1894 / 33 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 07 Feb 1894 18:00:01 GMT) scan diff

) als Art. V und VI hinzuzufügen: Art. V. Alle Konsum⸗ anstalten, welche von Unternehmern zum Vor der von ihnen be⸗ e,, Arbeiter und Beamten ins Leben gerufen sind, sowie alle Gesellschaften und Korporationen, deren eigentlicher Geschäftszweck es ist, ihren Mitgliedern in dem Bejuge von Wagren des Gebrauchs und des Verbrauchs wirthschaftliche Vortheile zu verschaffen, dürfen ebenso wie die Konsumvereine, die auf Grund des Gesetzes, betreffend die Erwerbe und Wirthschaftsgenossenschaften, errichtet sind, im regelmäßigen Ge⸗ schãfts verkehr Waaren nur an olche Personen verkaufen, sitglieder sind beziehungsweise dem Kreise derer angehören, für welche die obigen Einrichtungen bestimmt sind. Artikel VI. Die Bestimmungen und Vorschriften des 5 8 Absatz 5, 6 und 7 und der §§ 145 a, 1465 b und 145 c des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossen schaften, vom 1. Mai 1889 finden auf die Eigenthümer, Vorstände, Verkäufer und Mitglieder der in Artikel V erwähnten Konsum⸗ anstalten sinngemäße Anwendung.

Der Abg. von , , (Rp.) hat im Reichstag folgenden Antrag eingebracht: Der Reichstag wolle beschließen, die verbündeten Regierungen zur Vorlegung eines Reichsgesetzes gufzu⸗ fordern, durch welches der Bundesrath ermächtigt und verpflichtet wird, bei der Einfuhr von Roggen, Weizen und Mehl in das Deutsche Reich denjenigen Staaten gegenüber, welche Papier⸗Valuten mit Zwangskurs besitzen, bezw. in welchen für Gold ein Aufgeld (Agio gezahlt wird, Zollzuschläge zu erheben, welche dahin fest⸗

esetzt werden, daß zu dem Doppelzentner Roggen oder Weizen ein

ollzuschlag erhoben wird: bei einem bestehenden Disagio von mehr als 109,9 1L 6; von mehr als 29 00 2 1, unter entsprechender gleichzeitiger Normierung des Zollzuschlags auf die Einfuhr von Mehl nach der Werthrelation zwischen Getreide und Mehl.“ Dieser Antrag wurde heute in der Wirthschaftlichen Vereinigung des K berathen, ein bestimmter Beschluß indessen noch nicht gefaßt.

Im Hause der Abgeordneten haben die Abgg. Dr. Ecke ls (nl.), Freiherr von Plettenberg⸗Mehrum anf Schmitz⸗Erkelenz (Zentr.) und von Tie dem ann⸗Bomst (frkons.) folgenden Antrag eingebracht; Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, den am 1. September 1891 versuchsweise eingeführten Ausnahmetarif mit er⸗ mäßigten Streckensätzen (Staffeltarif) für Getreide und Mühlen⸗ fabrikate (Nachtrag 8 zum Lokalgütertarif vom 1. April 1890) schleunigst wieder aufzuheben.“

Die XT. Kommission des Hauses der . zur Vor⸗ berathung des Gesetzentwurfs, betreffend das uhegehalt der Lehrer und Lehrerinnen an den öffentlichen nichtstaatlichen mittleren Schulen und die Fürsorge für ihre Hinterbliebenen, hat sich olsendermaßen konstituiert: Hansen, Vorsitzender; von Schenckendorff, Stellvertreter des Vorsitzenden; von Kownacki und Schwarze, Schrift- führer; von Bockelberg, Hornig (Liegnitz, Dr. Kroxpatscheck, Graf von Bernstorff; von Sanden Tilsit), Seyffardt (Magdeburg), Dr. Glatt⸗ felter, Krebs, Neubauer, Wetekamp.

Die XI. Kommission zur Vorberathung des Gesetzentwurfẽs, betreffen Stadterweiterungen und Zonenenteignungen, besteht aus folgenden Abgeordneten: Hobrecht, Vorsitzender; Freiherr von Richthofen (Jauer), Stellvertreter des Vorsitzenden; Br. Irmer und Dr. Oswalt, Schriftführer; Dr. Klasing, Schmidt (Steglitz, von Trott zu Solz, Lucius, von Voß. Reichardt, von der Acht, Frei⸗ herr von Eynatten, Nadbyl, Schmidt (Warburg).

Kunst und Wissenschaft.

Der Geheime Regierungs⸗ und Provinzial⸗Schulrath Dr. Klix, der seit ungefähr zwanzig Jahren als Nachfolger Gottschick's den Abiturientenprüfungen an den höheren Lehranstalten des Regierungs⸗

bezirks Potsdam als Regierungskommissar beizuwohnen pflegte, ist

gestern ohne vorangegangene Krankheit plötzlich im Alter von 70 Jahren gestorben. Noch am Tage vorher hatte der Verstorbene

dem Königlichen Prinz Heinrich⸗Gymnasium in Schöneberg in erfreu⸗ licher 36. eit einen 2 Besuch abgestattet. Die , findet am Freitag Nachmittag 27 Uhr von der Aula des nz

Heinrich⸗Gymnasiums aus statt.

