1894 / 40 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 15 Feb 1894 18:00:01 GMT) scan diff

auch bei der politischen Stellung, welche sie unter dem neuen Kurse

einnimmt, ihre Sympathien für die Landwirthschaft entschieden nicht

verloren hat. Meine Herren, wende ich mich nun aber thatsächlich zu der Interpellation selbst, so glaube ich deren Tendenz dahin ver⸗ stehen zu sollen, und ich glaube, ich habe den Herrn Interpellanten recht verstanden, wenn ich annehme, daß der Herr Interpellant unter Hinweis auf die schweren Schädigungen, welchen die sächsische Land⸗ wirthschaft durch den zur Zeit bestehenden Staffeltarif schon dermalen ausgesetzt ist, die weitergehenden Schädigungen thunlichst abgewendet wissen möchte, die mit Sicherheit zu gewärtigen sein müßten, wenn mit Abschluß des russischen Handelsvertrages der erwähnte Ausnahme⸗ tarif, der bezüglich der Getreidetransporte besteht, noch weiter in ungeschwächtker Kraft fortbestehen sollte. Meine Herren, so wenig nun verkannt werden mag, daß die Gefahr des weiteren Niederganges der Getreidepreise eine noch viel intensipere werden wird, wenn der russische Handelsvertrag wirklich perfekt wird: so wenig vermag ich doch und vermag die sächsische Regierung anderer⸗ seits anzuerkennen, daß die Verquickung dieser reinen Tariffrage mit der Handelsvertragsfrage wenigstens bis zu dem Punkte geeignet und angängig erachtet werden könne, daß die Regierung ihre Abstimmung über den Handelevertrag selbst von der Bedingung und von der Zu⸗ sicherung abhängig machen könnte, daß die Staffeltarife seitens der preußischen Regierung überhaupt in Zukunft aufgehoben werden. Meine Herren, die Kombinierung dieser Tariffrage mit der Handels— vertragsfrage ist nach Ansicht der ,. um deswillen eigentlich thatsächlich ganz ausgeschlossen, weil bei dem russisch⸗deutschen Handelsvertrag überhaupt Kontrahenten auftreten, die unmittel⸗ bar ein Interesse an der Staffeltariffrage nicht haben; wenigstens behaupte ich dies zunächst gegenüber der russischen Regierung, und ich habe auch weiter, wenn den Herren der Vertragsentwurf und der Vertrag selbst bereits zugänglich gemacht ist, darauf hinzuweisen, daß

in Art. 19 des Vertrags im ersten Alinea in der fraglichen Richtung

ausdrücklich gesagt worden ist, daß die beiden vertragschließenden Theile sich das Recht vorbehalten, ihre Eisenbahn-Transporttarife nach eigenem Ermessen zu bestimmen. Also, meine Herren, hier ist es mit klaren Worten ausgesprochen, daß Eisenbahntariffragen nicht Gegenstand der Handelsvertragsabschließung sein sollten und auch thatsächlich nicht gewesen sind. Es folgt hieraus also weiter, daß die Transporttariffrage nicht integrierender Theil der Handelsvertragsverhandlungen sein kann, und wenn dies nicht der Fall ist, daß dann aber auch eine Stellung⸗ nahme zu dem Handelsvertrag kaum angängig zu sein scheint, die sich an die Bedingung knüpft, daß die Tariffrage zunächst im Sinne des Herrn Interrellanten erledigt werde. Meine Herren, die Eisenbahn⸗ tariffrage möchte ich mehr als eine innere eisenbahnpolitische Frage bezeichnen und als solche weiter behandelt wissen, sie ist auch bisher so behandelt worden. Ich erkenne vollständig an, daß diese Frage ihre großen Bedenken hat, und weil ich diese großen Bedenken an— erkenne, so halte ich auch diese Frage für sehr wohl diskutabel, und ich halte sie für diskutierbar auch unbedingt im Zusammenhange mit der Verhandlung im Bundes rath über den russischen Vertrags—⸗ abschluß; aber ich betone immer wieder, ich möchte sie nicht als Be⸗ dingung hingestellt haben für die Zustimmung zu diesem Handels⸗ vertrag selbst. Ich wiederhole also. meine Herren, ich halte diese Frage für diskutierbar, und ich füge dem hinzu, daß ich den Interessen des Herrn von Oehlschlägel und denjenigen der ganzen Landwirthschaft, die er vertritt, vollständig das Recht einräume, gerade jetzt diese Frage in den Vordergrund zu stellen, und daß ich auch weiter das Mandat, welches Sie uns zu geben wohl im Begriff stehen, nur bereitwillig annehme, in diesem Interesse für die Land⸗ wirthschaft Sorge zu tragen. (Bravo! Meine Herren, ich erkenne an, daß, wenn der Handeisvertrag mit Rußland perfekt wird, wenn er die Zustimmung der zuständigen Organe erfährt, die Konsequenz des Handelsvertrags auch für Sachsen ohne weiteres die sein wird, daß eine sehr bedeutende Menge von russischem Getreide und russischen Mühlenprodukten nach Sachsen eingeführt wird, und ich erkenne auch weiter an, daß die Konsequen; unter der Voraussetzung, daß die Staffeltarife aufrecht erhalten werden sollen, nur die sein wird, daß ein weiterer Preisdruck eintreten wird und daß die sächsische Land—⸗ wirthschaft, die ich leider auch als eine nothleidende jetzt be⸗ zeichnen muß, noch weiter leiden wird und noch weiter deterioriert werden muß. Meine Herren, wenn das anzuerkennen ist, so gebe ich Ihnen auch vollständig die Berechtigung und nehme sie für sie in Anspruch, jetzt gerade in dem Stadium, in welchem wir uns befinden, ihre Wünsche wegen Aufhebung dieses Drucks und dieser Gefährdung an zuständiger Stelle mit dem Wunsche anzubringen, sie weiter zu leiten an die Stelle, wo sie möglicherweise Erfüllung finden können. (Bravo!) Stelle ich mich also, meine Herren, insoweit ganz auf den Standpunkt des Herrn Interpellanten und auf denjenigen der Inter⸗ essenten, die hinter ihm stehen, so habe ich auch noch weiter zu konstatieren und das ist die Ansicht der Regierung —, daß die Staffeltarife, welche, wie bekannt, im Jahre 1891 eingeführt worden find, gerade unter entgegengesetzten Verhältnissen, wie sie jetzt stattfinden, veranlaßt wurden. Wir befanden uns damals in einer Zeit, wo durch eine gewisse Mißernte auch die landwirth⸗ schaftlichen Produkte sehr wesentlich in die Höhe getrieben waren, wo wir mit sehr hohen Getreidepreisen zu rechnen hatten, wo außer⸗ dem der russische Markt durch ein Ausfuhrverbot überhaupt ab⸗ geschnitten war. Um dem Nothstand, der infolge dessen bevorstand, um einer Vertheuerung der Lebensmittel entgegenzuarbeiten, hat man sich damals unter Vereinbarung mit der preußischen Regierung ent⸗ schlossen, die Staffeltarife einzuführen und sie auch auf den sächsischen Bahnen gelten zu lassen, um auf weitgehende Entfernungen Preis⸗ ermäßigungen herbeizuführen. Meine Herren, jetzt nun und schon seit längerer Zeit hat sich die Sache in das gerade Gegentheil ver⸗ wandelt. Wir stehen jetzt unter einem Preisdruck; die land⸗ wirthschaftlichen Produkte stehen, was ihren Werth betrifft, unter dem Niveau, bedeutend unter dem Niveau, und wenn wir eben jetzt mit gegentheiligen Verhältnissen zu rechnen haben, so entfällt nach Ansicht der sächsischen Regierung logisch auch jede weitere Veranlassung, die Nothtarife, und solche waren sie, die Nothtarife, die damals geschaffen worden sind, auch noch weiter beizubehalten. Meine Herren, fußend auf diesen Erwägungen ist die sächsische Regierung schon seit längerer Zeit und seit mehr wie Jahresfrist bestrebt gewesen, an maßgebender Stelle auf die Herbeiführung eines Wandels be⸗ ziehentlich der Staffeltarife hinzuwirken und sie hat nicht Anstand genommen, geradezu die Aufhebung dieser Staffeltarife als schädigend, als volkswirthschaftlich schädigend für die sächsischen Interessen anzu⸗ regen. Daß, wie auch schon der Herr Abg. von Oelschlägel angedeutet hat, in anderen Gegenden, in Ostpreußen z. B., die Verhältnisse anders liegen und daß da wobl Erwägungen eintreten können, die es schwer machen für die preußische Regierung, sich von den Staffel⸗ tarifen zu trennen, ist gewiß nicht zu verkennen; aber für die sächsische Regierung liegen die Interessen des Vaterlandes viel näher und wir werden daher auch das sichere ich auch als Erfolg der gestellten Interpellation, meine Herren, unbedingt zu bei Gelegenheit der Verhandlungen über den Handelsvertragsabschluß mit allen zu Gebote stehenden Mitteln dafür eintreten, daß die Staffeltarife auch seitens der preußischen Regierung gegenüber der sächsischen Regierung und gegenüber den sächsischen Eisenbahnen auf⸗ gegeben werden. Bravo!) Meine Herren, das Stadium, in welchem wir in dieser Beziehung uns gegenwärtig befinden, und die Situation, die in dieser Richtung geschaffen ist, möchte ich als eine besonders günstige bezeichnen, und zwar um deswillen, weil, wie ihnen wohl bekannt geworden ist, der Interpellation und vielleicht dem Antrage, der hinter der Interpellation steht, ein Antrag zur Seite tritt, der im preußischen Abgeordnetenhause gegenwärtig eingebracht worden ist, mit zahlreichen Unterschriften bedeckt, und der dahin geht, daß die Königlich preußische Staatsregierung zu ersuchen sei, den am 1. September 1891 versuchsweise eingeführten Ausnahme⸗ tarif mit ermäßigten Streckensätzen, den sogenannten Staffel⸗ tarif für Getreide und Mühlenfabrikate schleunigst wieder aufzu⸗ heben. Das ist der Antrag., meine Herren, der also unseren Bestre⸗ bungen zur Seite tritt. Ich habe auch weiter darauf hinzuweisen, daß insonderheit die süddeutschen Regierungen ganz in demselben Sinne wie die sächsische Regierung und wie ich die Ehre gehabt habe,

