1894 / 40 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 15 Feb 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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Beethoven's Rondo a capriccio sowie mehrere fleine Salon- stücke von Dubois, Rubinstein und andern vortrug. Ihr perlendes Spiel, das sich besonders durch seinen reizvollen, fein schattierten Ausdruck lund ein schönes Piano auszeichnet, war von glänzender Wirkung. Nach rauschendem Beifall und Hervorruf ge⸗ währte die unermüdliche Künstlerin noch einige Zugaben. Das Publikum war sehr zahlreich erschienen.

Im Königlichen Opernhau se werden morgen Ferd. Hummel s Mara, Mascagnis „Cavalleria rusticana unter Kapellmeister Dr. Mucks Leitung und das Ballet Slavische Brautwerbung“ (Frãulein dell' Era) gegeben. ;

Im Königlichen Schauspielhause geht morgen Vasanta⸗ sena (Damen von Hochenburger, Lindner, Herren Ludwig. Arndt, Klein, Hertzer) in Scene. 3 . . .

Im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater beginnt die morgige erste Aufführung der Suppe schen Operette Brautjagd“ bereits um 7 Uhr. Die reservierten Billets sind bis morgen Mittag 12 Uhr abzuholen.

Mannigfaltiges.

Zur Herstellung des Gleich gewichts im Stadthaushalts⸗ Etat für das Verwaltungsjahr 1894/95 wird es, nach der Feststellung durch das Magistrats⸗ Kollegium, erforderlich, die Summe der Ge⸗ mein de⸗Einkommenstener mit 23 254 000 4 in den Etat ein⸗ zusetzen. Im laufenden Jahre waren zu diesem Zwecke nur 19560 000 4 erforderlich.

Der bekannte Wiener Geologe, Professor Dr. A. Penck hielt gestern Abend im wissenschaftlichen Theater der Urania einen ebenso fesselnden wie lehrreichen und verständlichen Vortrag Ueber Berg⸗ und Felsformen“, worin er mit Hilfe zahlreicher nach Photographien angefertigter, vortrefflicher Lichtbilder Gebirgsformen aus den ver⸗ schledenften Gegenden der Erde besprach und die Ursachen ihrer Ent⸗ stebung erklärte. Der Reichthum der Formen der Erdoberflãche, so etwa führte der Redner aus, läßt keine sichere Klassifizierung der Bergformen zu; auch Berge mit ausgesprochener, im Namen bezeichneter

orm, wie das Wetterhorn und die Dent blanche, jeigen, wenn ie anstatt von der Nord- bezw. Westseite, von Süden aus be⸗ trachtet werden, eine ganz andere als die im Namen angedeutete Form. Werthvoller und tiefer als die Betrachtung der Form an den Bodenerhebungen ist desbalb die Untersuchung ihrer Entstebung. Die Erdkruste ist keinen Augenblick in Ruhe. Sie biegt sich auf oder ist ruckweise beweglich. Zwei Ursachen sind es hauptsächlich, welche die Entstebung der Gebirge und ihre Umgestaltung hervorbringen. Die inneren svulkanischenJ endogenen Ursachen schaffen Blöcke, die äußeren, die exogenen schaffen die Skulpturen. Die erhabenen Formen, welche unsere Bewunderung in so hohem Grade erregen, sind nicht diejenigen, welche durch plötzliche Katastrophen entftanden sind, sondern diejenigen, welche im Laufe von Jahrhunderten besonders durch die Arbeit des rinnenden Wassers, den Einfluß des Windes, des Schnees, der Gletscher und der Lawinen hervorgebracht werden. Die aus verschiedenem Material und in mannigfacher Schichtung zu⸗ sammengesetzten Felsen widerstehen den sie bearbeitenden äußeren Ein⸗ flüssen in der verschiedensten Weise; das leichtere, durchlässige Mate⸗ rial wird zerstört, das widerstandsfäbigere Material bleibt besteben, und diesem Umstand verdanken wir die malerischen Formen, die uns in Bergen wie dem Popecatepetl. dem Kilimandjaro, den das Jose⸗ mitethal und die Schluchten am Kolorado einschließenden Felswänden, in den Karpathen und an anderen Stellen der Erde so großartig entgegentreten. So kommt es, daß man den Satz aufstellen kann: Die innere Struktur beeinflußt das Aeußere des Berges. Das an den Abhängen herabrinnende Wasser fübrt nun aber die aus dem weniger festen Material bestehenden Theile in der Form von Schlamm,

kleinen Steinchen u. s. w. weit fort in die Ebenen und noch weiter in das Meer und bildet so die sogenannten aufgeschütteten Theile der Erdoberfläche, die wie die Norddeutsche Ebene, die Umgebung von Berlin von geringerer Erhebung und daher auch m . malerischem Eindruck sind. Zum Schluß erwähnte der Redner, daß man sich von allen Bergformen infolge der bon den Gelehrten und Künstlern bisher ent⸗ worfenen Zeichnungen und Gemälde fast immer eine falsche Vorstellung gemacht habe. Wie man erst in neuerer Zeit durch die getreuen, auf photo⸗

