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stimmen; ich halte aber seine Vortheile für so groß, daß dieser eine . N. nicht entscheidend sein kann, und rede daher der Ab⸗ ehnung nicht das Wort. Ich bitte aber die Regierung energisch und dringend, im Interesse der Beseitigung dieses Mißstandes die Diplo⸗ matie in Bewegung zu setzen und event. die Kündigungsklausel in An= wendung zu bringen. . .
Abg. Freiherr von Stumm (Rp.) bestreitet, daß hier mit Recht von einer oncurrence déloyale gesprochen werden kann; auch das Anstandsgefühl könne man nicht ohne weiteres hier gegen die Schweiß ins Feld führen. 4 ;
Abg. Dr. . (nl) bleibt bei seiner Auffassung stehen und giebt der Besorgniß Ausdruck, daß die Darlegung des Abg. Frei⸗ herrn von Stumm die Schweiz nicht gerade nachgiebiger gegen die berechtigten Interessen der deutschen Industrie stimmen werde .
Abg. Dr. Bachem (Sentr.: Die schweizerischen ,,. haben deutsche, zum theil unter Eee Kosten gemachte Erfindungen einfach nachgeahmt und die deutschen Erfinder damit aufs stärkste be⸗ nachtheiligt. Dieses Verfahren ist unfair, und eine Gesetz gebung, die es gestattet, muß reformiert werden. Wir hoffen, daß die diplomatischen Bemühungen in dieser Hinsicht ihre Wirkung nicht versagen werden.
Abg. Frhr. von Stumm (Rp'. bemerkt, daß es doch Feüher auch in Deutschland erlaubt gewesen sei, die Patente fremder Länder
Szunutzen. . ö ö. ug. Pr. Müller⸗Sagan (fr. Volksp.) tritt dieser Ausführung entgegen. Es sei zwar unter einem schlechten Patentgesetz solches möglich gewesen, außerdem aber komme doch auch der Unterschied zwischen Gesetz und Recht sehr wesentlich in Betracht.
Darauf wird die Vorlage unverändert angenommen; die dazu eingegangenen Petitionen werden durch diesen Beschluß für erledigt erachtet. .
Die Rovelle zum Gesetz, betreffend die Abwehr und Unter⸗ drückung von Viehseuchen ist von der VIII. Kommission vorberathen worden. .
In S 4 des Gesetzes soll eine Erweiterung der Befugnisse des Reichskanzlers dahin aufgenommen werden, daß derselbe, wenn eine Seuche in einem für den inländischen Viehstand bedrohlichen Umfange auftritt, die Regierungen der betheiligten Bundesstgaten zur An⸗ ordnung und einheitlichen Durchführung der nach Maßgabe dieses Gesetzes erforderlichen Abwehrmaßregeln zu veranlassen hat,
In der Debatte, an welcher sich die Abgg. Graf zu Inn- und Knyphausen (Okons), Stephan⸗Beuthen Zentr.), Dr. Mül er⸗Sagan (fr. Volksp.) betheiligen, wird die Frage erörtert, ob nicht diese Befugniß des Reichskanzlers zu weit in das selbständige Verfügungsrecht der Einzelstaaten eingreift. Auf die Frage, wie weit überhaupt eine Sperre zur Verhinderung der Einschleppung von Seuchen wirksam sein kann, erwidert der ;
Regierungskommissar, Geheime Regierungs⸗Rath im Reichsamt des Innern Hauß, daß in den letzten 25. Jahren günstige Erfolge thatfächlich erzielt worden sind. So sei es gelungen, 20 Jahre lang die Rinderpest von Deutschland abzuhalten. Natürlich sei die Sache sehr schwierig. Von der Verschärfung der Sperrmaßregeln im Sinne des beantragten Zusatzes dürfe man sich gleichfalls einen erheblichen Erfolg versprechen. An Stelle der Grenzsperren Land⸗ Quagrantäneanftalten zu errichten, würde nicht rathsam sein; man müßte folcher Anstalten eine ganze Anzahl einrichten und es sei die Besorgniß nicht abzuweisen, daß dieselben sich gerade zu Seuchenherden ausbilden“ würden, von denen die Seuchen strahlenförmig ins Land getragen werden würden. ö .
