1894 / 38 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 13 Feb 1894 18:00:01 GMT) scan diff

das Rechnungsjahr 1. Arril 1894/95 eine ausreichende Ausstattung der verfchiedenen Verwaltungs zweige, erfreuliche Mehraufwendungen für manche Anstalten, sowie für landwirthschaftliche Zwecke, ins⸗ befondere auch zum ersten Mal eine erhebliche Summe zur Förderung des Baues von Kleinbahnen. Nur die Beihilfen der Provinz für den Bau von Landstraßen und Gemeindewegen zeigen einen sehr bedeuten · den Rückgang gegen frühere Jahre. Hier nach Mitteln der Abhil e zu fuchen, wird umsomehr einen besonders wichtigen, schen durch den Entwurf über die Abänderung der Wegegesetzgebung Ihnen nahe⸗ gelegten Gegenstand der Berathung für Sie bilden, als mit dem Ab⸗ lauf des Rechnungsjahres 1. April 1894/95 die für den Straßenbau verfügbaren erheblichen Ueberweisungen an die Kreise aus der sog. lex

Huene in Fortfall kommen werden. . ö Von ungewöhnlich großem Interesse werden in den Verhand⸗ lungen und Beschlußfassungen dieses Landtags die Vorlagen Ihres Ausschuffes über das Kleinbabnwesen sein. Ich überlasse mich der Hoff nung, daß gerade in der Provinz Hannover, welche in der Förde- rung des Oele. durch den raschen Ausbau eines umfassenden Netzes besteinter Straßen ein hervorragendes Beispiel zweckmäßigen und thatkräftigen Zusammenwirkens der Organe der Selbst verwaltung ge⸗ geben hat, die Aufgabe glücklich gelöst werden wird, durch ein recht⸗ zeitiges und energisches Eingreifen der Provinzialverwaltung auch für das neue, der Landwirthschaft und der Industrie nicht minder wichtige Verkehrsmittel , ,. eine feste Grundlage zu gewinnen und schlossenes Vorgehen hervorzurufen. . 6 W lh ger s nehm. Seiner Majestät des Königs erklãre ich auf Grund des 5 26 der Provinzialordnung den 27. Provinzial⸗ Landtag für eröffnet. . Hieran anschließend, brachte der Präsident des vorigen Landtags, Graf zu Inn⸗ und Knyphausen, ein Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König aus Das aͤlteste Mitglied des Provinzial⸗Landtags, Landschafts⸗ Rath Dr. Me yer⸗-Essen übernahm hierauf den Vorsitz und ernannte zu Schriftführern die beiden jüngsten Mitglieder Graf Wedel-Gödens und Landrath von Bennigsen-⸗Springe, Zur Wahl des Präsidenten schreitend, wählte der Landtag auf Vorschlag des Abg. Struckmann mit Acclamation ein stimmig den Grafen zu Inn⸗ und Knyphausen zum Vorsitzenden und auf Vorschlag des Landes⸗-Direktors Freiherrn von Ham⸗ merstein den Geheimen Regierungs-Rath, Ober-Bürgermeister Lau enstein-Lüneburg zum Stellvertreter des Vorsitzenden Zu Schriftführern wurden in derselben Weise gewahlt Graf Wedel⸗Gödens, von Bennigsen-⸗-Springe, Freiherr von Maren holtz und Goetze⸗Stade.

Bonn, 12. Februar. Seine Königliche Hoheit der Prinz Heinrich hat dem ‚W. T. B.“ zufolge den Ober⸗ Buͤrgermeister Spiritus beauftragt, der Bevölkerung der Staßt Höͤchstseinen Dank für den freundlichen Empfang zu sbermitteln. Heute brachte der hiesige Männer⸗Gesang⸗ verein dem Prinzlichen Paar ein Ständchen. Nachmittags wohnte der Prinz einer von dem Offizier Korps des Husaren⸗ Regiments König Wilhelm J. (. Rheinisches) Nr. 7 veranstal⸗ teten Festlichkeit bei.

Sachsen.

Das heute früh ausgegebene Bulletin lautet: Im Be— finden Seiner Majestät des Königs ist seit gestern Nach⸗ mittag Besserung eingetreten. Während die Blutbeimischung in der vorhergehenden Nacht, noch ziemlich reichlich war, ist dieselbe gegen Abend verschwunden und auch bis jetzt nicht wiedergekehrt. Trotzdem bleibt strenge Bettruhe für die nächsten Tage noch nöthig. Das Allgemeinbefinden Seiner Majestät ist gut.“ . .

Seine Königliche Hoheit der rst von Hohenzollern ist vorgestern Nachmittag von Dresden nach Sigmaringen abgereist.

Hessen.

Seine Königliche Hoheit der Großherzeg und Ihre Großherzogliche Hoheit die Prinzessin Alix lind vorgestern Nachmittag zu einem längeren Aufenthalt von Darmstadt nach England abgereist. Höchstdieselben waren aber in Ostende durch Sturm an der Ueberfahrt nach England verhindert und werden dort verweilen, bis eine ruhigere See die Weiterreise gestattet.

Reuß j. L.

Der Landtag ist zur Berathung mehrerer eiliger Vor— lagen auf den 5. März zu einer kurzen Sitzungsperiode nach Gera einberufen worden.

Oefsterreich⸗ Ungarn. Im niederösterreichischen Landtag erwiderte gesiern,

wie W. T. B. berichtet, der Statthalter Graf Kielmansegg auf eine Interpellation des Abgeordneten Schneider, die Staatsgrundgesetze, die sich bisher bewährt hätten, ließen den gewuͤnschten Ausschluß jüdischer Lehrer von den gewerblichen Vorbereitungsschulen unstatthaft erscheinen.

Bei der gestrigen Verhandlung in dem Omladina⸗ prozeß war nach einer Meldung aus Prag der Gerichtssaal mit einer Polizeiwache besetzt. Die Vertheidiger und die An⸗ geklagten erklärten, sie würden unter den Bajonetten nicht, resp. sich nicht vertheidigen. Unter großem Tumult wurde hierauf der Saal geräumt, die Inhaftierten wurden abgeführt und nach einer Viertelstunde wieder vorgeführt, worauf sich, da die Wachen nicht entfernt wurden, die Tumulte er⸗ neüerten. Die Vertheidiger erklärten nochmals, vor den Wachen nicht weiter zu vertheidigen, und die Angeklagten er—⸗ klärten, auf die Vertheidigung zu verzichten. Hierauf wurde die Verhandlung bis heute Vormittag vertagt.