das gegenwärtig zu entwickeln, der rf wegen Beseitigung der Staffeltarife nähergetreten sind, und ich bin weiter, meine Herren, in der glücklichen Lage anzuführen, daß . erst neuerlich und ganz neuerlich von Berlin zugegangenen Nachrichten von sehr glaub⸗ würdiger und sehr unterrichteter Seite alle Hoffnung vorhanden ist, daß in den maßgebenden Kreisen man sich dazu bestimmen wird und dazu wird bestimmen lassen, einfach auf eine Aufhebung der Staffeltarife und zwar Zug um Zug mit Abschluß des Handelsvertrags zukommen. (Vielfaches Bravo! rechts.) Ich vermag ö nach dieser Richtung hin keine Garantie zu übernehmen, kein Versprechen zu geben; aber das eine Versprechen bin ich allerdings in der Lage, Ihnen unverkürzt zu geben, daß, was die sächsische Regierung anlangt, das wiederhole ich, sie mit allen ihr zu Gebete stehenden Milteln dafür eintreten wird, daß wenigstens auf diesem Gebiet der Land—⸗ wirthschaft der ihr gebührende . zu theil werde (Bravo! rechts), und, meine Herren, wenn der Herr Abg. von Oehlschlägel im Verlauf seiner Rede weiter darauf hingewiesen, daß sonst alle Hilfe, die der Landwirthschaft geboten wäre, eigentlich vor der . nur zu schwachen Hoffnungen berechtigte, so vermag ich auch über diese Auf⸗ fassung mich nicht mit ihm in einen Widerstreit zu setzen und ich bin selbst, wenn man jetzt von der Regierung einen Rath oder eine Auskunft darüber verlangen wollte, nach welcher Richtung wohl nachhaltlich der Landwirthschaft geholfen werden solle, ich sage, ich würde jetzt in Verlegenheit mich befinden, einen Rath zu er- theilen, von dessen 2 ich wirklich einen Erfolg erhoffen könnte. Aber, meine Herren, wenn ich nur eine Bemerkung noch ein⸗ fügen darf, so geht dieselbe dahin, und da komme ich nur mit einem Wort auf die subtile Währungsfrage, welche auch von Herrn von Dehlschlägel berührt worden daß, insoweit der Regelung der Währungsfrage jetzt in maßgebenden Kreisen gegenübergetreten werden soll, insoweit Erwägungen lber dieselbe stattfinden, die Regierung ihre unbedingte Bereitwilligleit aussprechen wird, diese Währungsfrage gerade im Interesse der Landwirthschaft weiter zu verfolgen. (Beifall rechts) Ich habe ganz besondere Veranlassung, diese Erklärung heute an dieser Stelle in Rücksicht auf die Währungsfrage abzugeben, weil mir zu Ohren gekommen ist, daß man der Meinung sei, daß die sächsische Regierung der Behandlung der Silberwährungsfrage ganz besondere Hindernisse entgegenstelle. Es ist das durchaus nicht der Fall, meine Herren, und wenn ich Ihnen noch für diese Versicherung einen Beweis geben soll, so ist es der, daß wir gerade gegenwärtig in der Erwägung stehen über die Absendung eines sächsischen Kommissars zu den in Berlin stattfindenden bezüglichen Berathungen. Also noch einmal, die Regierung sichert der Landwirthschaft , Kräften ihren Schutz zu und sie gewährleistet diesen Schutz der Landwirthschaft als einem der bedeutendsten und kräftigsten Faktoren des ganzen öffent⸗ lichen und staatlichen Lebens. Diesen Faktor lebensfähig und kräftig zu erhalten, das wird das stete Bestreben der Regierung sein und bleiben. (Lebhafter Beifall rechts.)

