1 - ö
Aenderung des Wahlrechts keine Stimmung zu machen, und deshalb lehnen wir den Antrag ab.
Abg. Dr. Porsch (Zentr.): Der wesentliche Inhalt des Antrags ist eigentlich durch die Erklärung des Minister-Präsidenten erledigt. Da das Wort baldmöglichst' und die Einschränkung auf die Städte über 10000 Einwohner Anstoß erregt hat, wollen wir auf die Streichung derselben eingehen. Herr von Eynern hat seine. Ab⸗ stimmung nicht an den Knöpfen abgezählt, sondern sich ohne weiteres gegen den Antrag erklärt. Die ganze Wirkung der Steuerreform kann man allerdings erst in ein paar Jahren übersehen; aber man oll doch nicht deswegen alle Arbeit ruhen lassen, sondern muß unter⸗ uchen, welche Wirkungen t schon hervorgetreten sind. Aus den Ziffern des Herrn Ministers kann man doch schon jeßt schließen, daß es möglich sein wird, für jede Klasse eine Minimalzahl von Wählern k Die Klagen kommen nicht allein von den rheinischen Städten, sondern auch aus dem Osten. Ein Parteigesetz wollen wir nicht machen, sondern ein Gesetz, welches Licht und Schatten gleichmäßig vertheilt. Es geht ein gewaltiger Zug gegen den Besitz durch die Bevölkerung, und die Gesetzgebung muß es verhindern, daß der Besitz durch die falsche Gestaltung des Wahlrechts als
noch gewaltiger erscheint, als er ist. .
. ö . von Zedlitz⸗Neukirch (frkons.: Der Antrag ist durch die Erklärung des Ministers eigentlich erledigt. Die Zahlen des Herrn Bachem lassen keine Schlußfolgerungen zu, und wenn wir für den Antrag stimmen, so wollen wir uns dadurch nicht für irgend eine Reform des Wahlgesetzes engagieren; wir wollen nur, daß das Drei— klafsenwahlgesetz unter den nothwendigen Verbesserungen aufrecht er—
alten wird. ‚ ö. . Abg. Parisius (fr. Vp): Die Erklärung des Minister⸗ räsidenten entspricht vollständig derjenigen, welche er im vorigen rn auf meinen Antrag hin abgegeben hat. Ich kann nur wünschen, daß die für die nächsten Tage in Aussicht genommene Veröffent lichung der statistischen Arbeiten durch den Antrag nicht gehindert werde. Wenn das Zentrum mit Aenderungsanträgen kommen wird, dann sollte es dieselben auf die geheime Abstimmung ausdehnen. Abg. von Eynern (ul) erklärt, daß nach Streichung der Worte baldmöglichst u. s. w.“ der Antrag so harmlos sei, daß die National⸗ liberalen aus Wohlwollen für das Zentrum denselben annehmen
n.
. Antrag wird darauf Kö angenommen.
Sodann wird die zweite Berathung des Staats⸗ haushalts-Etats für 1894/95 fortgesetzt, und zwar beim Etat der Staatsschulden verwaltung.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Ich wollte bloß eine kurze Bemerkung machen. In Kap. 35, Tit. 6 sind die vermuthlichen Ausgaben zur Verzinsung einer im Laufe des Etatsjahres neu aufzunehmenden Anleihe auf 1942 500 MS veranschlagt. Ich stehe nicht an, zu bemerken, daß diese Veranschlagung wahrscheinlich zu hoch ist, weil wir nach den vor⸗ handenen Beständen nicht die Absicht haben, in diesem Kalenderjahre eine Anleihe zu begeben. Wenn wir zur Begebung einer solchen kommen, so wird es erst nach diesem Kalenderjahre sein, aller Wahr⸗ scheinlichkeit nach auch nur in sehr mäßiger Höhe, und es ist möglich, daß an dieser Position nicht unerheblich gespart werden kann. Ich glaube, es kann aber keine Veranlassung geben, diese Position zu ändern, weil das ja auf das nächste Etats⸗ jahr gar keinen materiellen Einfluß hat, indem, wenn diese Position nicht voll zur Verausgabung kommen würde, natürlich das veran⸗ schlagte Defizit und die demnächst zu erhebende Anleihe sich ver—⸗ ringert. Es hat diese Lage nicht in dem Maße vorhergesehen werden können als jetzt.
Der wesentliche Grund, warum unsere Kassenbestände gegenwärtig noch so hoch sind, liegt in der erheblichen Vermehrung der Eisenbahn⸗ einnahmen in den vorangegangenen Monaten. Ich schätze gegen den Etat die Vermehrung der Einnahmen der Eisenbahn auf 36 bis 40 Millionen. (Hört, hört! Und auf Grund dieser Thatsachen und andererseits, daß wir ja den Fonds aus den Ueber⸗ schüssen der Einkommensteuer zur Disposition haben, ist der Bedarf wesentlich verringert in Beziehung auf die Einziehung extra⸗ ordinärer Mittel, und daher wird unzweifelhaft wohl dieser in Frage stehende Betrag in der veranschlagten Höhe zur Verausgabung nicht gelangen.
Meine Herren, ich benutze die Gelegenheit, indem ich annehme, daß in dieser Beziehung noch kein Beschluß durch eine Abstimmung stattgefunden hat, noch mit zwei Worten auf eine Position im Einnahme⸗ kapitel, Kap. 22 Tit. 2, Gebühren für Eintragungen in das Staats— schuldbuch, zurückzukommen, obwohl in der Kommission schon, wie ich höre, darüber nähere Mittheilungen gemacht worden sind. Es ist mir aber doch für das Haus und auch für die Oeffentlichkeit von Interesse, hieran einige statistische Bemerkungen zu knüpfen. Es sind hier die Einnahmen von Gebühren um 13 150 4 höher veranschlagt.
Meine Herren, die Eintragungen in das Staatsschuldbuch sind in einem so erfreulichen und stetigen Fortschreiten begriffen, daß diese Erhöhung jedenfalls ganz unbedenklich ist. Es waren am 31. März 1893 im Staatsschuldbuche 14 295 Konten und 848 777 050 Kapital eingetragen, und zwar gegen das Vorjahr mit 12039 Konten über einen Gesammtbetrag von nur 687 645 000 M, also mehr in einem Jahre 2266 Konten mit dem Kapitalbetrage von 161 131 350 4 Man sieht also, in welchem steigenden Maße das Staatsschuldbuch benutzt wird.
