1894 / 22 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 25 Jan 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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lahmen und dadurch in seinem Charakter verbitterten jungen Mädchens übernommen. Der Darstellerin wurde für ihre sorgsam durchdachte, mit hervorragender Begabung durchgeführte Leistung der lebhafteste Beifall gezollt, aber auch der See fg üer wurde für das, wenn auch nicht einwandsfreie, doch von einem großen Talent besonders für das Lustspiel zeugende Weck durch wiederholten Hervorruf ermuthigende Anerkennung dargebracht. Die wegen ihres Gebrechens verstimmte Meta von Borken fühlt sich nicht wohl im Hause ihres Vaters, des Großindustriellen von Borken, der ihr zu Liebe Wittwer geblieben ist. Die Munterkeit ihrer beiden Geschwister, des übermüthigen Backfischs Helene und des flotten Studenten Egon erregt ihren Zorn. Sie sehnt sich danach, aus dem Hause zu kommen und bietet deshalb dem mit Nahrungssorgen kämpfenden talentvollen Maler Kolbert ihre Hand an, um mit Hilfe ihrer reichen Mitgift ihm zur Verwirklichung seiner künstlerischen Ideale zu verhelfen und sich dadurch das Glück zu erobern, auf das sie ein Recht zu haben glaubt. Trotzdem der Maler ihr offen erklärt, daß er sie nicht liebe, bleibt sie bei ihrem Vorhaben; er giebt nach einigem Zögern nach und wirbt bei dem Vater um die Hand der Tochter, die ihm auch mit einigen geringschätzigen Aeußerungen über diesen von der Sucht nach dem Vermögen eingegebenen Entschluß bewilligt wird. Der sich nun frei fühlende Vater verheirathet sich in der dem Brautpaar auf⸗ erlegten Prüfungszeit mit einer jungen Dame, Lilli Hagen, zu welcher der Maler während seiner Studienzeit in Düsseldorf eine tiefe Neigung gefaßt und die er jetzt in einem meisterhaft ausgeführten Bildniß aus dem Gedächtniß gemalt hat. Diese Erfahrung und ein zufällig im Nebenzimmer geführtes Gespräch zwischen Kolbert und Lilli öffnen der unglücklichen Meta die Augen über ihren Irrthum; sie giebt nach schweren Kämpfen dem Maler sein Jawort zurück und vereinigt ihn mit ihrer Schwester Helene, nachdem sie ihre auf Gegenseitigkeit beruhende Liebe erkannt hat. Sie selbst findet aber zum Schluß doch noch ganz unerwartet ihr Glück durch eine Verbindung mit dem erst im letzten Akt auftretenden Bruder von Lilli, dem Professor Hagen. Neben Frau Wohlbrück machte sich um die Darstellung in hervorragender Weise Fräulein Sauer verdient. Ihr war die Aufgabe zugefallen, den übermüthigen Backfisch Helene von Borken zu gestalten. Durch ihr natürliches Spiel im Lachen und Weinen, ihre muntere Beweglichkeit, ihren liebenswürdigen Humor und eine bei alledem doch tiefe Empfindung übertraf sie mit dieser Charakterisierung alle früheren Leistungen und überraschte durch ein Talent, wie es nur die größten Künstlerinnen in diesem Fach bisher gezeigt haben. Sehr treffend gab Herr Suske den Großindustriellen von Borken, der in reifen Jahren noch sein Glück in der zweiten Ehe findet. Unüber⸗ trefflich gut aber wurde der arme Maler Kolbert von Herrn Stahl verkörpert, während es Herrn Schindler diesmal ohne jede Ueber treibung gelang, durch seinen flotten Studenten viel Heiterkeit zu erregen.

Konzerte.

Das Leipziger Sologuartett, auf welches in den Blättern vielfach hingewiesen wurde, ließ sich am Mittwoch in der Neuen Kirche“ hierselbst zum ersten Male hören. Es erfüllte die gehegten Erwartungen in Beziehung auf Schönheit des Stimmenklangs und Reinheit der Intonation nicht ganz und ist mit dem jüngst gehörten Frankfurter Quartett nicht zu vergleichen. Das Programm, das sich auf die christlichen Feste bezog, enthielt Gesänge von Prätorius, J. W. Frank, Bach, Becker, Bortniansky und anderen, die meist für gemischten Chor komponiert sind, und hier bei dem Vortrag durch vier einzelne Stimmen ohne Begleitung ihre imponierende Wirkung verfehlen mußten. Unter den nicht genannten Ausführenden befanden sich ein recht kräftiger Sopran und ein wohlgeschulter Baß, während die Mittel⸗ stimmen mit diesen nicht recht in der Klangfarbe zusammenstimmten. Zu loben waren die sicheren Einsätze beim Beginn jedes neuen Stücks.

Der hier bereits bekannte und beliebte dänische Komponist Emil , . brachte am Mittwoch im Konzerthause mehrere seiner omposttionen für Orchester zu Gehör, die, wie seine vor zwei Jahren an derselben Stelle aufgeführten Werke, sehr lebhaften Anklang im Publikum fanden. Auf die mit allem Glanz der orchestralen Mittel ausgestattete, sehr effektvolle Konzertouvertüre „Eine nordische Heer⸗ fahrt“ folgten: Romanze und Scherzo“, zwei sehr melodiöse Piercen, die vorzugsweise das Streichquartett zur Geltung kommen ließen. Diesen reihten sich eine Suite: Harn ch! Volksmusik n, ein tonmalerisch sehr interessantes Scherzo: Die Sirenen“ und ein „Skandinavischer Festmarsch an. Wahrend in dem ersten und letzten Stücke die Blechinstrumente dem Inhalt gemäß verwendet wurden, waren diese in allen anderen mehr durch jarten und poetischen Inhalt sich auszeichnenden, meist kurzen und stimmungsvoll gehaltenen Tonstücken meistentheils vermieden. Das zahlreich erschienene Publikum spendete reichen Beifall. Der Komponist leitete das Orchester selbst und konnte mit der präzisen und schwungvollen Ausführung seiner Kompositionen gewiß zufrieden sein Am kommenden Montag wird ein größeres Werk, eine neue Symphonie desselben Komponisten, zum Vortrag gelangen.

