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Die Königliche Akademie der Künste hat durch die im Januar d. J. statutenmäßig vollzogenen Wahlen zu ordent⸗ lichen Mitgliedern gewählt:
I) den Maler, Professor Ludwig Bokelmann,
2) den Architekten, Professor Joh. E. Jakobsthal, 3 den Architekten Bruno Schmitz,
4) den Radierer Max Klinger,
sämmtlich in Berlin,
3 den Maler W. A. Bouguereau in Paris. Diese Wahlen haben die vorschriftsmäßige Bestätigun des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗ Angelegenheiten erhalten. Berlin, den 27. Februar 1894. Der Präsident der Königlichen Akademie der Künste. C. Becker.
Hauptverwaltung der Staatsschulden.
Bekanntmachung.
Bei der heute öffentlich in Gegenwart eines Notars bewirkten Verloosung der 4prozentigen Potsdam⸗ Magdeburger Eisenbahn-Obligationen Litt. A. sind folgende Nummern gezogen worden:
1436 bis 1438, 1444, 1447, 1450, 1451, 1454, 1455, 1457 bis 1459, 1462, 1466, 1468, 1469, 1475, 1477, 1481, 1489, 1492, 1494 bis 1496, 1499, 1504, 15095, 1507, 1516, 1518, 1521 bis 1523, 1526, 1527, 1529, 1531, 1532, 1536, 1538, 1540, 1542, 1545, 1550, 1551, 1553, 1564 bis 15856, 1568 bis 1572, 1574, 1580, 1581, 1583 bis 1585, 1588 bis 1591, 1597, 1598, 1600, 1605, 1606, 1608, 1611 bis 1614, 1618, 1621, 1625, 1626, 1640, 1642, 1646, 1648, 1653, 1658, 1660, 1661, 1664, 1666, 1670 bis 1678, 1681, 1682, 1684, 2609, 2610, 2613, 2616, 2617, 2619, 2621, 2625, 2628, 2632, 2635, 2637, 2640, 2644, 2649, 2651, 2652, 2655, 2657, 2662, 2672, 2674, 2676, 2677, 2683, 2687, 2689, 2694, 2696, 2699 bis 2701, 2705, 2706, 2711, 2712, NI4 bis 2717, A2I, 22, 2724, 2725, 28, 2729, 2731 bis 2734, 5668 bis 5670, 5672, 5674, 5678, 5683 bis 5685, 5687, 5689, 5693 bis 5697, 5699, 5701, 5702, 5706, 5716 bis 5722, 5724 bis 5729, 5731, 5732, 5737, 5738, 5742 bis 5744, 5746, 5748, 5754 bis 5758, 5760, 5761, 5769, 5775, 5785 bis 5787, 5790, 5799, 5800, 5803, 5804, 5809, 5812, 5814, 5817, 5818, 5824 bis 5827, 5829, 5831 bis 5836, 5838 bis 5840, 5842, 5847 bis 5850, 5852, 5853, 5856 bis 5860, 5862, 5874, 5876, 5877, 5879 bis 5883, 5885, 6595 bis 6600, 6605 bis 6608, 6613, 6614, 6616, 6617, 6621, 6623 bis 6625, 6627 bis 6629, 6639, 6643, 6644, 6648, 6650, 6655, 6658 bis 8662, 6664, 6670, 6675 bis 6677, 6679, 6680, 6683, 66584,
zusammen 291 Stück über je 200 Thlr. — 58 200 Thlr. oder 174 600 S
Dieselben werden den Besitzern zum 1. Juli 1894 mit der Aufforderung gekündigt, die in den ausgeloosten Nummern verschriebenen Kapitalbeträge vom 2. Juli 1894 ab gegen Quittung und Rückgabe der Obligationen und der nach diesem Termine zahlbar werdenden Zinsscheine Reihe IX Nr. 2 bis 12 nebst Anweisungen zur Abhebung der nächsten Reihe bei der Staatsschulden-Tilgungskasse in Berlin, Taubenstraße 29, zu erheben. Die Zahlung erfolgt von 3 Uhr Vormittags bis 1 Uhr Nachmittags, mit Ausschluß der Sonn⸗ und Festtage und der letzten drei Geschäftstage jeden Monats.
Die Einlösung geschieht auch bei der Bank für Handel und Industrie in Darmstadt und deren Filiale in Frankfurt a. M, bei sämmtlichen Regierungs-Hauptkassen sowie in Frankfurt a. M. bei der Kreiskasse. Zu diesem Zweck können die Effekten einer dieser Stellen schön vom 1. Juni 1894 ab eingereicht werden, welche sie der Staatsschulden-Tilgungskasse zur Prüfung vorzulegen hat und nach erfolgter Feststellung die Auszahlung vom 2. Juli 1894 ab bewirkt.
Der Betrag der etwa fehlenden Zinsscheine wird vom Kapital zurückbehalten.
Vom 1. Juli 1894 ab hört die Verzinsung der verloosten Obligationen auf. .
Zugleich werden die bereits früher ausgeloosten, noch rück— ständigen Obligationen:
Aus der Kündigung zum 1. Juli 1885. Abzuliefern mit Zinsscheinen Reihe UI Nr. Sbis 12 und Anweisung zur Abhebung der Reihe VIII.
Nr. 3603.
Aus der Kündigung zum 1. Juli 1890. Abzuliefern mit Zinsscheinen Reihe 7NI Nr. 6 bis 12 und Anweisungen zur Abhebung der Reihe KR.
Nr. 777, 6892.
