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Blätter des Bundes der Landwirthe in den Offtzierkastnos gelesen werden, . je so lebhat. Sppositiongegen die Regierung machen. Die hundert tausend Arbeiter geg Abg. Grafen Mirbach werde ich der Kommission überlassen. Dte Aufhebung des Identitätsnachweises haben wir schon früher an eregt; die Konfervativen haben sich aber dagegen gewehrt, und es wird sehr zweifelhaft sein, ob die Vorlage jetzt eine Mehrheit findz. Die französische Handelspolitik hat zur Verminderung der Ausfuhr um 250 Millionen im Jahre 1893 geführt, unsere Handels- Politik hat das Gegentheil herbeigeführt; unser Export ist gestiegen. Wenn an Stelle des Reichskanzlers Grafen Caprivi heute Fürst Bismarck säße, wenn er diesen Vertrag eingebracht hätte, wie würde dem blöden Hödur klar gemacht werden, daß nach vielen Jahren endlich die zielbewußte Politik zu einem Ergebniß geführt hat. Als 1808 die Leibeigenschaft aufgehoben wurde, als die Schutzzollpolitit der Maaßen, Motz und Kunth durchgeführt wurde, da opponierten die Junker auch; dis Männer wurden als Demokraten denunziert, wie jetzt der Reichskanzler Graf Caprivi denunziert wird, daß er sich auf die Sozialdemokraten stützt. Ablehnung des Handels⸗ vertrages, Rücktritt des Reichskanzlers das war die pisce de résistance des Bundes der Landwirthe, der ja sonst gar keine Bedeutung mehr hätte. Freilich glaubt man, daß die preußische Regierung einer Auflösung des Reichstags nicht zustimmen würde: eine seltsame Auffassung von der Stellung des Königs von Preußen, der zugleich Deutscher Kaiser ist. Wenn ein Mann nach Ihrem Herzen Reichskanzler würde, würden Sie mit einigen Aenderungen auch dem russischen Vertrage zustimmen. Dieser Vertrag knüpft, an die Handelsvertragwverhandlungen mit Rußland vom Jahre 1818. Von 1862 an hat Fürst Bismarck fortgesetzt den Versuch gemacht, Rußland zu einer anderen Wirthschaftspolitik zu bekehren; da müßte man sich doch Glück wünschen, daß endlich ein Abschluß erzielt worden ist. Als in den sechziger Jahren die Handelsverträge abgeschlossen wurden, da hoffte man, daß bald alle Staaten den Verträgen sich anschließen würden. Dreißig Jahre hat es gedauert, ehe Rußland in den Kreis der Vertragsstagten trat. Ich beglückwünsche den Reichs⸗ kanzler zu seinem Erfolge; ich will seine Politik nicht tadeln, der Zollkrieg hat allerdings diejenigen in Rußland überzeugt, die sich bis dahin nicht überzeugen lassen wollten. Den Zoll⸗ krieg hat Fürst Bismarck schon früher empfohlen. Er ist jetzt von Wirkung gewesen. Die Ablehnung des Handelsvertrages wurde der Landwirthschaft keinen Nutzen, der Industrie aber unendlichen Schaden bringen. Die Landwirthschaft hat keinen Nachtheil von diesem Vertrag; eine Ueberschwemmung mit russischem Getreide wird nicht eintreten. Wir werden für den Handelsvertrag stimmen; wir hoffen, daß sich aus diesem Anfang noch Vieles entwickeln wird, von dem wir heute noch gar keine Ahnung haben. Es wird sich ein neues großes Feld für den deutschen Unternehmungsgeist er⸗ schließen. Nehmen Sie den Vertrag an, gehen Sie zurück, auf die alten Grundfätze von 1308, dann wird die Landwirthschaft wieder erblühen, denn kein Gewerbe hängt mehr von der allgemeinen Prosperität ab als die Landwirthschaft. Dieser Vertrag wird sie fordern, darum nehmen wir ihn an. ö. .
Darauf wird um Hi Uhr die weitere Berathung auf
Dienstag 1 Uhr vertagt.
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
23. Sitzung vom 26. Februar 1894.
Auf der Tagesordnung steht die Tr fe ung der zweiten Berathung des Staatshaushalts-Etats für 1894/95, und zwar des Etats der direkten Steuern.
zu dem Anfangsbericht in der Montags-Nummer tragen wir zunächst Reden des Finanz-⸗Ministers im Wortlaut nach.
Dem Abg. Krah (wl), welcher das Verfahren in Be⸗ rufungsangelegenheiten bemängelte, und dem Abg. Freiherrn von Buddenbrock-Tschirnau (kons.), der darüber klagte, daß die Fragen der Einschätzungsbehörden zu sehr in die Schuldver— hältnisse der Grundbesitzer eindrängen, erwiderte der
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
eine Herren! Ich finde es ja ganz erklärlich, daß einzelne Be⸗ schwerden hier erhoben werden, um die Königliche Staatsregierung auf dieselben aufmerksam zu machen; aber ich glaube, die Herren werden mir auch nicht verdenken, wenn ich ganz außer stande bin, auf jeden mir speziell vorgeführten Fall, auf den ich vorher nicht vorbereitet sein konnte, zu antworten; ob beispielsweise die Beschwerde, die der Herr Abg. Krah erhoben hat, begründet ist, ob sie so liegt, wie es dargestellt worden ist, das kann ich nicht wissen. Wenn sie so läge, wie hier vorgetragen ist, so würde ich allerdings nicht anstehen, zu erklären, daß ein Zwang zum Erscheinen des betreffenden Zensiten nicht geübt werden darf, und daß daher die darauf gestellte Strafe eine unbe⸗ gründete sein würde. Wenn der Herr Abgeordnete den Fall mir ge⸗ legentlich näher mittheilen will, bin ich gern bereit, ihn weiter zu verfolgen.