Abg. Gröber (Zentr.) bekämpft die neue Bestimmung mit ver fassungsmäßigen Bedenken. Die Verfassung überweise dem Reichs⸗ kanzler nur die Beaufsichtigung der betreffenden Gebiete der Gesetz⸗ gebung, davon seien aber direkte Anordnungen des Reichskanzlers doch etwas Verschiedenes. Das Zentrum werde aus diesem Grunde gegen den Zusaß stimmen. ö
Abg. Müller verweist demgegenüber darauf, daß nach dem Worflaut der Bestimmung der Kanzler die Einzelregierungen zu An— ordnungen veranlassen solle.
sz 4 wird in der neuen Fassung gegen die Stimmen des
Zentrums angenommen. . . Die in ö 17 vorgeschriebene Beaufsichtigung aller Pferde⸗ und Viehmaͤrkte durch beamtete Thierärzte soll, nach der Novelle ausgedehnt werden auf Gastställe, Schlachthäuser und Ställe von Viehhändlern. ⸗
Abg. Dr. Boeckel (d. Refp.) befürwortet einen Antrag, der dem Viehhändler die regelmäßige Führung eines Buches über sämmtliche einzelne Stücke seines Bestandes vorschreiben will. Der Antrag soll mit dazu helfen, dem zum überwiegenden Theile unehrlich betriebenen Viehhandel stärker zu Leibe zu gehen und dem Thierarzt die Kontrole zu erleichtern. Die Kontrole des Viehhändlers könne nicht scharf genug wahrgenommen werden.
Abg. Br. Kruse (nl.) bittet, diesen Antrag wegen der damit verbundenen Erschwerung des Handels und wegen der Schwierigkeiten der Durchführung abzulehnen. . .
Abg. Birk (Soz. macht darauf aufmerksam, daß die öffent⸗ lichen Le re fn doch bereits unter thierärztlicher Aufsicht stehen und alfo eine nochmalige Stellung derselben unter thierärztliche Aufsicht widersinnig sei. Er beantragt eine entsprechende Aenderung des Textes in § 17.
Königlich preußischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten von Heyden:
Ihre Kommission hat bei diesem Paragraphen eine Abänderung an der Vorlage der verbündeten Regierungen gemacht, und zwar inso⸗ fern, als, während in der Vorlage der verbündeten Regierungen nur die Möglichkeit eröffnet werden sollte, auch die Schlachthäuser unter thierärztliche Kontrole zu stellen, die Vorlage der Kommission positiv bestimmt, daß alle öffentlichen Schlachthäufer durch beamtete Thier⸗ ärzte beaufsichtigt werden müßten. Nun ist seitens des Herrn Abg. Dr. Kruse die Frage aufgeworfen, ob die genügende Anzahl beamteter Thierärzte vorhanden sein wird. Ich glaube diese Frage unbedingt bejahen zu können; denn wenn auch bestimmt wird, daß alle öffent⸗ lichen Schlachthäuser beaufsichtigt werden sollen, so erfordert bas noch nicht, daß zu jeder Tages⸗ und Nachtzeit ein beamteter Thierarzt an⸗ wesend sein muß. .
Von anderer Seite ist gewünscht, man möchte dies wieder ab⸗— schwächen, und nicht alle Schlachthäuser von beamteten Thierärzten beaufsichtigen lassen, namentlich die Schlachthäuser nicht, welche schon unter kommunaler thierärztlicher Aufsicht stehen. Ich muß das dem hohen Hause anheimstellen. Die verbündeten Regierungen wollten nur die Möglichkeit schaffen, alle Schlachthäuser unter Auf⸗ sicht stellen zu können. Ihre Kommission hat es für nothwendig ge⸗ halten, alle öffentlichen Schlachthäuser beaufsichtigen zu lassen; vom Standpunkt der verbündeten Regierungen kann an sich hiergegen kein Bedenken vorliegen.
Der Antrag Boeckel wird abgelehnt, die Kommissions⸗ fassung angenommen. .