Aus der Kündigung zum 1. Juli 1891. Abzuliefern mit Zinsscheinen Reihe VII Nr. 8 bis 12 und Anweisungen zur Abhebung der Reihe ITX.
Nr. 3965, 4006, 7368, 7388.
Aus der Kündigung zum 1. Juli 1892. Abzuliefern mit Zinsscheinen Reihe VII Nr. 10 bis 12 und Anweisungen zur Abhebung der Reihe IX.
Nr. 135, 191, 192, 1016, 1020, 1021, 1242, 3977, 4010,
5465, 5542.
Aus der Kündigung zum 1. Juli 1893. Abzuliefern mit Zinsscheinen Reihe VII Nr. 12 und Anweisungen zur Abhebung der Reihe LX.
Nr. 2793, 2804, 2827, 2834, 336, 3536, 3542, 3550,
3567, 3568, 4159, 4160, 4190, 4876, 1712 bis
14, 4716, 7245, 7246, 7269. wiederholt und mit dem Bemerken aufgerufen, daß deren Ver⸗ zinsung aufgehört hat, und daß dieselben werthlos werden, wenn sie, während dreier Jahre nach dem Zahlungstermin jährlich einmal zur Empfangnahme der Zahlung oͤffentlich aufgerufen, nicht innerhalb zehn Jahren nach dem letzten be⸗ züglichen öffentlichen Aufruf zur Einlösung vorgezeigt worden sind.
Die Staatsschulden⸗Tilgungskasse kann sich in einen Schriftwechsel mit den Inhabern der Obligationen über die Zahlungsleistung nicht einlassen.
Formulare zu den Quittungen werden von sämmtlichen oben gedachten Einlösungsstellen unentgeltlich verabfolgt.
Berlin, den 2. Januar 1894.
Hauptverwaltung der Staatsschulden. von Hoffmann.
Aichtamtliches.
Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 28. Februar.
Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute Vormittag um 10 Uhr den Vortrag des Chefs des Zivil- kabinets, Wirklichen Geheimen Raths Dr. von Lucanus und um 111 Uhr den Vortrag des Ministers des Königlichen Hauses von Wedel entgegen.
Ein hiesiges Witzblatt macht sich seit mehreren Wochen um Organ gehässiger Angriffe gegen einige hohe Beamte kan auswärtigen Dienst es. Diese Angriffe entbehren jeder thatsächlichen Begründung. Sie erscheinen lediglich als der Ausfluß einer unbekannten persönlichen Gegnerschaft, die
zu charakterisieren.
Der Königliche Gesandte in Karlsruhe, Wirkliche Geheime Rath von Eisendecher ist von dem ihm Allerhöchst be⸗ willigten kurzen Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
Der Bevollmächtigte 2 Bundesrath, Senator der freien Hansestadt Bremen Dr. Marcus ift von Berlin wieder ab⸗ gereist.
Das Ober⸗Kommando der Marine giebt folgende Schiffs⸗ bewegungen bekannt:
S. M. S. „Alexandrine“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän Schmidt, ist am 27. Februar in Isla Flores bei Montevideo eingetroffen.
S. M. Kanonenboot, Wolf“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän Kretschmann, ist am 27. Februar in Hiogo ein—⸗ getroffen und will am 3. März nach Nagasaki gehen.
S. M. S. „Sperber“, Kommandant Korvetten Kapitän von Arnoldi, ist am 27. Februar in Sansibar eingetroffen und will am 3. März von da nach Kapstadt in See gehen.
Danzig, 27. Februar. Der 17. Landtag der Pro—⸗ vinz Westpreußen ist heute durch den Ober-Präsidenten, Staats-Minister Dr. von Goßler mit folgender Ansprache eröffnet worden:
Hochgeehrte Herren!
Als Königlicher FKommissarius habe ich die Ehre, den West⸗ preußischen Provinzial⸗Landtag bei seinem 17. Zusammentreten zu be⸗ grũßen.
Aus neuen Wahlen hervorgegangen, ist die Versammlung infolge der Vermehrung der Einwohnerzahl Danzigs um ein Mitglied ge⸗ wachsen. In ihrer Mitte vermissen wir zum ersten . zwei Männer, welche Jahrzehnte lang ihre reichen Kräfte für das Wohl der Provinz eingesetzt hatten — unter ihnen den ersten langjährigen Vorsitzenden des Provinzial - Ausschusses, dessen Name für alle Zeit mit dem Werden und Gedeihen West⸗ preußens untrennbar verbunden ist. Mehr als der vierte Theil der Derren Abgeordneten hat dem Landtage noch nicht angehört. Das Vertrauen empfängt sie, daß sie, wie ihre Vorgänger, ihr Wollen und ihr Können rückhaltlos in den Dienst der Provinz stellen und in der Förderung der gemeinsamen Interessen stets das Mittel der Einigung auch im Widerstreite der Meinungen finden. Nur durch das vertrauensvolle Zusammenwirken aller berufenen Organe wird es dem mübsam arbeitenden und hbescheiden ausgestatteten Westpreußen gelingen, seinen Aufgaben wie bisher gerecht zu werden.