aphischem Wege hervorgebrachten Abbildungen festgestellt habe,

ätten sich die Reisenden sowohl wie die Künstler die Abhänge der Berge stets viel steiler vorgestellt, als sie in Wirklichkeit seien; selbst Alexander von Humboldt sei diesem Irrthum unterworfen gewesen, Die geringe Kenntniß über die Gebirge formen in Künstlerkreisen sei nur damit zu erklären, daß in früberen Zeiten die jetzt von uns als erhabene Naturbilder bewunderten Gegenden den Gelehrten und Künst⸗ lern mehr Grausen als Freude eingeflößt hätten. Wie lein Dichter des Alterthums jemals die Berge besungen habe, so habe auch kein Maler des Mittelalters oder der Renaissancezeit sich mit Darstellung von Bergformen beschäftigt; erst seit etwa hundert Jahren habe man angefangen, sich diesem Gegenfstande künstlerisch zuzuwenden. Wenn der Arzt sich dem Studium der Anatomie widme, um die Entstehung des menschlichen Körpers, seine Zusammensetzung und Organisation sowie die auf ihn einwirkenden äußeren Einflüsse genau kennen zu lernen, so sei es für den Maler, der die Formen der Erdoberfläche in ihrer ganzen Wahrheit und Schönheit zur. Darstellung bringen wolle, ebenso nöthig, daß er sich mit der Anatomie des Berges, den Ursachen seiner Entstehung und seiner Umgestaltung genau beschäftige.

Die Vogel ⸗Ausstellung der Aegintha“ ist gestern in dem Lichthofe und den Sälen des Grand Hötel Alexanderplatz eröffnet worden. Die Ausstellung ist von 70 Ausstellern beschickt; außer Berlin sind Aachen, Hamburg, Königsberg, Oschatz und einige kleinere Orte vertreten. Zumeist ist es Handel ee die aus gestellt ist. Die 548 Papageien sind bis auf wenige von drei Bändlern ausgestellt. Die ausländischen Körnerfresser sind in nahezu 1009) Exemplaren von sieben Händlern zur Schau gebracht, die Liebhaber fehlen hier ganz. Beachtenswerth sind einige seltenere Bastarde, so von Rothkepf⸗Amandine aus Bandfink und von Bartfink aus japanischen Möpchen. Fremdländische Tauben sind in selteneren Arten ausgestellt, wie Niesbartäubchen, Schopfwachteltäubchen und Dolchstichtaubchen. Die Gruppen der heimischen Sänger sind reich beschickt und übersichtlich zusammengestellt; in ihnen liegt der Werth der ganzen Schau; der Zahl nach domi⸗ nieren naturgemäß die Gattungen der Sänger. Hübsche Kollektionen bieten auch die Familien der Timaͤlien, Baum⸗ läufer, Lerchen, Stelzen, der Stare, Pirole, Raben, Würger und und Fliegenfänger. Interessant ist die Zusammenstellung eines Kuckucks und eines Kanarienweibchens⸗- der Kuckuck ist von dem Kanarien—⸗ weibchen ausgebrütet und aufgefüttert und hat sich dabei selbst voll⸗ ständig an lter und Fleischnahrung gewöhnt. Vier vom Restaurateur Rausch ausgestellte Rebbühner sind von einer Haushenne aus⸗ gebrũtet und in der Gefangenschaft aufgezogen. Mit seltsamen Exemplaren besetzt ist die Gattung der Strandläufer, auch ein seltener Regen⸗ pfeifer, ein Triel, ist ausgestellt. Preiskanarien werden nur in 11 Kollektionen vorgeführt. Verkaufskanarien sind dagegen 321 vorhanden, dazu kommen 10 Bastarde und Taubenkanarien. Sonst bietet die Schau noch eine sehr häbsche Eiersammlung, reiche Kollektionen ausgestopfter Vögel, viele Geräthe, Nistkästen, Futter⸗ proben u. dergl. Die Ausstellung bleibt bis zum Dienstag geöffnet.

Auf, auf zur fröhlichen Jagd!“ ist der Titel des neuen Sport⸗ schaustück, welches am Sonnabend im Zirkus Renz zur ersten Aufführung gelangt, und zu dessen wirkungsvoller Inscenierung Direktor Renz große Anschaffungen an Gespannen aller Art, Wagen⸗, Reitpferden und echten schottischen Hundemeuten, kurzum an einem

geschenkt hat.

J parat gemacht hat, wie man ibn sonst nur bei einer Hofjagd rn . hat.. Das prächtige Künstlerfest gebt 2 morgen zum letzten Mal in Szene.

