1894 / 53 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 02 Mar 1894 18:00:01 GMT) scan diff

würden Spannungen ausgesetzt, welche das Maß dessen überschritten, was in Wirklichkeit von ihnen gefordert werde. 1 manchmal Havarien vor, doch Gott sei Dank, sei ein so schwerer . wie bei der Brandenburg“, vorher noch nicht dagewesen. Das inglück sei durch das ö des Dampfrohres entstanden, man könne zwar das Aeußere der Rohre beobachten, das Innere aber bliebe verborgen. In Kiel angestellte Versuche hätten ergeben, daß die Umwicklung der Rohre deren Festigkeit bedeutend erböhe, man hahe daraufhin alle Rohre umwickeln lassen und weder Mühe noch Kosten gescheut. Auch bei der . seien alle Rohre um⸗ wickelt gewesen, und trotzdem sei das Unglück geschehen. Eines habe gefehlt: eine Sicherüng und dieser Mangel habe das Un glück herbeigeführt. Die Zeichnung, welche von dem Erbauer des Schiffs, dem „Vulkan“, vorgelegt worden war, habe diese Sicherung aufgewiesen. man babe daher annehmen dürfen, daß diese auf dem Schiffe unsichthare Sicherung thatsächlich vorhanden war. Wundern müsse man sich, wie der Vullan, bei seinen reichen praktischen Erfahrungen einer solchen Unterlassung sich habe schuldig machen können. Ein abschließendes Urtheil lasse sich indessen erst nach den Ergebnissen der eingeleiteten gerichtlichen Verhandlung fällen.

In der Kommission des Reichstags zur Berathung der vom Zentrum beantragten Novelle zur Konkursordnung wurden gestern folgende Paragraphen nach den Anträgen der Abgg. Gröber und Schwarze angenommen: § 208a. Schuldner, gegen welche die Eröffnung des Konkursverfahrens verfügt ist, sind bis zur Erlangung der Wiederbefähigung von folgenden Rechten ausge⸗ een. 4 von der Wählbarkeit zu Ehrenämtern in wirth⸗ chaftlichen Körperschaften, wie Gewerbekammern, Handelskammern, Innungen; 2) von dem Recht, auf der Börse als selbständige Kaufleute zu erscheinen, und von der Berechtigung, das Amt eines Handelsmaklers zu bekleiden; 3) von dem Recht, selbständig Handels⸗ ö unter einer nicht lediglich die Zeichnung ihres vollen Namens

Ruf⸗ und Familiennamens) enthaltenen Firma zu betreiben. Die welche das Konkursverfahren für den Gemein⸗ landesrechtlichen Bestimmungen in politischen Befugnisse

teschränkungen, schuldner nach der Ausübung der bürgerlichen und sowie der Ehrenrechte zur Folge hat, bestehen bis zur Erlangung der Wiederbefähigung. F 208 b. Wenn ein zur Führung von Handelsbüchern verpflichteter Kaufmann, welcher schon früher einmal und zwar nicht lediglich durch unverschuldetes Unglück in Konkurs gerathen war und inzwischen die Wiederbefähigung noch nicht erlangt hatte, abermals und zwar wieder nicht lediglich durch unverschuldetes Unglück in Konkurs kommt, so hat das Konkursgericht demselben die Befugniß, ein kaufmännisches Geschäft selbständig zu betreiben oder, durch, andere für seine Rechnung betreiben zu lassen, für die Zeit bis zur Erlangung der Wiederbefähigung abzuerkennen. Das Konkurs— ericht hat die zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlichen rhebungen von Amtswegen vorzunehmen und in den Gläubiger— versammlungen, insbesondere in dem Prüfungs⸗ und Vergleichstermin, dem Gemeinschuldner, dem Konkursverwalter und den Gläubi— gern Gelegenheit zur Aeußerung hierüber zu geben. Die Entscheidung des Gerichts in erster wie in zweiter Instanz erfolgt auf Grund mündlicher Verhandlung. Die Ab— erkennung der Befugniß zum Betrieb eineg kaufmännischen Geschäfts ist öffentlich bekannt zu machen und der Behörde für die Führung des Handelsregisters mitzutheilen. 5 2089. Im Falle der Er— öffnung des Konkursverfahrens steht hinsichtlich der Anwendung der in §S§ 208 a, 208 b angeführten Beschränkungen die Ablehnung der Konkurseröffnung wegen mangelnder Konkursmasse gleich. § 2084. Gegen den Gemeinschuldner, welcher den in den 55 2082 und 208 b angeführten Beschränkungen zuwider handelt, hat das Konkursgericht von Amtswegen mit Ordnungsstrafen bis zu 200 einzuschreiten. Sz 2086. Bei Beendigung, des Konkursverfahrens ist dem Gemeinschuldner auf seinen Antrag die Wiederbefähigung zu ertheilen, wenn die Zahlungsunfähigkeit desselben durch von ihm nicht verschuldete Ereignisse herbeigeführt ist. Die Entscheidung er⸗ folgt nach Anhörung des Verwalters, des Gläubigerausschusses und der in der Gläubigerversammlung erschignenen Konkursgläubiger. Zur Anhörung der Glaͤubiger bedarf es nicht der Anberaumung einer be⸗ sonderen Versammlung. Gegen die Entscheidung steht dem Gemein⸗ schuldner die sofortige Beschwerde zu, unter entsprechender Anwendung der Bestimmungen von § 174.

reichs oder

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Nach Art. 446 Abs. 1 des , kann ein zum Ab⸗ 6 fertiges Schiff wegen Schulden nicht mit Beschlag elegt werden; diese Bestimmung tritt jedoch nicht ein, wenn die Schulden zum Behuf der anzutretenden Reise gemacht worden sind. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, J. Civilsenat, durch Beschluß vom 18. November 1893 ausgesprochen, daß dieselbe sich auf alle obligatorischen Ansprüche gegen den Rheder und auf alle Schiffsschulden (Art. 747 flg. S⸗-G.⸗B.) bezieht und daß die Verpflichtung des Schiffers gegenüber dem Ablader, nach Beendigung jeder einzelnen Abladung dem Ablader ohne Verzug ein Konnossement darüber e n . zu den Schulden gehört, welche zum Behuf der anzutretenden Reise gemacht worden sind.