§18 des Gesetzes soll dahin abgeändert werden, daß auch schon vor der n des Aushruches einer Seuche durch den beamteten Thierarzt die Veterinärpolizei zur Anordnung allgemeiner Schutzmaßregeln berechtigt sein soll. ;
Abg. Birk (Soz.) hält diese Bestimmung für unzureichend; es müsse etwas Durchgreifendes geschehen. Ein wirksamer Schutz gegen Viehseuchengefahr werde durch dieses Gesetz gar nicht Kreicht, weil die
kranken Vieh kommen, die Seuche aber inzwischen noch stark um sich gegriffen hat. Außerdem sind die Thierärzte für den kleinen Mann viel zu kostspielig. In Oberbayern hat man vielfach aus der Gemeinde einen Mann angestellt, der auf die erste Anzeige vom Vorkommen eines Krankheitsfalles die Ställe sofort desinfiziert und die Anzeige an den Bürgermeister erstattet. Zu den Polizeiorganen, denen man diese Dinge überlassen wolle, habe der kleine Landmann kein Vertrauen. Zur dritten Lesung wird Redner einen bezüglichen Antrag stellen. Art. 2 bis 5 werden darauf unverändert nach den Kom⸗
missionsvorschlägen angenommen, ö ; Art. ö. chiaff besondere Bestimmungen für die Maul⸗ und Klauenseuche. Es soll ein neuer 5 442 eingeschaltet werden, welcher in seinem ersten Absatz nach festgestelltem Aus⸗ bruch der Seuche die Polizei ermächtigt, die Impfung aller Thiere auf demselben Gehöft oder auf derselben Weide an⸗ zuordnen. Ferner soll das Weggeben von Milch aus einem Seuchengehoͤft oder einer der Sperre unterworfenen Feldmark oder Wr ge gn verboten oder an die Bedingung geknüpft werden konnen, daß die Milch vorher abgekocht wird. Das Weg— geben ungekochter Milch aus Sammelmolkereien soll nach dem dritten Absatz ebenfalls für die 36 der Seuchen⸗ gefahr verboten werden können. Für die Zwangsimpfung hat die Kommission sich einstimmig ausgesprochen; heute indeß beantragt die Mehrheit der Kommissionsmitglieder die Streichung des ersten Absatzes unter Berufung auf die zweifelhaften Er⸗ fahrungen, welche mit der Zwangsimpfung gemacht worden sind. Die Abgg. Dr. Kruse (ul, Hr. Steph an- Beuthen (entr.), von Kardorff (Rp.) und Birk (Soz) befürworten diesen Antrag. Es wird demgemäß beschlossen, der Rest der Vorlage jedoch in der Fassung der Kommissionsbeschlüsse angenommen. Die Kommission beantragt ferner folgende Resolution: An die verbündeten Regierungen das dringende Ersuchen zu richten:
1) In Betreff der Einschleppung von Viehseuchen aus dem Auslande, . der . und Klauenseuche, die allerstrengsten Maßregeln zu ergreifen, und zwar: .
ö , in denen die veterinär⸗polizeilichen Maß⸗ regeln genügende Garantie für die Seuchenfreiheit nicht geben, vollständige dauernde Grenzsperre einzurichten, .
b. gegen die übrigen Länder die Grenzsperre so lange fest⸗ zustellen, bis der Gesundheitszustand der Thiere daselbst in aus⸗ reichender Weise als gesichert erscheint, soweit die Befugniß hierzu nicht durch besondere Vereinbarungen beschränkt ist,
C. die Einfuhr von ausländischem Schlachtvieh nur nach jenen Schlachtviehhöfen zu gestatten, an denen Einrichtungen zur voll⸗ ständig getrennten Ausladung, Aufstellung und Abschlachtung des⸗
1
selben getroffen sind, und zwar nur unter Bedingung sofortiger Abschlachtung; . ;
2) zu veranlassen, daß in Bezug auf die Tilgung der Maul⸗ und Klauenseuche im Inlande durch Instruktion seitens des Bundesraths bestimmt werde, daß J
a. im Falle größerer Ausdehnung der Seuche die Desinfektions⸗ maßregeln sofort in Vollzug gesetzt werden, .
insbesondere b. Vorschriften erlassen werden, daß die Thier⸗ ärzte, welche einen Seuchenstall besucht haben, bevor sie andere Gehöfte oder Ställe betreten, durch Desinfektion die Uebertragung der Seuche durch ihre Person verhindern.
Abg. Birk (Soz.) führt Klage über die bei Viehverladung vor—⸗ kommenden abscheulichen Mißhandlungen des Viehes. —
Abg. von Kardorff (Rp.) fen iter dies und empfiehlt die Annahme der Resolution. Die Durchführung der vorgeschlagenen . würde manche Fehler der letzten Zeit endlich wieder gut machen.
Königlich preußischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten von Heyden:
Meine Herren! Ich will die Diskussion über die Resolution nicht zu sehr verlängern, aber die letzten Worte des Herrn von Kar⸗ dorff nöthigen mich doch zu einigen Bemerkungen. Herr von Kardorff hob hervor, daß die Maul- und Klauenseuche und die zeitweise steigende Verbreitung derselben bei uns in einem unverkennbaren Zu⸗ sammenhang mit ihrem Auftreten in den österreichischen und den russischen Gebieten gestanden hat, und schob die gesteigerte Verbreitung der Maul. und Klauenseuche bei uns auf die Lockerung der Einfuhrverbote, welche seit dem Jahre 1891 bei uns stattgefunden habe. Ich nehme an, daß er auf die Vieh⸗ seuchenkonvention abzielt, die mit Oesterreich abgeschlossen ist, während von anderer Seite immer auf das Jahr 1890 deshalb besonders Gewicht gelegt worden ist, weil in diesem Jahre der Herr Reichs⸗ kanzler Graf von Caprivi durch die Gestattung der Einfuhr aus Oesterreich die früheren Bestimmungen gelockert habe.