Wie bereits unter den gestern nach Schluß der Redaktion ein⸗ egangenen Meldungen nne te if wurde, ist am 6. Februar in ire, der berühmte Chirurg und Kliniker der Wiener Universität, ofrath Profesor Dr. Billroth gestorben. Obwohl er seit einiger Zeit chwer leidend war, so hatten doch gerade die neuesten Nachrichten Hoff nung auf die Erhaltung seines Lebens gegeben, dem jedoch ein Herzschlag gestern ein Ziel setzte. Mit ihm hat die leidende Menschheit einen der tüchtigsten und erfolgreichsten Operateure verloren, dem die dauernde Einführnng der vollständigen Entfernung des erkrankten Kehlkopfes und der Resektion des Magens in die Chirurgie zu verdanken ist. Geboren am 26. April 1829 zu Bergen auf der Insel Rügen machte der Verstorbene seine medizi⸗ nischen Studien zu Greifswald, Göttingen, Berlin und Wien. Im Jahre 1855 wurde er unter Langenbeck Assistent an der . . schen Universitäts Klinik in Berlin, wo er sich im darauf folgenden Jahre habilitierte. Im Jahre 1859 wurde er Professor der Chirurgie und Direktor der chirurgischen Klinik in Zürich, 1867 in Wien. Während des deutsch⸗ französischen Krieges übte Billroth eine segens⸗ reiche Thätigkeit in den deutschen Lazarethen am Rhein aus. Im Jahre 1887 wurde er zum Mitglied des österreichischen Herrenhauses ernannt. Unter seinen zahlreichen Werken sind hervorzuheben die Schriften Ueber den Bau der Schleimpolypen Berlin 1855); Beobachtungsstudien über Wundfieber und aeeidentelle Wundkran heilen / (Berlin 1862); Die allgemeine chirurgische Pathologie und Therapie. (Berlin 1863); Chirurgische Briefe aus den Kriegslazarethen in Weißenburg und Mannheim 18709 (Berlin 1872); Die Krankenpflege in Haus und Hospital' (7. Aufl. Wien 1885). Mit Pitha gab er das Handbuch der allgemeinen und speziellen Chirurgie mit Einschluß der topogra⸗ phischen Anatomie, Operations! und Verhandslehre“ heraus, mit Lücke seit 1370 die . Deutsche Chirurgig?'. Auch war er von Anfang an Mitredakteur von Langenbeck's Archiv für klinische Chirurgie‘.

Theater und Mufik.

Königliches Schauspielhaus. .

Herr Adolf Müller vom Thalia Theater in Hamburg spielte gestern Abend als Gast der Königlichen Bühne die Rolle des Mohren in Schiller's republikanischem Trauerspiel Die Verschwörung des Fieseco zu Genua“. Muley Hassan, der schwarze Galgen⸗ vogel, soll mit der Beweglichkeit des Geistes eine ungewöhn⸗ liche körperliche Geschmeidigkeit verbinden, die ihn wie der Wind in seiner Spionierarbeit nach allen Ecken Ste und ebense schnell zu seinem gräflichen Herrn zurücträgt. Auf diese schleichende, katzenartig gleitende Behendigkeit des Ganges und Sprunges als Spiegelbild des heimtückischen und grausamen Wesens des Erzschelms, legte Herr Müller gestern Abend be⸗ deutenden Nachdruck; daneben konnte aber auch seine Ausgestaltung des Charakterbildes nach der Verstandesseite hin befriedigen. Der Dar⸗ steller verband die Freude am Bösen, den schadenfrohen Eifer, der sich im Ausklügeln von Niederträchtigkeiten auch ungeheißen nicht genug thun kann, geschickt mit dem stolz zur Schau getragenen Bewußtsein der Spitzbubenehre, mit dem rückhaltlosen Vertrauen in Fiesco's Manneswort und mit dem Wohlgefallen an der wilden Größe und unerhörten Unmenschlichkeit der von ihm aus⸗ eführten Verbrechen. Dieses kunstvoll verarbeitete Gemisch der ver⸗ . Charaktereigenschaften strotzte von einem Galgenhumor, der, urwüchsig und teuflisch zugleich, den schwarzen Bösewicht lustig und unter⸗ haltend machte. Es lag entschieden Temperament in dem Spiel des Gastes, das sich allzemeine Anerkennung gewann. = Die übrigen Rollen lagen in den Händen bewährter heimischer Kräfte. Herr Lu dw ig hatte als Fiesco feinen besten Moment bei der Erzählung der Thierfabel in dem Kreise der genuesischen Bürger; der weltkluge Staatsmann, der das Volk mit listigem Geist und geschmeidiger unge zu gewinnen

p gestern Abend am esten; in der er⸗

weiß, lag ihm : . 1 Scene au der Leiche seines Weibes erschien das

der Stadt

sonst biegsame und wohllautende Organ des Künstlers etwas ang en und verlor ein wenig an Ausdrucksfähigkeit. Fräulein Nichter als Bertha konnte zufriedenstellen; ihr Jammer beim An⸗ blick des greisen Vaters drang wirklich aus der Tiefe der Seele. Im i erfüllten alle Mitwirkenden ihre Aufgaben mit der gewohnten Sicherheit und Glätte, die zu einem trefflichen Zusammenspiel un⸗ entbehrlich sind.

Im Königlichen Opernhause geht morgen Mozart's Zauberflöte! mit den Damen Leisinger, Herzog, Dietrich, Kopka, Rothauser, Lammert, Weitz, Hiedler und Götze, den Herren Sommer, Mödlinger. Krolop, Lieban, Betz, Philipp, Fränkel, Krasa unter Kapellmeister Weingartner's Leitung in Scene.

Königlichen Schauspielhause wird morgen Moreto's Lustspiel Donna Diana“ mit den Damen Poppe, von Hochenburger, Lindner, Conrad, den Herren Matkowsky, Nesper, Arndt, Hertzer gegeben. Adolf Müller aus Hamburg gastiert als Perin.

Das Neue Theater bringt morgen, am 1 und Sonntag Wiederholungen des Schauspiels ‚Gisela“ von Elsa von Schabelsky.

Mannigfaltiges.

