r r n, mm, enn, , , ne, e.
Wenn Sie ihnen aber das nehmen, was bleibt übrig Das ist die Mediatisierung. Dazu kann keine Regierung die Hand bieten, die auf dem Grunde der deutschen Reichsverfassung steht und an dem föderativen Gedanken des Deutschen Reichs festhält. (Bravo und sehr richtig! rechts.) Also, meine Herren, wenn Sie uns nun gerecht beurtheilen wollen, so müssen Sie sich überzeugen, daß wir nichts Anderes thun konnten, wie neue indirekte Steuern zu erheben, beziehungsweise die bestehenden indirekten Steuern zu erhöhen. Die Tabackindustrie — das habe ich zu meinem Leidwesen in den letzten vier Monaten erfahren — ist eine einflußreiche, weitverbreitete Industrie, die sehr scharf Disziplin hält. Es giebt unter den Taback⸗ industriellen Herren, die die beste innere Ueberzeugung haben: Ja, es ist gerecht, der Taback kann mehr aufbringen zu den Bedürfnissen des Reichs. (Widerspruch links.) Aber, meine Herren, die Disziplin ist so scharf bei dieser vor⸗ züglich organisierten Industrie, daß kein Mann aus der Kolonne springt. Außerdem zeigt sich die Kraft der blühenden Industrie auch noch nach einer andern Seite hin: sie hat nämlich eine so gut gefüllte Kriegskasse, daß sie in großem Maßstabe mobil machen konnte. (Sehr richtig!) Meine Herren, wir lassen uns aber dadurch hier am Bundes⸗ rathstisch nicht bange machen. (Oho! links.) Nun möchte ich noch einige Worte sagen — es giebt Dinge, die man niedriger hängen muß — über die Agitation seitens der Taback⸗ industrie. In den neuesten Petitionen, die der Tabackverein diesem hohen Hause überreicht hat, heißt es folgendermaßen: Die Tabackindustrie hätte in maßvollster Weise ihre Rechte geltend gemacht; die Vertreter der bedrängten Tabackindustrie hätten sich stets vorsichtig gehütet, sich dem Vorwurf der Uebertreibung auszusetzen. Meine Herren, ich bedaure wirklich recht sehr, daß ich dieses Urtheil nicht unterschreiben kann. Ich gebe Ihnen aus der ungeheuren Zahl der Proben — und es ist mir nichts geschenkt worden; was mir nicht offiziell zugeschickt worden ist, habe ich anonym bekommen — nur ein paar Stichproben: Eine Broschüre, die auf die bedrängte Taback— industrie hinweist, enthält folgenden Passus, erstens mit Bezug auf die Gestaltung der Tabackfabrikatsteuer: Gelegenheit macht Diebe“. Das sagt eine Broschüre, die die Tabackindustrie vertritt. Sie wagt das zu sagen gegenüber unserm anständigen ehrenhaften deutschen Handels und Fabrikantenstand; sie sagt ferner: durch das Gesetz würde eine kolossale Zunahme der Defraudations— prozesse eintreten. Man müßte zweifellos eigene ‚Tabackfabrik⸗ steuer ⸗Hinterziehungs⸗ Strafkammern“ einrichten.
Auch ein gutes Zeugniß für die Ehrenhaftigkeit der Industrie!
Der Moloch des Militarismus würde eine entsetzliche Wirk⸗ lichkeit werden.“
(Heiterkeit rechts), und als Gegenwehr wird eine kolossale Zunahme der Defraudationsprozesse in Aussicht gestellt. ‚Tausende würden auswandern.“ Ja, es ist eine sittliche, eine nationale Frage ꝛc.“
Darum auf, ihr Vereine und Vertrauensmänner, auf zum Kampf gegen dieses Gesetz.“
(Sehr richtig! links) Es kommt noch besser! (Lachen links.) Die Süddeutsche Tabackzeitung', die sich auch Deutsche Tabackvereins⸗ zeitung“ nennt, leistet sich Folgendes:
Der Sinn dieser 79 Paragraphen (d. h. des Gesetzentwurfs) kann in der That nur so verstanden werden, als ob man tief im Sozialismus und Kommunismus stecke, und dem Tabackberufszweig zugerufen würde: Da Eigenthum Diebstahl ist, konfiszieren Pir euer Eigenthum.“
Das ist die maßvolle Agitation der Vertreter der Tabackindustrie! Nun, meine Herren, freue ich mich aber, daß ein Industrieller in der Tabackindustrie den Muth gefunden hat, eine solche Agitation öffent- lich zu brandmarken. (Bewegung und Lachen links.) Ja, meine
Herren, öffentlich zu brandmarken und darauf hinzuweisen, daß eine
solche Agitation unangemessen sei, und daß man einen sachlichen Kampf auch nur mit sachlichen Mitteln führen dürfe. Meine Herren, dem Manne, der diese Erklärung gegenüber dem Verhalten der Süddeutschen Tabackzeitung abgegeben hat, bin ich aufrichtig dankbar dafür. Leider muß ich bedauern, daß die Tabackinduftrie selbst eine vollständig ablehnende, absolut intransigente Haltung dem Gesetzentwurf gegenüber ein—⸗ genommen hat. Ich glaube, wir wären vielleicht weiter gekommen, wenn die Industrie uns die Hand geboten hätte, bei einem ihr er⸗ träglich erscheinenden Gesetz mitzuwirken. (Sehr richtig! rechts.)
Wie haben sich die Versammlungen dazu gestellt? Die Ab— theilung des deutschen Tabackvereins erklärte in einer Versammlung zu Frankfurt am Main einstimmig:
Die Versammlung erklärt die beabsichtigte Faktursteuer, über⸗ haupt eine Fabrikatsteuer auf Taback und jede weitere Mehr⸗ belastung für undurchführbar.“
Und eine Versammlung in Hamburg beschloß — natürlich auch einstimmig:
Für das Fortbestehen der Tabackindustrie ist durchaus noth⸗ wendig, daß sie für immer von jeder Beunruhigung frei bleibt. Die Tabackindustrie kann irgend welche Lasten nicht mehr tragen.
