1894 / 43 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 19 Feb 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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Im Auswärtigen Amt ist von den Bevollmächtigten von Deutschland, Oesterreich⸗Ungarn, Belgien, Frankreich, Groß⸗ britannien, Italien, Luxemburg, Rußland und der Schweiz ein Protokoll unterzeichnet worden, wodurch die Niederlegung der Ratifikations- Urkunden der Dresdener internationalen Sanitäts-Uebereinkunft und der Beitritt Großbritanniens zu letzterer festgestellt wird.

Die vom Reichs-Marineamt 6 technische Er⸗ an der Ursache des Unglücks auf S. a

M. S. „Branden⸗ burg“ hat zunächst als sicher ergeben, daß das Personal des 2 und der Kaiserlichen Werft in jeglicher Beziehung seine Schuldigkeit gethan hat. Maschine und Kessel sind sachgemäß bedient worden.

Unter den bei der Katastrophe auf S M. S. „Branden⸗ burg“ Schwerverletzten ist noch der Oberheizer Gießel zu nennen.

Die Kommission für Arbeiterstatistik verhandelte in ihren Sitzungen am 14, 15. und 16. d. M. über die Frage der Regelung der Arbeitszeit und der Sonntagsruhe in Bäckereien. Beim Beginn der ersten Sitzung wurden einige auf diesen Gegenstand der Tagesordnung bezügliche Eingaben zur Kenntniß der Kommission gebracht. Nach einem ein⸗ leitenden Referat des Königlich württembergischen Re⸗ gierungs-Direktors von Schicker über die Ergebnisse der bis⸗ herigen schriftlichen Ermittelungen wurde sodann zur Ver— nehmung der 24 Auskunftspersonen geschritten, bei der ab⸗ wechselnd Vertreter der Meisterschaft und Vertreter der Gesellen⸗ schaft gehört wurden. Zunächst wurden hierbei die Unterschiede er— örtert, welche bezüglich der Betriebsart, der Gebäcksorten, der Gewohnheiten des Publikums u. s. w. in den ver—⸗ schiedenen Gegenden des Reiches bestehen, sowie ferner die Frage, ob und inwieweit vorherzusehende Unregelmäßigkeiten im Verlauf des Backprozesses und im Gange des Ofens einen Einfluß auf die Dauer der Arbeitszeit ausüben. Im Anschluß hieran wurde den Auskunftspersonen die Frage vorgelegt, ob sie eine gesetz⸗ liche Beschränkung der Arbeitszeit der Bäckergesellen auf eine Dauer von täglich ungefähr zwölf Stunden für durchführbar hielten. Dabei wurden insbesondere folgende Eventualitäten ein⸗ gehend erörtert: eine tägliche Arbeitszeit von zwölf Stunden einschließlich der Pausen, eine wöchentliche Arbeitszeit von 72 oder von 75 Stunden, bei der alle Pausen von einstündiger oder längerer Dauer in Abzug zu bringen wären, und eine tägliche Arbeitszeit von 14 Stunden einschließlich zweier Pausen von je einer Stunde. Die Vernehmungen werden steno— graphisch aufgenommen. Das Protokoll wird gedruckt und in Carl Heymann's Verlag veröffentlicht werden.

Die vorgestrigen Verhandlungen begannen mit der Ver— nehmung der Auskunftspersonen aus dem Konditoreigewerbe.

Der Kaiserliche Gesandte am Königlich schwedisch⸗nor⸗ wegischen Hofe, General-Lieutenant und General-Adjutant Graf von Wedel hat Stockholm auf kurze Zeit verlassen, um sich, einer Einladung Seiner Majestät des Königs von Schweden und Norwegen entsprechend, nach Christiania zu begeben.

Der Brandenburgische Provinzial-Landtag ist gestern von dem Ober Präsidenten, Staats-Minister Dr. von Achenbach mit nachstehender Ansprache eröffnet worden:

Hochgeehrte Herren!

Den neugewählten Vertretern der Provinz gestatte ich mir bei Beginn unserer Verhandlungen ein herzliches Willkommen zuzurufen. Wie die bisherige Erfahrung genugsam erweist, wird sicherlich auch die neue Vertretung berufen sein, im Laufe der Wahlperiode mancherlei wichtige und für die Provinz bedeutungsvolle Fragen ihren Bera— thungen zu unterziehen. Fast in einem jeden Jahre sind bisher der Verwaltung und Vertretung der Propinz neue Aufgaben gestellt und die Grenzen ihrer Zuständigkeit erheblich erweitert worden. Unter solchen Umständen hat die Selbstverwaltung an Wichtigkeit und Be⸗ deutung beträchtlich zunehmen können.

Wenn es nun trotz der erweiterten Ziele und gesteigerten An⸗ sprüche in der Vergangenheit vollkommen möglich gewesen ist, das Wohl der Provinz und ihrer Bewohner überall zu fördern und wahr— zunehmen, so ist dies neben der überaus umsichtigen Leitung der Pro— vinzialverwaltung dem vertrauensvollen Zusammenwirken des Land⸗ tags mit dem Landes-Direktor, dem Provinzialausschusse und der Staatsbehörde vor allem zu verdanken. Gewiß haben in Anerkennung dieser Thatsache die berufenen Wahlkörper den bisherigen Abgeord⸗ neten bei den Neuwahlen ihr Vertrauen abermals zugewandt, indem von den 108 Abgeordneten der Provinz nicht weniger als 80 wieder— gewählt worden, 6 aber infolge der Vermehrung der Bevölkerung einzelner Kreise und der Bildung eines Stadtkreises neu hinzu⸗ getreten sind.

Demgemäß erscheint die fortgesetzte und feste Handhabung der bisherigen bewährten Grundsätze und die gleiche Förderung des Wohls unserer Provinz, wie in der Vergangenheit so auch in Zukunft bereits beute gesichert und mit freudiger Genugthuung können wir unser Werk beginnen.