Mittels vom 3. d. M. datierter Höchster Ordre Seiner König⸗ lichen Hoheit des Prinzen Heinrich von Preußen, als des derzeitigen stellvertretenden Protektors der Kaiser Wilhelms⸗Stittung für deutsche Invaliden, ist der General⸗Major z. D. Sasse auf seinen Antrag von der Führung der Geschäfte als Vorsitzender des Verwaltungs⸗Ausschusses der Stiftung entbunden und der General⸗ Lieutenant z. D. von Kloeden zum Vorsitzenden dieses Ausschusses ernannt worden. Das Bureau des Verwaltungs ⸗Ausschusses befindet sich nach wie vor in dem Hause Hohenzollernstraße 3 hierselbst.

Die Viktoria⸗National⸗Invalidenstiftung hielt heute im Reichstagsgebäude ihre 26. Jahresversammlung ab. Dem von dem Vorsitzenden des geschäftsführenden Ausschusses General von 8 n erstatteten Berichte zufolge hat die Stiftung im letzten ahre 1019 Personen bezw. Familien mit 88169 M unterstützt. 510 Invaliden aus dem Kriege von 1866 und Hinterbliebene Gefallener erhielten laufende Unterstützungen in Höhe von 64 907 , 487 ein⸗ malige in S. von 20 632 S; 16 Invaliden wurden mit 2107 4 Kur⸗ und Badebeihilfen . und 6 Invaliden bekamen neue künstliche Glieder mit einem Kostenaufwande von 523 S6 6887 4 wurden den Zweigvereinen überwiesen; die Gesammtsumme der Auf⸗ wendungen betrug somit 95 066 MS, 3868 6 weniger als im Vor⸗ jahre und 128132 S weniger als im Verwmaltungsjahre 1876/77, in welchem Jahre die Ausgaben die größte Höhe erreichten. Aus der Pflege der Stiftung sind im letzten Jahre ausgetreten 31 Personen, neu in Pflege traten 16 Personen bezw. Familien. Die Verwaltung erforderte 8196 6, einer Offizierswittwe wurde außerdem noch ein zinsfreies Darlehen von 1500 6 gewährt. Der Gesammt⸗ ausgabe von 105 053 M standen 44 186 6 Einnahmen gegenüber. Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich schenkte 1506 46, an Zinsen gingen 37783 6 ein. Zur Deckung des Defizits mußten dem Vermögen 60 S67 entnommen werden, und es verblieb ein Bestand von 920 492 6, eine Summe, die zur dauernden Erfüllung der der Stiftung zufallenden Aufgaben genügend erscheint. Unterstützt wurde auch im letzten Jahre die Thätigkeit der Haupt⸗ stiftung durch 99 Zweigrereine, welche ihrerseits an 1901 Personen und zwar an 570 Invaliden und an 431 Hinterbliebene 46286 M wvertheilten, d. h. 21 Personen mit 353 0 weniger als im Vorjahre. Das Kapitalvermögen der Zweig⸗ vereine hat sich von 573436 Æ auf 566 462 S ver⸗ mindert. Seit der Begründung der Stiftung sind aus dem Zentral⸗ fonds insgesammt 48098 275 M verausgabt, und zwar 4499 165 40 für Unterstützungen, 23 231 M für Kautionsdarlehen, 250 934 (6 für die Verwaltung und 34 945 M an sonstigen Ausgaben.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Erflen und Zweiten Beilage.)

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Stationen.

in 0 Celsiu 50 G. 40R.

Bar. auf Gr u. d. Meeressp. red. in Millim

Temperatur

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7 bedeckt 3 bedeckt S wolkig 6 Dunft b bedeckt 6 Schnee 4 Schnee I bedeckt

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ünster. .. Karlsruhe.

) Nachts Sturm und Regen. ) Nachts Sturm und Regen. 3) Stürmische Böen. ) Nachts stür⸗ misch, regnerisch. (

Uebersicht der Witterung.

Ein tiefes barometrisches Minimum unter 725 mm liegt über dem nördlichen Skandinavien, im Nord⸗ und Ostseegebiete vielfach Sturm, stellenweise schweren Sturm aus füdwestlicher nnd westlicher Richtung erzeugend, auch im deutschen Binnenlande wehen vielfach stürmische südwefstliche Winde. Das baro⸗ metrische Maximum über 75 mm liegt andauernd über Frankreich. In Deutschland, wo vielfach etwas Regen gefallen ist, ist das Wetter trübe und unge⸗ w niich warm. Die Temperatur liegt an der Küste 7 bis 91, im Binnenlande 5 bis g Grad über dem Durchschnittswerthe. Fortdauer der warmen, windigen Witterung demnächst noch wahrscheinlich.

Deutsche Seewarte.

Theater ⸗Anzeigen.

Aönigliche Schanspiele. Donnerstag: Opern⸗ haus. 34. Vorstellung. Die Zauberflöte. Oper

in 2 Akten von Wolfgang Amadeus Mozart. Dich- tung nach Karl Ludwig Giesecke, von Emanuel

Schikaneder. In Scene gesetzt vom Ober Regisseur

Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 39. Vorstellung. Donna Diana. Luftspiel in 5 Aufzügen, nach dem Spanischen des Don Augustin Moreto, von Karl August West. (Perin: Herr Adolf Müller vom Thalia⸗Theater in Hamburg, als Gast.) In Scene gesetzt vom Ober⸗ Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.

Freitag: Opernhaus. 35. Vorstellung. Caval- leria rusticana (Banern Ehre). Oper in 1Aufjug von Pietro Mascagni. Text nach dem gleich⸗ namigen Volksstũück von G. Verga. Gringoire. Oper in 1 Att von Ignaz Brüll. Text nach Banville's gleichnamigem Schauspiel von Victor Leon. Slavische Brantwerbung. Tanzbild von Emil Graeb. Musik komponiert und arrangiert von P. Hertel. (Mit Einlagen von Johannes Brahms.) Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 40. Vorstellung. Prinz Fried. rich von Houburg. Schauspiel in 5 Aufzügen von Heinrich von Kleist. Anfang? Ubr.

Deutsches Theater. Donnerstag: Der Herr Senator. Anfang 7 Uhr. reitag: Kr galigk z. Vorstellung. Sonnabend. Der Herr Senator. Sonntag: Der Herr Senator.

