1894 / 46 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 22 Feb 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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Kiel, 21. Februar. Der em der im Lazareth liegenden, bei der Katastrophe auf der Brandenburg“ Ver⸗ wun de ten ist befriedigend.

Hannover, 21. Februar. Der Provinzial⸗Land⸗ tag erledigte in seiner heutigen Sitzung den Etat, mit Aus⸗ nahme der zurückgestellten Titel XII (Blindenanstalt) und XX (Unterstüͤtzung des Kleinbahnwesens).

Münster, 21. Februar. Der Provinzial-Landtag für die Provinz Westfalen, der seit dem 11. d. M hier tagt, ist nach Beendigung der heutigen Plengrsitzung durch den Koͤniglichen Landtaqs⸗Kommissar, ber⸗Präsidenten Studt in herkömmlicher Weise mittels folgender Ansprache geschlossen

worden: Hochgeehrte Herren! 4

Die großen Erwartungen, unter denen der Provinzial Landtag dieses Mal in seine Geschäfte eingetreten ist, haben sich zu Ihrer wie melner Genugthuung in vollem Maße erfüllt. ;

Ihre Beschlüsse über die Betheiligung der Provinz an Klein⸗ bahn Unternehmungen bieten dem Propinzialauss eine geeignete Handhabe für die Förderung wichtiger Verkehrsinteressen. .

Das von Ihnen beschlossene, nunmehr zur landesherrlichen Genehmigung vorzulegende Statut einer Landeskultur Rentenbank sichert eine umfassende Unterstützung der gerade für Westfalen hech⸗ bedeutsamen ,,, die weiten Heide⸗ und Moorstrecken nutz⸗ bringend zu machen.

. Sie den Anträgen auf Verstärkung der Betriebsmittel der Landesbank mittels Aufnahme einer Provinzial Anleihe Ihre Zustimmung ertheilt haben, wird die wohlthãͤtige Wirksamkeit der genannten Provinzialanstalt eine wesentliche Erweiterung erfahren können. w ĩ ; w

Ihre besondere Fürsorge für die heimathliche Viebzucht, sowie für die Hebung der Tscherei haben Sie durch Ihren Beschluß wegen Einführung der Schadensersatzleistung für am Milzbrand gefallenes Vieh und durch die eingehende Begutachtung des von dem Fischerei⸗ verein für Westfalen und Lippe Ihnen unterbreiteten Gesetzentwurfs über die Befeitigung der Adjazentenfischerei in dankenswerther Weise bethätigt. . .

bent Abänderungen des Reglements der Westfälischen Wittwen—⸗ und Waisenverforgungskasse helfen einem dringenden Bedürfnisse ab, da auch den Lehrern an den höheren und mittleren nichtstaatlichen Lehranstalten fortan J zu dieser Kasse unter nicht unbilligen Bedingungen gestattet ist.

ö 4 Verhandlungen über die Herstellung der Verbindung zwischen dem Dortmund⸗Emshäfen⸗Kanal und dem Rhein haben Sie fich der Erkenntniß nicht verschlossen, daß das Zustandekommen einer solchen Kanalverbindung als eines unentbehrlichen Bindegliedes in dem geplanten Mittelland⸗Kanal für die künftige Verkehrsentwickelung unseres Vaterlandes von weittragender Bedeutung ist. Durch die nunmehr gefaßten Beschlüsse haben Sie den von den erwähnten Kanallinien berührten Landestheilen einen wichtigen Dienst geleistet, für welchen Ihnen namens der Königlichen Staatsregierung den besonderen Dank auszusprechen ich mich verbunden fühle. .

Der Geist der Eintracht und der Unterordnung aller Einzel⸗ wünsche unter die großen Interessen der Gesammtheit, von welchem Sie wiederum ein so schönes Beispiel gegeben haben, er wird sicherlich auch für Ihre fernere Berathungen gute Früchte tragen.

Im Allerhöchsten Auftrage erkläre ich den 35. Provinzial⸗Landtag der Provinz Westfalen für geschlossen.

Nach dieser Ansprache ergriff der Vorsitzende des Provinzial Landtags, Wirkliche Geheime Rath von Oheimb das Wort und brachte am Schluß ein dreifaches Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König aus, in. welches die Mitglieder des Provinzial-Landtags lebhaft einstimmten.

Sachsen.

Seine Majestät der König, Allerhöchstwelcher gestern mehrere Stunden außerhalb des Bettes verbrachte, hat in der letzten Nacht sehr gut geschlafen. Das Befinden ist fort⸗ dauernd gut.

Elsasß Lothringen.

Der Landesausschuß erledigte in seiner vorgestrigen Sitzung in zweiter Lesung die Etats des Statthalters und seines Bureaus; des Staatsraths und des Kaiserlichen Raths, der Vertretung beim Bundesrath und des Landesausschusses; des Ministeriums; der Verwaltung der direkten Steuern, des Kataster⸗ und Vermessungswesens; der Verwaltung der Zölle, indirekten Steuern und des Enregistrements, soweit die Posi⸗ tionen nicht der Spezialkommission überwiesen sind. Gelegent— lich der Position, welche die Vertretung beim Bundes⸗ rath betrifft, beklagte der Abg. Ditsch die provisorische Lage, in der sich das Land seit 23 Jahren befinde, erinnerte an den für die Regierung günstigen Ausfall der letzten Reichstags⸗ wahlen, an den Empfang des Kaisers in Lothringen und ver⸗ langte Gleichstellung mit den andern deutschen Län⸗ dern. Andernfalls müsse er seine Zustimmung zu der be— treffenden Position im nächsten Jahre verweigern.

Oesterreich⸗ Ungarn.

In einer Besprechung bei dem Minister⸗Präsidenten Fürsten Windisch-Grätz, woran mehrere Minister, das Präfidium des Abgeordnetenhauses, sowie die Obmänner der koalierten Klubs iheilnahmen, ist dem „W. T. B.“ zufolge gestern das Arbeitsprogramm des J bis Ostern festgestellt worden, wobei darauf Bedacht genommen wurde, daß dem Budgetausschusse die Vorberathung des Budgets bis Ostern ermöglicht werde.

