1894 / 36 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 10 Feb 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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4. Februgt. Mayr, Hauptm. und Komp. Chef im 15. Inf. Regt. König Albert von Sachsen, unter Verleihung des Charaktert s Majer, mit Pension und mit der Erlaubniß zum Tragen der Uniform der Abschied bewilligt. Kaiserliche Marine.

Berl in, 5. Februar. Kalagu vom Hofe, Korp. Kapitän 3. D. der Charakter als Kapitän zur See, v. Gehrmann, Kapitän⸗Lt.

D., fommandiert zur Werft in Kiel, der Charakter als Korv.

z. D.

Rapitän, verliehen.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 10. Februar.

Seine Majestät der Kaiser und König begaben Sich gestern früh nach Potsdam und hielten dort im Lust⸗ garten über das 1. Garde⸗Regiment z. F. zur 25jährigen Gedenkfeier Allerhöchstihres Eintritts in das genannte Regi⸗ ment eine Parade ab. Abends um 1153 Uhr trafen Seine Majestät wieder in Berlin ein. . .

Heute Vormittag empfingen Seine Majestät der Kaiser zum Vortrag den Chef des Generalstabs der Armee, den Chef des Militärkabinets und den Chef des Zivilkabinets. Um 1 Uhr gewährten Allerhöchsidieselben dem bisherigen Königlich niederländischen Gesandten Jonkheer van der Hoeven die behufs Ueberreichung seines Abberufungsschreibens erbetene Abschied⸗⸗ Audienz.

Den Meldungen des W. T. B.“ aus Potsdam ent⸗ nehmen wir noch Folgendes. Zur Feier des fünfundzwanzig⸗ jährigen Militär Jubilaums Se iner Majestät des Kaisers und Königs hatte das erste Garde-⸗Regiment z. F. gestern Vormittag im Lustgarten Aufstellung genommen. Seine Majestät der Kaiser begaben Allerhöchstfich um 11 Uhr vom Stadtschloß zu Pferde nach dem Lustgarten und hielten in der Mitte des Regiments, welches Carré formiert hatte, ine Ansprache an dasselbe. Hiernach verlas der Regi⸗ ments⸗Adjutant die von Seiner Majestät anläßlich der Feier vollzogenen Ernennungen und DOrdensverleihungen, worauf Oberst von Kessel den Dank des Regiments aussprach und ein dreifaches Hurrah auf Seine Majestät den Kaiser ausbrachte. Die Regimentsmusik spielte⸗ Heil Dir im Sieger⸗ kranz. Sodann formierte sich das Regiment zum Parade⸗ marsch, der zuerst in Zügen und dann in Kompagniefront stattfand; Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Heinrich und der Prinz Friedrich Lespold von Preußen waren in das Regiment eingetreten, desgleichen Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz und Seine Königliche Hoheit der Prinz Eitel⸗ Friedrich. Im Stadtschloß befanden Sich Ihre Majestät die Kaiserin und Königin, Ihre Kaiserliche Hoheit die Herzogin Wera von Württemberg mit den Herzoginnen Töchtern, Königlichen Hoheiten, sowie Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzessinnen Heinrich, Friedrich Karl und Friedrich Leopold. Seine Majestät der Kaiser setzten Allerhöchstsich an die Spitze des Regiments und führten dasselbe Ihrer Majestät der Kaiserin vorbei. Der Leib⸗Kompagnie, sowie der 5. 9, 10. und 13. Kom⸗ pagnie hatten Seine Majestät der Kaiser anläßlich des Tages ieue Grenadier⸗Mützen aus Aluminium mit weißen Schilden verliehen Nach Beendigung des Parademarsches nahmen Seine Majeftät militärische Meldungen entgegen und be⸗ sichtigten den Verein der Kameraden des ersten Garde⸗ Regiments aus Berlin und Potsdam. Inzwischen hatten sich die Mannschaften des Regiments in den festlich dekorierten „Langen Stall! zum Essen begeben. Ihre Majestäten der Raiser und die Kaiserin wurden beim Eintritt in den Langen Stall! mit Fanfaren empfangen, welche auf alterthümlichen Trompelen geblasen wurden, die vom ersten Garde⸗Regiment gewidmet worden sind. Der Regiments⸗ Kommandeur Oberst von Kessel brachte bei dem Mannschaftsessen ein Hoch auf den Kaiser aus, welches Seine Majeftãt mit einem Hoch auf das Regiment beantworteten. Hierauf begaben Sich Seine Majestät der Kaiser nach dem Stadt⸗ schloß, wo für die Offiziere des Regiments Frũhstückstafel stattfand. Ihre Majestät die Kaiserin und Königin und die Fürftlichen Damen hatten Sich schon vorher von Seiner Majestät verabschiedet und die Rückreise nach Berlin angetreten. Um 6 Uhr Abends begaben Seine Majestät der Kaiser Sich vom Potsdamer Stabtschloß, einer Ein⸗ ladung des Offizierkorps des ersten Garde ⸗Regiments zum Diner Folge zu leisten, nach dem Regimentshause. In einem Trinlpruch dankte Oberst von Kessel dem Aller⸗ Höchften Kriegsherrn für die vielfachen Gnadenbeweise, welche dem Regiment durch Allerhöchstdenselben anläßlich der Jubel⸗ feier Seiner Majestãt zu theil geworden. Seine Majestãt der Kaiser sprachen darauf in längerer Rede dem Regiment erneut Allerhöchtihre Anerkennung für dessen hervor⸗ ragende Leistungen im Kriege und im Frieden aus. Später erhoben Seine Majestãät Sich nochmals und übergaben dem Regiment als bleibendes Andenken an den 9 Februar einen prachtvollen goldenen Pokal mit der Bestimmung, daß mittels desselben jeweils das Hoch auf den Aller⸗ hõchsten Kriegsherrn durch den Regiments Kommandeur aus⸗ zubringen sei. Im Verlauf des Abends wurde im Regiments⸗ hause durch Offtziere des ersten Garde⸗Regiments eine Theater⸗ aufführung veranstaltet, welcher Seine Majestãt gleichfalls beiwohneten.