Im Landtag interpellierten gestern die Jungezechen den Statthalter wegen der Vorgänge im Omla ding prozeß und verlangten Vorkehrungen, die es den Vertheidigern ermöglichten, ohne die Gegenwart der bewaffneten Macht ihren Verpflichtungen nachzukommen. .

Der steterischs Landtag beschä mit der Schließung der Technischen . Statthalter Freiherr von beck erklärte; nicht die Vor⸗ kommnisse des letzten Jahres hätten die Schlieäzung herbei⸗ geführt, sondern die jüngste disziplinwidrige Haltung der Studentenschaft, speziell die Broschüre, worin die Stu⸗ denten ihr Anliegen niedergelegt hätten. Der Minister dürfte der Bitte der Professoren um eine spezielle Untersuchung wegen der ihnen in der Broschüre gemachten Vorwürfe in den nächsten Tagen nachkommen; die Regierung werde das Zalässige gern thun, sobald Bürgschaften für eine disziplin⸗ mäßige Haltung der Studenten geboten würden. Der Statt⸗ halter forderte schließlich die Abgeordneten auf, in diesem Sinne ihren großen Einfluß geltend zu machen. Die Abge— ordneten Star kel und Genossen stellten sodann den dringlichen Antrag, sofort beim Unterrichts⸗Ministerium eine Vorstellung

einzubringen, damit die Verfügung, betreffend die Schließung der Technischen Hochschule, sobald als möglich aufgehoben werde. Die Dringlichkeit wurde angenommen. ö

Der un garische Staats kassen⸗Ausweis für das letzte Vierteljahr 13893 weist auf: Ein nahm en. 131 000000 Gulden (4300 060 Gulden mehr als im Vorjahr), Aus⸗ gaben 7 230 0 Gulden (1 250 000 Gulden weniger als im Vorjahr. Die Gesammteinnahmen für 1883 sind um T Io 600 Gulden günstiger, die Sesammtausgaben um 26 900 000 Gulden ungünstiger, somit die Bilanz für 1893 um 200 000 Gulden günstiger als die für 1892.

Frankreich. Ueber ein neues Dynamit-Attentat in Paris liegen folgende Mittheilungen des „W. T. B. vor. Im Innern des Cafés des Hotels Terminus, gegenüber dem Bahnhof St. Lazare, fand gestern Abend. 9 Uhr eine Dynamit-⸗-Explosion statt. Der Urheber ist ein junger Mann von etwa 25 Jahren. Er hatte an einem Tische rechts von der Eingangsthür etwas genossen und machte, als er das Café verließ, eine Bewegung durch die Luft in der Richtung nach dem elektrischen Kronleuchter, schleuderte jedoch dabei eine Bombe. Zahlreiche Besucher be⸗ merkten die Bewegung und riefen sofort: Une bombe!“ Kaum hatten sie jedoch den Ruf ausgestoßen, da erfolgte auch schon ein furchtbares Krachen die Fenster nach den Straßen zersprangen in Stücke, die Marmortische wurden umgestürzt, die Gläser und Untersätze flogen, in Stücke zersprengt, nach allen Richtungen und verletzten die Besucher erheblich. Die Verletzungen befinden sich zum größten Theil an den Beinen und sind bei mehreren sehr ernster Art. Der Materialschaden ist dagegen nicht bedeutend. Nur die Decke zeigt die Spuren des Geschosses, Fensterscheiben und Tische sind zerstört. In dem Augenblick der Eyplosion ent- stand eine unbeschreibliche Panik. Von allen Seiten ertönte Geschrei. Die Gäste stürzten nach den Ausgängen, einige zertrümmerten die Scheiben, um zu entkommen. Die Bombe, die die Form einer Sardinenbüchse hatte, und mit Kugeln, Nägeln und chlorsaurem Kali gefüllt war, be⸗ wirkte eine stark6 Detonation. Das ganze Café füllte ich mit dichtem Rauch, was die Panik noch vermehrte. Tas Cafs war zu der Zeit des Attentats gut besucht. Die Bombe schlug in der Nähe des Orchesters auf einen Tisch auf, welcher vollständig zertrümmert wurde. Von anderer Seite wird behauptet, das Geschoß sei von außen in das Café geschleudert worden. Die Verwundeten, deren Zahl sich auf 24 belaufen soll, wurden alsbald in die benachbarten Apotheken gebracht, wo ihnen der erste Verband angelegt wurde. Ein Arbeiter, der gerade an dem Café vorüberging, wurde ge⸗ tödtet. Der Urheber des Attentats suchte eiligst durch die Rue St. Lazare zu entkommen. Schutzleute und Publikum setzten ihm nach. In dem Augenblick, als die Polizisten ihn packen wollten, zog der Verfolgte einen Revolver und gab sechs Schüsse ab, wodurch drei Personen verwundet wurden; jedoch gelang es einem Schutzmann, ihm einen Säbelhieb über das Gesicht zu versetzen und ihn zu verhaften, wobei er gegen die Wuth des Publikums geschützt werden mußte. Unter den durch die Revolverschüsse verwundeten Personen befindet sich eine Dame Namens Emmanuel und ein Polizist, der sterbend in das Hospital gebracht wurde. Nachdem sich das Café geleert hatte, wurden die eisernen Vorhänge herabgelassen und der Wachtdienst von dem Polizei⸗Präfekten, der mit seinem Sekretär alsbald herbeigeeilt war, organisiert. In dem ganzen Stadt⸗ viertel herrschte eine große Erregung. Die Läden wurden sofort geschlossen. Die Nachricht von dem Attentat, die sich noch am Abend in Paris verbreitete, rief eine allgemeine Erregung hervor. Zahlreiche Neugierige eilten nach dem Terminus— Hotel. Eine große Menge ständ an den Zugängen des Bahn— hofes St. Lazare. Der Minister des Innern Raynal und der Justiz-Minister Du bost begaben sich alsbald nach dem Thatort. . . ö. Der Thäter erklärte auf dem Polizeibureau, er heiße Le Breton. Zu dem Arzt, der ihn verband, äußerte er, er habe Vaillant rächen wollen; weitere Attentate würden folgen, um die bürgerliche Gesellschaft zu vernichten. Dem Staatsanwalt gelang es bisher nicht, weiteres zu ermitteln. Man glaubt, daß Le Breton Mitschuldige habe. Einige ver⸗ dächtige Individuen wurden auf dem Bahnhof St. Lazare verhaftet. Le Breton spricht fließend enzlisch und französisch. In ihrer gestrigen Sitzung trat die Deputirtenkammer in die Diskussion über den Getreidezoll ein. Der Depu— tirte Charles Roux bekämpfte, wie ‚W. T. B.“ berichtet, die Erhöhung der Getreidezölle und das System der beweg—⸗ lichen Zollfkala und schloß mit einer Vertheidigung der Inter— essen der Konsumenten. , . 300 Mann der Fremdenlegion haben Befehl er⸗ halten, sich zum Abmarsch bereit zu halten. Sie werden nach dem Sudan gehen, falls die Ereignisse dies erfordern sollten.

