1894 / 80 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 05 Apr 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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, n Cerigioli, 6) Niggertanz, ö Garde des Prinzen Karneval, Gommedia dell' arte, 8) Farben gn 10) Großes Finale: Bataille des fleurs. Kostüme nach Angabe des Herrn Guthknecht. Im Königlichen Schauspielhause gelangt morgen Goethe's Egmont“ mit Herrn Ludwig in der Titelrolle zur Aufführung. Die

usik von Beethoven wird von der Königlichen Kapelle unter Kapell⸗ meister Weingartner's Leitung aus Direktor Oscar B ö ist, wurde an seinem Abschiedsabend, an wel h

eführt. lumenthal, welcher gestern aus , m Die entreise; mit großem Erfolge zur Aufführung gelangte, durch leb⸗ afte Ovationen ausgezeichnet. Deutsche und russische Freunde des Lessing⸗Theagters überreichten ihm Lorbeerkränze und werthvolle Gastgeschenke. Nach immer erneuerten Hervorrufen dankte er schließlich für die liebevolle Aufnahme, die seinen Schauspielern zu theil ge— worden, in einer längeren Ansprache. . ;

In dem n, . Repertoirestück des Re sidenz⸗Theaterz, dem Bisson⸗Carré'schen Schwank „Der Maskenball“, ist nunmehr wieder das Personal der ersten Aufführung vereinigt. Mehrere Künstler, welche in den Sonnenthal⸗Vorstellungen des Neuen Theaters beschäftigt waren, sind jetzt an die Stätte ihrer früheren Thätigkeit wieder zurückgekehrt. . . .

Herr Konrad Heubner, vor einer Reihe von Jahren Zweiter Dirigent des Gesangvereins der Berliner Sing⸗Akademie und z. 3. des Konservatoriums der Musik in Koblenz veranstaltet hier am Sonnabend, Abends 75 Uhr, im Saal Bechstein ein Konzert mit eigenen Kompositionen. Die Konzertsängerin Frau Therese Bignell (Mezzosopran), sowie die Herren Konzertmeister Robert Bignell (Violine), Ferdinand Walther (Violine), Heinrich Brandt (Viola) und Willem Engel (Cello) haben ihre Mitwirlung zugesagt.— Die Pianistin Fräulein Agda Lysel hat für das Programm ibres an demselben Tage, Abends 8 Uhr, im tel de Rome statt⸗ findenden Konzerts Phantasie und Fuge von J. E. Bach, das B-dur- Impromptu von Schubert, Liszt's X. Rhapsodie sowie. Werke ven Rubinstein, Strauß⸗Tausig und Chopin gewahlt. Die Sängerin Fräulein Minna Ristow und Herr Kammermusikus Richard Hage— meister (Violine) haben ihre Mitwirkung zugesagt. Zum? esten der Volktkskindergärten des Berliner Fröbel⸗Vereins“ wird am 27. d. M. in der Philharmonie ein großes Konzert zu populären Preisen stattfinden, für welches mehrere hervorragende Künstler ihre Mitwirkung in Aussicht gestellt haben; der Kartenverkauf wird demnächst bei Bote & Bock n. .

Die Konzert-Direktion Hermann Wolff hat mit dem 1. d. M. den fünfzehnten Jahrgang ihrer Thätigkeit begonnen. In der jetzt geschlossenen Spielzeit 1893/94 hat sie allein in Berlin das Arrangement von 273 Konzerten und Vorlesungen besorgt; davon fanden im Saal Bechstein 147, in der Sing⸗Akademie 86, in der Philharmonie 40, im Saal des Hötel de Rome 4 und ferner 2 in Kirchen statt. Wohlthätigkeitskonzerte wurden von der Direktion 12 arrangiert; die übrigen Veranstaltungen vertheilten sich ungefähr auf 11 große Orchesterkonzerte, 12 große Chor— konzerte, 18 Quartett⸗ und Kammermusik⸗Abende, 50 Klavier— Abende, 20 Viglinisten⸗Konzerte, 117 Liederabende, 12 Konzerte mit eigenen Kompositionen der Konzertgeber, ferner auf Vorlesungen, Nonservatoriums⸗Aufführungen u. s. w. Außerdem besorgte die Konzert⸗Direktion Hermann Wolff auch den konzertlichen Theil des Arrangements der in diesem Winter veranstalteten 16 Volksunter⸗ haltungs⸗Abende.

Mannigfaltiges.

Der Reichskanzler hat an den Arbeitsausschuß der Berliner Gewerbe-Ausstellung 18966 das nachstehende

reiben gerichtet: ö Berlin, den 4. April 1894.

Euer Hochwohlgeboren erwidere ich auf das gefällige Schreiben vom 2. d. M. ergebenst, daß ich den von dem Arbeitsausschuß der Gewerbe⸗Ausstellung 1896 eingenommenen Standpunkt vollkommen theile, namentlich insofern, als es auch mir richtig und zweckmäßig erscheint, das Unternehmen auf Berlin zu be— schränken und den Erfolg nicht durch die Erweiterung zu einer deutsch, nationalen Ausstellung in Frage zu stellen. In dieser Beschränkung war und ist, wie Fuer Hochwohlgeboren mit Recht bemerken, meine Sympathie in der That dem Werke gewidmet, und ich habe gern eine Gelegenheit, die sich heute mir bot, benutzt, um

Wetter b 8

icht vom 5. April, r Morgens.

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* ed. in Millim.

haus. cana.

Stationen. Wind. Wetter.

Bar. auf Gr. u. d. Meeressp in O Celsius

Temperatur 50 G. 40R.

Verga. In .