Die Bestimmung des F 40 des Reichs⸗-Patentgesetzes, wonach die Bezeichnung von nicht patentierten oder die öffentliche Anzeige über nicht patentierte Waaren in einer Weise, wodurch der Irrthum erregt werden kann, daß die Waaren durch ein Patent ge— schützt sind, mit Geldstrafe bedroht ist, findet, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strafsenats, vom 23. November 1893, auch An— wendung, wenn der Thäter nicht vorsätzlich, sondern nur fahrlässig gehandelt hat.

Entscheidungen des Königlichen Ober⸗Verwaltungs⸗ gerichts.

Private Rechte auf ein Wegeterrain müssen, nach einem Urtheil des Ober ⸗Verwaltungsgerichts, 1V. Senats, vom 5 Dezember 1893, von der Polizeibehörde respektiert werden, wenn solche vor der Anlegung der . Straße vorhanden waren und das be⸗ treffende Terrain mit der Belastung dieses privaten Rechts dem öffent⸗ lichen Verkehr gewidmet wurde, sofern nur nicht besondere, keinen Aufschub duldende Interessen des öffentlichen Verkehrs Nothstände, Gefahren 2c. —, vor denen Privatrechte wenigstens einstweilen zurück⸗ stehen müßten, vorhanden sind. Erachtet die Polizeibehörde die fernere Belassung des Privatrechts für unzulässig, so hat sie den Wegebau⸗ pflichtigen zu veranlassen, die Straße in den polizeilich erforderten Zu⸗ stand im Wege der Enteignung zu versetzen. Durch Verfügung der Wegepolizeibehörde zu E. (Regierungsbezirk Düsseldorf war einem

auseigenthümer die Beseitigung des vor seinem Hause in E. befind⸗ ichen Kellereinganges bei Vermeidung einer Exekutivstrafe aufgegeben worden. Der Bezirksausschuß hob diese Verfügung auf, nachdem er festgestellt hatte, daß der jetzt zur öffentlichen Straße gehörige Bürgersteig, auf welchem sich der zu beseitigende Kellexeingang be— findet, zur fen der Erbauung des Hauses und des Kellereinganges noch nicht öffentlicher Weg gewesen, sondern erst später von dem Hausbesitzer mit dem Recht des Kellereinganges dem öffentlichen Ver⸗ kehre freigegeben und unter Zustimmung der Polizeibehörde als öffent⸗ licher Weg bestimmt worden ist. Das Ober⸗Verwaltungsgericht be⸗ stätigte das Urtheil des Bezirksausschusses, indem es die oben formu— lierten Rechtssätze aussprach und begründete.

Den zur Gemeindebesteue rung herangezogenen juristi⸗ schen Personen, Attiengesellschaften, Berggewerkschaften 20, liegt es, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, J. Senats, vom 8. November 1393, ob, in dem n, n,. betr. die Steuer⸗ veranlagung, das erforderliche Material zur Rechtfertigung ihres auf Ermäßigung der Steuer gerichteten Anspruchs zu beschaffen, die hierauf bezüglichen Verhältnisse klar zu legen und die dafür noth⸗ wendigen Beweise zu erbringen. Diesem Erforderniß aber wird durch eine bloße Bezugnahme auf die Bücher, welche den Verwaltungs⸗ richter vor die Aufgabe stellt, sich das zur Entscheidung erforderliche Ma terial von Amtswegen zu beschaffen, n icht gent Wollte die Klägerin (eine Bergwerkegesellschaft, deren Unternehmen sich über mehrere Ge— meindebezirke erstreckt) die Schätzung ihres, der Gemeindebesteuerung in 3. unterliegenden Einkommens, welche dem Beklagten (dem Ge⸗ meindevorstand zu 3.) freistand, entkräften, so mußte sie das in der Zeit vom 1. April 1886 bis 1. April 1890 erzielte Gesammteinkommen aus allen ihren Betrieben und die gesammten, sowie die auf die Be⸗ triebsstätte 3. entfallenden Ausgaben an Löhnen und Gehältern an— geben und erforderlichen Falls nachweisen . . .“

Verkehr S⸗Anustalten.

Die soeben erschienene, im Reichsamt des Innern herausgegebene „Amtliche Liste der deutschen Kriegs und Handels⸗ Marine mit ihren Unterscheidungssignalen für 1894 bildet einen Anhang zu dem amtlichen Werke, welcheg in erster Auf— lage unter dem Titel Signalbuch für die Kauffahrteischiffe aller Nationen“ 1870 und in zweiter Auflage unter dem Titel „Inter⸗ nationales Signalbuch“ 1884 herausgegeben ist. .

Das Signalbuch gewährt den Schiffen, die Möglichkeit, durch Signale sich zu erkennen zu geben und sonstige Mittheilungen unter einander, fowie mit Signalstationen, auch dann auszutauschen, wenn die signalisierenden Theile verschiedener Sprachen sich bedienen.

Zu diesem Zwecke enthält das Signalbuch eine große Anzahl sowohl vollständiger Säße, als auch zur Verbindung mit einander geeigneter Satztheile, einzelner Wörter, Namen, Silben, Buchstaben und Zahlen, welche durch Gruppen von je 2, 3 oder 4 der 18 Signal⸗ buchffaben B, G, B, F, h. ff, J, KE, F, M, N, P, Q, R, 8, F, V und W bezeichnet sind. Solcher Gruppen, deren jede anders ge⸗ ordnete oder andere Buchstaben enthält als alle übrigen, giebt es 306 von je 2 Signalbuchstaben (BG, BD, BRE, BG u. s. w. bis WV), 4896 von je 3 Signalbuchstaben (B0D, BGE, BGG, Bo u. s. w. bis WV und 73 440 von je 4 Signalbuchstaben (BCD, BCGDG, BobH, BOD] u. s. w. bis W VIS).