Im Königlichen Opernhause gelangt morgen Flotow's „Martha“ mit Fräulein Dietrich in der Titelrolle und Herrn Emil Götze als Lyonel zur Aufführung. Frau . tritt zum ersten Mal nach längerer Krankheit als Nanch wieder auf. Herr Sylva ist wieder hergestellt und nimmt bereits an den Proben zu Ferdinand Cortez“ theil. ;

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen „Wilhelm Tell“ (Schiller⸗CEyclus, 10. Abend) gegeben.

Im Residenz⸗-Thea ter ebenso wie im Neuen Theater finden am Sonnabend zur Feier des Geburtstags Seiner Majestät des Kaisers Festvorstellungen vor festlich beleuchtetem Hause statt. Beiden Vorstellungen gehen Prologe voraus, die im Residenz⸗Theater von Fräulein Renier, im Neuen Theater von Fräulein Bertens ge— sprochen werden. Die Erstaufführung des Schauspiels Gisela“ von Else von Schabelsky im Neuen Theater ist auf Montag, den 29. d. M., verschoben worden.

Im Adolf Ernst⸗ Theater wird der Geburtstag Seiner Majestät des Kaisers durch eine Fest-⸗Ouvertüre sowie einen vom Direktor Ernst verfaßten und von ihm selbst vorgetragenen Prolog festlich begangen werden.

Der Schwank „Ein toller Einfall“ gelangt im Zentral Thegter nur noch bis zum Sonnabend zur Aufführung. Aus Anlaß des Geburtstags Seiner Majestät des Kaisers erhält das Reichstags⸗ bild der Revue Berlin 1893. an diesem Tage ein auf das Fest be⸗ zügliches Schlußtableau, wobei Frau Josefine Dora einen Epilog sprechen wird. Am Sonntag gelangt die neue Posse Herr Coulisset von Blum und Tochs zur ersten Aufführung.

Im Theater Unter den Linden ist, wie schon gemeldet, die erste Aufführung der Operette Der Obersteiger! von West und Held, zu der Carl Zeller die Musik geschrieben hat, auf Sonnabend feftgesetzt. Herr Ludwig Held weilt bereits in Berlin, um an den Vorproben theilzunehmen. Für die Darstellung der Titelrolle hat die Direktion den Kammersänger Franz Josef Brakl aus München gewonnen.

Im Konzerthause veranstaltet Kapellmeister Meyder morgen den fünften ‚Wagner⸗Abend. Das Programm dieses Abends wird den HuldigungsMarsch', Akt III. Scene II. aus „Lohengrin“, Stücke aus den Musik-Dramen „Das Rheingold“ und „Die Walküre“, das Vorspiel zu Parsifal“ u. s. w. enthalten.

Für den morgen um 73 Uhr im Saal Bechstein stattfindenden Kammermusik-Abend der Herren Professoren Carl Halir und

Genossen haben die Herren Hof⸗Kapellmeister 2. Strauß aus Weimar und Königlicher Kammermusiker O. Schubert (Klarinette) ihre Mitwirkung zugesagt. Das Programm enthält das Klarinetten⸗ quintett von Brahms op. 115, das Klavierguartett in moll op. 13 von Rich. Strauß und Mozjart's Streichquartett in dur. Moritz Rosenthal, der Solist des nächsten, VII. Philharmo⸗ nischen Konzerts am 29. d. M., wird an diesem Abend auf vielseitigen Wunsch Liszt's Klavierkonzert in Es-dur zum Vortrag bringen; Beethoven's Pastoral⸗Symphonie, eine Konzert⸗Quvertüre von J. Rietz und Wilh. Berger's Dramatische Orchesterphantasie bilden den reinorchestralen Theil des Programms.

Mannigfaltiges.

Zur Feier des Geburtstags Seiner Majestät des Kaisers findet am Sonnabend Vormittag 10 Uhr in der evan⸗ gelisch⸗lutherischen Kirche in der Annenstraße ein Fest⸗ gottesdienst statt, an welchem sich auch die beiden hier gar— nisonierenden Königlich sächsischen Eisenbahn⸗Kompagnien betheiligen werden. Die Predigt wird Pastor Grundmann halten.

Aus Zehlendorf wird der N. Pr. Z.“ geschrieben: In der Glockengießerei von Gustav Collier wurden am Sonnabend acht Kirchenglocken gegossen, wozu ungefähr 120 Zentner Metall, Kupfer und Zinn, verwandt wurden. Der Guß ist aufs beste ge⸗ lungen. Von den gegossenen Glocken erhält der Ort Lindenberg bei Höwisch (Altmarkj ein Dreigeläut, ertönend in F B D. Die Glocke F trägt den Spruch: Laut dröhnend öffn' ich meinen Mund Und ruf; euch zu in jeder Stund. : Schnell entflieht die Lebens— zeit! Mensch, gedenk der Cwigkeit!“ Auf der Rückseite: Wilh. von Jagow, Kgl. Kammerherr a. Crüden. Pastor Heinr. Bode⸗Hoewisch. Die Glocke B;. „Hoch in der Luft ertoͤnt mein Klang, Stimmt ein mit mir zum Lobgesang; Heilig heilig ist Gott der Herr! Gatt in der Höh' sei Preis und Ehr!! Auf dem Revers: Aelteste: Wilh. Bokus, Alb. Lach. Schöppen: A. Lüdeke F. Beneke. Die Glocke D: Wie Gottes Gruß, so grüß ich dich, Qu Menschenkind laß finden dich! Komm, alles ist fuͤr dich bereit, Schaff deiner Seelen Selig—⸗ keit!“ Lehrer und Kantor: A. Giggel. Ein gleiches Geläut in F BD erhält die Stadt Eberswalde. Auf der F-Glocke befindet sich der Spruch:; Kommt, denn es ist alles bereit. Die B-Glocke trägt die Worte: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen. Die D-Glocke: „Heute, so ihr Seine Stimme hört, so verstocket eure Herzen nicht. Dazu die Worte: Ge⸗ stiftet von Fräulein Alma Trützschler von Falkenstein aus Eberswalde, geboren 20. Dezember 1849 zu Spandau. Zwei Glocken B und P hat der Ort Woldegk i. Mecklenburg bestellt. Beide tragen die Inschrift: Anno Domini 1893 Fridericus Guilelmus, Magnus dux Megalopolitanus, 33. annum regnans, in memoriam nuptiarum, quae aureae vocantur, campanum restituit.