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IL wolkenlos L bedeckt 3 bedeckt bedeckt wolkenlos Nebel bedeckt bedeckt

Belmullet . Aberdeen .. ,

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6 ; t. Petersbg. 771 Moskau... 777

Cork, Queens⸗ gi! ö 6 erbourg. Ider. . , .. heiter mburg. 770 volkia winemünde 770 . bed. I) Neufahrwasser 770 eiter Memel ... 770 Nebel

. . wolkig ünster. .. 766 wolkenlos Karlsruhe.. 765 halb bed.) . 5 9 n m Chemnitz.. eiter Berlin 3. k halb bed. Wien... 767 wolkenlos Breslau... 768

768 SO wolkenlos J . 69 wolkig 1 3 Y) Nachts Reif. ) Thau.

heiter Uebersicht der Witterung.

wolkenlos

Der Luftdruck ist auf dem ganzen Gebiete an⸗ dauernd hoch und gleichmäßig vertheilt, das Wetter überall still, theils heiter, theils neblig, sonst ohne nennenswerthe Niederschläge. Ein Hochdruckgebiet liegt über dem Innern Rußlands, sich westwärts über das Ost⸗ und Nordseegebiet ausbreitend. In . wo neben vielfachen Windstillen leichte östliche Winde vorhertschend . dauert die heitere

itterung fort; durchschnittlich liegt die Morgen—⸗ temperatur etwas über dem Mittelwerthe; vereinzelt meldet Neufahrwasser 3 mm Regen. Eine wesent⸗ liche Aenderung der Wetterlage ist demnächst noch

nicht zu erwarten. Deutsche Seewarte.

Steinmann. Anfang 74 Uhr.

22 1 ———

Goethe.

wolkig halb bed. wolkenlos

O ——

Schiller.

D M O 2 Q , O Mm

Senator.

S C =.

Ludw. Stahl.)

dalena.

Gene. Sonntag:

Theater ⸗Anzeigen.

Königliche Schauspiele. 85. Vorstellung. Oper in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. Text nach dem gleichnamigen Volksstück von G. Scene Dirigent: Zum ersten Mal: in 2 Außügen von Emil Graeb. Musik von Adolf Dirigent: Musikdirektor Steinmann.

Schauspiel haus. : Trauerspiel in 5 Aufzügen von Wolfgang von 3 Musik von Beethoven. vom Ober⸗Regisseur Max Grube. meister Weingartner.

Sonnabend: Opernhaus. Ring des Nibelungen. Richard Wagner. Dritter Abend: Götterdämme⸗ un in 3 Aufzügen und 1 Vorspiel. Anfang

.

Schauspiel haus. 6 66 ,. ö. Her r in orspiel und 5 Aufzügen von Friedrich von iran! 74 Uhr.

NVentsches Theater. Anfang 74 Uhr. Sonnabend: Der Talisman. Sonntag: Der Herr Senator. Montag: Der Richter von Zalameag.

Berliner Theater. ments Vorstellung. (Marie Pospischil, Charl. Boch, Ludwig Barnay,

Sonnabend: Zum 1. Male.

Sonntag, Nachm. 23 Uhr: Narziß. Hildebrandt, Ludw. Barnay.) Abends 77 Uhr: Maria und Magdalena.

Lessing · Theater. Freitag: Madame Sans (Jenny Groß, Emanuel Reicher.) Sonnabend: Niobe. Ein Millionär a. D. Madame Sans Gene. Groß, Emanuel Reicher.)

Wallner · Theater. Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theaters.

Sonntag: Orpheus in der Unterwelt. Opereste in 3 Akten von Jaques Offenbach.

mich in diesem Sinne dem Ober · Bürgermeister Zelle gegenüber auszusprechen. Ich habe nicht unterlassen wollen, Euer Hochwohl⸗ geboren hiervon in Kenntniß zu setzen.

Graf von Caprivi.

Am Dienstag⸗Abend hat der geschäftsführende Ausschuß der Ber⸗ liner Gewerbe-Ausstellung 1896 mit den Gruppenvorständen eine gemeinsame Sitzung gehalten, in welcher über den gegenwärtigen Stand der Angelegenheit berichtet wurde. Man nahm von dem be— k des Magistrats und dem Beschluß des Aeltesten⸗ ,, in der Ausstellungsfrage Kenntniß und votierte einstimmig dem ö Dank für seine Haltung. Der geschäftsführende Ausschuß, weit entfernt, sich auch nur im geringsten entmuthigen zu lassen, gab auch seinerseits der unerschütterlichen Zuversicht in das ö. Gelingen des Werks Ausdruck, ebenso der sicheren

rwartung, daß der Magistrat die widerstrebenden Elemente in seiner. Mitte überwinden werde, da es garnicht möglich sei, daß die Stadtvertretung Berlins abseits bleibe, wo es sich um eine Förderung Berlins handele. Eine aus den Herren Hof- und Raths. Maurermeister E. F. Jacob, Stadt Baurath a. D. Direktor Köhn, Regierungs- und Baurath F. Schulze, Dekonomie⸗Rath Späth, Stadtrath G. Töbelmann und Baumeister Wolffenstein bestehende Terrain kommission, welcher außerdem ein Mitglied des AÄrbeitz⸗ ausschusses angehört, wurde mit der Prüfung der zahlreich vorliegenden Terrainanerbietungen beauftragt.

Der „Städtische Gewerbesaal hatte im letzten Winter— halbjahre 53 Fachklassen, darunter 23 für Maschinenbäuer, 15 für Fein⸗Mechaniker und 15 Fachklassen für Kunstschmiede und Kunst⸗ schlosser. Seine acht Abtheilungen befinden sich in den Schulhäusern: L. Wasserthorstraße 21, JI. Zehdenickerstraße 1718, III. Hinter der Garnisonkirche 2. IV. Thurmstraße S6, V. Friedenstraße 37, VI. Reichenbergerstraße 44/45, VII. Wiesenstraße 66, VIII. Pallas⸗ straße 15. Neu eingerichtet werden: Vorkurse für Maschinenbauer und Mechaniker in den Abtheilungen III und IV, ein zweiter Kurfus Mechanik in Abtheilung IV und Fachklassen für Kunstschmiede und Schlosser in den Abtheilungen 1 und 5. Zu Lehrern der beiden letzteren Fachklassen wurden der erste Zeichner der Firma Markus, Herr Gerber und der erste Zeichner der Firma Schul; und Holdefleiß e. Büchler gewählt. Der Unterricht für das nächste Sommer⸗

albjahr beginnt am 8. d. M.