Oldenburg.

(HE) Der Landtag hat den von der Staatsregierung vorgelegten Voranschlag des Landeskulturfonds für das Herzogthum Oldenburg, wonach die Ausgaben für 1894396 (außer jährlich circa 100 000 S6 zur Förderung von Kleinmeliorationen) sich im ganzen auf 274 500 (6 beziffern, genehmigt. Der Gesetzentwurf wegen Abänderung des Vogel⸗ schutzgesetzes (erweiterte Zeitfristen für den Krammetsvogel⸗ fang) wurde vom Landtag angenommen, ebenfo der aus der Mitte des Landtags gestellte Antrag, die Staatsregierung zu ersuchen, im Bundesrath darauf hinwirken zu wollen, daß das Fangen der Krammetsvögel verboten und womöglich hierüber eine internationale Vereinbarung getroffen werde. Einem von der Staatsregierung vorgelegten Gesetzentwurf, wonach die den Hinterbliebenen von Zivilstaatsdienern zustehende Ver⸗ günstigung auf den Fortbezug einer viermonatigen Besoldung des betreffenden Beamten auch den Wittwen und den Kindern von Volksschullehrern zu theil werden soll, wurde vom Landtag die verfassungsmäßige Zustimmung ertheilt.

Oesterreich⸗Ungarn.

In der gestrigen Sitzung des böhmischen Landtags hob, wie ‚W. T. B.“ berichtet, der Abg. Hellwich bei der Fortsetzung der Generaldebatte über das Budget die Vortheile der Erlernung beider Landessprachen hervor. Die Erkenntniß dieser Vortheile nehme unter den Deutschen zu, wogegen in den Kreisen der Czechen die Kenniniß der deutschen Sprache abnehme. Die Koalition sei nicht gegen die dermaligen Vertreter des czechischen Volkes gerichtet, sondern sei nur berufen, ohne diese zu wirken. Das Gelingen des Versuchs, die friedliebenden Parteien unter Schonung ihres Nationalgefühls der wirthschaftlichen Thätig— keit zuzuführen, werde Oesterreich Segen bringen. Das Miß⸗ lingen dieses Versuchs werde den Friedensstörern nichts nützen; die Deutschen willigten in die Vertagung des Ausgleichs ein, ohne auf denselben zu verzichten. Im weiteren Verlauf der Debatte vertheidigte der Generalredner der Konservativen Graf Ledebur aufs wärmste die Koalitionspolitik und sprach den Wunsch aus, sie möge im böhmischen Landtage Platz greifen. Die konservative Partei werde auf dem Boden der Verfassung ausharren. Darauf wurde beschlossen, in die Spezialdebatte einzutreten.

In dem Omladinaprozeß beantragte gestern der Staats anwalt, 14 Angeklagte wegen Hochverraths, 40 Angeklagte wegen Ruhestörungsverbrechen, die übrigen Angeklagten wegen Geheimbündelei zu verurtheilen.

Frankreich.

Die Identität des Urhebers der Explosion im Ter⸗ minus⸗-Hotel ist, wie „W. T. B.“ meldet, nunmehr fest⸗ gestellt. Derselbe heißt Emile Henry und ist am 26. Sep⸗ tember 1872 in Barcelona von französischen Eltern geboren. Sein letzter Aufenthalt war London, wo er der Polizei als Anarchist bekannt war. Diese wußte auch, daß Henty sich seit dem 18. Januar in Paris aufhalte, wo er früher bei einem Bildhauer und später bei einem Möbelhändler beschäftigt war. Er ist der Bruder von Fortuns Henry, der augen— blicklich in Clairvaux eine dreijährige Gefängnißstrafe wegen Aufreizung zum Morde abbüßt, und ein Sohn des Kommune— mitglieds Henry, der seinerzeit in contumaciam zum Tode verurtheilt wurde und in Spanien gestorben ist. Wie der „Temps“ meldet, hätte Emile Henry im Jahre 1888 an der Sorbonne die Baccalaureats⸗Prüfung bestanden. ;

Ein jüngst in Paris verhafteter gewisser Bernard ist nach den polizeilichen k ein sehr gefährlicher Anarch ist; er war an sämmtlichen Komplotten, die in dem letzten Jahre in Spanien entdeckt wurden, betheiligt und hat mit Ravachol in Verbindung gestanden, auch Briefe Vaillant's wurden bei ihm vorgefunden.

Der „Liberté“ zufolge hätte die Regierung über den zweiten französisch⸗englischen Zwischenfall an der Grenze von Sierra Leone Informationen erhalten, wonach die Schuld daran lediglich den Engländern zufalle, die ein auf dem französischen Territorium liegendes Dorf angegriffen

hätten. Die französischen Milizen hätten die Angreifer zurück⸗= geschlagen. Italien.

Der „Agenzia Stefani“ zufolge ist in amtlichen Kreisen von kommerziellen en zwischen Frank⸗ reich und Italien nichts bekannt. Dieses Dementi bezieht z auf eine Mittheilung der „Nazione“, wonach die e,.

sche Regierung mit , auf den deutsch⸗russischen Handels⸗ vertrag in Nom angefragt hätte, welche Begünstigungen Italien bewilligen würde, wenn Frankreich statt des ö õchst⸗ tarifs für italienische Erzeugnisse den Mindesttarif in Anwen⸗ dung bringen sollte. Die Ankunft des italienischen Botschafters bei der französischen Republik Reßmann in Rom wurde von dem genannten Blatte damit in Verbindung gebracht. ine am Dienstag in Rom abgehaltene Versammlung des Präsidiums der landwirthschaftlichen Vereinigung Roms be— schloß dem „W. T. B.“ zufolge die Gründung einer natio— nalen Agrarierpartei und die Reorganisation der Ver⸗ tretung der Landwirthschaft, sowie die Ernennung einer Kom⸗ mission zur Ausarbeitung einer gesetzlichen Ordnung der inneren Kolonisation und einer Revision des italienischen Steuersystems. Rußland.

