefere, sondern nur von einer in⸗ folge einer schlechten Ernte erwarteten Preissteigerung Nutzen ziehen wolle, so würden infolge der durch seine Käufe bewirkten Preis erhöhung sich bald Verkäufer finden, die zu diesen erhöhten Preisen Waare effectiv zu liefern im stande und geneigt wären.
Umgekehrt könnten Blancoverkäufer den Preis der Waare nicht dauernd herabdrücken; dieses könne nur ein Angebot in effectiver Waare. Sei wegen überwiegenden Bedarfs die wirtliche Marktlage für steigende Preise disponirt, so würden die Blancoverkäufer an den Näufern, die die effective Waare verlangten, ihre Gegner finden, denen sie nicht gewachsen seien, obwohl letztere nicht kauften aus Interesse an der Steigerung des Preises, im Gegentheil lieber billiger als theurer einkaufen wollten. Einzelne Speculanten oder Speculanten⸗ gruppen könnten auf irgend erhebliche Dauer in Waaren, die in so großen Mengen vorhanden seien, wie es die Terminwaaren seien, die Preise nicht beeinflussen; ihnen gegenüber träten die realen Verhält⸗ nisse von Vorrath und Bedarf sehr bald in ihr Recht und bildeten das Gegengewicht.
Die graphischen Darstellungen der Kaffee⸗ und Roggenpreise be⸗ wiesen keineswegs, daß die Preise künstlich und durch den Einfluß des Privatpublikums in fortwährende Schwankungen versetzt seien, sondern im Gegentheil, daß die größeren Schwankungen, von einzelnen Aus— nahmen abgesehen, immer eine Folge der Marktlage seien. Artikel, wie Kaffee und Getreide, für welche auf der ganzen bewohnten Erde Angebot und Nachfrage bestände und dauernd wechsele, könnten un⸗— möglich wochenlang sich auf dem gleichen Preisniveau halten.
Wenn seit längerer Zeit die Kaffeepreise für spätere Termine niedriger ständen als für die näheren, so sei das keineswegs ein Be— weis dafür, daß der Terminhandel das Geschäft ungesund gemacht habe. Auch sei es für den Zwischenhandel offenbar günstiger, wenn er durch die Notirungen auf spätere Termine auf den voraussichtlichen Preisfall aufmerksam gemacht und vor größeren Einkäufen gewarnt werde, als wenn er sich zu den gegenwärtigen Preisen ein bedeutendes Lager anschaffe und an ihm bei dem später eintretenden Preisfall Verluste erleide.
Ob der Landmann seine Producte auf Termin verkaufen wolle, hinge natürlich von individuellen Neigungen ab. Jedenfalls sei es ein Vortheil, wenn ihm die Möglichleit geboten wäre, sich einen ihm an⸗ gemessen scheinenden Preis zu sichern und sich dadurch von den Schwankungen des Marktes unabhängig zu machen; es sei der Land— mann, welcher seine Ernte in Scheunen, Schobern oder Speichern noch unverkauft liegen habe, solange vom Steigen und Fallen der Preise mitbetroffen, also an der Speculation betheiligt, bis er durch Verkauf sich dem entzogen habe. Thatsächlich gäbe es eine größere Zahl tüchtiger und von ihren Standesgenossen geschätzter Landwirthe, welche durchaus fähig wären, sich ein Ürtheil über die voraussichtliche Preisbewegung zu bilden.
Daß bei sogenannten Cornern Waare aus Gegenden bezogen wer— den müsse, die gewöhnlich nicht zu den natürlichen Bezugsquellen ge⸗ hören, sei richtig; allein man müsse diese Ausnahme nicht als Regel betrachten, und würden nur in ganz seltenen Fällen derartige That⸗ sachen zu erweisen sein. ö .