Auf die Bemerkungen des Herrn von Buddenbrock, der die Güte gehabt hat, mir das Formular der Fragen, die dort gestellt sind, mit⸗ zutheilen, kann ich bemerken, daß in dieser Beziehung Remedur ge— troffen worden ist. Es sind mir aus mehreren Veranlagungsbezirken derartige höchst detaillierte, viel zu detaillierte Fragen mitgetheilt, und ich will garnicht leugnen, daß die Veranlagungsbehörden in ein— zelnen Fällen darin zu weit gegangen sind; es sind Fragen gestellt, deren Beantwortung man eigentlich nicht verlangen kann und die, wenn sie einem selbst gestellt würden, man auch schwerlich zu beantworten in der Lage wäre. ((Heiterkeit.) Ich wirke immer darauf hin, daß derartige Fragen, deren Auf— werfung ja häufig sehr erwünscht ist, im mündlichen Verkehr erörtert werden; das ist viel leichter, da ergiebt sich Frage und Antwort, Mißverständnisse klären sich auf, Rathschläge können ertheilt werden; da werden die Veranlagungskommissarien viel eher das materiell Nothwendige erfahren, als wenn sie mit solchen formulierten, schrift⸗ lichen detaillirten Fragen sich an die einzelnen Zensiten wenden. Cs ist nach dieser Richtung hin von mir mehrseitig bereits Verfügung getroffen worden.
Meine Herren, ich möchte aber allerdings bei dieser Gelegenheit eine allgemeine Bemerkung nicht unterdrücken. Ich habe schon bei früheren Gelegenheiten gesagt, daß die Grenzlinie zwischen der Fest⸗ stellung der nothwendig aufzuklärenden thatsächlichen Verhältnisse und einer, wenn ich so sagen darf, übermäßig ängstlichen Neugierde nach Dingen, die bei der Einschätzung nicht unbedingt maßgebend sind, außerordentlich schwer zu ziehen ist. Daß da Fehler vorkommen und einzelne Mißgriffe der Veranlagungskommissarien namentlich bei einem Gesetz, welches verhältnißmäßig noch so neu ist, darüber wird man von vornherein sich nicht wundern können. Wir von der Zentralinstanz werden genau in dem Sinne verfahren, wenn uns derartige Fälle vorkommen, wie das Gesetz bei der Berathung hier von mir deklariert worden ist: ein übermäßiges Mißtrauen gegen die Redlichkeit und den guten Willen der Zensiten ist vom Uebel, — aber auch ein übermäßiges Vertrauen! Wir machen ja leider auch die Erfahrung, daß viele Deklarationen im höchsten Grade mangel⸗ haft und unklar sind und eine weitere Aufklärung des Inhalts der⸗
selben unerläßlich ist. Ja, in einzelnen Bezirken haben wir die Be⸗ weise dafür in der Hand und mehrfach zu unserm Bedauern die Erfahrung gemacht, daß diese mangelhaften Deklara⸗ tionen nicht immer aus Unkenntniß, sondern häufig auch wenigstens fahrlässig oder gar absichtlich unrichtig aufgestellt waren. Daß nun ein Kommissarius, welcher derartige Erfahrungen gemacht hat, vielleicht hier und da etwas zu scharf nachfragt, das ist wohl einigermaßen verzeihlich.
Meine Herren, die Frage, die Herr von Erffa angeregt hat, hat mein Herr Kommissarius vollkommen zutreffend und genügend beant⸗ wortet. Ich kann den Bemerkungen, die in dieser Beziehung gemacht sind, nur vollkommen beitreten und einfach das wiederholen, was ich das vorige Mal schon gesagt habe: Wenn einzelne Herren Landräthe in der Verfügung etwas ganz Anderes finden, was nicht darin steht, während die Verfügung klar und einfach ist, so kann die Zentralinstanz das nicht verantworten. Da bleibt nichts weiter übrig, als Beschwerde zu erheben, um ein für alle mal die Sache klar zu stellen. Würde eine solche Beschwerde einmal erhoben, und das Ober⸗Verwaltungsgericht bekäme die Frage zur Entscheidung, so würde das Finanz⸗Ministerium dem Ober⸗-Ver⸗ waltungsgericht in dieser Beziehung volle Aufklärung geben, und es würde dann die Sache definitiv klar werden. Aber ich weiß nicht, wie ich die Verfügung noch klarer machen soll, als sie ist.