Der niederösterreichische Landtag nahm gestern, nachdem die Antisemiten den Saal verlassen hatten, den An⸗ trag Czedik's an, wonach der Landtag sein Bedauern ausspricht über die von Gregorig gegen die Donauregulierungs⸗ Kommission erhobenen, vollkommen unbegründeten Beschuldi⸗ a en. Der Landtag wurde sodann mit Hochrufen auf den

aiser geschlossen.

Das ungarische Unterhaus setzte gestern die Be⸗ rathung über das Ehegesetz fort. Der Abg. Justh erklärte namens der Unabhaäaͤngigkeitspartei, daß letztere die Vorlage im allgemeinen annehme. So sehr seine Partei auch den Sturz des gegenwärtigen Systems erstrebe, so dürfe dieser Erfolg doch nicht um den Preis stets hoch gehaltener Prin⸗ zipien erreicht werden. ;

Das Urtheil in dem Omladinaprozeß ist gestern in Prag verkündet worden. Die Führer Ziegloser, Cizek, Waigert, Sticha, Synacek, Hradec, Pospischil, Kunes, Schulz, Redakteur Hain, Dr. Rasin, Sokol und Holzbach wurden theils wegen Hochverraths, Majestätsbeleidung, Ruhe⸗ störung und Geheimbündelei, theils nur wegen Ruhe⸗ störung zu acht Jahren schweren, an jedem 17. August durch Fasten, Dunkelkammer und hartes Lager ver⸗ schärften Kerkers, bis herab zu 13 Monaten schweren Kerkers verurtheilt. Eine Reihe weiterer Angeklagter erhielt wegen

Ruhestõrungsverbrechen und anderer Vergehen 18 bis herab zu 7 Monaten schweren, durch Fasten verschärften Kerkers, die übrigen Angeklagten sechswöchigen bis vierzehntägigen Arrest wegen Uebertretungen. Acht von den 76 Angeklagten wurden freigesprochen. Durch umfassende be õrdliche Schutzvorkehrungen war für Ruhe und Ordnung vor und in dem Gerichtsgebäude gesorgt worden. Den in Haft befindlichen Angeklagten war infolge Disziplinarurtheils die Anwesenheit bei der Urtheilspublikation nicht gestattet. Es verlautet, Dr. Rasin werde im Namen saäͤmmtlicher Ver⸗ urtheilten die Nichtigkeitsbeschwerde einbringen. Frankreich.

Der Minister⸗Präsident Casimir Pe rier empfing gestern, wie W. T. B.“ meldet, den französischen Gesandten in Lissabon Bihourd, den er zu seiner Haltung bei der Wahrung der Interessen des französischen in portugiesischen Werthen angelegten Kapitals beglückwünschte. Dem Ver⸗ nehmen nach werde Bihourd nach Lissabon erst dann zurũck⸗ kehren, wenn die portugiesische Regierung ausreichende, den französischen Forderungen entsprechende Erklärungen abgegeben haben werde. .

Bei der gestern in der Deputirtenkam mer fortgesetzten Berathung über die Getreidezölle befürwortete der Deputirte Rathier ein Amendement, wonach der fl auf 8. Fr. festgefetzt werden solle. Der Minister⸗Präsident Casimir Périer vertheidigte den Zoll von 7 Fr. und hob hervor, die Regierung sei besser in der Lage, als irgend jemand, die in Betracht kommenden ,,, in ihrer esammtheit zu beurtheilen. Die Forderung der Regierung entspreche den Interessen Frankreichs. (Beifall Der Deputirte Meline bekämpfte ebenfalls das Amendement Rathier's, das mit 371 gegen 152 Stimmen abgelehnt wurde.. Der Zoll von 7 Fr. wurde mit 371 gegen 172 Stimmen angenommen. In Fortgange der Sitzung wurden die Zölle auf Mehl, Gries, Griesmehl ꝛc., wie sie von der Regierung und der Kommission vorgeschlagen worden waren, angenommen. Verschiedene Amendements, worin beantragt wurde, den Er⸗ trag der Getreidezuschlagssteuer zu verschiedenen Steuernach⸗ lässen zu verwenden, wurden abgelehnt und schließlich die Vor⸗ lage im ganzen mit 361 gegen 1355 Stimmen angenommen. Die nächste Sitzung findet am Sonnabend statt.

Die äußerste Linke beabsichtigt die Subvention des Blattes „Cocarde“ durch den früheren Minister⸗Präsidenten Dupuy in der Kammer zur Sprache zu bringen. Der „Libre Parole“ zufolge würde Dupuy in diesem Falle sein Amt als Kammer-Präsident niederlegen, um unbehindert Auf⸗ klärungen geben zu können.

Gestern sind in Paris Bomben aufgefunden worden,

die indessen keinen Sprengstoff enthielten Ein aus London eingetroffener Anarchist Namens Ligols wurde verhaftet; er verlangte von Deputirten auf das dringendste eine Galerie⸗ karte für die Kammersitzung und ist der Absicht, ein Attentat auszuführen, verdächtig. Die Frau Calahresi, die bei dem anarchistischen Attentat in der Rue St. Jacques verwundet worden war, ist gestern Abend ihren Verletzungen erlegen. Nach einer Meldung aus Rouen hat dort der Monteur Rabardi dem Polizeikommissar aus freien Stücken erklärt, er habe vor wenigen Monaten ein Portefeuille verloren, das Personalpapiere enthalten habe. Letztere habe der Urheber der Attentate in der Rue St. Jacques und in der Rue du Faubourg St. Martin wahrscheinlich gefunden und sich auf Grund derselben den falschen Namen Rabardi beigelegt; . sei er niemals Anarchist gewesen. In Lyon sind gestern drei neue Verhaftungen von Anarchisten vorgenommen worden.

Rußland.

Nach einer Meldung des W. T. B.“ aus St. Peters⸗ burg hat der Minister des Auswärtigen von Giers einen heftigen Asthma⸗Anfall gehabt. Der Zustand des Ministers fei ernst, gebe jedoch zu Befürchtungen keinen Anlaß.

Italien.