Alle 306 Gruppen von 2 Signalbuchstaben, alle 4896 Gruppen von 3 Signalbuchstaben und von den Gruppen von 4 Signalbuch⸗ staben die ersten 18 960 (BGbF bis GPWV) dienen zur Bezeichnung der in das Signalbuch aufgenommenen Sätze, Satztheile, Wörter ꝛc.

Von den übrigen Gruppen von 4 Signalbuchstaben sind die 1440 Gruppen von GGBG bis GWV zur Bezeichnung der Schiffe der Kriegsmarinen und die letzten 53 040 Gruppen von HBGD his WVTIS zur Bezeichnung der Schiffe der Handelsmarinen in der Art bestimmt, daß jedem Kriegs« und beziehungsweise Kauffahrteischiffe eins dieser (1440 4 53 040 —) 54 486 Signale als Unterscheidungs⸗ Signal zuzutheilen ist. Von den letztgenannten 53 040 Gruppen sind die Signale von SBß9D bis DW für die der Kaiserlichen Kolonial⸗ verwaltung in Ost-Afrika unterstellten Fahrzeuge bestimmt, soweit diese nicht zu den Kriegsfahrzeugen gehören.

Jedem Staat stehen alle Unterscheidungssignale behufs Ver— theilung auf die Schiffe seiner Flagge zur Verfügung. Schiffe von verschiedenen Flaggen führen daher vielfach dasselbe Unterscheidungs⸗ signal, Schiffe unter derselben Flagge niemals.

Die Vertheilung der Unterscheidungssignale auf die einzelnen Schiffe wird durch die zuständigen Behörden bewirkt. Jedem deutschen Kauffahrteischiffe wird gleich bei der Eintragung in das Schiffsregister ein solches Unterscheidungssignal zugetheilt und in seinem Schiffs— Zertifikate vermerkt. So lange das Schiff unter deutscher Flagge fährt, behält es dieses Unterscheidungssignal auch beim Wechsel seines Heimgthhafens oder seiner Registerbehörde bei.

Die nach der systematischen Reihenfolge der Unterscheidungs⸗ signale geordnete Liste ergiebt, welche Unterscheidungssignale den einzelnen Schiffen der deutschen Kriegs- und Handelsmarine, sowie den Regierungsfahrzeugen in Ast-A1frika beigelegt sind.

Für die Schiffe anderer Staaten, welche das Signalbuch ebenfalls angenommen haben, sind ähnliche Liste vorhanden.

Die Art und Weise, wie die Unterscheidungesignale zu signali⸗ sieren sind, ergiebt sich aus dem in dem Signalbuch enthaltenen Ab— schnitt über Einrichtung und. Gebrauch des Signalbuchs“. Will ein Schiff sich einem andern Schiff, einer Signalstation u. s. w. zu er⸗ lennen geben, so muß es außer seinem Unterscheidungssignal stets auch seine Nationalflagge zeigen, da, wie erwähnt, Schiffe verschiedener Flaggen vielfach dasselbe Unterscheidungssignal führen. Ein Schiff, welches das e n ,n eines andern Schiffes wahrnimmt, kann dessen Namen, Heimathshafen, Ladungs— fähigkeit und Dampfkraft aus der Liste sofort ersehen. Besitzt es die Liste nicht, so wird es sich behufs späterer Feststellung oder Weiter⸗ iu. die Nationalität und das Unterscheidungssignal zu merken aben

Jährlich erscheinen neue Ausgaben dieser Schiffsliste und im Laufe jedes Jahres drei Nachträge zu derselben.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

icht vom 2. März, Morgens.

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Stationen. Wind. Wetter. R. Leoncapallo.

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Regen Karlsruhe.. wolkig?) Wiesbaden. 3 bedeckt München.. h wolkenlos Chemnitz..

wolkig Berlin .... wolkig? 1

wolkenlos Breslau... bedeckt Ile d' Aix .. bedeckt . heiter .

I) Nachts Regenböen. 3) Reif.

wollenlos 3) Reif. nebersicht der Witterung. Ein ungewöhnlich tiefes Minimum unter 722 mm

königin. Max Grube.

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Sonntag: Mediei.

3 heiter

73 Uhr.

Senator.

do Nd CC NNO J, D K

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Recht.

Theater Anzeigen.

Königliche Schanspiele. Sonnabend: Opern- 55. Vorstellung. e n in 4 Akten,

Tanz von Emil Graeb. Ober⸗Regisseur Tetzlaff.

Anfang 77 Uhr. Schauspielhaus. 62. Vorstellung. Die Minne⸗ Komödie in 1 Aufzug von Hans von Gumppenberg. In Scene gesetzt von Ober⸗Regisseur Verbotene Früchte. in 3 Aufzügen, nach einem Zwischenspiel des Cer⸗ vantes, von Emil Gött.

Ober⸗Regisseur Max Grube. Opernhaus.

Historische Handlung in 4 Akten, Dich⸗ .

Neues Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg. Sonnabend: 3. 17. M. A Rasso Porto. aus dem neapolitanischen 3 Akten von Goffredo Cognetti. In Scene gesetzt von Sigmund . Vorher: Lolotte. 1Akt von H. Meilhae und Ludwig Anfang 73 Uhr.

Sonntag: Nachmittags⸗Vorstellung zu ermäßigten Anfang 25 Uhr. Abends bleibt das Theater wegen einer privaten

tung und Musik von R. Leoncavallo. von Emil Taubert. Tanz von Emil Graeb. Anfang

Schauspielhaus. 63. Vorstellung. nachtstraum von William Shakespeare, übersetzt von August Wilhelm von Schlegel. Sir Mendelssohn⸗Bartholdy.

raeb. Anfang 74 Uhr.

Neutsches Theater. Sonnabend: Der Herr Anfang 74 Uhr.

Sonntag: Der Herr Senator.

Montag: Romeo und Inlia.

Berliner Theater. Sonnabend: Aus eignem Anfang 74 Uhr.

Sonntag, Nachm. 23 Uhr: Narzisz.