Eine eingehende Berathung fand schließlich noch über die Frage statt, ob die sowohl im Wagren- wie im Effectenverkehr vorkommen— den Prämiengeßfchäfte eine wirthschaftliche Berechtigung hätten. Von der einen Seite?) wurde dieses behauptet, weil bei den Prämien⸗
1) Stenogr. Ber. S. 3521. 213
2 Sten ogr. Ber. bef. S. igl ff, 139ff, 676, 818. S2, 1213, 1569, 1575ff. iF, 223, zogz, zz36, 2662, z3özs, zisz, zi6f¶ z2ỹnl.
geschäften das Risico ein relativ beschränktes sei, und dieselben somit die Speculationen jedenfalls sehr viel ungefährlicher machten. Außer⸗ dem lämen auch im gewerblichen Leben Fälle vor, in denen Prämlen⸗ geschäfte garnicht entbehrt werden könnten. Wenn z. B. eine Kohlen⸗ grube eine Offerte auf in Rußland zu liefernde Kohlen abgebe, auf welche die Entscheidung erst in einigen Wochen erfolge, so sei für diese Grube ein Deckungsverkauf in Rubeln, bei dem sie sich gegen i einer Prämie das Recht des Rücktritts gesichert, das einzige
ittel, sie vor einem großen Risico und empfindlichen Verlusten zu bewahren. Denn da die Grube nicht wüßte, ob sie den fuschlaß be⸗ käme, so wäre für sie sowohl der Deckungsverkauf als die Ünterlassung der Deckung ein sehr gewagtes Unternehmen, das ihr empfindliche Ver⸗ luste bereiten könnte. Aus dieser ungünstigen Lage könne sie sich nur durch ein Prämiengeschäft befreien und mit einem verhältnißmäßig ge⸗ ringen Opfer vor sedem weiteren Risico schützen.
Von anderer Seite l) wurde geltend gemacht, daß Prämiengeschäfte
weder zur Erleichterung des effectiven Handels noch zur Versicherung gegen Preisschwankungen nothwendig seien, sondern, von seltenen Aus— nahmen abgesehen, lediglich Speculationszwecken dienten. Allerdings müsse anerkannt werden, daß die Speculationsgeschäfte mittels Prämien⸗ geschäfte in gewissem Sinne weniger gefährlich seien als einfache Termingeschäfte. Aber gerade dadurch., daß die Prämiengeschäfte das Risico verminderten, reizten sie zur Speculation an und beförderten dieselbe. Daß ein Prämiengeschäft auch einmal zu einer wirthschaftlich berechtigten Deckung benutzt werden könnte, solle nicht in Abrede gestellt werden. Die Thatsache aber, daß man zu so künstlichen und in der Praxis überaus selten vorkommenden Beispielen seine Zuflucht nehmen müsse, um darzuthun, daß die Prämiengeschäfte auch legitimen Ver— sicherungszwecken dienten, beweise nach dem Grundsatz oxceptio con- sirmat regulam, daß die Prämiengeschäfte im allgemeinen nur zu Spielzwecken benutzt würden. Besonders sei dieses mit dem Stellage— geschäft der Fall, bei dem gegen Zahlung einer erhöhten Prämie der k das Recht habe, sowohl als Käufer wie als Verkäufer aufzutreten. Die Prämiengeschäfte hätten aber auch noch den Nachtheil, daß sie die richtige Preisentwickelung nach Vorrath und Bedarf be— einträchtigten und es wesentlich erschwerten, die Lage des Marktes sachgemäß zu beurtheilen. Schwebten Stellagegeschäfte und Noch⸗ oder gar zweimal Nochgeschäfte in großem Umfange, so sei die richtige Beurtheilung der künftigen Preisentwickelung überaus erschwert und er— hebliche Störungen dieser Entwickelung ganz unvermeidlich. Aus diesen Gründen hätte auch die Hamburger Liquidationskasse wenigstens die gefährlicheren Prämiengeschäfte, die Stellage- und Nochgeschäfte, von ihrem Geschäftsbetriebe vollständig ausgeschlossen und dieselben dadurch an der Hamburger Börse thatsächlich unmöglich gemacht. In diesem anerkennenswerthen Vorgehen der Hamburger Liquidationskasse liege übrigens der beste Beweis dafür, daß die Prämiengeschäfte für den soliden Handel und auch die Müllerei nicht nur entbehrlich, sondern geradezu schädlich seien. Es sei deshalb durchaus gerechtfertigt, in Uebereinstimmung mit den Gutachten zahlreicher Sachverständiger die—⸗ selben für ungültig und unklagbar zu erklären.