Diese Freude wird uns umsomehr erfüllen, als die besondere Huld und Gnade, welche unser geliebter Kaiser und König von jeher dieser Pnrovinz und ihrer Vertretung zugewandt hat, auch dem neuen Landtag sicher ist.

Was die Ausführung der Beschlüsse des letzten Landtags anbe⸗ trifft, so haben sowohl die Nachträge zum Reglement der Städte⸗ feuersozietät, sowie zu den Bestimmungen über die dienstlichen Ver⸗ hältnisse der Propinzialbeamten, als auch die Vorschriften über die Ausführung des Gesetzes vom 22. April 1892 in Betreff der Ent— schädigung für an Milzbrand gefallene Thiere die höhere Bestätigung erhalten. Ebenso ist die Ober⸗Präsidialverordnung vom 16. September 1842 über die Handhabung der Feuerpolizei und die bessere Einrich⸗ tung der Löschanstalten in den Städten Ihren Beschlüssen gemäß unter Genehmigung des Herrn Ministers des Innern und Zustimmung des Provinzialraths aufgehoben worden. ö

Nachdem der vorige Landtag ein Bedürfniß zur gesetzlichen Neu⸗ regelung des Wegewesens in unserer Provinz nicht anerkannt hatte, ist höheren Ortes vorläufig davon Abstand genommen, bei dem Landtag der Monarchie eine entsprechende Vorlage einzubringen. Die Be⸗ schlüsse über Aufhebung des Auenrechts habe ich seiner i, den vor⸗ gejetzten Herren Ministern eingereicht, einen weiteren Bescheid aber nicht erhalten.

Der Uebergang der Heil⸗ und Pflegeanstalt für Epileptische zu Pote dam auf den Provinzialverband, welcher während der Tagung des letzten Landtags noch nicht zur Ausführung hatte gebracht werden können, ist auf Grund einer Allerhöchsten Ordre vom 8. Februar v. J. bald darauf in Vollzug gesetzt und das vom Landtag beschlossene Reglement zur Ausführung des Gesetzes vom 11. Juli 1891 bezüglich der Bewahrung, Kur und Pflege der hilfsbedürftigen Epileptischen,

Taubstummen, Blinden und jugendlichen Idioten durch Ministerial⸗ Erlaß vom 25. März v. J. bestätigt worden. . .

Dagegen hat das der Pflege von Idioten dienende Wilhelmestift bisher nur thatsächlich von der Provinz übernommen werden können, da die zuständigen Herren Minister den mit dim Kuratorium ursprüng— lich abgeschlossenen Vertrag zur Bestätigung nicht für geeignet er— achtet und den Abschluß eines neuen Vertrages verlangt haben, nach welchem nur die Verwaltung des Stiftes auf die Provinz übergehen, der Stiftungszweck aber aufrecht erhalten werden soll. Ein neuer Vertrag ist hiernach am 2. Oktober v. J. abgeschlossen worden. . diesen wichtigen Gegenstand werden Sie aufs neue zu berathen aben.

Wenn demgemäß die vollständige Ausführung des Gesetzes vom 11. Juli 1891 in dem vom Provinzial⸗Landtag beschlossenen Umfange nunmehr erfolgen dürfte, so wird dieselbe für die Zukunft einen nicht unwesentlichen Einfluß auf die laufenden Ausgaben der . äußern müssen. Dieser Umstand in Verbindung mit dem Anwachsen der Armenlast und den erheblichen Aufwendungen für die Bauten in Lübben und Potsdam, insbesondere aber für die Irren⸗ pflege⸗Anstalt zu Neuruppin haben die Nothwendigkeit herbei⸗ geführt, die bisherige , 10 auf etwa 123 0j0 zu steigern und den Chaussee⸗Neubaufonds auf eine übrigens den gegen⸗ wärtigen Bedürfnissen durchaus entsprechende Höhe zu ermäßigen. Immerhin aber wird, wie in den vergangenen Jahren, die Ihnen obliegende Prüfung des Etats zu der Ueberzeugung führen, daß die Provinz sich fortgesetzt in einer wohlgeordneten Finanzlage befindet und die umsichtige und vortreffliche Verwaltung es verstanden hat, allen berechtigten Anforderungen auch diesmal ausgiebig entgegen zu kommen.

Im Zusammenhange mit Ihren Beschlüssen vom vorigen Jahre über die Stellung der Provinz zu Kleinbahnen sollen Ihnen ferner Bedingungen vorgeschlagen werden, unter welchen die Beutzung der , für solche Anlagen gestattet werden kann.

Neben der Revision aller Jahresrechnungen und der Prüfung der sämmtlichen Wahlen zum Landtag werden Sie endlich Neuwahlen für den Probinzialausschuß, die Rentenbank und die Ersatzkommissionen vorzunehmen haben.

Hochrerehrte Herren! Ich darf meine Ansprache nicht beendigen, ohne zum Schluß das Andenken derjenigen früheren Landtagsmit⸗ glieder zu ehren, welche seit der letzten Tagung von uns geschieden sind. Insbesondere haben wir einen Mann schmerzlich zu vermissen, welcher überall da in erster Reihe zu finden war, wo es die Interessen der Provinz und ihrer Bewohner zu wahren galt, welcher sich durch Lauterkeit und Festigkeit der Gesinnung, wie durch treueste Pflicht⸗ erfüllung gleich auszeichnete. . ;

Möge es uns, indem wir solchem Beispiel zu folgen suchen, auch diesmal gelingen, das Wohl der Provinz weiter zu fördern und zu sichern! Mit diesem Wunsche erkläre ich Ihre Sitzungen für eröffnet.