Die Frage, die Herr von Erffa weiter angeregt hat, ob nicht die ganze Abnutzungsberechnung zu beseitigen ist und für den Fall eines Neubaues an Stelle eines bestehenden Gebäudes dem Zensiten zu gestatten wäre, den ganzen Betrag abzurechnen, ist aller— dings van großer Erheblichkeit. Wir sind mit Herrn von Erffa ganz einverstanden, daß die Frage der richtigen Berechnung der Abnutzungs— quote eine außerordentlich schwierige ist. Ich erinnere daran, daß in dem früheren Einkommensteuergesetz auf Gebäude eine Abnutzung überhaupt nicht zugelassen, daß dies früher nur gestattet war, namentlich den Industriellen, auf Mo— bilien, Maschinen und dergleichen. Wir haben in diesem Gesetz diese Abnutzung auch für Gebäude zugelassen einfach aus Gründen der Gerechtigkeit, weil doch nicht abzusehen ist, wie im Prinzip für die Industrie eine solche Abnutzungsberechnung zulässig sein soll, während sie den Grundbesitzern, den Hausbesitzern abge⸗ schnitten wäre. Wir sind uns von vornherein klar gewesen, daß die Durchführung dieser Befugniß des Abzuges von Abnutzungsquoten zu großen Schwierigkeiten in der Praxis führen würde, und die Er— fahrung ist denn auch allerdings dahin gemacht. Man kann sich aller— dings fragen, ob die Uebelstände, welche sich auch aus der entgegen— gesetzten Art der Berechnung ergeben, nämlich aus dem Verbot des jährlichen Abzuges einer Abnutzungsquote und aus der Zulassung der vollen Inabzugstellung des ganzen Betrags eines etwaigen Er— gänzungs⸗ oder Neubaues, die größeren sind; daß aber auch bei der letzteren Art der Berechnung erhebliche Uebelstände sich herausstellen werden, wird Herr von Erffa mir gleich zugeben, wenn ich ihn daran erinnere, daß dadurch in sehr vielen Fällen bewirkt würde, daß in ein oder in zwei Jahren etwa der betreffende Zensit von der Steuer gänz⸗ lich frei bliebe. Und das würde nicht bloß wirken auf die Staats« teuern — da könnte man es ertragen, weil es sich im ganzen Staat ausgleicht — aber sehr bedenklich sein für die Kommunal— steuern, und man wird daher doch sehr vorsichtig sein müssen, hier durchgreifende Aenderungen zu treffen.
Uebrigens sollten die Betheiligten diese Frage der Berechnung der Abnutzungsquoten doch etwas milde behandeln. Ich habe schon früher angedeutet, daß derjenige, der bei dieser ganzen Zulassung des Abzuges von Abnutzungsbeträgen am schlechtesten wegkommt, unzweifel⸗ haft der Fiskus ist. Wie wird sich in der Praxis die Sache ge— stalten? Ein Hauctbesitzer zieht jährlich 1½ ab; angeblich soll er daraus ein Kapital sich bilden, um nach Ablauf der Zeit, in welcher das Gebäude vollständig neu hergestellt werden muß, das erforderliche Neubaukapital zusammen zu haben. Ich frage alle Herren hier im Hause, ob in der Praxis thatsächlich so verfahren wird. Nein, diese Abnutzungsquoten sind Ausgaben, die der Zensit dem Fiskus entgegen hält, und, wenn die Zeit herankommt, wo das Gebäude neu gebaut werden muß, sind diese Abnutzungsbeträge nicht in den Händen des Zensiten; er wird entweder genöthigt sein, eine Anleihe aufzu— nehmen, oder er wird seine Kapitalien vermindern, um aus denselben das Gebäude zu erbauen. In beiden Fällen wird dem Fiskus der Zins, der in dem einen Fall neu hinzukommt, in dem andern Fall verloren geht, jedenfalls thatsächlich angerechnet werden, und die größte Sicherheit ist dafür vorhanden, daß in beiden Fällen dem Fiskus diese Abnutzungsbeträge doppelt angerechnet werden. Ich glaube, die Praxis wird sich nicht anders gestalten, und man könnte daher, glaube ich, in dieser Beziehung auch dem Verfahren der Ver— anlagungsbehörden gegenüber etwas milder denken.
Dem Abg. Schalscha (Zentr.), welcher das Abschreibungs— verfahren, weil lästig, beseitigt und die Einkommensteuerstatistik verbessert wissen wollte, antwortete der
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Ich theile das Bestreben des Herrn von Schalscha, diese Einkommensteuer, das Material, das wir dabei gewinnen, soweit als irgend möglich zur Erkennung der bestehenden wirthschaftlichen und sozialen Zustände im Lande zu benutzen. Ich würde gern, auch wenn das etwas mehr Arbeit fär die Behörden macht, nach der Rich— tung hin mitwirken. Wir haben schon außerordentlich wichtiges Ma— terial aus den Einkommensteuer⸗ Deklarationen gewonnen für die Beurtheilung des Wohlstandes namentlich auf dem Lande, indem wir die sehr große Arbeit uns gemacht haben im Finanz Ministerium, die deklarierten Erträge derjenigen Be⸗ sitzungen, welche mehr als 3000 M einbringen, wo also obligato⸗ rische Deklaration stattfindet, zu vergleichen mit den Schuldenzinsen, die dabei zum Abzug gekommen sind. Das giebt zum ersten Mal ein Bild über die Lage der Landwirthschaft, die Höhe oder den ver— gleichweisen Betrag der Schuldenbelastung in der ganzen Monarchie, und ich werde demnächst — vielleicht bei Gelegenheit der Berathung der Landwirthschaftskammern — Gelegenheit nehmen, nach Regierungs⸗ bezirken diese Zusammenstellung den Herren mitzutheilen. Ich füge das nur als Beispiel an, wie werthvoll die jetzige Steuerveranlagung auch nach der Richtung hin ist, um Verhältnisse klarzustellen, über welche wir bisher sehr im Dunkeln waren und wo die Dunkelheit für die Gesetzgebung und Verwaltung gleich bedenklich ist.