Um zunächst hierbei zu bleiben, bemerke ich, daß im Deutschen Reich seit dem Jahre 1875 die Maul⸗ und Klauenseuche überhaupt nur in einem einzigen Quartal nicht geherrscht hat. Wenn nun auch zuzugeben ist, daß sie vielleicht erstmalig aus dem Osten ein⸗ geführt ist, oder aus Oesterreich über Bayern, so ist jedenfalls seit 1375 der Stand der Maul- und Klauenseuche bei uns derartig gewesen, daß jeder neue stärkere Ausbruch bei uns sich auf ganz natür⸗ lichem Wege aus unseren eigenen Verhältnissen erklären läßt. Es ist richtig, daß in der Begründung zum Viehseuchengesetz steht, daß die Maul und Klauenseuche fortgesetzt aus dem Osten eingeführt werde. Das hat aber nicht durch den Import in die Schlachthäusern statt⸗ gefunden, sondern überhaupt durch den dauernden Verkehr; sie wird meiner Ueberzeugung nach weit mehr durch Menschen verschleppt, als durch Vieh. ö
Nun aber zur Thatsache der Einfuhr⸗Erleichterung! Gegen Oester⸗ reich wurde 1889 bekanntlich ein Einfuhrverbot für alles Vieh er— lassen; aber schon vierzehn Tage oder vier Wochen später, schon im August 1889 erfolgte die erste Wiederzulassung aus Oesterreich, und es folgten in demselben Jahre noch weitere Zulassungen; also nicht erst im März 1890. Im übrigen ist infolge der Viehseuchenkonvention mit Oesterreich in den bestehenden Zuständen bisher absolut nichts geändert worden. Wir hatten, sobald die Konvention am 1. Februar 1893 in Kraft trat, Fälle von Einschleppung aus Oesterreich in unsere Landestheile konstatiert und deshalb ist sofort von neuem die Einfuhr verboten. Vielleicht sind über Sachsen und Bayern, welche nicht gleichzeitig mit Preußen die Bekanntmachung erließen, einige Transporte hineingekommen. Im übrigen ist bis jetzt durch den Ab⸗ schluß der Konvention nichts geändert worden, und die Lockerung, die gegenüber Oesterreich⸗Ungarn bereits früher stattgefunden hat, ist lediglich die, daß in die Schlachthäuser bei uns die Schlachtthiere in geschlossenen Wagen eingeführt werden können. Das ist geblieben und auch erweitert worden. Es ist möglich, daß damit in die Schlachthäuser selber die Seuche eingeführt wurde, und wenn von dem Herrn Referenten angeführt worden ist, daß im Viehhof in Berlin die Maul und Klauenseuche verbreitet worden sei, so ist das richtig, das ist vorgekommen; aber wir wollen nicht vergessen zu fragen, ob hier in Berlin die Maul⸗ und Klauenseuche gerade immer aus dem
die Zahlen und Thatsachen vergegenwärtigen, wie oft die Seuche aus dem Inland auf den Berliner Viehhof gekommen ist, so werden Söe zu dem Schluß kommen, daß wir die Seuchenverschleppung von dem Berliner Viehhof zu verhüten suchen müssen, gleichviel, ob sie aus dem Ausland oder Inland dorthin eingeschleppt ist.
Abg. Gescher (dkons.) tritt nachdrücklich für die Resolution ein. Ihre e, , , einen allgemeinen langjährigen Wunsch der niederrheinischen Viehzüchter erfüllen, die fest davon überzeugt seien, daß die Maul⸗ und Klauenseuche bei ihnen aus Holland eingeschleppt ist.