Hierauf wurden die Verhandlungen unter dem Vorsitz des Alters-Präsidenten von Benda eingeleitet und, nachdem der Landrath Freiherr von Manteuffel zu Luckau zum Vor⸗ sitzenden des Landtags gewählt worden war, mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König, in welches die Versammlung dreimal begeistert einstimmte, weitergeführt.

Schleswig, 17. Februar. Heute Mittag 12 Uhr ist der 28. Schleswig⸗Holsteinische Provinzial-Landtag von dem Wirklichen Geheimen Rath und Ober-Präsidenten von Steinmann mit einer kurzen Ansprache geschlossen worden. Nach einem sodann von dem Vorsitzenden, Klosterpropst Grafen von Reventlou-⸗Preetz auf Seine Majestät den Kaiser und König ausgebrachten, begeistert aufgenommenen drei— maligen Hoch trennte sich die Versammlung.

Der 28. Provinzial-Landtag hat sieben Plenarsitzungen abgehalten.

Zwei Vorlagen sind ihm von der Königlichen Staats— regierung gemacht worden: Begutachtung des Entwurfs einer Verordnung, betreffend die Abänderung der zur Ausführung des Fischereigesetzes in der Provinz Schleswig⸗Holstein er— lassenen Verordnung vom 8. August 1887 (GS. S. 376) und Begutachtung einer neuen Bauordnung für die Land— gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Schleswig-Holstein. Beiden Vorlagen hat der Provinzial-Landtag zugestimmt, der Bauordnung mit einigen Abänderungen und Zusätzen.

Von dem Provinzialausschuß sind elf Berichte und An— träge eingegangen; davon sind hervorzuheben: der Jahresbericht der Provinzialkommission zur Förderung wissenschaftlicher, künstlerischer oder kunstgewerblicher Bestrebungen in der Pro— vinz; der Antrag auf mer. der Westedt'schen Sammlung prähistorischer Gegenstände für das Museum vaterlän— discher Alterthümer in Kiel; die Darlegung über die zweckmäßige Stellungnahme des Provinzialverbandes zu dem Bau und Betrieb von Kleinbahnen; der Be⸗ richt über die Ausführung des Gesetzes vom 11. Juli 1891, betreffend die Unterbringung von hilfsbedürftigen Irren, Blinden ꝛc; der Vorschlag, betreffend die Wahl eines Landes⸗ Bauraths an Stelle des in den Ruhestand tretenden Landes— Bauraths Jessen. Gewählt wurde einstimmig der Landes— Bauinspektor Eckermann in Heide.

Ferner wurde verhandelt über einen Antrag der Rechnungs⸗ Prüfungskommission, einen Bericht der Rentenbank-Deputirten und über sechs selbständige Anträge von Abgeordneten.

Vier Ausschüsse wurden niedergesetzt: der Wahlprüfungs— ausschuß mit 5 Mitgliedern, der Petitions-⸗, der Bau⸗ ordnungs- und der Kleinbahnenausschuß mit je 7 Mitgliedern. Die letztgedachten beiden Ausschüsse haben je einen schriftlichen Bericht, der Petitionsausschuß hat deren fuͤnf erstattet.

16 Petitionen waren eingegangen, wovon eine dem Klein⸗ bahnenausschuß überwiesen, eine zur Privatproposition er⸗ hoben und eine zurückgenommen ist. Die übrigen Petitionen hatte der Petitionsausschuß bearbeitet und über neun derselben mündlich berichtet.

Außer der Wahl eines Landes-Bauraths fanden Wahlen für die Rentenbank-Kommission und die Rechnungs⸗Prüfungs⸗ kommission statt. t

An Stehe des aus dem Provinzial-Landtage wegen hohen Alters zurückgetretenen Landes-Pfennigmeisters Niemand hat der Provinzial-Landtag den Ober⸗Bürgermeister der Stadt Flensburg, Geheimen Regierungs-Rath Toosbüy zu seinem fellvertre enden Vorsitzenden erwaͤhlt.

Hannover, 18. Februar. Der Provinzial-Landtag beendete in seiner gestrigen Sitzung die erste Berathung der Wegegesetznovelle. In namentlicher Abstimmung wurde ein Antrag des Abg. Lauenstein auf Ablehnung des F 41 der Regierungsvorlage mit 78 gegen 18 Stimmen an⸗ genommen; zugleich mit 74 gegen 22 Stimmen ein Antrag des Abg. Dr. von Bruenneck auf Einstellung von Mitteln in den Etat zur Bewilligung von Beihilfen zu Wegebauten bis 25 Proz. der Neubaukosten. Einstimmig wurde dann das ganze Gesetz mit den beschlossenen Abände⸗ rungen angenommen und darauf die Berathung des Klein— bahnengesetzes fortgesetzt.

Bayern.

Das Ober Landesgericht München hat dem W. T. B zufolge entschieden, daß den Kolporteuren die Berufspflicht obliege, sich selbst davon zu überzeugen, ob die von ihnen kolportierten Druckschriften Aergerniß erregen

könnten. Sach sen.

Wie das „Dr. J.“ erfährt, ist zum Regiexrungskommissar für die Kommission behufs Erörterung von Hin, nn zur , und Befestigung des Silberwerths der Geheime

ergrath, Professor Dr. Zirkel in Leipzig ernannt worden.

Baden. Die Erste Kammer hat in ihrer 3 Sitzung den Gesetzentwurf über die Gewährung von Entschädi⸗ gungen bei Seuchen verlusten einstimmig angenommen.

Mecklenburg⸗ Schwerin.

Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin Marie und Ihre Hoheit die Herzogin Elisabeth sind, wie die „Meckl. Nachr. melden, am 15. d. M. Mittags in Cannes ein⸗ getroffen und am Bahnhofe von Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog, Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Groöß⸗

erzogin Anastasia, Ihrer Hoheit der Herzogin lexandrine und Seiner Königlichen Hoheit dem Erb— großherzog empfangen worden.