Im Senat wurde gestern, wie ‚W. T. B.“ berichtet, von der Kommission, der die Untersuchung über die Banken⸗ Angelegenheit oblag, Bericht erstattet. Aus demselben ergiebt sich, daß nur acht Senatoren nothleidende Effekten bei den Emissionsbanken besaßen. Auf Grund der Ver— nehmung dieser Senatoren und auf Grund der Doku⸗ mente, die sie der Kommission zu ihrer Vertheidigung vorlegten, glaubt die Kommission bezuglich des Besitzes dieser Effekten allen politischen Zusammenhang als ausge⸗ schlossen betrachten zu können. Der Senat nahm darauf in geheimer Sitzung eine Tagesordnung an, welche die obigen Schlußfolgerungen der Untersuchungskömmission billigt und anerkennt, daß kein Stoff zu weiteren Berathungen in dieser Angelegenheit vorliege. Es wurde daher die Drucklegung des Kommissionsberichts mit Ausschluß der beigefügten Dokumente beschlossen. .

In der Deputirtenkammer legte der Finanz-Minister Sonn ino das Budget pro 1894/95 vor und führte dann in seinem Fin anzexposé, das einen vollständigen, sofort zur Ausführung gelangenden Finanzplan umfaßt, durch den eine endgültige Grundlage für das italienische Finanzwesen und ein festes Gleichgewicht für den Staatshaushalt pro 1894/95 sowie für die folgenden Jahre geschaffen wird, ohne weitere Schulden, selbst nicht für Eisenbahnen, aufzunehmen, Folgendes aus:

Das effektive Defizit pro 1894.95 werde auf 177 Millionen Lire eschätzt; die Schuld des Schatzkontos übersteige eine balbe Milliarde. 3. dieser Finanzlage rübre zum theil die innere Krise des italienischen Marktes her deshalb müsse nicht nur für das Budget und den Schatz, fondern auch für den Geldumlauf und die Banken vorgesorgt werden. Es sei eine Reihe von Ersparungen im Gesammtbetrage von 43 Mil⸗ ionen ins Auge gefaßt, von denen 27 Millionen sofort, der Rest in der zukünftigen Gebahrungsperiode realisierbgr seien. Die größten Erspa⸗ rungen würden durch die Reform der inneren rr, n, , der Grund⸗ lage der Dezentralisation und der Vereinfachung des Dienstes gesichert werden können. Für diese Reform verlange die Regierung die un⸗ bedingte Vollmacht von der Kammer. Er schlage ferner eine Reihe von Nuflagen vor, die insgesammt 109 Millionen ergeben sollen, nämlich: I) Die Wiedereinführung des Zuschlags von zwei Zehnteln auf die Grundsteuer, was 17 Millionen ergeben dürfte. 2) Die Er- böhung der Steuersätze auf alle Steuerkategorien für bewegliches Ver⸗ mögen und die Einkommensteuer, dadurch werde dem Staat ein Er⸗ trag von 52 Millionen zugeführt, den gegenwärtig die Gemeinden aus diesen Steuern zögen. Die allgemeine Steuer für Mobiliar⸗ vermögen solle um 26 0j erböht werden. 3) Durch Erhöhung des Sal preises werde auf einen Mehrertrag von acht Millonen . IJ Bie Erhöhung der Erbschaftstaxen um vier Millionen. 3) Die Erhöhung der Alkoholsteuer um 35 Millionen. 6) Weitere kleinere Steuererhöhungen um zwei Millionen. 7) Die Einführung einer allgemeinen Einkommensteuer, zu erheben ab 1. Januar 1895, mit

