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S 1462 Abs. 2 dahin abgeändert, daß der Antrag ah e; 4
Unzulässigkeit der Erhebung einer Scheidungs⸗ klage durch den gesetzlichen Vertreter eines geschäfts⸗ unfähigen Ehegatten sollen in die Zivilprozeßordnung ver⸗ wiesen werden. Der S 1452, wonach die Ehe mit der Rechtskraft des Scheidungsurtheils aufgelöst wird, wurde nicht beanstandet. Keine Folge wurde dem Antrage gegeben, als § 14522 die Vorschrift hinzuzufügen, daß, wenn die Ehe geschieden wird, die Verpflichtung des Mannes zur Herausgabe des eingebrachten Guts der ö und im Falle des Bestehens einer Gütergemeinschaft die Verpflichtung zur Herausgabe des Gesammtguts in gleicher Weise sich bestimmt, wie wenn der Anspruch auf die Heraus— gabe mit der Erhebung der Scheidungsklage rechtshängig ge— worden wäre. ⸗
Der Entwurf hat mit der Scheidung besondere vermögens⸗ rechtliche Nachtheile für den schuldigen Theil zu Gunsten des unschuldigen Theils, sogenannte Ehescheidungsstrafen, grundlaß ich nicht verbunden. Nach dem S 1455 hat 2
er unschuldige Ehegatte das Recht, die von ihm dem schuldigen Ehegatten während des Brautstandes oder während der Ehe gemachten k zu widerrufen. Außerdem ge⸗ währt der S 1454 dem unschuldigen Ehegatten gegen den schuldigen Ehegatten einen subsidiären Anspruch auf Gewährung des Unterhalts. Der grundsätz— liche Standpunkt des Entwurfs sowie die Vorschriften des §z 1453 über den Widerruf der Schenkungen wurden nicht beanstandet. Anlangend den Unterhaltsanspruch des unschul⸗ digen Ehegatten, verständigte man sich mit Rücksicht darauf, 4 dieser Anspruch von dem Entwurf im Anschluß an die Vorschriften über den Unterhaltsanspruch der Verwandten 85 1480 ff.) geregelt worden ist, dahin, die Berathung des sz 1454 bis zur Erledigung dieser Vorschriften auszusetzen. Nach dem Entwurf erfolgt im Falle der Scheidung die Ver⸗ , . unter den Ehegatten in Gemäßheit der allgemeinen, für die Aufhebung des be⸗ treffenden Güterstandes geltenden Vorschriften. Insbesondere wird, wenn allgemeine oder partikulare Gütergemeinschaft be⸗ stand, das Gesammtgut unter die Ehegatten zu gleichen Theilen vertheilt (8 1577 Abs. 2, 8 1429 Abs. 1, 8 1431 Abf. I). Demgegenüber wurde ein Antrag gestellt, welcher für den Fall, daß zwischen den Ehegatten allgemeine Gütergemeinschaft oder Gemeinschaft des beweglichen Vermögens und der Errungenschaft besteht, eine abweichende Regelung bezweckt. Der unschuldige Ehegatte soll danach das Recht haben, zu verlangen, daß ihm bei der Auseinander— setzung des Gesammtguts der Werth desjenigen, was er mehr als der schuldige Ehegatte in die Gütergemeinschaft eingebracht hat, als Voraus zugetheilt werde, sofern der Werth des Ge— sammtguts zur Zeit der Auseinandersetzung den Werth des von beiden Ehegatten Eingebrachten erreicht; bleibt dagegen der Werth des Gesammtguts hinter dem Werth des von beiden Ehegatten Eingebrachten zurück, so soll auf Verlangen des unschuldigen Ehegatten die Theilung des Gesammtguts in der Art erfolgen, daß jedem Ehegatten der Werth des von ihm Eingebrachten nach Abzug der Hälfte des Fehlbetrags zurückerstattet wird. Nach einer eingehenden Erörterung entschied sich die Mehrheit für die Annahme des Antrags. Weiter wurde beschlossen, daß das gleiche Recht auch dem Ehegatten zustehen soll, dessen Geisteskrankheit zur Scheidung der Ehe geführt hat.
Zu der Vorschrift des 5 1455, wonach die geschiedene Frau den Familiennamen des Mannes behält, wurde der Zusatz beschlossen, daß, wenn die Frau nicht allein der schuldige Theil ist, sie berechtigt sein soll, durch eine der uständigen Behörde gegenüber abzugebende Erklärung ihren . Familiennamen wieder anzunehmen; daß andererseits, wenn sie allein der schuldige Theil ist, sie durch einen ihr und der zuständigen Behörde gegenüber zu erklärenden Widerspruch des Mannes gegen die Fortführung seines Namens diesen Namen verliert und ihren früheren Familiennamen zurückerhält.
Die S§ 1456 bis 1458 regeln den Einfluß der Schei—⸗ dung auf das RechtsLverhähltniß zwischen den Eltern und den Kindern. Die Vorschriften des S 1456 über das Recht und die Pflicht der Sorge für die Person der Kinder, sowie die Vorschriften des 5 1457 über den persönlichen Ver— kehr der Eltern mit den Kindern gelangten sachlich nach dem Entwurf zur Annahme. Die Regelung der elterlichen Ge— walt im Falle der Scheidung der Ehe wegen Geisteskrankheit eines Ehegatten blieb späterer Berathung vorbehalten. Der S§z 1458, wonach die Frau aus ihren Einkünften dem Manne zu den Kosten des Unterhalts der Kinder einen angemessenen Beitrag zu leisten hat, wenn dem Manne die elterliche Nutz— nießung an dem Vermögen der Kinder nicht zusteht, wurde dahin abgeändert, daß die Frau zur Leistung des Beitrags verpflichtet sein soll, soweit nicht die Kosten durch die dem Manne zustehende Nutznießung an dem Kindesvermögen gedeckt werden. Außerdem erhielt der 8 1458 den Zusatz, daß, wenn der Frau das Recht der Sorge für die Person der Kinder zusteht, sie den von ihr zu leistenden Beitrag zur eigenen Ver— wendung für den Unterhalt der Kinder zurückbehalten darf, sofern das Verhalten des Mannes eine erhebliche Gefährdung dieses Unterhalts besorgen läßt.
