1894 / 36 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 10 Feb 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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betrag von 145 Millionen Mark, von denen jedoch nur 30 Millionen für Neubahnen bestimmt waren.

Meine Herren, es darf also, wie gesagt, die Vorlage den Vergleich mit den Vorjahren nicht scheuen; sie erscheint viel⸗ mehr als eine immerhin sehr erhebliche Erweiterung des Staatseisenbahnnetzes und darf nach meiner unmaßgeblichen Ansicht umsomehr befriedigen, als ja doch andererseits die Entwickelung unseres Eisenbahnwesens wesentlich dadurch gefördert ist, daß in höherem Maße der Privatindustrie der Bau von Neben⸗ bahnen überlassen wird, als das in früheren Jahren der Fall gewesen ist. Es ist allein im Jahre 1893 für zwanzig Nebenbahnen die Genehmigung für die Anfertigung von Vorarbeiten ertheilt worden. Aber auch das Kleinbahnwesen nimmt einen immer mehr steigenden, höchst erfreulichen Aufschwung. Meine Herren, bereits in der ersten Nummer der Zeitschrift für Kleinbahnen, die ich hier Ihrer wohlwollenden Beachtung zu empfehlen mir gestatte, ist darauf hin⸗ gewiesen, daß in sehr vielen Theilen des Landes der Bau von Klein bahnen eifrig und mit Erfolg in die Hand genommen ist und bereits eine große Reihe von Projekten so weit auskrystallisiert sind, daß ihre Verwirklichung in nahe Aussicht gestellt werden kann.

Meine Herren, dadurch, daß der private Unternehmungsgeist und das private Kapital sich in so erfreulich steigendem Maße wiederum dem Eisenbahnbau zuwendet, ist mit Sicherheit zu erwarten, daß in verhältnißmäßig kurzen Jahren der Ausbau unseres Staatsbahnnetzes eine erhebliche Ausdehnung erlangt

haben wird zum reichen Segen unseres Landes, daß aber auch aus

dieser Ausgestaltung des Eisenbahnnetzes die betheiligte Industrie, namentlich die Eisenindustrie, sehr erhebliche Vortheile ziehen wird. Es ist zugegeben, daß an wirklichen Bauausführungen zur Zeit verhältnißmäßig noch wenig im Gange ist, aber es wird bereits im Laufe dieses Jahres und noch mehr im Laufe des nächsten Jahres durch den Bau von Nebenbahnen und Kleinbahnen ein großes Arbeitsfeld sich eröffnen.

Meine Herren, ich darf bei dieser Gelegenheit nicht um meine Verwaltung zu rühmen, sondern nur um auch hier zum Ausdruck zu bringen, daß ich mich der früher meinerseits gegebenen Zusagen durchaus erinnere bemerken, daß von meinem Ressort und, soviel ich beobachtet habe, auch von den anderen betheiligten Ressorts nach Möglichkeit dahin gestrebt worden ist, die⸗ jenigen Schwierigkeiten, die theils in der Natur der Dinge, theils aber in der Neuheit der zu Tage tretenden Fragen für alle Be⸗ theiligten liegen, möglichst zu beseitigen und, wo es nicht ging, wenigstens erheblich abzuschwächen.

Es sind in der Presse und auch mir gegenüber Beschwerden laut geworden, daß das Kleinbahnwesen doch noch mit zu bureaukratischen Augen angesehen wird. Es mag das hier und da auch der Fall ge— wesen sein, im allgemeinen trifft es aber nicht zu, und die Direktiven, die aus dem Ministerium gegeben sind, sind jedenfalls geeignet, diese bureaukratischen Bedenken, soweit sie unberechtigt sind, unbedingt auf⸗ zuheben.

Meine Herren, die heutige Vorlage unterscheidet sich von der des Vorjahres aber noch in anderen Dingen und zwar, wie ich meine, nicht zu ihrem Nachtheil. Auf einige Punkte habe ich schon kurz hin⸗ gedeutet: daß nämlich die Vorlage außer den Mitteln für neue Linien und für die zu ihrer Ausrüstung erforderlichen Betriebsmittel keinerlei anderweitige Anforderungen enthält, daß vielmehr alle die⸗ jenigen Ausgaben, welche zur Erbauung neuer Gleise, zur Erweiterung und Vervollständigung der Bahnhöfe und sonstigen Bahnausrüstungen erforderlich sind, in den ordentlichen Etat ge⸗ wiesen sind. Meine Herren, ob es in alle Zukunft möglich erscheinen wird, die Nebenbahnvorlage so reinlich und zweifelsohne zu gestalten, wie es in diesem Jahre der Fall gewesen ist, darüber möchte ich heut⸗ zutage ein bestimmtes Urtheil noch nicht abgeben. Ich kann mir wohl denken, daß, abgesehen von einzelnen Nachforderungen, die niemals ganz zu vermeiden sein werden, andere ungünstige Verhältnisse uns zwingen können, doch noch für andere Dinge Kreditforderungen an das hohe Haus zu erheben, als nur für Neubaulinien und deren Betriebsmittel.

Der zweite Punkt, in dem sich die gegenwärtige Vorlage von der früheren unterscheidet, ist der, daß zum ersten Mal wieder eine Voll⸗ bahn in der Gesetzvorlage erscheint. Es ist das eine Vollbahn, die eine sehr lange Geschichte hinter sich hat und die jetzt hoffentlich mit Ihrer Hilfe zum glücklichen Ende gelangt.

Die dritte Eigenthümlichkeit liegt darin, daß außer dieser Voll⸗ bahn auch eine Schmalspurbahn in der Gesetzvorlage vorgesehen ist, auch, so viel ich weiß, seit langen Jahren zum ersten Mal. Es handelt sich um die Erweiterung des Besitzes an Schmalspurbahnen im oberschlesischen Revier, die durch Entwicklung der Industrie des Reviers durchaus nothwendig geworden ist, damit die Staatsbahn⸗ verwaltung in der Lage bleibt, den Ansprüchen der Industrie gerecht zu werden.

Ich hoffe, meine Herren, daß trotz der vielfachen Wünsche, die nicht erfüllt werden, doch dem weiteren Ausbau des Staatseisenbahn⸗ netzes, der Ihnen in dieser Vorlage zur Beschlußfassung unterbreitet wird, Ihre Zustimmung nicht versagt werden wird.