Was den speziellen Vorschlag des Herrn von Schalscha betrifft, so möchte ich zu dem, was mein Herr Kommissarius angeführt hat, noch weitere Bedenken geltend machen. Wir würden dann doch den
einzelnen loalen Behörden überlassen müssen, die Frage zu entscheiden,
welche Lokalitäten einen mehr ländlichen oder mehr stãdtischen Charakter haben. (Zuruf: wie die Justiz )
Bei der Justiz liegt die Sache doch anders. Da werden diese Folgerungen aus der Sache garnicht zu ziehen sein. Das ist schon an und für sich bedenklich. Wenn Herr von Schalscha nun auf der einen Seite aber die Städte stellen will und die stadtähnlichen Dörfer und davon scheidet das ganze übrige Land, so möchte ich Herrn von Schalscha darauf aufmerksam machen, daß es auch eine Anzahl Städte giebt, die keinen städtischen Charakter haben, sondern einen mehr oder weniger ländlichen Charakter. Wo soll da nun die Grenzscheidung gefunden werden? Ich glaube, wir würden auf sehr große Willkür⸗ lichkeiten dabei stoßen. Daß, wenn eine idealere Scheidung hier mög—⸗ lich wäre, man vielleicht noch eine bessere Einsicht in die Verhältnisse gewinnen würde, will ich nicht bestreiten; aber auch in der Statistik, wenn man zu fein und zu verschiedenartig unterscheidet, wie das hier von den Lokalbehörden zweifellos geschehen würde, kommt man erst recht zu unrichtigen Resultaten. Wenn Herr von Schalscha gemeint hat, mein Einwand, daß bei einer Beseitigung der Abnutzungsberechnung unter voller Inabzugstellung der vollen Beträge von Ergänzungsneubauten sehr bedenkliche Resultate, namentlich in Beziehung auf die Kommunalbesteuerung, entstehen können, träfe bei ländlichen Besitzungen nicht zu, so kann ich das durchaus nicht zugeben; wenn solche Neubauten in einem Jahr beispielsweise auf einem großen Gut stattfinden, so können diese Neubauten, als Kapitalien in Abzug gebracht, den ganzen Reinertrag des Gutes verschwinden lassen. Und in einem solchen Falle würde natürlich in den Kreis-, Provinzial- und Kommunal⸗ steuern bezüglich der Zuschläge zur Einkommensteuer volle Befreiung eintreten. Das kann garnicht ausbleiben. Das trifft nicht bloß in den Städten — da wird es vielleicht noch weniger vorkommen — sondern auch in der Landwirthschaft genau so zu. Ich habe das bloß als ein Bedenken angeführt, um zu zeigen, daß doch auch gegen den vom Herrn Abg. von Erffa anheim gegebenen Vorschlag erhebliche Bedenken vorwalten, und daß man sich doch lange besinnen muß, ehe man eine vollständige Aenderung des Gesetzes in Vorschlag bringt.
Der Abg. Ottens (l.) behauptete, es sei ein ganz generell . Erlaß des Vorsitzenden einer Berufungs⸗ kommission an den Landrath des betreffenden Kreises ergangen, wonach bei einer trotz unveränderter Verhältnisse hinter der vorjährigen Einschätzung zurückbleibenden Deklaration Be— rufung einzulegen sei. Der Finanz-Minister dürfe derartige allgemeine Verfügungen nicht gestatten. Darauf entgegnete der
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Ich werde den Herrn Vorsitzenden der Berufungskommission auf— fordern, mitzutheilen, was ihn zu dieser allgemeinen Verfügung ver— anlaßt hat, und in dieser Beziehung demselben das Erforderliche zu erkennen geben. Es kann sein, daß hier nur eine etwas mangel⸗ hafte Ausdrucksweise vorliegt. Wenn Steuerdeklarationen ab⸗ weichen von der Deklaration des Vorjahres und die besonderen Vechältnisse des Einkommens des einzelnen völlig unverändert ge— blieben sind, auch allgemeine Gründe nicht vorhanden sind, aus denen die Kommission entnehmen könnte, daß es ganz naturgemäß ist, daß ohne Veränderungen der Besitz, und Erwerbsverhältnisse des einzelnen doch durch die allgemeinen Konjunkturen das Einkommen heruntergegangen ist, — ich sage, wenn die Sache so liegt, wird in der Regel eine solche Deklaration auffallen und man wird nachfragen: wie kommt das, deine Verhältnisse haben sich ja garnicht geändert, du hast aber weniger deklariert als im Vorjahre! Das ist vollkommen berechtigt. Dagegen erkenne ich vollständig an, daß in den Erwerbs und Ertrags— verhältnissen allgemeine Veränderungen vorkommen können, die es garnicht auffallend erscheinen lassen, daß nun die Deklaration in dem einen Jahre von der anderen abweicht, wenn auch die Vermögens— und Einkommensteuerverhältnisse des einzelnen sich nicht geändert haben. Ich will z. B. sagen, wenn etwa Futternoth in einem Kreise ausbricht, so wird man natürlich darauf Rücksicht nehmen müssen, man wird sagen, in diesem Jahre ist das Erträgniß des Grund und Bodens im allgemeinen geringer; infolgedessen kann es nicht auf— fallen, daß die Deklaration jetzt anders ausfällt.
Das kam bier vielleicht nicht richtig zum Ausdruck. Ich werde Gelegenheit nehmen, den Vorsitzenden der Berufungskommission zu fragen, wie er zu dieser allgemeinen Verfügung gekommen ist, was ihn dazu veranlaßt hat, und danach, wie gesagt, die erforderlichen An— ordnungen zu treffen.