Die 85 1459 bis 1461, welche die Wirkungen der zeitweiligen Trennung von Tisch und Bett regeln, wurden gestrichen, da sie infolge der zu den 8§ 1444, 1445 beschlossenen Beseitigung des Instituts der zeitweiligen Trennung von Tisch und Bett gegenstandslos geworden waren. Soweit sie jedoch die gegenseitige Unterhaltspflicht der von Tisch und Bett getrennten Ehegatten regeln (58 1460 Abs. 2 bis 4), sollen sie in den früher beschlossenen 5 12812 übernommen werden, der für den Fall, wenn die Ehegatten getrennt leben und der unterhaltsberechtigte Ehegatte die ,. der häuslichen Gemeinschaft verweigern kann, die Vorschriften des § 1460 für anwendbar erklärt. Der § 1462, wonach auf Antrag des einen oder anderen Ehegatten für die Dauer des Scheidungs⸗ prozesses das Rechtsverhältniß der . zu einander und zu den Kindern durch einstweilige Verfügung geordnet werden kann, wurde sachlich mit der Abweichung an— genommen, daß, wenn durch einstweilige Verfügung das Getrenntleben der Ehegatten gestattet ist, für die gegen— seitige Unterhaltspflicht derselben die in 8 1460 Abs. 2 bis 4 vorgesehenen Bestimmungen gelten sollen. Ferner wurde der
laß der einstweiligen Verfügung schon vor dem im
bezeichneten Zeitpunkte zulässig sein soll, die Anordnung derselben aber erst dann erfolgen darf, wenn die im Abs. 2 bestimmten we e ngen vorliegen. Ein⸗ vernehmen bestand, die Vorschriften des § 1462 in die Zivilprozeßordnung zu verweisen, ebenso den § 1463,
fügung dem Vormundschaftsgericht unverzüglich Mittheilung zu machen hat, sofern ein zr ns re, minderjaͤhriges Kind der . vorhanden ist.
Die S8 1464, 1465 regeln die Auflösung der Ehe in⸗ folge Todeserklärung. Nach dem § 1464 wird, wenn einer der Ehegatten für todt erklärt ist und der andere Ehe⸗ gatte sich wieder verheirathet, während der für todt erklärte Ehegatte noch am Leben ist, die zwischen ihnen bestehende Ehe mit der Eingehung der neuen Ehe aufgelöst — es sei denn, daß der Ehegatte, welcher sich wieder verheirathet, bei der Eheschließung wußte, daß der für todt erklärte Ehegatte damals noch am Leben war. Demgegenüber war von einer Seite beantragt, unter Streichung des 9 1464 der früher beschlossenen Vorschrift, wonach eine Ehe nichtig ist, wenn einer der Ehegatten zur Iiir der Eheschließung mit einem Dritten in einer gültigen Ehe lebte, den Satz beizufügen, daß, falls der Dritte zur Zeit der Eheschließung für todt erklärt war, die neue Ehe gültig werden soll, wenn die frühere Ehe vor der Erhebung der Nichtig⸗ keitsklage aufgelöst wird. Von anderer Seite wurde dagegen be— fürwortet, an dem Grundsatze des Entwurfs, daß die frühere Ehe durch die Eingehung der neuen Ehe aufgelöst wird, festzuhalten; für den Fall aber, wenn der für todt erklärte Ehegatte noch am Leben ist, jedem der neuen Ehegatten das Recht zu geben, inner⸗ halb einer näher bestimmten Frist auf Scheidung der neuen Ehe zu klagen, sofern er nicht bei der Schließung derselben wußte, daß der für todt erklärte Ehegatte noch am Deben war. Ein dritter Antrag ging dahin, jedem der neuen Ehegatten statt des Rechts, auf Scheidung zu klagen, das Recht zu geben, unter den in dem zweiten Antrage be⸗ zeichneten Voraussetzungen die neue Ehe als ungültig anzufechten. Nach einer eingehenden . fand der dritte Antrag die , der ehrheit mit dem Zusatz, daß die Anfechtung der neue Ehe aus— geschlossen sein son, wenn diese durch den Tod des zweiten Ehegatten aufgelöst wird, bevor die Anfechtung erfolgt ist. Weiter wurde beschlossen, daß die Anfechtung innerhalb der Frist von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt erfolgen muß, in welchem der die Ehe anfechtende Ehegatte erfahren hat, daß der für todt erklärte Ehegatte noch am Leben ist. Im übrigen wurde zu Sz 1464 eine Aenderung noch insofern beschlossen, als der Umstand, daß der fuͤr todt erklärte Ehegatte noch lebte, die neue Ehe nur dann nichtig machen soll, wenn die beiden Ehegatten der neuen Ehe bei der Eheschließung wußten, daß der für todt erklärte Ehegatte die Todeserklärung überlebt habe. Gegen den sachlichen Inhalt des § 1465, welcher für den Fall, daß die Ehe mit dem für todt erklärten Ehegatten nach 5 1464 aufgelöst, dieser Ehegatte aber noch am Leben ist, das Recht und die Pflicht der Eltern, für die Person der gemein— schaftlichen Kinder zu sorgen, im Anschluß an die Vor⸗ schriften der 88 1456, 1457 regelt, erhob sich kein Widerspruch.