Schiffahrts vertrag zwischen ißst heute hier von dem . Tivi und dem Gesandten Freiherrn h its, sowie von dem hiesigen russischen fter Grafen Schuwalow und dem Wirklichen Staats⸗ imiriasew andererseits unterzeichnet worden. ie heutige ummer des Reichs- und Staats⸗Anzeigers“ Enthält in einer Besonderen Jeilage (A) einen vollständigen Abdruck des Vertrags und seiner saͤmmtlichen Anlagen in deutscher Uehersetzung

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In einer Hesonderen Beilage (B) zur heutigen Nummer des „Reichs und Staats Anzeigers wird der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die . des Zolltarifs⸗ gesetzes vom 15. Juli 1879 Aufhebung des Identitäͤts⸗

nachweises, nebst Begründung und Anlagen veröffentlicht.

In verschiedenen Zeitungen, z B in der „Thorner Ost⸗ deuts Rin . Nr. 24 vom 30. Januar, in der ‚Volks⸗ Feng, Nr. 25 vom 31. Januar, sowie in der Post“ vom 1. d. M, wird behauptet, daß bei einer Schlägerei in Thorn an Kaisers Geburtstag 19 Soldaten verwundet und in's Lazareth eingeliefert wurden; auch seien Offiziere bei Her⸗

8 rr * . 1 11 stellung der Ruhe verwundet, ferner ein Rekrut von einem Ge⸗

freiten des 21. Infanterie⸗Regiments durch einen Messerstich in den Unterleib so verletzt worden, daß er bald darauf ver⸗ storben sei u. dgl. mehr.

Die amtlichen Ermittelungen haben die Unwahrheit obiger Angaben erwiesen. An dem fraglichen Tage ist es aller⸗ dings zu einer Schlägerei zwischen Pionieren und Infanteristen gekommen; indessen sind nicht 19, sondern 5 Soldaten verletzt worden, von denen nur 2 in das Lazareth aufgenommen wurden. Offiziere sind nicht verwundet, zumal sich niemand an Offizieren vergriffen hat. Nur ist ein Hauptmann nach Beendigung der Schlägerei, und nachdem die Infanterie bereits geschlossen von ihren Offizieren weg⸗ geführt worden war, jedenfalls unabsichtlich durch einen Steinwurf an der Helmspitze getroffen worden. Unwahr ist es ferner, daß ein Soldat infolge eines Messerstichs, den ihm ein Gefreiter gelegentlich eines Streits beigebracht hat, gestorben ist. Ein ähnlicher Vorfall hat sich zwar in Thorn am AN. v. M. zugetragen, der verwundete Soldat hat aber keine erheblichen Verletzungen davongetragen.

Der General-Lieutenant von Buch, Kommandeur der 34. Division, und der GeneralLieutenant von Alberti, Kommandeur der 2. Division, haben Berlin wieder verlassen.

Der Königliche Gesandte Graf von der Goltz ist von Braunschweig, wohin er sich vor einigen Tagen begeben hatte, nach Oldenburg zurückgekehrt.

Laut telegraphischer Meldung an das Ober⸗Kommando der Marine ist S. M. Schulschiff „Stein“, Kommandant: Kapitän zur See von Wietersheim, am 8. Februar in St. Thomas (West-Indien) eingetroffen und wird am 15. Fe⸗ bruar die Heimreise via Fayal (Azoren) fortsetzen

Ferner ist S. M. S. „Möwe“, Kommandant: Kapitän⸗ Lieutenant Hartmann, am 9. Februar in Colombo (Ceylon) eingetroffen und wird am 13. Februar von dort nach Bombay in See gehen

Bayern.

Die Kammer der Abgeordneten beendete gestern die Berathung des Eisenbahn⸗Etats und setzte die jährlichen Eisenbahneinnahmen auf 118124006 S6, die Ausgaben auf 80 539 506 S6 fest. Der Ueberschuß beträgt somit 37 584 509 Hierauf wurde die Generaldebatte über den Post⸗-Etat be— gonnen.

Sach sen.

In der gestrigen Sitzung der Zweiten Kamm er wurde in Allerhöchstes Dekret verlesen, wonach der Schluß des

Landtags auf den 6. März festgesetzt worden ist.

Mecklenburg ⸗Schwerin.

Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin Marie und Ihre Hoheit die Herzogin Elisabeth werden sich, wie die Meckl. Nachr. melden, am 11. d. M. zu einem mehrwöchigen Aufenthalt nach Italien begeben.

Oldenburg.

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Elsañß⸗ Lothringen.

43 Mitglieder des Landesausschusses haben, wie W. T. B.“ meldet, einen Antrag eingebracht, worin die Regierung ersucht wird, darauf hinzuwirken, daß die gegen⸗ wärtig auf dem Taback ruhende Gewichtssteuer, welche den einheimischen Taback in unhaltbarer Weise belaste, durch eine Fabrikatsteuer ersetzt und dabei auf den Schutz des ein⸗ heimischen Tabackbaues thunlichst Rücksicht genommen werde.

Oefterreich⸗Ungarn.

Mitglieder hervorragender Korporationen und andere Persönlichkeiten hielten, wie W. T. B.“ meldet, gestern in Wien eine Versammlung in dem Lokal des Gewerbevereins ab, um sich über die Feier des fünfzigjährigen Re⸗ gierungs⸗Jubiläums des Kaisers zu besprechen. Nach eingehender Berathung wurde beschlossen, daß die Bildung einer größeren Kommission aus den berufenen Körperschaften in Aussicht genommen werden müsse, da die Feier eine ge⸗ sammt⸗oͤsterreichische sei. .