Abg. Baen sch⸗Schmidtlein Gr. Ra ĩ ie Bahn , ,, ö er geb . Hirschberg nicht vorgeschlagen sei, um das Riesengebirge der Bevölkerung ebenso näher zu rücken, wie man durch Extrazüge Adersbach und Weckelsdorf zugänglich mache. An die Linie Breslau Hirschberg würde sich die Strecke Striegau—Maltsch anschließen.

Abg. Frhr. von Dobeneck (kons.) bittet um die Fortführung der Linie Wriezen Jädickendorff und bemängelt es, daß die Kreise dem Fiskus nicht nur das Bahnterrain kostenfrei übergeben, sondern auch mit großen Kosten die Auflassung bewirken müßten, während sie der Fiskus als Erwerber ohne Kosten bewirken könnte. Dazu müßten die Kreise nach vollendetem Bau auch noch die Schluß vermessung vollziehen; sie befänden sich beinahe in der Lage eines Berliner Mieibers, der einen gedruckien Miethsverirag unterschrieben und sich nachher der an ihn gestellten Anforderungen nicht erwehren könne. Man verlange sogar unentgeltlich den Kies zum Bau des Bahndammes. Besser wäre es, der Staat verlangte für den Bau einer Bahn für jedes Kilometer einen bestimmten Zuschuß.

Abg. vom Rath (ul) bittet, die im I befindlichen Vor⸗ arbeiten für die Bahn Stockheim Frankfurt (Main) zu beschleunigen und in einen Bahnhof nördlich von Frankfurt einzuleiten.

Abg. von Bandemer⸗Selesen (kons.) erklärt namens seiner Kollegen aus dem Wahlkreise Lauenburg ⸗Bütow.Stolp, daß sie bei Uebernahme des Mandats das Versprechen gegeben hätten, für eine Bahn von Leba nach Lauenburg einzutreten. Er lade den Minister ein, einmal eine Fahrt nach dem Hafen Leba zu machen; er würde mit Triumph empfangen werden.

Abg. Gothein (frs. Vg.): Angefangene Bauten sind leider zum theil liegen geblieben, weil die Bauerlaubniß nicht gegeben wurde.

Aber wie in manchen Fällen bei ertheilter Bauerlaubniß verfahren wird, das kann nicht dazu anreizen die Erlaubniß zu ertheilen. Leute, welche 1888 die Bauerlaubniß gegeben haben, haben heute noch nicht das Geld für das abgegebene Land. Die Linie Glatz —-Seitenberg ist beantragt worden, weil Privatunternehmer sie bauen wollten. Die Bahn in das industriereichfte Thal Schlesiens, nach Wüste⸗Waltersdorf ist lange versprochen, aber sie wird nicht gebaut, trotzdem die schlesische Baumwollenindustrie aus Mangel an Bahnen in ihrer Entwickelung gehemmt ist. Ferner sind auszubauen die Linien Bolkenhain —Merzdorf und Petersdorf = Landesgrenze, die von internationaler Bedeutung, aber auch wirthschaftlich wichtig sind wegen der schlesischen Veredelungs— industrie, die nicht mehr nach Oesterreich arbeiten kann.

Abg. Engler ffr. kons) befürwortet die Linien Konitz Berent— Karthaus und Schöneck Stargard Neuenburg. .

Abg. Huglo Herm es (frs. Volksp.) hält es für mißlich, Wünsche des weh reises vorzubringen. So lange er Reichstags⸗Abgeordneter für Westhavelland gewesen sei, habe er das unterlassen; jetzt müsse er sich aber verwundern, daß nicht schon lange die Linie Treuenbrietzen Brandenburg Rathenow - Neustadt an der- Dosse gebaut sei. Alle diese Städte hätten nur über Berlin eine Eisenbahnverbindung mit⸗ einander. Die Bahnen würden bewilligt, aber nachber höre man Jahre lang nichts davon, ohne daß man erfahre, welche Gründe für die Verzögerung vorliegen.

Abg. Hr. Dittrich (entr.) bittet um eine veränderte Führung der Linie Zintau— Rothfließ, sodaß Braunsberg und Heilsberg mit— einander verbunden würden.

Abg. Dr. Gerlich (frkons) spricht seine Befriedigung darüber aus, daß die Eisenbahnvperwaltung Erhebungen anstelle bezüglich der Strecke Stargard Neuenburg; die schlechten Finanzen sollten den Minister nicht vom Ausbau nolhwendiger Strecken abhalten. Kleinbahnprojekte würden zahlreich aufgestellt, aber sie würden nicht ausgeführt werden können, denn es fehle an Geld sowohl bei der Provinz als im Kreise, und der Staat werde ich nicht zahlen wollen. Uebrigens sollten die Lokalbehörden den Kleinbahnen nicht solche Umstände bereiten, und der Minister sollte, wenn eine Kleinbahn nicht genehmigt werde, weil der Staat die Strecke ausbauen wolle, mit diesem Bau möglichst schnell vorgehen.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Sie werden es begreiflich finden, daß ich mich auf alle diejenigen Wünsche, welche die Zukunft betreffen, heute hier nicht weiter ausspreche. Dagegen fühle ich mich verpflichtet, auf einzelne Bemerkungen, die sich auf die Vergangenheit beziehen, oder die allgemeine Grundsätze betreffen, mit kurzen Worten zu erwidern.

Ich möchte zunächst anknüpfen an diejenige Bemerkung, die der Herr Vorredner bezüglich der Erbauung von Kleinbahnen gemacht hat. Der Herr Vorredner ist davon ausgegangen, daß eine gesunde Entwicke⸗ lung des Kleinbahnwesens in denjenigen Landestheilen, welche wirthschaft— lich zu den gesegneten gehören, nur dann zu erreichen sein würde, wenn der Staat wesentliche Unterstützung aus irgend einem Fonds, der ja hier erst in den Etat eingestellt werden müßte, den betreffenden Be⸗ strebungen zu theil werden ließe. Meine Herren, die Frage ist zu einer formellen Erörterung bei der Staatsregierung bisher nicht ge— kommen; ich möchte aber hier schon jetzt diejenigen Bedenken aus sprechen, welche eventuell einem derartigen System entgegenstehen.