Nun ist dabei von Interesse, zu vergleichen, auf welche Beträge prozentual die einzelnen Konten lauten. Da sind vorhanden:
Anzahl auf ein Kapital also Prozent⸗
der Konten: (in Mark) von: zahl:
4492 bis 4000 31,4
3055 4000 bis 10000 21,4
4544 10 000 bis 50000 3156
1059 50 000 bis 100000 7, 4
944 100 000 bis 500 000 6,6
129 500 000 bis 1000000 0, 9
102 über 1 000 000 0, Hieraus ergiebt sich klar, daß in sehr großem Maße auch geringere Kapitalien in das Staatsschuldbuch eingetragen werden, und zwar sind die gegen das Vorjahr verhältnißmäßig noch weiter gestiegen. Darin erblicke ich einen großen Segen der Wirkung der Einführung des Schuldbuchs nicht bloß in Beziehung auf die größere Sicherheit — und die Nothwendigkeit, größere Sicherheit zu suchen, ist ja bei den geringen Kapitalien naturgemäß am allergrößten —, sondern auch in Beziehung auf die Förderung der Sparsamkeit; denn naturgemäß — die menschliche Natur ist nun mal so — geht einem die Obligation, die man täglich in den Fingern hat, leichter durch die Finger, als wenn man Eintragungen hat beim Staatsschuldbuch. Nach allen
Richtungen hin ist also diese Maßregel höchst erfreulich gewesen.
Mit dieser Entwickelung des preußischen Staatsschuldbuchs konkurriert in gleich erfreulicher Weise die Entwickelung des Staats⸗ schuldduchs im Deutschen Reich. Ich habe augenblicklich die Zahlen
nicht im Kopf; aber in gleichem Maße wie das preußische hat das
Staatsschuldbuch des Reichs an Eintragungen zugenommen.
Ich habe geglaubt, diese Mittheilungen wären nicht bloß für den Landtag, sondern überhaupt für die Oeffentlichkeit von Interesse, weil es hoffentlich neue Anregung giebt, in noch größerem Maße als bisher von den Eintragungen in das Grundbuch Gebrauch zu machen.
Der Etat der Staatsschuldenverwaltung wird genehmigt.
Zu dem Etat der allgemeinen Fin anzverwaltung erklärt der Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Zum Titel ‚Antheil an dem Ertrage der Zölle und der Tabacksteuer“ möchte ich nach den bisherigen Ergebnissen des laufenden Jahres hervorheben, daß wir den Antheil Preußens an dem Ertrage der Zölle und der Tabacksteuer nach den bisherigen Ergebnissen, natürlich vorbehaltlich derjenigen Aenderungen, welche möglicherweise noch in den kommenden 3 Monaten dieses jetzigen Kalenderjahres ein⸗ treten können, auf einen Minderertrag von 3 Millionen schätzen. Hier⸗ nach werden sich wahrscheinlich — das ist auch ein Grund, warum ich dies hervorhebe, weil es für Kommunalverbände immer von Interesse ist — die Ueberweisungen an die Kommunalverbände um 27 Millionen niedriger stellen, während für die General⸗Staatskasse danach, wenn diese Schätzung zutrifft, ein Verlust von einer Million eintreten würde. Das sind natürlich nur Schätzungen, aber wir glauben doch, daß sie im wesentlichen und mit einiger Sicherheit zutreffend genannt
werden können. . .
Zu dem Etat der Ansiedelungskommission für Westpreußen und Posen liegt ein Antrag der Abgg. Motty und Genossen (Polen) vor:
„Die Staatsregierung zu ersuchen, die baldthunliche Aufhebung des Gesetzes vom 26. April 1886, betreffend die Beförderung deutscher Ansiedelungen in den Provinzen Westpreußen und Posen, durch eine entsprechende Vorlage in die Wege zu leiten.“
Abg. Motty (hole) empfiehlt den Antrag, weil die Aufrecht erhaltung des Gesetzes die Gleichberechtigung der Polen beeinträchtige. Wenn die Polen opponierten, würden sie getadelt; wenn sie mit der Regierung gingen, sei es auch nicht recht. Herr Rickert habe erklärt, daß er die Konkurrenz der . mit den Deutschen nicht fürchte. Weshalb also die Unterdrückung der Polen? Wozu die Aufrecht⸗ erhaltung eines gegen die einfache Existenz des Polenthums ge— richteten Strafgesetzes, welches gegen die verfassungsrechtliche Gleich— heit vor dem Gesetz und auch gegen das eigentliche Indigenat aller Reichsangehörigen verstoße. ;
Abg. von Puttkamer-Plauth . (kons.): Die Polen stellen sich hier als ruhige Staatsbürger dar, während man draußen im Lande aus Anlaß der hundertjährigen Koszciuscofeier in, den Blättern die Wiederherstellung Polens als das unabänderliche Programm be— zeichnet. Das Ansiedelungsgesetz thut keinem Polen Gewalt an; es vollzieht sich alles auf dem Wege der Freiwilligkeit. Es handelt sich nicht um einen Kampf gegen das Polenthum, sondern nur um den Schutz des Deutschthums, das der zielvollen Agitation des Polenthums nicht allein Widerstand leisten kann, zumal das letztere vom Asten her fortwährend Zuzug erhielt. Dagegen richteten sich die Aus⸗ weisungen als ein Akt der Nothwehr. Das Zusammengehen der Polen mit der Regierung erfüllt uns mit Mißtrauen, denn nur als Gegner sind die Polen ehrlich bei ihrem Programm. Der Antrag des Vor— redners findet hoffentlich bei der Regierung keine Zustimmung, Zu wünschen ist nur, daß das Ansiedelungsgesetz weniger fiskalisch ge— handhabt werde, dann würde man schneller zum Ziele kommen.
Abg. Dr. Porsch (Zentr.): Das Zentrum wird, wie es das Ansiedelungsgesetz von Anfang an bekämpft hat, für die Aufhebung desselben stimmen, da es darin keinen Schutz des Deutschthum erblicken kann. Die Abstimmung der Polen für die Militärvorlage ist den Konservativen doch wohl sehr, angenehm gewesen.
Abg. Dr. Sattler (nl): Die Ansiedelungskommission rettet bankerotte Landwirthe von dem Untergange, verbessert ihren Besitz und fördert die Ansiedelung von kleineren Landwirthen. Begreifli wäre es, wenn andere Provinzen auch die Einrichtung solcher Kommissionen verlangten; die Klagen der Polen sind unbegründet. .