Nach Ansicht der Commission sind die Vortheile, welche der börsenmäßige Terminhandel unleugbar zu bieten vermag, sowohl für Werthpapiere, wie wegen des umfassenden Versicherungsktnteresses noch mehr für Waaren erheblich genug, um denselben an sich als eine be—⸗ rechtigte Form des Verkehrs anzuerkennen, während freilich die Art seiner Entwickelung und das Maß seiner Ausdehnung in Betreff sowohl der sich betheiligenden Personen als der Gegenstände auch beträchtliche Nachtheile für allgemeine Interessen, und hier wieder in erhöhtem Maße bei den Waaren, zur Folge hat. Die Commission glaubt, daß es bei Wahl der richtigen Mittel gelingen wird, jene Jaachtheile, wenn nicht gänzlich zu beseitigen, so doch erheblich herab⸗ zumindern. Daher hat sie ihre Aufgabe dahin aufgefaßt, diejenigen Mittel zu bezeichnen, durch welche es möglich ist, diefen Erfolg herbei⸗ juführen. Als die Hauptquelle der vorhandenen Mißstände glaubt sie die zu weitgehende Betheiligung des Privatpublikums bezeichnen zu müssen. Es werden in den folgenden Abschnitten 2c. (Register, Börsenspiel) die Mittel angegeben werden, durch welche eine Ein⸗
schränkung des Umfangs des Terminhandels in dieser Richtung bewirkt werden soll. Hier handelt es sich zunächst darum, ob und welche präventive Maßregeln getroffen werden sollen, um den Terminhandel in gewissen Gattungen von Werthpapieren oder Waaren oder gewisse Formen des Termingeschäfts zu verhindern. Die Commission hat nicht zu dem Ergebniß zu gelangen vermocht, daß für bestimmte Gattungen von Werthpapieren oder Waaren der Terminhandel durch Gesetz berboten werden soll. Schon der nicht zu leugnende Umstand, daß der Terminhandel geeignet ist, wenn auch nicht die Häufigkeit, so doch die Größe der Preisschwankungen zu hindern, läßt es nicht gerechtfertigt erscheinen, denselben für irgend eine Art von Gegen— ständen prineipiell auszuschließen. Dies gilt insbesondere auch für die Werthpapiere gegenüber der Anregung, hier den Terminhandel gesetz- lich auf ausländische Valuten und auf Effecten, welche zum Ausgleich internationaler Zahlungsverbindlichkeiten geeignet sind, zu beschränken. Bei den Werthpapieren kommt außerdem noch in Betracht, daß es mindestens zweifelhaft ist, ob es nicht der Börse bei einem Verbote des Termingeschäfts für eine größere Anzahl von Werthpapieren ge— lingen würde, für Spiel⸗ und Speculationsgeschäfte in diesen Papieren andere Formen zu finden.