Nach meiner Auffassung würde damit der Bau der Kleinbahnen nicht in einem Maße gefördert werden, wie der Herr Vorredner das erwartet; es würde vielmehr dieselbe Erscheinung zu Tage treten, die auch bezüglich der Nebenbahnen hier stets in den Vordergrund getreten ist, nämlich, daß dann um die Staatsunterstützung das Wettrennen beginnt unter allen den Unternehmungen, die überhaupt in Frage kommen können, und daß dadurch der Bau der Bahnen verzögert und zum theil wahrscheinlich unmöglich gemacht werden würde. Denn es würde die Selbsthilfe erlahmen und keiner mehr den Bau einer Kleinbahn anfangen ohne diese Unterstützung. Wenn der Staat sich also nicht entschließen kann, aus staatsfinanziellen oder sonstigen Gründen für jede Bahn pro Kilometer so und soviel Unterstützung zu geben, etwa in derselben Weise, wie das früher bei den Chausseen geschehen ist, so würde ich fürchten, daß die eigene Initiative gelähmt und aus diesem System kein Segen für die Ent— wickelung unseres Kleinbahnnetzes erwachsen möchte. Daß aber der Staat nicht allgemeine kilometerweise Prämien für Kleinbahnen geben kann, bedarf wohl kaum der Ausführung; denn unter diesen Kleinbahnen befinden sich eine große Anzahl, die überhaupt weder eine Unterstützung nöthig haben noch auch eine solche erhalten dürfen. Ich weise darauf hin, daß schon jetzt eine Reihe von Kleinbahnen gebaut werden im Westen, im Osten und überall, die einer derartigen Unterstützung absolut nicht bedürfen, weil die wirthschaftlichen Ver— hältnisse die Rentabilität dieser Ktleinbahnen ohne weiteres ergeben. Meine Herren, ich möchte auch darauf aufmerksam machen, daß der Begriff Kleinbahnen ein sehr umfassender ist, daß unter die Klein⸗ bahnen ebensogut die Trambahnen, Straßenbahnen u. s. w. fallen, die entschieden ja von vornherein schon ausgeschieden werden müßten. Kurzum, der allgemeinen Unterstützung des Staats für die Klein bahnen stehen meines Erachtens die größten Bedenken entgegen.

Der Herr Vorredner hat dann weiter darauf aufmerksam ge⸗ macht, daß zwar von seiten der Zentralbehörden gewiß die beste Absicht bestände, die Entwickelung der Kleinbahnen zu fördern, daß nichts desto weniger aber doch vielfach in den lokalen Instanzen nach seiner Auffassung unnöthige Schwierigkeiten gemacht würden. Ich gebe von vornherein zu, daß ein derartiger Fall vorkommen kann und auch vorkommen wird. Allein, meine Herren, die Ansichten darüber, ob eine Verzögerung und Schwierigkeiten, die erwachsen, gerechtfertigt sind oder nicht, sind häufig sehr verschieden; ein großer Theil

der Kleinbahnunternehmer verkennt die Schwierigkeiten, die

in unserer Gesetzgebung liegen, die namentlich auch in das Klein⸗ bahngesetz mit vollem Bedacht seitens des hohen Hauses hineingebracht worden sind, um nach allen Seiten hin Sicherheit zu gewinnen dafür, daß das Kleinbahnunternehmen nicht andere ebenso berechtigte In teressen verletzt. Diese Schwierigkeiten übersehen die Kleinbahn—⸗

unternehmer meistentheils, sie übersehen aber auch, daß der Staats

eisenbahnfiskus nicht ohne weiteres seine Bahnhöfe, seine ganzen Ein⸗ richtungen zur Verfügung stellen kann, sondern daß die Vertreter des⸗ selben dafür verantwortlich sind, daß eine Schädigung des Staats hintenaugehalten wird. Es bedarf dazu meist sehr eingehender Ver⸗ handlungen, die dann, sobald von seiten der Staatseisenbahn⸗ verwaltung eine angemessene Schadloshaltung des Fiskus gefordert wird, natürlicherweise auch seitens der Kleinbahnunternehmer zu weiteren

Erwägungen führen. Meinerseits würde ich indessen gern bereit sein,

und habe das auch immer gethan, wenn mir irgend welche spezielle Fälle vorgelegt worden sind, aus denen hervorging, daß unnöthige Schwierigkeiten gemacht worden waren, oder nicht rechtzeitig und das kommt allerdings nach meinen Erfahrungen nicht eben selten vor die Entscheidung der Zentralinstanz dann an— gerufen worden, wenn die Lokalinstanz aus eigener Macht⸗ vollkommenheit nicht glaubte handeln zu können dann

bereit sein, Ausschreitangen und Hindernisse, soweit es überhaupt möglich ist, hinwegzurãumen. (Bravo!)

Meine Herren, der Herr Vorredner hat dann noch darauf auf⸗ merksam gemacht, daß die Entwickelung des Kleinbahnwesens doch nicht in dem rosigen Licht erscheinen könnte, wie sie meinerseits hier dar— gestellt worden sei. Ich habe in meinen Ausführungen ja nicht ver— hehlt, daß augenblicklich von den Kleinbahnen, ihren Schienen, Schwellen, Wagen und Lokomotiven noch nicht viel zu sehen ist. Das ist aber auch ganz natürlich; dafür ist die Sache noch zu jung. Es ist aber eine ganze stattliche Zahl im Projekt, sie wird sich vielleicht in diesem Jahre schon über 1000 km belaufen so weit auskrystallisiert, daß man mit Sicher- heit annehmen kann, sie kommen in der allernächsten Zeit zur Ausführung. Wenn der Herr Abg. Dr. Gerlich gemeint hat, so etwas könnte nur passieren unter den reichen Leuten im Westen, so ist er entschieden im Irrthum. Die Leute aus der Provinz Pommern, die von sich immer, und wie mir scheint nicht mit Unrecht, behauptet haben, sie litten nicht an überflüssigem Reichthum, haben es fertig gebracht, schon jetzt ein sehr erhebliches Kleinbahnnetz in der Provin; auszuführen, und die Projekte, die dort noch der Ausführung entgegen⸗ sehen, sind auch schon zu einem erheblichen Theile so weit gefördert, daß gerade Pommern, glaube ich, allen anderen Provinzen ein leuchtendes Vorbild in dieser Beziehung sein könnte.