Oldenburg. (H) Der Landtag genehmigte in seiner Sitzung vom 16. d. M. neben kleineren Gesetzesvorlagen den von der Staats⸗ regierung vorgelegten Entwurf einer neuen Wegeordnung, der durchgreifende Aenderungen des jetzigen Wegegesetzes in Bezug auf den Beitragsfuß zur Wegelast, die Organisation der Feldwege und die früheren Enteignungsbestimmungen enthält.

Sachsen⸗Altenburg. . Der Landtag ist auf den 26. Februar nach Altenburg einberufen worden. Schwarz burg⸗MNudolstadt.

Der am 19. Dezember v. J. vertagte Landtag ist auf den 27. d. M. wieder einberufen worden.

Desterreich⸗ Ungarn. Der Aviso „Greif“ mit der Kaiserin an Bord gerieth,

wie dem „W. T. B.“ aus Alicante gemeldet wird, auf der

Reise von Gibraltar dorthin bei Sabinal auf eine in den Seekarten nicht verzeichnete Sandbank. Mit Hilfe eines vor— überfahrenden französischen Dampfers wurde der „Greif“ wieder flott gemacht und traf, ohne Havarie gelitten zu haben, in Alicante ein.

Der ungarische Minister-Präsident Dr. Wekerle wurde vorgestern Vormittag vom Kaiser empfangen und ö. nachdem er mit dem Finanz⸗Minister Dr. von Plener und dem Minister des Auswärtigen Grafen Kälnoky konferiert hatte, Nachmit— tags nach Budapest zurück. Wie die „Budapester Corresp.“ mittheilt, haben sich die Finanz-Minister Dr. Wekerle und Dr. von Plener über den Text des Motivenberichts des dem— nächst einzubringenden Gesetzentwurfs über Einlösung von 200 Millionen Gulden Staatsnoten geeinigt. Eine am Sonn— abend beiden Finanz-Ministern zugegangene Note der Oester— reichisch⸗Ungarischen Bank stellt den durch die Bank aus— gearbeiteten Entwurf eines neuen Bankstatuts auf der Basis der Aufnahme der Baarzahlungen fest und kündigt dessen Mittheilung nach der nächsten Generalrathssitzung an. Die formellen Verhandlungen mit den Bevollmächtigten der Bank dürsten Ende oder Anfang April beginnen.

Die Landtage von Böhmen, Galizien, der Bu— kowina, Krain und Ober ⸗SOesterreich sind vor⸗ gestern nach den üblichen Dankesreden mit begeisterten Hoch⸗— rufen auf den Kaiser geschlossen worden. In Prag bezeichnete der Oberst-Landmarschall die Session als eine der frucht— barsten, in Lemberg hob der Landmarschall in der Schluß— rede hervor, daß die Ruthenen zu den ersprießlichen Resultaten der Session beigetragen hätten. Die Landtage in Czerno— witz und Laibach nahmen einstimmig Beschlüsse betreffs würdiger Begehung des Jubiläums des Kaisers im Jahre 1898 an.

Die ungarische Unabhängigkeits- und Achtund⸗ vierziger Partei hat mit 46 gegen 12 Stimmen beschlossen, die Eherechtsvorlage als Grundlage für die Spezialdebatte anzunehmen, ohne hierdurch der Regierung das Vertrauen zu votieren. Die gegen die Eherechtsvorlage stimmenden Partei— mitglieder sollen nicht gebunden sein, aus dem Parteiverbande auszutreten. In einer Konferenz der liberalen Partei wurde das Ehegesetz im allgemeinen unter begeisterten Eljen⸗ rufen angenommen.

Großbritannien und Irland.

Die am Sonnabend in London verbreiteten Gerüchte über eine Kabinetskrisis haben dem „W. T. B.“ zufolge von keiner Seite eine Bestätigung gefunden. Die Meldung der „Westminster Gazette! über ein Staarleiden des Minister-Präsidenten Gladstone wird von dem Privat— sekretär Gladstone's offiziell dementiert.

Frankreich.

In der vorgestrigen 56e n der Deputirtenkammer wurde die Berathung der Getreidezoll-Vorlage wieder aufgenommen. Der Deputirte Naquet bekämpfte, wie „W. T. B.“ berichtet, die Erhöhung des Zolles. Hierauf wurde die Generaldebatte geschlossen Und die Dringlichkeit für die Spezialberathung erklärt, worauf das Haus zur Berathung der einzelnen Artikel überging. Im Fortgange der Sitzung be⸗ fürworkete der Deputirte Ja ur es einen Gegenentwurf, wonach die Regierung das Monopol für den Verkauf des eingeführten Getreides haben solle, um die Spekulation . unterdrücken, welche gegenwärtig den französischen Markt beherrsche. Der Redner, der sozialdemokratische Theorien entwickelte, wurde mehreremal durch Lärm unterbrochen.

Gestern fanden sieben Ergänzungswahlen zur Depu⸗ tirtenkammer statt. In Thonon, Nizza und Coutances wurden Republikaner gewahlt. In Miarfeille, Alais und Ussel müssen Stichwahlen stattfinden, aus Sisteron' steht das Wahl⸗ ergebniß noch aus. .

Der Erzbischof Langenieux von Reims hat, wie die „Magd. Ztg.“ erfährt, im Auftrage des Papst es Vorstellungen bei der französischen Regierung gegen gewisse Bestimmungen

des neuen Gesetzes über die Verwaltung der Kirchengüter erhoben. Der Minister⸗Präsident Casimir Périer soll die Abänderung einzelner Artikel zugesagt haben.

Die Regierung beschloß, im Einvernehmen mit dem General Dodds, einen Zivil⸗Gouverneur für Dahomey zu ernennen.