Dagegen ist die Beseitigung einer Fortdauer des bisherigen that sächlichen Zustandes erforderlich, nach welchem nicht ausgeschlossen ist, daß ohne jede Hinderung ein Terminhandel in einer beliebigen Gattung von Werthpapieren und Waaren entstehen und seine Wirkungen über weite Interessengebiete erstrecken kann, sobald dies nur die Organe des Handels an einer bestimmten Börse für den Handel an dieser Börse als zuträglich erachten. Ein Beispiel in dieser Richtung bietet die Entwickelung, welche der Terminhandel in Kammzug in Deutschland genommen hat?) Nachdem der Terminhandel in diesem Artikel von der staatlichen Aufsichtsbehörde für die Berliner Börse verboten worden war, führte ihn ein Privatverein in Leipzig ein. Obgleich die große Mehrzahl der Spinner und Kammzugfabrikanten, also die Personen, welche den beiden, die Production wie die Consumtion beim Kammzug vertretenden Interessentengruppen angehören, sowie auch ein großer Theil der Händler sich gegen diesen Terminhandel aussprachen, wurde derselbe dennoch beibehalten. Nunmehr traten jene Interessenten zu— sammen und faßten den Beschluß, keinen Kammzug zu verarbeiten, der auf Termin gehandelt sei, indem sie hiervon das Aufhören des Terminhandels erhofften. Aber gestützt durch Banken, welche diesen Handel zur zeitweisen Anlegung von Kapitalien benutzen, besteht der— selbe noch weiter fort. Daß ein solcher Zustand auf die Dauer be— stehen kann, ist in hohem Maße unerwünscht. Die Formen, in denen der Handel sich vollzieht, sind nur insoweit berechtigt, als sie mit den Bedürfnissen der Production und Consumtion 3. im Widerspruch stehen. Bereitet daher ein Terminhandel in bestimmten Werthpapieren oder Waaren den bezeichneten Interessen in der That die schweren Beeinträchtigungen, welche dem Terminhandel in Kammzug von Interessenten zugeschrieben werden, so ist er von Bedingungen abhängig zu machen, durch welche solche Beeinträchtigungen vermieden werden, oder, wenn dies nicht möglich ist, zu verbieten. Die Befugniß hierzu muß von einer Stelle ausgeübt werden, in welcher über die Einzel⸗ interessen hinaus das wirthschaftliche Ganze überblickt wird und zum Zwecke der Feststellung, ob diesem Ganzen oder Theilen desselben eine empfindliche Störung droht, aus dem ganzen einheitlichen Wirthschafts. . Interessenten und unbetheiligte Sachverständige zur Aeußerung erangezogen werden können. Freilich würde, wenn in Zukunft ent⸗ sprechend dem Vorschlage zu 11 (Aufsicht über die Börsen) Recht und Pflicht jeder Landesregierung zur Beaufsichtigung der in ihrem Gebiet belegenen Börsen außer Zweifel gestellt wird, jede Landes regierung vermöge dieser 6 in der Lage sein, einen bestimmten Terminhandel an den in ihrem Gebiet befindlichen Börsen zu ver—
) Stenogr. Ber. bes. S. 1080, 1801 ff., 2067, 2245, 225 2668. 2909ff., 2663 ff, 2895, 31650ff., 3356, 3572 u. a. Y Stenogr. Ber. S. 3543, 3365, 3364, 3367, 3376, 3380.
kö
bieten oder von Bedingungen abhängig zu machen. Da indessen die Wirkung der Zulassung zum Terminhandel, sowohl bei Werthpapieren wie bei Waaren, sich über den Kreis der Börse ausdehnt, an welcher dieser Handel stattfindet, so erscheint es unerläßlich, diese Befugniß in Bezug auf alle Börsen auf ein centrales Organ zu jübertragen. Als hierzu berufen erscheint der Bundesrath. In denselben werden die Gesichtspunkte, welche die einzelnen Landesregierungen für oder gegen den Betrieb eines bestimmten Terminhandels geltend zu machen haben, zur Vertretung gelangen.