Im mährischen Landtag erklärte gestern der Statt⸗ halter Freiherr Spens 88a Bosden, er hoffe, bals das i der Marchregulierung vorlegen 6 können. Die

esammtkosten seien auf 10, Millionen Gulden für Oester⸗ reich und auf 3 / Millionen Gulden für Ungarn veranschlagt. Im Frühjahr werde eine Lokalbesichtigung rücksichtlich der ganzen Marchstrecke vorgenommen werden. Das ungarische Unterhaus wählte gestern für die een h ar ig; Session die bisherigen Vize⸗Präsidenten Perczel und Graf Theodor Andrassy wieder. Die Wahl eines Präfidenten ist, da Banffy für die ganze Legislaturperiode ge⸗ wählt worden ist, nicht erforderlich.

Großbritannien und Irland. Der Premier ⸗Minister Gladstone hat, wie W. T. B. meldet, gestern Abend die Rückreise von Biarritz nach England angetreten.

Frankreich. Ueber die Vorgänge in Timbu ktu liegen folgende Meldungen vor: Eine von dem Gouverneur des Sudan ein— egangene Depesche besagt, ein Theil der Kolonne des Obersten onnier habe sich am 12. Januar von Timbuktu unter dem Befehl Bonnier's auf Rekognoszierung begeben. Die Ex⸗ pedition sei drei Tagemaärsche von Timbuktu während des Schlafes von den Tugregs überfallen worden. Ein Theil der Kolonne habe nach Timbuktu zurückkehren können, aber neun Offiziere, darunter Bonnier, zwei europäische Ser⸗ geanten und 68 eingeborene Soldaten würden vermißt. Es eien Maßnahmen zur Vertheidigung von Timbuktu getroffen worden. Ein weiteres Telegramm reproduziert eine von Hauptmann Philippe. Kommandanten des Postens in Timbuktu, an den Gouverneur gerichtete telegraphische Meldung, wonach Oberst Bonnier am 12. v. M. Morgens mit einem Major, dem gesammten Stabe, der 5. Kompagnie und sonstigem Gefolge aufgebrochen sei. Die Kolonne, die im Lager von Dongoi bei Gaudam kampiert habe, sei von Tuaregs überrascht worden, von denen ein Theil zu Pferde, ein anderer zu Fuß gewesen sei; mit Lanzen und sessern bewaffnet, seien sie von mehreren Seiten in das Lager eingedrungen und hätten die in Pyramiden aufgestellte Gewehre im Angesichte der Plänkler, welche die Waffen nicht mehr hätten ergreifen können, umgestürzt. Einem Hauptmann sowie mehreren Leuten sei es gelungen, zu entfliehen. Die Tuaregs seien alsbald in zahlreichen Haufen bis in die nächste Umgebung der Stadt gekommen und hätten um diese einen Kreis gebildei, seien aber bald verschwunden, als die Truppen sich hätten blicken lassen. Der Hauptmann Philippe theilt ferner mit, er besitze 300 Gewehre, 6 Kanonen und erwarte demnächst eine Truppenverstärkung. Die Flottille habe Befehl er⸗ halten, ihre Abfahrt aufzuschleben; er besitze hin⸗ reichende Lebensmittel bis zur Ankunft der bereits angekündigten Verstärkung. Die Bevölkerung wünsche sehnlichst Ruhe und hahe die Franzosen gut aufgenommen; selbst entfernte Dörfer hätten durch Abordnungen ihre Unterwerfung anbieten lassen. Der lokale Verkehr habe nicht zu leiden; der Gesundheits⸗ zustand sei ein guter.

Sämmtliche heute erschienenen Blätter besprechen die Niedermetzelung der Expedition des Obersten Bonnier und meinen, es sei jetzt nicht Zeit, Anschuldigungen zu er⸗ heben, sondern es müßten die nöthigen Maßregeln getroffen werden zu einem Schlage, der das Ansehen Frankreichs in Zentral⸗Afrika wieder hebe. Der „Figaro“ sagt, die Be⸗ setzung der Tuat⸗Oasen erscheine dringend geboten.

Der Deputirte Couchard wird in der Deputirten—⸗ kam mer eine Interpellation betreffs der Vorgänge in Tim bu ktu einbringen. Die Regierung, die bereits be⸗ schlossen hat, Truppenverstärkungen nach Timbuktu zu ent—⸗ senden, wird, wie ‚W. T. B.“ erfährt, die Erklärung abgeben, es seien Maßnahmen getroffen worden, um die Schlappe wieder wett zu machen, und außerdem hinzufügen, Oberst Bonnier habe die Expedition trotz der gegentheiligen Befehle der Regie⸗ rung unternommen.

Rußland.

Der Kaiser ist nach einer Meldung aus St. Petersburg so weit genesen, daß wieder zum Vortrag empfängt.

Spanien.

Wie „W. T. B.“ aus Madrid meldet, wäre infolge der Ausdehnung, welche das Räuberunwesen in der Provinz Toledo nehme, eine allgemeine Absuchung der Berge um Toledo angeordnet worden. Wegen der wachsenden Noth in der Provinz Cadix verlange der Gouverneur die Aus—⸗ führung großer Arbeiten, um der Bevölkerung Beschäftigung zu geben. ;

Schweiz.