Abg. Parisius (frs. Vp): Wir haben das Gesetz bekämpft (Zuruf bei den Nationalliberalen: Leider) und haben uns dessen ge— freut. Wir stimmen, da die Handhabung des Gesetzes keinen Anlaß zum Lobe giebt, für den Antrag der Polen,. .
Abg. Br. von Jazdzews ki (Pole): Die Ungerechtigkeit liegt darin, daß man den Polen nicht gestattet, von den Gütern der Ansiedelungs⸗ kommission Kolonistenstellen zu erwerben. Die Polen können ihre nationalen Ideen nicht aufgeben, sie müssen sich deshalb gegen alle Germanisierungsmaßregeln wehren. Die Artikel über die Koscziuscofeier stammen aus Galizien; wir sind dafür nicht verantwortlich. Die Ansiedler, welche nach Posen kommen — das können die Gerichte bezeugen — dienen nicht dazu, bei uns die Kultur zu heben. Wir prüfen die Vorlagen der Regierung nach sachlichen Gesichtspunkten, richten aber unsere Taktik so ein, daß sie uns nützt, ohne der Allgemeinheit zu schaden. Die Regierung sollte das seinen Zweck nicht erreichende Gesetz aufheben. .
Abg. von Puttkamer-Plauth (kons.) nimmt die Ansiedler gegen die Vorwuͤrfe des Vorredners in Schutz und erklärt sich noch⸗ mals gegen den Antrag.
Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden:
Meine Herren! Der bisherige Gang der Diskussion giebt mir nur zu wenigen Bemerkungen Anlaß.
Zunächst hat der Herr Abg. Dr. von Jazdzewski die Behauptung aufgestellt, daß das Gesetz vom 26. April 1886, welches die Stärkung des Deutschthums in den polnischen Landestheilen bezweckt, seinen Zweck vollständig verfehlt habe. Diese Wahrnehmung hat die Staats⸗ regierung nicht gemacht; sie ist deshalb nicht in der Lage, dem vor⸗ liegenden Antrage näher zu treten. Hauptsächlich sehe ich mich genöthigt, den Ausführungen des Herrn Dr. von Jazdzeweski entgegenzutreten, welche er bezüglich der Qualität der Ansiedler gemacht hat. Er glaubte, es sei genügend, wenn er die Behauptung aufstelle, die Qualität der Ansiedler sei eine geringe; sie trage nicht dazu bei, deutsche Gesittung und Kultur in den fraglichen Landes⸗ theilen zu fördern, und das ergebe sich aus den zahllosen Streitig⸗ keiten dieser Ansiedler vor Gericht; er provozierte auf die Kenntniß der Staatsregierung. Ich kann dem Herrn Abgeordneten erwidern, daß mir absolut nichts bekannt ist, was einer derartigen Behauptung zur Grundlage dienen könnte, und bis er die Güte hat, etwas Näheres in dieser Beziehung anzuführen, muß ich sie als unzutreffend zurückweisen. Es mögen Verwechselungen vorliegen; jedenfalls kann bei der Sorgfalt, welche seitens der Ansiedelunge kommission geübt wird in Bezug auf die Auswahl der Ansiedler — und daraus folgt die Thatsache, daß verhältnißmäßig alljährlich wenige Ansiedler angesetzt werden — diese beweislos hingestellte Behauptung meinerseits als zutreffend nicht anerkannt werden. Es wird vielmehr in den Berichten der Ansiedelungskommission das Gegentheil bezeugt und hervorgehoben, daß von Jahr zu Jahr fortschreitend sowohl die finanzielle als wirthschaftliche Selbständigkeit und Tüchtigkeit der An⸗
siedler zunehme.
Dies führt mich zu der Anregung des Herrn von Puttkamer, es möchte seitens der Staatsverwaltung bei der Bemessung der Preise, zu welchen die einzelnen Güter an die Ansiedler überlassen
nicht; aber nach dem Gesetz sollen die Stellen den Ansiedlern unter angemessener Schadloshaltung des Fiskus überwiesen werden. Was unter dem Wort „angemessen“ im einzelnen Falle zu verstehen ist, mag dahingestellt bleiben, das wird sorgfältig von der Ansiedelungs. kommission erwogen. Ich habe geglaubt, daß im großen und ganzen die Ausführungen in den Berichten bezüglich der Höhe der Rente und des Preises, welche den einzelnen Ansiedlern auferlegt werden und die sich zwischen 2 und 3 0o des Anlagekapitals bewegen, ein Beweis dafür sind, daß seitens der Ansiedelungskommission nicht fiskalisch verfahren wird. Sollte im einzelnen Falle auch das zu hoch erscheinen je nach den gegebenen Verhältnissen, so wird, davon bin ich überzeugt, die An- siedelungskommission auch kein Bedenken tragen, noch tiefer herabzu⸗ gehen. Denn das erkenne ich mit Herrn von Puttkamer⸗Plauth voll- kommen an: der Zweck der ganzen Maßregel ist, lebensfähige Ge— meinden zu schaffen. Der vorliegende Bericht gewährt den Nachweis, daß dieser Zweck erreicht wird.
Der Etat der Ansiedlungskommission wird genehmigt. Bei Berathung der Denkschrift über die Thätigkeit der Ansiedlungskommission im Jahre 1893 bemängelt
Abg. Szmula (Zentr), daß man die Leute aus Oberschlesien bei der Ansiedelung nicht zulasse, weil sie als Polen angesehen würden, während die Regierung bestreite, daß sie Polen seien. Katholiken scheine man nicht . zu wollen, denn den 1257 Evangelischen ständen nur 136 Katholiken gegenüber. Redner führt einen Spezialfall an, in welchem ein aus dem Auslande zurückkehrender Deutscher von der Kommission hin⸗ und hergeschickt worden fei, ohne schließlich zur Ansiedlung zu kommen.
Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden:
Wenn ich den Herrn Vorredner richtig verstanden habe, so handelt es sich um einen geborenen Deutschen, der längere Zeit im Ausland gelebt hat, dort angesiedelt gewesen ist, dann seinen Besitz verkauft hat und — ich habe nicht vernehmen können, ob nach vor— heriger Verständigung mit der Ansiedelungskommission oder auf gut Glück — sich nunmehr als Ansiedler gemeldet hat. Er soll von der Ansiedelungskommission an verschiedenen Stellen hinausgeschickt sein, wo er ein Gut erwerben könne, schließlich aber die von ihm aus— gesuchte Stelle nicht erhalten haben, weil die Situation nicht für katholische Ansiedelung bestimmt sei. Von dem Fall ist mir nichts bekannt; ich kann aber dem Herrn Vorredner erwidern, daß bezüglich der Seßhaftmachung katholischer Ansiedler keine ge— heimen Ordres bestehen, und daß die Ansiedelungskommission keine Geheimnisse betreibt und nicht zu treiben hat. Dagegen ist in diesem Hause wiederholt erörtert und allseitig gebilligt, daß man nicht konfessionell gemischte Gemeinden bilden soll. So st bisher verfahren und so sind auch verschiedene katholische Gemeinden entstanden und besiedelt, was dem Herrn Vorredner ja bekannt ist.
Was in diesem Fall die Veranlassung gewesen ist — wie ich nach den Aeußerungen des Herrn Vorredners annehmen muß —, daß zuerst an dem von ihm bezeichneten Ort eine katholische Ansiedelung beabsichtigt war, demnächst eine evangelische stattgefunden hat, ist mir nicht bekannt. Möglich ist es, daß Schwierigkeiten entstanden sind auf dem kirchlichen Gebiete, daß man bei Bildung katholischer deut⸗ scher Gemeinden selbstverständlich auch verlangt hat, daß eine deutsche Pastorierung der Ansiedler stattfinden müsse. Ob nach der Richtung Schwierigkeiten entstanden sind, sodaß man nicht zum Anschluß an bestehende Pfarreien oder zu selbständigen Parochialbildungen hat kommen können, entzieht sich meiner Beurtheilung. Wenn aber der Herr Vorredner mir sein Material übergiebt, werde ich mich in— formieren.
Was er sonst noch von einer angeblichen Aeußerung des Präsi⸗ denten der Ansiedelungskommission über ihn gesagt hat, kann ich übergehen. Er hat sich aber gewundert, daß in einzelnen der über 50 besiedelten Güter Armenhäuser gebaut und den bis jetzt gebildeten 28 Gemeinden die Armenhäuser mitüberwiesen sind. Er meint, das werfe wieder ein schlechtes Licht auf die Qualität der Ansiedler. Ja, meine Herren, es sind doch vor diesen Ansiedlern auch schon Menschen in den Ortschaften gewesen, und es handelte sich um die Unterbringung der vorhandenen Ortsarmen. Die sind aus den verschiedenen Gütern in einzelne Armenhäuser untergebracht. Indem so für die vorhandenen Ortsarmen gesorgt ward, konnte man erreichen, daß, wenn diese Armen, die jetzt zum größten Theil von der Ansiedelungskommission erhalt werden, ausgestorben sind, die Gemeinden sich dann im Besitz von Armenhäusern befinden. Meine Herren, daß das für die Gemeinden angenehm ist, liegt in der Natur der Sache, sodaß darüber kaum ein Wort verloren zu werden braucht.
Abg. Dr. von Jazdzewski (Pole) macht auf die Bedenken auf= merksam, 6 die Verlegung evangelischer Pfarreien in bisher katho⸗
zringe. J . die Denkschrift durch Kenntnißnahme für erledigt erklärt. . Der Antrag Motty wird gegen die Stimmen der Polen, des Zentrums und der Freisinnigen abgelehnt. Schluß A/ Uhr. Nächste Sitzung Dienstag 11 Uhr.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrun gs Maßzregeln.
Brasilien. g
Durch Verordnung des Ministers des Innern vom 3. v. M. sind die Häfen ven Palermo und Catania für rein von Cholera erkläit worden. Schiffe, welche vom 27. Januar d. J. ab aus diesen Häfen abgegangen sind, werden nach einer strengen ärztlichen Untersuchung in Brasilien . Verkehr zugelassen (vgl. ‚R-Anz.“ Nr. 26 vom 30. Januar d. J.). .
. , durch Verordnung des Ministers des Innern vom J. v. M. alle Häfen Rußlands für choleraverdächtig erklärt. Die seit dem 25. Dezember v. J. aus diesen Häfen abgegangenen Schiffe haben sich bei ihrer Ankunft in den brasilianischen Gewässern nach der Ilha Grande zu begeben und sich dort der vorschriftsmäßigen sanitrch Behandlung zu unterziehen. .
Rom, 5. März. Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani= aus Rio de Janeiro ist der dortige italienische Konsul gestern am gelben Fieber gestorben. An demselben Tage sind dort 200 Personen an der Seuche erkrankt.
Verdingungen im Auslande.
Dänemark.
14. März, 12 Uhr. Hafenverwaltung (Ha vnefoꝶ αltnin Contoir, Toldboden) Kopenhagen: Lieferung von Eisenguß· mn Schmiedegrbeit 2c. zur Aufführung eines Packhauses im hie gen Ife hafen. Bedingungen und Zeichnungen erhältlich (wochentägli 111. Uhr) an Ort und Stelle gegen Hinterlegung von 50 Kron J die bei Einlieferung eines Angebots und Rückgabe der Bedingungen c.
werden, nicht zu fiskalisch verfahren werden. Das geschieht auch
zurückerstattet werden.
m 56.
Zweite Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗-Anzeiger.
E894.
Berlin, Dienstag, den 6. März
Parlamentarische Nachrichten.
Der dem Herrenhause vorgelegte Gesetzent wurf, betreffend das Pfandrecht an , und Kleinbahnen und die Zwangsvollstreckung in dieselben, hat folgenden Worlaut:
Erster Abschnitt. Bahneinheit.
§ 1. Privateisenbahnen, welche dem Gesetze über die Eisenbahn— unternehmungen vom 3. November 1838 (Gesetz⸗Samml. S. 505) unterliegen, und Kleinbahnen (§ 1 des Gesetzes vom 28. Juli 18923 über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen, Gesetz⸗Samml. S. 225) bilden mit den dem Bahnunternehmen gewidmeten Vermögenswerthen als Einheit (Bahneinheit) einen Gegenstand des unbeweglichen Ver— mögens, falls der Unternehmer verpflichtet ist, für die Dauer der ihm ertheilten Genehmigung das Unternehmen zu betreiben.