Stettin, 14. Februar. Wie hoch sich der Schaden beläuft, welcher durch den Sturz des Thurm der Jakobikirche an dem Kirchendach und dem Gebäude überbaupt engerightet worden, läßt si zur JZest noch nicht Kbersehen. Dagegen febt der Verla... durch den Herabsturz der Thurmspitze selbst erwachfen ist. Ibre Auf⸗ setzung hat einen Kostenaufwand von etwa 18 9006 erfordert. Dieses Kapital würde dem angesammelten Fonds für die Wiederberstellung des Thurms verloren gehen. Wie die. N. St. 3. indessen erfährt, hat Herr Karl Gerber, welcher für Wiederherstellung der Kirche schon zweimal Schenkungen im Gesammtbetrage von 91 000 4 gemacht kat, gestern dem Gemeinde Kirchenrath angezeigt, daß er zur Ausgleichung des letzteren Verlustes eine weitere Schenkung von 20 060 , welche sofort erhoben werden kann, zur Verfügung stelle. Der Gemeinde- Kirchenrath beschloß ferner, die Kosten für die Be⸗ erdigung des beim Sturz des Thurmes erschlagenen Kirchen rendanten Radcke auf die Kirchenkasse zu übernehmen, indem er fich weitere Anträge, betreffend die Versorgung der Wittwe, bei der Semeinde⸗ vertretung vorbehielt. ;

Wittenberg,. 13. Februar. Der Köln. 3. wird geschrieben: Durch den Sturm sind die evangelische Stadtkirche und die wieder⸗ bergestellte Schloß kirche schwer beschädigt worden. In das mächtige Dach der Stadtkirche wurden große Löcher gerissen, die Notenbretter von den Galerien losgebrochen und ein seit vier Jahrhunderten auf dem Schulglockenthurm an der nordöstlichen Ecke der Kirche stehendes eisernes Kreuz herabgeschleudert. Noch schlimmer erging es der Schloßkirche. Auf dem Westgiebel der Kirche war als Uebergang von dem neuen prächtigen Thurm zum alten Schloß, der jetzigen Schloßkaserne, eine aus mit Maßwerk verbundenen Fialen bestehende Sandsteingalerie errichtet. Diese Galerie ist nicht mehr. Bald nach 2 Uhr warf der Orkan die Kreuzblume der einen Fiale und gleich darauf den größeren Theil der Galerie herab. Die Trümmer, darunter Steine bis zu ? Ztr. schwer, durchschlugen einen großen Theil des mit bunt glasierten Ziegeln eingedeckten Daches, während die Hauptlast auf das Dach der Eo ,, fiel, dieses durchschlug und mit den Trümmern des Kasernendaches in die Mon⸗ tierungskammer der 1. Kompagnie des 20. Regiments stürzte. Nirchen⸗ dach, ef e, und Kammer bilden ein Bild wüster Zerstörung; der sofort abgesperrte Schloßplatz ist mit Dachsteintrümmern und Maßwerkstücken bedeckt. Das kostbare Deckengewölbe der Kirche und der Thurm sind unverfehrt.

Boppard, 12. Februar. Gestern brach bier ein verheerendes Feuer aus, das erst gegen Morgen gelöscht werden konnte. Die Gastböfe . Zum Hirsch' und Zum Schwanen“ (beide am Rhein ge⸗ legen), sowie zwölf andere Haͤuser sind eingeäschert worden. Ein Feuerwehrmann wurde durch eine einstürzende Wand verletzt.

Greven stein. Hier ist die Anlage einer Wasserleitung in Ausführung begriffen; sie verdankt ihre Entstehung vorzugsweise dem hochherzigen Geschenk des in Amerika wohnenden Pastors Nagel,

eines gebürtigen Grevensteiners, welcher zu diesem Zweck 11 000 4

New⸗YPork, 14. Februar. Aus Philadelphia wird dem D. B. Hd. gemeldet, daß dort durch einen Erdrutsch dreißig Per⸗ sonen verschüttet wurden. Dreizehn Todte hat man bis jetzt unter den Erdmassen hervorgezegen.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

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9 Nachts leichter Schneefall. ) Früh Gewitter. Nachts en und Schnee. I Nachts wenig Schnee. ) Reif. gestern Morgen Schnee. ) Gestern Regen, Graupel und Schneerschauer.

Nebersicht der Witterung.

Eine Zone hohen Luftdrucks erstreckt sich von der norwegischen See sũdwärts nach Südfrankreich und scheint sich langsam ostwärtg fortzupflanzen. De⸗ vressionen liegen westlich von Irland und über Ruß⸗ land. Bei schwachen bis frischen, meist westlichen mid norzwestlichen Winden und durchschnittlich nor⸗ malen Wärmeverbältnissen ist das Wetter in Deutsch⸗ land verãnderlich; vielfach ift Regen oder Schnee in geringer Menge gefallen, gestern Nachmittag und in der Fach fanden an der Unterelbe und an der fũd⸗ lichen Oftser stellenweise Grampelböõen statt. Ham⸗ burg hatte heute früh Gewitter. In Ost⸗ und Süd⸗ densschland herrscht leichter Froft.

Deutsche Seewarte.

11 7 . Theater ⸗Anzeigen. Königliche Schanspiele. Freinag: Drern-

bars. II. Verstellwag. Mara. Oper in 1 Alt ren Ferdinand Hummel. Tert von Axel Delmar.