Der Bundesrath wird dem „Bund“ zufolge in seiner Erwiderung auf die letzte Note der italienischen Re⸗ gierung lsiehe Nr 34 8. Bl) mit aller Entschiedenheit auf der Anrufung eines Schiedsgerichts bestehen, wie es im schweizerisch-italienischen Handelsvertrag ausdrücklich vorgesehen sei. Sollte dann Italien auf der ö dieses Begehrens beharren, so würden ohne Verzug die zur Wahrung der schweizer Interessen geeigneten Maßregeln getroffen werden.

Amerika.

Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“ aus Rio de Janeiro hätten außer Italien auch die Vereinigten Staaten und England die Anerkennung der Aufständischen als kriegführende Partei abgelehnt. In a eingetroffenen Nachrichten aus Rio de Janeiro von gestern zufolge wäre dort eine Verschwörung zur Ermordung des Marschalls Pei xoto entdeckt worden. Es hätten bereits zahlreiche Ver⸗ haftungen stattgefunden, mehrere der Verhafteten seien er⸗ schofen worden. Aus Rio Grande wird gemeldet, die Aufständischen näherten sich Porto Alegre.

Afrika.

Aus Melilla ist dem, W. T. B.“ zufolge in Madrid die Nachricht eingegangen, daß ein Abgesandterdes Sultans an die Riffkabylen die Vertheilung der KontribuUtion für die Spanien zu gewährende Entschädigung fest—⸗ setze. Da die Summe, die den einzelnen Einwohner treffe, eine bedeutende sei, werde ein Zusammenstoß zwischen den Marokkanern und den Kabylen befürchtet.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichs⸗ tags befindet sich in der Ersten, der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten in der Zweiten Beilage.

In der heutigen 46. Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär Dr. von Stephan beiwohnte, wurde die Berathung des Spezial Etats der Post⸗ und Telegraphen verwaltung fortgesetzt und zwar bei den Ausgaben des Reichs⸗Postamts, Titel 2: Unter⸗Staats⸗ sekretär 20 0900 (S6, zwei Direktoren je 15 000 S .

Die Budgetkommission beantragt, wie bisher nur die Ge⸗ hälter für drei Direktoren 6 000 M zu bewilligen.

Abg. Dr. Müller⸗Sagan (fr. Volkep⸗) knüpft an diesen Titel eine Beschwerde über das Verhalten der Verwaltung gegenüber dem Postassistentenderbande; die Assistenten seien

unzufrieden, weil ihnen die Narri re. der Postsekcetäre ver- schränkt sei. Das beruhe auf dem Personalreglement von 1871; man konne wohl den veränderten wirthschaftlichen Verhältnissen ent. Vwrechend ein neues aufftellen, da die Assistenten jetzt einen höheren Büdungsgrad haben als früher. Daß jetzt die Unzufriedenheit so groß 9 ist nicht eine Folge des Verbands, sondern umgekehrt: zus der Unzufriedenheit ist der Verband entstanden, weil die kurz nach 1871 eingetretenen iungen Leute jetzt die Folgen des Personalreglements erkennen. Der eigentliche Zweck des Verbands rechtfertigt nicht seine Verfolgung durch die Verwaltung, die kein Mittel unversucht gelassen hat, um den Verband zu sprengen. Präsident von Leveßom macht den Redner darauf aufmerksam, daß diese Frage doch wohl eher zum Titel 22: Post⸗Assistenten. gehört.) Redner bricht seine Rede ab, um sie bei dem bezeichneten Titel fort⸗ zusetzen. J = ( ; ag von Kardorff (Rp.): Deutschland kann sich gratulieren, daß es einen solchen General⸗Postmeister hat wie den Staatssekretär Dr. von Stephan, einen der genialsten Männer dieses Jahrhunderts, inen Organisator allerersten Ranges. Demgegenüber bedeuten alle solche Angriffe wie die des Abg. Br. Schoenlank garnichts. Auf die Einzelheiten der Rede werde ich später zurückkommen.

Abg. Sröber (Zentr.) meint, daß es sich hier bloß um eine Gehaltserhöhung für einen Beamten handelt, denn es werde keine neue Organisation und keine Vermehrung der Arbeitskräfte geschaffen. Redner beantragt, nicht nur die Stelle des Unter⸗Staatssekretärs zu streichen, sondern auch die Umwandlung der Stelle eines ständigen Hilfsarbeiters in die eines vortragenden Raths, wofür 3000 ½ mehr gefordert werden.

Bei Schluß des Blattes nimmt der Staatssekretär Dr. von Stephan das Wort zu einer Rede, die wir am Montag

im Wortlaut bringen werden.

In der Budgetkommissi on des Reichstags wurde gestern der Kolonial⸗Etat für Kamerun genehmigt, ebenso der Etat für Togo (186 000 S6) sowie der Etat für Südwest-Afrika (1 027 000 Mx), womit der Kolonial⸗Etat erledigt ist.

Die Kommission des Reichstags zur Berathung der vom Jentrum beantragten Novelle zur Konkursordnung stimmte gestern dem Antrage Buchka bei und nahm Nr. 2 des § 41 in folgender Fassung an: „Den Faustpfandgläubigern stehen gleich Verpächter in . der Früchte des Grundstuͤcks und der ein⸗ gebrachten Sachen, sofern die Früchte oder Sachen sich noch auf dem Hhrundstũck befinden, wegen des laufenden und des rückständigen Zinses, sowie wegen anderer Forderungen aus dem Pachtverhältniß; jedoch mit der Einschränkung daß dem Verpächter, soweit er eine solche Forderung infolge der Kündigung des Verwalters geltend machen kann, wegen dieser Forderung der Anspruch auf abgesonderte Be⸗ friedigung nicht zusteht.“

Die Wahlprüfungskommission des Reichstags beantragt, die Wahl des Abg. Haake (Rp.) im vierten Wahlkreis des Regierungsbezirks Frankfurt a. D. (Stadt Frankfurt a. O., Kreis Lebus) für gültig zu erklären, dagegen den Beschluß über die Gültig keit der Wahl des Abg. von Chlapow s ki (Pole) im sechsten Wahl— kreise des Regierungsbezirks Posen (Kreise Fraustadt und Lissa) bis zum Eingang weiterer Ermittelungen auszusetzen.