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er würde sich

einem Ergebniß von jährlich zehn Millionen. Mit der allmählichen Entwickelung dieser ee offe er eine allgemeine Umgestaltung des Steuerwesens in Angriff zu nehmen, worin die derzeitigen khn Steuerfätze herabgemindert werden sollten. Von allen genannten Steuererhöhungen sollten bloß die Mindestbesteuerten befreit sein. Um das Gleichgewicht im Budget herzustellen, schlage er die Konvertierun einer Serie amortisierbarer Schulden vor. Der Amortisationsdien folle der Caisse de dépöt et consignation übertragen werden. Dieser würden zu diesem Behufe 19 Millionen Rente übergeben werden, die bereits im Besitze des Schatzes und der öffentlichen Kassen seien; eine neue Renten⸗Emussion solle nicht erfolgen. Ferner seien noch weitere sehr wichtige Maßnahmen in Bezug auf die öffentliche Schuld und den Schatz ins Auge gefaßt. Den Inhabern der fünf prozentigen konsolidierten Schuld werde vom 1. Januar 1895 ab die Konvertlerung ihrer Schuldtitres durch neue mit 40 netto ver- zinsliche Tikres angeboten werden. Diese Schuldtitres würden für jetzt und die Zukunft vollständig steuerfrei sein. Ferner werde eine innere 45 prozentige konsolidierte Rente mit Vierteljahrs⸗ Kupon geschaffen werden, welche die gegenwärtige fünf⸗ prozentige bei der Konvertierung ersetzen solle. Innerhalb 25 Jahren werde eine Reihe amortisierbarer Titres allmählich getilgt werden. Um die gegenwärtige Lage des ,, zu einer gesetzlichen zu gestalken, werde durch ein Königliches Dekret proklamiert werden, daß die Staatsnoten nicht konvertierbar seien. Die Menge der im Umlauf befindlichen Noten werde indeß durchaus nicht vermehrt werden. Um den dringenden Bedarf an Scheidemünzen zu decken, werde durch Königliches Dekret die Ausprägung von 20 Millionen Lire in Rickelmänzen zu 20 Cts. angeordnet und gleichzeitig die Prägung von Kupfermüänzen eingestellt werden. Die Regierung werde mit allen Kräften die Schaffung eines großen Instituts zur Flüssigmachung der hauptsächlichen, infolge der Münzkrisis todt liegenden Kapitalien begünftigen. Schließlich werde durch Königliches Dekret der Getreide⸗ . auf'7 Lire pro Zentner erhöht und gleichzeitig die für Rechnung der Regierung in geschlossenen Gemeinden eingehobene Verzehrungs⸗ stener auf Mehle, Brot und Teigwagren abgeschafft werden. Diese Verzehrungssteuer betrage ungefähr 2 Lire, die Erhöhung des Getreide⸗ zolls von 5 auf 7 Lire sei eine einfache Uebertragung der Verzehrungs⸗ steuer an die Grenze. Gleichbedeutend mit dem Werth dieser Maß⸗ nahmen als finanzieller Operationen sei es, daß sie die drückendste Lokalabgabe vermindere, von der die Landleute in Sizilien und Süditalien so hart betroffen würden. Andererseits biete sie den Ackerbautreibenden einen erhöhten Schutz, leiste ihren lebbaft kundgegebenen Wünschen Genüge und entschädige sie theilweise für den Zaschlag zur Grundsteuer. Er appelliere an den Patriotismus des Parlaments und betone den Ernst der Lage, erachte aber das Uebel für heilbar, vorausgesetzt, daß keine Zeit verloren werde. Diese Maßnahmen würden dem Staats voranschlage im ganzen 100 Millionen Mehreinnahmen pro Jahr zuführen. Dies würde den stalienischen Kredit im Auslande und im Inlande ohne irgend eine neue Emission öffentlicher Schuldtitres oder Papiergeldes sichern. Alle diese Maßnahmen würden die Menge des ö Papier- geldes nicht erhöhen. Das Werk werde vervollständigt werden durch eine Reform der Zivil⸗ und Militärdienstzweige innerhalb der von den Verhältnissen des Landes gezogenen Grenzen. ö . Am Schlusse seiner Rede bemerkte der Minister, daß er das Bewußtsein habe, seine Pflicht gegen das Land zu er— füllen; er empfehle der Kammer rasche Vorsorge an, weil Gefahr im Verzuge sei. Im weiteren Verlauf der Sitzung erklärte der Minister-Präsident Crispi in Beantwortung einer Rede Cavallotti's, diejenigen seien im Irrthum, welche meinten, die für Sizilien und Massa-Carrgra erlassenen Dekrete seien nicht in den Gesetzen begründet. (Unter⸗ brechungen auf der äußersten Linken) Crispi führte Thatsachen an, wesche bewiesen, daß die Akte der Regierung von rechts⸗ kundigen Parlamentariern unterstützt würden. Die Kammer werde Gelegenheit haben, die getroffenen Verfügungen ein⸗ gehenden Erörterungen zu unterziehen, und dann werde sich zeigen, auf welcher Seite das Recht sei, Er könne sich nicht enthalten, nunmehr auch über die Ziele zu sprechen, die in einigen Gemeinden Siziliens bei den ausgebrochenen Unruhen verfolgt worden seien. Man habe mit allen Mitteln unter der arbeitsamen, nüchternen ländlichen Bewohnerschaft Siziliens die Meinung zu verbreiten , daß die nationale Regierung weit eher ihr Feind, als ihr Beschützer sei. Der Minister⸗-Präsident besprach sodann den beklagenswerthen Zu— stand in vierzehn Gemeinden, in denen Plünderungen, Brand— legung, Mordanschläge gegen öffentliche Beamte an der Tages— ordnung gewesen wären, und betonte, es sei ihm nicht möglich, den Schmerz zu schildern, den diese Vorfälle in seinem Innen hervorgerufen hätten. Die Sorge und Befürchtung, daß das um den Preis so vieler Opfer zu stande gebrachte patriotische Werk zerstört werden könnte, habe dem Patriotismus der Regierung nahe gehen müssen. CCavallotti ruft: Das ik eine rhetorische 5 eh Das sei keine Phrase, sondern die Darlegung schmerzlicher Ereignisse. (Lebhafte Zustimmung. Unterbrechungen auf der äußersten Linken) Der Minister⸗ Präsident schloß: das Ministerium habe dem König ungern, aber ruhigen Gewissens und einmüthig den Erlaß der Dekrete vorgeschlagen, die den Belagerungszustand verhängten. Der Minister-Präsident Er ispi brachte sodann einen Gesetzentwurf ein, wonach der Regierung volle Machtbefugniß, für die Reform des Zivil- und Militärdienstes eingeräumt wird. Crispi verlangte die Ueberweisung dieses Entwurfs sowie der Entwürfe über die Finanzmaßnahmen an zwei zu diesem Zweck gewählte Kommissionen. Nach lebhafter Debatte wurde der Antrag Crispi's fast einstimmig angenommen. Durch die in dem Exposé des Finanz-Ministers Sonnins bereits erwähnten und gestern veröffentlichten Dekrete werden erhöht: I) der Getreidezoll von 5 Fr. auf 7 Fr. Tro Zentner mit einer entsprechenden Zollerhöhung fur Ge⸗ treide⸗Erzeugnisse, ö der Preis für Sal; von Cen⸗ tesimi 8 40 Centesimi pro Kilo, 3) die Taxe für den Verkauf von Spirituosen von 20 Fr. auf 40 Fr. pro Hektoliter. Ein weiteres Dekret verfügt die Ausprägung von Zwanzig-Centesimi⸗Stäcken in Nickel bis zum Be⸗ trage von 20 Millionen Franks und die Emissisn oon wei-Franks-Scheinenebis zum Betrage von 60 Millionen Franks als Ersatz für die Silber-Scheidemünzen, die in den Staatskassen zuruͤckgehalten werden sollen. Epanien. . Nach einer in Madrid eingetroffenen Meldung aus Tanger hatte, wie ‚W. T. B.“ meldet, der Marschak Martinez Campos am 15. d. M. eine Unterredung mi dem Groß vezir, dem er auseinandersetzte, daß die spanische Regierung eine rasche Äntwort auf jhre Forde rungen erwarte. Der Sultan ließ dem Marschall wissen, hierüber äußern, sobald die Ant⸗ worten der Mächte auf eine von ihm an diese gerichtete Note, die am 24. d. M. erwartet würden, eingetroffen seien. e Entscheidung des Sultans werde lord er ll in der ersten Woche des März erfolgen. Rumänien. Im Senat begann gestern, wie ‚W. T. B. fe. Bukarest meldet, die Generaldebatte über den Hande . vertrag mit Oesterreich⸗ Ungarn. Der Führer

Liberalen Sturdza bekämpfte den Vertrag. Die Depu⸗ tirtenkammer genehmigte mit 71 gegen 6 Stimmen das Uebereinkommen mit England, betreffend den Marken⸗

schu z. Bulgarien. Der Kassationshof hat dem, W. T. B.“ zufolge beschlossen, der Berufung des Metropoliten Cement nicht Folge zu

geben. Amerika.