Der „Politischen Korrespondenz“ wird aus St. Peters⸗ burg gemeldet, daß der Minister des Auswärtigen von Giers sich nächstens zu längerem Aufenthalt nach San Remo begeben werde.

Schweiz.

Der Gesandte des Deutschen Reichs in Bern, Wirkliche Geheime Rath Dr. Busch hat, wie der „Bund“ meldet, dem Bundes⸗Präsidenten persönlich den Ausdruck warmer Theil— nahme Seiner Majestät des Deutschen Kaisers an dem Verlust übermittelt, den die Eidgenossenschaft durch den Tod des Generals Herzog erlitten hat. Der Bundes⸗Präsident hat für diese Kundgebung dem Gesandten angelegentlich gedankt.

Amerika.

Nach einer Meldung der New⸗Horker World“ aus San Salvador hätte der General Ortez, der Befehlshaber der nicaraguanischen Truppen, am Dienstag Bresche in die Ver⸗ theidigungswerke von Tegucigalpa gelegt und dem einge— schlossenen Heer eine Schlacht geliefert. Etwa 100 Mann wären gefallen und viele verwundet worden. General Ortez

habe den Sieg für sich in Anspruch genommen.

Asien.

Nach einer in London eingetroffenen Meldung aus , vom 1. d. M sind die Wahlen zum Repräsentantenhaus auf den 1. März festgesetzt worden.

Afrika. Wie die „Dailn News“ aus Kairo von gestern melden, ist Zohrab Pascha zum Unter-Staatssekretär im Kriegs-Ministerium an Stelle Maher Paschg's ernannt worden. Die Gesinnungen Zohrab's England gegenüber schienen freundliche zu sein.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags, des Herrenhauses und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen 50. Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär Dr. von Stephan beiwohnte, wurde die Spezialberathung des Post-Etats fortgesetzt.

Im Extraordinarium, ordentlicher Etat, werden für Post⸗ bauten 8 875 483 6 verlangt. Die Budgetkommission hat von den geforderten 43 Titeln nur denjenigen für Erwerbung eines Grundstücks in Lissa mit 175 500 M gestrichen.

Die zweiten und ferneren Raten für bereits früher be⸗ willigte neue Post⸗Dienstgebäude werden ohne Debatte bewilligt.

Die geforderte erste Rate für ein neues Dienstgebäude in Deutsch-Krone wird vom Abg. Schmidt-Warburg (Zentr.) beanstandet.

Bei Schluß des Blattes nimmt das Wort der Regierungs—⸗ kommissar, Direktor im Reichs-Postamt, Wirklicher Geheimer Rath Dr. Fischer.

Im Herrenhause fand in der heutigen 5. Sitzung zunächst die Vereidigung des neu eingetretenen Mitgliedes, des Fürsten zu Salm Reifferscheidt-Dyck statt.

Den mündlichen Bericht der Kommission für Eisenbahn—

Angelegenheiten über die übersichtliche Darstellung des Erx— gebnisses der im Jahre 1893 gepflogenen Verhand—⸗ lung des Landeseisenbahnrathgs erstattete Bürgermeister Hammer. Bei der Berathung des Berichts erörterte Graf Klinckow⸗ stroem die Stellung der bayerischen Regierung in der Frage der Aufhebung der Staffeltarife in Verbindung mit dem russischen Handelsvertrag.

(Schluß des Blattes.)

Das Haus der Abgeordneten setzte in seiner heutigen 16. Sitzung, welcher der Justiz⸗Minister Dr. von Schelling und , beiwohnten, die zweite Berathung des Staatshaushalts-Etats fort, und zwar bei dem Etat der Justizverwaltung. .

Bei Tit. JI der Einnahmen (KGosten und Geldstrafen beklagt . . . Abg. Schmitz-Erkelenz (Zentr.), daß die Kostensätze der nicht streitigen Gerichtsbarkeit namentlich in Vormundschaftssachen und im Grundbuchwesen die erwünschte Gleichheit und Uebersichtlichkeil l= miffen ließen. Der Prozentfatz der Kosten in Vormundschafte ache! wachsfe in demselben Maße, wie der Werth der Gegen stände abnehme. Das sei ein unhaltbarer Zustand. Das selbe gelte auch vom Grundbuchwesen. Am schlechtesten dabei die Landwirthschaft weg, schlechter jedenfalls, Industrie. Die finanzielle Verantwortlichkeit, welche der bu richter zu tragen habe, lasse ihn oft vorsichtiger verfahren als es . Interesse des Publikums erwünscht sei. Bei der Vererbung. Immobiliarbesitz von Eltern auf Kinder würden dieselben Gerich kosten erhoben wie bei dem Kauf von Immobiliarbesitz. Das sei 5 ,, Er bitte den Minister, die Umgestaltung die! Gesetze nicht zu verzögern. w

2 Ober⸗Justiz Rath Vie t sch: Wir empfinden das Der h r auf eine anderweitige Festsetzung des Kostenansatzes in Vormund chaft⸗ und Grundbuchsachen hinzuwirken, soweit als dies die allgemeine inan, lage gestattet. Wir denken dabei an die geringwerthigeren Obi te; kann nur erreicht werden dadurch, daß wir andere Einnahmequ

beschaffen und eine höhere Heranziehung der höheren Werthobjekte eintreten lassen. Wir haben im vorigen Jahre einen Gesetzentwurf sertiggestellt, welcher das gesammte Kostenwesen in Angele genheiten der nichtstreitigen und streltigen Gerichtsbarkeit zu regeln bestimmt ist. Nachdem eine große Zahl von Amtsgerichten und Landgerichten sich über den Entwurf , . bat, ist die Novelle umgearbeitet und als eine besondere Vorlage auch ein Gesetz über die Gebühren der Notare ausgearbeitet worden. Dabei sind auch die Wünsche, des Vorredners berücksichtit worden. Ob der Ent⸗ wurf noch in dieser Session wird vorgelegt werden können, ist zweifel⸗ haft. Die entgegenstehenden Interessen der Gerichtseingesessenen und der Stagtskasse sind schwer zu vereinigen. Wir wollen Rechtseinheit für alle Landestheile, Verringerung der Mannigfaltigkeit der Gebühren- sätze und eine gerechtere Vertheilung der sin en, in Vormundschafts⸗ und Grundbuchsachen herbeiführen und rechnen dabei auf die Mit⸗ a,. des Landtags.