Meine Herren, ob die Förderung der Entwickelung des Kleinbahn—⸗ wesens langsam oder mit etwas rascheren Schritten vor sich geht, hängt nach meiner festen Ueberzeugung nicht von der Staatshilfe, son= dern in weit höherem Grade davon ab, ob die Kommunalverbände, die Provinzen, die Kreise, die Gemeinden sich für die Sache interessieren und auch bereit sind, ihrerseits Opfer zu bringen. Ueberall, wo das geschehen ist, ist daz Kleinbahnwesen sofort in eine ganz andere Entwicklungsphase ein— getreten als in denjenigen Provinzen, wo das bisher nicht der Fall war. Zu meiner Freude kann ich konstatieren, daß in steigendem Maße auch die Provinzialverwaltungen die wirthschaftliche Bedeutung des Kleinbahnwesens anerkennen und demgemäß in ihren Beschlüssen handeln.

Meine Herren, da ich einmal das Wort habe, so möchte ich um die Erlaubniß bitten, noch ganz kurz auf einzelne Dinge zurückkommen zu dürfen, welche von einigen der Herren Vorredner angeführt worden sind. Es hat insbesondere der Herr Abg. von Dobeneck darauf aufmerksam gemacht, daß bezüglich der Verträge, welche zur Zeit abgeschlossen werden zwischen dem Staatseisenbahn⸗ fiskus und den Kreisen, die für die betreffende Bahn den nöthigen Grund und Boden herzugeben sich verpflichtet haben, daß in diesen Verträgen manche Dinge unklar zum Ausdruck ge— kommen sind, die nachher zu mannigfachen Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen zwischen den betheiligten Parteien führen. Daß letztere nicht selten sind, kann ich durchaus nicht verkennen. Mir werden ja sehr häufig derartige Streitigkeiten zur Entscheidung vor— gelegt, und meine Hilfe in Anspruch genommen, allein an und für sich und vor dem Richter kann die Frage über den Umfang der Ver— pflichtung nicht wohl zweifelhaft sein. Derselbe ist vielleicht hier und da manchen Leuten, die einen Vertrag geschlossen haben, nicht ganz klar gewesen; das kann vorkommen, und da ich der Meinung bin: man muß diesen Mißverständnissen thunlichst vor dem Abschluß eines Ver— trags vorbeugen, damit niemand sagen kann: ja, hätten wir das vorher gewußt, dann hätten wir den Beschluß nicht gefaßt, so bin ich sehr gern geneigt, die Fassung des Vertragsschemas noch einmal auf das eingehendste zu prüfen und was irgend an Unklarheiten in der Sache ist, zu beseitigen.

Der Herr Finanz⸗Minister hat gestern schon angedeutet, daß man bezüglich der Leistungen, zu denen die Nächstbetheiligten bei Herstellung großer Verkehrswege seitens des Staats herangezogen werden können, vielleicht zu anderen Formen kommen müsse, und mitgetheilt, daß wir in Betreff der Kanäle, die demnächst das Haus beschäftigen werden, schon einen anderen Modus der Beitragsleistung vorgeschlagen haben, daß man nämlich dort von den Betheiligten die Garantie für die landesübliche Verzinsung eines angemessenen Theils des Anlagekapitalz verlangt. Diesen Modus ohne weiteres anzuwenden auf die Eisen— bahnen, ist nicht ohne Bedenken, und zwar deswegen nicht, weil der⸗ selbe voraussetzt, daß die betreffende Nebenbahn, die doch ein Glied

des allgemeinen Staatsbahnnetzes werden soll, in ihrer Rechnungsführung

solange getrennt gehalten werden muß, als die Garantieverpflichtung der betreffenden Betheiligten gilt. Es würde das aber in unserm ganzen staatlichen Eisenbahnwesen zu einer außerordentlichen Komplikation führen. Man stelle sich die Belastung der Verwaltung vor, wenn füt eine stetig wachsende Zahl derartiger Nebenbahnen völlig getrennte Nebenrechnungen geführt werden müßten. Ein ferneres, nach meiner Meinung noch erheblicheres Bedenken würde aus der Erwägung her zuleiten sein, daß ja unzweifelhaft, wenn ein neues Glied dem Staats— eisenbahnnetz eingefügt wird, es mehr oder minder von der Disposition der Staatseisenbahnverwaltung abhängt, welche Transporte über dieses neue Glied geführt werden. Die Rentabilität dieser Linie beruht nicht bloß in den an derselben originierenden oder dort endigenden Transporten; sie beruht auch, und sehr häufig zum über— wiegenden Theil, auf den diese Bahnlinie transitierenden Transporten. Die Staatsbahnverwaltung muß aber freie Hand haben in ihren Dispositionen, sie muß sich für ihre Transporte diejenigen Linien aufsuchen können, welche unter den gegebenen Umständen mit den geringsten Selbstkosten die verhältnißmäßig größten Ueberschüsse liefern. Die Betheiligten, die mit ihrer Zinsgarantie herangezogen würden, würden ganz naturgemäß sagen: Ja, warum führst Du nicht die und die Transporte von A nach B, von O nach P ebenfalls über diese Linie? Sobald Du dieselben über diese Linie gehen läßt, ist der Reinertrag, die Verzinsung, die wir garantiert haben, voll⸗ ständig erreicht. Ich will das nicht weiter ausführen; jeder von Ihnen wird einsehen, daß daraus Zustände erwachsen, die zu den allergrößten Unzuträglichkeiten führen.

Dahingegen würde ich glauben, daß dieser Modus sehr wohl an— gewandt werden könnte für den Fall, den ich gar nicht für unmöglich halte, daß der Staat sich doch einmal entschließen würde, schmalspurige Meliorationsbahnen zu bauen. Für die würden wir schon aus inneren Gründen gesonderte Rechnung führen müssen, und für die würde dieser Modus der Betheiligung an den Kosten durch Ueber nahme eines entsprechenden Antheils am Risiko seitens der Kreise oder sonstiger Interessenten durchaus berechtigt sein. .