(Sehr richtig! links) Also absolute Negation für jetzt und für die Zukunft! Nun, meine Herren, diese Hoffnung wird sich nicht erfüllen. Es entspricht dem Gerechtigkeitsgefühl des deutschen Volks, daß ein solches Genußmittel wie der Taback zunächst höher besteuert werde, wenn es sich um erhöhte Reichsbedürfnisse handelt.
Ich glaube, die Cinkommensteuerzahler werden nicht bereit sein, sich eine ungeheure Erhöhung ihrer Einkommensteuer auferlegen zu lassen, bloß um der rauchenden Minderheit es zu ersparen, daß sie täglich ein paar Pfennige mehr für ihren Rauchgenuß ausgiebt.
Meine Herren, der Taback ist ein reines Genußmittel und ist jetzt mit 160,½ seines Werths besteuert, während der Branntwein, dessen Besteuerung ja den Herren von der Linken immer noch nicht hoch genug ist, mit über 2000, seines Werths, das Salz mit 300 0 und der Zucker mit über 60 0½ seines Werths belastet ist. (Zuruf) — Auf das Bier werde ich noch zu sprechen kommen.
Meine Herren, man hat sich ja nun alle mögliche Mühe gegeben, die große Masse des Volks gegen die Erhöhung der Tabacksteuer mobil zu machen, und man hat es auch versucht, sogar die träge Masse der Raucher in Bewegung zu setzen. Man ist so weit gegangen, daß man in jedem Zigarrenladen Petitionen ausgelegt hat, und jeder Schusterlehrling hat das Schwergewicht seiner Meinung gegen dieses Gesetz durch seine Unterschrift in die Wagschale gelegt! (Bewegung)
Meine Herren, es sind Unterschriften darunter, die, wie man sieht, sogar unorthographisch geschrieben sind. Die verbündeten Regierungen
lassen sich durch solche Kundgebungen in dem, was sie wollen, nicht
einen Moment einschüchtern. (Zurufe.) — Meine Herren, bleiben wir bei der Sache! (Heiterkeit)
Ich komme jetzt speziell zu dem Gesetz. Die Einwendungen gegen das Tabackfabrikatsteuergesetz kann man in drei Gruppen theilen: erstens die Einwendungen in Bezug auf das Verhältniß von Inland⸗ steuer zum Zoll, zweitens die Behauptung des Konsumrückgangs und seine angeblichen sozialen Folgen und drittens die Lästigkeit der Kontrolen.
Meine Herren, wenn ich zunächst von dem gegenwärtigen Taback⸗ steuergesez spreche, so meine ich, daß dabei allerdings der Pflanzer am allerschlechtesten wegkommt. Das gegenwärtige Steuersystem legt dem Pflanzer alle Beschwerlichkeiten und Verdrießlichkeiten auf, welche sich unter dem System des Monopols finden, ohne ihm dafür eine sichere Ab⸗ nahme seines Produkts zu gewãhrleisten. Außerdem ist selbstverstãndlich, daß der Einheitsmaßstab der Gewichtssteuer auf das minderwerthige Gut, auf den Inlandstaback, am allerschwersten drückt. (Sehr richtig! rechts.) Dazu lasten die Kontrolen nur auf der Inlandsproduktion, und es besteht darüber zwischen den Vertretern der Tabackindustrie und den verbündeten Regierungen nicht der geringste Zwiespalt, daß es ganz unmöglich ist, bei dem jetzigen Steuersystem erhöhte Einnahmen aus dem Taback zu gewinnen — schon aus dem einfachen Grunde, weil der Tabackbauer gar nicht in der Lage ist, eine erhöhte Steuer von seinem Produkt zu verauslagen bezw. zu tragen. In dieser Be—⸗ ziehung sagt die ‚Süddeutsche Tabackzeitung', von der ich vorhin ausgeführt habe, daß sie dem Gesetzentwurf nicht eben freundlich gegenübersteht, von dem sie behauptet, jeder Buchstabe darin wäre verfehlt, wörtlich Folgendes: )
„Was über die Schwierigkeit bezw. Unmöglichkeit, auf der Grundlage des bestehenden Gewichtssteuersystems das Ziel einer erheblichen Erhöhung der Einnahmen aus dem Taback zu erreichen, die Begründung der Vorlage ausgeführt hat, muß als zutreffend anerkannt werden.“
Also, eine erhebliche prozentuale Erhöhung der Inlandssteuer und Zölle scheint unausführbar!
Es liegt ja auch im Wesen der Materialsteuer, daß sie nur so⸗ lange ertragen werden kann, als den Einheitssatz der Materialsteuer auch das minderwerthige Produkt zu tragen vermag. Steigt die Materialsteuer, so wird eben die minderwerthige Produktion überlastet, und man muß von der Materialsteuer zur Fabrikatsteuer, zur Verbrauchs⸗ abgabe übergehen. Dieser Vorgang hat sich vollzogen bei der Branntwein⸗ steuer, bei der Zuckersteuer, und wir müssen denselben Schritt machen bei der Tabacksteuer, wenn wir erhöhte Beträge aus dem Taback ziehen wollen. Die Einwände der Tabackspflanzer gegen den Gesetzentwurf, dem sie im übrigen durchaus sympathisch gegenüberstehen, beruhen darauf, daß sie sagen, sie seien schon durch das Gesetz von 1879 ge⸗ schädigt worden, weil sie nicht einen genügenden Zollschutz für die In⸗ landsproduktion genössen. Bekanntlich beträgt jetzt der Zoll 85 , und da die Inlandssteuer 45 „ beträgt, der Zollschutz 0 M Meine Herren, ich stehe auf dem Standpunkt, daß eine weise Wirthschaftspolitik in erster Linie dahin wirken muß, daß das, was die eigene Scholle an einheimischem Konsum erzeugen kann, auch unter allen Umständen auf einheimischem Boden erzeugt werden muß. (Lebhafter Beifall rechts.)