Rußland.

Nachdem der Kontre-Admiral Buratschek, der direkte Vorgesetzte des Kapitäns Jänisch, Kommandanten des im Sep⸗ tember vorigen Jahres an der finländischen Küste unter⸗ gegangenen Monitors „Russalka“, sowie der Rayitãn Lüschmow, der Kommandant des mit der Russalka“ zu⸗ sammen aus Reval ausgelaufenen „Tutscha“, für den Unter⸗ gang der Russalka⸗ verantwortlich gemacht worden waren, hat, wie ‚W. T. B.“ aus St. Petersburg meldet, ein in Kronstadt zusammengetretenes Marinegericht den Ka⸗ pitän Luschmow zur Entziehung des Rechts, ein Kriegsschiff zu kommandieren, verurtheilt und dem Kontre⸗Admiral Bu⸗ ratschek einen Verweis ertheilt.

Spanien.

Dem „Temps“ wird aus Madrid gemeldet, der Marschall Martinez Campos habe die Instruktion erhalten, die vom Sultan von Marokko angebotene Entschädigungs⸗ zahlung, wiewohl dieselbe . hinter der verlangten urückbleibe, anzu neh men, falls der Sultan die übrigen Forderungen zugestehe.

Bulgarien.

Das Befinden der Prinzessin Marie Louise ist dem „W. T. B.“ zufolge ein gleichmäßig befriedigendes. Körper⸗ temperatur: 37 Grad Celsius. Der neugeborene Prinz erfreut sich guten Wohlseins. ö

Gestern 5 die schon einmal infolge von Ruhestörungen vertagte Wahl in Rasgrad statt. Die Wahl vollzog sich in bester Ordnung. Die Kandidaten der Regierung bekamen je 3054 Stimmen, während die Kandidaten der Oyposition Stollow 1834 und Nadoslawow 1809 Stimmen erhielten.

Montenegro.

Der Kaiser von Rußland hat, wie W. T. Be aus Cetinje erfährt, dem katholischen Erzbischof von Anti⸗ vari für das ihm von diesem vorgelegte, in Rom in slavischer Sprache gedruckte Meßbuch seinen huldvollsten Dank aus⸗ gesprochen.

Amerika.

In Paris eingetroffenen Nachrichten aus Rio de Ja⸗ neiro zufolge hätten sich die Aufständischen auf der Ilha Raza vor Nictheroy rn Ferner sollten Aufstän⸗ dische bei Igu api gelandet sein und auf S. Paolo mar⸗ schieren. Aus Rio Grande do Sul wird berichtet, die Regierungstruppen seien bei Ombu geschlagen worden, hätten 305 Mann verloren und Waffen, Munition und Lebensmittel im Stich gelassen. Aus Pernambuco vom 9. d. M. meldet das „Reuter sche Bureau“, eins von den am 7. d. M. von dort in See gegangenen Torpedobonten sei bei Maceio gestrandet. Der „Destroyer“ und die übrigen Boote seien nach Pernambuco zurückgekehrt.

Afrika.

Der Khedive hat, wie das „Reuter sche Bureau. aus Kairo meldet, den General Kitchener empfangen und auf die Empfehlung desselben mehrere Offiziere von dessen General⸗ stab befördert.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten be⸗ finden sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen 48. Sitzung des Reichstags, welcher die Staatssekretäre Dr. von Boöetticher und Dr. von Stephan beiwohnten, erklärt vor der Tagesordnung der

Abg. Bebel (Soz.): Bei meiner neulichen Besprechung des Mädchenhandels in Hamburg verwies ich infolge eines Zwischenrufs aus meiner Fraktion darauf, daß in Hamburg öffentliche Häuser im Besiß von Staatspersonen seien. Das hat sich als unrichtig herausgestellt. Es handelte sich um eine andere benachbarte Hafenstadt. Das wollte ich richtig stellen.

Die zweite Berathung des Reichshaushalts⸗Etats wird fortgesetzt, und zwar beim Etat der Post⸗ und Telegraphenverwaltung, Tit. 2: 4619 2ber⸗-Post— assistenten, 5334 Postassistenten und Telegraphen⸗Assistenten

Von dem Abg. Gröber u. Gen. (Zentr.) ist folgender Antrag eingebracht: ; . .

Der Reichstag wolle beschließen: den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, in eine Prüfung der Frage eintreten zu wollen, inwieweit die dienfstliche Stellung der Postassistenten verbessert, ins besondere eine Gleichftellung mit den Militäranwärtern in der Zulassung zum Scekretär-Eramen und eine Beschleunigung in der definitiven Anstellung derselben durchgeführt werden kann.