Es sind auch Fälle denkbar, wo ganz in der Peripherie der Staatsbahnverwaltung ein neues Glied eingefügt wird,

wo dieser Modus vielleicht eb könnte. Dagegen würde soviel ich weiß, darf ich das

ebenfalls angewendet weiden sagen in Uebereinstinmung mit dem Herrn Finanz - Minister die Staatsregierung die Frage gern nochmal in Erwägung nehmen, ob nicht statt des gegenwärtigen Modus der Betheiligung an den Kosten durch Hergabe des Grund und Bodens eine andere Form gewählt werden könne, wie sie vorhin schon in Vorschlag gebracht worden ist: die Gewährung eines angemessenen Beitrags durch Zahlung einer Pauschalsumme. An und für sich würden aus dieser Umwandelung der Form der Betheiligung für die Staatsbahnverwaltung manche Er⸗ leichterungen erwachsen, Erleichterungen, die im gegebenen Falle auch vielleicht ziemlich hoch zu Buch stehen. Es würden die ganzen, oft recht schwierigen Verhandlungen mit den Betheiligten, namentlich aber die Nachforderungen in den häufigen Fällen, wenn im Laufe der Bauausführungen es sich nöthig zeigt, aus diesem oder jenem Grunde eine Verschiebung der Linie vorzunehmen, nach— träglich zu diesem oder jenem Zweck noch einzelne Grundstücke zu er⸗ werben, aus dem Wege geräumt sein und mancher Grund zur Un⸗ zufriedenheit und Beschwerde gegen die Organe der Eisenbahn⸗ verwaltung beseitigt werden.

Andererseits besteht die Kehrseite der Sache darin, daß wir immer noch der Meinung sind: wenn die Nächstbetheiligten, der Kreis und die Gemeinden, den Grunderwerb in die Hand nehmen, wird er im allgemeinen billiger. Die Erfahrung, die der Staat bezüglich seines Grunderwerbs, sei er frei⸗ willig, oder sei er im Wege der Expropriation erfolgt, gemacht hat, sind im allgemeinen nicht gerade erfreulich im Interesse der Staatsfinanzen. Das brauche ich nicht näher auszuführen; Sie sehen das aus jeder Vorlage des Etats und aus jeder Vorlage des Bau⸗ berichts der Staats⸗Eisenbahnverwaltung.

Meine Herren, ich glaube, im vorigen Jahre ist meinerseits schon ausgesprochen worden, daß die Staatsregierung die Frage bereits in Erwägung gezogen und dementsprechende Ermittelungen angestellt hat, ob es sich nicht empfehlen möchte, gerade mit Rücksicht auf die Er⸗ fahrungen, die wir bei der Eisenbahnverwaltung gemacht haben, eine Aenderung der Bestimmungen des Enteignungsgesetzes herbeizuführen. Diese Aenderungen müssen meines Erachtens hauptsächlich in der Richtung der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens angestrebt werden. Ich möchte glauben, daß das Bedenken, welches ich vorher erhoben habe gegen eine pauschale Betheiligung der Interessenten an den Kosten des Baues, wesentlich abgemildert werden würde, wenn die entsprechenden Bestimmungen des Enteignungsgesetzes eine Ab— änderung erfahren.

Meine Herren, es sind dann einzelne Fälle angeführt worden, die auch in der Vergangenheit liegen; namentlich hat der Herr Abg. Gothein angeführt, daß eine große Härte in Bezug auf solche Leute zu Tage getreten sei, welche sich seiner Zeit haben bereden lassen, die Bauerlaubniß für eine bestimmte Linie zu geben wie er anführt, für die Linie Langenbielau Reichen⸗ bach. Die Bauerlaubniß sei, wenn ich recht verstanden habe, im Jahre 1888 bereits gegeben, und noch heute haben die Herren keinen Pfennig für die abgetretenen Grundstücke erhalten. Der Fall selbst ist mir nicht bekannt; aber ich meine, wenn die Herren solange gewartet haben, hätten sie in der Zwischenzeit sich mal an den Minister wenden können; wahrscheinlich würde irgend ein Mittel ge⸗ funden sein, um den Leuten zu ihrem Geld zu verhelfen. Ich kann nicht anders annehmen, als: es steckt irgend eine besondere Ver⸗ anlassung dazwischen; aber ich bin gern bereit, auf Veranlassung des Herrn Gothein der Sache näher zu treten, und ich glaube, das wird auch der Zweck seiner Aeußerung gewesen sein.

Von verschiedenen Herren ist darauf aufmerksam gemacht, das größte Schmerzenskind der Provinz Schlesien sei die Bahn Bolken— hain⸗Merzdorf; sie sei von allen Theilen der Provinz auf das lebhafteste gewünscht worden. Ich muß vollständig anerkennen, daß von allen Theilen der Provinz die Erbauung dieser Bahn seit Jahren oder seit zwei Jahren, will ich sagen in den Vordergrund ge⸗ schoben ist; wir waren auch wirklich im vorigen Jahre ungefähr so weit, daß alle Vorstadien durchlaufen waren, die nöthig sind, um eine derartige Bahn in das Nebenbahngesetz hineinzubringen. Nach unserer Ansicht war auch die Bahn ganz richtig im Interesse der betheiligten Landestheile und Städte projektiert; es waren aber verschiedene Leute in der Provinz Schlesien anderer Meinung, indem sie glaubten, die Linien dürften nicht in den Bahn hof Merzdorf hineingebracht werden, sondern in den Bahnhof Rudol⸗ stadt, erst dadurch würden sie ihrem Zweck in höherem Maße gerecht werden und eine noch direktere Durchführung nach dem Gebirge er⸗ möglichen. Eine große Abkürzung war zwar nicht zu erreichen; es handelte sich im gegebenen Falle, wenn ich mich nicht irre, hauptsäch⸗ lich darum, eine Kopfstation zu vermeiden. Meine Herren, das kam in dem Moment, wo, wie gesagt, wir ungefähr fertig waren und es wurde von seiten der Vertreter der Stadt Breslau, der Vertreter verschiedener Kreise und noch von anderen Leuten hervorgehoben, die Frage sei von erheblicher Wichtig keit; ja, es wurde angedeutet, daß, wenn die Bahn nicht so gebaut würde, wie sie wollten, dann ihr Nutzen überhaupt in Frage stände. Da habe ich den Herren erklären müssen: ja, wenn die Sache so liegt, die Linienführung noch so wenig geklärt ist, können wir natürlich nicht daran denken, die Bahn in die Vorlage aufzunehmen. So steht die Sache heute noch. Ich würde auch gar nicht in der Lage gewesen, sein, die Bahn in die diesjährige Vorlage einzureihen, denn die Widersprüche sind auch heut zu Tage noch ungelöst. Ich habe alles gethan, was ich thun konnte. Ich habe sofort die Direktion in Breslau beauftragt, die verschiedenen vorgeschlagenen Linien näher zu untersuchen. Zwei dieser vorgeschlagenen Linien bedingten einen langen Tunnel, die andern einen großen und tiefen Einschnitt, und sie kosteten wahrscheinlich sämmtlich viel mehr Geld, als vorher in Aussicht ge—= nommen war. Vor einigen Tagen sind die weitläufigen und schwierigen Vorermittelungen der Königlichen Eisenbahn—⸗ Direktion Breslau eingegangen; von einer Beschlußfassung kann zur Zeit noch nicht die Rede sein, und es kann somit auch das ist der einzige Blick, den ich in die Zukunft thun möchte die Königliche Staatsregierung nicht in Aussicht stellen, die Bahn etwa noch als Nachtrag zu der gegenwärtigen Vorlage einzubringen. Es wird ja dann im nächsten Jahre sich fragen, ob und in welcher Form die Linie Merzdorf —Bolkenhain weiter verfolgt werden kann.