Einer Depesche des Gouverneurs des Su dans zufolge trägt ein eingebo rener Häuptling die Schuld an dem englisch-französischen Zwischenfall bei Warina. Er täuschte die beiderseitigen Truppen, indem er ieder der beiden Parteien die andere als Sofas bezeichnete. Der Gou⸗ verneur hat bis jetzt keine weitere Depesche von dem Kom⸗ mandanten von Timbuktu erhalten.

Rußland.

Der Kaiser hat, wie ‚„W. T. B.“ aus St. Petersburg erfährt, die Genehmigung ertheilt, daß der Handelsvertrag mit Deutschland dem Plenum des Reichsraths vor— gelegt werde.

Italien.

Am Freitag und Sonnabend fand, wie W. T. B.“ meldet, vor dem Kriegsgericht in Massa die Verhandlung gegen Carlo, Giovanni und Pietro Gattini sowie gegen Ernesto Ricci und drei andere Angeklagte statt. Die vier Ersteren sind der Theilnahme an verbrecherischen Gesell— schaften und der Aufreizung zum Bürgerkriege der rück— fällige Bandenchef Carlo Gattini unter erschwerenden Umständen angeklagt. Eine überaus große Menge wohnte der Verhand⸗ lung bei, auch die Zugänge zu dem Justizpalast waren dicht besetzt. Carlo Gattini wurde zu 25 Jahren und Pietro Gattini zu 12 Jahren Gefängniß verurtheilt, die übrigen An— geklagten zu vier Jahren bis drei Monaten Gefängniß, ver— schärft durch Einzelhaft und Stellung unter Polizeiaufsicht. Nach einer in Rom eingetroffenen Privatmeldung aus Neapel wird der Justiz-⸗Minister infolge der jüngsten, mit der Verhaftung Defelice's zusammenhängenden . von der Kammer die Ermächtigung verlangen, den Deputirten Ca seh wegen Aufreizung zum Haß unter den sozialen Klassen gerichtlich zu verfolgen. ;

Die „Riforma“ bezeichnet alle Gerüchte von Verstär— kungen der italienischen Truppen an der Grenze sowie von Armierungsmaßnahmen als Erfin— dungen der ebenso Frankreich als Italien feindlichen Presse. Das Blatt führt aus, der Friede sei für alle nöthig, um in sozialer, ökonomischer und politischer Hinsicht die innere Entwickelung zu fördern. An die Rede Crispi's er— innernd, welche dieser kurz vor seinem Amteantritt in Quarto al Mare gehalten hat, weist die „Riforma“ darauf hin, daß Crispi in dieser Rede den Krieg als eine Tollheit bezeichnet habe; dieses Urtheil könne sich nicht geändert haben und habe sich auch nicht geändert. Das Blatt knüpft hieran die ö. welchen Zweck ein Krieg verfolgen, welche näher oder ferner liegenden Ziele ein solcher haben könne. Es hieße die Gesinnungen der heutigen italienischen Regierung verkennen, wollte man Italien kriegerische Absichten zu⸗ schreiben.

Der Papst zelebrierte gestern Vormittag, als Abschluß der Feierlichkeiten anläßlich seines Bischofsjubiläums, in der vatika—⸗ nischen Basilika eine Messe, der ungefähr 50 000 Personen beiwohnten, die den Papst auf das lebhafteste begrüßten. Das diplomatische Korps, die Patrizierfamilien und die Ritter des ö wohnten der Messe auf besonderen Tribü— nen bei.

Spanien.

Die Deputirten der 6 Navarra sind, wie „W. T. B.“ meldet, von Madrid abgereist und weigern sich, den Cortes das Recht zuzuerkennen, den Vertrag vom Jahre 1841 abzuändern, durch den die Höhe der Steuern in Navarra für immer festgesetzt worden ist. In Castejon wird eine große Kundgebung gegen die Zuständigkeit der Cortes bezüglich der Festsetzung der Steuern in der Provinz Navarra stattfinden. An der Demon— stration werden sich auch die aus Madrid zurückgekehrten Deputirten und etwa 260000 Bewohner der Provinz be⸗ theiligen. Die Truppen in Castejon sind in den Kasernen kon signiert.

Belgien.

Die Kaiserin Charlotte von Mexiko ist der „Magd. Itg.“ zufolge an Influenza schwer erkrankt. ;

Eine ministerielle Verordnung untersagt für den Land⸗ und Wasserweg die Einfuhr und Durchfuhr von Rind— vieh, Schafen, Ziegen und Schweinen aus Deutsch— land und Luxemburg.

Die Polizei verhaftete, wie die „Magd. Ztg.“ meldet, gestern in Brüͤssel 15 fremde Anarchisten und beschlagnahmte zahlreiche anarchistische Schriften. In der Wohnung eines der Verhafteten wurden Sprengstoffe gefunden.

Serbien.

Das „Neue Pester Journal“ veröffentlicht eine Unter— redung eines seiner Mitarbeiter mit dem König Alexander und dem König Milan, wobei der König Alexander die Politik nur kurz gestreift habe. Der König Milan dagegen habe er— klärt, er sel auf direkten Wunsch und Befehl des Königs Alexander nach Serbien gekommen, wo er den jüngsten Wechsel der politi⸗ schen Zustände als geschehene Thatsache vorgefunden habe. Er bleibe . in Belgrad, als der König es wünsche. Es stehe ihm fern, als pan, Rathgeber des Königs fungieren zu wollen. Mit den Radikalen weiter zu wirthschaften, sei seit dem Tode Dokic's unmöglich. Der nunmehr beigelegte Han⸗ delskonflikt mit Oesterreich-Ungarn sei ohne Wissen des Königs und durch eigenmächtige Verordnung des Finanz-Ministers heraufbeschworen worden. Die Träume von einem zu schaffen⸗ den Großserbien seien vorläufig eben nur Träume. Vem gegen⸗ wärtigen Kabinet werde es hoffentlich gelingen, die innere Irdnung wieder herzustellen; die von den Radikalen auf Grund der vielleicht zu freien Verfassung geschaffenen und von ihnen beliebig ausgenutzten Gesetze . eine Revision.