Königlich preußischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten von Heyden:
Meine Herren! Nach dem soeben Gehörten muß es beinahe den Eindruck machen, als ob wir überhaupt gar keine Sperre gegen das Ausland hätten, wenigstens nicht eine genügende. Thatsächlich ist das Verhältniß gerade umgekehrt. Ich glaube, wenn der Herr Vorredner einmal perlustriert, wie weit die Grenzen gesperrt sind, wird er zu der Ueberzeugung kommen, daß, abgesehen von der Einfuhr in Schlachthäuser, die Sperre eine ziemlich vollständige ist. Die Frage der Sperrung der Grenzen ist ja bisher und bis das jetzt berathene Gesetz verabschiedet ist, nicht so sehr Reichssache wie Landessache, und deshalb antworte ich noch mit einigen Worten auf die von dem Herrn Vorredner wie auch von dem Herrn Grafen von Knyphausen zur Sprache gebrachte Einfuhr von Vieh aus den Niederlanden. Ich habe den Eindruck, daß bei der Art und Weise, wie die Frage be— handelt wird, der veterinärpolizeiliche Standpunkt zurückgetreten ist hinter dem Wunsche, das niederländische Vieh von der Konkurrenz mit deutschem fern zu halten. Außer der Landwirthschaft am Nieder—⸗ rhein und dem betheiligten Theil der Provinz Hannover giebt es auch noch andere landwirthschaftliche Distrikte. Der ganze Import aus den Niederlanden besteht aus Zuchtvieh; auf das dringende Verlangen anderer Landestheile ist die Einfuhr von Zuchtviehmaterial aus den Niederlanden trotz der veterinärpolizeilichen Bedenken unter Kautelen zugelassen.
Wenn es nun nach der Diskussion hier im Reichstag den Anschein hat, als wenn unsere Landwirthschaft den Wunsch hätte, derartige Ausnahmen zu Gunsten unserer Züchter und der Verbesserung unserer Rindviehbestände nicht eintreten zu sehen, so kann allerdings, wenn sich keine Stimmen dafür erheben, dies Votum auf die Regierung bei späteren Erwägungen einen gewissen Einfluß haben. Zur Zeit kann ich nur wiederholen, ist die Zulassung auf das dringendste Verlangen landwirthschaftlicher Kreise erfolgt, und, meine Herren, wie ich betone, bewiesen ist mir nicht, auch von den Herren nicht, die gesprochen haben, daß durch die Zulassung dieses niederländischen Zuchtviehs bei uns ein Seuchenausbruch stattgefunden habe; ich glaube auch nicht, daß der Nachweis geführt werden kann.
Abg. Dr. Müller-⸗Sagan (fr. Volksp.) bestreitet, daß eine wirksame Sperre überhaupt durchzuführen sei. Mit dem Erlaß einer Sperrverfügung werde zwar der ordnungsmäßige Import unterbunden, aber nicht der Schmugzgel.
Abg. Gescher (dkons.) bleibt dem preußischen Landwirthschafts— Minister von Heyden gegenüber dabei, daß die Maul und Klauenseuche eingeschleppt sei, wenn das auch im einzelnen nicht mehr zu konstatieren sei. Wenn die Seuche im Lande sei, sei die Grenzsperre jedenfalls eine sehr nützliche Maßregel. Daß die Einfuhr von Vieh aus Holland hauptsächlich zu Zuchtzwecken erfolge, müsse er auf das entschiedenste in Abrede stellen. Aber auch für die Zuchtthiere müsse eine strenge Quarantäne gefordert werden. Die Furcht vor Zunahme des Schmuggels dürfe nicht zu einer Unterlassung der Grenzsperre führen.
Königlich preußischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten von Heyden:
Meine Herren! Mit der letzten Ausführung des Herrn Vor— redners, daß man auch die Interessen der Fleischkonsumenten am besten durch den Schutz unserer Viehbestände sichere, kann ich mich vollständig einverstanden erklären. Aber ich möchte der Meinung, die mir bei ihm entgegengetreten zu sein scheint, entgegentreten, als ob ich an sich die Sperrung der Grenzen gegen ausländisches Vieh nicht als bestes Mittel für die Verhinderung von Seucheneinschleppung bereitwillig anerkenne. Gewiß thue ich das und ebenso die verbündeten Regie— rungen. Die Sperre ist eine der wesentlichsten Grundlagen unserer ganzen Seuchengesetzgebung. Demgemäß sind und werden Einfuhr— verbote bei gegebener Gelegenheit ausgesprochen und sind an unseren Grenzen in Kraft. Ich habe mir erlaubt, vorhin auszuführen, daß gerade die Ausnahme, welche gegen Holland eingeführt ist, von uns eingeführt ward auf spezielles Verlangen unserer eigenen Landwirthe. Wenn der Herr Vorredner gesagt hat, daß nach seinen Erfahrungen aus Holland nicht bloß ein Import zu Zuchtzwecken sondern auch i Schlachtzwecken stattfinde, so hat er vielleicht seine Erfahrungen und Wahrnehmungen in einem früheren hinter uns liegenden Zeitraum gemacht.