Berliner Theater. Donnerstag: Aus eignem Recht. Anfang 7 Uhr.

Freitag: 24. Abonnements Vorstellung. Dorf und Stadt.

Sonnabend, Abends 77 Uhr: Maria Stnart.

Lessing ·˖ Theater. Donnerstag: Zum 1. Male: Ohne Gelänt.

Freitag: Madame Sans⸗Gene.

Sonnabend Ohne Geläut. Sonntag: Madame Sans⸗Gene.

Wallner ˖ Theater. Donnerstag: Heimath. (M. Reisenhofer.)

Freitag: Mauerblümchen. ;

Sonnabend Heimath. (M. Reisenhofer.)

Sonntag: Mauerblümchen.

Friedrich Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25.

Donnerstag: Der Lientenant zur See. Operette

in 3 Akten (nach einer älteren Idee) von E. Schlack

und L. ann. Mustk von Louis Roth. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Herr

Kapellmeister Federmann. Anfang 7 Uhr. Freitag: Der Lientenant zur See.

Residenz Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg. Donnerstag: Zum 46. Male. Der Muster⸗ gatte. (Le premier mari de France.) Schwank in 3 Akten von Albin Valabregue. Vorher: Lolotte. Lustspiel in 1 Akt von Meilhac und Halsvy. Anfang 77 Uhr. .

Freitag u. folgende Tage: Dieselbe Vorstellung.

Dienstag, 13. Februar: Zum 1. Male: Der

Maskenball (Veglione). Schwank in 3 Akten

von Alexandre Bisson.

Nrnes Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg. Donnerstag; Gisela. Schauspiel in 4 Akten von Else v. Schabelsky. Anfang 74 Uhr.

Freitag: Gisela.

Conn bend Jugend.

Sonntag: Gisela.

Vihtoria · Thegter. Belle. Alliancestraße ⁊7 / 8. Donnerstag: Mit vollständig neuer Ausstattung. Die Kinder des Kapitän Grant. Ausstattungs⸗ fich hit großem Ballet in 12 Bildern. Anfang

.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr, ermäßigte Preise: Lumpaci vagabundus, oder: Das slieder- ,, n . Zauberposse mit Gesang und

allet.

Theater Unter den Linden. Donnerstag:

Der Obersteiger. Operette in 3 Akten von M. 6 L. Held. Musik von C. Zeller. Anfang F Uhr.

Adolph Ernst Theater. Donnerstag, A Uhr: Charley's Tante. Schwank in 3 Akten von Brandon Thomas. Vorher: Die Bajazzi. er e Posse mit Gesang in 1 Akt von Gd.

acobson und Benno Jacobson. Musik von Franz Roth. In Scene gesetz von Adolph GErnst.

Freitag: Dieselbe Vorstellung.

Bentral Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Donnerstag: Zum 12. Male. Herr Conlisset. Schwank in 3 Akten von E. Blum und R. Tochs. . Zum 47. Male. Berlin 1892. Revue in 2 Abtheilungen von L. Anfang 71 Uhr.

Freitag: Dieselbe Vorstellung.

Leipziger.

Konzerte.

Konzert Jans. Donnerstag: Karl Meyder⸗ Konzert unter freundlicher Mitwirkung des Kom⸗ Ponisten Herrn Emil Hartmann. Schottische Duverture. Tanz Suite Nr. 1. Die Sirenen.“ Springtanz. „Skandingvischer Festmarsch“ von Hartmann. Unter persönlicher Leitung des Kom⸗

ponisten.

Saal Fechstein. Donnerstag, Abends 73 Uhr: Konzert der Sängerin Emily Martinsen.

65218] Donnerstag, 8. Februar, Abends 8 Uhr: In der Sing⸗Akademie Konzert

Sigismund Blumner.

Mitw.: Herr Konzertmeister Ludwig Bleuer und die Kgl. Kammermusiker Ad. Müller und O. Lüdemann. . Populäre Preise. . ö Karten bei Bote u. Bock und Abendkasse.

Zirhus Renz (Karlstraße). Donnerstag, Abends 76 Uhr:

t Grande soiree 6équestre.

100 Pferde in der Manege. U. a. Blondel und Monstre⸗Tableau von 60 Pferden, vorgeführt vom Direktor Fr. Renz; Hurdie-Race mit 20 Pferden; die Post, mit 12 Pferden geritten von Herrn Gustav; Maöstoso und der e, . Alep, ger. v. Frl. Oceana Renz; die Trapezkünstlerinnen Geschw. Hoffmann; der Imitator⸗Clown Mr. Ybbs ꝛc. Zum Schluß: Ein Künstlerfest. Ueberraschende Licht- und Wasser⸗ effekte. Großes Pracht⸗Feuerwerk.

Freitag: Wiederholung der Parade ⸗Festvorstellung von Kaisers Geburtstag.

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Olga von Mertens mit Hrn. Major Eberhard von Kurowski (Hannover).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Pfarrer Uhle⸗Wettler (Obergebra). .

Gestorben: Hr. Major z. D. Eugen von Putt— kamer (Eberswalde) Hr. ajor a. D. Ferdinand von Bredow (Potsdam). Hr. Land⸗ erichts Rath und Major a. D. Anton Ernst

ründler (Tottbus). Verw. Fr. Sanitäts⸗Rath

Johanna Saland, geb. Weidehase, (Berlin). Hr. Ober⸗Amtmann Carl von Coelln (Breslau) Hr. Geh. Rechnungs⸗Rath Wilhelm Friedrich Kraemer (Charlottenburg). Hr. Stabsarzt Dr. Ruprecht Zenthöfer (Charlottenburg).

Redakteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Berlin: Verlag der Expedition (Scholy.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagt⸗ Anstalt Berlin 8SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sechs Beilagen leinschließlich Börsen⸗Beilage).