In Paris ist aus Rio de Janeiro die Nachricht einge⸗ pesfg. der Dampfer Republica“, auf dem sich der Admiral de Mello befinde, sei durch die Forts daran verhindert worden, in die Bucht von Rio zurückzukehren. Aus Santos wird gemeldet, daß dort drei des Verraths verdächtige Offiziere m f! worden seien. Die dortigen Behörden wollten die Ausländer zum Militärdienst zwingen, wogegen die Konsuln protestierten.

Afrika.

Nach einem gestern in Brüssel eingetroffenen Telegramm haben die Truppen des Congostaates den Araber⸗Häupt⸗ ling Rumaliza in die Flucht geschlagen.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

Die Tagesordnung für die morgen Nachmittag 1 Uhr stattfindende 56. Plenarsitzung des Reichstags lautet: 1) Berathung des jschleunigen Antrags der Abgg. Auer und Genossen wegen Ein⸗ stellung des gegen das Mitglied des Reichstags Schmidt (Frankfurth beim Königlichen Landgericht zu Frankfurt a. M. schwebenden Straf⸗ verfahrens für die Dauer der Session. 2) Wahlprüfungen. 3) Fortsetzung der zweiten Berathung des Reichshaushalts Etats für das Etatsjahr 1894/95 und zwar der Spezial⸗Etats: a. Rechnungshof, b. Pensionsfonds, c. Reichs⸗Invalidenfonds, 4. Reichs - Justiz⸗ verwaltung, 6. Reichs⸗Eisenbahnamt, f. Verwaltung der Eisenbahnen.

Die Tagesordnung für die 21. Plenarsitzung des Haus es der Abgeordneten am Freitag, 23. Februar, Vormittags 11 Uhr. lautet: 1) Fortsetzung der zweiten Berathung des Entwurfs des Staatshaushalts Etats für 1894j95, und zwar: a. Haus der Ab⸗ geordneten, b. Herrenhaus, C. Handels⸗ und Gewerb-verwaltung, ?) erste und zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Ab⸗ änderung des § 211 des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865.

un ft und Wissenschaft.

Der Besuch der Technischen Hochschulen des Deutschen Reichs betrug nach dem ‚Zentr. Bl. d. Bauv.“ im Winterhalbjahr 189394 insgesammt 6035 Studierende (gegen 5645 im Winterhalb⸗ jahr 1892/93 1108 (61) Hespitanten und 617 (21) Hörer, im ganzen also 7760 (6677) Besucher. ö

Der Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik in Straß⸗ burg i. E., Professor Dr. Albert Lücke ist am 20. d. M. einem Schlaganfall erlegen.

Banten.

Am 1. Februar d. J. ist ein großer Theil von deutscher That⸗ kraft unternommener Kulturarbeit in Venezuela zum vorläufigen 1 indem an diesem Tage bei Anwesenheit aller hohen Würdenträger des Landes die Große Venezuela Eisenbahn⸗ Gesellschaft ibre Linie Caracas Valencia, das Verbindungsglied zwischen den beiden Hauptstädten des Landes, dem Verkehr übergeben hat. Das Deutsche Reich hatte sich dem „Zentr. Bl. d. Bauv.“ zufolge außer durch den Minister⸗-Residenten Grafen Kleist Tychow auch durch das Offizierkorps des deutschen Kriegsschiffs Stein“ ver⸗ treten laffen; letzteres war zu diesem Zweck eigens nach Venezuela entsandt. Die eroͤffnete Linie ist 1380 km lang, darunter 74 km aller⸗ schwierigfter Bergbahn mit mehr als 3 Millionen Kubikmeter Fels—⸗ bewegung, 86 Tunneln von 5200 m Gesammtlänge, 69 eisernen Viadukten und 140 kleineren eisernen Bräcken. Die Baukosten haben über 80 Millionen Frank betragen, denen die Regierung von Venezuela eine Verzinsung von 7 v. H. auf 99 Jahre gewährleistet hat. Die Bahn durchzieht den fruchtbarsten und bevölkertsten Theil des Landes. Ein Gebiet von der Größe Norddeutschlands ist als Interessengebiet der Bahn anzusehen, auf dem jeder Wettbewerb ausgeschlossen ist. In Caracas ist die deutsche Bahn mit der Bahn von Caracas nach dem Hafen von La Guayra und in Valencia mit der Bahn von Valencia nach dem Hafen von Puerto Caballo verbunden. Beide letztgenannte Bahnen befinden sich in englischen Händen. Zu der deutschen Bahn ist nur deutsches Material im Gesammtgewicht von 0 906 t verwendet worden, und zwar Schienen von Krupp, eiserne Schwellen von der Union in Dortmund, eiserne Brücken von der Union in Dortmund und der Guten Hoffnungshütte in Oberhausen, Lokomotiven von Hartmann in Chemnitz, Personen⸗ und Güterwagen von van der Zypen u. Charlier in Köln⸗Deutz, Achsen und Räder von Krupp. Die Firma F. Krupp in Essen hatte die Konzession zum Bahn⸗ bau durch den Ober⸗Ingenieur L. . Müller aus Frankfurt a. M. er— wirkt. Nur deutsches Kapital ist aufgewandt, und man kann dem kühnen Vorgehen der Direktion der Diskonto⸗Gesellschaft Berlin und der Norddeutschen Bank in Hamburg nur Anerkennung zollen und beiden Anstalten reiche Früchte ihrer langjährigen Arbeit wünschen. Die Oberleitung der ganzen Bahn liegt seit sechs Jahren, seit Beginn der Vorarbeiten, in den Händen des Königlichen 5 Karl Plock als Vorsitzenden der Direktion, dem in der Direktion als betriebstechnisches Mitglied Herr Th. Dieterich, als kaufmãnnisches Mitglied Herr L. Schiricke und die Ober⸗Ingenieure Gust. Knoop in Valencia uͤnd C. Isermeyer in La Victoria zur Seite stehen. Als Mitglied der Direftion war anderthalb Jahre lang auch der leider zu früh, verstorbene Königliche Eisenbahn Bauinspektor Paul Schachert thätig, welcher vor zwei Jahren den Anstrengungen und dem Klima erlag. Das preußische Ministerium der öffentlichen Arbeiten hat die Herten K. Plock und C. Isermeyer für die Durchführung des groß⸗ 1 w aus dem preußischen Staatseisenbahndienst eurlau

Land⸗ und Forfstwirthschaft.