Bulgarien.

Meldungen Wiener Blätter zufolge hätte der . Terdinand von Sachsen-Coburg bie Professoren Braun, Schauta und Neusser telegraphisch von Wien nach Sofia be— . Die Depesche des Prinzen enthalte nichts über das j efinden der Prinzessin, sondern besage nur, daß der Prinz 9 nach Rücksprache mit den Ministern zur Berufung der

iener Aerzte , , habe.

b Der Agence Balcanique“ zufolge wird in den maß— gebenden Kreisen Sofias auf das bestimmteste versichert, daß

die Meldung von Vorschlägen, welche die rumänische Re— gierung betreffs eines Bündnisses mit Bulgarien ge⸗ macht habe, vollkommen unbegründet seien. Ebenso unrichtig sei, daß der Kriegs⸗-Minister eingeladen worden sei, mit dem Genexalstabe die rumänischen Befestigungswerke zu besichtigen.

Heute beginnt in Sofia vor dem Kassationshofe die Revision im Prozeß des Metropoliten Clement, der gegen das Urtheil des Appellgerichtshofes in Tirnowo Berufung eingelegt hatte. Clement wird selbst nicht an⸗ wesend sein; fünf Advokaten, darunter die früheren Minister i n. Radoslawow und Tontschew, werden die Vertheidigung

ren.

Amerika.

Nach einem Telegramm der „New⸗Yorker World“ aus Rio de Janeiro haben alle ausländischen Kriegs— schif fe, mit Ausnahme des amerikanischen Kreuzers San Francisco“, die Bucht von Rio verlassen, um die Mann— schaften vor dem gelben Fieber zu bewahren. In Paris ein⸗ getroffenen Nachrichten zufolge hätte das Geschwader der Auf— tändischen die Beschießung von Rio de Janeiro ein⸗ gestellt; die Bevölkerung habe um Frieden gebeten. 5000 aus dem Süden kommende Aufständische seien in den Staat Sao Paulo eingedrungen.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die vorgestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneken be— finden sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen 53. Sitzung des Reichstags, welcher der Reichskanzler Graf von Caprivi und der Staatssekretär Nieberding ,, wurde auf Antrag der Geschäfts— ordnungskommission beschlossen, zu erklären, daß das Mandat des Abg. Graf von Kanitz-Schlochau (dkons.) infolge Ernennung zum Geheimen Ober⸗-Regierungs⸗Rath und vortragenden Rath im Königlich preußischen Ministerium des Königlichen Hauses nicht erloschen sei.

Es folgt die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend den Schutz der Brieftauben und den Brieftauben— verkehr im Kriege.

Abg. Dr. Müller Sagan (fr. Velkep.) ist mit der Vorlage an sich

einverstanden, weist aber darauf hin, daß sie nicht weit genug gehe.

Die Brieftauben machen gewöhnlich ein Anwärterverhältniß durch. Privatvereine dressieren die Tauben für militärische Zwecke. Diese Zivil⸗ tauben sind denselben Fährlichkeiten ausgesetzt, wie die Militär—⸗ Brieftauben; sie müssen also ebenfalls geschützt werden. Wenn man aber in die Sache einmal eingreift, dann müssen auch die Schäden ersetzt werden, welche die Brieftauben anrichten. Redner bittet ö die Vorlage einer Kommission zur Vorberathung zu über— weisen.

Abg. Gröber (Zentr.) hält es ebenfalls für nothwendig, eine Entschädigungspflicht einzuführen für den Schaden, welchen Brief— tauben anrichten.

Die Verweisung der Vorlage an eine Kommission wird abgelehnt.

Darauf wird die zweite Berathung des Reichshaus— halts⸗Etats für 1894195 fortgesetzt und zwar beim Etat der Schutzgebiete: Kamerun (Einnahmen und Ausgaben je 610 000 ). Für die Beamten in Kamerun (Gouverneur, Kanzler, zwei Sekretäre und ein Amtsdiener) sind 61 000 M se,, .

tachdem der Berichterstatter, Abg. Prinz Arenberg über die Kommissionsverhandlungen berichtet hat, erhält das Wort der Abg. Graf Arnim (Rp).

(Schluß des Blattes.)

Die Wahlprüfungskommission des Reichstags be⸗ antragt, die Wahl des Abg. Rothbgrth (ul.) im 14. hannoverschen Reichstagswahlkreis für gültig zu erklären.

Dem Hause der Abgeordneten ist der vom Herrenhause ohne Debatte angenommene Gesetzentwurf, betreffend die Abände⸗ vu ng des F 211 des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Funi 1865 (abgedruckt in Nr. 168. Bl. vom 135. Janüar d. J.), zugegangen.

Auf der Tagesordnung der 19. Plenarsitzung des Hauses der Abgeordneten am Dienstag, 20. Februar, Vormittags 11 Uhr, steht als einziger Gegenstand die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Aufsuchung und Gewinnung der Kali- und Magnesiasalze.

Kunst und Wissenschaft.

Im Lichthof des Königlichen Kunstgewerbe⸗Museums be— ginnt morgen, Dienstag, die Ausstellung kunstgewerblicher Erzeugnisse Nord⸗Amerikas, welche bei Gelegenheit der Weltausstellung in Chicago von der Königlichen Staatsregierung an⸗ gekauft worden sind. Die Ausstellung umfaßt Möbel, vorzüglich Stühle, Silberwaaren, Glas, Tapeten, Korbwäaren, Handwerkzeuge, Eisenarbeiten, Schlösser und in besonders reicher Entfaltung Beleuchtungskörper für elektrisches Licht. Durch Güte des Herrn Arnold von Siemens ist das Museum in den Stand gesetzt, diese Beleuchtungskörper auch Abends im Betrieb vorzuführen. Zu gleicher Zeit sind die Neuerwerb ungen des Museums aus⸗ tel Die die lll un! wird bis Anfang April dauern. Die Galerie mit den brennenden Lichtkörpern (aber nur diese) wird auch Dienstags und Freitags Abends von 7 bis 9 Uhr zugänglich sein. Das

emalte Fenster aus der Mayer'schen Kunstanstalt in München . die Buchhändlergilde in London bestimmt bleibt noch bis zum 26. d. M. ausgestellt.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

. Forstinsekten.