In Erledigung des früheren Vorbehalts wurde schließlich zur endgültigen Abstimmung über die Aufnahme der von der Auflösung der Ehe handelnden Vorschriften (88 1440 bis 1465) in das Gesetzbuch geschritten. Hierbei entschied sich die Mehrheit für die Aufnahme dieser Vorschriften nach Maßgabe der gefaßten Beschlüsse.
Die Berathung wandte sich sodann den Bestimmungen über die eheliche Abstammung (88 1466 bis 1479) zu. Der Grundsatz des § 1466, daß auch dasjenige Kind ein eheliches ist, welches die Ehefrau vor der Eheschließung von dem Ehemann empfangen und nach der Ehe⸗ schließung geboren hat, wurde von keiner Seite bean— standet. Eine ausführliche Erörterung knüpfte sich dagegen an die Vorschriften des 5 1467 über die Empfän 3 des Kindes. Insbesondere erfuhren die bezüglichen Vorschriften insoweit lebhafte Anfechtung, als sie jeden Gegenbeweis aus der Beschaffenheit des Kindes ausschließen. Die Berathung wurde nicht zu Ende geführt.
Die vom Finanz⸗Minister am 26. Dezember 1893 erlassene technische Anleitung für die erstmalige Schätzung des Werths der Grundstücke behufs Veranlagung zur Ergänzungssteuer ist nebst Erläuterungen zu den An— lagen 4 und 5 in Carl Heymann's Verlag in Berlin er— schienen.
Einige Zeitungen haben in den letzten Tagen die Nach⸗ richt verbreitet, es sei am 8. Februar der Fesselballon der militärischen Luftschiffer-Abtheilung in Köln infolge Zerreißens des Taues entflohen, und man habe noch drei Tage nachher nicht gewußt, was aus den In ehen des Beobachtungskorbes geworden sei.
Diese Nachricht ist irrig. Die Fahrt des Ballons der Luftschiffer-⸗Abtheilung in Köln am 8. Februar war — als Abschluß der Winteruͤbungen — von dem leitenden Vorgesetzten von vornherein als Freifahrt angeordnet. Der Ballon ist an demselben Tage ohne Unfall bei dem Dorfe Rothe im Kreise Höxter gelandet, und gleichfalls an demselben Tage traten seine Infassen mit der Eisenbahn die Rückreise nach Köln an.
Gegenüber vereinzelten, in der Presse verbreiteten Ge⸗ rüchten über das Ausbleiben des Schulschiffs „Stosch“ an einer bestimmten Station wird dem „W. T. B.“ von dem Ober⸗Kommando der Marine mitgetheilt, daß die diesen Ge⸗ rüchten zu Grunde liegenden Annahmen vollständig unrichtig sind. Das Schulschiff „Stosch“ hat am 8. Februar Havanna verlassen und soll nach dem dem Schiff mitgegebenen Reiseplan am 7. März auf den Azoren eintreffen.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator der freien Hansestadt Bremen Dr. Marcus ist hier angekommen.
Kiel, 25. Februar. Seine Majestät der Kaiser . für die Hinterbliebenen der auf der „Brandenburg“
erunglückten 3000 S6 überwiesen. Infolge des Aufrufs Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Irene sind bereits über 15 9000 S eingegangen. Das Reichs⸗Marineamt hat sofort nach der Katastrophe den Wittwen der verunglückten
,. das Prozeßgericht von dem rechtskräftigen Scheidungs⸗ urtheil oder einer nach § 1462 erlassenen einstweiligen Ver⸗
Werftangehörigen reichliche Unterstützungsbeiträge gewährt, . eine augenblickliche Nothlage nicht besteht. ;
Bayern.
Das Referat des Reichsraths Dr. Buhl an den zweiten und dritten Ausschuß über die wirthschaftlichen k anträge des Abg. Dr. Ratzin ger empfiehlt, an die König⸗ liche Staatsregierung die Bitte zu richten, im Bundesrath dahin zu wirken, daß das Alters- und Invaliditäts⸗ Versicherungsgesetz insbesondere in denn auf. Ausdehnung der Versicherung sowie auf Aufbringung der Beiträge einer Ver besserung entgegengeführt werde. Ein Antrag, betreffend die Ver⸗ sicherungsorganisation, bleibe vorbehalten. Dr. Buhl empfiehlt u. a. auch Marken, z. B. für einen Monat, auszugeben zur Erleichterung speziell der Landleute, sowie er die Beschwerde der Versicherten erwähnt, daß sie die Kosten des ärztlichen . bestreiten müßten. Bayern habe übrigens nur 4 Proz. Verwaltungskosten gegen 5i⸗ Proz. im Reich. 936 die dem lan d⸗ und n r , ,,. Unfall⸗ ersicherungsgesetz unterstellten Personen möge der Bundes⸗ rath den Kreis entschädigungspflichtiger Unfälle entsprechend erweitern und die entstehenden Mehrkosten durch Wegfall der a n n nn für die kleinsten Unfälle wenigstens theilweise ausgleichen. Graf zu Ortenburg⸗Tambach, Mitglied der Kammer der Reichsräthe, ist, wie ‚W. T. B.“ meldet, gestorben.
Sachsen.
Der Finanz-Ausschuß der Zweiten Kammer hat einstimmig beantragt, der Regierung 30 000. 6 erlich zur Verstärkung der Gendarmerie zu uͤberweisen, damit der elästigung einer friedlichen Bevölkerung durch sozialistische Rotten in den Vororten von Dresden und anderwärts mit allen zulässigen Mitteln entgegengetreten werden könne.
Baden.
Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin hat, wie die „Karlsr. Ztg.“ meldet, im Laufe der vergangenen Woche ihre ersten Ausfahrten unternommen, worauf dann Spaziergänge folgten, die für die Gesundheit sehr vortheilhaft waren. Die allgemeine Kräftigung hat dem entsprechend gute Fortschritte gemacht. Die Nachrichten über das Befinden Ihrer König— lichen Hoheit der Kronprinzessin von Schweden und Norwegen lauten seit einigen Tagen auch günstiger. Wieder— holte Ausfahrten haben einen sehr kräftigenden Einfluß auf das Gesammtbefinden ausgeübt.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.
Seine Königliche Hoheit der Herzog von Sachsen— Coburg und Gotha und Ihre Kaiserliche Hoheit die Herzogin sind vorgestern von Weimar nach Gotha zurück— gekehrt. .
Oldenburg.
(H) Ihre Königlichen eh et der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin sowie Ihre Hoheit die Herzogin Sophie Charlotte sind am 24. d. M. von Schloß Panker nach Oldenburg zurückgekehrt. Höchstdieselben fuhren in offenem Wagen vom Bahnhof zum Schloß. Viele Gebäude hatten geflaggt; die Freude der Oldenburger über die Rückkehr der Erbgroßherzogin ist eine allgemeine und tief empfundene.
Lübeck.
Seine Majestät der Kaiser hat, wie „W. T. B.“ meldet, an den Bürgermeister Dr. Kulkenkamp anläßlich dessen 25 jährigen Wirkens als Mitglied des Senats der Freien und ,,, Lübeck folgendes Telegramm gerichtet:
Wie Ich erfahre, ist es Ihnen vergönnt, die 265 jährige Wieder— kehr des Tages zu feiern, an welchem Sie zum Senator der Freien und Hansastadt Lübeck durch das Vertrauen Ihrer Mitbürger berufen worden sind. Es gereicht Mir zur Freude, Ihnen Meinen aufrichtigen Glückwunsch auszusprechen und hiermit die Hoffnung zu verbinden, daß es Ihnen noch lange vergönnt sein möge, zum Wohle Ihrer alt— ehrwürdigen glorreichen Vaterstadt zu wirken. Wilhelm. I. R.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser wird sich, wie „W. T. B.“ meldet, am 27. d. M., Morgens 5 Uhr, nach Wels zum Besuche der Erz herzogin Marie Valerie begeben und Mittags von dort nach Mentone weiterreisen, wo die Ankunft am 1. März Morgens erfolgen wird. Der Kaiser reist inkognito unter dem Namen eines Grafen Hohenembs und mit kleinem Gefolge. Das am Sonnabend Mittag über das Befinden der Erzherzogin Maria Immaculata . Bulletin lautet:! Die Temperatur beträgt 38,1, das Allgemeinbefinden ist zufriedenstellend, die Umgebung der Wunde befriedigend, der Rothlauf ist mäßig weitergeschritten. ; Der serbische Minister-Präsident Simi ist vorgestern zu acht- bis zehntägigem Aufenthalt in Wien eingetroffen. Im Budgetausschuß des Abgeordnetenhauses sprach der Finanz-Minister Dr. von Plener die Hoffnung aus, daß in der kommenden Herbstsession die Plenarberathung der Steuerreform beginnen und durchgeführt werden werde; deshalb werde der Steuerausschuß nach Ostern sich in Per⸗ manenz erklären und die Vorlage voraussichtlich bis Juni oder Juli erledigen. Die Regierung lege einen besonderen Werth darauf, die Plenarberathung nicht noch üher eine weitere Wintersession hinauszuschieben; aus diesem Grunde halte er es nicht für angezeigt, jetzt mit einer Novelle wegen Herab— sckung der Erwerbsteuer hervorzutreten. ö er Erste Bürgermeister von Wien Dr. Prix ist gestern Nachmittag in Rekawinkel, einer Station der Westbahn, infolge eines Schlaganfalls gestorben.
Groszbritannien und Irland.
Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich hat, wie
„W. T. B.“ berichtet, am Sonnabend Nachmittag Schloß
Windsor verlassen, um dem Prinzen von Wales in Sandringham einen Besuch abzustatten.
Frankreich.
Der Ministerrath hat dem W. T. B.“ zufolge be⸗ schlossen, einen Kredit von einer Million zu verlangen um 6 Garnisonen in Diego Suarez e,, und Réunion zu verstärken. Gleichzeitig beschloß der Minister⸗ rath, eine Gesetzesvorlage über die Herstellung von Dynamit einzubringen, wodurch die Strafen für Ueber⸗ tretungen des jetzigen Gesetzes verschärft werden.
In den Departements ber Vogefen und der Au de haben gestern zwei Senatorenwahlen stattgefunden. Der repn⸗ blikanische Deputirte Ponlevoy wurde zum Senator im
Departement der Vogesen, der republikanische Deputirte Mir im Departement Aude gewählt. Beide Departements waren früher gleichfalls durch Republikaner vertreten. Bei der Wahl Mir's kam es in Carcasonne zu Ruhestörungen, die indessen von der Gendarmerie bald unterdruͤckt wurden.
In der vorgestrigen Sitzung der Deputirtenkammer interpellierte der Sozialist Jourde die Regierung wegen der Ma⸗ növer auswärtiger Spekulanten und forderte den Finanz⸗Minister auf, Maßnahmen zu treffen, um den französischen Markt vor auswärtigen Spekulanten zu schützen. Der Finanz⸗Minister Burdeau erwiderte, die Frage sei heikel; Spekulationen hätten wirklich in Italienern statkgefunden und die französischen Inhaber . Papiere führen fort, sich dieser Werthe zu ent— äußern; es sei unmöglich, eine Meinung hinsichtlich der Spe— kulationen auszusprechen, die während der offiziellen Börsen⸗ zeit stattfänden. Das Gesetz von 1893 über die Börsengeschäfte werde nur auf die Kulisse angewendet; sobald die Wechsel⸗ agenten sich an die Gerichte wendeten, würden diese sich dar—⸗ . aussprechen. Der Zwischenfall war damit erledigt.