§ 2. Jedes Bahnunternehmen, für welches eine besondere Ge— nehmigung ertheilt ist, ist als eine selbständige Bahneinheit anzusehen. Ist jedoch ein Bahnunternehmen nach den Bestimmungen der für das— selbe ertheilten Genehmigung einheitlich mit einem anderen bereits bestehenden Bahnunternehmen (Stammbahn) zu betreiben, so bildet es ein Zubehör des letzteren.
Wer zur Verfügung über eine Bahn berechtigt ist und in welchem Umfange das Verfügungsrecht ausgeübt werden kann, bestimmt sich nach den gesetzlichen Vorschriften und dem Inhalte der Genehmigung.
§ 3. Die Bahneinheit entsteht, sobald die Genehmigung zur Eröffnung des Betriebs auf der ganzen Bahnstrecke ertheilt ist. Sie hört auf mit dem Erlöschen der Genehmigung für das Unternehmen, wenn jedoch die Bahn im Bahngrundbuch eingetragen ist, erst mit der Schließung des Bahngrundbuchblatts.
Als ein Erlöschen der Genehmigung im Sinne des Gesetzes ist die Verwirkung derselben in Gemäßheit des § 47 des Gefetzes vom 3. November 1838 nicht anzusehen. Dagegen steht es dem Erlöschen der Genehmigung gleich, wenn in einer Zwangsversteigerung ein wieder⸗ höolter Versteigerungstermin nicht zur Ertheilung eines Zuschlags (§ 45 Satz 1) geführt hat.
§5 4. Zur Bahneinheit gehören: 1) Der Bahnkörper und die übrigen Grundstücke, welche dauernd, unmittelbar oder mittelbar, dem Bahnunternehmen gewidmet sind, mit den darauf errichteten Baulich— keiten, sowie die für das Bahnunternehmen dauernd eingeräumten Rechte an fremden Grundstücken. 2) Die von dem Bahnunternehmer angelegten, zum Betriebe und zur Verwaltung der Bahn erforderlichen Fonds, die Kassenbestände der laufenden Bahnverwaltung, die aus dem Betriebe des Bahnunternehmens unmittelbar erwachsenen Forderungen und die Ansprüche des Bahnunternehmers aus Zusicherungen Dritter, welche die Leistung von Zuschüssen für das Bahnunternehmen zum Gegenstande haben. 3) Die dem Bahnunternehmer gehörigen be— weglichen körperlichen Sachen, welche zur Herstellung, Erhaltung oder Erneuerung der Bahn oder Bahngebäude oder zum Betriebe des Bahn— unternehmens dienen. Dieselben gelten, einer Veräußerung ungeachtet, als Theile der Bahneinheit, so lange sie sich auf den Bahngrundstücken befinden, rollendes Betriebsmaterial auch nach der Entfernung von den Bahngrundstücken, so lange dasselbe mit Zeichen, welche nach den Verkehrsgebräuchen die Annahme rechtfertigen, daß es dem Eigen— thümer der Bahn gehöre, versehen und dem Bahnbetriebe nicht dauernd entzogen ist.
So lange die Bahn nicht in das Bahngrundbuch eingetragen ist, . nur diejenigen Grundstücke, welche mit dem Bahnkörper zusammen⸗ zängen oder deren Widmung für das Bahnunternehmen sonst äußerlich erkennbar ist, als Theile der Bahneinheit. Nach der Anlegung des Bahngrundbuchblattes gehören außerdem alle auf dem Titel desselben verzeichneten Grundstücke zur Bahneinheit. Die Entscheidung darüber, ob ein vom Bahnunternehmer angelegter Fonds zum Betrieb und zur Verwaltung der Bahn erforderlich ist, steht der Bahnaussichts— behörde zu.
§ 5. Veräußerungen oder Belastungen einzelner zur Bahneinheit . Grundstücke sind ungültig, soweit nicht die Bahnaufsichts⸗ behörde bescheinigt, daß durch die Verfügung die Betriebsfähigkeit des Bahnunternehmens nicht beeinträchtigt wird. Sobald die Genehmigung für das Unternehmen erloschen ift, können Veräußerungen oder Be⸗ lastungen ohne diese Bescheinigung erfolgen, jedoch unbeschadet der an der Bahn begründeten Pfandrechte (§ 20). Hinsichtlich der unter Grundbuchrecht stehenden Grundstücke kann die durch die Zugehörigkeit zur Bahneinheit begründete Verfügungsbeschränkung gegen den Erwerber nur unter der Voraussetzung geltend gemacht werden, daß die Zugehörigkeit des Grundstücks zur Bahneinheit ihm bekannt oder im Grundbuch vermerkt war.
Dadurch, daß ein dem Bahnunternehmen gewidmetes Grundstück bon dem Eigenthümer einem anderen Zwecke dauernd gewidmet wird, hört es nicht auf, ein Theil der Bahneinheit zu sein, foweit nicht die im vorstehenden Absatze bezeichnete Bescheinigung ertheilt wird.
S 6. Die Verfolgung dinglicher Rechte an einzelnen, zur Bahn— einheit gehörigen Grundstücken findet nur statt, foweit die Bahn— aussichtsbehörde bescheinigt, daß durch die Verfolgung die Betriebs— fähigleit des Bahnunternehmens nicht beeinträchtigt werde.
) Wird die Bescheinigung versagt, so kann der Berechtigte gegen Aufgabe seines Rechts von dem Eigenthümer der Bahn eine Ent— chadigung fordern, welche sich nach den Vorschriften über die Ent— chädigung für den Fall der Enteignung bestimmt.
§ 7. Die Vorschriften der 38 5 und 6 finden auf die Verãuße⸗ rung und Belastung der für das Bahnunternehmen dauernd ein⸗ er inn zn Rechte an fremden Grundstücken, auf die Verfolgung ding— icher Rechte an diesen Rechten, sowie auf den Widerspruch des 6 des Grundstücks gegen die Geltendmachung dieser Rechte entsprechende Anwendung.
Zweiter Abschnitt. Bahngrundbücher.
5 8. Für die in 5 1 bezeichneten Bahnen sind Bahngrundbücher zu führen. Die Eintragung einer Bahn in das Bahngrundbuch kann bon dem Cigenthümer begntragt werden, fobald die Bahneinhelt ent— standen ist (3 J. Der Äntrag ist an die Bahnauffichts behörde zu richten, welche das Amtsgericht (§ 10) um die Eintragung zu erfuchen hat. Veräußerungen oder Belastungen einer Bahneinheit können erst nach r inn, derselben in das Bahngrundbuch . Im Falle * Zwangs voll treckung geschieht die Eintragung von Amtswegen auf Ersuchen der Bahnauf cer rde G 34 Abs. 3).