Dieser Grundsatz erleidet aber eine nothwendge Modifikation bei dem Inlandstabackbau, weil seine Verwendung quantitativ und qualitativ beschränkt ist. Auf einer in Mannheim abgehaltenen Versammlung des Tabackvereins äußerte sich hierüber ein hervor⸗ ragender Sachverständiger in folgender Weise:
Beim Taback spricht vor allem auch der Geschmack mit, und wenn durch zuweitgehenden Schutz und durch den Anbau auf nicht ge—⸗ eignetem Boden Tabacke erzeugt werden, welche dem Geschmack des Rauchers nicht entsprechen, so wird sellst bei weitgehendster Preiskonzession nach unten dieses Produkt Abnehmer nicht finden.
Es kommt nun darauf an, festzustellen: Ist die Behauptung der Tabackpflanzer richtig, daß der Tabackbau durch die Gesetzgebung von 1879 thatsãächlich geschädigt ist? Ich gestatte mir, hierbei zunächst auf eine Denkschrift Bejug zu nehmen von Herrn Kommerzien⸗Rath K. Diffens, dem bekannten Sachverständigen, der auch Mitglied der Tabackenqute⸗Kommission im Jahre 1878 war. Herr Diffens sagt in dieser Broschüre vom Jahre 1887 Folgendes: ;
„Hieraus folgt für letztere Periode (d. h. für 1879,86) eine durchschnittliche jährliche Mehrverwendung von inländischem Taback von 66 510 Doppelzentnern.“
— Also nach Erlaß des letzten Tabacksteuergesetzes von 1879 — eine durchschnittliche Konsumzunahme von 66510 Zentner Inlandstaback jãhrlich!
Herr Diffens fährt fort:
„Das Verwendungsverhältniß, welches früher z inländisch und 3 ausländisch war, bat sich also zu Gunsten des ersteren auf nahezu inländisch und J ausländisch gestellt.“
Ich glaube, es liegt darin der Beweis, daß die Tabacksteuer von 1879 am Rückgang des Tabackbaues nicht schuld gewesen ist. In der That ergeben auch die Preistabellen, daß der zur Zigarrenfabrikation geeignete Inlandstaback immer willige Abnehmer und gute Preise ge⸗ funden hat. Nur für den Pfeifentaback, den schweren auf fettem Boden wachsenden Inlandstaback, ist das Angebot größer gewesen als die Nachfrage — aus dem sehr einfachen Grunde, der mit unseren ganzen Lebensgewohnheiten zusammenhängt, daß der Pfeifen genuß dem Genuß der Zigarre weicht. Wenn man deshalb einen erhöhten Zollschutz für die Inlandsproduktion gewähren will, so würde ein solcher Zoll nur nothwendig sein für das Schneiden. Ein solcher Zollschutz wird aber schon durch das Gesetz insofern gewährt, weil die Fabrikatsteuer erhoben wird für den Fakturapreis einschließlich des Zolls, der auf dem Auslande⸗ taback ruht. Vor dem Jahre 1871 hatten wir bekanntlich das Flächen steuersystem. Nach dem durchschnittlichen Ernteergebniß betrug damals der Zollsatz von dem inländischen Taback 18,71 4 pro 100 kg. Zur Zeit beträgt der Zollsatz 40 6 Wird der Gesetzentwurf Gesetz, so erhöht sich dieser Zollsatz von 40 SM dadurch, daß die Fabrikatsteuer auch erhoben wird von dem Zoll der auf dem Auslandstaback ruht, für den zu Zigarren und Zigaretten verwandten Rohtaback auf 3, 33 , für den Rohtaback zu Kau⸗ und Schnupftaback auf 60 4 und für den Rohtaback zu Rauchtaback auf 66,67 Es wird sonach der ge⸗ ringere, eines Schutzes mehr bedürftige Taback auch eines höheren
Zollschutzes theilhaftig. Würde der Zoll in seiner jetzigen Höhe von döõ M0 erhalten, so würde für 100 kg der Rohtaback zu Zigarren und Zigaretten einen Zollschutz von 113,33 M haben, zu Kau- und Schnupftaback von 127,50 und zu Rauchtaback von 141,67 4 statt bisher 40 M genießen. Nimmt man an, daß ein Doppel. zentner Rohtaback, ausländischer oder inländischer, 90 40 Werth Fat, so würde dieser selbe Taback einschließlich Steuer bezüglich
Zoll vor dem Jahre 1879, insoweit er Inlandstaback ist, 95,29 A, .
insoweit er Auslandstaback ist, 114 S preisen. Unter der gegen⸗ wärtigen Steuergesetzgebung würde inländischer Taback danach 135 40 kosten, ausländischer Taback 175 M Wird dagegen die Fabrikatsteuer eingeführt — meine Herren, ich lege diese Preise klar, um nach⸗ zuweisen, wie ein erhöhter Zollschutz auf die gesammte Produktion wirken könnte —, so würden 100 kg Inlandstaback glatt 0 S kosten, während Auslandstaback zu Zigarren und Zigarretten 143,ů33, zu Kau⸗ und Schnupftaback I50 M und zu Rauch⸗ taback 156, 67 1 kosten würde. Es ergiebt sich hieraus schon, wie bei dem jetzigen Zollschutz einschließlich der Fabrikatsteuer, die auf dem Zoll auch ruhen wird, sich die Preise verschieben. Wollte man dagegen so weit gehen, wie es von einzelnen Pflanzerverbänden in Sũddeutschland gefordert wird, daß man beim Fortfall der Inlandssteuer den vollen Zoll von 865 M beibehielte, so würde, während 100 kg Inlandstaback 0 6 kosteten, der Werth des Auslandstabacks für dasselbe Quantum betragen bei Taback zu Zigarren und Zigaretten 203,33 6, zu Kau— und Schnupftaback 217,50 6 und zu Rauchtaback 231,67 ½ Meine Herren, ich glaube, es bedarf nur dieser Zahlengegenüberstellung, um nachzuweisen, daß eine solche Forderung, die den vollen bisherigen Inlandszoll von 85 S beim Fortfall der Inlandssteuer bestehen läßt, vollkommen unausführbar ist. Dadurch würde der Preis für ausländischen Taback in einer Weise steigen, daß unsere norddeutsche Zigarrenindustrie absolut nicht mehr existieren könnte, der Handel unserer Nordseestädte Hamburg und Bremen schwer geschädigt würde, und sich der inländische Tabackbau in einem Maße vergrößern würde, das den ganzen finanziellen Erfolg der Maßregel paralysierte. Meine Herren, wenn die Tabackpflanzer be⸗ haupten, daß der Tabackbau zurückgegangen wäre, so stimmt das auch nicht ganz. Wenn man eine Prüfung der Anbaufläche in den ver schiedenen Jahren vor Erlaß des Steuergesetzes von 1879 und nach Erlaß des Steuergesetzes vornimmt und bei einem derartigen Vergleich die Jahre 1872 und 1873 und 1880 und 1881 ausläßt, in welchen außerordentliche Verhält⸗ nisse für den Tabackbau infolge der Staffelung der Inland—⸗ steuer bestanden, so ist die angebaute Fläche bis 1891 thatsãchlich ziemlich die gleiche geblieben. Vor der Steuererhöhung vom Jahre 1879, in den Jahren 1874 bis 1879 einschließlich, wurden jährlich in Deutschland 20 231 ha angebaut, nach der Steuererhöhung, in den Jahren 1882 bis 1891, wurden jährlich 20 032 ha mit Taback bebaut. Sie ersehen also, daß sich diese beiden Durchschnittssätze der Anbau⸗ fläche ziemlich decken.