Bei einem Festmahl, welches Senatswähler in Saint Mands zu Ehren Floquet's veranstaltet hatten, sprach sich dieser gegen die neue, zwischen den Republikanern und Monarchisten stehende Partei der Ralliirten“ aus. Er bezeichnete diese Partei als gefährlich für den republikanischen Fortschritt. Die Radikalen müßten sie bekämpfen und die verlangten Reformen herbeiführen, besonders dis von Cavaignac geforderte progressive Steuer. Alle Re— publikaner sollten einig bleiben.
Bei den gestern in Paris vorgenommenen Gemeinde—⸗ rathswahlen wurden fünf Sozialisten und ein gemäßigter Republikaner zu Gemeinderäthen gewählt.
In Paris wurden vorgestern bei fünf, gestern bei vier Anarchisten Haus such ungen gehalten, wobei Schriftstücke und Broschüren beschlagnahmt wurden. Am Sonnabend wurden drei, am Sonntag zwei Anarchisten verhaftet. In der Rue St. Denis fand gestern Abend eine Explosion statt. Es ist bisher nicht festgestellt, ob es sich um ein Ver— brechen oder einen Unfall gehandelt hat. Ein Individuum Namens Couchon wurde verhaftet, leugnete aber, der Anstifter der Explosion zu sein und wurde vorläufig in Freiheit gesetzt. — In Lyon explodierte am Sonnabend Abend im K Guillotiöre an der Thür eines Ladens eine Bombe, ohne wesentlichen Schaden anzurichten. Eine zweite Bombe wurde nach Mitternacht in dem Hofe eines Privathauses gefunden. Die brennende Zündschnur wurde von einem Vor— übergehenden ausgelöscht.
Rußland.
Das gestern Abend über das Befinden des Ministers des Auswärtigen von Giers ausgegebene Bulletin lautet dem . fol he Die Herzthätigkeit ist befriedigend, Puls 76, das Lungenoedem bedeutend vermindert, das Asthma hat aufgehört, die Kräfte nehmen zu, der Appetit ist gut, Schlaf vorhanden.
Italien.
In der vorgestrigen Sitzung der Deputirtenkammer begründete nach einer Meldung des „W. T. B.“ zunächst der Deputirte Bo najuta seine Interpellation über die Verhaftung des Deputirten de Felice Giuffrida. Darauf begründete Imbriani seine Interpellationen über diese Verhaftung, über die Proklamierung des Belagerungszustandes und uͤber das Vorgehen der Militärgerichte. Im Laufe seiner Rede be— schuldigte er die Regierung, mehr als 15 Verfassungsartikel ver⸗ letzt zu haben. In seiner Erwiderung hob der Minister⸗Präsident Crispi hervor, außerhalb der gegenwärtigen Institutionen gebe es nur Anarchie oder Despotismus; daher sei es noth⸗ wendig, diese Institutionen zu vertheidigen und zu respektieren. Der Deputirte Altobelli begründete sodann eine Inter— pellation über die Gesetzmäßigkeit der Institution der Kriegs— gerichte auf Sizilien und in Massa⸗Carrara. Darauf wurde die Berathung auf Montag vertagt.
Die „Agenzia Stefani“ bezeichnet das Gerücht von dem beabsichtigten Rücktritt des Finanz⸗Ministers Sonnino als völlig unbegründet.
Schweiz.
Ein gestern in Olten abgehaltener demokratisch⸗frei⸗ sinniger Parteitag, von 315 Delegierten aus allen Landes—⸗ gegenden besucht, hat, wie ‚W. T. B.“ berichtet, eine neue Parteiorganisation einzuführen beschlossen und eine Initiative für das Recht auf Arbeit, die Unentgeltlichkeit der Kranken— pflege sowie das Tabackmonopol und die Vertheilung eines Theils der Zolleinnahmen unter die Kantone abgelehnt. Durch andere Resolutionen wurden die Versicherung der Arbeitslosen und die Subvention der Volksschule durch den Bund befür— wortet. Sämmtliche Beschlüsse wurden nahezu einstimmig angenommen.
Luxemburg.
Der Großherzog hat, wie, W. T. B. erfährt, das Ent⸗ lassungsgesuch des . 8 fr enn, angenommen und den Bierbrauereibesitzer Mousel zum Bürgermeister, den Hotelbesitzer Herriges und den Kaufmann Element zu Schöffen ernannt. Servgis hatte aus Gesundheitsrücksichten den Posten als Bürgermeister abgelehnt.
Belgien.
Nachdem die Kammer am Donnerstag den Etat des Aus wärtigen Amts genehmigt hatte, begann sie am Frei⸗ tag mit der Berathung des Militärbudgets. Bei dieser Gelegenheit setzte General Brialmont seinen Plan einer Heeres organisation auseinander, Er bekämpfte die jetzige
rganisation und erklärte sie als ungenügend, um die Neu⸗ tralität des Landes zu vertheidigen.
Rumänien.
Der Senat hat am Sonnabend mit 53 gegen 10 Stimmen den Handelsvertrag mit Oesterreich-Ungarn an⸗ genommen.
Montenegro.
Nachdem aller Verkehr an der albanesisch-monte⸗ negrinischen Grenze gesperrt ist, hat sich, wie die Wiener Presse“ anführt, die Regierung von Montenegro an die Pforte mit dem Ersuchen um Aufklärung gewendet, , sie gleichzeitig gegen diese Absperrung Verwahrung „Der „Pol. Corr.“ wird aus Cetinje berichtet. daß Emm lich herzegowinische Flüchtlinge, die seit Jahren n i mn, weilten und ein lar er ssc Dasein fristeten,
beschlossen hätten, nach Serbien auszuwandern. Sie beab:
2. —
sichtigten, das k anfangs April zu verlassen und sollten, wie es heiße, von der serbischen Regierung im . Lesch⸗ . werden. Nach einer Meldung des, W. T. B.“ aus Belgrad hätte der Fürst von Montenegro neun Führer dieser Flüchtlinge wegen Hochverraths verhaften lassen, und sie wären zu langeren Kerkerstrafen verurtheilt worden.