Abg. Bröse (kons.) spricht der Regierung den Dank der Rechten für das Entgegenkommen der Staatsregierung auf diesem Gebiete aus. Hoffentlich werde das neue Gesetz dem Handwerkerstande und dem Bauernstande, welche seine Partei vertrete, zu gute kommen. Die Last der Gerichtskosten drücke den Grundbesitz mehr als jeden anderen Stand. Der Grundbesitz verdiene eher eine Prämie als eine Be— . Von fiskalischen Rücksichten dürfe man sich hier nicht leiten assen. ͤ

Der Titel wird bewilligt.

. . den dauernden Ausgaben, Kapitel 71 (Ministergehalt) berühr Ab. Böt tinger (ul) die Frage der Eintragung von Vornamen in die. Standesamtsregister. Es sei begreiflich, daß man Namen wie Bebeling und dergleichen nicht eintragen lassen solle. Dagegen gehe es entschieden zu weit, wenn die Ober-Stagatsanwaltschaft in Köln die Eintragung von Abkürzungen von Namen, wie z. B. Fritz, Hans, Ella u. .. w. verboten und nur Kalendernamen gestattet habe. Das führe zu großen Schwierigkeiten und Unzuträglichkeiten. Ein offizielles Verzeichniß der zulässigen und nicht zulässigen Namen existiere überhaupt nicht. Altgeschichtliche Namen seien jwar zugelassen; aber wie weit reiche die alte Geschichte? Namen aus der Zeit Karl's des Großen wären danach verboten. So sei kurioser Weise der Name Hellmuth, der seit Moltke einen so schönen Aang im deutschen Vaterlande habe, als unzulässig zurückgewiesen worden. Sarah, Jephta, Hagar, Hiskias dürfe man eintragen, Hans, Grete und andere schöne deutsche Namen nicht. Diesem Zustande müsse ein Ende gemacht werden. Möge der Minister diese Verordnung der Staatsanwaltschaft, welche dem gesunden Menschenverstand wider⸗ spreche, aufheben resp. das Rheinische Gesetz, welches dieser Ver⸗ ordnung zu Grunde liege, beseitigen.

(Schluß des Blattes)

Die Budgetkommisfsion des Reichstags setzte heute die Berathung des Militär -Etats fort. un baulichen Unterhaltung der Magazingebäude und zu kleineren Neubauten, sowie zu Grundftücks— erwerbungen, zu letzteren nicht über 30000 6 im Einzelfalle, werden 670 311 4 gefordert. Auf Antrag des Abg. von Massow (dkons.) wird diese Summe auf 500 000 S ermäßigt. Für Bekleidung und Ausrüstung der Truppen werden 24537 736 S verlangt. Auf eine Anfrage des Abg. Dr. Hammacher (nl) erwidert der Kriegs⸗ Minister Bron sart von Schellendorff, daß Seine Majestät der Kgiser vor acht Tagen die Vorschläge genehmigt habe, das Gepäck der Infanterie um is bis 14 Pfd. zu er— leichtern. Das Kapitel wird darauf bewilligt. Für Gar⸗ nison⸗Verwaltungs⸗ und Serviswesen sind 40747 122 (. ausgesetzt (1 885 458 6 mehr als im laufenden Jahre). Eine längere Debatte knüpfte sich an die in diesem Kapitel geforderten 6 823 815 M zur baulichen Unterhaltung, zu Retablissementsbauten und zu kleineren Neubauten sowie zu Grundstückserwerbungen. Die Debatte und Ab⸗ de,, über den Posten wurde wegen Beginns der Plenarsitzung vertagt.

Die Kommission des Reichstags für den Gesetzentwurf wegen Abänderung des Reichs⸗-Stempelabgabegefetzes setzte ihre Berathungen gestern mit der Erörterung des Tarifs fort. Zu Nr. 1 des Tarifs haben die Abgg. Graf Dönhoff (dkons.), Freiherr Hevl zu Herrnshein (nl) und Placke (nl) beantragt, als Nr. 3 der „Befrelungen“ hinzuzufügen; „Inländische Aktien und Aktien⸗ antheilscheine, sowie Interimsscheine über Einzahlungen auf diese Werthpapiere, sofern sie von Aktiengesellschaften ausgegeben werden, welche nach der Entscheidung des Bundesraths gemeinnützigen Zwecken dienen, den zur Vertheilung gelangenden Reingewinn satzungsmäßig auf eine höchstens 40ͤ0 Verzinfung der Kapitaleinlagen beschränken, auch bei Ausloosungen oder für den Fall der Auflösung nicht mehr als den Nennwerth ihrer Antheile zusschern und bei der Auflösung den etwaigen Rest des Gesellschaftsvermögens für gemeinnützige Zwecke bestimen. Die von solchen Aktiengesellschaften beabsichtigten Veranstaltungen müssen für. die minder begüterten Volks— klassen bestimmt sein. Dieser Antrag wurde angenommen, worauf auch die Annahme der ganzen Tarifnummer 1 erfolgte Darauf wurden die Befreiungen zu Art. 2 nach den Beschlüssen erster Lesung bestätigt. Ueber einen Antrag des Abg. Müller (Fulda), Genußscheineẽ und ähnliche zum Bezuge des Antheils an dem Gewinn einer Aktienunternehmung berechtigende Werthpayiere einer Abgabe von 50 pro Stück zu unterwerfen, Rurde die Abstimmung behufs genauerer Formulierung ausgesetzt. Nr. 3 des Tarifs wurde in der von den AbgJ. Dr. Rintelen (Zentr.) und Hr. Schneider (fr. Volksp.) beantragten Fassung angenommen: * Inländische, auf den Inhaber lautende und auf Grund staatlicher Ge⸗ nehmigung ausgefertigte Renten. und Schuldverschreibungen der Tommunalverbände und Kommunen sowie Interimsscheine über Einjahlungen auf diese Werthpapiere 1 vom Taufend; p. Inländische, auf den Inhaber lautende und auf Grund staatlicher Genehmigung ausgegebene Renten⸗ und Schuldverschreibungen der Korporationen ländlicher oder städtischer , der Grundkredit⸗ und Hypo⸗ theken banken oder der Transportgefellschaften, sowie Interimsscheine über Einzahlungen auf diese Werthpapiere 2 vom Taufend.“

Die Wahlprüfung kom mission des Reichstags bean—= tragt, den Beschluß über die Gültigkeit der Wahl des Abg. Cassel⸗ ann (fr. Volksp) im 2. Wahlkreise des Großherzogthums Sachsen— Weimar bis zum Eingang weiterer Ermittelungen auszusetzen.