rankfurt a. M., 4. April. Ueber die in Nr. 79 d. Bl. kurz emeldete Feuersbrunst, welcher sieben Menschenleben zum pfer fielen, wird der „Frkft. Ztg.“ folgendes Nähere berichtet: Aus bisher unaufgeklärter Ursache entstand heute früh um 4 Uhr in dem ehemaligen „Hotel Britannia“, welches jetzt in ein Wohnhaus umgewandelt ist, ein Brand, der mit rasender Schnelligkeit das ganze aus Eichenholz gebaute, mit einem eisernen Geländer versehene Treppen- haus bis zum Dach hinauf in Flammen setzte. Auf diese Weise war den zahlreichen Insassen des brennenden Hauses der rettende Ausweg gänzlich versperrt. Im dritten Stock, wo die Familien Weck und Schleficky wohnten, sprang das Feuer mit Blitzesschnelle in die Wohnungen über, besonders in die Weck'sche Wohnung, die nach der Gutleutstraße zu liegt. Hier waren nur die Frauen zu Hause. Herr Franz Joseph Weck, Inhaber einer Käse⸗ und Eierhandlung am ehemaligen Taunutz— thör, ist auf einer Reise nach Zürich, wo er ebenfalls ein Geschäft hat, abwesend. Der Heimkehrende wird fünf seiner Angehörigen nur mehr als verstümmelte Leichen wiedersehen. Im Schlaf überrascht von der Feuersbrunst wurde die ganze Weck'sche Familie, nämlich die 25 jährige Ehefrau Weck mit ihrem wenige Monate alten Söhnchen, die Mutter des Herrn Weck und die beiden Fräulein Pauline und Wilhelmine Weck. Die Feuer⸗ wehr war zum Unglück irrigerweife zuerst nur auf „‚Klein— feuer alarmiert, und bevor sie mit einem Perfonalwagen herbeikam, pielten sich auf dieser Seite des Hauses ö Auftritte ab. Aus allen Stockwerken, von den Fenstern und Balkonen erschollen Hilfe⸗ und Jammerrufe. Die junge Frau Weck sprang mit ihrem Kinde zum Fenster hinaus. Sie fiel hler gerade vor den Füßen des Revierkommissars Schloßhauer aufs Pflaster nieder und fand den fo— fortigen Tod. Schloßhauer hob das noch lebende Kind auf und ließ es in seine nebenan befindliche Wohnung tragen, wo es aber auch bald darauf an den Folgen der Erschütterung verschied. Frau Weck hatte vor ihrem Sprung einen Zettel geschrieben und zum Fenster hinausgeworfen, auf dem ein „‚Lebewohl“ für ihren Mann stand.

Freitag: Opern⸗

1 ö 2. ; Gäarvallerig Tanti. Ohrettaa; Zum. Male

t vom ö 73 Uhr.

gese Kapellmeister Dr. Mu Karneval. Ballet-⸗Burleske

burg.

92. Vorstellung. Egmont. In Scene gesetzt Dirigent: Kapell⸗ Anfang 7 Uhr. 86. Vorstellung. Der Bühnenfestspiel von

derei in 1 Akt von

73 Uhr.

burg. Freitag:

93. Vorstellung. Die Jung⸗

Eine romantische Tragödie Nbend. Vater und Sohn.

von Alexandre Dumas.

Abend. Die Jonrnalisten.

von Gustav ,.

Freitag: Der Herr

Ingend. bends 74 Uhr: Journalisten.

Viktorin · Theater.

Freitag:

Freitag: 32. Abonne⸗ schöne Melnsine.

Othello. Anfang 75 Uhr.

Maria und Mag⸗

(Rosa

Galath e. Ballet.

Charley's Tante. Brandon Thomag.

Jenny e ff und Benno Jacobson. Roth. In Scene gesetzt von Ad.

Gesammt · Gastspiel des

Zum 53 Male.

. unge. Anfang 75 Uhr.

Friedrich Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25.

Der lustige Krieg.

Operette in 3 Akten von F. Zell und Rich. Gene.

Musik von Johann Strauß. Regie: Herr Epstein.

Dirigent: Herr Kapell meister Federmann.

Sonnabend: Der arme Jonathan.

Residenz · Thenter. Direktion: Sigmund Lauten; Freitag: Vorletzte Woche. Der Maskenball (Vezlione). Akten von Bisson und Carrs. Benno Jacobson. Vorher: Im Neglig ée. Plau⸗ H. von Reinfels.

Sonnabend: Zum 47. Male. Der Maskenball.

Nenes Theater. Direktion: Sigmund Lauten Gastspiel des K. K. Hofburg—⸗ Schauspielers Adolf Sonnenthal. Lustspiel in 5 Akten Anfang 75 Uhr. Sonnabend: Sonnenthal⸗Gastspiel.

Lustspiel in 4 Alten

Sonntag, Nachmlttags 3 Uhr, zu halben Preisen: Sonnenthal⸗⸗Gastspiel.

Belle Alliancestraße 7 / 8. Mit vollständig neuer Ausstattung. Die Großes Ausstattungsstück mit Gesang und Ballet in 10 Bildern. Anfang 74 Ubr.

Theater Unter den Linden.

Zum 69. Male. Der Obersteiger, Operette, und Anfang 75 Uhr.

Adolph Ernst Theater. Freitag, 77 Uhr: Schwank in 3 Akten von

Die ara . arodistische Posse mit Gesang in 1 Akt von Cd. Musik von Franz Ernst. Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.