Abg. Gröber (Zentr) glaubt, daß man im Haufe allgemein den Wunsch haben werde, daß der Postassistenten verband endlich zur Ruhe komme. Die Postassistenten werden darüber inquiriert, ob sie dem Verbande angehören; wenn nun auch jeder, der dem Ver⸗ band angehört, sich effen dazu zu bekennen den Muth haben sollte, fo ist es doch begreiflich, daß die Postassistenten die Auskunft verweigerten, weil sie glaubten, dann jum Austritt aus dem Verbande gezwungen zu werden. Die Postassistenten sind im Interesse des Dienstes versetzt worden; es ift nur merkwürdig, daß diefes Interesse des Dienstes immer gerade in dem Augenblick eintrat, wo der Beamte Anlaß zur Unzufriedenheit für seine ,, gegeben hatte. Der Direktor Dr. Fischer hat gesagt, nicht wegen ihrer Zugehörigkeit zum Verband, sondern aus Anlaß derselben sei die Ver⸗ setzung im Interesse des Dienstes erfolgt; das ist ein sebr feiner Unterschieꝛ. Redner verweist darauf, daß im Falle des Postassistenten Funk die Kündigung erfolgt ist, weil er sich nicht berein erklärt hat, auf Auf forderung seiner vorgesetzten Behörde die Agitation zu unterlassen. Er hat ein Flugblatt vertheilt, in welchem zwei Reichstags reden, die des Herrn Vollrath und die des Abg. Zimmermann üher den Pofr— afsistentenverband abgedruckt waren das ist nicht schön, aber strafber ist es nicht. Die Reden sind nicht aus dem Zusammenhange gerisse, sondern sie enthalten alles was über den Verband gesagt worden in. Die wahrheitsgetreuen Berichte über Reichstagsverhandlungen sind aber straffrei, und zwar nicht bloß vor dem Kriminalrichter, sondem auch vor dem Disziplinarrichter. Wir haben die Ueberzeugung gewonnen, daß nicht einzelne Persönlichkeiten hier agitieren und Unzufrieder⸗ heit erregen, sondern daß die Uebelstände, die vorhanden find, diese Unzufriedenheit mit sich bringen. Deshalb wollten wir

verfuchen, diefe Uebelstände zu beseitigen durch unseren Antrag. Da Reglement von 1871, welches die Carrisre der Postassistenten be schränkt, ist nicht unabänderlich; es braucht dazu nicht einmel ein Gesetz erlassen zu werden; die Verwaltung kann ganz (le ständig vorgehen und ein Reglement, welches seit 25 Jahren bestelt und den jetzigen Verhältnissen nicht mehr entspricht, abãndern. Man sagt, daß zum Postsekretär⸗Examen von Militäranwärtern nur die ehemaligen Offiziere zugelassen werden, die eine höbere Bildung haben als die große Zahl der Postassistenten. Es sollen aber auch Unteroffiziere zum Examen zugelassen worden sein. Das mag dahin⸗ gestellt bleiben. Warum sollten aber unter den Zivilanwärtern nicht auch Personen mit höherer Bildung sein? Warum will man sie vom Examen ausschließen?

(Schluß des Blattes.)

In der Kommission des Reichstags für den Seseß. entwurf wegen Abänderung des Reichs⸗Stempelabgabegeseße: wurde heute die zweite Berathung der Beschlüsse zur Bör ken- steuernovelle fortgesetzöz Die zur Deklaration des Wortes . händigung' gestern niedergesetzte Subkommission schlãgt vor, ol genden Abfatd inter Tarifnummer 2 einzusch ilten. Der Aushãndi⸗ gung aus ländischer Werthpapiere im Inlande wird 5 gleichgeachtet, wenn folche Wernhrapiere, welche durch en im Auslande abgeschlossenes Geschäft von einem zur 33 des Geschäftsabschlusses im Inlande wohnhaften Kontrahent angeschafft sind, diesem aus dem Auslande übersandt oder von . oder einem Vertreter aus dem Auslande abgeholt werden. . kurzer Berathung wird der Antrag der Suß t om miss ig n m allen gegen? Stimmen angenommen. Cbenso wird der An 4 Gamp, den zweiten Absatz zu Tarifnummer 1, wie Kinn, m., fassen: „Der nachweislich g versteuerte Betrag der 2 scheine wird auf den Betrag der demnächst etwa zu rer steuernden Aktien u. s. w. angerechnet., angenommen. 2. Befreiungen beantragt der Abg. Frhr. Heyl zu Herrn ebe im , als Nr. 3 hinzuzufügen: sinländische Aktien und Antheilscheine i Interimsscheine über Einzahlungen auf diese Werthyapiere . Aktiengesellschaften, welche sich die Erbauung ven Arbeiterwobnu ö zur Aufgabe stellen unter Verzicht auf Gewinn in der Weise, 2 n. Kapitalverzinfung im Höchstbetrage von 40, statutenmäßig festgesetz . Abg. Graf Do nh of f (dkons.) beantragt dagegen, von der . er freien inländische Aktien und Aktienantheilscheine, Anthei cen von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, sowie Interim in über Einzahlungen auf diefe Werthwapiere, sofern sie . aui⸗ gesellschaften bezw. von Gesellschaften mit beschränkter Halten , gegeben werden, welche nach dem Gutachten der, höheren 3 kungsbehörde ihres Sitzes im wesentlichen gemeinnützigen *

den zur Vertheilung gelangenden Reingewinn auf eine h fũnsprozentige Verzinsung kretãr Dr. Graf von

5 24 7 t j 8 nicht dn der Nominalwerth drer ntbei de ie, e.

und bei der Auflösung der etwaige Rest des Gesellschaftsvermögens für gemeinnützige Zwecke bestimmt. Ferner wird statt Gutachten der böheren Verwaltungsbehörden gesetzt Entscheidung des Bundes raths.. Mit dieser Abänderung wird Nr. 16 des Tarifs (ausländische Aktien 2c. 1660 Steuer) gegen zwei Stimmen angenommen. Die Tarifpos. 2a linländische für den Handelsverkehr bestimmte Renten ꝛc. 40/ονο wird nach den Beschlüßsen erster Lesung beftätigt. Bei Nr. 2b (Renten und Schuldverschreibungen ausländischer Staaten, Korporationen u. s. w., wenn sie im Inlande ausgehändigt, veräußert, verpfändet werden 2c. bat die ne , , 60 M angesetzt, die Kommission S/ Gn in erster Lesung beschlossen. Nach längerer Erörterung wurde beute die Regierungsporlage gegen drei Stimmen wieder hergestellt.

Auf der Tagesordnung für die 15. Plenarsitzung des Hau es der Abgeordn eten am Mittwoch, 14. Februar, Vormittags 11 Uhr, steht die Fortsetzung der zweiten Berathung des Entwurfs des Staats haushalts⸗- Etats für 1894 95, und zwar: a. Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, b. Münzverwaltung, e. Staatearchive, d. Juftizverwaltung.