Der Abg. Krawinkel nl.) hatte den Wunsch ausgesprochen, daß in Bezug auf die Höhe der Abschreibungen, namentlich bei industriellen Werken, nicht allzu ängstlich verfahren werden möge. Darauf bemerkte der
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Diese Ausführungen des Herrn Vorredners sind bei Gelegenheit der Berathung des Einkommensteuergesetzes schon sehr ausführlich hier behandelt, und ich habe damals schon meine volle Zustimmung zu erkennen gegeben, daß man bei der Höhe der Abschreibungen, namentlich bei industriellen Werken, nicht gar so ängstlich zu sein braucht, weil eben, wenn in dem einen Jahre der eine etwas zu viel abschreibt, der andere zu wenig, sich das ausgleicht, und weil selbst dann, wenn das zu hohe Abschreiben nur einheitlich stattfindet, man nachher in der gestiegenen Einkommensteuer Ersatz findet. Die Verfügung, von der hier die Rede ist, und die, wie ich wiederhole, keine Maximalgrenze vorschreibt, sondern nur eine Ermächtigung giebt, unter allen Umständen solche Abschreibung in der bezeichneten Höhe ohne genaue Prüfung im einzelnen zuzulassen, diese Verfügung wurde vorhin auch bemängelt in Bezug auf die Höhe von 4 bis 10. Sie bezieht sich bloß auf Wohngebäude. Wenn Sie 30 abschreiben, so braucht, da zweifellos Zins auf Zinseszins gerechnet werden muß, das Gebäude nur etwas länger als fünfzig Jahre zu stehen. Dann ist das ganze Kapital vorhanden. Da bin ich doch der Meinung — und Sie werden mir darin Recht geben —, daß durchschnittlich die Wohngebäude viel länger stehen als fünfzig Jahre. Also, daß so besonders niedrig felbst bei 4 cso0 gegriffen sei, kann ich in keiner Weise zugeben. Die Frage würde ja anders liegen, wenn man der Meinung wäre, es brauchten keine Zinsesʒinẽbetrãge von der jährlichen Abnutzungsquote verrechnet zu werden. dierũber ist auch schon ausführlich hier verhandelt worden. Ich bleibe noch heute bei der Ansicht stehen, daß das unbedingt nöthig ist, weil sonst das angesammelte Kapital viel zu groß wird und weit mehr deckt als den Verlust.
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
Mä
zum Deutschen Reichs⸗Anz 50.
Zweite Beilage eiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Dienstag, den 27. Februar
. 1894.
m eee.
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Auf die Bemängelungen der Berechnungsart der Abzugs— quote seitens des Abg. Dr. Oswalt (nl) erwiderte der
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Diese Frage ist schon so oft behandelt, daß ich nur ganz kurz darauf erwidern will. Ich bleibe ganz bei meiner Ansicht stehen, die ich vorhin ausgesprochen habe, daß der Nothleidende hier der Fiskus ist, und halte die Ausführungen des Herrn Vorredners für auf einem Mißverständniß beruhend. Ich bin der Meinung, daß allerdings bei der richtigen Berechnung von Neubaurenten Zinsen und Zinseszinsen gerechnet werden müssen. Wenn ich ein Kapital an⸗ sammeln will, welches nach 200 Jahren eine bestimmte Höhe zu erreichen hat, jedes Jahr betreffende Beträge zurück- lege, in der Lage bin, diese Beträge wieder zinslich zu machen, so ist
die einzig richtige Berechnung die Berechnung auf Zinseszins. Das
ist auch weder in der Forstverwaltung, wenn man einen Betriebsplan macht, ob man Hoch oder Mittelwald einführen will, noch in der Landwirthschaft nach meiner Meinung jemals theoretisch oder praktisch anders gehandhabt worden, darüber bin ich nicht im Zweifel. Nun sage ich so: wenn der Zensit wirklich einen Fonds ansammelt — ob er Steuer davon bezahlt oder nicht, ist gleich— gültig, denn das würde böchstens die Ansammlungsperiode ver⸗ längern — und er verwendet diesen selben Fonds nachher zum Ergänzungsneubau, dann hat der Fiskus keinen Verlust. Er wird es aber thatsächlich nicht thun, er wird diese Beträge allmählich fort⸗ laufend verzehren, und wenn der Neubau nothwendig ist, so wird er sich ein besonderes Kapital verschaffen, oder sein eigenes Kapital auf⸗ wenden. Und wenn er das thut, so müßte man ihm eigentlich sagen: diese Verwendung von Kapital kannst du nicht dem Fiskus zur Last legen, die Zinsen, die du von dem Kapital bisher bezogen hast, mußt du weiter in dein Einkommen hineinrechnen. Das kann in der That, aber in der Praxis nicht stattfinden, folglich wird dem Fiskus dieser angesammelte Betrag doppelt angerechnet. — Das wird nach meiner Meinung der unausbleibliche Erfolg sein.
Im weiteren Verlauf der Berathung beschwert sich
Abg. v. Eynern (nl) über die den Zensiten vorgelegten Frage⸗
—
bogen, welche die Privatverhältnisse zu tief berührten, sowie über die Verzögerung von Berufungsangelegenheiten und Beschwerdesachen beim Ober⸗Verwaltungsgericht.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Es war ganz natürlich, daß im ersten Anfang das Ober-Ver— waltungsgericht durch eine sehr große Anzahl Beschwerden nicht bloß überlastet wurde, sondern daß die Entscheidung dieser Beschwerden einer besonderen Sorgfalt bedurfte mit Rücksicht auf die präjudizielle Natur vieler Fragen, die in einer bestimmten Richtung zur definitiven Rechtsprechung kamen. Es ist richtig, daß diese Ueberlastung mit Beschwerden auch heute noch in einem erheblichen Maße fortdauert. Wir sehen aber doch schon aus dem Jahre 1892/93 die weit über⸗ wiegende Hälfte der Beschwerden erledigt, während allerdings noch im November vorigen Jahres etwa 6000 Beschwerden unerledigt waren. Nun ist in der Zwischenzeit der Steuersenat bekanntlich in Kammern eingetheilt worden, und diese Eintheilung in Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wird sehr zur schnelleren Erledigung der Beschwerden beitragen. Außerdem ist in dem diesjährigen Etat die Einsetzung eines neuen Steuersenats beantragt, der wiederum in Kammern eingetheilt werden wird. Ich glaube also, in Zukunft wird sich schon aus diesem Grunde dieser Nangel, den ich garnicht leugnen will, beheben lassen. Es kommt hinzu, daß ja naturgemäß die ersten Entscheidungen die meiste Zeit nfordern, und daß nachher, wenn mal das Ober ⸗Verwaltungsgericht in bestimmten zweifelhaften Fragen eine feste Stellung genommen hat, die Beschwerden bezüglich solcher Fragen von selbst aufhören, oder sich jedenfalls vermindern.