.

In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Diri⸗ gent: Kapellmeister Dr. Muck. Slavische Brant⸗ werbung. Tanzbild von Emil Sraeb. Musik kom- voniert und arrangiert von P. Hertel. (Mit Ein⸗ lagen von J. Brahms.) Cavalleria rusti- Cana. Oper in 1 Aufjug von Pietro Mascagni. Text nach dem gleich aamgen Volksstück von G. 3 In Scene gesetzt vom Ober Regisseur . Dirigent: Kapellmeifter Dr. Muck. Anfang 7 Uhr

Schausvielhaus. 47. Vorstellung. Vasantasena. Drama in 5 Aufiügen von Emil Pobl, mit freier Benutzung der Dichtung des altindischen Königs Sudraka. In Scene gesetzt vom Ober · Regissenr Mar Grube. Anfang 7 Uhr.

Sonnabend: Opernhauf. Mit aufgehobenem Abonnement und unter Fortfall der permanent reservierten Plätze. Zum ersten Mal: Die Medici. Hiftorische Handlung in 4 Akten. Dichtung und Musik von R. Leoncavallo. Uebersetzung von Emil Taubert. Tanz von Emil Graeb. In Scene gesetzt vom QOber⸗Regisseur Tetzlaff. Anfang 73 Uhr.

Erhöbte Preise: Fremden⸗ und Drchester ˖ Loge 12 6 Erster Rang Balkon und Loge, Parguet und Pargquet⸗ Loge 10 J Zweiter Rang Pro⸗ sceniums⸗Loge 7 6 Zweiter Rang Balkon und Loge 6 Dritter Rang Balkon und Loge 4 6 Parterre und Amphitheater Sitzplatz 2 6 Amr ůi⸗ theater Stehrlatz 1 * Die Billets tragen die

Bezeichnung: Reserpe⸗ Satz und den Datumstempel. Dienst⸗ und Freiplãtze haben keine Gültigkeit.

Schauspielbaus. 45. Vorstellung. Die Jour⸗ nalisten. Lufstspiel in 4 Aufzügen von Gustav Freytag. (Adelbeid Runeck: Frau Clara Meyer, Ehrenmitglied des Königlichen Schauspiels.) Letztes Auftreten in dieser Spieljeit. Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Freitag⸗ Der Herr Senator. Anfang 7 Ubr.

Sonnabend Der Herr Senator.

Sonntag: Der Herr Senator.

Montag: Der Talisman.

Berliner Theater. Freitag: 25. Abonne⸗ ments Vorstellung. Uriel Acosta. (Zudwig Barnav.) Anfang ?7 Uhr.

Sonnabend Ans eignem Recht

Sonntag, Nochm. 2 Uhr: Dorf und Stadt, Abends 7. Ubr: Timon von Athen.

Lessing · Theater. Freitag: Ohne Gelant. Scnnabend, Soenntag- Madame Sans⸗Géne.

Wallner · Theater. Freitag: Heimath. Sonnabend Sonntag: Der unglãnbige Thomas. Unter vier Augen.

Friedrich Wilhelmstãdtisches Theater. Cbhbauf e 25

Freitag: Mit neuer Aus ssattung Zum 1. Male: Brautjagd. Operette in 3 Atten (mit theilweiser

Benutzung Richard Genée'scher Texte) von Hermann Hirschel. Musik von Franz von Suppe. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Herr Kapell⸗ meister Federmann. Anfang 7 Ubr.

Sonnabend: Die Brantjagd.

RNesidenm · Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg. Freitag: Zum 54. Male. Der Muster⸗ gatte. (Le premier mari de France.) Schwank in 3 Akten von Albin Valabrègue. Vorher: Lolotte. Schwank in 1 Akt von H. Meilbac und Ludw. Halévy. Anfang 71 Uhr.

Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.

Sonntag, Nachm. 2 Uhr: Matin Ee. Zu Gunsten der Deutschen Schriftsteller⸗Senossenschaft. Gastspiel des K. K. Hofschauspielers Friedrich Mitterwurzer. Zum 1. Male. Verfehlter Beruf. Lustspiel in 3 Akten ven Frdr. Dernburg und Eugen Zabel.

Abends 77 Uhr: Letzte Sonntags⸗Vorstellung von Der Mustergatte.

Neues Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg. Freitag: A Rasso Porto. Scenen aus dem neapolitanischen Volks leben in 3 Akten von Goffredo Cognetti. Deutsch von Emil Dürer. In . gesetzt von Sigmund Lautenburg. Anfang 76 Ubr. ;

Sonnabend: Veglione.

Sonntag: A Rasso Porto.

Viktoria · Theater. Belle · Alliancestraze / . Freitag: Nur noch wenige Aufführungen von Die Kinder des Kapitän Grant. Ausstattungs⸗ 6 großem Ballet in 12 Bildern. Anfang 71 r.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr, ermäßigte Preise: Lumpaci vagabundus, oder: Das lieder- . . Zaubervosse mit Gesang und

et.