Die XII. Kommission des Hauses der Abgeordneten zur Vorberathung des Gesetzentwurfs über die Landwirthschafts⸗ kammern ist folgendermaßen zusammengesetzt: von Kröcher, Vor⸗ sitzender; Freiberr von Los, Stellvertreter des Vorsitzenden; Hirt. den Mendel ⸗Steinfels, Reinecke, Heye, Dasbach, Graw (Allenstein) Schriftführer; Conrad (Flatow), Freiherr von ErffaWernburg, Frentz, Lamprecht, Rabe von Paprenheim⸗Liebenau, von Rautter, Barthold, von Tiedemann (Bomst), von Tzschoppe, von Eynern, dom Heede, Meßling. Ottens, Seer, Herold, Graf von und zu Hoens⸗ broech, Freiherr von Huene, Klose, Dr. von Eéttowski, Jaeckel.

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Kunft und Wissenschaft.

Tt Für die Geschichte deutscher Kunstforschung, insbesondere auch fũt die Geschichte der Berliner Kunstsammlungen bedeutete der 11. Februar dieses Jahres, der hundertjährige Geburtstag Gusstav Friedrich Waagen's, einen wichtigen Gedenktag. Waagen ist es in erfter Linie zu danken, wenn unsere Gemälde⸗Galerie, welche als die jüngste unter den Bildersammlungen des Kontinents mit besonderen Schwierigkeiten bei ihrer Begründun und Ver⸗ vollstäöndigung zu kämpfen hatte, sich . schnell zu einer bedeutenden Stellung emporrang. 1794 in Hamburg ge— boren, bezog W. 1512 die Universitãt Breslau, wo er sich historischen und Philosophischen Studien widmete; nachdem er die Freiheitskriege als Freiwilliger mitgemacht, sette er seine Studien in Breslau, Deidelberg und München fort. Die Kunstschätze der Isarstadt und Dres dens, wo er ebenfalls längere Zeit weilte, lenkten seine Auf merkfamkeit auf die Kunststudien, deren erste Frucht eine Schrift über die Begründer der modernen Malerei Hubert und Jan van Eyck war, die auf einer größeren Reise durch die Niederlande 1822 ent- stand. Schon im folgenden Jahre erhielt er einen ehrenden Ruf nach Berlin, um seine Kraft den Vorarbeiten für die Begründung der neuen Gemäldesammlung zu widmen; eine Reise nach Italien in Gemeinschaft mit Schinkel bereicherte seine Anschauung italienischer Kunst, so daß er 1828 von der Museumkommission mik der Anferti— gung des amtlichen Katalogs der Berliner Galerie betraut wurde, die dann 1839 seine Ernennung zum Galerie⸗Direktor zur Folge hatte. Auf seinen zahlreichen Reisen, die ihn in alle größeren Kunstsammlungen führten und auch in literarischer Beziehung reiche Frucht trugen, vertrat er durch Neuerwerbungen die Interessen des von ihm geleiteten Instituts mit seltenem Scharfblick und nimmermüder Energle. Besonders die Ankäufe auf einer italienischen Reise 1841 bis 1813 führten der Ber— liner Gemälde⸗ und Skulvturengalerie reiche Schätze zu. Daß es in einer Zeit, welche die Kunstkritik aus einem ungeklärten Dilettantismus bervorwachsen sah, nicht an harten Kämpfen feblte, um solche Ziele, wie sie W. sich vorgesetzt, zu erreichen, ist begreiflich. Der That— kraft des rastlosen Forschers gelang es indeß, alle Wider⸗ sprüche zu beseitigen und der ganzen Wissenschaft einen ebrenvollen Platz neben anderen historischen Disziplinen zu erringen. Seine periegetischen Werke Kunstwerke und Künstler in England und Paris (1837), Kunstwerke und Künstler in Deutschlandꝰ und Die vornehmsten Kunstdenkmäler in Wien“ bergen ein über— reiches, noch heute vielfach brauchbares Material für Bilderkritik; und besonders durch die den Werken der Miniaturmalerei zugewendete Aufmerksamkeit hat sich ihr Verfasser ein babnbrechendes Verdienst gesichert. Zusammenfassend verwerthete er seine Studien über die Geschichte der Malerei in dem 1562 herausgegebenen „Handbuch der deutschen und nieder⸗ ländischen Malerschulen. Daß die Kennerschaft feit Waagen's 1868 erfolgtem Tode bedeutende Fortschritte gemacht und viele feiner Re⸗ sultate umgestoßen hat, darf uns nicht ungerecht gegen seine Verdienste machen, denen sein Schüler, der Holbeinforscher A. Woltmann, seiner Zeit in einer biographischen Studie in der Zeitschrift für bildende Kunst eine gerechte Würdigung angedeihen ließ, und an die zu erinnern . ,,, Wiederkehr seines Geburtstags willkommenen An— bietet.

= In der morgigen Sitzung des Vereins für deutsches Kunst gewerbe, wird Herr Eugen Quaglio, Dekorationsmaler der Vöniglichen Theater, einen Vortrag über Theater⸗Malerei halten und diesen durch Entwürfe, Skizzen und Modelle älterer und neuerer Zeit erläutern. Die Sitzung findet statt im großen Saale des Architekten- hauses, 85 Uhr Abends.

Aus Leipzig, von gestern, wird der Tod des Geheimen Hof⸗ raths und Profesors der Rechte an der dortigen Universität Dr. Tuntze (geboren 1824 in Grimma) gemeldet. Der Verftorbene hat sich neben seiner Lehrthätigkeit durch eine Reihe von Schriften über das Kömische Recht, über Obligationen, Wechselrecht 24. bekannt gemacht. Seit 1863 war er Vorsitzender des Literarischen Sachverständigen⸗ vereins für Sachsen.

Schulwesen.

In der Stadt Köln ist die Errichtung einer Knaben— mittelschule beschlossen worden, um die große Kluft, die zwischen der Volksschule und den höheren Schulen liegt, angemessen aus— ufillen. Dazu haben wesentlich die Erfolge der bestehenden Mittelschule für Mädchen geführt. iche Förderung bat in Köln und im Kreise Bonn der Handarbeitsfertigkeits Unterricht Teilweise durch Ünterstũtzung von Privatpersonen, erfahren; in Köln wurde ein Lehrerverband zur Förderung der erzieblichen Knabenhand— arbeit begrũndet.

Bauten.