Wir haben neuerdings die Einfuhr von Zuchtvieh, die früher für jedermann freigegeben war, auf den Import durch landwirth⸗ schaftliche Vereine und Genossenschaften beschränkt. Findet bei dieser be⸗ schränkten Einfuhr noch ein Mißbrauch statt und kommt er zu meine Kenntniß, dann bin ich von meinem Standpunkt vollständig bereit, in weitere Erwägungen einzutreten und Maßregeln in Aussicht i nehmen, welche sichern, daß ein derartiger Mißbrauch nicht stattfindet. Man kann dann die Frage diekutieren, ob die Einfuhr auf Jungvieh zu beschränken sein wird. Solange man jedoch die Interessen unserer Landwirthschaft durch Zulassung des Imports von Zuchtvieh fördern will, ist es nicht nothwendig, derartige immer weitergehende Be⸗ schränkungen eintreten zu lassen, bis die Nothwendigkeit hervortritt infolge stattgehabten Mißbrauchs.
Nachdem noch die Abgg. n , . Hilpert (b. k. Fr) und Bantleon (nl) für die esolutlon plädiert haben, wird dieselbe angenommen. . .
Bie Petition des deutschen Peterinärraths, für die Vo bildung der Thierärzte allgemein das Abiturientenexamen dol⸗
uschreiben, und diejenige des Vorstandes des Vereins . br r er gol steinischen Thierärzte, daß der Reichstag eine ur lehnende Stellung zu dem Antrage Preußens, die Reife ö die Prima einer Sber⸗Realschule unter gewissen Voraussetzung als genügend zu erklären, annehmen möge, sollen nach , Kommissionsantrag den verbündeten Regierungen zur, wägung mit dem Bemerken überwiesen werden, daß der Rei w. tag die Erwartung ausspricht, daß die Anforderungen an Vorbildung der Thierärzte nicht herabgesetzt werden. . Ueber diesen Antrag wird die Beschlußfassung noch a
esetzt. ö. Schluß 5i/ Uhr.
Thierärzte durchschnittlich erst 2—3 Tage nach der Meldung zu dem
Ausland hereingekommen ist oder aus dem Inland? Wenn Sie sich
selben natürlich vermehren würden.
tarife für Salze von Magdeburg nach Böhmen eingeführt worden
nehmen müßte. Amerika stehe in dieser Beziehung den deutschen
empfiehlt bei durchgehenden Transporten eine einheitliche Abferti⸗
muß vielmehr, gleichwie der Herr Vorredner, den Wunsch haben,
nicht zur Befriedigung — wenigstens nur sehr selten — lokaler
Zweite Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger. M 84.
Berlin, Dienstag, den 10. April
1894.
* * . // *
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 44. Sitzung vom 9. April 1894. Im weiteren Verlauf der zweiten Berathung des Etats der Staats⸗ Eisenbahnverwaltung, und zwar des weiten Titels der Einnahmen: aus dem Güterverkehr öh 700 000 M und dem dazu von dem Abg. Gothein (fr. Vg.) eingebrachten Antrage (s. den Anfangsbericht in der Montags⸗ nummer d. Bl.), nahm nach dem Abg. Dr. Lotichius (nl.) das Wort der . Abg. Buck (nl): Die Frage der Staffeltarife ist nach den letzten Verhandlungen eine sehr prekäre; meine Partei hat keine Ge—⸗ segenheit gehabt, sich damit zu befassen und wird daher kaum in der Lage sein, auf diesen Antrag einzugehen. Ermäßigungen der Tarife, welche mit Einnghmeverminderungen verbunden sind, sind nach der Auslassung des Finanz Ministers nicht zu erwarten; er hat aber diesen Ausspruch eingeschränkt dahin daß Ermäßigungen zugelassen werden können, wenn dadurch andere Interessen gefördert werden. Eine solche Ermäßigung erwartet die Steinkohlenindustrie schon lange; 1889 hat auch Herr von Maybach eine solche Tarifermäßigung für Kohlen und Koks schon dem Landes⸗Eisenbahnrath empfohlen. In guten Zeiten ist die Eisenbahnperwaltung aber darauf nicht eingegangen und in schlechten Zeiten erst recht nicht, obgleich gerade da die Grmẽßigung der Industrie zu gute gekommen wäre. Zu den gewünschten Aus⸗ nahmetarifen gehört auch derjenige, von welchem der Vorredner sprach. Die Regierung hält sich an den Wortlaut, daß der erwähnte Tarif gelten soll für Erze von der Fundstätte bis zur Hochofen station; deshalb wird die Umschlagsstation Oberlahnstein nicht mit diesem Tarif. bedacht. Wegen eines Frachtausfalls von 50 bis 50 000 ( geschieht das wohl nicht, sondern wohl nur zum Schutz der Werke an der Dill, Sieg und Lahn, welche ein gewaltiges Ueber— gewicht hatten in der Reinheit ihrer Erze. Diese Verhältnisse haben sich gründlich geändert. Man kann jetzt am besten die Erze ver— wenden, welche sich durch ihren Phosphorgehalt für das Thomas-Ver⸗ fahren eignen. Dadurch sind die Werke an der Dill, Sieg und Lahn benachtheiligt. Aber diesen Nachtheil kann man nicht beseitigen durch eine Benachtheiligung der anderen Werke Rheinlands und Westfalens. .