Die Kommission des Reichs tags zur Berathung des Gesetzentwurfs jum Schutz der Waarenbezeichnungen trat heute zusammen. Die ersten vier Paragraphen wurden unverändert angenommen; in § 5, welcher besagt, daß, wenn ein zur Anmeldung gebrachtes Waarenzeichen mit einem anderen für dieselben oder für gleichartige Waaren früher angemeldeten Üübereinstimmt, der Inhaber dieses ö durch das Patentamt hiervon zu benachrichtigen ist, wurde ein Zusatz eingeführt, wonach diese Benachrichtigung auch zu erfolgen hat, wenn das neu angemeldete Waarenzeichen eine solche Aehnlichkeit besitzt, daß die Gefahr der Verwechselung vorliegt.

Der Abg. von Schöning (dkons) hat im Reichstag folgenden Antrag eingebracht: Der Reichstag wolle beschließen: den Reichskanzler zu ersuchen, dahin zu wirken, daß denjenigen Offizieren, Sanitäts⸗Offizieren. Beamten und Mannschaften des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine, welche infolge einer im Kriege 1870/71 erlittenen Verwundung oder sonstigen Dienstbeschädigung behindert waren, an den weiteren Unternehmungen des Feldzugs theil zu nehmen, und dadurch der Anrechnung eines zweiten Kriegs— ja bres bei der Pensionierung verluftig gegangen sind, der betreffende Pensionsausfall erstattet werde.

Dem Hause der Abgeordneten ist nachstehender Ent

eines Geseßes, betreffend die Aufsuchung und Gewinnung

Kali- und Magnesiasalze, nebst Begründung zugegangen:

Art. . Der § 1“ des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865 (Gesetz⸗Samml. S. 705) erhält folgende Fassung:

Die nachstehend bezeichneten Mineralien sind vom Verfügungẽ— recht der , , . ausgeschlossen Gold, Silber, Quecksilber, Gisen mit Ausnahme der Raseneisenerze, Blei, Kupfer, im Zink, Kobalt, Nickel, Arsenik., Mangan, Antimon und Schwefel, gediegen und als Erze; Alaun und Vitriolerze; Steinkohle, Braunkohle und Braphit; Steinsalz, Kali⸗ und Magnesiasalze und die Soolquellen. Die Auffuchung und Gewinnung dieser Mineralien unterliegt, soweit nicht für einzelne derselben abweichende Bestimmungen getroffen werden, den Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes.

Art. II. Der erste Satz des Art. II der Allerhöchsten Ver⸗ 1dnung vom 8. Mai 1867, betreffend die Einführung des Allgemeinen Berggesetzeßs vom 24. Juni 1866 in das Gebiet des vormaligen Königreichs Hannover (Gesetz Samml. S. 60), erhält folgende Fassung: Von den im F J des Allgemeinen Berggesetzes von dem Ver⸗ fügungsrechte des Grundeigenthümers ausgeschlossenen Mineralien kommen, vorbehaltlich der bestehenden Berechtigungen, Steinfal und die Soolquellen in Wegfall.

Art. II. Die Aufsuchung und Gewinnung der Kali. und Magnesiasalze steht fortan ausschließlich dem Staat zu.

Der Vorbehalt dieser Salze zu Gunsten des Staats erstreckt sich auch auf Steinsalze und andere Salze, welche mit den Kali- und Magnesiasalzen in solchem Zusammenhang vorkommen, daß sie mit den letzteren nach der Entscheidung des ber Bergamts aus berg technischen oder bergpolizeilichen Gründen gemeinschaftlich gewonnen werden müssen. ;

Die Vorschriften des Allgemeinen Berggesetzes über das Muthen und das Verleihen bleiben für den auf Grund der vorstehenden Be—⸗ stimmung zu eröffnenden Bergbau des Staats außer Anwendung. Art. 1IV. Unberührt von den Vorschriften dieses Gesetzes bleiben in den Landestheilen außer der Proinz Hannover:

1 die beim Inkrafttreten desselben schon erworbenen Berech⸗ tigungen auf die nach Art. I dem Staate vorbehaltenen Mineralien; = die bie zu diesem Zeitpunkte durch Muthungen bereits be⸗ gründeten Ansprüche auf Verleibung des Bergwerkzeigenthumz an dien Mingralien, jedoch, jauũs ihre Entdeckung durch Schürfarbeiten erfolgt ist, nur unter der Voraußfetzung, daß 66 bereits wor dem 3. Februar 1894 begonnen wurden. ö. ( Art. 7. Unberührt bleiben ferner durch die Vorschriften in Art. IJ und I in der Probin; Hannober: M. die beim Inkrafttreten der Allerhöchsten Verordnung vom 8. Mai 1867 (Gesetz Samml. S. 601) bereits vorhandenen Verechti⸗ gungen auf die nach Art, III dem Staate vorbehaltenen Mineralien; die Lettdem auf Grund de Ferfügunggrechts des Hrundeigen thümers eröffneten Gewinnungen von Mneralien dieser Art.

Als eröffnet im Sinne dieser Bestimmung 1 eine Mineral⸗ winnung schon dann anzusehen, wenn vor dem Inkrafttrefen diefes Sesetzes das zorkommen eines der im Art. III bezeichneten Mineralien 2 einer natürlichen , entdeckt worden ift, falls jedoch

ie Entdeckung durch Schürfarbeiten erfolgte, nur unter der in Art. IV unter Ziffer 3 gedachten Vorgussetzung.