Der Umbau der Treppe vor dem Hauptportal des Kölner Toms und die Regulierung des vor derselben liegenden Platzes sind vor kurzem vollender worden.

a In den Wettbewerben für die Erweiterung der iar tin schen Frauenklinik hierselbst und für ein Kreishaus 1 Rasten urg, die der hiesige Architektenverein unter seinen Mit- gliedern ausgeschrieben, hat dem Zentr. Bl. d. Bauv. zufolge am d. M. die Beurtheilung stattgefunden. Von den sieben einge⸗ denen Entwürfen für cin Kreishaus in Raftenburg erhielt der= ie des Architekten Heinrich Reinbardt in Berlin einen ersten reis von 750 , der des Regierungs⸗Baumeifters Wilde in Berlin,

einen jweiten von 250 1 In der Beurtheilung der acht Entwürfe für die Erweiterung der Martin ichen Frauenklinik wurde nur ein einziger Preis in der Gesammthöhe des ausgesetzten Betruges von 500 M zuerkannt, der dem Baumeister Nikolaus Becker in Berlin zufiel; dem Entwurf des Regierungs⸗Baumeisters Albert Schmidt in Berlin wurde ein Vereins ⸗Andenken zu theil.

In Seligenthal im Siegthal soll nunmehr eine Restaurierung der dortigen schönen alten romanischen Kirche in Angriff genommen

- ; . ö werden, nachdenm die Prodinz eine Beihilfe in Aussicht gestellt hat.

Theater und Mufik.

Königliches Opernhaus.

Der gestrige erste Gesellschaftsabend dieses Jahres nahm einen glänzenden Verlauf. Zur Aufführung gelangten Teoncavallo's Bajazzi', die in der bekannten tadellosen Aufführung den lauten Beifall des in allen Theilen gefüllten Hauses fanden. Einer nicht weniger günstigen Aufnahme begegnete die mythologische Tanzdichtung „Prometheus“ mit der Musik von Beethopen. Vom Anfang bis zum Schluß der Vorstellung herrschte eine sehr angeregte Stim⸗ mung, die den vortrefflichen künstlerischen Gaben entsprach. Seine Majestät der Kaiser und König und Ihre Majestät die Kaiserin und Königkn wohnten der Vorftellung bis zum Schluß bei. .

„Timon von Athen“, das von Heinrich Bulthaupt bearbeitete Shakespeare'sche Schauspiel, welches im Berliner Theater am Donnerstag erstmalig zur Aufführung gelangt, wird von den besten Kräften der genannten Bühne dargestellt. Ludwig Barnar spielt den Alkibiades, Arthur Kraußneck den Timon, Charlotte Boch die Klytia und Emanuel Stockhausen den Glaukon. Nina Banciu, Karl Blanken⸗ stein, Ernst Formes, Paul Nollet und Ferdinand Suske stellen die übrigen größeren Rollen des Werkes dar, das auch scenisch glanzvoll me, e. ist. Heinrich Bulthauxt wird der ersten Aufführung bei⸗ wohnen.

In der am Freitag im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater zur ersten Aufführung gelangenden dreiaktigen Operette Brautiagd ! von Hermann Hirschel, Mufik von Franz von Suppe, wird in einer der weiblichen Hauptpartien Fräulein Marianne Rhoden debütieren. Die übrigen Hauptrollen sind mit den Damen E. Schmidt, Cornelli, Zimmer, Kluge und den Herren Steiner, Wellhof, Klein, Hanno, Broda, Ernsthaft, Matthias, Sommer und Unger besetzt.

Nach der Montags hause (l.

gner s

welche bei aufgehobenem Abonnement treten nachstebende erhöhte Preise ein: Fremden⸗ und Orchesterlogen 12 66, J. Rang, Parquet und Parquet⸗ loge 109 , II. Rang Prosceniumsloge 7 6, II. Rang Balkon und Loge 6 6, 1II. Rang 4 6. Parterre 2 1, Amphitheater Sitzplatz 2 S6, Amphitheater Stehplatz 1

Im Königlichen Schausvielbause wird morgen Hans von Gumppenberg's Komödie Die Minnekönigin! (Frau von Hochenburger, Herr Matkowsky), sowie Emil Gött's Luftspiel Verbotene Früchte“ Damen Conrad, Lindner, Herren Vollmar, Keßler) gegeben. In der nächsten Woche geht Hugo Lubliner's Jourfir' zum ersten Mal in Scene.

Im Residenz⸗Theater wird die ganze Woche hindurch Der Mustergatten gegeben. Am Sonntag soll als Mittagsvorstellung zu wohlthätigem Zweck das Lustspiel ‚Verfehlter Beruf von Eugen Zabel und Friedrich Dernburg mit Friedrich Mitterwurzer als Gast zur Aufführung gelangen.

Der Spielplan des Neuen Theaters bringt morgen zum ersten Male Cognetti's A Basso Porto‘ (deutsch von Dürer), am Donnerstag und Freitag Wiederholungen dieser Novitãät und am Sonnabend Elsa von Schabelsky's Schauspiel Gisela“.

Fräulein Ida Schlüter, welche infolge von Unpäßlichkeit einige Zeit gezwungen war, ihre Partie in der einaktigen Gesangsposse Die Bajazzl im Adolph⸗Ernst-Theater an eine Vertreterin abzugeben, wird mit dem heutigen Tage die von ihr geschaffene Rolle wieder übernehmen. .

Das Konzert mit eigenen Kompositionen von Max Reg findet morgen, Abends 8 Ubr, in der Sing Akademie statt; Programm bringt eine Sonate in D-moll für Violine und Klarier, eine Sonate in F-moll für Cello und Klavier, ein Trio für Violine, Viola und Pianoforte in H-moll und mehrere Gruppen von Liedern; die Mitwirkung übernehmen die Konzertsängerin Fräulein Sophie Schröter sowie die Herren Professor Wald. Meyer und König— licher Kammermusiker Ad. Gülzow und Eug. Sandow. Fräulein Clotilde Kleeberg, welche dem Monitenr officiel“ zufolge zum Officier d' Académie ernannt worden ist, bringt in ihrem hiesigen Klavierabend im Saal Bechstein an demselben Abend um 75 Uhr außer einer Reihe von klassischen Werken auch ein ihr gewidmetes, hier noch nicht gespieltes Werk, die BPoèmes Sylvestres? von Th. Dubois zum Vortrage. Das Programm des Konzerts, welches Alessandro Costa am Donnerstag, Abends 8 Uhr, in der Sing-⸗Akademie veranstaltet, bringt vier eigene Werke des Konzertgebers, und zwar die Symphonien in C-moll und G-dur und ferner zwei Gesänge für eine Solostimme mit Orchesterbegleitung: Todtentanz', Ballade für Tenor, und Gesang der Nixen“ für Sopran. Die gesangliche Mitwirkung über⸗ nehmen Frau Helene Lieban und Herr Höofopernsänger Julius Lieban, den orchestralen Theil führt das Philharmonische Orchester aus. Der Reinertrag ist für einen wohlthätigen Zweck bestimmt. Der Klaviervirtuose Heinrich Lutter aus Hannover wird an seinem Klavierabend im Saal Bechstein an demselben Tage, 71 Uhr, außer Beethoven's Sonate in Es-dur, op. 27, Schuberts Moments musicals“, Schumann's Papillons- und Werken von Brahms, Henselt und Rubinstein auch eine Reihe Liszt'scher Werke (darunter Sonett“, Bonédiction de dien Rhapsodie, Nr. VIII) zu Gehör bringen.