Hamburg, 24. Januar. Die Leichenfeier für den Freiherrn Albertus von Ohlendorff fand, wie der N. A. Ztg.“ ö wird, heute auf dem Gut Gresse bei Boitzenburg unter großer Be⸗ theiligung statt. Außer den zahlreichen Familienmitgliedern war unter anderen der kommandierende General, General der Kavallerie Graf Waldersee zugegen. Von Seiner Majestät dem Kaiser und König traf ein Kondolenz⸗Telegramm und ein prachtvoller Kranz ein, dessen Schleife die Kaiserkrone zeigte und der im Auftrage des Monarchen von dem Königlich preußischen Gesandten von Thielmann am Sarge niedergelegt wurde.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

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Stationen. Wind. Wetter.

Bar. auf Gr.

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506 C. 40R

Sucher. (Loonel: Herr Emil Götze, Königl. Kammer rgens. stig als Gast.) . chauspielhaus. 26. Vorstellung. Schiller⸗Cyelus ·

10. Abend. Wilhelm Tell. Schauspiel in 5 Auf⸗ zügen von Friedrich von Schiller. Anfang 7 Uhr. h x . Sonnabend: Spernhaus. Auf Allerhöchsten Befehl: Freitag: Mit vollständig neuer Festvorstellung. verkauf findet nicht statt. Schauspielhaus.

Anfang 7 Uhr. 4 Akten von Else v. Schabelsky.

Montag: Zum 1. Male: Gisela.

Schauspiel in Saal PBechstein. Freitag, Anfang 79 Uhr:

3. Kammermusik⸗Abend. Carl Halir, Carl Markees, Ad. Müller, H. Dechert, unter gütiger Mitwirkung

Viktoria · Theater. Belle Alliancestraße 7/8. der Herren Hof⸗Kapellmeister Richard Strauß aus

Ausstattung, Weimar und Königl. Kammermusiker O. Schubert

Anfang 8 Ühr. Ein Billet⸗ vorletzte Woche: Die Kinder des Kapitän Grant. Klarinette).

27. Vorstellung. Minna von Anfang 73 Uhr.

Ausstattungsstück mit großem Ballet in 12 Bildern.

Konzert gaus. Freitag: Karl Meyder⸗

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4, Nebel. “) Nachts Schnee. 3) Reif. ) Nachts eif. Uebersicht der Witterung.

Ein tiefes barometrisches Minimum unter 730 mm, nordostwärts fortschreitend, liegt an der mittleren norwegischen Küste, im Nord. und 2stseegebiete starke, stellenweise stürmische südliche bis westliche Winde verursachend. Ein barometrisches Maximum über 770 mmi erstreckt sich von den Pyrenäen nord⸗ ostwärts nach dem südwestlichen Deutschland, ein anderes gleich hohes Maximum lagert über dem nördlichen Oesterreich. In Deutschland ist das Wetter in den Küstengebieten trübe und mild, im Binnenlande vielfach heiter und in den südlichen Gebietstheilen kalt; stellenweise sind geringe Nieder⸗ schläge gefallen, in Mittel- Süd. und Nordost⸗ deutschland herrscht leichter Frost, in Finland und Nordwestrußland ist es viel kälter geworden.

Deutsche Seewarte.

Theater ⸗Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Freitag: Opern—⸗ . 324. Vorstellung. Martha. Romantisch⸗ omische Oper in 4 Akten von Friedrich von Flotow. Text (theilweise nach dem Plan des St. Georges) von Wilhelm Friedrich. Dirigent: Kapellmeister

Barnhelm, oder: Das Soldatenglück. Lustspiel in 5 Aufzügen von G. E. Lessing. (Minna: Clara Meyer, Ehrenmitglied des Königlichen Schauspiels.) Anfang 7 Uhr.

Neutsches Theater.

Freitag: Der Herr Senator. Sonnabend: Prolog. Der Herr Senator.

Sonntag: Der Herr Senator. Montag: Die Jüdin von Toledo.

Berliner Theater. Freitag: 22. Abenne— , Das Recht auf Glück. Anfang 7 Uhr.

Sonnabend, Abends 75 Uhr: Prolog. Aus eignem Recht.

Sonntag, Nachm. 2 Uhr: König Richard I.

Abends 7. Uhr: Das Recht auf Glück.

Lessing Theater. Freitag und folgende Tage: Madame Sans⸗Göne. (Zweites Parquet 3 6).

Wallner ˖ Theater.

blümchen. Sonntag: Manerblümchen.

Friedrich Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 265.

Freitag: Der Lientenant zur See. Operette in 3 Akten (nach einer älteren Idee) von E. Schlack und L. Herrmann. Musik von Louis Roth. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Anfang 7 Uhr.

Sonnabend: Der Lientenant zur See.

Sonnabend: Mauer⸗

Residen Theater. Direktion: Sigmund Lauten burg. Freitag: Zum 33. Male: Der Mustergatte. Le premier mari de France.) Schwan in 3 Akten von Albin Valabregue. Vorher: Lolotte. Lustspiel in 1 Akt von Meilhac u. Halévy. Anfang 795 Uhr.

Sonnabend Zur Feier des Allerböchsten Geburts tages Seiner Majestät des Kaisers: Festvorstellung. Prolog. Lolotte. Mustergatte. Sonntag und folgende Tage: Dieselbe Vor—⸗ stellung.

Neunes Theater. Schiffbauerdamm 3—6. Direktion: Sigmund Lautenburg. Freitag: Flattersucht. Lustspiel in 3 Akten von Victorien Sardou. Vorher: Nach zwei Jahren. Lustspiel in 1 Akt von Almäsy Tihamer. Sonnabend: Zur Feier des Allerhöchsten Geburts- tags Seiner Majestät des Kaisers. Festvorstellung. Prolog. Jugend. Anfang 77 Uhr.

Sonntag: 3 Uhr Nachmittags, ermäßigte Preise. Auf allgemeines Verlangen: Lumpaci vaga- bundus, oder; Das liederliche Kleeblatt. Zauberposse mit Gesang und Ballet.

3. Vorbereitung: Der Südstern. Ausstattungs⸗ stück.

Theater Unter den Linden. Freitag: Salon Pitzelberger. Operette von J. Offenbach. Hierauf: Zum letzten Male vor dem Wiener Gast⸗ spiel: Brahma. Ausstattungs⸗Ballet von J. Mon⸗ plaisir. Musik von C. .