Vorher:

Bentral Theater. Alte Jakobflraße Nr. 20. Ein gefunder

Der Frau Weck sprang ein Fräulein Weck nach. Auch sie gab als⸗ bald den Geist auf. as andere Fräulein mit der Mutter konnten nicht einmal den Versuch abzuspringen machen. Ihre Leichen wurden . bis auf kleine Reste vollständig verkohlt aufgefunden. Aus den ansarden, wo die Dienstmädchen schliefen, versuchten zwei der weib. lichen Insassen am Blitzableiter herunterzuklettern. Dabei stürzte das Dienstmädchen Marie Kullmann aus Niederwöllstadt ab und fiel sich zu Tode. Einem anderen Mädchen, der 34 * Petzold, gelang es da⸗ egen, wenn auch mit schweren randwunden, auf diese eise lebend zur Erde herabzukommen. Die inzwischen auf Großfeuer alarmierte Berufsfeuerwehr war gegenüber der Wuth des Elements, das binnen kaum 15 Minuten auf alle Theile des Hauses sein Vernichtungswerk ausgedehnt hatte, mit den Lösch— arbeiten fast machtlos. Zudem versagte anfangs die hydraulische Leiter. In einer knappen halben Stunde brannte das Haus voßn⸗= ständig aus. Die Bewohner des ersten Stocks, Herr Privater Müller und sein Sohn, konnten sich über eine an den Balkon angelegte Leiter retten. Seinen Sohn veranlaßte k Müller, um den in den oberen Stockwerken jammernden Leuten Muth zu machen, zuerst auf das vor der Fagade an der Scharnhorststraße ausgebreitete Rettungsnetz zu springen. Der , gelang, und nun folgten ihm die e bien gg, Personen aus den oberen Stockwerken, sechs an der Zahl. Sie führten den Sprung mit Glück aus, wenn sie auch einige mehr oder minder erhebliche Verletzungen dabei erhielten. Im zweiten Stock nach der Gutleutstraße wohnt das erst feit vier Wochen eingezogene Ehrhardt'sche Ehepaar. Herr Ehrhardt rettete sich durch einen Sprung auf das mittlerweile unter seinen Fenstern ausgebreitete Rettungs⸗ netz. Seine junge Gattin schwang sich resolut durch das Fenster und kletterte auf dem Gesims, das die Stockwerke trennt und ziemlich breit ist, dem Nachbarhause zu; einige Augenblicke schwebte sie bei dem Wagestück zwischen Tod und Leben. Da be⸗ merkte Herr Hauptmann von Baumbach vom 1. Heffischen Infanterie— Regiment Nr. Si, der im Hause nebenan in gleicher Stockwerkhöhe wohnt, die Kletternde, stieg zum Fenster hinauf der Schwankenden entgegen, bot ihr die unterstützende Hand und brachte sie bollends in Sicherheit. Aus dem Mansardenstock waren die Dienstmädchen der Familien Weck und Ehrhardt aufs Dach geflüchtet und hielten sich am Schneefänger fest. Eines der Mädchen wollte in der Angst durchaus herabspringen, wurde aber von der Waschfrau Minna Dickhardt aus Vilbel davon abgehalten, bis die Feuerwehr die Frauen aus der ge⸗ fährlichen Lage erlöste. Dem Dienstmädchen Marie Schmidt, das auf das nördliche Dach geklettert war, wurde der Sohn des im Nebenhause wohnenden Restaurateurs Knoblauch zum Lebensretter. Der junge Mann war aus der Mansarde seines Hauses über die Brandmauer geklettert und holte das Mädchen mitten aus den lodernden Flammen hergus. Der im sonst unbewohnten Parterrestock wohnende Hausmeifter hat sich mit einer schweren Brandwunde am Arm retten können. Er und eine Anzahl der sonst Verletzten liegen im Städtischen Krankenhaus. Gegen 85 Uhr wurden die sterblichen Ueberreste der Verbrannten, in Tücher gehüllt, aus den oberen Stockwerken von Feuerwehrleuten herabgelassen, und in einem Sarg auf dem städtischen Krankenhauswagen zum Sachsenhäuser Friedhof gebracht. In der zweiten Nachmittags⸗ stunde wurde auch die Leiche des bis dahin vermißten siebzehn Jahre alten Dienstmädchens Schwöd aus Kiedrich in der Mansarde völlig verkohlt aufgefunden. Man vermuthet, daß das Feuer im Parterre auskam, vielleicht durch ausströmendes Gas. Ber Haus⸗— meister, der, wie schon oben gemeldet, schwer verletzt und bis jetzt noch nicht vernehmungsfähig ist, scheint bei den Löschversuchen die Wunden er— litten zu haben. Er wurde bewußtlos aufgefunden und wird mög— licherweise über die Entstehung des Feuers Auskunft geben können. Der Luftschacht für den Aufzug hat jedenfalls zur raviden Verbreitung des Fezers viel beigetragen. Das vordem so stattliche Haus ist jetzt ein Bild wüster Vernichtung. Die Bewohner haben fo gut wie nichts retten können.

Manchester. Der verstorbene Garnagent Samuel Weston in Manchester hat der .A. C.“ zufolge dem Siechenhause seiner Vaterstadt 50 000 Pfd. Sterl., dem Bischof von Manchester für kirch⸗ liche Zwecke gleichfalls so 000 Pfd. Sterl. und verschiedenen siädtischen , , 710 000 Pfd. Sterl. testamentarisch vermacht.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Sonnabend: Wegen der Generalprobe zu Der neue Kurs“ geschlossen.

Sonntag: Zum 1. Male. Der neue Kurs. Hef mit Gesang in 3 Akten von Leopold Ely. Musik von Jul. Einödshofer.

Anfang

Konzerte.

Konzert Jaus. Freitag: Karl Menyder⸗ Konzert. Ouv. Euryanthe“ von Weber. Seml⸗ ramis“ von Rossini. „Die Schweizerhütte' von Adam. Slavische Tänze Nr. 5 und 8 von Dvorak. „Danse macabre“ von Saint Saäöns. „Die Schlittschuhläufer', Walzer von Waldteufel. Andante für Harfe und Flöte von Mozart. Kaiser Wilhelm's Lieblings- Melodien“, Potpourri von Lehnhardt. An Alexis“ für Cornet à Piston von Hartmann (Herr Werner).