Die Beschlüsse des 16. Provinzial⸗Landtags haben die staatliche Genehmigung, soweit sie solcher bedurften, gefunden. Nur binsichtlich des Erlasses einer neuen Wegeordnung ist seinem Votum eine weitere Folge noch nicht gegeben. Bei dem Widerspruch, welchen die Ver⸗ tretungen der in ähnlicher Lage befindlichen Provinzen gegen den Ent- wurf erhoben haben, erschien es für die schließliche Durchführung dieser Reform in der Beschränkung auf Westpreußen zweckmäßiger, die Wegeordnung zur Zeit nicht als Gesetzentwurf dem Landtage der Monarchie vorzulegen. Es steht zu hoffen, daß unter der weiteren Förderung des Chausser⸗ und Gemeindewegebaues wenigstens die schwersten der aus einer veralteten Gesetzgebung entspringenden Unzu⸗ träglichkeiten überwunden werden.
Mit lebbaftem Dank sind die zu Gunsten der Landwirtbschaft gefaßten Beschlüsse des 16. Landtags von den Betheiligten begrüßt worden. Mögen die Bewilligungen auch der Ziffer nach nicht hobe Beträge darstellen, so haben sie doch das Vorwärtsstreben auf wich tigen Gebieten der Landeskultur, die Fortsetzung von aussichts⸗ vollen Meliorationen gefördert und auch ihrerseits dazu beigetragen, den am schwersten zu überwindenden Gegner des Landmanns, den , . zurũckzudrängen. Alle Vorschläge, welche der Provinzial-⸗
usschuß in dieser Richtung dem Landtag unterbreitet, seien Ihrer wohlwollenden Prüfung auf das wärmste empfohlen.
Die Anwendung des Kleinbahngesetzes hat in dem abgelaufenen Jahr in unserer Provinz erkennbare Fortschritte nicht gemacht. Fasft hat es den Anschein, daß durch prinzwwielle Erörterungen die Lösung der hierbei zahlreich auftauchenden Zweifel erschwert wird und nur an der Hand praktischer Erfahrung die Voraussetzungen gefunden werden können, unter denen das mit so viel Erwartungen begrüßte Gesetz bei uns Leben und Gestalt gewinnt.
In dem Mittelpunkt Ihres Interesses steht die Vorlage über die Aufnahme einer Anleibe von 16 Millionen Mark für Zwecke der
die Ro
genommen werden.
Mögen Sie bei dieser wie bei allen auf Geldbewilligung ge⸗ richteten Vorlagen die richtige Grenzlinie zwischen zurückbaltender Sparsamkeit und wirthschaftlicher Kapitalsanlage finden; möge durch 2 Beschlüsse das Wohl unserer Provinz ig und Förderung erfahren.
Mit diesem Wunsch erkläre ich auf Allerhöchsten Befehl den 17. westpreußischen Provinzial Landtag fũr eröffnet.
sich scheut, offen hervorzutreten. Es genügt, dieselben hiermit
Der Alters⸗Präsident Geheime Regierungs-Rath Engler übernahm sodann den Vorsitz und 2 unter Hinweis auf die hohe Bedeutung des heutigen Tages in ergreifenden Worten des angestammten Landesvaters, unter erneuter Ver⸗ sicherung der unwandelbaren Treue und Hingebung der Ver⸗ sammlung. Er schloß seine Ansprache mit einem 1 aufgenommenen dreimaligen Hoch auf Seine Majestät den Kalser und König. Zum Vorsitzenden wurde sodann durch Acclamation der Abg. von Graß⸗Klanin, zum stell vertretenden Vorsitzenden der Geheime Regierungs⸗Rath von Gramatzki
gewählt. Hessen.
Der Zweiten Kamm er ist ein Gesetzentwurf zugegangen, worin die Bewilligung eines weiteren zu Zi / Proz. verzins⸗ lichen Anlehens in Höhe von 2500 000 S für Zwecke der Landes⸗Kreditkasse verlangt wird, sowie ein Gesetzentwurf, wonach gemeinnützige, auf die Errichtung von Wohnungen für Unbemittelte gerichtete Unternehmungen von Gerichtsgebühren und Stempel befreit sein sollen.
Oldenburg.
(H). Der dem Landtag vorgelegte Gesetzentwurf über abändernde Bestimmungen zu dem Geseßz über die Beförderung der Pferdezucht im r, . wurde vorgestern in erster , angenommen. r Gesetzentwurf will u. a., daß nur von Erbfehlern freie Hengste angekört werden dürfen, und daß über die Frage, welche Fehler als Erbfehler anzusehen sind, von der Körungskommission entschieden werden soll. Ein von dem Verwaltungsausschuß unter dem Hervorheben, daß im Lande zwei Stammregister des oldenburgischen Kutschpferdes geführt würden lein staatliches und ein privates), gestellter Antrag, „die Staatsregierung zu ersuchen, auf die Einrichtung eines Oldenburger Gestütbuchs, in welches sämmtliches Zuchtmaterial von dem Typus des Oldenburger Pferdes zwangsweise einzutragen sei, Bedacht zu nehmen und dem Landtage einen darauf bezüglichen Gesetzentwurf vor⸗ zulegen“, wurde vom Landtage angenommen.
Braunschweig.
Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzogthums Braunschweig, hat sich vorgestern Nacht zu mehrtägigem Aufenthalt nach Schloß Reinhardshausen bei Erbach begeben. Im Gefolge be— fanden sich der Rittmeister von Stangen und der Premier⸗ Lieuten ant von der Osten.
Sach sen⸗Altenburg.
Der Landtag ist am 26. d. M. zur Wiederaufnahme seiner Berathungen zusammengetreten. Der Staats-Minister von Hell dorf theilte der Magd. Ztg.“ zufolge mit, daß der schwere Unfall, der Seine Durchlaucht den Prinzen Ernst betroffen habe, nach dem Ausspruch der Aerzte zwar eine langwierige, aber doch vollständige Genesung erhoffen lasse.