Im Hause der Abgeordneten sind folgende Anträge eingebracht worden:

JI). von den Abgg. Bandelow (kons.) und Genossen: ‚Das Daus der Abgeordneten wolle beschließen: Die Königliche Staats egierung zu ersuchen, die Entscheidung über Beibehaltung oder Auf⸗ hebung der Staffeltarife für Getreide und Mühlenfabrikate bis nach . ,, über den deutsch russischen Handelsvertrag aus zusetzen.“

. 8 844 n 2. B . == Sdcen den Abgg. Baensch⸗Schmidtlein üfrkonf. und Ge⸗ en; „Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Die König⸗ iche Staatsregierung zu erfuchen, die Entfcheidung über Beibehaltung *. ,, der mit ermäßigten Streckensätzen für Getreide und s ühlen abrikate eingeführten Tarife auszusetzen, bis seitens der König⸗ in n , über die zur Beseitigung bezw. Milderung des , r ithschafti chen dothstandes zu ergreifenden Maßregeln Beschluß

und dem Landtag Mittheilung

sein wird.“ .

entsprechende

Kunst und Wissenschaft.

Il. Der individualistische Zug unserer Kunst verhindert nicht den inen chin einzelner Fan fr zu Vereinigungen, die allerdings e . o 91 weniger dem Föderalismus huldigen, indem sie nur eine

e äußere Verbindung anstreben, ohne * die Selbstaändigkeit der

künstlerischen Grundsätze des einzelnen zu beschränken. Solche meist aus 63 Gemeinschaft hervorgegangene Verbindungen, wie wir sie unter dem Namen der Fifer, der Münchner Vierundzwanzig u. a. auf unseren Ausstellungen zur Genüge lennen gelernt, bieten in kommerzieller Beziehung ohne Zweifel Vortheil. für die Betheiligten; einen Rückschluß auf die gemeinsamen Grundsätze und Bestrebungen in künstlerischer Hin⸗ 9. gestatten sie nicht. as bekundet recht deutlich auch die Aus⸗— tellung des Künstler⸗West-Klubs im Kunstfalon von E. Schulte. Hier sind unter einer Bundesflagge höchft ungleich⸗ artige Leistungen vereinigt. Was hätte z. B. die Märchenpoesie Hendrich's mit der hypermodernen Realistik eines Schlich— ting und Höniger gemein? Wir wollen den Klubgenossen nicht mit. der Vermuthung zu nahe treten, das Bewußtfein der Unzulänglichkeit ihrer Kräfte bilde das Fundament ihres Bundes; aber thatsächlich ragt nur recht Weniges über das Mittelmaß solider Thätigkeit hervor. ist die Landschaft vertreten, aber auch hier begegnen uns schroffe Gegensätze; der zarten Weichheit der Schotten streben Feldmann und Oenike nach, verschwommene Formen im Dämmerlicht des Herbst⸗ und Frühlingsnachmittags darstellend. Grelle Beleuchtung und derbe Pinselführung zeichnen die Veduten von Uth aus, dessen Pappeln in Herbstsonne“‘ den Versuch zeigen, das Flimmern der lichtdurchtränkten Luft in der neuerdings beliebten Pointillstechnik wiederzugeben. Phantastische Beleuchtung herrscht in den Lofoten bildern Norm ann's und in Völcker's „Sonnenaufgang“, der das Morgenlicht in einer beschwingten Frauengestalt verkörpert. Groß empfunden ist die Einsamkeit der herbstlichen Haide in dem Einfam⸗ keit! genannten Bilde von Müller-Kämp; die zarte Stimmung des Vorfrühlings versteht Stegmann Stein vortrefflich zu illustrieren. Langhammer, der erst unlängst aus München Über— gesiedelt ist, gefällt sich in Nachahmung der jüngeren Schotten, selbständige Farbenempfindung mit kräftiger Behandlung ver— einend. Von dem verstorbenen Norweger Gunnar Berg sind zwei dioramenartige Ansichten der Lofoten und des Hafens don Svolvär ausgestellt, die er von seinem, auf einer Bergspitze der Lojoten belegenen, einsamen Atelier aufgenommen hat. Auch Hendrich fühlt sich sonst in der ernsten nordischen Landschaft heimisch; diesmal führt er uns in ein umbuschtes Bachgelände, aus dessen abendlichen Nebeln beim Verglühen der Sonne phantastische Irrlichter aufflackern, die in der dichterischen Phantasie des Malers Nixengestalt annehmen. Außerordentlich fein empfunden ist ein kleines Aquarell desfelben Malers, das eine herbstliche Waldlandschaft darstellt.

Gering ist die Zahl der Porträts in der Ausstellung; Fechner hat eine verkleinerte Wiederholung seines Raabebildnisses ausgestellt; don. zwei Dichterköpfen G. Meyn 's befriedigt nur derjenige Cäsar Flaischlen's, während die Flottheit des anderen hart an Verzerrung grenzt und das Gegentheil von Genialität bezeichnet. Höniger, der talentvolle Schüler Skarbing's, bleibt allzusehr in bewundernder Nachahmung seines Meisters befangen, dessen Zierlichkeit und Feinheit er gleichwohl nicht erreicht; am erfreulichsten zeigt sich seine Begabung in einer kleinen Pastellvedute des Marktplatzes in Brügge, während das große Bild „Auf der Potsdamer Brücker im Maßstäb vergriffen erscheint. Wenig Phantasie, aber große koloristische Gewandtheit be⸗ zeugen zwei Schilderungen des modernen Großstadtlebens von Max Schlichting, der von seinem Pariser Studienausflug nach feiner Heimath zurückgekehrt ist.

In den vorderen Sälen der Schulte'schen Kunsthandlung sind die zahlreichen Bleistiftzeichnungen von Allers zu dem Zyklus „La bella Napoli“ ausgestellt, die mit ihrem behäbigen Humor zahlreiche Bewunderer anlocken. Ein exotisches Bild, einen indischen Großen mit Gefolge darstellend, hat der Forschungsreisende Ehlers auf seinen Streifzügen im Himalayalande erbeutet und der Schulte'schen Kunsthandlung zur Verfügung gestellt. Der elektrisch beleuchtete Saal birgt schließlich neben sehr vielen Mittelmäßigkeiten, zu denen wir auch die glatten Porträts von. Fenner-Behmer rechnen, eine prächtige Abendlandschaft des Müncheners Charles Palmié.

. Der internationale medizinische Kongreß in Rom wird am 29. März in Gegenwart des Königs Humbert eröffnet werden. Unter den Festlichkeiten sind ein Empfang auf dem Kapitol sowie eine Illumination des Forums und des Kolosseums in Aussicht genommen. 32 Nationen werden durch 73 Delegirte offiziell vertreten sein; 344 wissenschaftliche Körper⸗ schaften werden Vertreter entsenden, und 2980 wissenschaftliche Mit⸗ theilungen sind bis jetzt angekündigt. Der Schluß des Kongresses ist für den 5. April vorgesehen.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Bulgarien.