Zum 46. Male. Schwank in Deutsch von

Anfang

Birkus Renz (Karlstraße). Freitag, Abends 77 Uhr: Auf auf zur fröhlichen Jagd. Par⸗ foree⸗ und Kaskadenritt. Ballet von 106 Damen. Meute von 40 Hunden. Außerdem: Große Komiker⸗ Vorstellung. U. a. Hippol. Potpourri vom. 40 Pferden, vorgeführt von Herrn R. Renz; Jeu de ia rose, geritten von Frau Renz⸗Stark und Miß Edith; die mexikanischen Kunstschützen aus der Müllerstraße; die exe. Clowns Alfons und Estio; die Luft— gymnastiker Gebr. Wortley ꝛe.

Sonnabend: Auf auf zur fröhlichen Jagd.

1 7 /;

Jamilien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Helene Moeller mit Hrn. Haupt⸗ 2 . Schmidt von Knobelsdorf (Friedenau Breslau).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Professor Ponfick (Breslau). Eine Tochter: Hrn. Regierungs⸗ Assessor von Wedel⸗Silligsdorf (Stettin).

Gestorben: Hr. Landgerichts⸗Direktor und Geh. Justiz⸗Nath Berthold Bartolomaeus (Breslau). Hr. Rittmeister Hans von Blumenthal (Langen salza). Verw. Fr. Pastor Marie Heidsteck, geb. Kind (Bielefeld).

Vierzehnter

ünfzehnter

Die

Freitag:

Redakteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Berlin: Verlag der Expedition (Scholy.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlago⸗ Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats- Anzeiger.

M 8c.

Berlin, Donnerstag, den 5. April

1894.

Breu ischer Landtag.

Haus der Abgeordneten. 40. Sitzung vom 4. April 1894.

In der zweiten Berathung des Vertrags zwischen Preußen und Lübeck, betreffend den Elbe⸗Trave⸗Kanal, und des Gesetzentwurfs, betreffend die Gewährung eines Bei⸗ trags e, . (von Millionen Mark) zu den Kosten der Herstellung dieses Kanals (s. den Anfangsbericht in der Mittwochs⸗Nummer d. Bl.), nahm der Minister der öffentlichen Arbeiten nach dem Abg. Dr. Sattler (nl) das Wort zu folgender, gestern nur im Auszug mitgetheilter Rede.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Mit den Ausführungen des Herrn Vorredners kann ich mich im allgemeinen nur einverstanden erklären. Auch die Staatsregierung würde es tief bedauern, wenn die sympathische Auf⸗ nahme, welche der Gesetzentwurf in der ersten Lesung bei allen Parteien des Hauses gefunden, ihm bei der heutigen Erörterung nicht in gleichem Maße zu theil werden würde.

Meine Herren, die Erhaltung der Leiftungsfähigkeit unserer größeren Häfen der Nord⸗ wie der Ostsee ist ein ganz eminenter Faktor für die Erhaltung der politischen und wirthschaftlichen Kraft unseres Landes. Meine Herren, die Leistungsfähigkeit unserer Häfen ist aber unter den heutigen übermächtigen Wettbewerbsverhältnissen, nicht nur dieser Häfen untereinander, sondern auch mit den Häfen des Auslands, im wesentlichen davon abhängig, daß die Verbindung mit dem Binnenlande nicht bloß auf die Schienenstraße angewiesen ist, sondern daß die Häfen auch durch eine leistungsfähige Wasserstraße mit dem Binnenlande verbunden sind. Keinen dieser Häfen können wir meines Erachtens missen; jeder dieser Häfen hat aber auch seine besondere wirthschaftliche Bedeutung. Diese besondere wirthschaftliche Bedeutung Lübecks liegt darin, daß Lübeck seit Jahrhunderten trotz aller Ungunst der Verhältnisse in der sorgsamsten und rührigsten Weise seine alten Verbindungen mit den baltischen Ländern aufrecht erhalten hat. Diese Verbindungen drohen wesentlich eingeschränkt zu werden, ja vielleicht ganz zu verkümmern nach Fertigstellung des Nord— Ostsee⸗ Kanals. Es ist nicht nur ein nobile officium, welches in seiner ganzen Bedeutung hier von allen Parteien gewürdigt wird, sondern es sind auch durchaus reale, sach⸗ liche Gründe, welche es meines Erachtens in vollstem Maße recht— fertigen, daß sich Preußen an den Kosten dieser Wasserstraße betheiligt.

Meine Herren, zunächst ist darauf hinzuweisen, daß von den 56 km des Kanals fast 51 km innerhalb des preußischen Gebiets liegen. Es ist darauf hinzuweisen, daß der große preußische Kreis Herzogthum Lauenburg ein außerordentlich lebhaftes Interesse daran hat, ja daß es für seine wirthschaftliche Lage und zwar sowohl landwirthschaftliche wie industrielle Lage von der allergrößten Bedeutung ist, daß statt des bisher ganz unzureichenden Steckenitzkanals, der zur Zeit sich für den Kreis Lauenburg in weit höherem Grade schädlich als nützlich erweist, ihm ein leistungsfähigerer Verkehrsweg geboten wird. Es sind in dem mit Lübeck geschlossenen Vertrage aus diesem Grunde der Stadt Lübeck auch sehr schwerwiegende Auflagen gemacht worden. Ab⸗ gesehen von dem großen Hafen in der Mündung der Elbe, welcher von der Elbe direkt zu erreichen ist, werden innerhalb des Kreises Lauenburg neun Lade⸗ und Löschplätze angelegt, eine ganze Reihe fester Brücken vereinbart. Ferner wird es durch den Kanal ermöglicht, die Schädigung, welche bisher der Steckenitzkanal infolge seiner eigenthümlichen Einrichtungen, namentlich infolge seiner Stau— schleusen, der Landwirthschaft des Kreises zugefügt hat, zu beseitigen und statt der periodisch stattfindenden Ueberschwemmungen seiner Wiesen ein geregeltes Berieselungssystem für das ganze Steckenitzthal und darüber hinaus einzuführen.