Ein erheblicher Rückgang ist allerdings 1892 und 1893 ein— getreten. Im Durchschnitt der letzten zwölf Jahre gegenüber dem— jenigen der sechs Jahre 1874 bis 1879 ist ein jährlicher Rückgang von 1093 ha und für die beiden letzten Jahre sogar ein jährlicher Rückgang von 5000 ha zu verzeichnen. Solche Schwankungen sind aber auch früher vorgekommen; so z. B. war die Anbaufläche in Deutschland im Jahre 1878/79 geringer als die Anbaufläche des Jahres 1891/92.
Auf den Umfang des Tabackbaues wirkt wesentlich der Brutto⸗ ertrag pro Hektar; sind in einem Jahre die Bruttoerträge hohe, so steigt sofort die Anbaufläche, sind die Bruttoerträge niedrige, so geht im nächsten Jahre der Anbau zurück. Wir hatten 1879/80 mit einem Preise von 459 „ pro Tonne einen Bruttoertrag von durchschnittlich 1057 pro Hektar. Nach diesem exorbitant hohen Ertrag gingen indessen 1390 und 1891 die Erträge auf 847 M bezw. 727 M pro Hektar zurück, und als im letzten Jahre, im Jahre 1892, der Brutto⸗ ertrag pro Hektar wiederum auf 907 stieg, wurde sofort 1893 eine etwas größere Fläche in Deutschland mit Taback bestellt.
Es hat der Anbau des Tabacks auch nur abgenommen in der Gegend, wo Schneidegut, der schw fettige Taback gebaut wird, nach dem überhaupt geringere Nachffaäge von Jahr zu Jahr statt⸗ gefunden hat; dagegen hat die Anbaufläche zugenommen in Gegenden, wo leichtere Zigarrentabacke angebaut wurden. So ist die Anbau⸗ fläche der Pfalz und in Elsaß ⸗Lothringen in der Zeit von 1882 bis 1893 wesentlich zurückgegangen, im badischen Oberland dagegen von 3308 ha im Jahre 1382 auf 3811 ha im Jahre 1893 und in der Uckermark und an der Odermündung von 3005 im Jahre 1882 auf 3134 ha im Jahre 1893 gestiegen ist. Auch in Bezug auf den Preis sind die Tabackpflanzer nicht in der Lage, eine Schädigung nachzu⸗ weisen durch das Gesetz von 1879.
Wenn man die Durchschnittspreise vergleicht in der Periode 1873578 und in der Periode 1882.)92, so ist 1873/78 pro Tonne dachreifen Tabacks 415,5 M, 1882.92 407,5 4 erlöst. Läßt man das außergewöhnlich ungünstige Jahr 1887 außer Betracht, so hat sogar 1882/‚92 der Durchschnittserlös dachreifen Tabacks pro Tonne 415 betragen; es decken sich also fast die Durchschnittspreise für 1873.ũ75 und 1882/92 pro Tonne. Vielleicht ist das Schneidegut etwas zurückgegangen; aber auch der Preis des ausländischen Tabacks hat einen Rückgang erfahren, wenn auch nicht einen so erheblichen Rückgang, wie er von den Interessenten des Inlandstabacks behauptet wird. Ist! der ausländische Taback erheblich zurückgegangen, so ist dieser Rückgang in der Regel nur ganz porübergehend gewesen, und zwar vorzugsweise infolge verunglückter Tabackspekulationen.
Meine Herren, die Agitation gegen das Gesetz ist sogar soweit gegangen, daß sie den Versuch machte, den Tabackpflanzern einzureden, daß sie in Zukunft die dreifache Steuer zahlen werden, obgleich die Inlandssteuer fortfällt. Ich zitiere hier wörtlich einen Satz aus der Süddeutschen Tabackzeitung“; es wird dort gesagt:
„Es wird somit der inländische Taback um das Dreifache des seitherigen Satzes belastet, während der ausländische Taback nur das Doppelte zu tragen haben wird. Es zeigt dies klar die Be⸗ stimmung, daß die Inlandsteuer hinfort wegfallen soll, eine Be⸗ stimmung, die bei den Pflanzern so große Freude erregt hat, sich bei näherer Betrachtung als ein rechtes Danaergeschenk herausstellt das lediglich dazu da zu sein scheint, den Entwurf gewissen Kreisen mundgerecht zu machen und dadurch Stimmen für denselben zu be⸗ kommen. ;
Möchten doch alle Pflanzer jetzt einsehen, daß auch sie durch
den neuen Entwurf schwer getroffen werden, und daß ihr Platz im kommenden Steuerkampf an der Seite der Fabrikanten ist.“
Meine Herren, das ist glücklicherweise nicht gelungen und konnte nicht gelingen, weil diese Behauptung absolut falsch ist. Diese Rech⸗ nüng ist nämlich daraus entstanden, daß die bisherige Belastung der Fabrikstengel ausschließlich der Zigarren⸗ und Kautabackfabrikation angerechnet wurde, während ein Viertel derselben der Rauchtaback⸗ fabrikation anzurechnen war, wie alle Sachverständigen zugestehen. Außerdem ist die künftige Belastung durch eine Fabrikatsteuer auf den inlãndischen und ausländischen Taback im Verhältniß der Menge ver⸗ theilt; das würde, da die Fabrikatsteuer eine Werthsteuer ist, nur zu⸗ treffend sein, wenn der inländische Taback und der ausländische Tahack durchschnittlich einen gleichen Preis hätten, was aber nicht der
all ist.