Deutsche Landwirthschafts gesellschaft. Unter dem ö ern. Seiner Königlichen Hoheit des rinjen Heinrich fand heute Mittag im Kaiserhof hierselbst die auptversammlung der Deutschen Landwirthschaftsgesellschaft statt, der als Vertreter der Regierung der Minister fur Landwirthschaft ꝛc. von Heyden beiwohnte. Der Prin, Höchstwelcher von dem Direk

torium im vorderen Salon empfangen wurde, eröffnete die Verhand-

lungen mit folgender Ansprache: ; Laut. Beschluß der Deutschen Landwirthschaftsgesellschaft bin ich zu Ihrem Präfidenten bestellt worden; ich darf sagen, ich erachte n. ftr für einen durchaus ehrenvollen, und möchte nur hinzu⸗ gen, daß ich in dieser Stellung das meinige thun werde, um die Interessen und Bestrebungen dieser Gesellschaft zu fördern, so viel = meinen schwachen Kräften steht, denn es wird begreiflich sein, eine Materle bier berathen und beschlossen wird, welche mir nickt ganz fur jweiten. Nätur geworden ist, hierfür dürfte mein Beruf Bürgfchaft leisten. Jedoch eine jede Vereinigung, die

hoben Zielen zuftrebt, sieht gern noch zu einer höheren Stelle binauf. Ich meine, meine Herren, wir stehen am Ende des 19 Jahr hunderts unter einem Zeichen einem großen Zeichen, es ist das eichen Wilhelm II.. Stimmen Sie begeisterr mit mix in den uf ein: in guten und bösen Tagen, unser Allergnädigster Pro— tektor der Deutsche Kaiser Wilhelm JI. lebe hoch!

Nachdem die Versammlung dem entsprochen hatte, theilte der General Sekretãr Wölbling geschãftlich mit, daß während des Früh⸗ jahrskongresses der Gesellschast 28 Sitzungen stattgefunden haben. Es erfolgte sodann die Vorlegung des in unwesentlichen Punkten abgeänderten Grundgesetzes, das mit diesen Aenderungen ohne Debatte abgeändert wurde. Nach einer Pause, während der der Prinz die Vorstände der Ausschüsse durch Ansprachen auszeichnete, wurde in die . . aftliche Tagesordnung eingetreten. Ritterguts⸗ besitzer Vibrans Wendhausen erörterte in eingebendem Vortrag die Frage Welche Lehren giebt uns das trockne Jahr 1893 für die Sicherung der , . der Hausthiere?“ Er wies zunächst auf die Nothwendigkeit hin, mehr als bisher der

utterverschwendung entgegenzutreten durch bessere Ausnützung der chnitzel, der Rübenköpfe, der Melasse, der Milch und des Strohs. Redner trat dann der Frage näher, ob man alles gethan habe, um Mißernten zu vermeiden. Er glaubte rief Frage in⸗ sofern verneinen zu müssen, als die Kapillarkraft des Bodens zu wenig berüclsichtigt sei, und empfahl drin⸗ gend, tiefer zu pflügen und den Acker durch Hacke und Egge gehörig rauh zu halten. Die Frage, ob man die Folgen der Mißernten durch die verminderte Düngerproduktion ausgleichen könne, bejahte er in Hinweis auf den Anbau von Gründüngungspflanzen. Endlich empfahl er Ersparniß in der Spannviehhaltung durch ausgedehntere An⸗ wendung der Feldbahnen. Der zweite Punkt der wissen⸗ schaftlichen Tagesordnung betraf die Rindvieh und Schaf⸗ haltung in der Nordamerikanischen Union. Der Hauptreferent Prof. Dr. Werner, Rektor der Landwirthfchaftlichen Hochschule, richtete an Landwirthschaft und Regierung die Mahnung, gegenüber der drohenden Konkurrenz der Massenprodukte der amerikanischen Viehzucht ein offenes Auge zu haben. Schon jetzt werde dort viel Ackerland in Kleegrasweide umgewandelt, und wenn in einigen Jahrzehnten die jetzt mißliche Getreideproduktion aufgehört haben werde, werde um so empfindlicher die Fleischkonkurrenz auftreten. . Fischabfäãlle.

Neuerdings ist man der Verwerthung der Fischabfälle näher ge⸗ treten. Diese sollen unter Zusatz von Kalk zu künstlichem Dünger verarbeitet werden. Ein Gegstemünder Unternehmer plant die Er⸗ richtung einer entsprechenden Anlage, und ist die hierfür erforderliche 6 bereits ertheilt.

; Ent wässerung.

Der glänzende Erfolg., welchen die Dampsschöpfwerke im Re⸗ gierungsbezirk Stade, ganz besonders dasjenige des im Kreise Stade belegenen Neuland⸗Engelschoffer Verbandes, fur die Entwässerung des Landes und für die dadurch erreichte sichere Bewirthschaftung des Feldes erzielt haben, spornen andere bis jetzt lediglich auf die natür- liche Entwässerung angewiesene Verbände zur . an. So haben die Interessenten des Isenseer Schleusenverbandes im Kreise Neuhaus a. d. Oste den Beschluß gefaßt, ein Dampfschöpfwerk zu er⸗ bauen und die Vorarbeiten für dasselbe unverzüglich beginnen zu lassen. Auch die Interessenten des Altendorfer Schleusenverbandes in demselben Kreise lassen Vorarbeiten für einen Schleusenneubau und für ein Dampfschöͤpfwerk vornehmen, um nach dem Ergebnisse beurtheilen zu können, welcher der beiden Bauten den größten Vortheil für sie mit sich bringt. So mehrt sich von Jahr zu Jahr die Zahl der Verbände, welche sich durch Dampfschöpfwerke eine auch für die ungünstigsten Witterungsverhältnisse völlig ausreichende Abwässerung verschaffen, und es ist dadurch in erfreulicher Weise eine ganz wesentliche Ver⸗ besserung des e , der Landwirthschaft in den dortigen aus⸗ gedehnten Marschen theils schon entstanden, theils in der nächsten Zeit zu erwarten.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Griechenland. Die Quarantäne gegen Tripolis (Berberei) ist aufgehoben worden. (Vgl. „Reichs⸗Anzeiger· Nr. 307 vom 27. Dezember 1893.) Ebenso ist die Einstellung des Verkehrs über die griechisch⸗türkische Grenze wieder beseitigt worden.