Meine Herren, aber auch abgesehen von dieser hoch zu veran— schlagenden aber doch immerhin lokalen Bedeutung des Kanals, wird derselbe für das ganze Hinterland, welches westlich von der Weser, östlich von der Oder begrenzt ist und sich nach Süden tief ins Land erstreckt, von den segensreichsten Folgen sein, deren Bedeutung räumlich und an Umfang außerordentlich zunehmen wird, wenn einmal erst der in Aussicht stehende Mittellandkanal ausgeführt sein wird. Es bedarf das keinerlei Begründung.

Die Bedeutung des Kanals erstreckt sich auch für das Hinterland nicht allein auf die industrielle, sondern ebensosehr auf die landwirth⸗ schaftliche Produktion. Bisher ist die Rhederei Lübecks zu drei Vierteln mit der Einfuhr und nur zu einem Viertel mit der Ausfuhr beschäftitt worden. Die Ausfuhr über Lübeck konnte keine Bedeutung gewinnen, weil sie flankiert war von Hamburg und von Stettin. Das zwischen Weser und Oder liegende reiche Gebiet hat aber ein sehr erhebliches Interesse daran, daß ihm ein neuer, kürzerer, leistungsfähiger Weg direkt zur Ostsee eröffnet wird. Die baltischen Länder, deren Bedürfnisse ja zum großen Theil für Einfuhr und Ausfuhr durch Lübeck vermittelt werden, sind zum großen Theil Abnehmer anderer Länder für solche Produkte, welche von Deutschland mindestens ebenso gut und ebenso billig dorthin geschafft werden können, wenn der Wasserweg nach der Ostsee gekürzt wird. Von landwirthschaftlichen Produkten wird dies zunächst und hauptsächlich bezüglich des Zuckers der Fall sein. Die große Zuckerproduktion des gesammten Hinterlandes, welches durch den Kanal eröffnet wird, würde auf diesem Wege den baltischen Ländern nicht unerheblich billiger zugeführt werden können, als das bis jetzt über Hamburg und auch für die Zukunft nach Eröffnung des Nord⸗Ostsee⸗Kanals der Fall sein wird.

Es ist aber auch zweitens das Bedürfniß der nordischen Länder an Getreide und namentlich an Mühlenfabrikaten im höheren Maße und zu günstigeren Bedingungen als bisher durch Vermittelung dieser neuen Verkehrsstraße seitens deutscher Produzenten zu befriedigen. Dazu treten noch die Produkte der Oelmühlen, dazu treten die Pro⸗ dukte des gerade in diesem Gebiete so sehr entwickelten Anbaues an Zichorien, Sämereien, Gemüse und anderen Handelsgewächsen. Es ist also mit Sicherheit zu erwarten, daß die landwirthschaftliche Pro—

duktion von dieser neuen Verkehrsstraße im stets wachsenden Umfang Gebrauch machen wird.

Was die Industrie anbetrifft, fo liegen ja die für den Nutzen des Kanals sprechenden Verhältnisse klar zu Tage. Die großen Salz— ablagerungen innerhalb des in Rede stehenden Gebiets werden der neuen Verkehrsstraße sehr erhebliche Transportmengen zuführen, ebenso die auf diese Salzlager basierte chemische Industrie, ferner die sehr entwickelte Maschinenbau⸗Industrie innerhalb der preußischen Provinz Sachsen sowie Thüringens und des Königreichs Sachsen, überhaupt eine ganze Reihe von hervorragenden wirthschaftlichen Produktionen werden aus diesem Gebiete sich der neuen Straße bedienen.

Meine Herren, ich glaube, daß aus diesen durchaus realen Rück— sichten es sich wohl empfiehlt und auch wohl gerechtfertigt ist, das an und für sich nicht sehr erhebliche Opfer, welches dem preußischen Staat durch die Betheiligung an den Kosten des Elbe⸗Trave⸗Kanals zugemuthet wird, zu gewähren. Es ist ja richtig, unsere Finanzlage gebietet Sparsamkeit nach allen Richtungen hin (hört! hört! rechts), allein ich glaube, der Herr Vorredner hat mit vollem Recht darauf hingewiesen und es ist dieser Grundsatz, wenn ich mich nicht irre, auch von allen Seiten des Hauses wiederholentlich aufgestellt worden —, daß gerade in Zeiten der wirthschaft— lichen Degression der Staat mit den als nothwendig erkannten Ar⸗ beiten, namentlich zur Vervollkommnung und Ergänzung seiner Verkehrs straßen, seien es nun Eisenbahnen, seien es Kanäle, nicht zurückhalten dürfe. Es empfiehlt sich das ja auch schon aus dem Grunde, weil in diesen Zeiten verhältnißmäßig billiger derartige große Verkehrswege hergestellt werden, als das sonst der Fall ist. Ich gebe zu, daß dieser Grund im vorliegenden Fall für die preußischen Interessen nicht zu⸗ trifft, weil Preußen ja ein Risiko nicht übernommen hat, sondern nur einen festen Beitrag leistet; immerhin hat aber auch Preußen ein nicht geringes Interesse daran, daß in dieser Zeit der wirthschaftlichen Degression lohnende Arbeit für dauernd nützliche Zwecke dem Lande geboten wird, zumal wenn ein anderer Staat zwei Drittel der Kosten trägt.

Meine Herren! Ich hoffe immer noch, daß Sie sich aus allen den Gründen, welche sowohl in dem Bericht der Kommission, wie von dem Herrn Vorredner, wie auch meinerseits bei der ersten Lesung und heute vorgebracht worden sind, werden bewegen lassen, die Bedenken, die heute gegen die Bewilligung des Gesetzentwurfs vorgebracht worden sind, fallen zu lassen.