ö Meine Herren, diese Aufforderung an die Tabackpflanzer, ent⸗ gegen ihren eigensten Interessen, gegen dieses Gesetz ebenfalls Front zu machen, entspricht ja dem Ruf, der von Mannheim aus⸗ gegangen ist: alles, was Interesse am Taback hat, muß von den ge⸗ meinsamen Bestrebungen geleitet werden, Front gegen diese Taback⸗ steuer zu machen. Es verträgt sich das freilich nicht ganz mit der fortgesetzten Versicherung der absolutesten Selbstlosigkeit der Agi⸗ tation. Die Pflanzer werden die Inlandssteuer los; sie werden von der lästigen Feldkontrole befreit; sie erhalten größeren Zollschutz und die Aussicht auf größeren Konsum des Inlandstabacks. Ich glaube deshalb, die Pflanzer haben allen Grund, mit dem Gesetz zufrieden zu sein; sie würden gegen ihr eigenstes Interesse wüthen, wenn sie nicht für das Gelingen desselben mit allen Kräften einträten.
Nun komme ich zu dem hauptsächlichsten Einwand, dem un⸗ geheuren Konsumzurückgang. Die Agitation war sich ja sehr bald selbst klar, sobald das Kontrolsystem und das Steuererhebungssystem bekannt wurden, daß dagegen nicht sehr viel zu machen ist. Man erkannte: will man einen wirksamen Hebel gegen das Gesetz richten, so muß man einen großen Konsumrückgang behaupten, aus dem großen Konsumrückgang Arbeiter⸗ entlassungen folgern, und aus den Arbeiterentlassungen muß eine sehr ernste soziale Frage entstehen — das war die Deduktion. (Zuruf linkẽ.)
Meine Herren, man hat hier das soziale Pferd in das Gürtelwerk der Agitation gespannt. (Sehr gut.) Ich bedauere wirklich, daß dies soziale Pferd, welches überall Hilfsdienste leisten muß, trotz seiner edlen Abstammung schließlich zum reinen Miethsgaul herabsinkt. Es wird behauptet, daß durch die Steuer⸗ gesetzgebung vom Jahre 1879 ein ungeheurer Konsumrückgang entstand. Ich behaupte, daß diese Behauptung absolut falsch und absolut uner⸗ wiesen ist. (Sehr richtig!)
Zunächst giebt es ja in Deutschland gar keine Verbrauchs⸗ statistik. Diejenigen, die den Konsumrückgang behaupten, sollen mir doch mal ihre Unterlagen vorlegen. Wir haben nichts als eine Statistik über die Zufuhr des Rohmaterials vom Auslande und für die Zeit vor dem Jahre 1879 eine sehr schwankende Statistik über den Ertrag an Inlandstaback. Die Tabacksteuer vor dem Jahre 1879 wurde bekanntlich als Flächensteuer erhoben, und den Ertrag der Flächen⸗ steuer kann man nur so ermitteln, daß man jeden Tabackbauer fragt: wieviel denkst Du zu ernten? — Diese Zahlen werden zusammen⸗ gestellt in den Gemeinden, in den Bezirken und gelangen schließlich in die Statistik des Deutschen Reichs. Nun, ich habe 12 Jahre in meinem Leben Erntestatistik gemacht; ich weiß daher, was solche Statistiken werth sind, wie sie entstehen. Die Fehler dieser Zusammenstellung, die schematisch' gemacht werden, multiplizieren, verhundertfachen sich, wenn sie schließlich an die Reichsinstanz kommen. Nun will uns die Tabackindustrie nachweisen, dadurch, daß sie den Konsum an Taback nach dem Gewichtssteuersystem auf Grund einer genauen Verwiegung nach dem Jahre 1879 gegenüberstellt den Schätzungen, die für den Inlandstaback vor dem Jahre 1879 gemacht sind, — sie will uns nachweisen, daß dadurch der Konsum um ein paar Dezimalstellen zurückgegangen ist. Und auf einer solch schwankenden unsicheren Basis werden die großen Arbeiterentlassungen für die Zukunft behauptet!
Das ist in einer Zeitschrift, die sich die ‚Neue Zeit“ betitelt, sehr meisterlich dargestellt, wie falsch selbst diese Behauptungen sind, wenn man sich auf den Standpunkt der Industrie in Bezug auf das Quantum des Konsumrückgangs stellt. Im Jahre 1878579 betrug der Konsum — es ist thatsächlich nicht der Konsum, es ist nichts als die Zufuhr an Rohmaterial — pro Kopf der Bevölkerung 27 kg. Am 25. Juli 1879 trat das neue Tabacksteuergesetz bezüglich der Zölle in Kraft. Sofort sank im Jahre 1879/80 angeblich der Konsum des deutschen Tabacks von 2,7 auf 0,7 Kg pro Kopf, d. h. um 740ͤ. Nach dieser Statistik hätte sich also die höchst wunderbare Thatsache zugetragen, daß drei Viertel aller Raucher nicht mehr ge⸗ raucht hätten, oder daß sie ihren Konsum um ein Viertel eingeschränkt hätten. Am 1. Juli 1880 wurde die Inlandssteuer erhöht; trotzdem ging der Konsum wunderbarer Weise von e auf 1,3 Kg pro Kopf in die Höhe. 1877/78 und 1878/79 überstieg die Einfuhr fast 80 ο des Durch schnitts. Deshalb, meine Herren, ging selbst⸗ derstãndlich der Konsum im Jahre 1879/80 und 1880 / 81 außerordentlich zurück, d. h. nicht der Konsum, sondern die Zufuhr von Rohmaterial. Trotzdem ergab sich im Jahre 1881.82 wieder ein Konsum von 1.5 kg pro Kopf, d. h. genau derselbe Konsum, der in Deutschland berechnet ist für die 3 Jahre vor 1877/78, d. h. vor der Zeit. wo die Aussicht auf Einführung des Tabacksteuerprojektes von 1879 zu wirken begann. Setzt man aber selbst die Richtigkeit der Statistik äber den Umfang der inneren Produktion vor dem Jahre 1879 voraus, so be⸗ weist sie doch nichts für den Rückgang des Konsums.