Es kommt weiter hinzu, was doch sehr in Betracht kommt, daß die Kenntniß der Zensiten von dem Gesetz, von der Begründung von Beschwerden und der Durchführbarkeit derselben von Jahr zu Jahr wächst, und daß namentlich das Unwesen, welches sich hier und da auch auf diesem Gebiete breit macht, nämlich daß Winkeladvokaten geradezu ein Geschäft daraus machen, die Leute zu Beschwerden zu deranlassen, im Lande herumreisen, ihnen Belehrungen geben, wo möglicherweise solche Beschwerden erhoben werden könnten — mehr und mehr nachlassen wird, wenn die Bevölkerung erkennt, daß sie da⸗ bei selbst am allerschlechtesten fährt.
Bei den „Einnahmen aus der Gewerbesteuer“ erklärt auf eine Anfrage des 1. Abg. Dr. Sattler (nl), ob ein Gesetzentwurf über die Heran— liehung des Hausierbetriebes zu den Kommunalabgaben aus⸗ gearbeitet werde, „Geheimer Ober-Finanz-Rath Fuisting, daß die Erörterungen rüber im Gange, aber noch nicht abgeschloffen seien. Schwierig . besonders die Frage, wer die Steuer erheben solle: ob die ohnsitz oder die Betriebsgemeinde oder Kreis oder Provinz.
Abg. Gothein (frs. Vg.) beklagt die Heranziehung des Handels nit denaturiertem Spiritus zur Betriebssteuer. Es sei nicht stich— Altig, daß auch denaturierter Spiritus getrunken werde; auch im „tn e der Landwirthschaft liege es, den Spiritus als Brennmaterial mhlichst wenig. zu beiästigen. Die Entscheidung des höchsten zerichtehofes habe diese Besteuerung für ungesetzlich erklärt. Regierungs- Rath Dr. Fun gck erwiderk: diefe Besteuerung A durch das Gewerbesteuergesetz begründet und gerade von volks⸗
uthschaftlicher Bedeutung, da viele Betriebe ausschließ lich kenaturlertern Epinjtus hätten. nächlbs brz Eckels (al) hält es für zweifelhaft, ob den Aus. ien, des Hausierhandels durch Besteuerung beizukommen sei; die ich gesetzsebung müsse diesen Auswüchsen entgegentreten. ö Beitr stg Gothein (frs. Vg.) macht darauf aufmerksam, daß die . r steuer nur auf den Ausschank gelegt sei, nicht aber auf den Ey is und nur um diesen handle es sich beim denaturierten titus; diese Besteuerung fei alfo ungesetzlich. Finanz⸗Minister Dr. Miquel: en Wenn der Herr Vorredner aus den Aeußerungen des Herrn Re— ungẽkommissars entnommen hat, daß die Regierung sich nicht an
die Entscheidungen der Gerichte bindet, so hat er eben aus denselben etwas völlig Falsches entnommen.
Meine Herren, es kommt in der Verwaltung tagtäglich vor, daß eine einzelne Satscheidung selbst des Reichsgerichts noch nicht ohne weiteres als definitiv bindendes Recht anerkannt wird, daß man sich sagt, daß eine einzelne Senatsentscheidung vorliegt. Derselbe Senat kann vielleicht bei näherer Erwägung in einem anderen Falle anders entscheiden; ein anderer Senat im Reichsgericht kann anders ent— scheiden, das Reichsgericht im Plenum erst recht, und daß man etwa in solchen Fällen, wo die Gerichte gegen eine konstante Auffassung der Verwaltungsbehörden eine Endentscheidung beanspruchen werden, sich nicht sofort unterwirft, sondern eine dauernde Gerichtspraxis in dieser Beziehung abwartet, das liegt doch wohl klar auf der Hand. So liegt es auch im vorliegenden Falle, und wir werden sehen, wie sich schließlich das Recht gestaltet. Allerdings bin ich der Meinung, daß man sonst Veranlassung hätte, in diesem Falle mit gesetzgeberischen Maßnahmen vorzugehen; denn daß hierin eine sehr große Gefahr liegt, wenn man dem Wunsche des Herrn Vorredners folgte, namentlich auch selbst im Interesse der Bevölkerung, der dieses gesundheitswidrige Getränk zugeführt wird, das liegt mir klar vor.
Abg., Gothein (fü. V.): Es ist nicht eine, sondern es sind mehrere Gexichtsentscheidungen in meinem Sinne ergangen.
Bei den „Einnahmen aus Nebenbeschaͤftigungen der Katasterbeamten“ wünschen die
Abgg. Fritz en⸗Rees (Zentr.) und Mies Zentr) eine anderweite Remunerlerung der Katasterkontkoleure für nebenamtliche Be—
schäftigung.
Wirklicher Geheimer Ober-Finanz⸗Rath Gauß hält eine prin— zivielle Regelung nicht für möglich; der außerordentliche Zuschuß für eine solche Beschäftigung müsse von Fall zu Fall festgesetzt werden.