Amerika.
Dem „New⸗Hork Herald“ wird über Montevideo aus Santos gemeldet, daß die Aufständischen sich in den nächsten Tagen in Besitz der Stadt setzen dürften. Es herrsche große Aufregung, die Straßen der Stadt seien mit Soldaten an⸗ gefüllt. Die Aufständischen hätten die Regierungstruppen am 21. d. M. bei Foxima geschlagen; die National⸗ polizei habe sich den Aufständischen angeschlossen.
. Afrika. ;
Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Bathurst an der Westküste von Afrika: Eine am Gambia stationierte kleine Abtheilung westindischer Truppen mit Marinesoldaten von den Kanonenbooten „Raleigh“ und Widgeon“ habe den Sklavenhandel treibenden Häuptling Fodi Silah an⸗ gegriffen. Die Engländer hätten dabei eine Nieder⸗ lage erlitten. Drei Marineoffiziere und zehn Soldaten seien getödtet, etwa 40 Mann verwundet worden. (Auf diese Niederlage bezog sich wohl die in der vorgestrigen Nummer d. Bl. mitgetheilte Nachricht, daß ein Offizier und ein Mitglied der Besatzung des „Widgeon“ gerettet seien.). Aus Bathurst, von gestern, wird dem genannten Bureau weiter gemeldet, daß die Expedition aus 220 Marinesoldaten be⸗ standen habe, bei denen sich keine westindischen Truppen be— funden hätten. Die Expedition sei aus einem Hinterhalt überfallen worden, 13 Mann seien gefallen, 54 verwundet worden; eine Kanone und eine große Menge Munition seien verloren gegangen. Die Landung von Streitkräften des Avisoboots „Alecto“ sei durch das heftige Feuer der Ein⸗ kö vereitelt worden. Die Expedition beabsichtige, sobald
ie erwartete Verstärkung von 300 Mann westindischer Truppen
eingetroffen sein werde, die Offensive wieder aufzunehmen. — Die Admira lität empfing eine Depesche vom Contre⸗Admiral Bedford, Befehlshaber des englischen Geschwaders in den afrikanischen Gewässern, welche die Nieder⸗ lage der gegen Fodi Silah entsandten britischen Expedition bestätigt. Die Expedition sei nach ihrer Landung auf ernsten Widerstand gestoßen. Die Lastträger seien desertiert, wodurch die Reservemunition ver⸗ loren gegangen sei. Zwei verschanzte Dörfer seien erstürmt worden. Waͤhrend der Rückkehr nach den Booten am 23. Fe⸗ bruar seien die englischen Truppen von allen Seiten angegriffen worden. Drei Offiziere und zehn Mann seien getödtet, vier Offiziere und vierzig Mann verwundet worden.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Schlußbericht über die Sonnabendsitzung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen 57. Sitzung des Reichstags, welcher der Reichskanzler Graf von Caprivi, die Staatssekretäre Dr. von Boetticher, Freiherr von Marschall und Dr. Graf von Posadowsky, der Königlich preußische Justiz— Minister Dr. von Schelling, der Königlich preußische Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Bexrlepsch, der Königlich preußische Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten von Heyden und der Königlich preußische Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen beiwohnten, stand auf der Tagesordnung die erste Lesung des Handels- und ö zwischen dem Reich und Ruß— land.
Abg. Graf Mirbach (dkons. : Bei Gelegenheit des Handels⸗ vertrags mit Rumänien wies ich darauf hin, daß wir im Januar oder etwas später in die Verhandlungen einer Vorlage eintreten würden, die von unendlich viel größerer Bedeutung sein würde; diese Voraussage ist eingetroffen. Der russische Handelsvertrag nimmt in der Handelsvertragspolitik den breitesten Raum ein. Der berufenste Vertreter der verbündeten Regierungen, der Staats⸗ sekretär Freiherr von Marschall, hat zweimal mit großem Nach⸗ druck darauf hingewiesen, daß die Zustimmung zum Vertrage mit Rumänien nicht die Zustimmung zum russischen Vertrage bedinge. Er hat gesagt: diese beiden Dinge müßten selbständig behandelt werden. Ich bin ihm dafür sehr dankbar. Zwischen unserer Stellungnahme und den Personen der Regierung be— steht kein Zusammenhang. Wir vermeiden es, in die Prärogative der Krone einzugreifen; das überlassen wir andern Parteien. (Zuruf des Abg. Rickert: Herr von Ploetz) Der Abg. von Ploetz steht nicht an so verantwortlicher Stelle, wie ich hier. Sie können mir auch Herrn von Wangenheim nennen; der ist niemals Mitglied unserer Fraktion gewesen. Wir stehen in einem scharfen Gegensatz zur wirthschaftlichen Politik des Reichs, und die geistigen Waffen, mit denen gekämpft wird, sind recht ungleich. Die Grenzen, welche uns gezogen sind gegenüber Männern, welche auf Befehl Seiner Majestät hier stehen, sind sehr eng. Wir müssen uns nach der Tradition unserer Partei einer groe, Zurückhaltung ö. Ich meinerseits werde nicht diese Linie überschreiten. Ich werde ohne Vor⸗ eingenommenheit einen Rückblick werfen auf die Dinge, welche vorliegen. Die verbündeten Regierungen können allerdings nicht ganz ohne Bedenken der Abstimmung entgegensehen, wenn sie die Zahl der Stimmen auf unserer Seite vergleichen mit der Abstimmung von 1891 (über den österreichischen Handelsvertrag). Die Zahl der Stimmen für uns ist seitdem sehr rer gewachsen. Ein Druck auf die ,,, ist nicht ausgeübt worden. Ich e. aus Erfahrung, daß ein solcher Druck das Gegentheil von dem bewirkt, was er beabsichtigt. Den rumänischen Handelsvertrag hat man als . bezeichnet. So nweit gehe ich nichst, man müßte den russischen Vertrag