Dann, meine Herren, ist darauf aufmerksam gemacht worden, und zwar von dem Herrn Abg. Hermes, daß der Ausbau der Bahn Treuenbrietzen Jũterbog außerordentlich lange sich verzögert habe.

Ich kann nur sagen, derß Herr Abg. Hermes hat Recht, es ist wirklich eine ganz auffallende Verzögerung des Ausbaus dieser Bahn einge— treten. Ich kann mir aber kaum denken, daß die Herren in den be⸗ treffenden Kreisen nicht wissen, wo die Glocken hängen und welche Schwierigkeiten dem Ausbau der Bahn entgegengestanden haben. Es haben sehr eingehende Verhandlungen, Ermittelungen, Pro⸗ jektierungen u. s. w. stattfinden müssen, und darin hat Herr Abg. Hermes auch Recht die Sache ist jetzt technisch klar. Aber es ist nicht klar, ob wir nun mit dem Gelde auskommen, welches seiner Zeit uns vom Landtage zur Verfügung gestellt wurde. Und, meine Herren, ich habe bestimmt vor, die Zusage, die ich hier im Hause und auch meinem Herrn Kollegen dem Finanz⸗Minister gemacht habe, ju halten und dementsprechend keine Bahn anzufangen, von der ich nicht weiß, daß ich sie mit dem bewilligten Gelde auch zu Ende. führen kann. Diese Ermittelung steht nöch aus; ich hoffe, sie führt zu dem Resultat, daß wir baldigst den Bau beginnen; und dann hoffe ich dem Herrn Abg. Hermes auch den Beweis liefern zu können, daß wir den begonnenen Bau rasch vorwärts bringen. ;

Dann hätte ich nur noch einen Punkt zu erledigen. Der Herr Abg. Diettrich, der ja sehr erfreut sich geäußert hat, daß in die Vorlage Zinten —Rothfließ aufgenommen worden ist, hat bemerkt, es dürfte wohl zweckmäßiger sein, wenn die Bahn nicht in Zinten mündete, sondern in Koppel⸗ bude. Meine Herren, die Erörterung aller der Wünsche und Anträge bezüglich der Sekundärbahnvorlage möchte es fast nothwendig erscheinen lassen, daß das hohe Präsidium des Hauses eine große Karte beschaffte, an die könnten dann die Herren Abgeordneten und der Eisenbahn— Minister herantreten und den Herren die Situation für die einzelnen Linien klar machen. Es ist ja außerordentlich schwierig, hier mit Namen und Stationen, die manch einer vielleicht in seinem ganzen Leben noch nicht gehört hat, zu deduzieren, ob das eine oder das andere zweckmäßig ist, und dem Hause darüber irgend ein zutreffendes Bild zu liefern. In diesem Fall liegt meines Erachtens die Sache aber einfacher. Die Abkürzung, die herbeigeführt würde, wenn wir die Linie bis nach Koppelbude durchführten, (Rufe: bis Mehl— sack) erlauben Sie, meine Herren, das kommt noch! ist genau untersucht worden. Die Linie ergiebt ein Mehr der Bau— länge von 17 Km und einen Mehrkostenaufwand von 2,2 Millionen. Es werden aber dadurch keineswegs irgendwie erhebliche Mehrtransporte auf die Bahn gebracht; im Gegentheil, die Bahn würde so dicht an die jetzigen Bahnen herangeschoben werden, daß es meines Erachtens nicht wirthschaftlich gerechtfertigt sein würde, um der außerordentlich geringen Abkürzung für die gesammte Linie willen die Bahn mit großem Kostenaufwande bis nach Koppelbude durchzuführen.

Was nun die Frage Mehlsack Heilsberg anbetrifft, so bedaure ich sehr, daß diese Frage in die Zukunft fällt, und ich mich, wie ich vor⸗ hin schon erwähnte, aus naheliegenden Gründen grundsätzlich der Er⸗ örterung dieser Zukunftswünsche heute hier entziehen muß. (Bravo!)