In der Sitzung vom 25. v. M. hat der bulgarische Gesundbeits⸗ ath beschlossen, alle gegen Provenienzen aus Rußland erlassenen Quarantäne⸗Vorschriften aufzuheben. Infolgedessen dürfen Waaren und Gegenstände aus Rußland, die bisher nicht zugelassen wurden, wieder eingeführt werden. (Vgl. . R.-Anz.“ Nr. 29 vom 2. d. M.)

l Cholera.

Frankreich. Im Departement Finistére wurden, wie in

den Veröͤffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ mitgetheilt wird, vom 22. bis 29. Januar 4 Sterbefälle festgestellt, davon 2 in Concarneau und je 1 in Brest und Pouldergat. Rußland. Vom 20. bis 26. Januar (n. St,) wurden demselben Blatt zufolge die nachstehend aufgeführten Erkrankungen und Todes—⸗ fälle amtlich angezeigt: In Lublin vom 31. Dezember bis 6. Januar 43 bezw. 20; in Kowno vom 7. bis 13. Januar 12 bejw. 12; in St. Petersburg (Stadt) vom 18. bis 24. Januar 45 bezw. 23; in St. Petersburg (sonst im Goup)) vom 7. bis 13. Januar 19 bezw. 9; in Tschernigow vom 31. Dezember 1893 bis 6. Januar 1854 1 bezw. 106; in Kursk vom 7. bis 13. Januar 20 bezw. 8.

Türkei. In der Woche bis zum 15. Januar hat in Kon stantinopel die Zahl der Erkrankungen abgenommen; es wurden deren 54 (und 40 Sterbefälle) angezeigt, davon 25 (18) für Stambul.

Der Gesundheitsstand in Berlin blieb in der Woche vom 28. Januar bis 3. Februar ein günstiger, und die Sterblichkeit erfuhr nur eine mäßige Steigerung von 17,6 der Vorwoche auf 19,1 pro Mille und Jahr. Unter den Erkrankungen kamen akute Ent⸗ zündungen der Athmungsorgane wieder in gesteigerter Zahl zum Wer chnn und führten auch in größerer Zahl zum Tode. Auch Erkrankungen an Grippe wurden wieder zahlreicher beobachtet und endeten in 15 Fällen (gegen 9 der Vorwoche) tödtlich. Dagegen kamen akute Barmkrankheiten wesentlich seltener zur Behand⸗ lung und führten auch seltener zum Tode. Die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war nur wenig größer als in der Vorwoche; von je 19009 Lebenden starben, aufs Jahr ö 56 Sãug⸗ linge. Von den Infektionskrankheiten kamen Erkrankungen an Masern in fast gleich beschränkter Zahl wie in der Vorwoche zur Anzeige; Erkrankungen an i, zeigen eine weitere Abnahme, nur Er⸗ krankungen an n , , aben erheblich zugenommen und zeigten sich in der jenseitigen Luisenstadt am häufigsten. Erkrankungen an Unter⸗ leibstyphus blieben vereinzelt; an Kindbettfieber wurden 5 Er— krankungen bekannt. Rosenartige Entjündungen des Zellgewebes der Haut wie auch Erkrankungen an Keuchhuften kamen seltener zur ärztlichen Behandlung; Erkrankungen an akutem Gelenkrheumatismus wurden gleichfalls seltener beobachtet, während rheumatische Be⸗ , . der Muskeln häufiger als in der Vorwoche zur Behandlung gelangten.

Verdingungen im Auslande.

Niederlande. Ohne Datum. Gemeente-Gas fabriek zu Schiedam: dieferung

von 2 7200900 kg Weftfälischer Gaskohle. Bedingungen koftenfrei zu haben bei der Direktion der genannten Fabrik.

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Am glücklichsten und reichsten

19. Februgr, 12 Uhr. Gemeindeverwaltung in Leiden: Lieferung von Mützen, Schuhen und Stiefeln für die Polizei⸗Agenten und Brückenwächter, während der Jahre 1894 bis 1895, in 4 Loosen. Bedingungen einzusehen beim Gemeinde⸗Sekretär, Finanz⸗Abtheilung, jeden ag von 9 bis 4 Uhr.

260. Februar, 1 Uhr. Deichverwaltung von Wonssradeels Zzuiderzeedyken (Provinz Friesland). Lieferung von:

580 Tonnen⸗Stämme à 62 dem,

650 ! . . 516 ; 3 35,5 u. s. w. Bedingungen gegen 10 Cts. in Bolsward, auf der secretarie van het waterschap, erhältlich.

21. Februar. Landbauvereinigung in Goedereede Goedereede, rovin; Zuid Holland). Lieferung von u 26 000 kg Chilesalpeter mit 1570, Stickstoff u. s. w. Bedin zu erfahren beim Sekretär D. Lodder.

26. Februar, 17 Uhr. Die Hollandsche Vzeren Spoorweg Maatschappy in der Zentral- Personen⸗ Station in ö Loos Nr. 589. Lieferung von staͤhlernen Laschen, eisernen Hakenbolzen, stählernen Schraubenbolzen, Holzschrauben und Gegenschienen mit kleinem Eisenwerk, in 6 Abtheilungen. Bedingungen gegen Zahlung von 100 Fl. bei dem Bureau Weg en Werken, kamer 154 des Central-Administratiegebouws der Hollandsche Vzeren Spoor- weg Maatschappy zu Amsterdam, Droogbak. ;

26. Februar, 16 Uhr. Hollandsche Vzeren Spoorweg-Maat- schaphyę auf der Zentral⸗Personen⸗Station in Amsterdam. Loos 578 a Lieferung von Eichen- und Tannenholz⸗Schwellen in 2 Abtheilungen. Loos 579 b Lieferung von vierkantigen bearbeitetem Eichenholz für Weichen. Bedingungen für je Fl. 1,00 bei dem Büreau Weg en Werken kamer 154 des Gentral Administratie gebouws der Hollandsche Tzeren Spoorweg Maatschappy zu Amsterbam, Droogbak.

Für Beginn des Monats März 1894 kündigt die Gemeinde⸗ verwaltung zu Arnhem vorläufig die Ausschreibung an: des Baues einer Gewerbeschule mit Abendschule für Handwerker, auf den vor— handenen Fundamenten. Schätzung ca. 100 000 Fl.

Theater und Mufik.

Neues Theater.