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Hoeter erkennt an, daß der Bezug von Minette⸗Erzen aus Luxemburg abgenommen habe. Aber ein Zusammenhang mit dem Tarif bestehe nicht, denn die Wasser— fracht sei dieselbe wie früher. Es müsse also in den Preisverhält— nissen der Erze der Grund liegen. Den Werken am Niederrhein würde die Ermäßigung des Ausnahmetarifs nicht genügen; sie müßte mindestens das Doppelte der jetzigen Ermäßigung betragen. Fis⸗ kalische Erwägungen seien dabei ganz aus dem Spiel geblieben; lediglich wirthschaftliche Erwägungen seien maßgebend gewesen. Gegen den Ausnahmetarif seien schon mancherlei Klagen wegen begünstigter Konkurrenz erhoben worden, die sich mit weiterer Herabsetzung des—
ö Auf eine Anregung des Abg. Dr. Friedberg (nl.) erklärt Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Ulrich, daß die Ausnahme⸗
seien, weil die Elbe zeitweise fuͤr die Transporte nicht ausreichenden Wasserstand gehabt habe. Eine Konkurrenzmaßregel gegenüber der Elbschiffahrt 6. damit nicht beabsichtigt.
Abg. von Mendel-Steinfels (kons.) bedauert, daß Deutsch⸗ land in Bezug auf den Viehtransport nicht die Stellung einnehme, die es mit Rücksicht auf seine Viehzucht und ihre Bedeutung ein⸗
Cisenbahnen weit voran und habe den geringsten Gewichtsverlust beim Viehtransport, trotzdem unsere Eisenbahnen wesentliche Ver⸗ besserungen in den letzten Jahren eingeführt hätten in Bezug auf Schutz gegen die Sonne, auf Tränken des Viehs 2c. Redner
gung, auch wenn der Transport durch den Bezirk mehrerer Direk— tionen geht. Als besonders nothwendig bezeichnet er aber eine gründ—⸗ liche Desinfektion der Viehwagen, da schon vielfach Vieh auf dem Transport angesteckt worden sei. Auf den Antrag Gothein könne man wohl jetzt nicht eingehen, weil er so umfassend sei, daß sich seine Tragweite nicht übersehen lasse. Der Antragsteller sei nicht Autorität snug, als daß man daraufhin den Antrag ohne weiteres gutheißen önnte. Der Eisenbahnverkehr sei nicht das Mittel, der Landwirth— schaft zu helfen; ihr fehle es auf anderen Gebieten. Redner schließt sich den Ausführungen des Grafen Kanitz an. Die Landwirthschaft leide an Arbeitermangel wegen der zunehmenden Genußsucht der Arbeiter; sie werde börsenmäßig behandelt wie die Aktiengesellschaften und sei abhängig von Wind und Wetter, während die Industrie bei ungünstigen Konjunkturen ihren Betrieb einstellen könne. Der Land⸗ wirth müsse aber seinen Boden beackern, weil dieser sonst verunkraute. Der Landwirth würde sein Bodenkapital gern vertauschen mit dem Industriekapital, wenn er es nur könnte.
Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen: Meine Herren! Auch die Staatsregierung ist nicht in der Lage, zu dem Antrag Gothein eine Erklärung abgeben zu können. Sie
daß das hohe Haus über den Antrag Gothein heute zur Tagesordnung übergeht.