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M 33.

Erste Beilage

Berlin, Mittwoch, den 7. Februg

1894.

Dentscher Reichstag. 42. Sitzung vom Dienstag, 6. Februar, 1 Uhr.

Die zweite Berathung des Etats wird fortgesetzt. Die Diskussion über den Etat des Reichsamts des 8 steht bei dem Ausgabekapitel Reichs kommissariate“, zunächst „Auswanderungswesen“. .

Aus der Verhandlung, über deren Beginn bereits in der Nummer vom Dienstag berichtet worden ist, tragen wir zunächst die beiden kurz erwähnten Reden im Wortlaut nach, welche der Staatssekretär Dr. von Boettich er zur Erwiderung auf die Anfrage des Abg. Bebel über öffentliche Häuser und dergl. in Hamburg gehalten hat.

Die erste Rede lautet:

Ich habe dem Herrn Abgeordneten darauf zu erwidern, daß mir der Vorgang, von dem er gesprochen hat, durch⸗ aus neu ist. Es ist bei uns keine Beschwerde und keine Klage eingegangen, die dazu hätte Anlaß geben können, bei Hamburg zu intervenieren, und dem von dem Herrn Vorredner behaupteten Handel entgegenzutreten. Die öffentlichen Häuser in Hamburg sind auf Instanz des Bundesraths offiziell aufgehoben und ich weiß nicht, ob ungeachtet dieser Verordnung, durch welche sie auf⸗ gehoben worden, thatsächlich noch solche Häuser bestehen. Ich nehme zunächst an, daß der von dem Hamburger Senat angeordnete Zustand auch polizeilich aufrecht erhalten wird.

Im übrigen halte ich die Bescheide der Staatsanwaltschaft, die der Herr Vorredner die Güte gehabt hat zu verlesen, nach Lage unserer Gesetzgebung für durchaus korrekt. Sollte sich irgend ein Zu⸗ stand bemerkbar machen, der in unserer Gesetzgebung nach der ange⸗ deuteten Richtung hin eine Lücke erkennen läßt, so werden die ver⸗ bündeten Regierungen gewiß bereit sein, zur Ausfüllung dieser Lücke mitzuwirken, und ich bin insofern erfreut über die Anregungen des Herrn Vorredners, als sie mir Veranlassung giebt, der Frage näher zu treten, ob auf diesem Gebiet etwas geschehen muß.

Die zweite Rede lautet:

Die Auffassung des Herrn Vorredners, daß aus meiner Erklä— rung die Existenz einer Lücke in der Gesetzgebung sich ergebe, trifft doch nur unter der Voraussetzung zu, daß die Thatsachen, die er hier berichtet hat, auch wirklich sich so verhalten, wie er es berichtet hat. Zunächst haben wir es mit einer Denunziation zu thun, die von einem Denunzianten ausgegangen ist, dessen Name nicht einmal bekannt ist. Ich kann versichern, daß an das Reichs⸗ amt des Innern auf diesem Gebiet bisher irgend welche Anregungen nicht herangetreten sind. Die Klage über die öffentlichen Häuser in Hamburg ist allerdings wiederholt bei uns vernommen worden, und es ist noch eine Untersuchung hierüber in Hamburg an— läßlich der Vorarbeiten für die sogenannte lex Heinze vorgenommen worden. Bei dieser Gelegenheit hat der Senat in Hamburg uns mit der Auskunft versehen, daß er der Anregung des Bundesraths Folge gegeben und die öffentlichen Häuser verboten habe. Ich habe vor⸗ läufig keine Veranlassung, einen Zweifel in die Berichterstattung des Hamburger Senats zu setzen, so lange mir nicht Thatsachen vorliegen, die das Gegentheil beweisen.

Dieser Vorfall läßt aber von neuem erkennen, wie richtig meine wiederholte Aufforderung ist, daß man das Material über Mißstände im öffentlichen Leben doch der Regierung zugänglich machen möge; denn wie können wir darauf kommen, nach irgend welcher Richtung vorzugehen, wenn man uns die Kenntniß der Mißstände vorenthält! Und das ist bisher auf diesem Gebiet geschehen.

Im weiteren Verlauf der Verhandlung nimmt nach dem Abg. Dr. Hasse (ul.) zur Beantwortung der von diesem ge⸗ stellten Frage, ob die Neuvorlage des Auswanderungs⸗ gesetzes zu erwarten sei, das Wort der

Staatssekretär Dr. von Boetticher:

Das Einzige, was mir aus dem eingehenden Vortrag des Herrn Vorredners die Veranlassung zu einer Bemerkung giebt, ist die Frage bezüglich des Schicksals des Auswanderungsgesetzes, das in der ver—⸗ flossenen Wintersession dem Reichstag vorgelegt war. Man hat davon Abstand genommen, den Gesetzentwurf dem Reichstag jetzt von neuem wieder vorzulegen, weil man sich gegenwärtig gehalten hat, daß die diesiährige Session doch mit außerordentlich schweren und umfang— reichen Aufgaben belastet ist, und daß es nicht gut sei, auch über die Kräfte des Reichstags voraussichtlich hinausgehen würde, eine so wichtige und umfangreiche Vorlage in dieser Zeit auch noch in Be— rathung zu nehmen. Ich widerstehe der Versuchung, so interessant das wäre, auf die Bemerkungen des Herrn Vorredners zum vor⸗ jährigen Entwurf einzugehen, weil ich mir im gegenwärtigen Moment den Dank des Hauses zu verdienen glaube, wenn ich eine Diskussion über die Auswanderungsfrage unterlasse, die ja gegenwärtig keinen rechten Zweck hätte, zumal sie angesichts einer späteren Vorlage wiederkommen wird. Ich kann aber dem Herrn Vorredner meinen Dank für seine Bemerkungen aussprechen; sie werden gewiß bei der Redaktion, welche die künftige Vorlage im Bundesrath erhalten wird, auch einer Würdigung unterzogen werden.