Mannigfaltiges.

In— seiner gestrigen außerordentlichen Sitzung bat der Magistrat die Berathungen der Einzel⸗ Etats zu Ende geführt. Die deñinitive estsetzung des Prozentsatzes der Gemeinde⸗Einkommensteuer ann, nach dem Bericht der N. A. 3. erst dann erfolgen, wenn seitens des Fiskus die Höhe der Staatseinkommen⸗Steuerfumme für Berlin für 1894595 dem Magistrat wird zur Kenntniß gebracht sein. Indessen ist nach dem Resultat der Etatsberathungen, wie bereits mitgetheilt, mit Sicherheit voranszufeßzen, daß die Quote für die Gemeinde Einkommensteuer nicht unter 109 9άC angesetzt werden wird. Zu erwäbnen ist noch der Beschluß des Kollegiums, daß für das Gtatsjahr 1894.95 der Magistrat auf die Einziehung der Gemeinde⸗Finkommensteuer auch der zweiten Steuer⸗ stufe, welche mit einem Einkommen von 660 bis 9660 M veranlagt ist, verzichten werde, ie. die erfte und zweite Stufe steuerfrei bleiben. Dessen ungeachtet sollen diese zur Steuer veranlagt werden,

um so den betreffenden Personen die Ausübung der bürgerlichen Rechte zu erhalten.

Daß Befinden, der verunglückten Königlichen Hosscauspielerin

rau. Maxie Niemann Seebach ist ein berhältni mãßig güũnstiges. Die Verletzung am Knöchel des rechten Fußes ö der Nat. Ztg. zufolge, keine gefährliche, und der Knochenbruch des rechten Wberschenkels wird nach der Versicherung des Geheimen Medizinal—= Raths Professors Dr. von Bergmann zu heilen sein; indessen wird die

Verunglückte in der Klinik noch etwa sechs Wochen, junächst im Gireverband, liegen müssen. Ueber die Umstände, durch welche das schwere Unglück eintrat, wird dem genannten Blatt noch geschrieben: Frau See⸗ a. welche die Pferdebahn in der Kurfürftenffraße benutzte, war keineswegs zu früh- ausgestiegen und war auch dabei nicht aus⸗ at, sondern sie verließ an der Ecke der Ansbacher Straße den chen stehenden Pferdebahnwagen, als an der Aussteigeseife ein Kohlenwagen im schnellsten Tempo vorüberfuhr, sodaß Frau Seebach

von den Pferden niedergerissen ward und unter die Räder kam.

Die Beisetzung des in München verstorbenen ehemaligen deutschen Botschafters Freiberrn von Werther fand gestern Nachmittag 3 Uhr auf dem Dorotheenstädtischen Kirchhof in der Liesenstraße statt. Wie die Nat.3. erfährt, hatte Seine Majestät der Kaiser den Kommandanten des Hauptquartiers, General⸗Major von Plessen beauftragt, Allerbhöchstihn bei der Beisetzung zu vertreten und einen

roßen, aus Veilchen und Maiblumen geflochtenen Kranz mit Atläs⸗ schleife, welche das Kaiserliche W mit der Krone in Golddruck trägt, auf den Sarg des Verstorbenen niederzulegen. ;

Der Künstler⸗West⸗Klub“ veranstaltet am 17. d. M. in den Sälen des Konzerthauses ein Karnevalefest. Ein das Fest einleitendes Scherzspiel Ein Künstlertraum wird humoristisch⸗satirische Streiflichter auf die verschiedenen Richtungen in der Kunst werfen. Eintritte farten für von Mitgliedern des Künftler⸗West⸗Klubs ein⸗ geführte Gäste sind in dem Festbureau, Kucfurstenstraße 26, Garten⸗ baus II, zu haben.

Der bekannte Geologe Professor Dr. A. Pen c aus Wien hält morgen Abend 6 Uhr in der Urania einen Vortrag Ueber Berg⸗ und Felsformen“. Zahlreiche landschaftlich. schöne Lichtbilder werden der Ausführung zur Erläuterung dienen. Am Sonnabend wird der Direktor der Urania, Dr. M. Wilhelm Mever, seinen Vor⸗ trag Durch den Nellow stone⸗Park bis zum Großen Ozean“ wiederholen.

Ueber die verheerenden Wirkungen des seit einigen Tagen in einem großen Theil von Europa herrschenden orkan⸗ artigen Sturmes und Unwetters liegen heute folgende Nachrichten vor:

Im hiesigen Thiergarten sind durch die Gewalt des Sturmes eine größere Anzahl der stärksten Baumriesen entwurzelt und umge⸗ brochen. Der N. Pr. Z. entnehmen wir die nachstehenden Mit- theilungen: Die einzelnen Windftsße fegten gestern mit solcher Gewalt durch die Straßen, daß die Passanten sich entweder in die Häuser flüchteten oder an den Häusern halten mußten, um ihren Weg fort—⸗ zusetzen. Ein vor dem Postamt am Belle⸗Alliance⸗ Platz haltender Gepäckvostwagen wurde vollständig umgeworfen und die Sepäckstũcke auf die Straße geschleudert; durch Postbeamte konnten die Gepäck⸗ stũücke zusammengelesen und wieder in Sicherheit gebracht werden. Ein in der Taubenstraße patrouillierender Schutzmann wurde von einem herabstürzenden Dachstein derart am Kopf verletzt, daß er in der Sanitäts wache in der Mauerftratße verbunden werden mußte. Ein junger Mann, der seinen am Schlüterfteg in die Spree gefallenen Hut von einem Obstkahn aus herausziehen wollte, wurde von dem Sturmwind erfaßt und in die Spree geschleudert. Nur mit größter Mühe gelang es mehreren Schiffern, den mit dem Wellentod Kämpfenden wieder ans Land zu ziehen. Die Feuerwehr wurde während des Orkans fünfmal alarmiert, und zwar nach der Alten Jakobstraße, Alexandrinenstraße, Lindenstraße, Dranienstraße und Mark⸗ grafenstraße. Als der Sturm losbrack waren mehrere Arbeiter auf dem Dach des Hauses Karlstraße Nr. 14 mit Ausbesserungsarbeiten be— schäftigt. Gin Arbeiter Meier wurde vom Wind erfaßt und auf die Straße geschleudert. Hierbei erlitt er einen Bruch beider Beine und einen Bruch des linken Armes; er mußte mittels Droschke nach der Charité geschafft werden. Ein Durcheinander entstand an der Weiden⸗ dammer Brücke. Das Pferd einer Droschke zweiter Klasse war auf den Glasscherben eines herabgerissenen Transparentschildes ausgeglitten, während die Droschke mit solcher Gewalt gegen die Freitreppe ge⸗ trieben wurde, daß beide Scherbäume des Wagens zerbrochen wurden. Eine andere Droschke, die der erften folgte, prallte derart gegen die⸗ selbe, daß die Droschke zum theil zertrümmert und dem Pferde die Brustseite aufgerissen wurde. Erst nach vielen Bemühungen gelang es, die fest ineinander gefahrenen Fuhrwerke zu trennen. Mit lautem Knall zersprangen gestern Nachmittag gegen 6 Uhr die Leitungs⸗ drähte der auf dem Hause Mohrenstraße 21 befestigten Telephonsaule, wo⸗ durch eine große Störung im Telephonbetriebe hervorgerufen wurde. Ein Koblenbändler, der mit einer Kiepe die Adalberistraße entlang ging, wurde gegen 2 Uhr vom Sturm umgeworfen und trug eine Topfwunde und eine Verstauchung der rechten Hand davon. In der Flemmingstraße wurde etwa um dieselbe Zeit ein Schornsteinaufsaßz von Eisenblech heruntergeworsen und traf einen Knaben. Ein kleines Mädchen wurde um 36 Uhr in der Kottbuserstraße von der Mutter fort quer über den Damm unter die Räder einer Droschke getrieben, konnte aber noch gerettet werden. In der Winterfeldtstraße 23 stürzte um 24 Uhr Nachmittags der Schornstein in den Hof berunter. Er fiel auf ein Dach, durchschlug dasselbe und richtete im Eßzimmer des Herrn Geheimen Ober-Finanz⸗Raths Pfahl bedeutenden Schaden an. Die Feuerwehr leistete die nothwendige Hilfe. Mit ganz besonderer Heftigkeit wüthete der Sturm um die Mittagszeit. In der jweiten Etage von Castan's Panopti⸗ kum in der Friedrichstraße zerdrückte er kurz nach 12 Ubr eine große Spiegelscheibe. Prasselnd stürzten die Glassplitter auf das Trottoir nieder ohne glücklicherweise Jemanden zu verletzen. Von dem Dache der Ritterschaftsbank am Ziethenplaz wurde ein großes Stück der Zinkbekleidung des Daches abgerissen und hing drobend eine lange Zeit in der Luft, bis es gelang, es zu entfernen. Die mit Bäumen bepflanzten Straßen sind mit Aesten und Reisig völlig bedeckt gewesen. = In der Alexandrinenstraße stũrzte ein langer Zaun sammt den gemauerten Pfeilern um. Von der Lutherkirche am Dennewitzplaz wurde in beträchtlichem Umfang die Bekleidung des Thurmes mit gläsierten Ziegeln abgerissen, sodaß Befürchtungen laut wurden, der Wind könne sich in dem bloßgelegten Sparrenwerk verfangen. Vom Palmen— hause des Botanischen Gartens wird gemeldet, daß der Schornstein auf das Dach stürzte und ebenfalls schweren Schaden an= richtete. Aus der Umgegend Berlins, aus Spandau, Köpenick, Rixrderf, Groß ⸗Lichterfelde wird gemeldet, daß Schornsteine umgestürjt, Zäune niedergelegt, Dächer abgedeckt, Haäͤuser beschädigt wurden; doch sind Verletzungen von Menschen nicht bekannt ge— worden.

Königsberg i. Pr., 13. Februar. Ein orkanartiger Weststurm staute, wie W. T. B. meldet, den Pr egel an, welcher die tiefer gelegenen Straßen überfluthete und die Grüne Brücke gefährdete, die Abends 10 Ubr polizeilich abgesperrt wurde. Ein Dammbruch per— ursachte die Ueberschwemmung des Nassen Gartens. ioniere und Feuerwehr retteten die gefährdeten Menschen und das Vieh. Stettin, 12. Februar. Die N. Siett. Ztg. berichtet: Die im Sommer vorigen Jahres auf dem altehrwürdigen Thurm der Jakobikirche errichtete neue, im Gebälk noch freistehende Spitze, die eist in diesem Frühjahr eingedeckt werden sellte, ist von dem heute Vormittag mächtiger denn je in den letzten Tagen daherbrausenden Orkan in die Tiefe herabgewebt worden. Schon den ganzen Vormittag hindurch hatte der Sturm unheimlich die in die Lüfte ragende Thurmspitze umtobt, daß es wie ein dumpfes Donnern und Grollen in der Tiefe widerklang. Plötzlich, gerade um 1 Uhr Mittags, neigte sich, von der Windsbraut erfaßt, der mächtige Thurm. helm und schlug in der vollen Axe des Kirchenschiffs in das gewaltige Dach ein, dieses jowie den Dachreiter zum großen Theil zerschmettern?. Ein donnerähnliches Getöse, ein Entsetzensgeschrei aus den Kehlen der Hunderte von Passanten, die des schrecklichen Schaufpiels gerade ansichtig wurden, dann eine Wolke von Staub und Spüttern und der neuerrichtete Thurm, an dem in den letzten Monaten so viele Blicke liebevoll zehangen, war nicht mehr. Ein wirrer Tnäuel ven Balken, Splittern und Ziegeltrümmern lag auf dem Kirchendach und zu beiden Seiten des Kirchhofs: die mächtigen