Die Einnahmen werden bewilligt.
Bei den „dauernden Ausgaben“ bemerkt
Abg. von Schalscha Sentr), daß allgemein die Befürchtung einer Aufhebung der Kreiskassen bestehe. Eine solche Maßregel würde tief in die Gemeindeverhältnisse eingreifen; die Gemeinde-Vorfteher würden mit Geschäften überlastet werden, und es würden sich nur noch schwer geeignete Personen für dieses Amt finden. Der noth— leidende Fiskus werde allerdings dabei sparen, aber der Landbewohner werde allerhand Scherereien und Kosten davon haben. Zentralisation sei auf diesem Gebiet nicht nützlich.
Finanz-Minister Dr. Miquel:
Ich glaube, daß ich dem Herrn Vorredner diese beruhigende Ant⸗ wort geben kann. Er giebt sich offenbar viel zu großen Befürchtungen in dieser Frage hin. Ich darf daran erinnern, daß bei der Berathung der letzten Steuerreformgesetze das ganze Haus wohl darin einig war, daß man suchen müsse, die Steuererhebung für Staat, Kommune und sonstige Verbände in eine Hand zu legen, und daß das Erheben von mehreren Stellen aus, wo die Erhebungsboten hinter einander her laufen, oder sogar an verschiedenen Stellen für die Zensiten die Zah— lungen zu leisten haben, eine Kapital- und Arbeitsverschwendung sei. (Sehr richtig) Auf Grund dieses Gesichtspunktes hauptsächlich trat das Abgeordnetenhaus dem Vorschlage der Staatsregierung bei, die Erhebung der Staatssteuern den Gemeinden zu übertragen, und zwar, nachdem den Gemeinden Steuerquellen im Betrage von mehr als 100 Millionen Mark überwiesen waren — unentgeltlich. Es sollten durch Königliche Verordnung die Einführung dieser Be⸗ stimmung und die Art der Durchführung festgesetzt werden.
Nun sind wir dabei mit der größten Vorsicht verfahren. Ich kann mich erinnern, daß man damals seitens verschiedener Abgeordneter wünschte, man möge diese Bestimmung einfach in das Gesetz schreiben: dahin: die Gemeinden haben die Staatssteuern zu erheben vom 1. April 1895 ab. Wir selbst haben davon abgerathen; wir haben gesagt: es ist noch nicht zu übersehen, welche Erfahrungen wir dabei machen, namentlich wie sich die Sache nach den Gewohnheiten und der Befähigung der Gemeindevorsteher in den einzelnen Provinzen stellt; wir müssen daher mit Vorsicht verfahren und allmählich vor⸗ gehen. Infolgedessen ist eine Königliche Verordnung zwar ergangen, welche den Finanz⸗Minister ermächtigt, in dem bezeichneten Sinne zu verfahren, aber auch die allmähliche Durchführnng zuläßt. Wir haben in Aussicht genommen, die Erhebung der Staats steuern durch die Gemeinden durchgängig vom 1. April 1895 ab nur in den Gemeinden über 5000 Seelen einzuführen und uns die allmähliche Ausdehnung des ganzen Systems aus alle Gemeinden für die nächsten Jahre vorzubehalten.
Welche Konsequenzen das nun hat auf die bisherige Organisation der Kreiskassen und Rentkassen, das wird die Erfahrung ergeben. Einige Konsequenzen sind unmittelbar zu ziehen und belästigen auch nicht. Andere stehen noch aus und können nur gezogen werden bei voller Durchführung der betreffenden Einrichtung.
Wir können z. B. ohne Bedenken die Steuererhebung hier in Berlin am 1. April 1895 der Stadt überweisen, welche die Organe und die Kräfte dazu in vollem Maße besitzt, und es kann dann mit einem Male eine ganze Behördeabtheilung gestrichen werden, die bisher auf Kosten des Staats fungierte. In anderen großen Städten sind eine Reihe von derartigen Kassen. Diese Kassen können in ein und derselben Stadt sehr leicht zusammengezogen werden. wenn die Kassen nichts weiter zu empfangen haben als die Gesammt— beträge aus der Hand der Gemeinden auf Grund der gemachten Abrechnung. Es kann auch sein, daß hier und da auf dem Lande schon jetzt eine Kasse eingezogen werden kann. Ich erkenne aber mit Herrn von Schalscha vollständig an, daß dabei mit der größten Vorsicht verfahren werden muß. Man hat mich zwar in den Ruf eines ganz wilden Fiskaliseurs gebracht. (Widerspruch und Heiterkeit.) — Herr von Schalscha thut das erst recht. (Heiterkeit) — Ich erkenne vollständig an, daß es im Staatsleben eine große Menge Fälle giebt, wo der Fiskus sehr wohl in der Lage ist, zu sparen, aber die Gesammtunkosten, die durch diese Ersparungen er⸗ wachsen und auf die Bevölkerung abgewälzt werden, viel bedeutender sind, als die Ersparungen des Fiskus; in einem solchen Falle werde ich diese Ersparungen auf diesem Gebiete ganz hübsch unterlassen. Ich möchte
Herrn von Schalscha, der doch ein Mann der Landwirthschaft ist,
mal daran erinnern, wie ich noch als Abgeordneter mich immer gewehrt habe gegen das übermäßige, rücksichts fase Ablösen der Forstservituten und gerühmt habe die Gesetzgebung anderer Zander, beispielsweise im früheren Königreich Hannover, das derartige Ab lösungen nur dann zuließ, wenn durch Sachverständige festgestellt war, daß der Vortheil des Fiskus in einem richtigen Verhältniß stand zu dem Verlust der Gemeinden. Ganz so werden wir hier verfahren. Daß die Gemeinde⸗Vorsteher sehr vielfach genöthigt sein werden, nachdem ihnen die Erhebung der Staatssteuern übertragen ist, persönlich mit den Kreiskassen⸗Vorstehern in Verbindung zu treten, Irrthümer aufzuklären, die Rechnungen richtig zu stellen u. s. w., das kann gar keinem Zweifel unterliegen. Auf dem schriftlichen Wege werden eine große Anzahl Gemeinde ⸗Vorsteher allein mit der Sache nicht durchkommen, und sie werden daher viele Wege zu machen haben. Wenn man daher die Kasse zu weit weg legt, so werden dadurch sehr erhebliche Unkosten und Beläftigungen den Gemeinde⸗Vorstehern zufallen. Man muß da ganz gewiß mit großer Vorsicht verfahren.