Abg. Hüpeden (dkons) befürwortet eine Rößere Fürsorge von Reichswegen für die deutschen Seeleute in 3 . unsere , . deutsche Jugend unterliege in den fremden Häfen den schwersten Versuchungen, die ihnen daz Geld aus der Tasche ziehen und sie wirthschaftlich zund sittlich ruinieren. Redner weist hin auf das Wesen der Heuerbaase und Schlafbaagfe, die die jungen Leute zuf. das schamloseste ausbeuten. An die Ohren dieser jungen Leute tönt dort kein religiöses Wort; in Saus und Braus wird das bischen Heuer verjubelt. Es sei eine Pflicht des Deutschen Reichs, den jungen Seeleuten zu Hilfe zu kommen, ihnen in den ausländischen Häfen ine neue Heimath zu Lien, in der sie eine Zuflucht finden. Solche

eemannsheime mit Lesezimmern u. dergl. würden so segensreich wirken, daß man es auf den Geldpunkt nicht anzusehen brauche. Die privaten ni g gen dieser Art leiden unter dem Geldmangel, und de bestehe die Gefahr, Laß eine Station nach der anderen wieder ein- gehen müsse. Dänemark und Schweden gäben . Tausende von Irenen aus dem Staatssäckel für diefe Zwecke her; mögen auch die verbündeten Regierungen sich der Seemannsmission erinnern.

Staatssekretär Dr. von Boetticher:

Die Fürsorge für unsere Seeleute im Auslande liegt der Re—= gierung schon jetzt am Herzen. Zu Gunsten unserer hilfsbedürftigen Seeleute im Auslande findet sichz bereits im Etat des Auswärtigen

Amts unter Kap. V Tit. 124 eine Position ausgeworfen, welche u. a. .

die Bestimmung hat, die Kosten der Heimschaffung hilfsbedürftiger Seeleute aus dem Auslande in die Heimath zu bestreiten. Was aber insbesondere die Anregung des Herrn Vorredners an⸗ langt, daß man von seiten der verbündeten Regierungen die Seemanns⸗ mission, die in der That ja außerordentlich wohlthuend wirkt, be⸗ denken möge, so sind wir dieser Anregung bereits zuvorgekommen, zwar nicht durch Einstellung einer Position in den Etat, wohl aber dadurch, daß alljährlich seit einer Reihe von Jahren auf Antrag des Zentralausschusses für die innere Mission aus dem Allerhöchsten Dis⸗ positionsfonds Mittel bereitgestellt sind, welche den Zwecken der inneren Mission für Seeleute dienen sollen. Ich habe aus den ein gehenden Berichten über die Verwendung dieser Mittel die Ueber⸗ zeugung gewonnen, daß dieselben außerordentlich gut und wohlthätig angewendet sind, und ich möchte an dieser Stelle nur meinen Dank allen denen aussprechen, die selbstlos und gewissenhaft für eine zweck⸗ entsprechende Verwendung der von Staatswegen bereitgestellten Mittel bemüht sind. Wenn die Dänen 4000 Kronen in den Etat eingestellt haben, so sind wir ihnen noch über: wir haben bis jetzt regelmäßig 6000 0 bewilligt.

Abg. Dr. k (d. Refp.) ist verwundert, da das von dem Abg. Bebel erwähnte Material der Regierung . nicht genauer bekannt gewesen ist und daß auch der Senat der Stadt Hamburg angeblich von garnichts weiß. Es handle sich doch um ganz offenbare Dinge, um den Mädchenhandel, der in Desterreich⸗ Ungarn, in Deutschland und Rußland im Schwange ist: einen Handel mit ,. Menschenfleisch, die schlimmsten Ausartungen des Menschenhandels. Zufällig seien zahlreiche Personen, die diefen schimpflichen Handel trieben, jüdischen Glaubens. Die Zeitungen be⸗ richten doch sehr häufig von Verlockungen und gewaltsamen Ent— führungen armer Mädchen durch diese europäischen Sklavenhalter. Selten kämen die Unglücklichen zurück, sie seien in den Freudenhäusern in Konstantinopel, Bombay u. s. w. lebendig begraben. Den Zeitungs⸗ nachrichten müßten doch die polizeilichen Nachforschungen von Amks= wegen auf dem Fuße nachfolgen; das könne von den verbündeten Re— gierungen verlangt werden. i Die Forderungen für Auswanderungswesen werden be— willigt. Bei der Position „Kom mission für Arbeiter— statistik“ spricht der Abg. Bebel (Soz) die Erwartung aus, daß der Bundesrath Beschränkungen der Normalarbeitszeit auf Grund der Gewerbe ordnung bei den Bäckern und Müllern und sonstigen Arbeitern in der Lebensmittelbranche anordnen wird, über welche die Kommission Er— hebungen angestellt hat. Er fordert weiter die Ausdehnung der Unter⸗ suchungen auf die Lokale, in welchen die betreffenden Arbeiten betrieben werden. Seine frühere Privat. Enquste über die Zustände im Bäckerei⸗ werbe habe Thatsachen ans Licht gebracht, welche das Publikum mit giderwillen erfüllen mußten vor den Zuständen in den Arbeits⸗ stätten, wo die täglichen Lebensmittel hergestellt werden. Die seit— dem von den Bäckern und Anderen ebenfalls angestellten Unter— suchungen hätten seine damaligen Feststellungen nur bestätigt; es müsse aber darauf gedrungen werden, daß von Amts⸗ und Polizei⸗ wegen diese Zustände untersucht und die Mißstände beseitigt werden. Empörend sei vor allem der Zustand, daß Arbeits-, Schlaf⸗ und Wohnraum in einem Raume vereinigt sind. Die Unterfuchungen der Kommission seien demnächst auszudehnen auf die Fleischerei und die Brauerei, wo die Arbeitszeit ebenfalls eine ganz ungebührlich lange sei. Wie in dieser Beziehung, so verführen auch bezüglich des Ver kehrsgewerbes die Behörden und die Gewerbe⸗Inspektoren nicht mit der nöthigen Umsicht. Den Kutschern auf den Pferdebahnen werde bei einer übermenschlich langen Arbeitszeit zugemuthet, ununterbrochen zu stehen; bis heute habe die Berliner Polizei in dieser Richtung nichts zur Abhilfe gethan. Auch in Wäschereien betrage vielfach die tägliche Arbeitszeit 16 18 Stunden, die Löhne ständen dazu in um— gekehrtem Verhältniß. Redner wiederholt die Bitte um regelmäßige Ueberweisung der Drucksachen der Kommissionen an die sämmtlichen Mitglieder des Reichstags; hundert Exemplare genügten nicht.