Romeo Francioli vom Scala⸗Theater in Mailand als Gast. Grand Pas de dens, von der Prima Ballerina Signorina Carolina Elia und dem Primo Ballerino Sign. Greco Poggiolesi ꝛc. ꝛc.

Anfang 74 Uhr.

Sonnabend: Zum 1. Male; Der Obersteiger. Operette in 3 Akten von M. West und L. Held. Musik von Carl Zeller.

Adalph Ernst. Theater. Freitag: Zum 130. Male: Charley's Tante. Schwank in 3 Akten von Brandon Thomaßz. Vorher: Die Bajazzi. ee, , , e, mit Gesang in 1 Akt von Cd. Jacobson und Benno Jacobson. In Seene gesetzt von Adolph Ernst. Anfang 74 Uhr.

Sonnabend: Charley's Tante. Die Bajazzi.

Zentral- Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30.

Freitag: Ein toller Einfall. Schwank in 4 Akten von Carl Laufs. Hierauf: Zum 34. Male: Berlin 1893. Revue in 2 Abtheilungen von L. Leipziger. Anfang der Vorstellung 75 Uhr, der Revue 94 Uhr.

Sonnabend: Dieselbe Vorstellung. In Vorbereitung: Herr Coulisset. Schwank in 3 Akten von Blum und Toché.

Konzerte.

Sing ˖ Akademie. Das fũr Freitag, den 26. Januar, angekündigte Konzert von

Sigismund Blumner findet nicht statt,

da Herr Blumner erkrankt ist. . Der Tag, welcher nunmehr für das Kon— . festgesetzt wird, wird ehestens bekannt ge⸗ geben. Bereits gelöste Einlaßkarten behalten

ihre Gültigkeit.

Konzert. V. Wagner⸗Abend.

Dienstag, 6. Februar (Fastnachl)h; Gr. Fast⸗ nachts Feier unter Leitung des Hofschauspielers a. D. Herrn Paul Dehnike.

Billets im Bureau des Hauses.

Zirkus Renz (Karlstraße). Freitag, Abends

76 Uhr: Fer Ein Künstlerfest. Meg

Vollständig neue und glänzende Ausstattung. Neue Einlagen, überraschende Licht, und Wassereffekte. Außerdem: 6 englische Springpferde, vorgeführt vom Direktor Fr. Renz; das Feuerpferd Elimar, vor geführt von Frl. Oceana Renz; das Schulpferd Prinz, geritten von Herrn R. Renz; Masstoso, in der hohen Schule ger. von Frl. Oceana Renz; die Akrobaten auf dem Telephondraht Zalva, Esyana und Alvar; der urkomische Imitator⸗Clown Mr. Ibbs; Mr. Lavater Lee ꝛc.

. wie gewöhnlich,

onnabend (Kaisers Geburtstag); Parade⸗Feft⸗

Vorstellung mit neuem glänzenden Programm. Großes Prachtfeuerwerk.

Sonntag; 2 Verstellungen, Nachmittags 4 Uhr (1 Kind frei) und Abends 7 Uhr.

Familien⸗ Nachrichten.

Verlobt: Frl. Cornelie Freiin von Hadeln mit Hrn. Hauptmann Max von Xsf arten⸗Heidler (Weimar). Frl. Else von Wilucka mit Hrn. Lieut. Hans von Peschke (Kabel).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Prem. Lieut. Hardinae von Hatten (Königsberg. Eine Tochter:; Hrn. Konsul Dr. jur. Ohnesseit (Jassy). Hrn. Paftor Johannes Hoppe (Blumberg). = 8 33 von Knebel ⸗Doeberitz (Lübgust bei

ramenz).

Gestorben: Hr. Eisenbahn- Direktor a. D. 9 = mann Franck (Berlin). Hr. Pfarrer em. Her⸗ mann Bauer (Regenthin). Frl. Anna bon

rankenberg und Ludwigsdorff (Breslau). Hr.

Prediger Alexander Richter (Hannover) Y. Geh. Sber⸗ Regierungs- Rath Albrecht Rindfleisch (Dessau).

Redakteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Berlin: . Verlag der Expedition (Scholy.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags Anstalt Berlin Sw. , Wilhelmstraße Nr. 32.

Sechs Beilagen leinschließlich Börsen⸗ Beilage).

zum Deutschen Reichs⸗Anz

M 22.

Srste Beilage

Berlin, Donnerstag, den 25. Januar

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eiger und Königlich Preußischen Stants⸗Anzeiger.

1894.

Dentscher Reichstag. 34 Sitzung vom Mittwoch, . Januar, 1 Uhr.

Zur ersten Berathung stehen die von den Abgg. Dr. Lieber, Hitze, Spahn HZentr), Langerfeldt un Gen. (fr. Ver) eingebrachten Gesetzentwürfe, betreffend die ein⸗ getragenen Berufsvereine. . .

Ueber den Beginn der Verhandlung ist bereits in der Nummer vom Mittwoch berichtet worben. Nach dem Abg. Freiherrn Heyl zu Herrnsheim erhält das Wort der