Im weiteren Verlauf der Diskussion erklärte nach dem Abg. Dr. Bachem (Zentr.) der

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Da die Hauptbedenken, namentlich seitens der Redner der rechten Seite des Hauses, aus der finanziellen Lage her— geleitet sind, so gestatten Sie mir auch-wohl hierüber einige Worte.

Wenn die Herren auf die Schwierigkeit unserer preußischen Finanzlage hinweisen, wenn sie darauf hinweisen, daß diese schwierige preußische Finanzlage wesentlich durch die verkehrte Finanzgebahrung im Deutschen Reich sich gestaltet hat, wenn sie darauf hinweisen, daß die Aussichten, in dieser Beziehung zu einer baldigen Heilung zu ge— langen, wenigstens unsicher seien, und daß wir daher genöthigt seien, in Preußen auch in Betreff sonst als zweckmäßig und nützlich aner— kannter Ausgaben uns eine große Reserve aufzuerlegen, so kann ich diesen Bemerkungen im allgemeinen nur durchaus zustimmen (hört, hört! rechts), aber ich komme doch aus diesen allgemeinen Gesichtspunkten nicht zu derselben Konklusion im vorliegenden Falle wie die Gegner der jetzigen Vorlage. Gewiß, meine Herren, werden wir uns bei jeder Flußregulierung, bei jeder Schiffbarmachung unserer Wasserstraßen, bei jeder Herstellung neuer Kanäle die finanzielle Seite solcher Unter nehmungen ganz besonders gewissenhaft vor Augen führen und mit großer Vorsicht, namentlich in solchen bedrängten Finanzverhältnissen, in denen wir uns befinden, zu verfahren haben. Darüber kann gar kein Zweifel sein.

Ob es möglich ist, die Gebühren für die Benutzung unserer Wasserstraßen allgemein so zu gestalten, daß, ähnlich wie bei den Eisen⸗ bahnen, wenigstens mit einiger Sicherheit eine mäßige Verzinsung des Anlagekapitals erwartet werden kann, ist gewiß eine zweifelhafte Frage. Bei vielen Wasserstraßen, bei solchen namentlich, die wir schon besitzen, wird dies nach meiner Meinung kaum möglich sein. Daß aber aller dings die Tendenz dahin gehen muß, auch die Wasserstraßen rentabel zu machen, daß man Wasserstraßen, deren völlige Unrentabilität von vorn herein außer Zweifel steht, mit großen Bedenken behandeln muß, namentlich da wir ja sonst vortreffliche Verkehrsmittel in unseren Eisenbahnen besitzen, dem stimme ich vollständig bei. Wir haben, glaube ich, allerdings Kanalprojekte, von denen mit einiger Sicherheit erwartet werden kann, daß sie nicht bloß die Betriebs- und Verwaltungskosten decken, sondern auch die Ver⸗ zinsung des Anlagekapitals ermöglichen; da wird eine große Differenz in Beziehung auf die Beschlußfassung kaum stattfinden; wir haben andere, bei denen dies in der Zukunft erhofft werden kann, wenn man bei der Bemessung der Gebühren, wie der Herr Vorredner, Herr Dr. Bachem, sagt, mit Vorsicht Schritt für Schritt je nach der Ent— wickelung des Verkehrswegs verfährt.

Wir besitzen aber eine Reihe von Wasserstraßen schon heute, bei denen der Verkehr aufs stärkste in Rückgang kommen würde, wenn wir die Gebühr so hoch normierten, daß bei einer ausgiebigen Be⸗ nutzung der Wasserstraße eine Verzinsung des Anlage⸗ und Betriebs⸗ kapitals möglich wird, wo daher eine übermäßige Erhöhung der Gebühren geradezu die Gefahr einer Verminderung der Einnahmen herbeiführen möchte.

Ueber diese allgemeinen Gesichtspunkte hat das Haus sich schon mit der Staatsregierung im allgemeinen vielfach einig gefunden; ich habe hier oft ausgeführt, daß Wasserstraßen à fonds perdu über⸗ haupt herzustellen über unsere Kräfte gehen würde, und daß, wenn wir nicht auf eine mäßige Rentabilität derselben entscheidendes Ge⸗ wicht legen würden, wir überhaupt nicht im stande sein würden, unsere Wasserstraßen so zu entwickeln, wie es die allgemeinen Verkehrs⸗ verhältnisse wünschenswerth machen. Darüber ist kein Zweifel.

Diese allgemeinen Gesichtspunkte sind im vorliegenden Falle nun aber nicht entscheidend, weil hier ein Fall ganz besonderer Art vor⸗ liegt. Hier baut ein fremder Staat einen Kanal in unserem Landes⸗ gebiet, hier handelt es sich nicht um eine Unternehmung des preußi⸗ schen Staats für sein eigenes Gebiet, sondern hier handelt es sich um eine Unternehmung des Staats Lübeck in Preußen. Wir haben hier von vornherein daher, glaube ich, das Recht, die Frage der Rentabilität etwas leichter zu behandeln, als wenn es sich um ein Unternehmen handelt, welches lediglich auf Risiko des preußischen Staats ausgeführt würde. Lübeck bezahlt zwei Drittel der Kosten, wir ein Drittel; die Unterhaltungs- und Betriebskosten werden nach demselben Verhältniß vertheilt; wir be⸗ kommen den Kanal fast ausschließlich durch unser Landesgebiet, Lübeck bildet lediglich den Hafen und Endpunkt. Hier haben wir es also mit einem ganz eigenartigen Fall zu thun, der unter diese allgemeinen Gesichtspunkte schwer zu bringen ist.