9. Auf das Verfahren bei Führung der Bahngrundbücher sinden die Vorschriften der Grundbuchordnung vom 5. Mai 1872 Gesetz-Samml. S. 446) und der dieselbe ergänzenden und ab— ändernden Gesetze entsprechende Anwendung, soweit nicht in diesem Gesetze ein Anderes beslimmt ist. Die * fh fen der Einführungs⸗ E setz zur Grundbuchordnun mit Ausschluß der Bestimmungen über ie rg . der Grundbücher sind in ihrem Geltungsbereich auch hinsichtlich der Bahngrundbücher maßgebend. Für die An⸗ wendung Lieses Gesetzes sind der Kreis „Herzogthum Lauenburg . die Insel Helgoland als zum Geltungsbereich des Gesetzet Em 27. Mai 1573 über das Grundbuchwefen und die Ver— Pfändung von Seeschiffen in der Provinz .
, iamml. S. 241) und die vormals Großherzoglich hessischen 8. estheile, das vormals Landgräflich hessische Amt Homburg, *. vormalige Herzogthum Nassau und die vormals frese Stadt
rankfurt als zum Geltungsbereich des Gesetzes vom 29. Mai 1873
über das Grundhuchwesen in dem Bezirke des Appellationsgerichts zu Cassel mit Ausschluß des Amtsgerichtsbezirks von Vöhl (Gesetz Samml. S. 273) geh6rig anzusehen.
S810. Für die Bahngrundbücher kommt das Formular 1 zur Grundbuchordnung zur Anwendung. Jede selbständige Bahneinheit erhält, unbeschadet der Anwendung des § 13 der Grundbuchordnung, ein eigenes Grundbuchblatt. Bahnen, welche gemäß § 2 als Zubehör einer anderen Bahn anzusehen sind, werden der Stammbahn als Zu⸗ behör zugeschrieben.
Die Eintragung der Bahn erfolgt in dem Bahngrundbuch des Amtsgerichts, in dessen Bezirk die Hauptverwaltung des Bahnunter—⸗ nehmens ihren Sitz hat. Befindet sich der Sitz der Hauptverwaltung nicht innerhalb des preußischen Staatsgebiets, so wird das zur Füh⸗ rung, des Bahngrundbuchs zuständige Ämtsgericht durch den Justiz—= Minister bestimmt.
F§ 11. In den Titel des Grundbuchblatts ist eine Beschreibung des Ba hnunternehmens aufzunehmen. Diefelbe hat den Anfangs⸗ und Endpunkt der Bahn und den übrigen wesentlichen Inhalt der Geneh⸗ migung, insbesondere eine etwaige Begrenzung der Zeitdauer für das Bauunternehmen zu enthalten.
Bei Aktiengesellschaften ist der Betrag des Grundkapitals, bei Kommanditgesellschaften auf Aktien der Betrag des Gesammtkapitals der Kommanditisten, bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung der Betrag des Stammkapitals, bei Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht der Betrag der Haftsumme anzugeben. Von der Geneh— migungs-Urkunde sowie von den Statuten ist eine beglaubigte Abschrift zu den Grundakten zu nehmen.
In den Titel sind ferner folgende Angaben aufzunehmen: I) die Länge der auf eigenem und der auf fremdem Grund und Boden be— legenen Bahnstrecke; 2) der Betrag des zur Anlage und Ausrüstung der Bahn verwendeten Kapitals, (Baukapitals); 3) die katastermäßige Bezeichnung derjenigen zur Bahneinheit gehörigen Grundftücke, deren Widmung für das Bahnunternehmen weder aus ihrem Zusammenhange mit dem Bahnkörper noch sonst äußerlich erkennbar ist. Sowelt die Grundstücke in Grundbüchern oder anderen gerichtlichen Büchernver— zeichnet sind, ist auch das Grundbuchblatt oder die sonftige buchmäßige Bezeichnung derselben anzugeben; ) die zur Bahneinheit gehörigen Fonds; 5) die über das Antheilsverhältniß an Gegenständen, welche mehreren Bahnunternehmen dienen, getroffenen Bestimmungen; 6) der Betrag der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben eines jeden Ge— schäftssahres.
6 . nähere Einrichtung des Titels wird durch den Justiz⸗Minister zestimmt.
§ 12. Der Vermerk von Grundstücken auf dem Titel setzt den Nachweis voraus, daß das Grundstück dem Bahneigenthümer gehört und frei von Pfandrechten ist. Sofern für das Grundstück das Grundbuchrecht maßgebend ist, wird dieser Nachweis durch Vorlegung einer zu den Grund⸗ akten zu nehmenden beglaubigten Abschrift des Grundbuchblatts ge— führt. Bei anderen Grundstücken hat das Amtsgericht nach Maß⸗ gabe des in den einzelnen Landestheilen geltenden Rechts auf Grund der ihm vorzulegenden Auszüge aus den über die Eigenthums- und Belastungsverhältnisse des Grundstücks geführten Büchern zu ent— scheiden, ob der Nachweis als geführt zu erachten ist. Auf Erfordern des Amtsgerichts ist eine Bescheinigung des Ortsvorstandes oder der sonst zur Ausstellung solcher Bescheinigungen berufenen Behörde über den Eigenthumsbesitz und die bekannten dinglichen Rechte beizubringen. Auch kann von dem Amtsgericht eine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung von Eigenthums⸗ und anderen Ansprüchen erlaffen werden.
Ist dem Amtsgericht bei der von ihm vorgenommenen Prüfung bekannt geworden, daß auf dem Grundstücke andere dingliche Rechte als Pfandrechte lasten, so darf der Vermerk auf dem Titel nur statt— finden, falls von der Bahnaufsichtsbehörde bescheinigt wird, daß diefe Rechte mit der Betriebsfähigkeit des Bahnunternehmens vereinbar sind.
813. Das Ersuchen der Bahnaufsichtsbehörde um Anlegung
des Bahngrundbuchs (6 8) muß die Person des Bahneigenthümers und die in 11 Abs. I bezeichneten Angaben enthalten. . Aufnahme der übrigen nach 8 11 erforderlichen Angaben, sowie die Abänderung von Angaben des Titels erfolgt gleichfalls auf Ersuchen der Aufsichtsbehörde. Den Ersuchen sind die Genehmigung⸗ urkunde und die Statuten in Urschrift oder in beglaubigter Abfschrift, 6 in 5 12 bezeichneten beglaubigten Abschriften und Auszüge zeizufügen.