Abends 71 Uhr: Aus eignem Recht.

Montag: Kean.

Herr Kapellmeister Federmann. Sonntag: Brautjagd.

Die Medici. Historische Dichtung und Musik von Uebersetzung von Emil Taubert. In Seene gesetzt vom

burg. Sonnabend: Zum 12. Male. Birigent: Kapellmeister

ball (Veglione). Schwank

von Benno Jacobson. Vorher: Vermischte

Lustspiel Maximilian Bern.

In Seene gesetzt vom Preisen. Jugend. Anfang 2 Anfang 77 Uhr. 56. Vorstellung.

Die Vermischte Anzeigen.

Uebersetzung

Ein Sommer Scenen

Musik von

k Emil Dürer.

Lautenburg.

von Josef Grünstein.

Preisen. A Rasso Forto.

Wohlthätigkeits ⸗Vorstellung für führung geschlossen.

Viktoria · Thegter. Balbo.

Ballet. Anfang 75 Uhr.

Lumpaci vVagabundus.

Madame

In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dixigent: Anfang 73 Uhr.

Residen Thenter. Direktion: Sigmund Lauten.

von Alexandre Bisson und Albert Cars.

Regie: Hermann Haack.

Anzeigen.

1 Akt, nach dem Französischen des R. Dreyfuß, von

Anfang 79 Uhr.

Sonntag: k zu ermäßigten r.

Abend ⸗Vorftellung: Der Maskenball. Vorher:

Belle Alliancestraße 7 / 8.

Sonnabend; Gastspiel der Prima Ballerina Marietta Mit vollständig neuer Ausstattung. Südstern. Ausstattungsstück mit Gesang und großem

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr, ermäßigte Preise:

Fentral Theater. Alte Jakobstraße Nr. zo. Sonnabend: Ein Blitzmädel. Posse mit Gesang in 4 Akten von Carl Costa. Anfang 75 Uhr. Sonntag: Ein Blitzmädel. In Vorbereitung: Novität! Ein gesunder Junge. Posse mit Gesang und Tanz von Jean Kren. Der Masken⸗ in drei Akten Deutsch

Konzerte.

Konzert Gaus. Sonnabend: Karl Meyder⸗ Konzert VII. Internationaler Abend. Hotel Kölnischer Hof, Krausenstraße 483. Hotel ⸗Gäste haben freien Eintritt.

Schwank in

Sing Akademie. Sonnabend, Abends 7 Uhr Konzert der Altistin Selma Thomas aus München, unter gef. Mitwirkung des Hof-Pianisten Herrn Heinrich Barth.

Volksleben in Deutsch von

BDirkus Renz (Karlstraße). Sonnabend, Abends t Uhr Auf auf zur fröhlichen Jagd. Großes Sport⸗Schaustück vom Direktor Fr. Renz. Parforce⸗ und Kaskadenritt. Meute von 40 Hunden. Außer⸗ dem; der ostpreußische Hengst Blondel und Monstre⸗ Tableau von 60 Pferden, vorgef. von Herrn R. Renz; Pas de deux, geritten von Miß Rose und Mr. Franconi; der kaukasische Jockey Mr. Wassi⸗ liams; die ikarischen Spiele in der Luft, ausgeführt von der Troupe Daineff; die Handakrobaten Gebr. Detroit ꝛe.

Sonntag: Zwei Vorstellungen, Nachm. 4 Uhr: Große Komiker⸗Vorstellung. Abends 73 Uhr: Auf auf zur fröhlichen Jagd.

/ ä ä ä ä 777 FJamilien⸗Nachrichten. Gestorben: Hr. Ober⸗Postdirektor August Staiger

Schwank in alevy. Deutsch

öffentliche Auf⸗

Der

liegt bei den Shetlands und verursacht über den Britischen Inseln sowie im Nordseegebiet starke, stellenweise stürmische südliche bis westliche Winde, zu Skudesnäs Südsturm. Ein Hochdruckgebiet liegt zwischen der Ostsee und dem Schwarzen Meer. Bei schwachen bis starken meist südlichen und südwest⸗ lichen Winden ist daz Wetter in Deutschland im Norden trübe und mild, im Süden ziemlich heiter bei nahezu normalen Wärmeverhältnissen, im nord⸗ westlichen Deutschland ist allenthalben etwas Regen ke n im Binnenlande wurde vielfach Reif

eobachtet. . Deutsche Seewarte.

Lessing · Theater. Sonnabend:

Sans⸗Geone. Sonntag: Madame Sans⸗Géene.

Wallner · Theater. Sonntag: Unter vier Augen. Der ungläubige Thomas.

Friedrich Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25.

Sonnabend: Brantjagd. Operette in 3 Akten von

Hermann Hirschel. Musik von Franz von Supps.

Thegter Unter den Linden. Sonnabend: Der Obersteiger. Anfang 745 Uhr.

Adolph Ern ⸗Thenter. Sonnabend, 75 Uhr: Charley's Tante. Schwank in 3 Akten von Branden Thomaz. Vorher; Die Bajazzi. Parodistische Posse mit Gesang in 1 Akt von Cd. Jacobson und Benno Jacobson. Musik von Franz Roth. In Seene gesetzt von Ad. Ernst.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

(Oppeln). Hr. Regierungs⸗Rath Ludwig Austen (Breslau). Hr. Oberst z. D. Frhr. von Massen⸗ bach (Liegnitz).

Redakteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Berlin: Verlag der Expedition (Scholy.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin sw., Wilhelmstraße Rr. 32.

Sieben Beilagen

leinschließlich Börsen⸗ Beilage).

Erste Beilage . . um Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

z 53.

Berlin, Freitag, den 2. März

1894.

Deutscher Reichstag.

60. Sitzung vom Donnerstag, 1. März, 1 Uhr.

Die erste Berathung des Handels⸗- und Schiffahrts— vertrags zwischen dem Deutschen Reich und Ruß⸗ land wird le und zwar in Verbindung mit der Be⸗ rathung des Antrags von Kardorff und Genossen wegen Erhebung. , en bei Valutadifferenzen.