Schwarzburg⸗Nudolfstadt.
Der Landtag ist gestern, nachdem die Verhandlungen längere Zeit ausgesetzt gewesen waren, wieder zusammengetreten. In der gestrigen Sitzung wurde die, vom Landtag in seiner Sitzung vom 16. Dezember v. J. gewünschte und vom Ministerium nunmehr vorgelegte, vergleichende Uebersicht über die Zahl der Höchstbesteuerten im Fürstenthum vor und nach Inkrafttreten der neuen Steuergesetze, da mög⸗ licher Weise sich eine Aenderung des Wahlgesetzes nothwendig machen könnte, dem Rechtsausschuß überwiesen Demselben Ausschuß wurde ferner zur Vorberathung ein Gesetzentwurf über die Abänderung des Gesetzes wegen der Erbschaftsabgaben, dem Finanzausschuß der Entwurf des ordentlichen Etats für die nächste Finanzperiode, dessen Be— schlußfassung seiner Zeit ausgesetzt worden war, überwiesen.
Oefsterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser, Allerhöchstwelcher Wien gestern früh ver⸗ lassen hatte, hat am Mittag die Reise von Wi. fortgesetzt. Die Ankunft in München erfolgte gestern Abend gegen? Uhr. Kurz nach 9 Uhr reiste der Kaiser von dort mit dem Kurier— zuge über Lindau, Zürich, Luzern, den St. Gotthard nach Chiasso, wo die Ankunft heute Nachmittag erfolgen sollte. Nach einstündigem Aufenthalt wird der Kaiser dann über Mailand nach Genua und von dort Abends 111 Uhr mittels Separat— zuges nach Mentone weiterreisen, wo Allerhöchstderselbe morgen fruͤh 6 Uhr einzutreffen gedenkt. Die Kaiserin ist bereits gestern in Mentone angekommen.
Das „K. K. Telegraphen⸗-Korrespondenz-Bureau“ erklärt, die von den Zeitungen gebrachten und auch im Auslande ver⸗ breiteten Nachrichten von angeblichen militärischen Vor⸗ bereitungen an der ungarisch-serbischen Grenze seien offenbar auf die bereits nachdrücklichst dementierte Mel⸗ dung eines ungarischen Blattes zurückzufuͤhren und beruhten insgesammt auf willkürlicher Erfindung.
Im Budgetausschuß des Abgeordnetenhauses führte gestern der Minister⸗Präfident Fuͤrst Windischgrätz auf die Bemerkung des Abg. Herold, wonach im Kabinet verschiedenartige Anschauungen vertreten seien, aus, es sei selbstverständlich, daß die Minister als einiges Ministerium daständen auf Grund ihrer übereinstimmenden Ueberzeugung, sowie auf Grund des Programms, das er — der 5 Präsident — der Legislative vorgetragen habe. Auf eine Anfrage über das Verhalten des Ministeriums gegenüber der Gleichberechtigung der einzelnen Völkerschaften erklärte der Fürst Windischgrätz, die Regierung werde sich die bezüglichen Gesetze und Ver⸗ ordnungen allezeit vor Augen 1 und gegenüber allen Völkerstämmen mit gleichem Wohlwollen vorgehen. Bei der Berathung der verschiedenen Ressorts werde sich Gelegenheit finden, auf die hierher gehörigen Fragen zurückzukommen. Bezüglich des Prager Ausnahmezustandes erklärte der Minister⸗Präsident, es sei an die Regierung appelliert und ihre Hochherzigkeit angerufen worden. Die Regierung habe sich nicht leichthin entschlossen, eine so ernste Maßregel zu treffen. Es würde thatsächlich ein Akt von Hoch⸗ herzigkeit sein, wenn diejenigen, welche vermöge ihrer Stellung und ihres Ansehens im böhmischen Volke hierzu berufen seien, ihren Einfluß dahin geltend machen wollten, daß Verhãltnisse einträten, die es der Regierung ermöglichten, den Ausnahme- zustand wieder aufzuheben. Auf die Frage nach den Mitteln, welche die Regierung für geeignet halte, um
eine Lösung der böhmischen Frage herbeizuführen,
lage.
antwortete der Minister⸗Präfident, er sei von seinem Standpunkte nicht in der Lage, den Ausdruck „böhmische Frage zu acceptieren; die Regierung habe übrigens nicht allein
bie Mittel, befriedigende Zustaͤnde in Böhmen herbeizuführen;
hierzu bedürfe sie auch der Mittel, die von anderer Seite . werden könnten. Die Regierung halte sich die
ichtigkeit der angeregten Fragen sozialpolitischer Natur voll⸗ kommen vor Augen. Alsdann wies der Furst Windischgrätz
auf die die Arbeitsst atistit betreffende Vorlage hin; die
Regierung werde auch Anregungen, die aus der Initiative des auses hervorgingen, aufmerksam verfolgen und nach Um⸗ sländen unterstützen. Betreffs der Wahlreform hoh der Minister⸗Präsident hervor, daß die Grundsätze auf der Basis der Regie rungserklärung aufgestellt seien und Gegenstand weiterer ö sein würden. Bezüglich der Ver⸗ handlungsspraché des Verwaltungs gerichts ofs wies der Minister-⸗Präsident auf die Erklärung des Präsidenten Belcredi hin und betonte, daß die Verhandlungssprache die deutsche sei. Der Dispositionsfonds wurde mit allen gegen die Stimmen der Jungezechen bewill igt
In Prag wurde heute früh vor einem Vorschußkassen⸗ gebäude eine en,. Glasbombe gefunden, die mit B g Sprengpulver gefüllt und von einer mit Eisennägeln durchsetzten Gipsschicht umgeben war. Die Lunte war bereits erloschen.