Was die Prämiengeschäfte anlangt, so glaubt die Commission, unter Ablehnung der entsprechenden Anträge, auch für solche ein ge⸗ setzliches Verbot nicht einpfehlen zu sollen. Muß auch zugegeben werden, daß die Prämiengeschäfte ganz überwiegend der Speculation dienen, so ist es doch nicht richtig, da man diese Speculation nicht beseitigen kann, sie des Mittels zu berauben, das Risico nach Möglich⸗ keit einzuschränken. Von diesem Gesichtspunkte aus sind die Prämien geschäfte jedenfalls als das mindere Uebel anzusehen. Daß Stellage⸗ und Nochgeschäfte die richtige Preisentwickelung stören könnten, ist wohl zutreffend. Im allgemeinen sind aber die Börsenbesucher über den Umfang der laufenden Stellage⸗ und Nochgeschäfte hinreichend informirt und damit in der Lage, die Wirkung dieser Geschäfte zu paralysiren. .
JI. Werthpapiere.
Auch wenn der Bundesrath die Befugniß zu den vorstehend be— zeichneten Maßnahmen erhält, erscheint es doch geboten, gewisse Garantien dafür zu schaffen, daß die Zulassung von Werthpapieren und Waaren zum Terminhandel seitens der Börsenbehörde bei völlig ungenügender Grundlage und ohne daß bei der Entscheidung alle er— heblichen , Interessen zur Geltung kommen können, überhaupt nicht erfolgen kann. Um beim Terminhandel in Werth— papieren die Gefahr einer Schwänze zu beseitigen und diesem Handel selbst eine geeignete Grundlage zu geben, hielt die Commission die Festsetzung eines bestimmten Mindestkapitals für die zuzulassenden Werthpapiere für geboten Ueber die Höhe dieses Mindestkapitals gingen die Ansichten in der Commission erheblich auseinander. Während von der einen Seite ein Mindestkapital von 100 Millionen verlangt wurde, glaubte man auf der anderen Seite, sich mit einem solchen von etwa 10 Millionen begnügen zu sollen. Nach eingehenden Erörterungen empfahl die Commission, die künftige Zulassung von Werthpapieren zum Terminhandel von einem Mindestkapital von 20 Millionen Mark des zuzulassenden Werthpapiers abhängig zu machen.)
Die von einer Seite gegebene Anregung, den Mindestbetrag zu erhöhen, wenn der Terminhandel nicht bloß an inländischen, sondern auch an ausländischen Börsen stattfände, und diese Erhöhung um so größer zu machen, je mehr Börsen an dem Terminhandel betheiligt eien, weil dadurch der Betrag des für die einzelne Börse verfügbaren Materials sich entsprechend verringere, fand nicht die Zustimmung der
Commission. Dieselbe ging von der Annahme aus, daß, wenn an einem Börsenplatz sich eine Schwänze in einem Werthpapier vor— bereitet, diese Thatsache im allgemeinen auch an den anderen Börsen— plätzen bekannt sein wird, und daß dann die Werthpapiere nach der— jenigen Börse hinströmen werden, an der eine derartige Schwänze geplant ist. Ueberhaupt erfordert bei einem Mindestkapital von 20 Millionen Mark die Herbeiführung einer Schwänze so erhebliche Kapitalbeträge, daß sie nahezu als ausgeschlossen angesehen werden muß. Auch beweisen die Erfahrungen auf dem Gebiete des Effecten— handels, daß sich in Werthpapieren viel schwieriger Schwänzen hervor⸗ rufen lassen als in Waaren. Es liegt das vor Allem darin, daß die Werthpapiere, wie oben bereits hervorgehoben worden ist, im all— gemeinen nur auf den nächsten Monat gehandelt werden.
Die Festsetzung dieses Mindestkapitals soll nicht den Börsen— ordnungen überlassen, sondern durch den Bundesrath bewirkt werden.