nicht nach seinem inneren Werth betrachten, sondern diesen inneren Werth als nebensächlich ansehen. Die Politik ist viel zu viel vermischt worden mit rein wirthschaftlichen Fragen. Die Handelspolitik sollte lediglich nach wirthschaftlichen Rücksichten beurtheilt werden. Beim Vertrage mit Oesterreich und Italien hieß es, wir müßten unsere Verbündeten wirthschaftlich stärken. Ich acceptiere diese Prämisse nicht, aber wenn sie richtig it dann folgt daraus, daß Rußland, welches den Dreibund am schwersten bedroht, niemals wirthschaftlich gestärkt werden darf. Fürst Bismarck, der allerdings mit einem Besitz von 1000 a verknüpft war, der aber doch einige Anerkennung im Volk errungen hat, hat einmal kurz vor der Ankunft des Kaisers von Rußland die Beleihun russischer Werthpapiere auf der Deutschen Bank verboten, und denno vollzog sich die usammenkunft des Kaisers von Ruß⸗ land und des Deutschen Kaisers in bester Weise zu Gunsten Deutschlands. Also politisch bestand das herzlichste Einvernehmen, während wirthschaftliche i re, dieser Art ergriffen wurden. Man sagt ja auch in russischen Blättern, daß durch diesen Ver⸗ trag die politischen Verhältnisse zu Frankreich nicht geändert würden. Die Konzessionen, welche wir Oesterreich gemacht haben, verlieren durch i . Vertrag vollständig ihre Bedeutung, denn Rußland pro⸗ duziert billiger als Oesterreich, kann es also in jeder Beziehung
unterbieten, zumal es bequeme Wasserstraßen nach Deutschland und
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eine längere Grenze hat. Die russischen Konzessionen verlieren aber an Bedeutung, weil sie nur gelten, soweit . landesgesetzliche Vor⸗ schriften und Polizeiverordnungen entgegenstehen. Ich erinnere nur gn die Behandlung der Fürstin Hohenlohe, einer Schwester des russischen Mili⸗ tärbevollmaͤchtigten Fürsten Wittgenstein in Paris, welche von ihrem Bruder große Ländereien erbte. Was ihr, trotem man doch ihr gegenüber roße Milde walten ließ, widerfahren ist, das wird in viel schärferem Maße jedem Andern widerfahren, der in Rußland Land erwerben wollte. Wir konzedieren dagegen ein sehr werthvolles Recht; bei uns ist es unmöglich, daß wir fremde Nationen behindern in ihrem Erwerh bei uns. Unsere Grenzngchbarn werden also dieses Recht bei uns im vollsten Umfang ausüben, während Deutsche in Rußland durch die Polizei be⸗ hindert werden dürfen. Unseren Städten im Asten werden dadurch gefähr⸗ liche Konkurrenten auf den Hals geladen. Die wichtigste Bestimmung ist im Art. 19 enthalten bezüglich der Gütertransporte auf den Eisen⸗ bahnen. Früher war man der Meinung, daß die Etzräumung solcher Rechte an einen fremden Staat in Bezug auf die Tarife der Eisen⸗ bahnen sehr gefährlich sei. Der Erport Rußlands ist ja 300 Millionen Mark (Zuruf rechts: Rubel) oder Rubel größer als der deutsche Epxport nach Rußland. Rußland importiert Massenartikel und für diese binden wir uns in Bezug auf die Gütertarife. Ich halte das für bedenklich und spreche mein Bedauern darüber aus, daß dies auch seinerzeit Oesterreich konzediert ist. Man kann den Art. 19 ganz verschieden beurtheilen, je nachdem man annimmt, daß er deutscherseits oder russischerseits verlangt wurde. Ich glaube, die n ist von deutscher Seite verlangt worden. Es handelt sich darum, den Zustand beizubehalten, daß der russische Export über die deutschen Ostseehäfen erfolgt. Wir haben Differentialtarife nach Königsberg und Danzig etwa auf den Satz von 1,10 3. Wenn Rußland seine Tarife noch mehr ermäßigt, würden wir auf 1 3 kommen. Der Waggon von der russischen Grenze bis zum Hafen kostet demnach 20 M Fracht, während im inneren Verkehr 70 6 erhoben werden.
(Schluß des Blattes.)
— In der heutigen 23. Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Finanz-Minister Dr. Miquel beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Staats— haushalts-Etats für 1894/95 bei dem Etat der direkten Steuern fortgesetzt.
z Bei den „Einnahmen aus der Einkommensteuer“ ittet
Abg. Freiherr von Erffa⸗Wern burg (kons.) um eine Aenderung der Instruktion zu dem neuen Einkommensteuergesetz, wonach für die Abnutzung von Gebäuden m bis zo /o vom Gebäudewerthe vom Ein⸗ kommen abgezogen werden, da dieser Satz für ländliche Gebäude viel zu niedrig sei. Es müsse hierin ein Unterschied zwischen den Städten und dem Lande gemacht werden, da die vielfach leichter gebauten und der Witterung sisete⸗ ausgesetzten ländlichen Gebäude schneller sich abnutzen als die Häuser in den Städten. Für massive Gebäude sei ein Abzug von 10, für nicht massive von 20 bei ländlichen Ge⸗ bäuden angemessen. Der Minister solle die Landräthe instruieren, auch eine höhere Abzugsquote zuzulassen, als bisher, bis eine gesetzliche Aenderung möglich sei. ;
Geheimer Ober⸗-Finanz⸗ Rath Wallach: Es ist ein Irrthum, daß der Minister in einer Verfügung eine höhere Abzugsquote für unzulässig erklärt hat. Man kann nicht für jedes einzelne Gebäude eine bestimmte Quote festsetzen, man braucht vielmehr gewisse Normal- sätäze; bei Wohngebäuden hat man deshalb allgemein — * Y für zu⸗ treffend erklärt, ohnz daß dieser Satz für alle Gebäude bindend ist. Die Einschätzungsbehörden sind erst in diesem Jahre wieder angewiesen . die speziellen Verhältnisse in den einzelnen Fällen zu berück— ichtigen.