Großbritannien und Irland.
Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich traf gestern Vormittag in Cambridge ein und besuchte in Begleitung des Dr. Waldstein vom King's College die Sehenswürdigkeiten in der Universität. Um 5 Uhr fers Ihre Majestät nach London zurück.
Gestern früh waren in London aufs neue Gerüchte von einer angeblich unmittelbar bevorstehenden Demis⸗ sion des Premier-Ministers Gladstone verbreitet, die der Schwäche des Sehvermögens Gladstone s zugeschrieben wurde; durch dies 2 des Seh⸗ vermögens werde ihm absolute Ruhe auferlegt. Man sprach von Lord Rosebery als 3 Gladstone s. Das „Reuter'sche Bureau“ hat infolge dieser Gerüchte gestern früh bei dem Premier⸗Minister Erkundigungen eingezogen und die Antwort erhalten, daß alle diese Gerüchte ohne sede Be⸗ gründung seien.
Frankreich.
Der Ministerrath hat, wie „W. T. B.“ meldet, in seiner gestrigen Sitzung beschlossen, einen Kredit von 17 000 Fr. zu verlangen, um die durch die anarchistischen Attentate
vom 12. und 20. d. M. betroffenen Opfer schadlos zu halten beziehungsweise zu unterstützen.
Der Senat berieth gestern die Getreidezoll⸗Vor⸗
Der Ackerbau⸗Minister Viger hielt den Zoll von 7 Fr. aufrecht. Nach Schluß der allgemeinen Berathung wurde der Gesetzentwurf in der von der Kammer votierten Fassung mit 189 gegen 32 Stimmen angenommen. Der Senator Trarienx legte sodann einen Bericht über die Petition französischer Inhaber von ÄAbliga⸗ tionen der portugiesischen Eisenbahn-⸗Gesell— schaft vor. In dem Berichte wird ein . Vorgehen der Regierung gegen Portugal verlangt, damit eine Ab— änderung der Konversion herbeigeführt und die uneinge— schränkte Aufrechterhaltung der Rechte der Obligationsinhaber sowie die Beseitigung jeglichen Vorrechts und die Verifikation der Summe der Schuldforderungen bei der Liquidation sicher⸗ gestellt werde. Der Bericht schließt mit dem Antrage, die Petition dem Ministerium des Auswärtigen zu überweisen.
Gestern Vormittag wurden weitere zehn Haussuchungen bei Anarchisten vorgenommen und sechs Personen, dar⸗ unter ein Italiener Namens Novi, verhaftet. Der Schwur⸗
gerichtshof verurtheilte gestern den Anarchisten Marpegux
zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe. Marpeaux hatte einen Polizeiagenten, der ihn wegen Diebstahls verhaften wollte, getödtet. Rußland. Ein gestern Nachmittag 54 Uhr über das Befinden des Miniflers von Giers ausgegebenes Bulletin lautet nach
einer Meldung des W. T. B.“ aus St. Petersburg: Der
Puls ist in ungefähr sechs Stunden von 72 auf 90 gegangen, der Patient leidet zeitweilig an Herzbeklemmungen ohne Athemnoth.
Vom 1. Januar bis 1. Dezember 1893 betrug die Ausfuhr 537 314 000 Rubel gegen 431 063 000 Rubel im Jahre 1892,
die Einfuhr 387 801 000 Rubel gegen 341 178000 Rubel.
Italien.
In der gestrigen Sitzung des Senats wurde, wie „W. T. B.“ berichtet, auf Antrag des Schatz⸗Ministers der Bericht über das Dekret vom 8. November 1892, wonach der Rechnungshof die Einfuhrzölle unter dem Vorbehalte der Zahlung in Metallmünze registrierte, von der Tagesordnung abgesetzt.
⸗ 8 der gestern in der Deputirtenkammer fortgesetzten Berathung der Interpellationen über die innere Lage entwickelte der Deputirte Di San Giuliano seine Inter⸗ pellation über die von der Regierung getroffenen Maßnahmen und über ihre Absichten hinsichtlich Siziliens. Redner billigte das Verhalten der Regierung, warnte vor der vor— zeitigen Aufhebung des Belagerungszustandes und lobte
as Verhalten der Armee sowie das Vorgehen des Generals Morra. Der Belagerungszustand bedeute keine Lösung; eine solche sei vielmehr durch wirthschaftliche und soziale Maßnahmen herbeizuführen. Der Deputirte Com andini brachte sodann eine Interpellation über die innere Politik ein und erklärte, er werde für das Ministerium stimmen. Der Deputirte Sapoxrito interpellierte über die anarchistische Be⸗ wegung in Sizilien und forderte auf, die Anarchisten zu bekämpfen; die Anarchie bedeute die Losreißung vom Vaterlande.
Der preußische Gesandte beim päpstlichen Stuhl von Bülow begah sich gestern nach dem Vatikan, um dem Pap st die Glückwünsche anläßlich der für den 3. März bevorstehenden Wiederkehr des Kröͤnungstages auszusprechen.
Spanien.
Aus Tanger ist in Madrid die Nachricht eingetroffen, daß der Marschall Martinez Campos am 23. und 25. d. M. längere Unterredungen mit dem Gr oßvezier gehabt habe.