In Betreff der Zulassung von Werthpapieren zum Terminhandel und zur amtlichen Notiz hält die Commission ein einheitliches Ver⸗ fahren für alle Börsen für angezeigt und demgemäß für geboten, daß die Bestimmungen über diese Zulassung von dem Bundesrath erlassen werden. Dieses Verfahren soll zunächst eine Prüfung der Frage sichern, ob in der That für die Zulassung ein wirthschaftliches Be⸗ dürfniß vorliegt, und ob dieselbe andere erhebliche Interessen nicht schädigt. Zu diesem Zweck empfiehlt die Commission, daß von allen Anträgen auf Zulassung von Werthpapieren zum Terminhandel durch Aushang an der Börse und Veröffentlichung in der Presse dem Publikum Kenntniß gegeben werden soll, damit dieses und die Presse in der Lage sind, die für die Entscheidung maßgebenden Gesichts— punkte und Thatsachen der Emissionsbehörde mitzutheilen oder öffent⸗ lich klarzulegen und auf etwaige Bedenken, die der Zulassung ent⸗ gegenstehen, aufmerksam zu machen. Die nothwendige Voraussetzung für die Zulassung soll sein, daß bereits während eines längeren Zeit— raumes ein regelmäßiger Terminhandel in dem Werthpapier statt—⸗ gefunden hat.
Bei dieser Gelegenheit wurde daranf aufmerksam gemacht, daß schon jetzt vielfach die Börsenordnungen ähnliche Bestimmungen ent⸗ hielten, daß aber deren Umgehung leicht wäre, indem man eine Anzahl von Schlußscheinen über abgeschlossene Geschäfte der Börsenbehörde vorlege, welche ihrerseits nicht in der Lage wäre, zu pruͤfen, ob diese Geschäfte wirklich abgeschlossen oder nur fingirt seien.
Demgegenüber wurde von anderer Seite behauptet, daß solche Täuschungen der Börsenbehörden, die darauf hinausliefen, durch die Vorlage fingirter Schlußscheine auf die Gestaltung des Terminhandels einzuwirken, nicht bekannt geworden seien. Auch würde die Börsen— behörde, solange sie so zusammengesetzt sei, wie gegenwärtig z. B. in Berlin, sehr leicht sich die Ueberzeugung verschaffen können, ob wirk— lich ein umfangreiches Geschäft in dem Papier stattfände oder nur Fiction vorliege.
Die Commission verhehlte sich nicht, daß eine Täuschung der Börsenbehörde nach wie vor möglich sein wird, glaubt aber doch, von der Befürwortung weiterer Erschwernisse Abstand nehmen zu können, weil die Vorlegung von Schlußscheinen über fingirte Geschäfte zweifel los als eine Handlungsweise anzusehen ist, die der disciplinaren Ahndung unterliegt. Sie glaubt sich der Hoffnung hingeben zu dürfen, daß solche Vorkommnisse durch die Aufmerksamkeit der Börsenbehörden und in Rücksicht auf die Möglichkeit der disciplinarischen Ahndung weniger zu befürchten sein werden.
Die Entscheidung darüber, ob die Interessen, welche durch die
Zulassung zum Terminhandel gefährdet oder verletzt werden, so erheb⸗ lich sind, daß die Zulassung zu verweigern ist, glaubt die Commission nicht für alle Fälle der Börsenbehörde allein überlassen zu sollen. Namentlich bei Werthpapieren industrieller und gewerblicher Unter⸗ nehmungen können berechtigte Interessen auch außerhalb der Börse durch die Zulassung zum Terminhandel geschädigt werden, weil die Speculation in derartigen Papieren Nachtheile für den Gewerbe⸗ betrieb dieser Unternehmungen zur Folge haben kann.“) Aus diesem Grunde hält die Commission es für nothwendig, die Zulassung inländischer Bank⸗ und Eisenbahnpapiere, die nicht bereits an ausländischen Börsen gehandelt werden, sowie die Zulassung von industriellen Papieren zum Terminhandel noch dadurch zu erschweren, daß die Entscheidung über die Zulassung nicht ausschließlich in die Hand der Börsenbehörde, sondern in die Hand der unter 112 erwähnten Emissionsbehörde zu legen-ist, in der nicht bloß die Bankinteressen, sondern die Interessen der Gesammtheit, insbesondere des kaufenden Publikums vertreten sind. . ;
Um zu verhindern, daß nicht zum Schaden inländischer industrieller Unternehmungen deren Werthpapiere in den Terminhandel hinein gezogen werden, hält die Commission ferner die Bestimmung für noth⸗ wendig, daß bei derartigen Werthpapieren, wenn ein Drittel der Mit glieder der Emissionsbehörde es verlangt, der Vorstand dieser Unter
1) Stenogr. Ber. S. 108 ff., 114ff., 451, 453 ff., 662 ff., 666, 666, 1163ff., 1466, 1937 ff., 1937 ff., 1948.