Staatssekretär Dr. von Boetticher:

Was die Nutzbarmachung des Materials, das aus den Be— rathungen der arbeiterstatistischen Kommission hervorgeht, anbelangt, so wird der Bundesrath selbstverständlich demnächst in die Lage gesetzt werden, zu prüfen, was mit den Vorschlägen, welche die Kommission an ihre Untersuchungen knüpfen wird, zu machen sei.

Wenn nun der Vorredner des Breiteren sich über die Frage der Beschaffenheit der Arbeitsräume und der Wohnräume der arbeitenden Klassen ausgelassen hat, so glaube ich nicht, daß eine bloße Unter— suchung der thatsächlich vorhandenen Zustände ausreichen wird, um den Mißständen, die unleugbar auf diesem Gebiete bestehen, abzuhelfen. Man wird in dieser Beziehung ohne gesetzliche oder polizeiliche Vorschriften nicht auskommen. Ich persönlich habe übrigens die Ueberzeugung, daß es außerordentlich schwer sein wird, von Reichswegen eine übereinstimmende Regelung der Beschaffenheit der Wohnräume und der Arbeitsräume vorzunehmen. Was die Arbeitsräume anlangt, so ist bereits vor einer langen Reihe von Jahren es war das im Jahre 1881 hier eine Kommission von Sachverständigen zusammengetreten, welche sich mit der Frage der Beschaffenheit der Arbeitsräume beschäftigt hat. Diese Kommission ist auch zu gewissen Vorschlägen gekommen, aber man hat sich damals davon überzeugt, daß das, was sich für den einen schickt und für den einen paßt, sich für den andern nicht schickt und für den andern nicht paßt, und daß es, wenn man ganz außer— ordentliche Schädigungen und Beschränkungen, die dem Zwecke der Sache nicht dienen, vermeiden will, kaum möglich sein wird, in dieser Beziehung eine übereinstimmende Regelung für das ganze Reich und für alle Gewerbetreibende herbeizuführen. Damit ist selbstverständlich nicht ausgeschlossen, daß man von Obrigkeitswegen die Abstellung der Uebelstände, die fühlbar geworden sind, in die Hand nimmt. Ich glaube aber, daß es viel richtiger ist, diese Abstellung im Wege einer lokalen Anordnung, beziehungsweise in einer Anordnung für ge—⸗ wisse größere Bezirke zu machen als von Reichswegen. Wollten wir uns hinsetzen und uns zu verständigen suchen über bestimmte Vor⸗ schriften, die bei der Benutzung von Arbeits⸗ und Wohnräumen beobachtet werden sollen, so würden wir sehr bald zu der Ueberzeu⸗

gung kommen, daß eine Uebereinstimmung unserer Anschauungen über das, was nothwendig, und das, was möglich ist, nicht zu erzielen sein wird. Uebrigens ist ja auch diese Frage im Fluß. Man ist in Preußen in verschiedenen großen Kommunen bereits damit beschäftigt, die Fra der Beschaffenheit der Wohnräume und der Arbeitsräume in Angrfff zu nehmen, und ich kann diesen Bestrebungen nur Fortgang wünschen, denn ich erkenne mit dem Herrn Vorredner an, daß auf diesem Ge⸗ biete noch außerordentlich viel zu bessern ist. Uebrigens will ich zu diesem Punkte noch ausdrücklich bemerken, daß diese Frage auch in der arbeiterstatistischen Kommission angeregt worden ist, und zwar von dem Vertreter der Königlich württembergischen Regierung. Derselbe hat, ausweislich des mir vorliegenden Protokolls, darauf hingewiesen, daß die Wohnverhältnisse der Lehrlinge und Gesellen im Bäckergewerbe überaus ungünstig' seien, und beantragt, die Kommission möge dem Herrn Reichkanzler anheim⸗ stellen, die Bundesregierung Um eine Einwirkung dahin zu ersuchen, daß bei Gelegenheit der hier in Rede stehenden Erhebungen die Polizeibehörden ihr Augenmerk den Wohnungsverhältnissen zuwenden und gegen vorgefundene Mißstände einschreiten. Dieser Antrag ist aber, nachdem der badische Gewerbeaufsichtsbeamte, Ober⸗Regierungs⸗ Rath Dr. Wörrishofer sich dagegen ausgesprochen hat, unter Zu⸗ stimmung der ganzen Kommission zurückgezogen worden.

Was nun die Erweiterung der Aufgaben der arbeiterstatistischen Kommission anlangt, so ist es selbstverständlich, daß auch die Gewerbe, deren Untersuchung in Bezug auf die Arbeitszeit der Herr Vorredner angeregt hat, im Laufe der Zeit von der Kommission der Erörterung unterzogen werden. Um in dieser Beziehung allen Wünschen und An⸗ forderungen gerecht zu werden, wird aber, glaube ich, eine große Zeit nöthig sein, und man wird es der Kommission nicht verdenken können, wenn sie aus der reichen Auswahl von Industriezweigen zunächst die⸗ jenigen in den Kreis ihrer Erörterungen zieht, bei denen sie eine Ab—Q stellung von Mißständen als vorzugsweise dringend ansieht.