Art. II. In dem in Ärt. Yun er Ziffer 2 vo istreckt sich Las Gewinnungẽrecht, abgesehen von dem

rgesehenen Falle n fr auf

gen

dem das Mineral entdeckt worden ist, auch auf die mit diesem eine zusammenhängende Fläche bildenden Grundstücke welche dem Ge⸗ winnungsberechtigten bereits vor dem 8. Februar 1894 eigenthümsich zugehörken oder für welche ihm bereits vor diesem Tage das Ge— winnungsrecht von ihren Eigenthümern abgetreten wurde. Sofern jedoch bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes mit der Förderung der

fraglichen icht regcnnen 11 beschr ment sich das

Sewinnungsrecht innerhalb der vorbezeichneten Umgrenzung auf eine

Fläche von höchstens zweihundert Hektaren.

Art. VII.. Wer auf Grund des Art. V unter Ziffer 2 das Ge— winnungsrecht in Anspruch nimmt, ohne bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes mit der Förderung der entdeckten Mineralien bereits be- gonnen zu haben, ist bei Verlust seines Anspruchs verpflichtet, binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes seinen Fund bei dem Ober⸗ Bergamt zur Feststellung anzumelden. ‚.

Der Anmeldung ist ein von einem konzessionierten Markscheider oder vereidigten Feldmesser angefertigter Situationsriß des beanspruch⸗ ten Feldes beizufügen, auf den die Vorschriften des § 17 des All⸗ gemeinen Berggesetzes zur Anwendung kommen.

Auf Erfordern des Ober ⸗Bergamts sind auch die Inhaber anderer, nicht unter die Vorschrift im ersten Absatz dieses Artikels fallender Gewinnungsberechtigungen in der Provinz Hannover verpflichtet, dem Ober⸗Bergamt die zur Feststellung des Umfangs ihres Gewinnungs⸗ rechts erforderlichen ö geeignetenfalls unter Beifügung eines den Anforderungen des 5 17 a. a. D. entsprechenden Situationsrisses vorzulegen.

Das Ober ⸗Bergamt hat dem Gewinnungsberechtigten auf Ver⸗ langen eine Bescheinigung über das Ergebniß der Fundesfeststellung und über den Umfang seines Gewinnungsrechts zu erkheilen.

Art. III. Arbeiten zur Aufsuchung der nach Art. II, dem Staate vorbehaltenen Mineralien (Schürfarbeiten), welche bereits vor dem 8. Februar 1894 begonnen wurden, aber bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht zur Fündigkeit geführt haben, dürfen fort— gesetzt werden. Wird auf Grund derselben innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten des Gesetzes ein Fund gemacht, so ist dieser bei Verlust aller Ansprüche innerhalb einer Woche nach Ablauf des . der Entdeckung bei dem Ober⸗Bergamt anzumelden. In diesem Falle ist der Staat befugt, gegen Erstattung der auf die Schürf⸗ arbeiten nachweislich aufgewandten Kosten die Abtretung des Fundes zu verlangen.

Macht der Staat von dieser Befugniß innerhalb dreier Monate vom Ablauf des Tages der Anmeldung des Fundes keinen Gebrauch, so verbleibt dem Finder der Anspruch auf Verleihung des Bergwerks— eigenthums nach Maßgabe der Bestimmungen des Allgemeinen Berg— gesetzes bezw. in der Provinz Hannover auf Einräumung des Ge— winnungsrechts nach Maßgabe des Art. VI dieses Gesetzes.

Art. TX. Dieses Gesetz tritt mit dem Tage seiner Verkündigung in Kraft.

Mit seiner Ausführung wird der Minister für Handel und Ge⸗ werbe beauftragt.

Auf der Tagesordnung der nächsten 14. Plenarsitzung des Hauses der Abgeordneten am Montag, 12. Februar, Vor— mittags 11 Uhr, steht als einziger Gegenstand die Fortsetzung der ersten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Erweiterung und k des Staatseisenbahnnetzes und die Betheiligung des Staats an dem Bau einer Eisenbahn von Witt stock nach der Landesgrenze in der Richtung auf Mirow.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Saatenstand in Rumänien.

In der Moldau herrschte während der ersten Hälfte des vorigen Monats strenge Kälte, während die Felder nur mit einer geringen Schneedecke versehen, zum theil auch ganz frei von Schnee waren. Die Saaten sollen, wie mitgetheilt wird, bisher noch keinen ernstlichen Schaden erlitten haben; doch wird bei dem Mangel einer Schneedecke und der nunmehr herrschenden milden Witterung mit der Möglichkeit gerechnet werden müssen, daß neu eintretender Frost den Saatenstand ungünstig beeinflußt.

In der Walachei ist der Stand der Saaten im allgemeinen gut, auch sind die Saaten durch Schnee genügend geschützt.

Verkehrs⸗Anstalten.

Bremen, 9. Februar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer Fulda“ hat am J. Februar Mittags die Reise von Algier nach Neapel fortgesetzt. Der Schnelldampfer „Ems“ hat am 8. Februar Morgens die Reise von Southampton nach Bremen fortgesetzt; er überbringt 207 Passagiere und volle Ladung. Der Schnelldampfer Lahn“ hat am 7. Februar Nachmittags die Reise von Southampton nach New ⸗Jork fortgesetzt. Der Postdampfer „Hannover“ hat am 7. Februar die Reise von Oporto nach Lissabon fortgesetzt. Der Postdampfer Pfalz“ hat am 8. Februar Morgens die Reise von Antwerpen nach Corunna fortgesetzt. Der . dampfer Stuttgart“ hat am 8. Februar Morgens Lizard passiert. Der Posldampfer Kronprinz Friedrich Wilhelm“ ist am 7. Februar Mittags von New⸗York nach Genua abgegangen. Der Postdampfer H. H. Meier“ ist am 8. Februar Vormittags in Baltimore angekommen.