Meine Herren, dieser Rückgang des Konsums — das ist ja die Hauptfrage bei der Beurtheilung der ganzen Gesetzes vorlage — ist aber auch für größere Zeiträume nicht zu beweisen. In den Jahren 1871672 und 1872573 war die Zufuhr an Rohtaback in Deutschland eine außerordentlich große behufs Ergänzung der infolge des Krieges erschöpften Vorräthe und zum theil auch mit Rücksicht auf ein in Aussicht stehendes Steuerprojekt; man wollte die Salzsteuer aufheben und die Tabacksteuer dafür erhöhen, ein Projekt, welches aber nicht lu stande kam. Scheiden ferner die kritischen Jahre vor 1877.) 78 und 18'879 vor dem 79 er Steuerprojekt und die Jahre nach dem Gesetz don 1878/79, wo noch die große Einfuhr, die im Hinblick auf das bevorstehende Gesetz stattgefunden hatte, nachwirkte, also die Jahre von iss0 /s! bis etwa zum Jahre 18/81 aus, so ergiebt sich, daß der Konsum — der sogenannte Konsum — vom ihre 157/74 bis zum Jahre 1856,77 durchschnittlich 1.5 Kg pro Kopf und von den Jahren von 1884/85 bis zum Jahre 1891/92
durchschnittlich lů6 Kg pro Kopf betrug. Mit anderen Worten, meine Herren, infolge des Gesetzes von 1879 ist angeblich der- Konsum um 1si0 kg zurückgegangen. Wenn man erwãgt, wie mangelhaft die Statistik über die Inlandsproduktion an Taback vor dem Jahre 1879 war, und sich unbefangen der Frage gegenüberstellt, so muß man sagen, daß man durch eine solche vergleichende Statistik zwischen Flächen ⸗· und Gewichtssteuer nicht einen Konsumrückgang auf eine Dezimalstelle herunter beweisen kann.
Wenn die gegnerische Presse zu wesentlich anderen Resultaten kammt, so beruht das darauf, daß erstens die kritischen Jahre 1871572 und 1872,73 mit eingerechnet werden, die Jahre mit der großen Mehr⸗ einfuhr, und ferner, daß der Konsum pro Kopf nach der Bevölkerungs⸗ zahl des letzten Jahres der Periode statt nach der durchschnittlichen
Kopfrahl der ganzen Periode berechnet ist. Nehme ich für eine län⸗
gere Periode nur die Bevölkerungszahl des letzten Jahres, so muß natürlich ein Rückgang nachgewiesen werden, weil der Divisor ein viel größerer ist. Wenn ein Konsumrückgang stattgefunden, so ist dies für den Rauchtaback der Fall; dagegen hat nach sachverständigem Gut⸗ achten ein Rückgang des Zigarrenverbra uchs nicht sta tt⸗ gefunden, vielmehr trotz der Steuererhöhung des Jahres 1879 eher eine Erhöhung. Das ist aber für die Arbeiterfrage allein maßgebend.
Man könnte ja den ganzen Kampf gegen das Tabacksteuergesetz „den Kampf um die Fünfpfen nig⸗Zigarre', nennen denn die Fünfpfennig⸗Zigarre bedeutet 50 o, des ganzen Kon⸗ sums, und es wird deshalb interessant sein, einmal zu untersuchen, wie sich die Preise für eine solche Zigarre nach den verschiedenen Gesetzen gestellt haben, sich jetzt stellen und stellen werden. Nimmt man an, daß zu einem Mille Zigarren 4 kg Inlands⸗ und 6 kg Auslands⸗Taback gehört und daß ein Viertel davon als Stengel in die Rauchtabackfabrikation übergeht, so war das Mille Zigarren mit einem Fakturenwerth von 35 „0 bis 1879 belastet mit 1,449; gegenwärtig ist ein solches Mille Zigarren belastet mit 5,525 ½Æ½ Es wurde also das Mille Zigarren durch die Gesetzgebung von 1879 um 4176 ½ mehr belastet, und nach dem Gesetzentwurf, wie er Ihnen vorliegt, würde das Mille der Fünfpfennig⸗Zigarre mit 12792 4 belastet werden, also mit einem Mehr von 7, 157 4 Mit anderen Worten: durch das Fabrikatsteuergesetz würde das Mille Zigarren mit 3 S mehr oder das Hundert mit 30 3 mehr belastet werden, als es durch die Steuererhöhung des Jahres 1879 belastet wurde. Ich glaube: dadurch ist ein solcher Konsumrückgang, wie er von der In— dustrie fortgesetzt behauptet wird, nach den Erfahrungen des Jahres 1879 unter keinen Umständen zu befürchten. Geht man aber von dem Detail⸗ preis im Verkauf aus, so würde die jetzige Fünfpfennig⸗Zigarre vor 1879 einen Verkaufspreis von etwa 4) Pfennig gehabt haben und künftig einen solchen von 6 Pfennigen haben. Daß in der That die Fünfpfennig⸗Zigarre im allgemeinen nur eine solche Preiserhöhung erfahren wird, ist von einem hervorragenden Sachverständigen auf der Mannheimer Versammlung ausdrücklich zugestanden, indem er sagte: wenn nun der Fünfpfennig⸗ Zigarrenraucher gleich gut rauchen will wie bisher, so wird er zur Sechspfennigzigarre greifen.! Ich glaube also: es ist überhaupt nicht erwiesen, daß ein Konsumrückgang irgend wie nennenswerther Art durch die Gesetzgebung des Jahres 1879 eingetreten ist, und wenn er selbst eingetreten wäre, so wäre das vielleicht ein Konsumrückgang um 1½i kg, d. h. um i des Gesammtkonsums. Sie werden mir zugestehen, meine Herren, daß das eine entscheidende Bedeutung gegenüber einem Gesetz wie das vorliegende nicht haben kann. Ich glaube auch, daß sich die Zigarrenindustrie eventuell mit dem neuen Gesetze einrichten würde, ohne die Preise ihres Fabrikats zu erhöhen. Es ist ja gerade der Vorzug der Besteuerung der Zigarre, daß die Zigarre nicht nach Gewicht und Quantum eine feste Ein heit bildet, sondern daß es möglich ist, durch eine andere Qualitãt, durch eine andere Quantität denselben Herstellungspreis wie bisher zu erreichen. Ich glaube: die Zigarrenindustrie hat sich im Jahre 1879 schon so geholfen; denn es ist eine eigenthůmliche Erscheinung, daß bei der Enquéte des Jahres 1878 ange⸗ nommen wurde, daß auf einen Doppel⸗Zentner Zigarren 14 000 Stück, während jetzt nach dem sachverständigen Gutachten auf den Doppel⸗Zentner 16700 ja bis 20 000 Stück gehen. Es scheint also doch, daß die Zigarre auf Grund der Gesetzgebung von 1879 etwas kleiner geworden ist.