Abg. von Schalscha (Zentr.): Diese Theorie ist anzuerkennen, aber die Praxis der n , folgt ihr nicht. Redner bemängelt die Einkommensteuerstatistik, in welcher einfach zwischen Stadt und Land unterschieden werde. Das gebe kein zutreffendes Bild der Verhältnisse, es müsse auch die Vertheilung von Grundbesitz, Handel, Industrie und' Gewerbe auf Stadt und Land unterschieden werden, da viele ländliche Ortschaften städtische Verhältnisse aufwiesen.
Geheimer Ober⸗Finanz⸗ Rath Wallach sagt eine möglichste Berücksichtigung dieses Wunsches für die Zukunft zu.
Abg. Krah (frkons.) bemängelt das Verfahren in Berufungs— angelegenheiten; es sei nicht erforderlich, daß noch von den Zensiten unter Strafandrohung eine besondere Begründung verlangt werde, da diese doch im Interesse der Zensiten selbst liege.
Abg. Freiherr von Buddenbrock-Tschirngu (kons.) klagt über Bureaukratismus und Schematismus in den Fragen der Ein— schätzungsbehörden an die Zensiten; diese Fragen drängen viel zu sehr . Privatverhältnisse, namentlich die Schuldverhältnisse der Grund⸗
esitzer ein.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel sagt dem Abg. Krah Remedur zu, wenn ihm solche einzelnen Fälle bekanntgegeben werden. Allzu detaillierte Fragen an die Zensiten seien allerdings nicht gerechtfertigt; besser sei ein mündlicher Verkehr der Einschätzungskommissare mit den Zensiten. Allerdings mögen manche Kommissare eine übermäßige Neugier zeigen, um Über die Verhältnisse klar zu, werden, aber die Zentralinstanz verfahre durchaus im Sinne des Gesetzes und werde Verstöße dagegen, die ihr mitge⸗ theilt werden, rektifizieren. Die richtige Berechnung der Abzugsquote bei Gebäuden sei außerordentlich schwierig. Ob statt dessen der Abzug eines bestimmten Erneuerungsfonds besser sei, sei zweifelhaft. Dann könnte vielleicht ein Besitzer einmal zwei Jahre lang von der Ein⸗ kommensteuer ganz frei bleiben. Das jetzige Verfahren entspreche , den Interessen des Fiskus als gerade den Interessen der Be— völkerung.
Abg. von Schalscha (Zentr.) fragt, ob man Ersatzneubauten ganz in Abzug bringen könne; dadurch könnte das lästige Abschreibungs⸗ verfahren beseitigt werden. Redner wiederholt nochmals seinen Wunsch bezüglich der Statistii.
Finanz⸗Minister hr. Miquel hält diese Statistik für sehr schwierig, da dann den Lokalbehörden die Entscheidung überlassen werden müsse, welche ländliche Ortschaften städtische Verhältnisse zeigten; andererseits gebe es auch viele Städte mit ganz ländlichem Charakter. Der volle ö der Kosten für Neubauten sei bedenklich.
Abg. Krawinkel (nl) hält es für den Fiskus nicht für be—⸗
denklich, einen Erneuerungsfonds in Abzug zu bringen, da ja die Zinsen solcher Fonds steuerpflichtig gemacht werden könnten, und wünscht, daß man bei der Höhe der Abschreibungen namentlich bei industriellen Werken nicht allzu ängstlich sei. . inanz-Minister Dr. Miquel erwidert, daß er diese letztere An⸗ sicht schon bei der Berathung des Einkommensteuergesetzes selbst aus ⸗ gesprochen habe, und weist nochmals darauf hin, daß sich die Ver⸗ eng über die Abzugsquote von t bis Jo nur auf Wohngebäude eziehe.
Abg. Stötzel (Zentr.) beschwert sich darüber, daß auch Arbeiter und kleine Handwerker zur Deklargtion gezwungen seien.
Geheimer r,, ., Wallach erwidert, daß die einzelnen Fälle untersucht werden müßten, da sich so ein allgemeines Urtheil darüber nicht fällen lasse, er sich sein Urtheil also vorbehalten müsse bis nach Abschluß der Untersuchung.
Abg. Schröder (Pole) beklagt sich über einzelne Vexationen der Einschätzungsbehörden in seinem Wahlkreise und meint, daß bei den Berufungsentscheidungen lediglich das fiskalische Interesse maß— ae sei. Die Erledigung der ö verzögere sich auch all⸗ zusehr.
Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Wallach bestreitet die allgemeine Wahrnehmung des fiskalischen k. durch die Berufungskom⸗ missionen; mehr als die Hälfte der Berufungen sei im Sinne der Berufenden entschieden worden. Eine übermäßige Verzögerung der Berufungsentscheidungen finde auch nicht statt.
Abg. von Schalscha (GZentr,) hält es nicht für bedenklich, die Kosten für Ersatzneubauten abziehen zu lassen; wenn in umfang⸗
reichem Maße plötzlich Ersatzbauten nöthig seien, fo sei eben ein