Cholera.

Rußland. Vom 27. Januar bis 2. Februar (n. St.) wurden, den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts. zufolge, die nach⸗ stehend aufgeführten Erkrankungen und Todesfälle amtlich angezeigt: In Plock vom 14/1. bis 20. 1. 5 bzw. 1; in Warschau vom 7.1. bis 13.1. 1 bzw. —; desgl. in Warschau vom 14/1. bis 20 /1 11 bzw. 5; in Radom vom 7.1. bis 13.1. 50 bzw. 9; in Kowno vom 14/1 bis 20./1. 10 bzw. 7; in St. Petersburg Stadt vom 25.1. bis 31.1. 32 bzw. 19; in St. Petersburg (im Gouvern.) vom 14.1. bis 20/1. 29 bzw. 12.

Türkei. In Konstantin opel wurden nach demselben Blatt vom 16. bis 22. Januar 29 Erkrankungen (19 Sterbefälle) festgestellt, davon 19 (13) in Stambul. In Adrianopel verstarb vom 50. zum 31. Januar eine der früher erkrankten Personen. Die Zahl der in Trapezunt vom 18. Oktober bis 19. Dezember v. J. Erkrꝗnkten (und Gestorbenen) wird amtlich auf 470 (3908) beziffert. In der Um⸗ gegend von Mirange in der Landschaft Aleschkert (Vilajet Erzerum) wurden vom 20. 6. bis 4 Februar 76 Erkrankungen, darunter 26 mit tödtlichem Ausgang beobachtet.

Influenza.

Die Influenza verursachte in der Woche vom 4 bis 10. Februar den standesamtlichen Ausweisen zufolge in Berlin 8 Sterbefälle, in Breslau, Liegnitz je 3, Köln 7, München, Leipzig je 4, Zwickau 3, Braunschweig 5, Metz 4. Erkrankungen wurden angezeigt in Frankfurt a. O. 33, in den Regierungsbezirken Marienwerder 3, . 63, Düsseldorf 58, in der Stadt Nürnberg 12. Aus dem

uslande wurden für die Berichtswoche ö aus Paris 10 Sterbefälle, London 19, Amsterdam 4, Kopenhagen 6 (mit 236 Erkrankungen), Moskau 3, New⸗York 19. In Stockholm zählte man 43 Erkrankungen, darunter eine mit tödtlichem Ausgange.

Rio de Janeiro. Das gelbe Fieber nimmt, wie dein W. T. B.“ über 36 aus Rio de Janeiro berichtet wird, dort noch immer zu; die Zahl der Gestorbenen beläuft sich täglich auf an⸗ nähernd 100. Auch der Kapitän der österreichischen Korvette ‚Zriny“ ist daran gestorben.

Handel und Gewerbe.

In der Reichsbank fand heute Vormittag 10 Uhr die jährliche Plenarversammlung der in . Abrechnungs⸗ ern statt, welcher außer der Reichsbank die 21 größten hiesigen Bankhäuser als ., , Nach dem Vortrag des Vorsitzenden, Präsidenten der Reichsbank Dr. Koch,

aben die Umsätze in der Berliner wie in den rigen

brechnungsstellen, welchen als zehnte die in Elberfeld seit März 1895 hinzugetreten ist, einen erheblichen Aufschwung genommen. In Berlin sind eingeliefert 339 306 Posten im Betrage von ca. 4819 Millionen Mark, d. h. 29 009 n, n, 1 n, 2 7162 j, . mehr als 1892. Bei allen 19 Abrechnungsstellen sind abgerechnet 3 205546 Posten im Betrage von ca. 8 A3 Mill. Mark gegen 2 89 35 In I/ 1 n, 1 16 762 2 n im Jahre 1892, . also mehr 25711 Posten im Betrage von 1510 Mill. Mark.

. ist der höchste Betrag seit der ichtung der Abrechnungsstellen (1884 erreicht. Es ist dies um so erfreu⸗ licher, als die Umsätze im Londoner Clearing House im Jahre 1 um 71 Millionen Mark (31 / Millionen Pfund) gegen 1892 zurückgegangen sind.

Im Clearing House von New⸗York sind sogar beinahe 19 Milliarden Mark (4432 Millionen Dollars) im Jahre 1893 weniger umgesetzt als im Jahre zuvor.

Schließlich wurden die vier kaufmännischen Mitglieder des

Ausschusses einstimmig wiedergewählt.

Die belgische Regierung hat die Ein- und Durch⸗ fuhr von Rindern, Schafen, Ziegen und Schweinen aus Deutschland und dem Großherzogthum Luxremburg nach Belgien vom 21. d. M. an verboten. Ausgendmmen hier⸗ von ist die Durchfuhr von Schafen, welche ohne Umladung mit der Eisenbahn durch Belgien befördert werden, sowie die ebenfalls i, dem Eisenbahnwege und ohne Umladung erfol⸗ gende Einfuhr von Schafen über die Zollstelle Bleyberg nach Antwerpen, wobei vorausgesetzt ist, daß die Schweine in Ant⸗ werpen geschlachtet und von dort auf dem Seewege wieder ausgeführt werden.

Zwangs-Versteigerungen. . Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin stand am 21. Februar das Grundstück Badstr. 54 dem Kaufmann Max Weimann gehörig, zur Versteigerung. Nutzungswerth 21 00 t; für 5 von 322 006 M wurde der Kommerzien⸗Rath Th. Gil ka, Schützenstraße 9, Ersteher. Eingestellt wurde das Verfahren wegen des Da mm ülle r'schen Grundstücks, Jorkstr. 62. Im März d. J. sind beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin 46 Grundstäcke zur Versteigerung angesetzt und zwar 44 im Wege der Zwangsvollstreckung und 2 Theilung halber. Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin stehen nur 15 Grund⸗ stücke im Wege der Zwangsvollstreckung zur Versteigerung.