Ueber den Beginn der Verhandlung ist bereits in der Nummer vom Donnerstag berichtet worden. Nach dem Abg. Hartmann (südd. Volksp.), der zunächst das Wort hatte, er—

hält das Wort der Abg. Graf Kanitz (8kons.): Der Reichskanzler sagte in Land wie Rußland läßt

seiner Rede am Dienstag:; Ein so greßes Land n sich nicht differenzieren. Das deckt sich vollständig mit meinen An— schauungen, und ich bedauere nur, daß der Reichskanzler diesen Satz nicht schon im Dejember 1891 ausgesprochen hat; der österreichische Vertrag wäre dann nicht angenommen. Der Reichskanzler hat allerdings 1891 angedeutet, daß andere Staaten mit Verträgen folgen würden; aber wir haben den Eindruck nicht gewonnen, daß ein Vertrag mit Rußland folgen werde. Denn er sprach damals von der Stärkung unserer Verbündeten; damals konnte man beim besten Willen nicht annehmen, daß er an die Möglichkeit eines Handels pertrages mit Rußland denkt. Ich habe damals als erster Redner gesagt, daß sich die Handelspolitik zuspitze zu einem Differentialzoll egen Rußland. Ich habe den Reichskanzler gebeten, sich diese Folge 957 zu machen; der Reichskanzler hat sich aber in Schweigen gehüllt. Meine Prophezeiung ist eingetroffen, daß Rußland sehr kleine Konzessionen gemacht hat und daß wir trotzdem zum Abschluß eines Handelspertrages gekommen sind. Diese Zwangslage habe ich vorausgesehen und vorausgesagt, und gerade die Eventualität eines Handelsvertrages mit Rußland war der Grund, welcher mich bewog, gegen die anderen Handelsverträge, zu stimmen,. Ich kann einen Grund anführen, den ich früher nicht anführen wollte. Rußland kann uns nur geringe Werthkonzessionen machen, weil es sich in einer ungünstigen Zahlungsbilanz befindet; seine 264 Millionen Rubel Schuldzinsen fließen fast ausschließlich ins Ausland ab, und neben diesemn Geldabfluß kann Rußland eine starke Einfuhr nicht mehr decken. Ein armes Land hat eine schwache Einfuhr und eine starke Ausfuhr. Rußland hat eine Mehrausfuhr von 300 bis 400 Millionen Rubel. Dicse Mehrausfuhr muß Rußland haben, um seinen Ver⸗ pflichtungen nachzukommen. Darum bin ich von Anfang an ein Gegner einer Vertragspolitik gewesen. Daß Rußland der einzige Staat ist, mit dem wir keinen ⸗Handelsvertrag haben, wie es in der Begründung heißt, ist nicht richtig; es sind verschiedene Staaten: Schweden, Norwegen, Dänemark u. s. w. ohne Handels⸗ vertrag, denen wir trotzdem die Meistbegünstigung aus Liberalität eingeräumt haben. Es ist auch nicht richtig, daß Deutschland zuerst Rußland bewogen hat, seinen autonomen Zolltarif aufzugeben. Frank⸗ reich ist mit seinem Vertrag vom 30. Juni vorangegangen. Von diesem Vertrage hat allerdings das Auswärtige Amt ä ziemlich spät . erhalten. Denn im Dezember 1893 erklärte der Staats- sekretär Freiherr von Marschall, die einjährige Kündigungsfrist, die ich für den rumänischen Handelsvertrag vorgeschlagen hatte, für das absonderlichste Ding, und dabei ist sie im französischen Vertrage ent⸗ halten. Die Handelsverträge bringen große Zollausfälle mit sich; ich wünsche, daß die vielen Millionen, die uns an Einnahmen entgehen, genau berechnet werden. Man hätte uns die Steuervorlagen zur Deckung dieses Ausfalls gleich mit dem Vertrage selbst zu⸗ gehen lassen sollen. Die bisherigen Berechnungen waren falsch; der Reichskanzler hat früher nur die Hälfte dessen an⸗— gegeben, was wirklich an Ausfällen entstehen wird, namentlich wenn der russische Vertrag hinzutritt. Die Freunde des Handelsvertrages, besonders die Abgg. Richter und seine freisinnigen Freunde möchte ich bitten, dieser Frage ihr Augenmerk zuzuwenden, denn wir werden ohne neue Steuervorlagen darüber nicht hinwegkommen. Wenn eine Steigerung der Einfuhr den Ausfall ausgleichen soll, so müßten der Wohlstand und die Kaufkraft des Landes wachsen. Aber das glaubt der Abg. Richter selber nicht; er führte 1891 aus, daß man froh sein könne, wenn die Handelsverträge die Industrie auf ihrem alten Stand⸗ punkt erhalten. Deswegen kann er auf eine Steigerung, ja nicht einmal auf ein Gleichbleiben der Zolleinnahmen rechnen. Die Freunde des Vertrages sollten also demselben nicht eher zustimmen, als bis sie die Steuerquellen bezeichnet haben, um den Ausfall zu decken. Der Vertrag ist eigentlich gar kein Vertrag. In Artikel 5 heißt es für die Durchfuhr, daß sie frei sein soll, soweit es sich nicht um Wege handelt, die verschlossen sind oder verschlossen werden; Einfuhrverbote dürfen „aus schwerwiegenden Gründen“ erlassen werden. Vatür⸗ lich entscheidet immer der betreffende Kontrahent selbst, welche Durch—⸗ fuhrwege er verschließen will und welche Gründe schwerwiegend sind.