Es ist nun der Vorlage entgegenhalten worden bei der Be— hauptung des Konsumrückgangs und der damit zusammenhängenden Arbeiterentlassungen, daß die verbündeten Regierungen in ihrem Steuerentwurf selbst einen Konsumrückgang annehmen und zwar in Höhe von 1e. Meine Herren, das hat uns fern gelegen. Wir haben nur den Betrag finanziell geschätzt; wir mußten ihn etwas geringer schätzen aus zwei Gründen: einmal, weil wir genau wußten, daß mit Rücksicht auf das in Aussicht stehende Gesetz sich dieselbe Erscheinung wiederholen würde wie 1879, daß man mit aller Macht in den Fabriken arbeiten würde, um der erhöhten Steuer zu entgehen und Vorrath zu haben. Man hat die Fabrikation so forciert, daß man sich amtlich veranlaßt gesehen hat, Ueber— stunden zu verbieten, um nicht die weiblichen Arbeiter auch zu dieser überanstrengenden Arbeit heranziehen, zu lassen. Da aber die Nach⸗ steuer geringer ist wie die normale Steuer des Gesetzes, so müßte selbstverständlich in den nächsten Jahren ein finanzieller Ausfall ent⸗ stehen, d. h. ein Konsumrückgang in Bezug auf den Steuerertrag. Wir mußten den finanziellen Ertrag aber auch deshalb geringer rechnen, weil ja die Privaten zum großen Theil von dem Benefiz des Gesetzes Gebrauch machen werden, sich mit 5 kg steuerfreien Zigarren zu versorgen, und weil dieses Steuerquantum einen bedeutenden Faktor in der Berechnung der Erträge des nächsten Jahres bilden wird.
Wir haben also nicht einen Konsumrückgang, sondern zunächst einen um soviel geringeren finanziellen Ertrag von dem Konsum für die nächsten Jahre angenommen.
Meine Herren, wenn eine solche Tabackfabrikatsteuer wirklich einen derartig unheilvollen Einfluß auf den Umfang der Produktion üben könnte, so ist es doch sehr überraschend, daß diese Wirkung nicht eingetreten ist infolge der großen Preisschwankungen des Tabacks, die unter Umständen viel tiefer wirken müssen, wie die Fabrikatsteuer. Ich habe mir da Zusammenstellungen herausgezogen aus der Bremer und Hamburger Statistik und nehme an, daß diese Statistik aus Gegenden, die an der Tabackindustrie so außerordentlich interessiert sind, auch den Anspruch auf absolute Richtigkeit erheben können.
Was zunächst den Inlandtaback betrifft, so preiste der Roh⸗
taback im Jahre 1886/8? um 27,140, höher als im Zahre 1887/88, der fermentierte Taback preiste im Jahre 1890 um 24,7 cio höher als im Jahre 1882.
Noch größer sind aber die Preisschwankungen beim ausländischen Taback. Ohne Zollberechnung preiste Sumatra, der hauptsächlich mit zur Verwendung kommt, im Jahre 1885 um 60,9 o höher als im Jahre 1891. Der Kentucky ordinär preiste im Jahre 1884 128,3 oo höher als im Jahre 1889. Im Großhandel preiste derselbe Taback im Jahke 18841 sogar um 111,3 o½ mehr als im Jahre 1889.
Nimmt man den Durchschnittspreis an nach der deklarirten See⸗ einfuhr in Hamburg für 100 kg netto, so preiste z. B. Portorico im Jahre 1884 um 188 6 höher als im Jahre 1892, und Stengel zu Rauchtaback preisten 1889 60 olo höher als 888. Nun vergleichen Sie einmal diese Schwankungen im Rohmaterial mit der Tabackfabrikatsteuer, die wir unter Fortfall der Inlandsteuer dem Taback auferlegen wollen, und erwägen Sie ferner, ob derartige Preisschwankungen für die Stetigkeit und den Umfang der Produktion nicht viel eingreifender wirken müßten, als eine derartige feste Mehr⸗ steuer. Man geht noch weiter, man sagt, das deutsche Volk könne eben nur einen bestimmten Betrag für seinen Rauchbedarf ausgeben; würde dieser Betrag Überschritten, so ginge eben der Konsum zurück, und man weist unter Bezugnahme auf andere Länder darauf hin, daß die Höhe der Steuer gerade im umgekehrten Verhãltniß zum Konsum stände, d. h., je höher die Steuer, desto geringer der Konsum pro Kopf der Be— völkerung. Meine Herren, ich behaupte, daß auch dieser Einwand durchaus unrichtig ist. In Oesterreich⸗Ungarn entfällt pro Kopf eine Steuer von 5, 98 S, und der Konsum pro Kopf beträgt 2,10 Kilo, also erheblich mehr als bei uns, trotz der sechsfach höheren Steuer belastung in Oesterreich.