2) Stenogr. Ber. bes. S. 990ff., 1070, 1076 ff., 1161 ff., 1928 ff., 1930 ff., 1932.
And. Mein. S. 110, 1361, 1370, 1569, 1581 ff, 1943.
genossen Fat welcher der betreffende Industriezweig angehört) vor der Zulassung zu hören sind. Außerdem soll in diesen Fällen der , , einer Zweidrittelmehrheit bedürfen. iese Be⸗ timmungen erscheinen der Commission ausreichend, um die von ver⸗ schiedenen Seiten erhobenen Bedenken geßen die Ausdehnung des Terminhandels auf Werthpapiere industrieller Unternehmungen zu be⸗ seitigen und dem Vorstand dieser Unternehmungen eine angemessene
Mitwirkung bei der Entscheidung dieser Frage zu sichern. Daß vor der Zulassung eine amtliche Terminnotiz ausgeschlossen werden muß, erscheint der Commission selbstverständlich.
Uebrigens soll mit der einmal erfolgten Zulassung zum Termin⸗ handel keineswegs für ewige Zeiten das Recht auf denselben aus⸗ gesprochen werden. Die Commission ist vielmehr der Ansicht, daß die erfolgte Zulassung durch Beschluß der für die Zulassung zuftändigen Behoͤrde jederzeit sowohl wegen Aufhörens eines erheblichen Termin⸗ handels wie aus anderen wichtigen Gründen zurückgenommen werden kann. Als ein solcher Grund wird auch der angesehen werden müssen, daß sich das festgesetzte Mindestkapital in einzelnen Fällen als zu gering 44 sollte, um Schwänzen oder große Cursbewegungen unmöglich zu machen.
Um zu verhindern, daß der Antrag auf Zulassung zum Termin⸗ handel, wenn er von einer Börse abgelehnt ist, sosort bei einer anderen deutschen Börse gestellt wird, hält die Commission die Be— stimmung für nothwendig, daß nach einer solchen Ablehnung die Zu⸗ lassung an einer anderen Börse nicht vor Ablauf eines Zeitraumes von sechs Mongten beschlossen werden darf, es sei denn, daß die Ab⸗ lehnung lediglich wegen Mangels eines Bedürfnisses erfolgt ist.
Alle diese beschränkenden Bestimmungen hält die Commission deshalb für nothwendig, um zu verhindern, daß Werthpapiere in den Kreis des Terminhandels hineingezogen werden, für welche kein Be⸗ dürfniß hierzu vorliegt, oder durch deren Einführung andere wichtige Interessen geschädigt werden. Diese Erwägungen greifen nicht Platz bei Werthpapieren, welche dem Prospectenzwang überhaupt nicht unterliegen, insbesondere bei Reichs⸗ und Staatsanleihen. Während die dem Terminhandel eigenen Vortheile der Erleichterung des Ab⸗ satzes in den Kreisen des Privatpublikums auch für diese Papiere gelten, halten sich die Cursschwankungen bei denselben naturgemäß in so engen Grenzen, daß sie zu Spielzwecken nicht wohl Verwendung finden können. Mit Rücksicht auf diese Gründe ist die Commission der Ansicht, daß die vorstehenden beschränkenden Bestimmungen über die Zulassung zum Terminhandel keine Anwendung zu finden haben auf Werthpapiere, welche dem Prospectenzwang nicht unterliegen.