Verdingungen im Auslande.

. Spanien.

16. März. Gleichzeitig im Ministerium der Kolonien in Madrid und beim General Gouvernement in Manilg; Vergebung der Kon⸗ zession für den Bau der Eisenbahn von Manila nach Taal über Kalamba und Batangas. Kostenanschlag 3710 730, 10 Pesos. Kaution 66 739 Pesos, Länge 127 Rm 126 m. Das Gouvernement garantiert für das Unternehmen einen Gewinn von 80.

Niederlande.

27. Februar, 1 Uhr. Hoofdingenieurchef van het technisch beheer der Rykstelegraaf, Kasernestraat 3 im Haag. Lieferung von: Loos 1: eisernen Telegtaphenpfãhlen Modell Henley,

Loos 2: eisernen hakenförmigen Isolalorentragern (für eiserne Pfähle), Loos 3: Morse⸗Papierrollen. ö Bedingungen für 20 Cents erhältlich bei den Gebrüdern van Cleef, Buchhändler, im Haag, Hofspui 28 a. 27. Februar, 1 Uhr. 34. Abtheilung der Nordbrabantischen Maatschappy van landboum in Kruisland (Provinz Nord⸗ brabant): Lieferung von 56 500 kg Chile⸗Salpeter. Bedingungen erhältlich heim Sekretär der Gemeinde C. Loos. 12. März, 2 Uhr. Ministerie van Financien, Departement van Financien, im Haag: Lieferung von 120 Rieß Packpapier (Kardoeëspapier), 1000 kg blaues Packpapier (bordpapier), 900 kg weißes Packpapier

für 1894 und 1895.

Bedingungen und Muster täglich von Vormittags 11 Uhr bis Nachmittags 3 Uhr auf dem Materialien⸗Bureau (Valkenhuis) im Haag zur Einsicht. ö

Rumänien. IS. März. Kriegs⸗Ministerium in Bukarest: Lieferung von 9000 frischen Ochsenhäuten. Kaution 22 500 Fr. 1I. März, ebenda; Lieferung von 89 900 m Leinwand für Blousen. Kaution 20 960 Fr. Lastenheft und Muster sind einzusehen im vor⸗ erwähnten Kriegs⸗Ministerium täglich, mit Ausnahme der Feiertage, von 11 Uhr Morgens bis 5 Uhr Abends. 22. April. Ständigeg Comité zu Dolj: dieserung und Auf⸗ stellung eines eisernen Gitters im Werthe von 56 909 Fr. für den Justizpalast zu Crajova. Ferner Anbringung elektrischer Klingeln und Uhren daselbst. Voranschlag 6818 Fr. Näheres an Ort und Stelle. ;

. Egypten.

26. Februar. Kriegs⸗Ministerium in Kairo: Lieferung von 150 wollenen Lazarethdecken, 300 Säcken für Matratzen, 1200 m Tauwerk. Lastenheft 2c. einzusehen im Bureau des Finanz⸗Sekretärs des Kriegs⸗Ministeriums täglich von 9 Uhr Morgens bis 1 Uhr Nachmittags, mit Ausnahme Freitags und der Feiertage.

5. März. Verwaltung der Eisenbahnen in Katro: Lieferung von 200 Tonnen Portland⸗Zement.

Verkehrs⸗Anstalten.

Mit dem Bau der Nebeneisenbahn von Geestemünde nach Cuxhaven mit Abzweigung von Langen nach Bederkesa wird im kommenden Frühjahr bestimmt begonnen werden. Bis dahin dürften auch die speziellen Vorarbeiten für die Nebenbahn Geestemünde Bremervörde Stade so weit gefördert sein, daß die landes⸗ polizeiliche Prüfung des Entwurfs stattfinden kann.

Der Postdampfer „Schiedam“ der Niederländisch⸗ Amerikanischen Dampfschiffahrts - Gesellschaft ift am 20. Februar in New⸗JYJork angekommen.

Theater und Mnfik.

Berliner Theater.

Gestern Abend gelangte Henrik Ibsen's Schauspiel Nora“ mit Frau Auguste Prasch-Grepenberg als Darstellerin der Titelrolle zur Aufführung. Die wilden Wogen, die früher jede neue Bühnenarbeit Ibsen's bei ihrem ersten Erscheinen umstürmten, haben sich im Laufe der Zeit gelegt. Der Streit der Meinungen hat an Heftigkeit verloren und das Urtheil ist freier und unbefangener geworden. Bühnenwirksam erweist sich „Nora“ noch immer, aber nachdem das Publikum mit den technischen und charakteristischen Vorzügen von Ibsen's dichterischer Eigenart vertraut geworden ist und das Neue und Phantastische, die starke Realistik in der Lebenz⸗ schilderung und die feinsinnige Zergliederung der Seelenvorgänge wie etwas Altes und Bekanntes erscheinen, treten auch die Schwächen seiner Arbeiten mehr in den Vordergrund. Der Aufbau der Hand⸗ lung ist in Nora“ tadellos, die Klärung der Situation durch einige hingeworfene Worte und Ausrufe meisterlich, die ö und realistische Wiedergabe der intimsten und einfachsten Lebensvor⸗ g. von ebenso außerordentlicher Schärfe und Klarheit wie die Zeichnung der verschiedenen charakteristischen Empfindungen und Leiden⸗ schaften. Aber die beiden im Mittelpunkte der Handlung stehenden Personen muthen fremdartiger an, als anfangs. Der Advokat Helmers des letzten Aktes erscheint den ersten Akten gegenüber, in denen er sein eib und die Arbeit liebt und die Lüge haßt, wie ein ganz anderer Mann, wenn er auch, vom Champagner lühend, vom Maskenball kommen soll. Die gedankenlose, r elde Nora verwandelt sich mit unglaublicher Schnelligkeit in ein ernstes Weib, voll schwerer Gedanken und heldenhafter Kra der Handlung. Diesen jäben Wechsel konnte auch Frau Prasch= Grevenberg gestern Abend nicht klären und näher bringen,