In Deutschland wird nun gesagt, hätte bis 1878 die Ausgabe pro Kopf der Bevölkerung für Tabackgenuß 5, 47 6 betragen, in der Zeit von 1879 bis 1891 sei die Ausgabe auf 5.63 M gestiegen, also hätte das deutsche Volk seit dem Jahre 1879 nur 16 3 pro Kopf mehr für seinen Tabackgenuß ausgegeben. Mindestens hätte sich aber doch die Ausgabe um den erhöhten Steuersatz pro Kopf steigern müssen, wenn die deutschen Raucher für ihren Taback- genuß wirklich mehr ausgeben könnten. Ich frage die Herren: wodurch ist nachgewiesen, was das deutsche Volk jährlich für seinen Tabackgenuß überhaupt ausgiebt? Wo ist die Sta— tistik, auf Grund deren sich eine solche Behauptung überhaupt auf— bauen läßt? Wie will man ermitteln, was das deutsche Volk und zwar auf den Pfennig pro Kopf verausgabt hat für Tabackfabrikate bei den durch die Enquste von 1878 nachgewiesenen 18 000 Taback— und Zigarrenhändlern und den 360 000 Geschäften, die im Neben“ gewerbe Taback und Zigarren verkaufen? Das sind Behauptungen, von denen man sagen möchte mit Shakespeare: eine Münz aus Luft geprägt.“
Ich gestatte mir, nun Moch auf die Erfahrungen über⸗ zugehen, die in anderen Ländern mit der Tabackbesteuerung gemacht wurden. In Oesterreich, meine Herren, — und in einem Regielande hat man wirklich zahlenmäßig genaue Unter— lagen, da kann man eine Statistik aufbauen und zutreffende Schlüsse aus den vorhandenen Zahlen ziehen — in Oesterreich, meine Herren, ist im Laufe der Jahre das Konsumquantum pro Kopf ge⸗ sunken, die Geldausgabe aber pro Kopf gestiegen, aus einem sehr natürlichen Grunde, weil man eben auch in Oesterreich immer mehr mit der wachsenden Volksbildung, möchte ich fast sagen, von der Pfeife zur Zigarre übergegangen ist. Der Konsum, meine Herren, hat in Oesterreich 1871 bis 1875 pro Kopf 1,B50 kg betragen, 1891 dagegen 1,30 kg , ist also um (, 20 kg, d. h. io kg, gesunken. Da⸗ gegen hat die Ausgabe pro Kopf der Bevölkerung 1871 bis 1875 2,64 Gulden pro Kopf und 1891 3,41 Gulden pro Kopf betragen, trotz der sechsfach höheren Steuer als in Deutschland. Und da will man behaupten, daß die deutsche Be—⸗ völkerung absolut nicht mehr als 5, 63 M pro Kopf für ihren Taback⸗ genuß ausgeben könnte, daß das so eine Art mystische, sakramentale Zahl bilde. (Heiterkeit) Man mußte eben das behaupten, sonst konnte man die sozialen Folgen nicht behaupten, die so unberechtigte Aufregung ins Land getragen haben.
Ich komme auf Frankreich, das bekanntlich auch die Regie besitzt. 1872, meine Herren, wurden in Frankreich auf den Kopf der Bevölke⸗ rung O, 48 kg Taback verbraucht und es entfiel auf den Kopf der Bevölkerung für Tabacksteuer eine Ausgabe von 7,40 Fr.; dieses Jahr ist interessant, weil in demselben der Preis des tahac ordinaire, d. h. der Tabacke, die den überwiegenden Konsumgegenstand in Frank⸗ reich bilden, von 10 auf 12.50 Fr., also um 25 Yo pro Kilo erhöht wurde. Trotz dieser Erhöhung, meine Herren, um 25 : im Jahre 1872 stieg der Konsum schon im nächsten Jahre von 0748 kg pro Kopf auf 0 780 kg, und die Geldausgabe von 7, 0 Fr. auf 7, 9h Fr. pro Kopf, während im Jahre 1891 — die weitere Statistik, meine Herren, habe ich mir leider nicht verschaffen können — der Konsum pro Kopf 09453 kg und die Geldausgabe 9.67 Fr. betrug. Wäh— rend also der bekanntlich auch in seinen Genüssen außerordentlich sparsame Franzose pro Kopf 9,57 Fr. ausgiebt, sollen wir angeblich nicht mehr als 5, 63 S pro Kopf ausgeben können.
Es kommt noch eins dazu. Es wird ja fortgesetzt von der In— dustrie behauptet, der Konsumrückgang müßte eintreten, weil eben die Preise der Tabackfabrikate erheblich steigen würden infolge der Fa⸗ brikatsteuer. Ich möchte da auch gegenüber den Beobachtungen im Jahre 1878 bei der Tabackenquste einen eigenthümlichen Widerspruch konstatieren. Im Jahre 1878 wurde nämlich das Tabackmonopol damit befürwortet, daß man sagte: es liegt ja auch im Interesse der Bevölkerung, denn durch den weitverbreiteten Zwischenhandel werden die Fabrikatpreise ganz ungemessen im Detailhandel erhöht. Damals, meine Herren, behauptete man in großer Bescheidenheit sofort, daß der eigentliche Gewinn des Detail— handels ein viel geringerer wäre, während man jetzt behauptet, die Detailhändler müßten so hohe Gewinne machen, um überhaupt zu existieren.
Meine Herren, ich resümiere also: Es ist ein Konsumrückgang nicht nachgewiesen, und er ist meines Erachtens nicht einmal wahr scheinlich gemacht.
Ich komme nun auf den Punkt der Arbeiterentlassungen. Meine Herren, darauf können Sie sich verlassen: wenn die verbündeten Re⸗ gierungen glaubten, daß durch den Erlaß des Fabrikatsteuergesetzes solche traurige soziale Folgen für die in der Tabackbranche beschäftigten Arbeiter eintreten würden, so würden die verbündeten Re⸗—