Rumänien. Die an n,, ist nach einer Meldung des ‚W. T. B. bis zum 27. März verlängert worden.
Im Senat interpellierte gestern Sturdza die Regierung wegen angeblich schlechter Beschaffenheit der Infanterie⸗Be⸗ waffnung und wegen des Mangels an Pulver. Der Kriegs⸗ Minister Lahovary wies diese Behauptungen als Phantaste⸗ gebilde zurück und führte das Urtheil fremder Offiziere an, welche die rumänische Armee als eine vortreffliche bezeichnet hätten. Hiermit war der Zwischenfall erledigt. — Der Kammer wurde gestern der österreichisch-rumänische Han delsvertrag vorgelegt. Bulgarien. Die Besserung in dem Befinden der Prinzessin Ferdinand von Sachsen-Coburg dauert, dem, W. T. B.“ zufolge, an. Der Professor Neusser ist gestern von Sofia abgereist. —̃ Bei den Ergänzungswahlen zur Sobranje wurden zwei Anhänger der Regierung gewählt. Eine Wahl wurde durch den Ausbruch ernster Ruhestörungen gehindert.
Amerika.
Nach Meldungen des „New -York Herald“ aus Monte⸗ video wäre der Dampfer der brasilianischen Aufständischen „Jupiter“ durch die Batterien des Regierungskreuzers „Nictheron“ in den Grund gebohrt worden. Die ge⸗ sammte Mannschaft soll ums Leben gekommen sein. In Paris eingetroffenen Nachrichten aus Rio de Janeiro zu⸗ folge habe auf dem Dampfer der Aufständischen Venus“ eine Explosion stattgefunden, durch die der Kommandant, zwei Offiziere und etwa 30 Matrosen getödtet und etwa 50 Personen verletzt worden seien. Gerüchtweise verlaute, der Regierungsdampfer „Nietheroy“ habe, von Bahia kommend, 506 Mann in Cabo Frio gelandet; die übrigen Kriegsschiffe Peixoto's seien im Herannahen begriffen; die Lage der Aufständischen sei eine schwierige. ⸗
Nach Meldungen aus Buenos Aires ist der Belage— rungszu stand daselbst aufgehoben worden.
Afrika.
Bei der französischen Regierung sind, wie ‚W. T. B.“ aus Paris berichtet, nähere Mittheilungen über die Ope⸗ rationen der Kolonne des Kommandanten Zoffre eingegangen, die besagen, die Kolonne bestehe aus anderthalb Kompagnien sudanesischer Schützen, einer Eskadron Spahis und zwei Gebirgskanonen. Die Kolonne sei am 27. Dezember vom Niger aufgebrochen und am 26. Januar in Goundam ange⸗ langt. Die Tuaregs seien durch Kanonenfeuer zerstreut worden und nach dem Norden geflüchtet. Sie befänden sich gegenwärtig un⸗ gefähr vier Tagemaäͤrsche von der Kolonne entfernt. Diese sei am 9. d. M. an dem Orte eingetroffen, wo die Expedition Bonnier am 15. Januar niedergemetzelt worden; die Leichen der Offiziere und Unteroffiziere seien aufgefunden und nach Timbuktu transportiert worden. Der Gesundheitszustand der Kolonne sei ein befriedigender. Die Bevölkerung, die durch die Plünderungen der Tuaregs erschöpft sei, habe die Franzosen freundlich aufgenommen.
Nach einer in London eingetroffenen Depesche des Admirals Bedford aus Bathurst wäre am Montag eine größere feindliche Abtheilung in das britische Lager einge— drungen, sei aber nach zweistündigem Kamofe zurück— geschlagen worden. Drei Marinesoldaten seien verwundet.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Bericht über die gestrige Sitzung des Reichs⸗ tags befindet sich in der Ersten, der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten in der Ersten und Zweiten Beilage.
— In der heutigen 59. Sitzung des Reichstags, welcher der Reichskanzler Graf von Caprivi, die Staatssekretäre Dr. von Boetticher und Freiherr von Marxrschall, sowie der Königlich preußische Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen beiwohnten, wurde die erste Berathung des russi⸗ schen Handelsvertrags und des Antrags von Kar⸗ dorff wegen Erhebung von 3 bei ö fortgesetzt.