Wenn 3. B. die oberschlesische Blechfabrikation den russischen Fabri⸗

kanten zu große Konkurrenz macht, dann erläßt die russische Regierung ein Einfuhrverbot. Die Cinfuhr von Kohlen und Koks kann Rußland nicht verbieten, ohne sich selbst zu schädigen. Deshalb hat es sich eine Zollerhöähung dafür vorbehalten. Die russischen Unterhändler haben sich gegen die zehnjährige Dauer des Vertrages gesträubt, weil lange dauernde Verträge einem gesunden Bar el if ten wider⸗ sprechen; denn niemand kann auf eine Reihe von Jahren voraus⸗ sagen, ob der Zoll hinreichend schützen wird. Was nützt der Ar⸗ tikel 4, der die Aktiengesellschaften als Rechtspersonen anerkennt, aber es ven den deren feen abhängig macht, ob sie zum Gewerbe⸗ betriebe zugelassen werden? Eine Aktiengesellschaft will doch ein Heperbe treiben. Die russische Presse verkündet es laut, daß Rußland beim Vertrage ein gutes Geschäft gemacht hat. In eigenthümlichem Gegensatz dazu steht die übertrieben günstige Auf⸗ nahme des Handelsvertrages seitens der deutschen freihändlerischen Presse. Ich möchte doch vor allzu ehen offnungen warnen; denn von einer. Wiedererlangung des alten Absatzes nach Rußland kann nie und nimmer die Rede sein. Die Zölle bleiben immer noch pro⸗ hibitiv, so z. B. für Roheisen 59 M pro Tonne, bei einem Werthe des Roheisens von etwa 43 ½ς ein Zoll von mehr als 100 des Werthes. Welchen Werth hatte denn die, Ermäßigung des öster⸗ reichischen Roheisenzolles, die damals als die größte Errungenschaft bezeichnet wurde? Garnichts ist auf diesem Gebiete erzielt worden gegenüber der österreichischen Konkurrenz. Die Ermäßi⸗ gung der ! Schienenzölle auf 98 S, bei einem Werthe der chienen von 0 S6 bedeutet ebenfalls die ,, . Unsere Unterhändler sind daran nicht schuld; sie aben alles erreicht, was zu erreichen war. Ich möchte nur im voraus warnen vor übertriebenen Erwartungen. Bezüglich der deutschen Konzessionen muß ich zunächft darauf aufmerksam machen, daß als geltender Tarif der Tarif hom 1. Februar 1862 bezeichnet wird. Das ist nicht richtig; dieser Tarif ist, ein Konventional⸗ tarif, während unser ei . Tarif daneben weiter besteht, nament⸗ lich nach Ablauf des Vertrags oder, was ich hoffe, wenn derfelbe vorher a gehoben wird. Ich ö. bestreiten, daß die Lage der deutschen Landwirthschaft durch den Vertrag nicht verschlechtert wird. Wir werden durch den russischen Handelsvertrag eine große Einfuhr zu . Preisen zum Schaden der deutschen Landwirthschaft haben, namentlich zum Schaden des Ostens. Der Abg. Graf Bernstorff wird feine Behauptung, daß der hanngversche Bauernstand den Vertrag über sich ergehen laffen kann, wohl nicht aufrecht erhalten, wenn

er den Roggen so billig verkaufen muß, daß er noch 50 M auf die Tonne darauf legt. Wenn die Herren in Hannover das nicht nöthig haben, so liegt das daran, daß sie weiter von Rußland entfernt wohnen. Bei ung, liegt es so, daß ein weiterer Preisdruck die Landwirthschaft vollständig ruiniert. In Ostpreußen sind in den letzten zwei Jahren zwangs— weise versteigert worden 78 0090, in Westpreußen I6 000 ha, in Westfalen dagegen nur 4000 und in Rheinland 6000 ha, isgl wurden in Ostpreußen 15 600 ha, in Hannover nur 1500 ha zwangsweise versteigert. Dabei sagt das Statistische Amt, daß viele freiwillig verkaufen, ehe sie zwangsweise von ihren Gütern ent— fernt werden, daß die Gläubiger viele Besitzer halten, weil sie bei der Zwangsversteigerung Verluste befürchten. Diese Zahlen scheinen dem Reichskanzler unbekannt zu sein. Wenn er sich danach ein Bild machen wollte, er würde schwerlich Handelsverträge ab eschlossen haben. Wenn ein Preisdruck eintritt, werden sehr viele , . dem namentlich der Bauernstand wird zu Grunde gehen, mag der xussische Vertrag hinzukommen oder nicht. Wir haben die Handelsvertragspolltik von vornherein be— kämpft; nachdem die Verträge zu stande gekommen waren, wollten wir uns auf diesen Boden stellen, wenn die Regierung uns schadlos hält. Wir haben auf die Währungsfrage ver— wiesen. Der niedrige Silberpreis hatte den Charakter einer Export⸗

Ruin verfallen,

prämie. Warum wurde die Währungsenquséte nicht schon früher ein⸗

berufen? Wenn der Vertrag jetzt zu stande kommt, sind wir nicht sicher, daß auf dem Gebiete der Währungsfrage etwas zu stande kommt. Wenn die Handelsverträge 10 Jahre in Kraft bleiben, werden viele unserer Berufsgenossen ruiniert sein, ein großer Theil unserer braven Landleute wird durch den Exekutor von der Scholle vertrieben sein. Es handelt sich um einen Kampf auf Leben und Tod. Sonst wird im Kriege das Privateigenthum geschont; hier aber wird der Be— siegte von Haus und Hof getrieben. Das ist die Situation, in welcher wir ung befinden; die Handelspolitik wird uns mehr kosten als ein unglücklicher Feldzug. Meine Ueberzeugung ist, daß sobald wie möglich mit allen diesen Handelsverträgen gebrochen werden muß, daß wir unsere Handelspolitik in völlig neue Bahnen lenken muüͤssen. Wir wollen keine Handelsverträge von zehnjähriger Dauer, wir wollen uns nicht die Hände binden lassen.