Abg. Legien . So lange man die Arbeiter nicht unter ein Ausnahmegesetz bringt, hat man kein Recht, die Arbeiter in der allgemeinen Gefetzgebung schlechter als jede andere Bevölkerungsklasse zu behandeln, weil sie zur Sozialdemokratie gehören. Ob Sie den Antrag annehmen oder ablehnen, wird am Ende auf die Ge— staltung der Arbeiterverhältnisse keinen Cinfluß haben. Der Vorredner lehnt die Vorlage ab, weil die englischen Bergarbeiter in einen Strike eingetreten seien. Er vergißt dabei nur, daß es sich da nicht um eine Lohnforderung gehandelt hat, sondern daß den Ar⸗ beitern eine Lohnreduktion von fünfundzwanzig Prozent zugemuthet wurde. Er meint, das Gesetz würde nur den , Arbeitern Vortheile bringen, den freien aber nichts nützen. Soweit ich solche freien Arbeiter kennen gelernt habe, waren es fo gedrückte, vom Kapitalisten ausgesogene Arbeiter, daß sie gar nicht wagten, überhaupt noch den Mund für die Wahrung ihrer Interessen aufzuthun. Diejenigen, welche etwa glauhen, daß. dieses Gesetz eine Annäherung zwischen Arbeitgebern und Arbeitern hervor⸗ bringen würde, täuchen sich allerdings vollständig; denn sie übersehen, daß die Arbeitgeber den Arbeitern das Recht unter allen Umständen bestreiten, bei der Festsetzung der Lohn. und Arbeitsbedingungen mit⸗ zufprechen, und an diefem prinzipiellen Gegensatz werden alle der⸗ artigen Bestrebungen scheitern, wie es das Schicksal der irsch Duncker schen Gewerkvereine klar bewiesen hat. Die gleichberechtigte Stellung der englischen Arbeiter mit den Arbeitgebern bei der Festsetzung des Arbeitsvertrages haben ja die Arbeiter nicht freiwillig von den Arbeitgebern erhalten, sondern nach einem halben Jahrhundert des Kampfes erst errungen. Bei uns hat nach der Ansicht der Arbeitgeber der Arbeiter bei der Festsetzung der Lohnbedingungen und Arbeitsordnungen nichts zu sagen; es werden also solche Drganisationen auch den Ausgleich zwischen beiden Kategorien nicht herbeiführen. Ist der gestern don dem Abg. Dr. Kropatscheck behauptete Egoismus bei allen Menschen vorhanden, so ist an diesen Ausgleich so lange unser Lohnsystem besteht, überhaupt nicht zu denken. Ich erkenne diesen Egoismus an, und unsere Partei ist be⸗ flissen, ihn kräftig zu fördern; seine Grenze aber findet er da, wo die gemeinsamen Interessen anfangen, und unser Zweck und Ziel ist

ja, diesen gemeinfamen Interessen zum Siege zu verhelfen. Wenn

wir dem Entwurf zustimmen, so käuschen wir uns nicht über seine Wirksamkeit, wie wir auch nicht anerkennen können, daß die Arbeiter dafür besonders dankbar zu sein hätten, weil man ihnen nur ein bisher vorenthaltenes Recht endlich zuspräche. Der Abg. Freiherr Heyl zu Herresheim fürchtet von den Vereinen die Qrga— nisation des sozialen Krieges; ich erkläre ihm, daß der organisierte Krieg milder ist und sein muß als. der nichtorganisierte. Geführt werden wird dieser Krieg unsererseits, gleichviel ob organisiert oder nicht; haben wir bisher viele Niederlagen erlitten, so folgt doch der Nieder⸗ lage wieder der Sieg. Bie Organisationen, welche hier ge⸗ schaffen werden sollen, bestehen ja thatsächlich schon. Da sind vor allem die Gewerkschaften, deren Mitglieder allerdings zum großen Theil Sozialdemokraten sind; da sind ferner die Hirsch⸗Duncker'schen Gewerk⸗ vereine, deren Zahl und Mitglieder freilich sehr, hinter der der Ge⸗ werkschaften zurückstehen. Es kommt allerdings nicht so auf die Zahl der Mitglieder als auf die Leistungen an. Reiseunterstützung ist nur in 30 von 55 Gewerkschaften gewährt worden; der Grund dafür liegt vorwiegend in der Polizeipraris, die die verschiedenen Gewerk⸗ schaften verschieden behandelt. In Bezug auf Unterstützung der Mitglieder leistet die Mehrzahl der Gewerkschaften ganz Vor⸗ zügliches, so vor allem die der Kupferschmiede und die der Buch⸗ drucker. Ganz ohne Grund bestehen also diese Organisationen nicht, denn sie verhindern an ihrem Theile, daß die Arbeiter zu Vaga⸗ bunden herabsinken. Wenn man hier mit dem Brustton der Ueberzeugung über die Vagabunden herzieht, so ist das das Zeugniß einer nicht auf die Probe gestellten Moral. Man sell erst einmal an diefer Grenze selbst gestanden, einige Zeit die Verfolgung der Polizei, die . von Ort zu Ort . haben, wenn man über diese Verhältnisse ein richtiges Urtheil gewinnen will. Ebenso haben diese Organisationen Arbeitẽnachweise eingerichtet. Trotz ihrer verdienst⸗ sichen Wirksamkeit stehen die Organisationen bis jetzt vollständig rechtlos da, und jeder Gendarm kann sie chikanieren. Wie man auf diele Weise mit den meisten Gewerkschaften umgegangen ist, will ich hier zich im einzelnen erwähnen; ich, erinnere nur daran, daß die Bu e ,, obwohl sie sich den behörd⸗ lichen Anforderungen in. Bezug auf ihre. Vermögensverwaltung gefügt hatte, gleichwohl durch die Zentralbehörde zerschlagen worden st, die plötzlich erklärte, die organisierten Buchdrucker hätten kein Recht, eine Extrasteuer zu erheben. Genützt wird der Soʒialdemo⸗ krafie nicht wesentlich durch diesen Gesetzentwurf; wir stellen uns ihm gegenüber einfach aaf den rechtlichen Standpunkt, der verlangt, daß, was dem Arbeitgeber gewährt ist, die freie Assoziation, auch den Ar⸗ beitern gewährt werden muß. Lehnen Sie den Entwurf ab, so benutzen wir das für unsere rhea , nehmen Sie ihn an, dann werden wir unfere Organifation auf der neuen Grundlage aufbauen. Unfere Entwickelung ist schon so weit gediehen, daß alle Maßnahmen, welche Sie auch treffen mögen, uns zum Nutzen gereichen muůssen.