Abg. v. Elern (kons.) widerspricht dem Abg. Dittrich und bezeichnet es als besser, lieber einen höheren Beitrag pro Kilometer

von den Kreisen zu verlangen, damit sie von den Schwierigkeiten des Grunderwerbs befreit blieben.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Ich glaube, die Frage, welche der Herr Vorredner gestellt hat, ist durch meinen Herrn Kollegen bereits beantwortet worden. Wir erkennen die großen Unzuträglichkeiten, die zweifellos in dem System der Hergabe des Grund und Bodens à fonds perdu liegen auf Grund von Kostenanschlägen, die sich nicht immer als zuverlässig erweisen, in vollem Maße an. Dieses System ist lästig und bindend und für die freie Bewegung der Eisenbahnverwaltung hemmend, und anderentheils kann es in einzelnen Fällen zu außerordentlichen Beschwerden und Härten für die Betheiligten führen. Wir haben derartige Fälle vorliegend, daß nachher die Kreise zu ganz anderen Leistungen und Summen herangezogen wurden, als welche sie als wahrscheinlich anzunehmen berechtigt waren. Bei Gelegenheit der Beschlußfassung über die betreffende Leiftung, daß ein solches System in vieler Beziehung mangelhaft ist, und daß, wo man es durch ein anderes zweckmäßigeres System ersetzen kann, dies geschehen muß, wird das unsererseits vollständig anerkannt.

Der Herr Minister für öffentliche Arbeiten hat ja schon aus— geführt, daß das System, von welchem ich gestern in Bezug auf die Kanäle gesprochen habe, überall bei den Eisenbahnen nicht durchführbar ist. Denn dies System setzt voraus, daß eine separate Rentabilitätsrechnung mit solcher Zuverlässigkeit geführt werden kann, daß man die Bedeutung der Garantie des Anlage⸗ kapitals, welches die Provinz oder die Kreise geleistet haben, voll⸗ ständig übersehen und nachher nachweisen kann. Wo das nun durch den Zusammenhang einer Eisenbahnlinie mit dem gesammten Staats⸗ eisenbahnnetz bei der vorhandenen Unmöglichkeit, die Rentabilität der einzelnen Linie genau nachzuweisen, und andererseits bei der Möglich⸗ keit, auf diese Rentabilität durch Disposition seitens der Eisenbahn⸗ verwaltung einzuwirken, nicht durchführbar ist, da wird nichts Anderes übrig bleiben, als die Alternative, die die Herren eben besprochen haben: Beibehaltung des bisherigen Systems unter der Her⸗ gabe des Grund und Bodens auf Risiko des Kreises oder Gewährung einer bestimmten Pauschalsumme A fonds perdu, sodaß im letzteren Falle das Risiko des Erwerbs des Grund und Bodens dem Staat zur Last fällt. Ich gestehe nun offen, daß mein persönliches Gefühl, obwohl ich Finanz⸗Minister bin, dahin geht, daß der Staat ein solches Risiko im allgemeinen eher übernehmen kann, als die bethelligten Kreise. (Sehr richtig) Und zwar um deswillen ein solches Risiko um so eher übernehmen kann, als die betheiligten Kreise, weil von seinen Dispositionen die Innehaltung der vorausgesetzten Kapitalsumme wesentlich abhängt. (Sehr richtig! rechts) Und i

mich daher dahin, dieses System, ich glaube auch nach Wunsch meines Herrn Kollegen, mehr und mehr zu acceptieren. Viel leichter würde

es uns allerdings werden das kann ich nur ganz mit meinem Herrn Kollegen betonen —, wenn wir zu einer Re⸗ vision unseres Enteignungsgesetzes übergingen. (Sehr richtig! rechts.) Die Frage der Lösung der Kollision zwischen dem Eigenthumsrecht und den öffentlichen Interessen ist ja eine sehr schwierige, und wir werden niemals dahin kommen, den Satz in unserer Verfassung außer Acht zu lassen, daß das Eigenthum in vollem Maße geachtet und in seinem Rechte bleiben muß. Aber ein Zustand, der nach meiner Meinung heutzutage besteht, wo oft die Expropriation nicht eine Entschädigung, sondern die unberechtigte Gelegenheit zu einer Bereicherung ist auf Kosten des Staats, kann man ebensowenig dulden, und ich glaube, derartige

Erfahrungen sind klar und reichhaltig genug, daß die Aussicht vor⸗ handen ist: es werde das Haus mit der Staatsregierung sich über die nothwendige Revision dieses Gesetzes mal verständigen. Das wird dem Unternehmungsgeist und den Unternehmungen im Lande Vorschub leisten und das oft berechtigte Gefühl, daß eine ungerechtfertigte Be⸗ reicherung bei solchen Gelegenheiten zu Gunsten einzelner Eigenthümer auf Kosten der Gesammtheit stattfindet, beseitigen. Ich habe das in meiner eigenen Praxis öfter erlebt, daß gewissermaßen eine allgemeine Entrüstüng béi allen verständigen Leuten vorhanden war über die Summen, die durch solche öffentliche Unternehmungen den einzelnen Eigenthümern ohne innere Berechtigung zuflossen. Ich glaube, wir werden uns über alle diese Dinge viel leichter verständigen, wenn eine solche Revision des Enteignumngsgesetzes, zu welcher »die Daats⸗ regierung Gelegenheit geben wird, hier durchgeführt sein wird. (Bravo! rechts.)

Darauf wird um 4 Uhr die weitere Berathung bis Montag 11 Uhr vertagt. . .

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks n der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 9. d. M. gestellt 11 240, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. ; In ö sind am 8. d. M. gestellt 3612, nicht recht zeitig gestellt keine Wagen.

Berlin, 9. Februar. Amtliche Preis feststellung für Butter, Käse und Schmalz. Butter. (Preise im Berliner Großhandel zum Wochendurchschnitt per komptant.) per 50 kg. Hof- und Genossenschafts⸗Butter Ia. 109 S6, Ha. 101 SS, La. ,, do. abfallende 5 AM, Lande, Preußische 86 88 . Netzbrücher 86 - 88 MS, Pommersche 88 96 „6, Polnische M, Baherische Sennbutter 933 95 „S, do. Landbutter 8085 A,. Schlesische 8s8— 90 S, Galizische 78—83 S, Margarine 36— 68 nM Käse: Schweizer, Emmenthaler 87 90 S, Bayerischer 60-68 M6, Ost⸗ und Westpreußischer Ea. 65 72 S, do. IIa. 53 - 60 υ, Holländer 8; 88 , ,. 39 —– 42 1M, Quadrat⸗Mager käse La. 23 28 M, do. Ila. 12 - I5 S Schmalz: Prüna Western 17 0/10 Ta. 48 49 , reines, in Deutschland raffiniert 50 M, do. Berliner Bratenschmalz 52 53 M Fett, in Amerika raffiniert 41 42 6, do. in Deutschland raffiniert 37 38 . Tendenz: ö fest. Schmalz: ruhig.