Theater und Musik.

Deutsches Theater.

Die Wobhlthätigkeitsvorstellung, die gestern Abend zu Gunsten der Hinterbliebenen des Schauspielers Karl Meißner stattfand, nahm einen glänzenden Verlauf. An der Durchführung eines in allen Theilen heiteren Programms, wie es der Bühnen- thätigkeit des Verstorbenen entsprach, betheiligten sich in bervor⸗ ragender Weise die älteren Berufsgengssen Karl Meißner's aus der Blüthezeit des Wallner ⸗Theaters und die Kollegen von der letzten Stätte seiner Wirksamkeit, die Mitglieder des Zentral-Theaters. Daß auch andere Theaterkreise, besonders einzelne. Mitglieder der Königlichen Bühnen und des Deutschen Theaters, bereitwilligst ihre Mitwirkung ge⸗ liehen haben, spricht in ehrender Weise für die n ,,,. Freund⸗ schaft, die Karl Meißner sich überall erworben hatte. Mit dem ein⸗ aktigen Lustspiel, Das er ste Mitt age ssen. von Karl Görlitz, das besonders durch die drastische Darstellung der Köchin durch Frau Anna Schram m ofters stürmische Heiterkeit erregte, wurde die Auffüh⸗ 0 eulich eingeleitet. Das lleine Wert ist, wenn man von der einmali⸗

ufführung, die es kürzlich im Königlichen Schauspielhause erlebte, absieht, gestern Abend aus dem Staube der Vergangenheit wieder einem größeren Publikum in Erinnerung gebracht worden. Man konnte hier so recht den Wechsel der Erscheinungen und der Schicksale beobachten. Vor fünfundzwanzig Jahren, als dieselben Räume, die jetzt der hohen tragischen Kunst dienen, der leichten, heiteren, pikanten Muse ge— widmet waren, wurde dieses kleine Lustspiel hier zuerst aufgeführt. Von den Darstellern ist nur Anna Schramm in ihrer Rolle ver⸗ blieben: eine Darstellerin freilich, die es inzwischen zu der rühm lichen Stellung einer Königlichen Hofschauspielerin gebracht hat. Ihr Humor, ihre gemhhlichs Perftschkelt. hal. fich unter allen Stürmen des Lebens erhalten, und gestern, wie vor einem Vierteljahrhundert, erweckte ihr Spiel das herzliche Lachen der Zu⸗ chauer. Fräulein von Mayburg und die Herren Nissen und

berländer hatten die übrigen Rollen übernommen und führten sie mit Laune durch, Im naͤchsten Stück trat Herr Kadelburg als Dichter, Schauspieler und Regisseur in den. Vordergrund. Sein Schwank In Zivil“ wurde von den Mitgliedern des Deutschen Theaters, das dem kleinen Einakter schon manchen heiteren Erfolg zu danken hat, dargestellt. Herr Kadelburg als Lieutenant in Zivil in tausend Aengsten und Herr En ge ls als hilfsbereiter pfiffiger Bursche im Verein mst Fräulein Retty und den Herren Merten und

bebagliche F D an ihr ) ihre Gesangs⸗ nummern vor; dann traten in großer Zahl die Kollegen Karl Meißner s, die mit ibm am Wallner⸗Thegter gewirkt hatten und jetzt zumeist eine höhere Stufe auf der Staffel zum Ruhm erklommen haben, als Darsteller bervor. Die Damen Schramm, Hedwig Meyer, Carlsen und Walther⸗Trost, die Herren Engels und Kadelburg fübrten den Reigen, unterstützt von den Herren Retty, Th. Müller und Bollmann. Die lebhafteste ude rief bei dieser Aufführung der Regisseur hervor; im Schluß⸗ bilde erschien in der Mitte der Handwerkergruppe Karl Helmerding, der zu den unvergessenen Größen der alten Berliner Posse gehört. Die Freude, den volksthämlichsten Bübnenkünsftler noch einmal vor der Rampe zu sehen, ergriff un⸗ villkürlich das ganze Publikum. Nach wiederholten Hervorrufen dankte Helmerding mit einigen poetischen Worten. Ser Schluß brachte die Revue Berlin 18933. die von den Mitgliedern des Zentral⸗Theaters mit bewährter Frische dargestellt wurde. Frau Dora als neues und Herr Worlitzsch als altes Jahr sangen und spielten vortrefflich und mit liebenswürdigem Humor, Neu eingeschaltet waren eine Tanzeinlage des Fräuleins dell' Era und ein Männerchor, ausgeführt vom Er k'schen Männer⸗Gesang⸗Verein, der der Germania seine Suldigung darbrachte. Der Vorstellung, die durchweg einen erfreulichen Verlauf nahm, wohnten Ihre Majestät die Katserin und Königin und Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Heinrich während des erften größeren Theils der Aufführungen bei. . Berliner Theater.

Das Schauspiel Dorf und Stadt' von Charlotte Birch⸗ Pfeiffer, welches gestern eines Gastspiels wegen wieder in Scene ging, bewies aufs neue seine Lebenskraft. Die reizenden Scenen, in denen das idyllische bäuerliche Familienleben vorgeführt wird, sowie die anziehende Schwarzwälder Frauengestalt des Lorle entschädigen die Zuschauer für die besonders im dritten und vierten Akt mit zu großer Weitschweifigkeit ausgeführten Rührscenen. In der ebenso schwierigen wie ansprechenden Rolle des Lorle trat das Ehrenmitglied des Herzoglichen Hoftheaters in Meiningen, Frau Augu ste Prafch⸗ Grevenberg, Gattin des Intendanten des Mannheimer Héf⸗ Theaters, erstmalig auf. Vortheilhafte Erscheinung, ein klangvolles sympathisches Organ, große Bühnensicherheit und feelenvolles Spiel befähigen die Künstlerin vorzugsweise für die hier gestellte Aufgabe. Ihre Leistung entsprach deshalb auch vollständig den auf sie gesetzten Erwartungen, abgesehen davon, daß sie, streng genommen, für die erste Abtheilung des Stückes, wo sie das übermüthige Bauernmädel meisterhaft darstellt, nicht mehr erscheint. Mit

Konzerte.