Abg. Freiherr von Stumm (Rp.): Die vorgeschlagene Organi⸗ sation kann nur dazu dienen, Strikes zu inscenkren oder zu wer⸗ schärfen. Alle Verfuche des Antragstellers, ein Bedürfniß für diese Vereine nachzuweisen, hat die Rede des sozialdemokratischen Ver⸗ treters zu nichte gemacht. Nach meiner Meinung ist ein unfreier Ar⸗ beiter gerade der, der sich einer solchen Korporatien verschreibt; denn wenn ihn diefe in Verruf erklärt, ist er rettungslos dem Hungertode preisgegeben. Die Erfahrungen in England und namentlich in Amerika machen diefe Organisation äußerst verdächtig. In Amerika kann der Arbeiter keinen Schritt thun, ohne die, Union zu fragen und ihre Genehmigung einzuholen; Strafen bis zu 100 Dollars sind gegen ihn? für lÜebertrekungen festgesetzt, und ihre Feindschaft richtet ihn zu Grunde. Ebenso bringen sie aber die Arbeitgeber dort unter ihre Botmäßigkeit. Die Konjunktur ist allerdings stärker als der Egoismus. Wenn der Vorredner meint, die Arbeiter hätten bis jetzt in Bezug auf Rechtsfähigkeit sich in einem Ausnahmezustande befunden, so übersieht er nech daß die Verleihung der Rechte einer juristischen Person bisher ein rivilegium ist. Die bloße Gemeinnützigkeit der Bestrebungen an sich kann die Verleihung dieses Rechts aàn die Arbeiterfachvereine nicht begründen. Es hat ja Zeiten gegeben, wo die Arbeitervereine etwas Nützliches leisteten, so früher in England; das war dazumal, als sie noch lediglich ihre materiellen Interessen im Auge hatten und von Politik und namentlich von Sozialdemokrgtie noch keine Rede war. Was jetzt die Kathedersozialisten Brentano, Herkner, Schulze ⸗Gävernitz für diese Vereinigung anführen, trifft nicht zu; es wird auch hier zur Geltung kommen, daß nicht die leidenfchaftslofse Förderung der wirthschaft⸗

lichen Interessen in der Neuorganisation das Feld behauptet, sondern die schärfste Tonart wird den Sieg davon tragen, der soziale Krieg bis aufs Messer wird das Ziel des Strebens sein. Man will ja gerade die freien Arbeiter mit diesen Vereinigungen treffen, man will sie unter das Joch der Union beugen, um auf alle mögliche Weise den Boykott gegen die Arbeitgeber wirksam durchzuführen. Solche Zustände müssen zu iner Tyrannei führen, gegen welche die größte Brutalitãt eines Arbeitgebers ein Kinderspiel ist. Den Schutz des freien Arbeiters, den die Regierung in § 153 der Gewerbe⸗ ordnung verlangte, hat der Reichstag vor drei Jahren abgelehnt. Die vorliegenden Anträge annehmen, hieße den freien Arbeiter seines letzten Schutzmittels berauben, zumal in Deutschland die Sozial- demokratie so hoch entwickelt ist und einer Handvoll kluger, taktisch sehr gewandter Führer zu Gebote steht, welche sie in jedem Augen⸗ blick zu jeder ihnen geeignet scheinenden That veranlassen können. Recht hat der Vorredner bezüglich der Hirsch⸗Duncker'schen Gewerk vereine; diese sind immer . zurückgegangen und werden schließlich existenzunfähig werden. Anders mit den Fachvereinen! Jede Stärkung derselben ist eine Stärkung der Sozialdemokratie, auch geradezu eine Anreizung für sie, ö. dem Wege der frivolen Strikes noch weiter zu gehen, als sie schon bisher 1 waren. .

Abg. Dr. Schneider (fr. Volkep) tritt für den Antrag ein. Es sei ja ganz richtig, daß die englischen Trades Unions auf, dem Belfaster Kongreß sich für das Kollektiveigenthum erklärt hätten; aber die logisch nothwendige Konsequenz dieses Beschlusses: die Los⸗ sagung von allen anderen Parteien und die Anstrebung eines eigenen Arbeiterkabinets, wie es ebenfalls beantragt war, sei von dem Kongresse abgelehnt worden. So gefährlich sei es also mit der Bekehrung der Trades Unions zum Sozialismus nicht. Im übrigen könne es für den Reichstag nicht darauf ankommen aus einer solchen Rücksicht auf Vorgänge in einem fremden Lande ein Gesetz zurückzuweisen, das der Mehrheit aus anderen Erwägungen heraus wünschenswerth erscheine. Die bisherige Vogelfreiheit der Arbeitsvereine, die sie allen, auch den gröblichsten Willkürmaßregeln niederer und höherer Beamten wehrlos gegenüberstellt, müsse beseitigt werden, und das könne nur durch die Verleihung der Rechtsfähigkeit an die Arbeitervereinigung geschehen. Im Gegensatz zu den Arbeit gebern, denen auch andere Wege zu Gebote stehen, ihre Interessen wahrzunehmen, können die Arbeiter letzteres nur in großen Versamm⸗ lungen und Vereinen thun. Redner eimpfiehlt die Anträge dem Hause zur Annahme.

Abg. Möller (nl): Die lehrreiche Beleuchtung, welche der Abg. Legien den Anträgen zu theil werden ließ, muß doch auch dem eifrigsten Freunde derselben klar machen, daß der soziale Friede auf dem Wege der Einrichtung öffentlich rechtlicher Institutionen, wie die Trades Unions sie darstellen, nicht erreicht werden wird. Die Gewerkvereine sind da, aber der Staat hat keine Pflicht, sie zu fördern. Wolle man denn garnicht aus der Geschichte lernen? Wolle man wieder einmal einseitig theoretischen Anschauungen zu Liebe einen sozialpolitischen Fehler machen? Redner lehnt in Ueber⸗ 1 mit dem Abg. Freiherrn Heyl zu Herrnsheim die Vor⸗ age ab. . .

Abg. Mol kenbuhr (Soz. ): Schon der Umstand, daß die Arbeiter auch die kleinsten, geringsten Fragen des Lohns oder der Arbeits- bedingungen mit dem Arbeitgeber nur besprechen können, wenn sie sich in Versammlungen über ihre Stellung geeinigt haben, zwingt die Arbeiter zu einer Organisation. Was die Abgg. Möller und reiherr von Stumm ausführen, geht davon aus, daß die privilegierte