Nun ist allseitig anerkannt worden, daß hier ein gewisses nobile officium des preußischen Staats vorläge; nur die Gegner des Kanals haben gemeint: wir sind nicht in der Lage, dieses nobile officium zur Zeit zu erfüllen. Meine Herren, ich möchte fast noch weiter gehen; der Ausdruck nobile officium ist mir noch nicht ganz genügend. Nicht durch die natürliche Entwickelung der Dinge steht Lübeck vor der Frage, ob sein bisher doch noch immer mäßig ent⸗ wickelter Handel völlig gefährdet werden soll, vielleicht dem Unter⸗ gang preisgegeben werden soll. Diese Gefahr ist nicht durch die natürliche Entwickelung der Konkurrenzverhältnisse, durch die allgemeinen wirthschaftlichen Verhältnisse entstanden, sondern sie ist allein entstanden durch Handlungen des Deutschen Reichs bezw. Preußens. (Sehr richtig! links) Es ist also möchte ich sagen wenn ich den Ausdruck in diesem Sinne, ohne mißverstanden zu werden, gebrauchen darf eine willkürliche Handlung des Reichs und Preußens gevwesen, welche Lübeck in diese schwierige Lage ge⸗ bracht hat.

Nun sagt man allerdings, das Deutsche Reich müßte die Konse⸗ quenz, daß es doch eigentlich den Nord⸗Ostsee⸗Kanal beschlossen hat, tragen. Dem gegenüber kann man aber sagen, daß im wesentlichen der ganze Nord⸗Ostsee⸗Kanal doch ein preußisches Unternehmen ist; denn Preußen bezahlt als Mitglied des Reichs * der Kosten, Preußen zahlt 50 Millionen Zuschuß. Dieser ganze Nord⸗Ostsee⸗ Kanal durchzieht die preußische Provinz Schleswig⸗Holstein, die das große Glück gehabt hat, ohne einen Pfennig Beitrag zu leisten, einen so vortrefflichen Kanal für sich zu erhalten. (Sehr richtig Ferner kommt dieser Elbe⸗Trave⸗Kanal dem Reiche als solchem garnicht zu gute, sondern, wenn er überhaupt jemandem außer Lübeck zu gute kommt, so kommt er dem preußischen Staat zu gute. Und auch daraus leite ich her, daß doch, was die Konsequenzen des Nord⸗Ostsee⸗ Kanals betrifft, Preußen zu allererst steht. Ich möchte es nicht ein nobile officium nennen, um dessen Erfüllung es sich handelt, son— dern um eine moralische Verpflichtung. Man hat von vornherein auch bei der Herstellung des Nord⸗Ostsee⸗Kanals allseitig anerkannt, daß Lübeck in irgend einer gewissen Weise aus der schwierigen Lage, die gerade dieser Bau der Stadt Lübeck bereitet, herausgerissen werden müsse. Seit Jahren hat die preußische Regierung über diese Frage mit Lübeck verhandelt und hat niemals sich bestimmt ablehnend ver— halten, sondern mehr oder weniger eine gewisse moralische Ver— pflichtung nach dieser Richtung hin anerkannt.

Ich glaube daher, es liegt hier ein so eigenartiger Fall vor, sodaß man aus dem allgemeinen Gesichtspunkt der Finanzlage oder der all— gemeinen Stellung des einzelnen zu Kanalbauten entscheidende Kon⸗ sequenzen für die Abstimmung in dieser Frage nicht herleiten kann.

Meine Herren, nun gebe ich aber auch nicht zu, daß das materielle Interesse, abgesehen von dieser moralischen Seite, Preußens gering sei. Es kann doch keinem Zweifel unterliegen, wenn man es auch nicht im voraus statistisch zahlenmäßig darlegen kann, daß jeder Kanal für die anliegende Gegend von großer Bedeutung und großem Nutzen ist. Ich bin sogar der Meinung, wenn man die Wahl hat, Kanäle herzustellen oder Eisenbahnen, und das Landeskulturinteresse dabei in Betracht zieht, vor allem gerade die Landwirthschaft an der Herstellung von Kanälen oft mehr Interesse hat als an der Her⸗ stellung von Eisenbahnen. Hier ist das Landeskulturinteresse für den preußischen Kreis Lauenburg allein auf jährlich 69 000 , geschätzt worden von sachkundigen Personen. Daß das doch auch sehr stark ins Gewicht fällt, ist nicht zweifelhaft. Ich habe in der Budget⸗ kommission schon darauf hinwiesen, daß die Herren einmal den Finow⸗Kanal bereisen möchten; Sie würden sich, ebenso wie ich es gethan habe, in hohem Grade darüber wundern, welche außerordent⸗ liche wirthschaftliche und industrielle Entwickelung an diesem Kanal entstanden ist. Man glaubt plötzlich mitten in Westfalen zu sein; das hat man bei Herstellung des Finow⸗Kanals vorher auch nicht ins Auge gefaßt; das sind Entwickelungen, die sich nur allmäh lich wie von selbst ergeben. Daß ein solches vortreffliches Verkehrsmittel wie eine gute fahrbare Wasserstraße wirthschaftlich befruchtend im höchsten Grade wirkt auf die Gegend, die der Kanal durchzieht, ist nach meiner Meinung an sich gar nicht zu bestreiten.

Nun lommt aber weiter hinzu, daß dieser Kanal gerade diejenige Eigenschaft hat, die für die Wasserstraße von besonderer Wichtigkeit ist. Auf kurze Wasserstraßen gebe ich wenig, die Bedeutung der Wasserstraße wächst progressio mit ihrer Länge. Dieser Kanal schließt an den mächtigen Verkehrsstrom der Elbe an; er wird schon daraus naturgemäß, als ein Seitenkanal, der die Elbe mit der Ostsee direkt verbindet, eine sehr erhebliche wirthschaftliche Bedeutung erhalten. Die Kanalisation des Mains vom Rhein nach Frankfurt würde, allein für sich betrachtet, keine Be⸗ deutung haben; sie hat die eminente Bedeutung gewonnen, weil die Main⸗Kanalisation Frankfurt zu einem Rheinhafen machte, mit anderen Worten, weil um diesen Betrag in Betreff der Schiffahrt der Rhein bis Frankfurt verlängert wurde. Ganz ähnlich wird die Wirkung hier sein. Lübeck wird in unmittelbare Verbindung mit der Elbe kommen, dadurch mit dem ganzen großen, in landwirthschaft⸗