Der Ghor der Sing⸗Aka demie brachte am Freitag unter Leitung des Herrn Professors Blumner in seinem dritten Abonnements-Konzert Sebastian Bach's „Magnifleat? zum vierten Male, Mendelssohn's 95. Psalm zum ersten Male und die Festkantate? von M. Blumner, die zur Säkularfeier der Sing⸗ Akademie (1891) gesungen wurde, zum zweiten Male zur Auf⸗ führung. In dem Magnificat? sind bekanntlich für den Chor wie für das Orchester sehr erhebliche Schwierigkeiten enthalten, die jedoch durch die einsichtsvolle Leitung des Dirigenten überwunden wurden. Der von Mendelssohn komponierte Pfalm, der leichter auszuführen ist, enthält viel werthvolle Gedanken, die be⸗ sonders im zweiten, kanonisch gehaltenen Chor: ‚Kommet herzu, laßt uns dem Herrn frohlocken“, in dem Tenorsolo mit Chor: ‚Denn sein ist das Meer?“ und in dem Schlußchor: Heute so ihr seine Stimme bört! aufs wirkungsvollste hervortreten. Auch in diesem Werk bewährt sich die melodische Erfindung und die glänzende Instrumentierung Mendels⸗ sohn's. In Blumner's Festkantater ist der erste Chor, der, das kurze, kraftvolle Motiv aus dem Vorspiel des Orchesters weiterführend, sich durch kunftvolle volpphone Gestaltung auszeichnet, von sehr erhebender Wirkung. Ein gleiches gilt von dem achtstimmigen Chor „Der Herr hat große Dinge an uns gethan“, von dem folgenden Quartett mit Chor und den meisten anderen sich sodann anreihenden Chören, Arien und Duetten, sowie von dem Schlußchor „Jauchzet dem Serrn! und dem Choral Sei Lob und Ehr“. Baß in manchen Cbören durch mehrfache Wiederholung gleichartig 6 musikalischer Episoden eine Länge fühlbar wird, mag ier nicht unerwähnt bleiben. Der Totaleindruck des Werks ist stets der Bezeichnung des Titels entsprechend. Alle drei Chorwerke wurden von den Sängern und dem Philharmonischen Orchester in jeder Beziehung vollendet vorgetragen. Auch die Solisten: die Damen Oberbeck, Step han und die Herren Dierich und Rolle leisteten wiederum ganz Vorzügliches.

An demselben Abend ließ sich im Saal Bechste in Herr Henrik Westberg (Bariton aus Köln hören. Mit klangvoller, auch in der Höhe leicht ansprechender Stimme, reiner Intonation und gebildeter Vortragsweise brachte er Beethoven's Adelaide“, sowie Lieder von H. Riedel, R. Strauß, Westmeyer und anderen unter woblverdientem Beifall zur Ausführung. Die stets gern gehörte Pianistin M. Dornig bewährte die Vorzüge ihres klaren und fein—⸗ schattierenden Spiels wiederum durch den Vortrag mehrerer Soli, die gleichfalls beifällige Aufnahme fanden.

Im Königlichen Opernhause gehen morgen Wagner's Meistersinger von Nürnberg mit Fräulein Leisinger, g Frau Götze, den Herren Betz, Schmidt, Lieban in den Hauptrollen unter Kapell⸗ meifter Weingartner's Leitung in Scene. Herr Emil Götze singt den Stolzing als ast. Am Montag findet auf Allerhöchsten Befehl der erste diesjährige Gesellschafts. Abend statt. Zur Aufführung gelangen Leoncavallo's Bajazzi? (Frau Herzog, Derren Sylva, Bulß), unter Kapellmeister Ir. Muck's Leitung, und die mythologische Tanzdichtung Prometheus“ von Tauberk⸗ Graeb (Fräulein dell' Era, Herr Burwig) mit Beethoven's Musik. Am Mittwoch veranstaltet Hie Königliche Oper eine Richard Wagner ⸗Gedächtnißfeier, bei welcher Der fliegende Vollander in Scene gehen wird. Kapellmeister Sucher dirigiert . Montag das Konzert des Richard Wagner Vereins in der Phil⸗ armonie.

Im Königlichen Schauspielhause werden morgen Moli eres hel h ct! Frauen (Damen Kahle, Abich, Lindner, Schramm, Conrad, Herren Vollmer, Purschtan, Klein, Keßler) und Der eingebildete Kranken (Damen Kahle, Conrad, ,,,, Herren Vollmer, Keßler, Hertzer) gegeben. Am ontag findet eine Aufführung der beiden Lustspiele Die Minnekönigin! und ‚Ver⸗ botene . statt. Frau Clara Meyer tritt am Freitag zum letzten al in dieser Spieljzeit als Porzia im „Kaufmann von Venedig auf.

Im Deutschen Theater finden Wiederholungen des Lustspiels Der Herr Senator! morgen, am Montag, Mittwoch, Donnerztag und Sonnabend statt. Am Dienstag kommt Grillparzer's Trauer⸗ spiel Des Meeres und der Liebe Wellen mit Josef Kainz als Leander und Teresina Geßner als Hero zur Aufführung. Für Frei⸗ tag ist Der Talisman“ angesetzt.