tellung des Arbeitgebers keinen Abbruch duldet. er Klassenkampf aber geht aus den entgegengesetzten Interessen der Arbeiter und Arbeitgeber hervor und wird existieren, ob man Arbeiter⸗ y hat oder nicht. Gerade dadurch, daß sämmtliche Arbeiter eines Berufszweiges sich in einer Organisation zusammen⸗ finden, gewinnt letztere an Macht und Ansehen und kann sie ihre Forderungen durchsetzen; aus ganz demselben Grunde werden die freien Arbeiter so sehr von den Abgg. Freiherrn von Stumm und Möller gepriesen. Aus allem sollen wir Gift für unsere Agitation zu saugen fuchen, meint der Abg. Freiherr von Stumm. Daß wir aus allem den möglichsten Nutzen für uns zu ziehen suchen, kann uns niemand verargen. Wenn das Gesetz angenommen wird, werden wir seine , ne, für uns verwerthen; wenn es abge⸗ lehnt wird, werden wir dem Arbeiter zeigen können, daß man es eben in der Bourgeoisie doch nicht so eilig hat, die ge— rühmte Rechtsgleichheit der Arbeiter zu verwirklichen. Erst, vor einem Jahre forderte derselbe Abg. Freiherr von Stumm den preußischen Minister der öffentlichen Arbeiten auf, die Arbeiter, welche sich an dem Rechtsschutzberein im Saarrevier hetheiligten, aus der Arbeit zu ent⸗ lassen. Wenn er sein ökonomisches Uebergewicht in die Wagschale wirft, um das Koalitionsrecht der Arbeiter unmöglich zu machen, so ist das schon ein großer Nachtheil für die Arbeiter; weit schlimmer aber ist der Terrorismus, welchen die Arbeitgeberverbände gegen die von einem der Ihrigen verfehmten Arbeiter ausüben! Von diesem Terrorismus aber weiß die Rede des Abg. Freiherrn von Stumm nichts, er fieht nur Tyrannei und Terrorismus, welche die Arbeiter gegen ihre eigenen Genossen und gegen die Arbeitgeber walten laffen. Der Abg. Freiherr von Stumm hält offenbar wie der Abg. Möller die Berufsvereine nur dann für durchführ— bar, wenn ein neues Sozialistengesetz, ein neues verschärftes Vereinsgesetz und eine strengere Strafvorschrift für Kontiakt⸗ bruch ergangen sind. Es wird hierbei aber garnicht an die schweren Strafen gedacht, welche auf Grund unserer bestehenden Gesetze gegen Strikende, wegen Aufforderung zum Strike, wegen Aufreizung, wegen Anstiftung u. J. w. weit über das Durchschnitts maß hinaus verhängt worden sind; daß also hier auch ein Schutz ö wie ihn in England etwa die eonspiracy laws, der Gese schaft gewähren. Wie es zur Zeit mit dem Schutz der ländlichen Arbeiter gegen Ver⸗ gewaltigung aussieht, lehrt ein Fall in Schleswig Holstein. wo die Mägde eines Hofs, welche, die Gutsherrschaft um ö gegen die Behandlung, des Meieristen mne e gen hatten, zuerst durch den Gutsherrn in der empörendsten Weise behandelt, dann aber auch noch wegen Vergehens gegen die bestehenden Gesetze mit Haft bestraft wurden! Und da will man von einer bereits horhandenen Rechtsgleichheit aller Staatsbürger sprechen! Anderer⸗ seits hat sich in derselben Provinz ein landwirthschaftlicher Schutz⸗ verein der Arbeitgeber gebildet, welcher seine Mitglieder verpflichtet, ihren Arbeitern weder irgend eine Arbeitsvergünstigung, noch eine Lohnerhöhung zu gewähren. Die Arbeiter aber, 3. die solche Schutz vereine sich zusammenschließen, haben ihrerseits nicht das Recht, sich zu koalieren, zu organisieren. Selbst der »Kölnischen Zei⸗ tung“ geht diese Art des Vorgehens der ländlichen Arbeitgeber wider den Strich; sie warnt sie vor der zu schroffen Betonung ihres ,,, Der Arbeitgeber, der Grundbesitzer macht pon dem Vereinsrecht den ausgiebigsten Gebrauch, den Arbeitern ver⸗ bietet man die Organisation, und da spricht nian immer noch von Rechts⸗ gleichheit in dem Verhältnisse von Arbeitern und Arbeitgebern! Gerade die Rechte hätte alle Ursache, auf eine Besserung der ebenslage der Landarbeiter zu wirken. Der Zug der Arbeiter vom Lande, ihr Zudrang in die Städte hat seine Hauptursache in der Behandlung, die ö von den Grundbesitzern erfahren, und in den Wohnungs, und Nahrungs⸗ verhältnissen. Eine Besserung dieser Verhältnisse würde bessere Land- arbeiter . und sie der ländlichen Arbeit erhalten. Angeblich kann die Landwirthfchaft höhere Löhne nicht bezahlen. Aber eine bessere Bejahlung des Arbeiters würde auch seine Leistungsfähigkeit

erhöhen, die Erträge der Landwirthschaft steigern und sie so in den Stand setzen, dauernd die höheren Löhne zu zahlen. (Präsibent von Levetzow kann nicht erkennen, daß diese Aus⸗ fuͤhrungen noch zur Sache gehören. Ich will gerade den Nachweis führen, wie durch diese Vereinigungen nicht mer die privat⸗ rechtlichen, sondern auch die öffentlich rechtlichen Interessen der Arbeiter efördert werden können. Unsere ganze wirthschaftliche Entwickelung sst so weit fortgeschritten, daß an eine Organisation der Arbeiter endlich gedacht werden muß. In der Reichskommission für Arbeiter⸗ statistik wollten wir Erhebungen, betreffend das Bäckereigewerbe, an⸗ stellen; aber Organe, welche uns über die Lage der Arbeiter in dieser Branche Aufschluß geben könnten, giebt es bis jetzt nur in ganz ungenügendem Maße. Auch das Fabrikinspektorat muß die gris n organisirter Arbeitervereinigungen wünschen.

Darauf wird ein Schlußantrag angenommen.

In seinem Schlußwort bittet der Abg. Spahn Gentr.) um Annahme der Anträge. .

bg. Dr. Meyer-⸗Halle (fr. Ver) nimmt für den Antrag Langerfeldt das ö. und polemisiert in demselben haupt⸗ sächlich gegen die Ausführungen der beiden sozialdemokratischen Redner.

Auf Antrag des Abg. Freiherrn von Stumm werden 3 Anträge einer Kommission von 14 Mitgliedern über⸗ wiesen.

In die Berathung der noch auf der Tagesordnung stehenden Anträge wegen Abänderung des Wahlgesetzes wird nicht mehr eingetreten. .