Was die Arbeitszeit im Verkehrsgewerbe anlangt, bei dem der Herr Vorredner eine Abhilfe der Mißstände, die auf diesem Gebiet vorliegen, wünscht, so kann ich ihm mittheilen, daß der Königlich preußische Herr Minister für Handel und Gewerbe bereits der Frage näher getreten ist, welche Mißstände thatsächlich auf dem Gebiet des Verkehrsgewerbes vorliegen, und daß sich an diese Untersuchung vor—⸗ aussichtlich auch Maßregeln knüpfen werden, welche geeignet sind, den vorhandenen Uebelständen zu begegzen.

Von einer übermäßigen Ausdehnung der Arbeitszeit bei den Wäschereibetrieben ist bisher bei uns nichts bekannt geworden. Mir ist die Sache neu. Soweit es sich übrigens um fabrikmäßig betriebene Unternehmungen handelt, ist für die in ihnen beschäftigten Arbeiterinnen die Arbeitszeit gesetzlich auf 11 Stunden beschränkt.

Wenn der Herr Vorredner endlich den Wunsch ausgesprochen hat, es möchten die Drucksachen der arbeiterstatistischen Kommission sämmt⸗ lichen Abgeordneten mitgetheilt werden, so bin ich zwar gern bereit, diesen Wunsch in nähere Erwägung zu ziehen; aber ich gebe doch anheim, zu berücksichtigen, ob wirklich dem vorhandenen Bedürfniß (Zwischenruf) nicht wahr, man erstickt schon förmlich in dem Papier. Sehen Sie, Ihr Herr Kollege hinter Ihnen ist anderer Meinung (Heiterkeit)) Ach, so meinen Sie. Na, ich glaube dadurch, daß wir hundert Exemplare dem Reichstag liefern, die weitaus nicht abgehoben werden, dem Bedürfniß und der Wißbegierde der Herren Abgeordneten hin⸗ länglich Rechnung getragen zu haben, und da wir dech alle den Beruf haben, sparsam zu sein, so dachte ich, daß wir, wenn es sich auch um keinen großen Betrag handelt, auf diesem Gebiet mit dem, was wir bisher gethan haben, genug gethan haben. Ich werde aber gern bereit sein, namentlich, wenn dieser Wunsch von anderer Seite getheilt werden sollte, die überschüssigen Exemplare noch nachzuliefern.

„Abg. Bebel; Ich habe das Eingreifen der Reichsgesetzgebung bezüglich der Arbeits, und Wohnräume garnicht verlangt. Ich habe nichts weiter gewünscht, als die Anweisung der Polizeibehörde durch ihre Zentralregierungen, von Amtswegen eine Untersuchung der be— treffenden Räume vorzunehmen, auf Grund deren dann Abhilfe durch die Landesbehörde bewirkt werden würde. Wenn die Backstube zugleich als Gesinde- und Schlafkammer benutzt wird, so muß doch offenbar von Polizeiwegen gegen diesen gesetzwidrigen Zustand eingeschritten werden; wenn sie Kenntniß davon . hat, so muß sie dagegen einschreiten, denn die Macht hat sie dazu. Es scheint ihr aber bis jetzt die Kenntniß vielfach zu fehlen. Daß die Waͤscherinnen bis spät in die Nacht hinein, bis 19, 11 Uhr Abends und länger arbeiten müssen, kann Jeder sehen, der in Berlin durch die Straßen geht und einen Blick in diese Waschanstalten wirft.

Beim Kapitel „Statistisches Amt“ plaidirt der

Abg. Schönlgnk (Soz) für die Einrichtung wirklicher Arbeits- Enqusten, in welchen das Parlament eine Rolle zu spielen hat: Enqusten, wie sie England besitzt und wie sie für die Politik dieses Landes die außerordentlichste Bedeutung erlangt haben. Dort kenne man das kontradiktorische Verfahren, bei uns vernehme man bloß die Arbeitgeber; dort seien sie öffentlich, hier geheim. Die deutschen Enquéten seien nur eine Stückarbeit mit bedingtem Werthe. Das Statistische Amt sei durchaus nicht befähigt, wirkliche Sozialstatistik zu treiben, seiner ganzen Organisation nach. Der Direktor Dr. von Scheel könne zwar eine solche Statistik machen, aber er allein und mit den geringen Mitteln könne es thatsächlich nicht. Redner wünscht nach dem Vorgange des Statistikers Georg von Mayer eine bessere Bevölkerungsstatistik, für welche die an gn Tabellenwerke nicht ausreichten, fragt nach den Gründen, weshalb seit 12 Jahren keine neue Berufs- und Gewerbestatistik veranstaltet sei, da man sich doch nicht länger mit den durchaus veralteten Zahlen von 1882 begnügen könne, und fordert größere Fühlung der Landesstatistik mit der Reichs⸗ statistik, er fen bezüglich der allgemeinen Finanz⸗ und der Unterrichtsstatistik. Die Landesstatistik würde dadurch nicht gefährdet werden, sie würde vielmehr einen neuen Nimbus erhalten, während . jetzt namentlich in Bayern den Krebsgang gehe; die Reichsstatistik aber würde an Uebersichtlichkeit sehr gewinnen.

Abg. Dr. Ha sse (nl) unterstützt diese Anregungen in jeder Beziehung. Das Maß der Verpflichtung der einzelnen Länder zu statistischen Aufnahmen der Bevölkerungsverhältnisse sei viel zu klein; das Reich stelle hier zu . , Eine materielle , , . brauche deshalb nicht einzutreten. Da schon 1895 eine

olkszählung wieder bevorstände, sei es dringend , wenn die Reichsinstanz den Kreis der obligatorischen . der Einzelstaaten erweiterte. Ebenso dringend sei die Wiederholung der Berufs- und Gewerbestatistik.