Thegter Anter den Linden. Freitag: Der Obersteiger. Overette in 3 Akten von M. 1 L. Held. Musik von C. Zeller. Anfang

Uhr.

Adolph Ern Theater. Freitag, 73 Ubr: Charley ss Tante. Schwank in 3 Akten von Brandon Thomag. Vorher: Die Baj . . Posse mit Gesang in 1 Akt von Gd. Jacobson Berno Jacobson. Musik von Franz Roth. In Scene gesetz von Ad. Ernst.

Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.

Zentral- Theater. Alte Jakobftrahe Nr. 30. Freitag: Zum 18. Male. Herr Conlisset. Schwank in 3 Akten von C. Blum und R. Tochs. Hierauf. Zum 55. Male. Berlin 1893. Revue 4 , . von L. Leipziger. Anfang

z. Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.

Konzerte.

Konzert ⸗Haus. Freitag, Abends 77 Uhr: V. letztes populäres Orchefter⸗Konzert (Beethoven⸗ Abends von Prof. Waldemar Meyer. Dirigent: Prof. Reinh. X. Herman.

Billets à 3,2 und 1 46 bei Bote u. Bock, im Bureau des Konzerthauses und an der Abendkaffe.

Sing ⸗Akademit. Freitag, Abends 38 Uhr: Konzert von Bernhard Stavenhagen mit dem Ber= liner Philbarm. Orchester, sowie unter Mitwirkung von Frau Agnes Stavenhagen.

Saal Bechstein. Freitag, Abends 77 Ukr— II. Lieder Abend des Tenoristen Henrik West berg, unter gef. Mitwirkung der Pianistin Fräulein Eugenie Reinhold.

Zirkus Renz (Karlstraße). Freitag, Abende 7k Uhr: Zum letzten Male: Ein Künstlerfest. Außerdem: Musterung der Neuerwerbungen für den Marstall; das Feuerpferd Elimar, vorgefübrt ven Frl. Oceana Renz; das Schulpferd Cyd, geritten von Herrn R. Renz; der urkomische Imitater⸗ Clown Mr. Ibbs; die Akrobaten auf dem Drakt⸗ seil Zalva, Espana u. Alvar; Mr. Lavater Lee *.

Sonnabend: Zum 1. Male: Auf auf zur fröb⸗ lichen Jagd. Original⸗Sxortschauftück mit Parferce⸗ Ritt vom Direktor Fr. Renz.

Sonntag: Zwei Vorstellungen, Nachm. Uhr (1 Kind frei) und Abends 74 Uhr.

// Familien Nachrichten.

Verlobt: Virginie Freiin von Wöhrmann mit Sr Hauptmann 5 Dtto Grafen von , . Wiesbaden Dresden). Frl. anda von Leipziger mit Hrn. Lieut. Carl von Roencked (Köln = Köln Deutz. Frl. Else von Hollebe⸗ mit Hrn. Prem. Tieut. Hermann Frhrn. don der Heyden NRynsch (Düsseldorf). ö

Geboren: Ein Sohn: Hrn. von Creytz Bulitten Hrn. Pfarrer Schlemmer (Pfarrhaus Lott icht = Eine . ter: Hrn. Marine ⸗Baumerst⸗ Schwar ing).

85 n. ö Hr. isenbabn Direktions⸗ Prãsidenl Karl Krahn (Charlottenburg). Hr. Genen. Lieut. . D. Wilhelm Hugo Schmeltzer (Berlt= Verw. Fr. General Tieut. Emma von A*

eb. von Reuß (Freiburg i. Br.). Hr. Amtẽ gen 3 Carl Neukirchner (Brieg). Fr. . gutsbesstzer Pauline Paschke, geb. Hanke (T* Zauche).

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Redakteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Berlin: Verlag der Expedition (Scholy.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und 361 Anstalt Berlin Sw., Wilhelmftraße Nr.

Sechs Beilagen leinschließl ich Borsen⸗Beilage)

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Donnerstag, den 15. Februar

18894.

Mn 40.

Deutsches Reich.

Nach wei sung der Einnahme an Wechselstempelsteuer im Deutschen Reich für die Zeit vom 1. April 1893 bis zum Schluß des Monats Januar 1894.

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Einnahme im Monat Januar

16.

Ober ⸗Postdirektions⸗ Bezirke

Hierzu Einnahme

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Ueberhaupt Berlin, im Februar 1894.

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Haupt⸗Buchhalterei des Reichs⸗Schatzamts.

Biester.

Deutscher Reichstag.

49. Sitzung vom Mittwoch, 14. Februar, 1 Uhr.

Die zweite Berathung der Anträge Gröber (Zentr.) und Rickert (fr. Vg.) auf Abänderung des Wahlgesetzes wird fortgesetzt.