Die von der Kỹniglichẽr Forstverwaltung des Regierungsbezirk Frank furt a. O. veranstalteten Probesuchen nach den im Winter⸗ lager befindlichen schädlichen Forstinsekten haben ergeben, daß der Kieferspinner (Fidonia piniaria) 3 in Theilen der Forst— inspektionen Frankfurt⸗Luͤbben und Frankfurt-⸗Landsberg in diesem Jahre voraussichtlich in, größerer Menge auftreten wird; ebenso ist ein weiterer Fraß der Blattwespe (Lophyrus pini) zu erwarten.

Der Verein zur Förderung der Moorkultur im Deutschen Reich . trat heute im Palasthotel hierselbst unter dem Vorsitz des Herrn von Wangenheim-Klein⸗Spiegel zu seinem Jahres kongreß zusammen. Dem von Professor Grahl erstatteten Geschäfts, bericht zufolge umfaßt der Verein zur Zeit 687 Mitglieder gegen 716 zu Beginn des Vorjahres. Der Verein, der mit dem . Jahre das zweite Jahrzehnt seiner Thätigkeit begonnen hat, ist fortgesetzt bestrebt gewesen, die Erkenntniß in Sachen der Moorkultur zu verbreiten. Wiederholt wurde der Rath und die Unterstützung des Vereins von Behörden, Vereinen und Privaten in Anspruch genommen. Die Einnahmen des Vereins

beliefen sich auf 12173 16 mit Einschluß der Staatsunterstützung

in Höhe von 1800 , die Ausgaben auf 10 918 ; eine besondere Ausgabe erwuchs dem Verein durch die sehr erfolgreiche Pflugprüfung in Lobeoffund. Ueber den Torfstreuhandel konnte berichtet werden, daß derselbe in diesem Geschäftsjahre infolge der abnormen Witterung sehr flott gewesen und den Fabrikanten großen Nutzen ge⸗ währt hat. Für die Werthschätzung des Torfmülls waren die Gut⸗ achten von großer Bedeutung, welche auf Kosten der deutschen Land⸗ wirthschaftsgesellschaft von verschiedenen Gelehrten abgegeben worden sind. Dex Bezug von Kainit und anderen Düngemitteln durch die Dünger⸗ chen. nn hat sich auch im letzten Jahre wieder sehr vermehrt. Der Kongreß besprach sodann die Betheiligung des Vereins an der Moor⸗ kultur⸗Ausstellung der diesjährigen Landwirthschafts⸗Ausstellung in Berlin und verhandelte über die Kolonisation im Hochmoor sfowie über neuere Erfahrungen in der Moeorkultur. 9

Theater und Musfik.

. Königliches Opernhaus. Ein fünstlerisch reich begabter Geist, hat R. Leoncavallo, der Komponist, sich die gesammte moderne musikalische Technik zu eigen gemacht und verschmäht es auch in seinem neuen Musikdrama „Bie Medici!“ nicht, für jedes Ohr deutlich bemerkbar zu machen, daß er im besonderen in den Bahnen unseres großen Meisters . Wagner wandelt. Das ist gewiß kein Vorwurf; denn Leoncavallo erfindet mit ursprünglicher Kraft seine . Gedanken, die er k 14 der Stimmung und den Charakteren anpaßt und mit Klar⸗ eit durchführt. Aber auch der Dichter Leoncavallo hat von Richard Wagner gelernt, namentlich was die Wahl des Stoffs und seine Ge⸗ staltung in der Richtung anbetrifft, daß für grote musikalische Wirkungen Gelegenheit und Stimmung geschaffen wird. Wie der deutsche Meister in seinem Tannhäuser' ein Stück romantischen Mittelalters dem deutschen Volk in der Sprache der Musik verklärt, und wie er in den . Meistersingern? ein anderes Stück altdeutschen Lebens auf die Bühne gestellt hat, in welchem von einem engen geschichtlichen Hinter⸗ grunde sich volksthümliche Gestalten realistisch abheben: so ergreift der Dichtür Leoncavallo aus der reichen Vergangenheit seines Volkes einen hervorragenden geschichtlichen Stoff, in dem die handelnden Personen der ganzen gebildeten Welt als große Erscheinungen und Charaktere bekannt sind, um ihn als Poet und Komponist in einer groß angelegten Trilogie zu behandeln. ö