Der vorjährige Nettogewinn der Donnersmarckhütte beträgt 132 9000 M; der Aufsichtsrath hat, wie W. T. B. aus ö meldet, beschlossen, der zum 31. März einzuberufenden

eneralversammlung die Vertheilung einer Dividende von 6 ν½ vor⸗ zuschlagen. .

Magdeburg, 9. Februar. (W. T. B.) . Kornzucker exkl., von 92/0 —, neue 1400, Kornzucker exkl. 88 0/0 Rendement 13 00, neue 13,50, Nachprodukte exkl., 765 0/9 Rende⸗ ment 10,85. Nach lebhaftem Geschäft etwas ruhiger. Brotraffinade J. 26,00, Brotraffinade II. 265,75, Gem. Raffinade mit Faß 26,25. Gem. Melis J. mit Faß 24375. Fest. Rohzucker. J. Produkt Transito f. 4. B. Hamburg pr. Februar A2, 95 Gd., 13,090 Br., pr. März 13,024 bez. und Br., pr. April 13,05 Gd., 13,077 Br., per Mai 13,121 bez, 13,15 Br. Ruhig. Wochenumsatz im Rohzucker⸗ geschäft 537 000 Ztr.

Leipzig, 9. Februar. (W. T. B.) Kammzug-Termin« bandel. La Plata Grundmuster B. per Februar 3.40 M6, per März 3,40 M, per April 3,42 M, per Mai 3,45 M, per Juni 3,50 S, per Juli 3,52 „S, per August 3,5 SM, per September 3,57 , ver Oktober 3, 57 M, per November 3,60 4K, per Dezember 3 M, Umsatz 20 006 Eg; ;

Mannheim, 10. Februar. (W. T. B.) Der Banquier Ludwig Nadenheim, Inhaber der Firma Gebrüder Nadenheim, hat sich, offenbar in der Aufregung über das auch seinem Geschäfte in⸗ folge der Naas schen Ker e entgegengebrachte Mißtrauen, gestern früh von seinem Bureau entfernt. Man vermuthet, daß der etwas erregte Mann Selbstmord begangen. Verluste sind ausgeschlossen, da die Bilanz erhebliche Ueberschüsse aufweist.

Brem en, 9. Februar. (W. T. B.) Börsen⸗Schlußbericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer Petroleum⸗ Börse.) Stetig. Leko 4,85 Br. Baumwolle. Ruhig. Upland middling, loko 40 3. Schmalz. Fest. Wilcox 409 3, Armour shield 40 , Cudahn 419 5, Fairbanks 35 3. Speck.

est. Short elear middl. loko 365, Februar⸗Abladung 366. olle. Umsatz 258 Ballen. Taback. Umsatz 54 Faß Virginy, 1250 Packen St. Felix. .

London, 9. Februar. (W. T. B.) An der Küste 7 Weizen ladungen angeboten.

Javazucker loko 159 stetig, Rüben Robzucker loko Centrifugal⸗Kuba 15. Chile-⸗Kupfer 41, pr. 3 Monat 413.

Liverpool, 9. Februar. (W. T. B.) (Baumwollen—⸗ Woch en bericht.) Wochenumsatz gegenwärtige Woche 52 090 (orige Woche 5 0), do. von amerikanischen 45 900 (i9 009), do. für Speku⸗ lation 600) (6000), do., für Grport 1990 (2000), do. für wirklichen Konsum 38 000 (42 0090), do. unmittelb. ex. Schiff 71 000 (8E 00, wirklicher Export 60090 (7000), Import der Woche 151 000 (127 000) davon amerikanische 123 00 113 0090), Vorrath 1 673 000 (1 6090 . davon amerikanische 1 4098 0900 (1 347 090), schwimmend . . ritannien 203 000 (251 000), davon amerikanische 196 000 245 ö

Manchester, 9. Februar. (W. T. B.) 12 Water Taylor 5, z0r Water Taylor 74, 20r Water fi 6, 30r Water Clayton 75, 32r Mock Brooke 66, 40r Mayoll 73, dor Medio Wilkinson 83, 32r Warpcops Lees 63, 36r Warpeops Rowland 75, 36r Warpeops Wellington It, 40r Double eston 8! /ig, 60r Double courant . i 327 116 Jards 16 16 grey Printers aus 32r / Kr

59. etig.

Glasgow, 9. Februar. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores een sich auf 318 870 Tons gegen 338069 Tons im vorigen Jahre. Die Zahl der im Betrieb befind . lichen Hochöfen beträgt 59 gegen 66 im vorigen Jahre.

St. Petersburg, 9. . (V. T. B) . Produkten markt. Talg loko 58, 00, pr. August —. Weizen loko 1000. Roggen loko 6,359. Hafer loko 4,109. Hanf loko 43, 00. deinfaat

loko 14.50. (W. T. B.) Java ⸗Kaffee

Am ster dam, 9. Februar. good ordinary 524. Bankazinn 43.

New-⸗gYork, 9. Februar. (W. T. B.). Die Börse eröffnete in fester Haltung, wurde im weiteren Verlauf durchweg i und if fest. Der Umsatz der Aktien betrug 148 00 Stück. Der Silbervorrath wird auf 186 000 Unzen fh en

Weizen eröffnete fetch fiel dann den ganzen Tag mit wenigen Reaktionen infolge großer Verkäufe für fremde und heimische Rech⸗ nung. , . Mais fallend einige Zeit nach Gröff⸗ nung, dann lebhafte Reaktion auf Abnahme der Eingänge, später wieder fallend.

Baumwollen⸗Wochenbericht. enen in allen Unions⸗ bäfen 100 009 Ballen, Ausfuhr nach Großbritannien 86 000 Ballen, . nach dem Kontinent S8 oo Ballen. Vorrath 1023000

allen.

Chicago, 9. Februar. (W. T. B.) Weizen fallend den 9 Tag mit wenigen Reaktionen infolge lebhafter Verkäufe.

chluß schwach. Mais anfangs etwas höher infolge großer Käufe, dann Abschwächung und fallend.