Andererseits ist das aber auch richtig, daß die Stellung dieser Kassen und die Aufgabe, die sie zu erfüllen haben, bei Uebertragung der Steuererhebung auf die Gemeinden, eine ganz andere wird, eine viel geringere, daß wir mit einem sehr viel geringeren Personal auskommen, und daß wir doch keine un— nöthigen Beamten da halten, wo man sie entbehren kann. Man wird da die richtige Mitte halten müssen. ö
Vorläufig aber denken wir nicht daran, die Kreiskassen überhaupt aufzuheben und den direkten Verkehr der Landgemeinden Regierungshauptkassen sehr bald eintreten zu lassen.
Jedenfalls bin ich überzeugt, daß es sich nicht, wie der Herr Abg. von Schalscha glaubt, um eine unzulässige Zentralisation handelt, sondern um eine sehr zweckmäßige Dezentrglisation. Eine große An⸗ zahl der Steuerpflichtigen muß heute ja direkt mit der Kreis kasse ver⸗ kehren; in Zukunft brauchen sie nur zu verkehren mit dem Gemeinde⸗ Vorsteher an demselben Ort, und die Gemeinde⸗Vorsteher haben die Gesammtsummen abzuführen. Das kann
derselben der Gemeinde⸗Vorsteher, der Verkehr des Gemeinde⸗Vorstehers mit der Staatskasse in Betreff der Gesammtsumme und nicht der Steuerbeträge der einzelnen muß zu einer bedeutenden Ersparung führen, die dem Staat, der Gemeinde, dem einzelnen zu gute kommen wird. Wie werden all⸗ mählich zu einer weitgehenden Umgestaltung unseres Kassenwesens kommen; aber das kann nur Schritt für Schritt, nach und nach ge⸗ schehen, und es müssen freilich dabei die Interessen der Eingesessenen in ausgiebigster Weise berücksichtigt werden. Abg. Metzner Gentr.) schließt sich den Ausführungen des Abg. von Schalscha an, erklärt sich aber durch die Antwort des Ministers
bereits wesentlich beruhigt; ferner bittet er um definitive Änstellung der Vollziehungsbeamten der Kreiskassen.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel: .
Ein Theil dieser Beamten ist definitio etatsmät:g angestellt, der ist natürlich auch pensionsberechtigt; ein anderer Theil allerdings nicht, 96 wir ja solche Beamte in einer großen Anzahl von Dienstzweigen haben und nirgendwo für diese eine besondere Invalidenkasse oder der⸗ artiges eingerichtet ist, sondern sie sind gewissermaßen in der Vorzeit zur definitiven Anstellung, und wenn die an sie herankommt, sind sie auch pensionsberechtigt. Dafür wird ja auch bei diesen Beamten zur Zeit schon gesorgt.
Freilich wird allerdings durch diese ganze Maßregel ein Theil dieser Vollziehungsbeamten, wenigstens soweit sie in der direkten Steuerpartie mitwirken, unnöthig. Man wird aber natürlich dafür Sorge tragen, daß diese Leute nicht einfach bei Seite geschoben werden, sondern man wird sie, soweit irgend thunlich, und soweit sie nicht von größeren Gemeinden übernommen werden, in anderen Dienst— zweigen unterbringen. Das ift eine Rücksicht, die sich natürlich von selbst versteht, und gerade in dieser Rücksicht haben wir, um eine zweckmäßige Unterbringung der disponiblen Beamten zu ermöglichen, es für richtig gehalten, das ganze System erst allmählich und Schritt vor Schritt durchzuführen, um dann den einzelnen Wünschen und Bedürfnissen der betreffenden Beamten in viel größerem Mafe gerecht zu werden.
Abg. Dr. Martens (nl. wünscht eine Erhöhung der Diäten der Mitglieder der Voreinschaͤtzungskommissionen von 2,56 M auf wenigstens 3 66; dagegen könnten die Gebühren für die höheren Kommissionen etwas ermäßigt werden.
Geheimer Ober⸗-Finanz Rath Wallach: Die Thätigkeit der Mitglieder aller Kommissionen, der Berufungs-, Veranlagungs⸗ und Voreinschätzungskommissionen, soll eine ehrenamtliche fein. Eine Aenderung in der Entschädigung dieser Mitglieder würde nicht ohne Einfluß auf die Entschädigungsfrage bei anderen ehrenamtlichen ö bleiben können. —
ie dauernden Ausgaben werden bewilligt, desgleichen ohne Dehatte die einmaligen Ausgaben.
Es folgt der Etat der indirekten Steuern.
Die Einnahmen und dauernden Ausgaben werden ohne Debatte bewilligt.
Die Berathung des Extraordinariums wird um 3is, Uhr auf Dienstag 11 Uhr vertagt (außerdem Etat der Bau— verwaltung).
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