Die unter dem Titel »A Basso Porto“ zusammengefaßten dramatischen Scenen aus dem neapolitanischen Volksleben von Goffredo Cognetti wurden gestern Abend unter lautem Beifall der Zuschauer zum ersten Mal aufgeführt. Diese Volksscenen knüpfen inhaltlich an das Textbuch der Oper „A Santa Lucia“ an, die durch die geniale Sängerin und Schauspielerin Bellincioni bei uns zu hohen Ehren gebracht wurde. In der Komposition eines Dramas wird es immer ein schwacher Punkt bleiben, wenn auf frühere Vor— gänge in langen Erzählungen hingewiesen werden muß; dieser schwache Punkt wird zu einem Fehler gesteigert, wenn ein zweites Schauspiel auf ein erstes verweist, das nicht vollständig im Gedächtniß der Zuschauer lebt. In „A Basso Porto“ muß erst das langjährige Liebesleid und der daraus entspringende Haß Marig's und Cicecilloss in langer Rede und Gegenrede erklärt werden. Weil Maria dereinst aus Eifersucht Rosella, Ciceillo's Geliebte, durch Verleumdungen in⸗ den Tod getrieben hat, ist sie der ewigen rachsüchtigen Verfolgung Ciccillo's verfallen. Als Rächer hat er Maria's Gatten in Schande und Noth getrieben, und jetzt verfolgt er ihre Kinder mit unaus⸗ löschlichem Haß; er hat ihren Sohn Luigino zum Spieler gemacht und bethört ihre Tochter Sesella nit heißen Liebesworten. Auch als Haupt des volksthümlichen Geheimbundes der Camorra denkt Ciceillo nur an Rache, und als er zum Verräther aller Bundesmitglieder werden will, entdeckt Maria, um ihre bethörte Tochter zu retten, den Verrath. Ciceillo wird von den Verschworenen zum Tode verurtheilt und Luigino, Maria's Sohn, soll der Vollstrecker des Urtheils sein. Da ersticht Maria selbst, um ihren Sohn von Schuld und Strafe zu erlösen, den einst von ihr geliebten Feind. Diese südländischen Volksscenen bilden ein treffliches Gegenstück zu den psychologisch fein und klu entwickelten Charakterbildern nordischer Dramen. Hier setzt u jegliche Empfindung sofort in eine heißblütige Handlung um; die blutigen Entschließungen, die grausigen Handlungen folgen sich mit rafender Schnelle. Man sieht nicht einen einzelnen, sorgfältig durch⸗ geführten Charakter, sondern nur eine glühende Leidenschaft mit ihren tragischen Folgen. Da sich im Süden unter dem blauen Himmel und warmem Sonnenschein fast das ganze Leben des Volks im Freien vollzieht, ist der Anstoß zu einer Reihe bewegter und malerischer Volksscenen gegeben. Mit großem Geschick wurde das italienische Treiben der Volksmenge gestern nachgeahmt; heiße Blicke flogen, zärtliche Worte wurden geraunt, heftige Reden gewechselt; Messer blitzten bei jeder leidenschaftlichen Ecregung und heftige Gestikulationen begleiteten jede Lebensäußerung, die warme Liebesempfindung und das leichtfertige Kartenspiel. Doch wirksamer als im Schauspiekl gestalten sich diese leidenschaftlichen Bilder, wenn sie von der Musik getragen werden; und die Wirkung der Oper, A Santa Lucia“ war entschieden ergreifender als die des A Basso Porto“, obwohl auch hier die musikalische Empfindung des Italieners in einer lebhaft getanzten Tarantella zum Ausdruck kam. Die Darstellung der Hauptrolle, der Maria, durch Fräulein Bertens war überraschend lebendig und voll packender Leidenschaftlichkeit: eine große künstlerische Leistung in ihrer wilden Natürlichkeit und einfachen tragischen Größe. Fräulein Hofer zeigte sich als Sesella, um den italienischen Charakter zu markieren, etwas lebendiger als sonst gewöhnlich. Einen prächtigen braunen Gesellen machte Herr Rittner aus dem Luigino, der das Wohlgefallen am süßen Nichtsthun, am Trinken und Karten spielen mit Unverschämtheit und Heftigkeit vereint. Herr Jarno spielte als Ciccillo mehr einen heimtückischen Messerhelden als den unerbittlichen Rächer, dessen Seele nur von einem unheilvollen Ge— danken beherrscht wird. .

Der lebhafte Beifall, den die Aufführung fand, rief außer den Darstellern auch den Uebersetzer, Herrn Dürer, und Herrn Direktor Lautenburg nach den Aktschlüssen auf die Bühne.

Jnsel efähr

igen

. Konzerte.

Die Trauerfeier für Dr. Hans von Bülow, welche die

Direktion der Pröilharmonie gestern in ihrem Saale veranstaltete, gab der Stimmung der zahlreich versammelten Zuhörer einen sehr würdigen Ausdruck. Ein Präludium von Caldara und der Choral Wenn ich einmal soll scheiden von J. S. Bach, von Herrn Hr. Reimann auf der Orgel vorgetragen, eröffneten die Feier. Nach einer sich daran , Ansprache, in welcher Herr Mahns die Verdienste des Dahingeschiedenen hervorhob, wurde der Trauermarsch aus der Götterdämmerung“ von Richard Wagner und die ‚Tragische Duvertüre“ von Brahms von der Kapelle des Hauses unter Pro⸗ fessor Mannstädt's Leitung ausgeführt. Den Schluß bildeten die III. Symphonie (PEroica) und die große (V.) C-moll⸗Symphonie von Beethoven. Die Hofpianistin Martha Remmert gab am Dienstag in der Sing-Akademie ein Konzert, das sie mit einem Trio für Klavier, Violine und Cello pon Tschaäkowsky eröffnete. In der Ausführung dieses sehr schwierigen Werkes bewährten sich ihr korrektes Spiel und ihre, verständnißvolle Vortragsweise wiederum vortrefflich. Ein gleiches Lob gebührt der Ausführung zweier kleiner Soli von Schumann und Paderewski, während ihr das Diver—⸗ tissement von Schubert? Liszt weniger gelang. Die Konzert⸗ sängerin Fräulein E. Gerasch sang mit wenig befriedigendem Vor— trag einige Lieder von A. von Goldschmidt und Beethoven. Die Herren Fein (Violine) und Klengel (Cello), die sich an dem Trio betheiligt hatten, erfreuten noch durch einige sehr gelungene Solovortrãge.

Am Mittwoch veranstaltete die bier ebenfalls bereits woblbekannte Pianistin Fräulein Clotilde Kleeberg im Saal Bechstein einen Klavierabend, in welchem sie J. S. Bach's italienisches Konzert, Beethoven's Eädur-Sonate (op. Io), Brahms' Variationen über ein Schumann'sches Thema, ein Allegro von Scarlatti,