Abg. Richter fr. Volksp.):; Der Abg. Dr. von Bennigsen hat gegen den Schluß seiner Rede behauptet, daß er nicht mehr lange im politischen Leben stehen würde. Wenn er diese Bemerkung nicht gemacht hätte, würden mir seine Ausfälle gegen die Linke unerklärlich gewesen sein, die doch gerade die geschlossene Phalanx bildet für den Handelsvertrag, dessen Zustandekommen er selbst überaus wünscht. Er hat der linken Seite, speziell wohl der Fortschrittspartei vorgeworfen, daß sie gegen das Einigungswerk 1867, sogar unter Aufstachelung des preußischen Partikularismus, aufgetreten sei und das Zustandekommen der Reichs- verfassung zu hindern versucht habe. Wie ist die Sache? Die deutsche Einheit war auf den Schlachtfeldern zusammengeschweißt und durch Verträge sicher gestellt. Es handelte sich nur darum, in der Reichsverfassung ein bescheidenes Maß innerpolitischer Freiheit fest⸗ zustellen. Wir wollten die konstitutionellen Rechte, welche in der preußischen Verfassung für 25 Millionen Einwohner bereits vorhanden waren, auf die norddeutsche Bundesverfassung mit 30 Millionen Ein⸗ wohnern übertragen. Wenn die Regierung nicht das verantwortliche Minister⸗Kollegium versagt, das Ausgaberecht in Militärsachen be⸗ schränkt, die Diäten der Abgeordneten und manches andere vorenthalten hätte, würden wir einstimmig für die Reichsverfassung gestimmt haben. Es ist derselbe Adel, der sich in hohe Aemter einzudrängen sucht unter Zurückschiebung des bürgerlichen Elements, der Steine zwischen die Räder des Staatswagens wirft, um den Fortschritte der Zeit auf⸗ zuhalten. Die gestrige Rede des Abg. Dr. von Bennigsen wird nicht dazu beitragen, die Anmaßung dieses Junkerthums zu dämpfen, sie steht in grellem Widerspruch mit der Rede vom Februar 1892. Damals appellierte der Abg. Dr. von Bennigsen an die gesammte freisinnige Partei, daß sie näher zusammenrücken möge mit dem Liberalismus, mit der nationalliberalen Partei, weil es die Noth der Zeit erbeische. Wenn der Abg. Pr. von Bennigsen eine Schluß⸗ rede seiner parlamentarischen Thätigkeit halten wollte, so wäre mir jene Rede weit lieber gewesen als die gestrige zur Ver⸗ herrlichung des Junkerthumß. Und dann: wie kommt der Abg. Dr. von Bennigsen dazu, hier den Zensor und Lehrmeister für andere Parteien zu spielen. Kehren Sie (Mm Abg. Dr. von Bennigsen) doch vor der Thür ihrer eigenen Partei. Hier bei uns ist die geschlossene Phalanx, die hinter der Regierung steht, weil wir zu jeder Zeit alle , . unter⸗ stützt haben zum Zweck einer friedlichen Verständigung der Nationen und zur Erleichterung des Verkehrs. Fürst Bismarck hat im Ab⸗ geordnetenhause ausdrücklich zugegeben, daß, wenn er gemußt hätte, er Rößere Konzessionen in liberaler gJichtung emacht haben würde. Daß diese Nothwendigkeit an den Fürsten . nicht heran⸗ 6 ist, das haben in erster Reihe die neu eingetretenen annoverschen Abgeordneten verschuldet. Die Herren waren glücklich, daß die welfische Dynastie abgesetzt war, sie waren andererseits von Vertrauens seligkeit gegenũber der 8 Regierung erfüllt und hatten kein Auge für die reaktionären Bestrebungen, mit denen wir
im alten Preußen immer zu kämpfen gehabt haben. Unsere schweren
Kämpfe für den Liberalismus galten den Hannoveranern
3 als bervorgegangen aus Rechthaberei und fortgeseßt aus Miß⸗ . ho? damals fehlte ihnen das . für die Bebeutung des altpreußischen Junkerthums; denn im Westen Deutschlands
gekommen war, schärfer eingegriffen und alles fortgefegt, was an ver= alteten Ginrichtungen aus früheren Jabrhunderten noch bestand. Im Weften Deutschlands war das Gefühl der politischen Gleichberechtigung weit tiefer eingedrungen und deshalb hat sich dort ein so ches Junkerthum nicht zu erhalten gewußt. Die Stein- Harden derg'sche Gesetzgebung hat auf dem platten Lande auch nicht alles Üeberlebte zu beseitigen vermocht. An diesen Ueberresten hat 1 das Junkerthum besonders in den ostelbischen Provinzen anzu⸗ flammern und emporzuranken gesucht. Wir unterscheiden sehr scharf zwichen Adel und Junkerthum. Der Adel findet sich in allen politischen Parteien, das Junkerthum ist aber zumeist jener Kleinadel, der pochend auf seinen alten Namen die Anforderungen der Gegenwart nicht mehr zu erfüllkn vermag, dessen Anmaßung in grellem Wider⸗ spruch steht zu seiner persõnlichen Leistungs fähigkeit und sozialen Bedeutung. Auch als Fürst Bismarck die ersten Handelsverträge vorlegte, hat die Fortschrittspartei, obwohl sie ihm gegenüber im leb⸗ baftesten Verfaffungskonflikt sich befand, zusammen mit den Konfervativen die Handelsverträge der sechziger Jahre stets unter stũtzt. Die Nationalliberalen sind gespalten, sie wissen selbft heute noch nicht, wie viel von ihnen für und gegen den Vertrag stimmen werden und wie viele die frische Luft bei der Abstimmung aufsuchen werden. Noch gestern hat die Ngtionalliberale Korrespondenz angekündigt, daß einige ihrer Parteigenossen, weil sie nicht wüßten, ob sie ja oder nein sagen sollten, sich der Abstimmung enthalten würden. Wäre die nationalliberale Partei in der Frage der Handelsverträge geschlossen, fo wäre von vornherein überhaupt gar kein Zweifel gewesen an der Annahme des rumänischen und jetzt des russischen Handelsvertrags. Weil sie gespalten sind, daruin diese Unsicherheit. Handel und Industrie können sich nicht auf diesen Vertrag einrichten, darum kann die Re⸗ jerung den Zollkrieg nicht schon vor dem Inkrafttreten des Vertrags , . Die Spaltung der Nationalliberalen ist auch wesentlich die Schuld des Abg. Dr. von Bennigsen. Er hat immer verkündigt, daß wirtbschaftspolitischen Fragen gegenüber die nationalliberale Partei sich neutral verhalten müsse. Das mochte Sinn haben, als die wirthschaftspolitischen Fragen noch sekundärer Ärt waren, wie vor 30 Jahren, aber seitdem sind die wirthschafts⸗ politischen Fragen in den Vordergrund der parlamentarischen Erörterung gerückt, sie überragen in ihrer Bedeutung vielfach die politischen Fragen. Und hier ist eine wirthschaftspolitische Frage, die zugleich die allergrößte politische Bedeutung hat. Je mehr sich die wirthschafts⸗ politischen 8. vertiefen, je mehr die Interessenpolitik gezüchtet ist, desto mehr hätte die nationalliberale Partei die Aufgabe gehabt, ihre Parteigenossen zusammenzufassen für die allgemeinen Interessen des deutschen Volks und Vaterlandes. Statt dessen haben Sie die Interessenpolitik in Ihren. Reihen empor— wuchern lassen, die Agrarier sind stärker nnd stärker geworden, sodaß in vielen Wahlkreisen die Nationalliberalen kaum noch geduldet sind vom Agrarierthum. Was ist die Folge davon? Der große Appell des Abg. Dr. von Bennigsen unter Berufung auf die Bedeutung dieses Vertrags als einer europäischen Maßregel zur Sicherung des Friedens verhallt eindruckslos bei einem Theil seiner Parteigenossen, dem Theil, der als Hörige der Agrarier die Kette des imperativen Mandats hinter sich her schleift. Sie können noch so erhebend reden, es bleibt wirkungslos, denn Massa Agrarier will es anders.