Eine eingehendere Erörterung fand in der Commission darüber statt, ob die vorstehenden Bestimmungen, namentlich über den Mindest. betrag des Grundkapitals der zuzulassenden Werthpapiere, sich auch auf die gegenwärtig an den Börsen auf Termin gehandelten Papiere erstrecken sollen. Von einer Seite wurde angeführt, daß, wenn die Commission eine derartige Beschränkung für nothwendig hielte, weil sonst die Gefahr einer Schwänze vorliege und ein solider Termin⸗ handel eines derartigen erheblichen Mindestkapitals bedürfe, es prin⸗ cipiell nothwendig und berechtigt sei, diese Bestimmungen auf die gegenwärtig auf Termin gehandelten Werthpapiere auszudehnen. 1) Demgegenüber wurde von anderer Seite darauf hingewiesen, daß eine Schädigung der Besitzer der gegenwärtig auf Termin gehandelten Papiere eintreten würde, wenn der Terminhandel in ihnen untersagt würde, da die Beseitigung desselben ihre Absatzfähigkeit vermindere. *) Die Commission theilte im allgemeinen die erstere Auffassung, nahm jedoch Anstand, auch bei den gegenwärtig auf Termin gehandelten Papieren die Durchführung der erhobenen Forderungen ausnahmslos zu verlangen, glaubte vielmehr, daß es angezeigt ist, diese Frage vom Standpunkt der Billigkeit aus zu entscheiden.
Da die erfolgte Zulassung nach den Beschlüffen der Commission jederzeit durch einen Beschluß der für die Zulassung zuständigen Be⸗ hörde nicht bloß wegen Aufhörens eines erheblichen Terminhandels, sondern auch aus anderen wichtigen Gründen zurückgenommen werden kann, so bietet diese Bestimmung die Möglichkeit, die Entscheidung darüber, ob der Terminhandel in den gegenwärtig zugelassenen Werth⸗ papieren beibehalten werden soll oder nicht, durch die Börsenbehörde oder durch die Nr. II2 erwähnte Emissionsbehörde herbeizuführen. Aus diesem Grunde glaubt die Commission, im übrigen von der Be⸗ fürwortung besonderer Bestimmungen für die gegenwartig auf Termin gehandelten Werthpapiere Abstand nehmen zu können.
II. Waaren.
Eine ungleich größere Bedeutung wie der Zulassung von Werth⸗ papieren zum Terminhandel legt die Commissibn der Zulassung von Waaren zum Terminhandel bei, weil bei dieser es sich nicht bloß um die Interessen einzelner Börsenplätze handelt, sondern in der Regel auch große vaterländische Interessen betheiligt sind. Die Hinem⸗ ziehung einer Waare in den Terminhandel verändert vollständig die Grundlagen des bisherigen Handels und berührt demgemäß die In⸗ teressen aller derjenigen welche bisher in diesem Handel thätig gewes sind. Handelt es sich ferner um Waaren, welche auch im J erzeugt oder verarbeitet werden, so sind auch di centen und die die Verarbeitung bewirkenden Gewerbe
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den betheiligten Kreifer
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bei Waaren der Fall, welche bereits sei
vielen Decennien, auf Termin gehandelt würden, fo sei anz daß bei neu in den Terminhandel sichten über die allgemeinen Lieferung andergehen würden.
Die Commission theilt im allgemeinen diese Bedenken, bält die- selben jedoch nicht für so schwerwiegend, um den Börsenorganen über haupt die Entscheidung über die Zulassung neuer Waaren zum Termin handel und die Festsetzung der allgemeinen Bedingungen zu entzieben. Sie ist vielmehr der Ansicht, daß es ausreichend ist, wenn eine Gewähr
noch mehr augein⸗
) Stenogr. Ber. ) Stenogr. Ber. 83) Stenogr. B
Ber. 2 53 9 Stenogr. Ber. S
— sowie andere Sachverständige (Vorstand der Berufs⸗
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