Der erste Theil dieser Trilogie, die Oper „Die Medici“ (der Urheber bezeichnet die dramatische Gattung einfach als „historische Handlung“) hat vorgestern Abend einen unbestrittenen großen und verdienten Erfolg erzielt, der in dem lebhaften Beifall der Hörer und Zuschauer und in zahlreichen Hervorrufen des Dichterkomponisten seinen Ausdruck fand. Wenn man sich Rechenschaft giebt von den Ursachen dieses starken Erfolges, so wird die dichterische Gestaltung der Handlung keinen unwesentlichen Theil bilden. Der Verfasser hat sich in den entscheidenden Vorgängen unmittelbar an die ge⸗ schichtlichen Thatsachen gehalten. Zwei Medicäer, die Brüder Lorenzo und Giuliano de' Medici, sind die Helden der Handlung, welche die von dem Papste geförderte und unterstützte Verschwörung der Pazzi zum Gegenstand hat. Die Ge⸗ schichte zeigt, wie bei dem wohlvorbereiteten Plan zur Ermordung der beiden Brüder der geistig bedeutendere Lorenzo durch einen glück— lichen Umstand mit dem Leben davonkommt und dann als ein Förderer von Kunst und Wissenschaft den Ruhm seiner Baterstadt Florenz mehren hilft. Der Dichter bringt unserem Gemüth das tragische Ende Giuligno's menschlich näher, indem er ihn in Beziehung zu zwei poetischen Frauengestz(lten bringt, von denen die eine ihn mit reiner Liebe erfüllt, während die andere seine natürliche Leidenschaft erregt; hierdurch geräth der sonst edel geartete Mann in einen sittlichen Zwiespalt, aus dem seine Seele nicht rein herporgeht. Der Dichter weiß die Handlung in vier Akten natürlich zu entwickeln und in ihrer Wirkung bis zum Schluß zu steigern. Nicht in ebenso hohem Grade wohnt dem Komponisten Leoncgvallo dramatische Kraft und Ausdrucksfähigkeit inne. Vielleicht in dieser Erkenntniß hat er seinen Text durch Lieder und poetische Rede reich ausgestattet, um so musitalisch seine besondere lyrische Begabung wirksam entfalten zu können. Der Musiker Leon⸗ cavallo erzielt seine schöneren Wirkungen in den beiden ersten Akten, in denen Liebeslust und Liebesleid den Hauptinhalt bilden. Hier gelingt es ihm, die zartesten Regungen des Herzens schön und rein widerzuspiegeln, und während das Orchester seinen ganzen Reich⸗ thum entfaltet, die menschliche Stimme als des Schicksals Ausdruck ergreifend in die Seelen der Hörer dringen zu lassen. Auch später schließt sich die Musik natürlich den vor— herrschenden Stimmungen und Empfindungen an. Aber sie entbehrt dann zuweilen der Einfachheit und leichten Verständlichkeit und erscheint doch nicht immer der Größe des Augenblicks gewachsen; so⸗ bald man aber die aufs Großartige gerichtete Absicht merkt, wird die Wirkung mehr äußerlich und theatralisch. Ein solcher Augenblick ist im dritten Akt gegeben, wo der Dichter durch eine geschickte Konstellation ein Septett von vier Verschwörern, Giuliano's und seiner beiden Geliebten ermöglicht. Hier mag man die feinsinnige kompositorische Arbeit bewundern, die auch klanglich einen roßen Eindruck macht, aber im Zusammenhange erregt sie mehr k und Ueberraschung, als sie künstlerischen Genuß und künstlerische Befriedigung gewährt. In dem vierten Akt, der in der Kirche spielt, hebt sich von der stimmungsvollen oratorialen Musik Rede und Gegenrede der Verschwörer und ihrer Anhänger charakteristisch ab, bis nach der Mordscene Lorenzo in einem kraftvollen Schlußgesang seine abtrünnigen Mitbürger wiedergewinnt. Im einzelnen enthält die Musik viele bedeutende Sätze, die in ihrer melodischen Erfindung und orchestralen Bearbeitung von sinnfälliger Schönheit sind. In diesem Sinne bildeten das Liebesduett zwischen Giuliano und Simonetta im ersten Akt, das Ständchenlied Lorenzo's und seine Canzone „Willkommen, Maien“ sowie Simonetta's Canzone zum Reigen im zweiten Akt Höhepunkte der Komposition. Das Vorspiel zur ganzen Oper leitet durch Wald⸗ hörner⸗ und Bläser⸗Motive in die Stimmung der poetischen Wald⸗ scene des ersten Akts ein. Die beiden folgenden Akte, die sich in den Straßen von Florenz abspielen, zeigen die Arnostadt in reizvoller Abendbeleuchtung und bieten Gelegenheit zur Entfaltung von Chören der Volksmenge, aus der auch Einzelstimmen wirksam hervortreten.

Die Aufführung der Oper auf unserer Königlichen Bühne war überall würdig und trefflich. Alle auftretenden Personen waren mit ersten Kräften besetzt. Den Lorenzo de' Mediei sang Herr Bulß mit edler Tongebung kraftvoll, während sein Spiel den hohen Geist und vornehmen Sinn des Mediceers glücklich wiedergab. Die Partie des Giuliano gab Herrn Sylva neue Gelegenheit, die Schön⸗ heit und Fülle seiner Stimme zur Geltung zu bringen. Die beiden im Vordergrunde der Handlung stehenden Frauen wurden von . Herzog (Simonetta) und Frau Sucher (Fioretta) gegeben. Die Rolle der Simonetta stellt an die Sangeskraft und Ausdauer ihrer Vertreterin große Ansprüche, denen . Herzog sich völlig gewachsen zeigte; ihre volle milde Stimme r , und beherrschend bis zum Schluß; auch durch ihr an⸗ muthiges Spiel, das durch eine sinnige und zarte Erscheinung noch gehoben wurde, wirkte die Künstlerin wohlthuend. Frau Sucher, die die weniger nn te ge Rolle hatte, zeichnete sich wieder durch ihre enn gr gleth e Kraft aus und bemeisterte auch gesanglich ihre schwierige Aufgabe mit Geschick. Die Verschwörer wurden von den Herren Mödlinger, Krolop, Sommer und. Stammer kräftig und charakteristisch gesungen und dargestellt. Die Rolle des Dichters Poliziano, der bedeutsam in die Handlung eingreift, wurde von Herrn Fränkel sehr ansprechend dargestellt und auch gesanglich gut zur Geltung gebracht.

Der Vorstellung wohnten Seine Majestät der Kaiser und König und Ihre Majestät die Kaiserin und Königin von Beginn bis zum Schlusse bei.

Ihm Königlichen OSpernhause findet morgen die dritte Auf- führung von Leonegvallo's Oper Die Medici' statt. Das Werk wird nunmehr zu den gewoͤhnlichen Opernpreisen ge⸗