Im weiteren Lauf der Verhandlung, über deren Beginn bereits in der Nummer vom Mittwoch berichtet worden ist, erhält nach dem Abg. Auer zum 8 11, welcher die Schaffung eines Isolierraums, in welchem der Wähler unbeachtet den Stimmzettel in den Umschlag legen kann, vorschreibt, das Wort der

Abg. Gröber (Zentr.: Mit den Umschlägen allein sei das Wahlgeheimniß nicht zu schüͤtzen; es würde mit ihnen derfelbe Unfug wie jetzt mit den Stimmzetteln getrieben werden. Es sei im Jahre 1367 die württembergische Regierung selbst und nicht etwa ein radikaler Volle vertreter gewesen, die nicht bloß Umschläge, sondern auch einen Isolierraum für die württembergischen Landtagswahlen vorschlug; der Landtag habe aber den Isolierraum abgelehnt und nur die Um⸗ schläge angenommen. Später seien diese dann wieder abgeschafft worden, um mit dem Reichswahlgesetz in Uebereinstimmung zu kommen. Das Zentrum halte an dem Isolierraum fest, da es einen wirklichen, nicht einen nur vermeintlichen Schutz des Wahlgeheim⸗ nisses wolle.

Abg. Lenzmann (fr. Volksp.) erwidert dem Abg. Dr. von Mar⸗ quardsen, daß mit den Umschlägen allein nichts erreicht wird, wenn man nicht wisse, ob nicht vorher der Wähler einen bestimmten Zettel in den Umschlag zu thun gezwungen worden sei. So beschränkt werde doch , kein Wahlvorsteher sein, um nicht zu wissen, wie er den Verschlag einzurichten habe. Die zur Zeit der Wahlprüfungs— ommissien vorliegenden Wahlakten legten Zeugniß ab für die stete Wiederkehr der Wahlbeeinfluffungen in denselben Wahlkreisen, nament⸗ . Bereich der nationalliberalen Großindustrie in Rheinland und

alen.

Abg. Dr. von Marquardsen (nl): Daß der Wähler nach dem

chlag Bassermann den Wahlzettel im Wahllokal in den Um—

lag legen soll, ist, doch selbstverständlich. Der Vorschlag Auer,

3 die Umschläge bei den Behörden von den Parteien entnommen 1 sollen, päßt nur für Wahlen, für die die Parteien die Kan—⸗ aten amtlich nominieren, wo Stimmzettel, die auf andere Namen

auten, als sie die Parteien nominiert haben, ungültig sind.

Abg. Dr. Barth (frs. Vg): Durch die Umschläge allein . lediglich der Glaube erweckt werden, als ob zur Wahrung des

ahlgeheimnisses etwas geschehen wäre.

Der 11b wird in der vorgeschlagenen Fassung angenommen.

er Antrag Bassermann sst damit erledigt. . bis u. 116 soll die Wahlzeit von 19 Uhr Vormittags f sietzt 8) Uhr Nachmittags dauern. Die Annahme er⸗

olgt ,,

ͤ enthält nach dem Vorschlage der Abgg. Gröber Md ö ickerxt die Neuerung, daß der Wähler selbst, nicht der vorsteher, den Umschlag in die Wahlurne legen soll.

Abg. Bassermann (nl,) will es bei der bisherigen Vorschrift belassen.

Abg. Gröber (Zentr.) plädiert für seinen Vorschlag, da man in der Vertrauensseligkeit den Wahlvorstehern gegenüber nicht zu weit gehen dürfe.

Abg. Dr. von Marquardsen (nl) glaubt, daß der Antrag steller in seinem Mißtrauen gegen die Wahlvorsteher zu weit geht, indem er sie sogar der Möglichkeit der zulässigen und berechtigten Kontrole beraube.

Abg. Dr. Rintelen (Zentr.) wendet dagegen ein, daß nach dem bisherigen Verfahren vielfach ein Vorsteher durch das Befüblen der Zettel zu ermitteln wußte, wie dieser oder jener Wähler gewählt hatte. Solchen Eventualitäten solle vorgebeugt werden.

S 114 wird genehmigt.

Zu S 11e (Prüfung der Umschläge nach Schluß der Ver⸗ handlung und Feststellung des Resultats) liegt ein Antrag Casselmann vor, wonach von? Uhr ab nur Wähler zu⸗ gelassen werden sollen, welche vor 7 Uhr bereits im Wahl⸗ lokale anwesend waren.

Abg. Casselmann (fr. Volksp.) bedauert, daß man nicht dazu übergehen wolle, die Wahl am Sonntag vorzunehmen. Dafür habe man die Wahlzeit um eine Stunde verlängert. Im Interesse der räumlich sehr ausgedehnten oder unwegsamen Wahlkreise müsse aber wenigstens entsprechend seinem Antrage die Möglichkeit der Stimm⸗ abgabe ausgedehnt werden.

Abg. Auer (Soz.): Bezüglich des Schlusses der Wahlhandlung herrscht allerdings eine verschiedene Praxis. Das Wablgesetz und das Reglement schreiben den Schluß der Stimmabgabe um 6 Uhr vor, trotzzem wird z. B. auch in Berlin anders verfahren. Für den Antrag Casselmann und gegen denselben sprechen zahlreiche Gründe, ich kann zur Zeit mich für ihn nicht entscheiden.