Staatssekretär Freiherr von Marschall:

Meine Herren! In dem Herrn Vorredner, mit dem ich schon manchen Gang gethan habe über die Frage: Vertragstarif oder autonomer Tarif, achte ich einen entschiedenen und konsequenten Gegner der heutigen Vertragspolitik. Nur in einer Beziehung sehe ich eine kleine Lücke in seiner Konsequenz. Er hat uns hier schon vor zwei Jahren und auch seitdem wiederholt erklärt, er sei ein ganz entschiedener und prinzipieller Gegner aller Differentialzölle. Ich kann ihm darauf nur sagen: Wenn er das heute noch ist, so bietet sich in diesem Augenblick ihm eine so günstige Gelegenheit, dieser prinzipiellen Gegnerschaft praktischen Ausdruck zu geben, wie vielleicht niemals wieder, und ich kann deshalb immer noch nicht die Hoffnung aufgeben, daß der Herr Vorredner eben als konsequenter Mann auch das Votum in dieser Frage abgeben wird, welches geeignet ist, die Differentialzölle gegen Rußland aufzuheben. (Sehr gut! links.)

Der Herr Vorredner hat beim Beginn seiner Ausführungen mit einer gewissen Emphase darauf hingewiesen, er habe voraus— gesehen, daß dieser russische Vertrag kommen werde, und des— halb habe er gegen den deutsch⸗österreichischen Handelsvertrag ge⸗ stimmt. Ich will ihm dieses Verdienst der Voraussicht nicht bestreiten, aber ich vindiziere für die Regierung das andere Verdienst, daß wir diesen Vertrag mit Rußland nicht nur vorausgesehen, son⸗ dern, daß wir ihn mit allen möglichen Mitteln angestrebt haben, und daß einer der Hauptgründe, warum wir den Weg der Ver⸗ tragspolitik gegangen sind, eben der war, daß wir der Ueberzeugung waren, daß wir auf diesem Wege und auf keinem anderen zu einem Handelsvertrag mit Rußland kommen würden. Und wenn der Herr Vorredner glaubt, wir hätten daran nicht gedacht, ja, meine Herren, wer die Geschichte unserer deutschen Zollpolitik seit dem Jahre 1878 verfolgt, der wird überall die Spuren davon finden, daß einer der wesentlichsten Gründe der Umkehr der deutschen Zoll⸗ politik im Jahre 1878 eben die Rücksicht darauf war, daß wir nur dann zu einem befriedigenden Verhältniß mit Rußland gelangen können, wenn wir hohe Zölle auf die russischen Produkte legen. Ich erlaube mir, eine Stelle aus einer Rede des Reichskanzlers Fürsten Bismarck zu verlesen vom 25. Februar 1878. Damals war von den unbefriedigenden Beziehungen mit Rußland die Rede, und damals sagte Fürst Bismarck:

„Ob wir auf dem Wege der Unterhandlung und des fort⸗ gesetzten Bestrebens, die russische Regierung davon zu überzeugen, daß ihre Theorie die unrichtige und unsere die richtige sei, Vor⸗ theil haben werden, das ist zu wünschen, aber ich habe kein sehr großes Vertrauen darauf. Für meine Ueberzeugung liegen nach wie vor die einzigen Maßregeln, durch die wir ich weiß nicht, ob durchschlagend eine Wirkung auf die russische Zollgesetzgebung üben können, in der Abwehr durch unsere eigene Zollgesetzgebung ... wenn wir einen derselben entsprechenden Zoll auf alle russischen Produkte legen, die unsere Grenzen passieren, dann glaube ich, daß dieses Argument schließlich nicht ohne Einfluß auf Rußland bleiben wird.“

Dieses Argument haben wir angewendet und es ist nicht ohne Eindruck geblieben.

Der Herr Vorredner hat dann gesagt, Oesterreich⸗Ungarn würde niemals den Vertrag vor zwei Jahren mit uns abgeschlossen haben, wenn es daran gedacht hätte, daß wir Rußland dieselben Konzessionen auf Getreide und andere landwirthschaftliche Artikel gewähren würden. Darin liegt der Vorwurf einer gewissen Illoyalität gegenüber einem uns verbündeten Staat, den ich mit aller Entschiedenheit zurück⸗ weisen muß. Es ist eine eigenthümliche Erscheinung, daß, während bis vor ganz kurzer Zeit die Gegner der Vertragspolitik unseren Vertrag mit Oesterreich⸗ Ungarn so hinstellten, als ob wir dabei ein er⸗ bärmliches Geschäft gemacht hätten, als ob unsere Unterhändler düpiert worden seien, und wir eigentlich einen ‚Tribut“ an Oester⸗ reich zahlten, sie jetzt das direkte Gegentheil behaupten, und von dem Herrn Vorredner mit einem gewissen Bedauern darauf hingewiesen wird, daß wir es waren, die Oesterreich düpiert hätten. Davon ist gar keine Rede. Ich kann hier erklären, daß schon bei dem Beginn der ersten Verhandlungen mit Oesterreich⸗Ungarn beiderseits die

Handlung bewahrten, daß also

Uebereinstimmung dahin erklärt worden ist, daß die beiden Staaten sich Rußland gegenüber die volle Freiheit ihrer sowohl Desterreich⸗ Ungarn berechtigt war, mit Rußland abzuschließen, wie wir, und unsere Unterhändler haben damals den österreichisch⸗ ungarischen nicht den geringsten Zweifel darüber gelassen, und es ist von dort aus als selbstverständlich anerkannt worden, daß, wenn es uns gelingt, zu einem Handelsvertrag mit Rußland zu gelangen, wir auf Grund der Meistbegünstigung einen solchen Vertrag mit Rußland abschließen werden. Der Herr Vorredner hat die Behauptung der Denkschrift, daß Rußland noch niemals seine Autonomie einem anderen Staat gegenüber auf eine längere Zeit gebunden habe, als unrichtig bezeichnet, unter Hinweis auf den russisch⸗französischen Vertrag. Ich bemerke, daß der russisch⸗französische Vertrag mit einjähriger Kündigung, der unserige dagegen auf 10 Jahre abgeschlossen ist. Es ist also die Behauptung der Denkschrift vollkommen richtig. Und wenn der Herr Vorredner sagte, es sei ein Fehler, einen Vertrag auf zehn Jahre abzuschließen, so sage ich umgekehrt, es wäre der größte Fehler gewesen, mit Rußland einen Vertrag auf geringere Zeitdauer ab⸗ zuschließen; denn eben, weil die russischen Zölle auf unsere Industrie⸗ produkte sehr hohe sind, so bedarf unsere Industrie, wenn sie einen lukrativen Export nach Rußland sich erwerben und erhalten will, dringend des Moments der Stabilität. (Sehr richtig! links.) Einen Vertrag auf eine kürzere Zeit abzuschließen, das hieße der Industrie mit einer Hand etwas geben und mit der anderen wieder nehmen. (Sehr richtig! links.)