(Schluß des Blattes.)
— Auf der Tagesordnung der morgigen 25. Plenarsitzung des Hauses der Abgeordneten (Beginn: Vormittags 11 Ubr) steht die Fortsetzung der zweiten Berathung des Staatshaushaltz⸗ Etats für 1893/95 und zwar des Etats des Ministeriums der geist⸗ lichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Der bei einem unfallversicherungspflichtigen Betriebe beschäftigte und hierbei durch Fahrlässigkeit des Betriebsunternehmers verletzte Arbeiter kann, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Straf⸗ senats, vom 260. November 1893, nicht neben, der ihm nach dem Unfallversicherungsgesetz zustehenden Entschädigung von dem wegen fabrlässiger Körperverletzung angeklagten Betriebsunter⸗ nehmer die im 5 231 Str. G.⸗B. neben der Strafe zugelassene Buße verlangen.
Kunft und Wissenschaft.
Am 22. Februar starb zu Athen in Folge eines Nierenleidens Habbo Gerhardus Lolling. In der Fremde heimisch geworden, bat er in treuer Arbeit auf dem Felde der Alterthum⸗wissenschaft Griechenland und Deutschland zugleich gedient, und hier wie dort wird sein Verlust schwer empfunden, wird Lolling schwer zu ersetzen sein. — Lolling stand erst im 46. Lebensjahre. Er war geboren am 23. No⸗ vember 1848 zu Tergast in Ostfriesland, studierte Philologie in Göttingen von 1868— 71 und nahm dann eine Hauslehrer— stelle bei dem damals Königlich vreußischen, nachher Kaiserlich deutschen Konsul, Buchhändler Carl Wilberg in Athen an. Die Gunst dieses Platzes für seine Studien - wußte er fleißig zu benutzen und, mit Land und Leuten Griechenlands rasch innig vertraut, bildete er sich namentlich zu einem gründlichen Kenner der Topographie von Griechenland und zu einem besonders zuverlässigen Arbeiter auf dem Gebiete der griechischen Epigraphik aus. So war er eine der tüchtigsten Kräfte, auf welche sich die Athenische Abtheilung des Archäologischen Instituts stützen konnte, als sie mit der Umwandlung des Instituts in eine Deutsche Reichs⸗ anstalt im Jahre 1874 ins Leben trat. Bis zum Jahre 1899 enthält fast jeder Jahrgang der Athenischen Mittheilungen des Instituts mehr als einen werthvollen Beitrag von Lolling's Hand, und von 1879 an stand Lolling dem Sekretariat des Instituts als ständiger Hilfsarbeiter zur Seite, bis er im Jahre 1888 in die Dienste der Königlich griechischen Regierung trat. Er wurde hier mit der Fürsorge für die Sammlung. Bewahrung und Herausgabe der Inschriften be⸗ traut, übernahm aber zugleich den 6 für die Sammlung der riechischen Inschriften der Königlich preußischen Akademie der . schaften den neuen Zuwachs zu verzeichnen. Mit der ungetheilten An⸗ erkennung seiner verdienstvollen Leistungen erwarb er sich den Dank der zahlreichen jüngeren Gelehrten zumal aus Deutschland, welche für ihre Studien auf griechischem Boden in Lolling den erfahrenen und stets willigen Berather und Genossen fanden. Sein Andenken bleibt Allen lieb und in Ehren.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
; Ernteaussichten in Spanien.
Fast aus allen Gegenden Spaniens lauten die Nachrichten über den Stand der Getreidefelder günstig. Nur an wenigen Orten hat die Witterung einen nachtheiligen Einfluß ausgeübt, und auch dort nur vorũbergehend.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Spanien.
Die Königlich spanische Regierung hat durch Verordnung vom 21. d. M. Quarantäne gegen Herkünfte aus Tripolis angeordnet, welche nach dem 22. v. M. abgegangen sind, und die von 23 Ort nicht weiter als 165 km entfernt liegenden Häfen für choleraverdächtig
erklart.
Fatte der eiserne Besen, der aus der französischen Revolution herüber
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