Abg. Dr. von Marquardsen (nl) ist dem Antrage geneigt; die Entscheidung werde der dritten Lefung zu überlassen sein, wo auch auf die Verlängerung der Wahlzeit zurückzukommen sein werde.

Abg. Dr. Stephan⸗Beuthen (Zentr.) spricht sich auch für den Antrag aus, dessen endgültige Fassung der dritten Lesung vorbehalten bleiben könne. Der Antrag komme einem wirklichen Bedürfniß entgegen.

Abg. Zubeil (Soz.): Wir haben in der Fraktion zu dem Antrage noch nicht Stellung nehmen können. Es muß uns aber sehr daran liegen, daß die bis zum Schlusse der Wahljeit im Wahllokal Erschienenen auch ihr Wahlrecht ausüben können; wir sind deshalb mit der Tendenz des Antrags einverstanden; die definitive Formu⸗ lierung sollte man bis zur dritten Lesung aussetzen.

Abg. Casselmann fr. Volksp.) beklagt, daß auch die so werthvolle Verlängerung der Wahlzeit den Beifall des Abg. Dr. von Marquardsen nicht finde; hoffentlich werde letzterer bis zur dritten Lesung bekehrt sein. Im übrigen ist Redner über die sympathische Aufnahme seiner Anregung sehr erfreut und empfiehlt ihre Annahine, besonders noch mit dem Hinweis darauf, daß sie der bisherigen Willkür der Wahlvorsteher auf diesem Gebiet ein Ende bereiten würde.

Abg. Rickert (frs. Vg. bittet den Antragsteller, den Antrag

bis zur dritten Lesung zurückzuziehen. Schwierig bleibe die Frage, wie

es zu machen sei, die Oeffentlichkeit der Wahl aufrecht zu erhalten, wenn der Antrag in der vorgelegten Form zur Annahme gelangen sollte. Anderenfalls könne er dem Antrag nur mit Verbehalt zustimmen.

Nachdem der Abg. Casselmann erklärt hat, zur Zaxück⸗ nahme des Antrags keinen Grund zu haben, wird der 511 mit diesem Antrag angenommen.

§ If trifft Bestimmung darüber, welche Stimmzettel ungültig sind. Es soll hinzutreten die Vorschrift, daß dazu auch Stimmzettel gehören, die nicht in amtlich gestempeltem Umschlag oder in einem durch ein Kennzeichen auffällig ge⸗ machten Umschlag übergeben worden sind. Das letztere soll auch von den Stimmzetteln gelten.

Abg. Bassermann (nl) beantragt, wie früher auch die Stimm⸗ zettel, die nicht von weißem Papier sind, für ungültig zu erklären.

Abg. Lenzmann (fr. Volksp.) will auch Stimmzettel, deren Gewicht und Größe von den amtlich festgestellten Gewichts- oder Größebestimmungen erkennbar abweichen, für ungültig erklären.

Abg. Gröber (Zentr.) hält beide Anträge für überflüssig, da es jetzt nicht mehr heißen solle „mit einem äußeren Kennzeichen“, sondern nur mit einem Kennzeichen“, womit beide besonderen Wünsche gedeckt würden.

S 11f wird unverändert angenommen, ebenso der Rest der Abänderungsanträge ohne Debatte.

Es folgt die erste Lesung des Antrags Schröder, be⸗ treffend die Abänderung des Art. 61 des Handels gesetz⸗ buch s. Der Antrag bezweckt Neuordnung der Bestimmungen über die Kündigungsfrist und die Ausstellung der Zeugnisse. Die Kündigungsfrist soll, wo sie vertragsmäßig vereinbart ist, für beide Theile gleich und jede entgegenstehende Vereinbarung rechtsungültig sein. Beim Abgange sollen die Handlungs⸗ gehilfen ein Zeugniß über Art und Dauer ihrer Beschäftigung fordern können; auf ihr Verlangen soll dieses Zeugniß auch auf Führung und Leistungen ausgedehnt werden.

Antragsteller Abg. Schröder (frs. Vg.) empfiehlt den Antrag, der schon im vorigen Jahre als Antrag Goldschmidt freundlich auf— genommen worden sei. Die vorgeschlagenen Aenderungen entsprächen dem allgemeinen Wunsche der Handlungsgehilfen. Da die Materie genügend erörtert sei, stehe der sofortigen Vornahme der zweiten Lesung wohl nichts im Wege. ;