Der Bahneigenthümer ist verpflichtet, der Aufsichtsbehörde die zur Erwirkung der Eintragungen erforderlichen Angaben und Urkunden zu liefern und kann zur Beibringung derselben von der Bahnaufsichts⸗ behörde angehalten werden. Von der letzteren ist die Uebereinstim— mung der Angaben in Betreff des Baukapitals, sowie in Betreff der jährlichen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben mit den Ab— schlüssen der ihr von dem Bahneigenthümer vorzulegenden Rechnungs— bücher zu bescheinigen. .
§ 14. Von dem Erlöschen der Genehmigung hat die Bahnauf⸗ sichts behörde dem Amtsgericht Kenntniß zu geben, von welchem das Grundbuchblatt geschlossen wird, wenn keine Pfandrechte im Bahn grundbuche eingetragen sind. Sind Pfandrechte eingetragen, so wird das Erlöschen der Genehmigung vom Amtsgericht im Bahngrund⸗ buche vermerkt und öffentlich bekannt gemacht. Die Schließung des Bahngrundbuchblatts erfolgt in diesem Falle bei der Löschung der eingetragenen Pfandrechte oder nach eendigun des Zwangsliquida⸗ tionsverfahrens und, wenn ein solches bis zum Äblauf von sechs Mo⸗ naten seit der Bekanntmachung des Erlöschens der Genehmigung nicht eröffnet ist, zu diesem Zeitpunkte.
§ 15. Nach Anlegung des Bahngrundbuchs ist die Zugehörigkeit eines Grundstücks zur Kr bn denhcft in dem über das Grundstück ge⸗ führten Grundbuche oder Stockbuche oder in dem in der vormals freien Stadt ö geführten Verbotsbuche einzutragen. Nach Auf hören der Bahneinheit ist der Vermerk unter gleichzeitiger Eintragung eines 9. eine Veräußerung derselben eingetretenen lden h Tek; zu
öschen.
Der Bahneigenthümer ist verpflichtet, die Eintragung und Löschung zu beantragen, und kann hierzu von der Bahnaufsichtsbehörde angehalten werden. Soweit die Grundstücke auf dem Titel des Bahn⸗ grundbuchblatts vermerkt sind, wird die Eintragung und Löschung von 36 . Bahngrundbuch führenden Amtsgericht von Amtswegen ver⸗ anlaßt.
Vor dem Auf hören der Bahneinheit kann der Vermerk über die Zugehörigkeit eines Grundstücks zu derselben nur mit Zustimmung der Bahnaufsichtsbehörde oder des Liquidators im Falle der Zwangs⸗ liquidation gelöscht werden.
In den vormals Großherzoglich Hessischen Landestheilen, in dem vormals Landgräflich Hessischen Amte Homburg, und in den Land- 1 der vormals freien Stadt Frankfurt tritt an die Stelle des
ermerks im , und der Löschung desselben eine von dem Amtzsgerichte, in dessen Bezirk das Grundstuck belegen ist, dem Orts— . ele e g te über die wehe set zur Bahneinheit und das uf hören derselben zu machende Mittheilung.
§ 16. Zur Tragung der Kosten der in dlesem Abschnitte erwähnten Eintragungen und Loöͤschungen ist der Bahneigenthümer verpflichtet.
Es werden erhoben für die Anlegung des Bahngrundbuchs die in § 11 des Kostentarifs zur , bestimmten Sätze, für den Vermerk des Erlöschens der Gene me einschließlich der öffent⸗ lichen Bekanntmachung desselben der Satz 3 c 1 und für die Schließung des Bahngrundbuchblatts der Satz F 3 (2.
getretenen Cigenthumswechsels in dem über ein Bahngrundstück ge⸗ führten gerichtlichen 66 erfolgt , , n,,
. ritter Abschnitt.
Dingliche Rechtsverhältnisse an Bahnen im allgemeinen
§ 17. Auf den Erwerb des Eigenthums und der sonstigen dinglichen Rechte an der Bahneinheit, den Umfang, die Wirkung, Uebertragung und Auf hebung dieser Rechte finden, soweit nicht dieses Gesetz ein anderes bestimmt, im ganzen Umfange der Monarchie die in den Grundbuchgesetzen für Grundstücke gegebenen . Anwendung. Neben denselben kommen die am Sitze des für die Führung des Bahn= grundbuchs zuständigen Gerichts geltenden Vorschriften der Einführungs⸗ gesetze und die nach Maßgabe der Grundbuchgesetze und der Einführungs⸗ gesetze an diesem Orte noch geltenden Vorschriften des bisherigen Immebiliarsachenrechts zur Anwendung. Der Geltungsbereich der f g fngtgesehe bestimmt sich nach den Vorschriften in § 9 dieses
Besetzes.
F. 18. Die Angaben des Bahngrundbuchs über die Zugehörigkeit bon Grundstücken zur Bahneinheit gehören nicht zu dem Inhalte des Grundbuchs, auf welchen sich die Vorfchriften ber die Rechtswirkung des Erwerbs in gutem Glauben erstrecken.
S 19. Die Eintragung einer Hypothek oder Grundschuld an einer Bahn (Bahnpfandschuld) kann auf Grund einer vor der Eintragung der Bahn in das Bahngrundbuch von dem Eigenthümer erklärten Be= willigung erfolgen.
S 20. . Nach dem Erlöschen der Genehmigung stehen den Bahn⸗ pfandgläubigern an den zu diesem Zeitpunkt zur Bahneinheit gehörigen Gegenständen die, Rechte eines Hypotheken- oder Grundschund⸗ Gläubigers bezüglich der Grundstücke und die Rechte eines Faustpfand— gläubigers bezüglich der beweglichen Gegenstände zu. Diese Rechte er— löschen mit der Schließung des Bahngrundbuchblatts.
Vierter Abschnitt. Theilschuldverschreibungen auf den Inhaber.