Präsident von Levetzow theilt mit, daß der frühere Bureau-Direktor des Reichstags Happel im Alter von 80 Jahren verstorben ist. Er widmet dem Heimgegangenen, der vor 14 Jahren pensigniert wurde, einen ehrenden Nachruf. Die Mitglieder des Hauses erheben sich zu Ehren seines Ge⸗ dächtnisses von den Sitzen.

Schluß gegen 5 Uhr.

Preußzischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

4. Sitzung vom 24. Januar 1894.

Bei Fortsetzung der ersten Berathung des Staatshaus⸗ halts-Etats für 18945395 (s. den -Anfangsbericht in der gestrigen Nr. d. Bl.) nimmt nach dem Abg. von Eynern (nl)

das Wort der Abg. von Kardorff (frkons.) : Der Vorredner hat darauf hin⸗ gewiesen, daß der Reichstag sich in einen Gegensatz setzt zu den Einzel⸗ Landtagen. Der Reichstag geht aus direkten allgemeinen Wahlen hervor, und es liegt die Befahr nahe, daß die Sozialdemokratie dort einmal die Mehrheit erhält. Wir haben im Landtage eine Ver⸗ tretung der besitzenden Klassen. Ich habe einmal einen Antra gestellt, das Wahlrecht Preußens und des Reiches anzunähern. J wollte nicht das allgemeine Wahlrecht in Preußen einführen; auf die Dauer wird es nicht möglich sein, zwei so große Körperschaften, wie den Reichstag und den preußischen Landtag, auf so ver⸗ schiedene Wahlrechte zu begründen. Herr Richter und Herr Rickert hätten auch dabei ein Interesse, denn sie sind mit ihren reunden beinahe ganz verschwunden. (Zuruf des Abg. Richter: Sie wären ja beinahe auch verschwunden!! Ach nein! Die konser⸗ vative Partei ist in alter Stärke wieder erschienen. Die Freisinnigen werden auch im Reichstag immer mehr von Konservativen und Sozial- demokraten verdrängt werden, und werden dann zu spät einsehen, daß es nothwendig gewesen wäre, die Wahlrechte einander zu nähern zum Wohl der Gesammtheit. Die Verhältnisse der preußischen Finanzen sind zum theil noch als günstige hingestellt worden; aber man bergißt, daß Preußen an den Reichsschulden doch auch theil⸗ nimmt; diesen Reichsschulden stehen aber keine werbenden Besitz⸗ thümer gegenüber. Man spricht davon, daß die Verhältnisse wieder ünstig würden. Das stimmt nicht mit dem überein, was gestern im ar h gesagt wurde von dem allgemeinen Darniederliegen nicht bloß in der Landwirthschaft, sondern auch in der Industrie und im Handel. Darin stimme ich mit Herrn Sattler überein, daß wir uns mit der Staatsbahnverwaltung so stellen müssen, daß wir eine bestimmte Summe von ihren Einnahmen für allgemeine Staats⸗ zwecke verwenden und dadurch irh; Schwankungen vermeiden müssen. Daß die Steuervorlagen im aht, verschwinden werden, glaube ich nicht; bisher sind nur die Gegner der Vorlage erschienen; die , werden nachher kommen und stimmen (Widerspruch inks, weil in den Einzelstaaten der Druck der Matrikular⸗ beiträge zu fühlbar werden würde. Das W der Landwirthschaft ist anerkannt worden. Wenn so vielen Menschen die Kaufkraft geschmälert wird, so muß die Industrie natürlich auch leiden, denn der innere Markt ist für die Industrien doch wichtiger als der schwankende Export, Herr Rickert hat gemeint, man solle den Großgrundbesitz parzellieren und an kleine Besitzer abgeben; dann würde der Nothstand aufhören. Die landwirthschaftlichen Noth-= lagen haben stets ein entgegengesetzte? Ende genommen, in England, in Italien u. s. w. Große Latifundien entstanden; das Land wurde dem Ackerbau entzogen und zu Viehweiden oder zum Vergnügen der reichen Leute eingerichtet. Daß im Westen der Bauernstand weniger zu leiden hat, mag richtig sein; aber in dem allerletzten Jahre ist auch die Verschuldung des kleinen Grundbesitzes erheblich gewachsen. Wir haben in Schlesien eine große Anzahk kleiner Besitzer, die vom Ertrage ihrer Scholle leben können und die einen gewissen Stolz darein setzen, nicht in fremde Arbeit zu gehen. Jetzt können sie nicht mehr davon leben der Mann geht auf Arbeit, das i ,. wird zerstört. Schließlich wird das Grundstück subhastiert und die Familie sinkt, in Die Reihe der Tagelöhner zurück. Diese Wandlung vollzieht sich jetzt bei Tausenden von. Familien im Osten Preußens. Be⸗ züglich der Auslandsbestellung der Eisenbahnen u. s. w. stimme ich Herrn von Eynern vollständig zu. Dabei gehen bedeutende Ein⸗ nahmen für uns verloren. Herr von Eynern meint, der Bund der Landwirthe habe von der Fortschrittspartei gelernt. Aber niemals wäre es möglich gewesen, bloß durch die Agitation eine so weitgehenze Bewegung hervorzurufen, wenn nicht wirklich die Nothlage eine so roße und gewaltige gewesen wäre, wie sie ist. Daß die Landwirthe a schließlich ihrer Haut wehren, ist doch wohl selbstverständlich. Wir erleben feit Fahren eine starke Entvölkerung des platten Landes. Das führt naturgemäß dazu, daß das Arbeitsangebot in den Städten sich mehrt und die Arbeitelöhne drückt, woraus dort die gewerblichen Rothstände entstehen. Herr von Eynern meint, die Noth der Landwirthe rühre von der Kapitalarmuth her, er will kapital= kräftige Landwirthe haben. Aber die kapitalkräftigeren Leute sind keine Bauern, sondern Latifundienbesitzer. Deutschland hat an auswärtigen Werthyapieren viele Millionen verloren, sodaß man fragen mr. Ist es wirklich bedenklich, Geschäfte in folchen Papieren zu besteuern, selbst auf die Gefahr hin, daß diese Papiere nicht mehr gekauft werden, sondern hier im Lande das Kapital aufgelegt wird? Man sagt auch, daß die Auswanderung der russischen Werthe die Cinführung der fremden unsicheren Anleihen mit h gebracht habe. Aber ö glaube, der Umstand, daß so viele russische