Abg. Singer (Soz.): Wir werden diesem. Wunsche keinen Widerspruch entgegensetzen. Für die Frage der Zeugnißausstellung ist es nicht mehr nöthig, noch weiter Worte zu verlieren. Das“ Wichtigere ist die Regelung der Kündigungsfrist. Die vielgerühmte Vertragsfreiheit des Handelsgesetzbuchs hat sich für die Mehrzahl der Handlungsgehilfen zu einer wahren Unfreiheit umgewandelt. Gewisse Geschäftsordnungen gewisser großer Firmen könnte man zutreffender mit dem Worte „Sklavenordnung“ bezeichnen. So behält sich eine der bekanntesten Firmen Leipzigs in ihrem Engagementsvertrag das Recht vor, jeden Tag zu kündigen, während der Kommis an die Frist des Handelsgesetzbuchs, also an die sechswöchentliche Kündi⸗ gung zum nächsten Quartalsersten gebunden ist. Noch schlimmer d die Kontrakte, welche die Firma Rudolph Hertzog mit ihren Kommis abschließt. Es werden durch die Vertragsfresheit die wirth⸗ schaftlich Schwachen willenlos in die Hand der wirthschaftlich Starken gegeben. Die kleine Verbesserung, die hier vorgeschlagen wird, trifft nicht das, um was es sich handelt; sie verhindert nicht, daß die Leute jeden Tag, jede Woche aufs Pflaster geworfen zu werden fürchten müssen. Der Kommis ist eben ökonomisch nicht in der Lage, seinen Willen zum Ausdruck bringen zu können. Die amtliche Enquäte über die Verhältnisse in den Handelsgewerben hat sich auch auf diesen Punkt erstreckt; auf das Gutachten des Vereins der Berliner Indu⸗ striellen darf man aber nichts geben, wenn man wirklich an den schlimmen Zuständen etwas bessern will. Diese Herren betrachten einfach die Handlungsgehilfen als ein Stück Waare, das man zur Zeit starken Ge⸗ schäftsganges in großer Menge beschafft und nachher ebenso wieder in großen Mengen abschafft. Namentlich erkennt man den kapitalistischen Pferdefuß an jener Ausführung der Gutachten, die da sagt: Durch eine allgemeine Einführung der wöchentlichen Minimal⸗Kündigungsfrist zwei Monate lang an ein untüchtiges Personal gefesselt zu sein, ist eine Zumuthung, die entschieden zurückgewiesen werden muß. Dabei ist in der Hälfte aller Geschäfte, welche der Verein befragt hat, die An- stellung der Kommis bei vierwöchentlicher Kündigungsfrist Thatsache. Nach der aufgenommenen Statistik richten sich nur 37 00 der Betriebe nach, den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs. Eine Minimal⸗ kündigungsfrist von vier Wochen verlangen wir für die Angestellten der Handelsgeschäfte unter allen Umständen. Eine solche Kündigungsfrist kann auch den Unternehmern durchaus nicht schaden. Der Vorstand des deutschen Verbandes kaufmännischer Vereine tritt ebenfalls für diese Forderung ein; dazu treten sehr zahlreiche Petitionen von kauf— männischen Vereinen u. dergl., welche theils die vier⸗, theils die sechs⸗ wöchentliche Kündigungsfrist fordern. Mit der Regelung der Frage kann bis zum Erlaß des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht gewartet werden; aber diese Regulierung kann nur darin bestehen, daß die vierwöchentliche Kündigungfrist als Minimum konzediert wird. Damit allein wird sich der Reichstag den Dank des Handlungsgehilfenstandes erwerben.

Abg. Träger (fr. Volksp.) hat für den Antrag Singer außer⸗ ordentlich viel Sympathie; sehr schwierig aber erscheine es, die vier⸗ wöchentliche Minimalkündigungsfrist organisch dem Handelsgesetzbuch einzuverleiben. Wie soll es in diesem Falle mit der vierwöchigen Probezeit gehalten werden? Eine bestimmte Erklärung über die Forderung läßt sich jedenfalls zur Zeit nicht abgeben.

Abg. Spahn Gentr.) spricht sich für den Antrag Schröder aus,

mit der Modifikation, daß die Kündigung immer nur am Ersten jedes Monats ausgesprochen werden soll. Abg. Ba sserm ann (ul.) ist mit seiner Partei ebenfalls mit der Tendenz des Antrags einverstanden und hat auch gegen Uebergang zur zweiten Lesung ohne Kommissionsberathung nichts einzuwenden. Die Anregung des Abg. Singer ist sehr beächtenswerth; das formale Prinzip der Vertragsfreiheit muß überall da weichen, wo die Praxis eine Benachtheiligung der wirthschaftlich Schwachen und infolge davon schwere Unzuträglichkeiten erkennen läßt. Ebenso muß den Handlungs⸗ gehilfen ein Klagerecht auf das Zeugniß eingeräumt werden.

In ähnlichem Sinne äußern sich die Abgg. Dr. von Buch ka (dkon ) und Klemm -⸗Dresden (8d. Resp.).

Damit schließt die erste Berathung. Das Haus tritt so⸗ fort in die zweite Berathung ein, beschließt aber, da ein Ab⸗ änderungsvorschlag Singer vorliegt, die Vertagung.

Schluß 5 Uhr.

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Preusvischer Landtag. Herrenhaus. 4. Sitzung vom 14. Februar 1894.

Zu dem Anfangsbericht in der Mittwochs⸗Nummer d. Bl. ist noch Folgendes nachzutragen:

Der. Präsident Fürst zu Stolberg-Wernigerode

theilt mit, daß in das Herrenhaus berufen sind der Herzog M