5 21. , Eine Bahnpfandschuld kann ohne Bezeichnung des
Gläubigers im Bahngrundhuch eingetragen werden, wenn die Schuld in Theile zerlegt und die Genehmigung zur Ausstellung von Theil⸗ schuldverschreibungen auf den Inhaber ertheilt ist. In diesem Falle sind in der Eintragung neben dem Gesammtbetrage die Theilschuld⸗ verschreibungen nach Anzahl, Bezeichnung und Betrag anzugeben. Ist ein Tilgungsplan vorhanden, so bedarf es nicht der Angabe der Zahlungsbedingungen in der Eintragung, sondern es genügt die Ver⸗ weisung auf den zu den Grundakten zu nehmenden pl Die Vor⸗ legung einer Schuldurkunde ist auch dann nicht erforderlich, wenn der Schuldgrund bei der Eintragung angegeben wird. ö § 22. Auf die Ausstellung der Rhe n renn net auf den Inhaber, finden die Vorschriften des Gesetzes vom 17. Juni 1833 wegen Ausstellung von Papieren, welche eine Zahlungsverpflichtung an jeden Inhaber enthalten (Gesetz⸗Samml. S. 75), Anwendung.
§ 23. Die Eintragung der Theilschulden ist öffentlich bekannt zu machen. Die Bildung eines Hypotheken oder Grundschuldbriefes findet nicht statt. Zur Geltendmachung der Rechte aus der Ein— tragung ist der Inhaber der Theilschuldverschreibung berechtigt.
§z 24. Eine für einen bestimmten Gläubiger eingetragene Bahn— pfandschuld kann mit Zustimmung des eingetragenen Eigenthümers in Theile ohne Bezeichnung der Gläubiger zerlegt werden. Die Um⸗ wandlung ist unter Vernichtung der Urkunde, welche über die Bahn⸗ pfandschuld gebildet war, in das Bahngrundbuch einzutragen. Die Vorschriften der 5§ 22, 23 finden Anwendung.
Theilabtretungen einer für einen bestimmten Gläubiger eingetra⸗ er. Bahnpfandschuld können ohne Bezeichnung des Erwerbers nicht erfolgen. ;
Gr 2ö5. Zur Löschung von Theilschulden hat der Eigenthümer eine gerichtliche oder notarielle Urkunde über die durch ihn erfolgte Ver⸗ nichtung der Theilschuldverschreibungen beizubringen. Im Falle einer Kraftloserklarung derselben ist außer dem Ausschlußurtheile die Löschungs⸗ bewilligung desjenigen, der das Ausschlußurtheil erwirkt hat, beizubringen. . i. w . in; J. ö bezeichneten Urkunden wird urch die unter Perzicht auf Zurücknahme erfolgte Hinterlegung de Betrages der fälligen Theilschuld ersetzt. 33 ö 5. 526. Soweit nicht nach Inhalt der Urkunde (5 25) auch die Vernichtung der für die Theilschuldperschreibungen aus egebenen Zins⸗ scheine erfolgt ist, sind die letzteren vorzulegen. Zinsscheine über ver⸗ jährte Zinsen brauchen nicht vorgelegt zu werden.
Die Vorlegung der nach der Fälligkeit der Theilschuld fällig werdenden Zinsscheine ist im Falle des 35 Abf. 2 nicht erforderlich, in anderen Fällen nur insowelt, als der Aussteller zur Einlösung trotz der Fälligkeit der Hauptschuld verpflichtet ist.
Die Vorlegung eines Zinsscheins wird durch die unter Verzicht auf Zurücknahme erfolgte Hinterlegung des Betrages desfelben ersetzt. Die Vorschriften des gs der Grundbuchordnung finden auf die Zing⸗ scheine entsprechende Anwendung.
ach 27. Die Löschung der Theilschuld ist öffentlich bekannt zu machen.
S28. Die Rechte aus Theilschuldverschreibungen können nach Einleitung der Zwangsverwaltung oder der Zwangsversteigerung oder in dem Falle des Konkursverfahrens oder der Zwangsliquidation durch Beschluß einer Versammlung der Gläubiger ganz oder theilweise auf⸗ gegeben werden.
§ 29. Die Versammlung der Gläubiger wird durch das Gericht berufen. Die , ,. findet statt, wenn * unter Angabe des Zwecks, sowie unter Einzahlung eines zur Deckung der Kosten hinreichenden Betrages von Gläubigern, deren Theilschuldverschreibungen zufammen den 25. Theil des Betrages der Bahnpfandschusd darstellen, oder von dem Eigenthümer der Bahn oder dem Konkursverwalter beantragt oder von der Bahnaufsichtsbehörde verlangt wird.
Die Berufung erfolgt durch öffentliche Bekanntmachung derselben unter Angabe des Zwecks.
n . . — , ö. des Gerichts ndet Beschwerde na aßgabe der deutschen Zivilprozeßordnun 85 —̃ , , 1 . ;
30. ie Versammlung findet unter Leitung des Gerichts statt. . der Beschluß 6 28) wird nach Mehrheit der Stimmen gefaßt. Stimmenmehrheit ist vorhanden, wenn die Mehrzahl der im Termine anwesenden Gläubiger ausdrücklich zustimmt und die Gesammtfumme der Theilschuldbeträge der Zustimmenden wenigstens drei Viertheile der Gesammtsumme der Bahnpfandschuld beträgt. Gezählt werden nur die Stimmen der Gläubiger, welche die Theilschuldberschreibungen nach Anordnung des Gerichts hinterlegt haben.
31. Der . der er,, ,, . der Bestãtigung des Gerichts. Auf die Bestäti ung deren Wirkung und Anfechtung sinden die Bestimmungen der S8 168, 170 Abs. 2, 171, 177 Rr. I, 173, 174, 178, 181, 182 der Deutschen Konkursordnung entf rechende Anwendung. Der Antrag auf Da, m des Beschlusses, sowte die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung über die Bestãtigung desselben steht jedem Inhaber einer Theilschuldverschreibung zu. Der re r, kehren e Beschluß ist in Ausfertigung zu den Grund⸗ akten der . n brin ö. ft Bestati des
Vor der rechtskräftigen Bestätigung des Beschlusses findet auf Grund desselben eine ö Eintragung im . nicht statt. Zur . edarf es nicht der Vorlegung der in den §§ 26, 26 bezeichneten Ur — ffentlich bekannt zu machen. ⸗ S 353. Für die Erledigung der dem Gerichte in den S§5 29 bis
kunden. Die Eintragung i
Die Eintragung des infolge einer Veräußerung der Bahn ein
ol zugewiesenen Thätigkeit wird eine Gebühr in Höhe von drei Zehn-