Der Herr Vorredner kam denn auch auf die voraussichtlichen Ausfälle an Zolleinnahmen, und er hat es getadelt, daß wir nicht eine Berechnung über diese voraussichtlichen Mindereinnahmen dem Reichstag mitgetheilt haben. Ich muß mir da die Frage erlauben: Ja, auf Grund welcher Annahmen soll denn die Berechnung aufge⸗ stellt werden? Wenn die düsteren Vorhersagungen, welche die Gegner an diesen Vertrag knüpfen, sich bewahrheiten, wenn wir wirklich mit russischen Exportartikeln überschwemmt werden, dann wird überhaupt nicht von Mindereinnahmen die Rede sein. Dann würden voraussichtlich sehr erhebliche Mehrein⸗ nahmen eintreten. (Sehr richtig! links. Das ist auch ein charakteristisches Moment in dem ganzen Kampfe. Man wirft den verbündeten Regierungen in einem Athemzuge zweierlei vor. Ein⸗ mal: Ihr schließt einen Vertrag, der ungeheuere Massen von russischemn Getreide nach Deutschland bringen wird. Zweiter Vorwurf: Ihr schließt einen Vertrag, der die Reichs⸗ kasse schwer schädigt; denn es werden- kolossale Minder⸗ einnahmen entstehen. Wenn der eine Vorwurf rich⸗ tig ist, muß der andere falsch sein. (Sehr richtig! links. Denn wenn eine erheblich größere Quantität von Getreide als bisher infolge dieses Vertrags hereinkommt, so müssen nothwendig unsere Reichseinnahmen nicht fallen, sondern steigen. Der Herr Vor⸗ redner hat keine bestimmten Zahlen genannt. Er hat von einer größeren Zahl von Millionen gesprochen, die wir zweifellos ein⸗ büßen würden, wenn dieser Vertrag zustande kommt. Ich habe mir eine Aufstellung machen lassen, und daraus ergiebt sich, daß die Zolleinnahmen aus den russischen Artikeln, bezüglich deren wir in diesem Vertrage die Zölle ermäßigt, beziehungsweise gebunden haben, im Vorjahre ea. 19 Millionen Mark betragen haben. Wenn also jetzt von 25 bis 30 Millionen Mindereinnahmen infolge dieses Vertrags gesprochen wird, so müssen die Herren glauben, daß von Rußland garnichts mehr eingeführt wird. Das steht also in direktem Widerspruch mit den anderen Behauptungen. Der Herr Vorredner hat darauf hingewiesen, es sei ganz klar gestellt, daß der österreichisch⸗ ungarische Vertrag eine viel größere Mindereinnahme hervorgerufen habe, als man ursprünglich angenommen, es seien 30 bis 35 Millionen. Diese Behauptung ist absolut unzutreffend; denn wenn wir im vorigen Jahr eine erheblich mindere Zolleinnahme hatten als im Jahre 1892, so rührt das vornehmlich daher, daß wir im vorigen Jahr eine weit geringere Einfuhr von Getreide infolge der günstigen Ernte des Jahres 1892 hatten. Wenn im vorigen Jahre nur 7 Millionen Doppelzentner Weizen eingeführt wurden, während im Jahre 1892 12 Millionen eingeführt wurden, wenn im Vorjahre nur 23 Millionen Doppelzentner Roggen eingeführt wurden gegen 5 Millionen im Jahre 1892, so mußten naturgemäß, auch wenn wir keinen Vertrag geschlossen, dadurch Mindereinnahmen entstehen, und es ist eigenthümlich, daß, während man beim Abschluß des österreichischen Vertrags mit voller Bestimmtheit vorhergesagt hat, es werde die Einfuhr von Getreide zunehmen, man jetzt wiederum die Abnahme der Getreideeinfuhr benutzt, um Angriffe gegen die Regierung mit der Behauptung zu bilden, die Einnahmen seien geschmälert.

Der Herr Vorredner hat mit der ihm eigenen Schärfe des Ausdrucks ein vernichtendes Urtheil über das vorliegende Vertragswerk mit den Worten ausgesprochen: ‚Der Vertrag ist überhaupt kein Vertrag“, und er hat sich zur Begründung dieses Einwands auf den Art. H bezogen, in welchem die beiden Staaten gegenseitige Einfuhr⸗ verbote „aus schwerwiegenden Gründen“ u. s. w. zulassen. Ich kann dem Herrn Vorredner bemerken, daß diese Bestimmung auf unseren Wunsch aufgenommen worden ist, und zwar wesentlich mit Rücksicht auf die Landwirthschaft, weil wir aus sanitären Gründen freie Hand haben wollten, alle diejenigen Produkte der russischen Landwirtbschaft auszuschließen, von denen wir in sanitärer Beziehung irgend welche Gefahr für uns erwarten konnten; ich kann dem Herrn Vorredner den Vorwurf nicht ersparen, daß er in dieser Frage etwas leicht mit wichtigen Interessen der Landwirthschaft umgeht, und ich freue mich, zu konstatieren, daß hier die verbündeten Regierungen für die deutsche Landwirthschaft eine erheblich größere Fürsorge bekundet haben, als der Herr Vorredner selbst sie gezeigt hat. (Widerspruch rechts. Sehr gut! links.)

Der Herr Vorredner hat dann darauf hingewiesen, daß die ganze russische Presse, vor allem auch die Nowoje Wremja“, diesen Vertrag als einen für Rußland sehr günstigen beurtheilen. Dieses Argument ist wahrhaft überzeugend! (Heiterkeit links) Ich muß