Meine Herren, die Stellung, welche die Staatsregierung zu der Reform der Gütertarife einnimmt, ist bereits in der letzten Sitzung bon dem Herrn Finanz⸗Minister dargelegt worden. Der Herr Finanz⸗ Minister hat bereits ausgeführt, daß ein Fortschreiten in der Reform der Gütertarife wirthschaftlich nothwendig, aber in größerem Umfange finanziell erst dann durchführbar werden würde, wenn die Finanzlage des Staats sich wieder günstiger gestalte. Meine Herren, es ist ja durchaus nicht zu verkennen, daß auch in Betreff der Gütertarife eine Bunt— scheckigkeit Platz gegriffen hat, welche demnächst zu beseitigen durchaus wünschenswerth ist. Aber diese Buntscheckigkeit hat doch weitaus nicht den Nachtheil bezüglich der Gütertarife, den sie bezüglich der bersonentarife hat. (Abg. Broemel: hört! hört) Es ist dies auch bereits, Herr Abg. Broemel, hier im Hause anerkannt worden. Sehr richtig) Insbesondere ist der Umstand, daß der Gütertarif eine große Zahl von Ausnahmetarifen enthält, nicht als ein Uebel, sondern meines Erachtens als Zeichen zu betrachten, daß man mit der Entwickelung der Verkehrsbedürfnisse auch in der Ausgestaltung der Tarife fortgeschritten ist. (Sehr richtig Die Ausnahmetarife sind
Interessen gebildet worden, sondern weitaus in den meisten Fällen zur Befriedigung allgemeiner Interessen. Die Ausnahmetarife sind gebildet zur Förderung der gewerblichen oder landwirthschaftlichen Produktion, zur Förderung des Absatzes einheimischer Produkte in den
besonders bemerkenswerthem Grade zur Erleichterung der Ausfuhr deutscher Erzeugnisse ins Ausland; sie sind ferner gebildet worden zur Unterstützung der deutschen Handelsplätze, namentlich der deutschen Seehäfen der Nord- und Ostseeküste gegen den Wettbewerb fremder Plätze; sie sind endlich gebildet worden zur Hebung der Rente der in heimischen Verkehrsanstalten angelegten Kapitalien, insbesondere also auch zur Erhöhung der Einnahmen der preußischen Staatseisen— bahnen.
Meine Herren, wenn wir heute mit einem Schwamm über die sämmtlichen Ausnahmetarife wegwischen würden und in einer wohl— durchdachten allgemeinen Reform einheitliche Gütertarife herstellen würden, so würden wir morgen doch wieder damit beginnen müssen, Ausnahmetarife einzuführen. (Sehr richtig) Wenn wir das nicht thäten, so würde unser ganzes Verkehrswesen in Stagnation gerathen zum großen Nachtheil unserer wirthschaftlichen Verhältnisse. Meine Herren, die Staatsregierung steht auch, wie das wiederholentlich ja bereits aus— gesprochen worden ist, heute noch auf dem Standpunkt, daß das System der Staffeltarife, d. h. die Bildung der Tarife mit fallender Skala nach Maßgabe der weiteren Entfernung wirthschaftlich und finanziell ein durchaus berechtigtes ist, und sie ist auch durchaus nicht willens, dieses Tarifsystem darum für die Dauer fallen zu lassen, weil sie aus Gründen, die ich hier nicht zu wiederholen brauche, weil sie jedermann bekannt sind, seiner Zeit sich in die Lage versetzt sah, die Staffeltarife vom 1. September 1891 für Getreide und Mühlenfabri⸗ kate zum 1. August d. J. wieder aufzuheben. Die Staatsregierung ist der Meinung, daß bei jeder sich als nothwendig zeigenden Tarif— änderung auch in Zukunft die Frage wird erörtert werden müssen, ob diese Tarifermäßigung in Form der Staffeltarife gemacht werden kann, oder ob die wirthschaftlichen Verhältnisse es räthlich erscheinen lassen, von der Staffelung abzusehen und gleichförmige Kilometer— Tarife einzuführen.
Meine Herren, ich meine, die heutige Erörterung müßte bei jedem Mitglied dieses hohen Hauses die Ueberzeugung hervorgerufen haben, daß, wenn jedes Ding in der Welt seine zwei Seiten hat, doch bei jeder Aenderung von Gütertarifen dies in ganz besonderer Weise zutrifft — (Ruf! drei und vier) ja, auch drei und vier Seiten. — Jede Tarifveränderung, sei es eine Tariferhöhung oder eine Tarifermäßigung, verschiebt die Produktionsbedingungen. Wir haben heute plädieren hören gegen Tariferhöhungen sowohl wie gegen Tarifermäßigungen, und so wird es auch immer sein. Die schwierigste Frage, die wohl gestellt werden kann, ist die: welche Wir⸗ kungen wird eine Veränderung der Gütertarife auf die Verhältnisse der betreffenden Wirthschaftszweige ausüben?
Meine Herren, so dankbar die Staatsregierung jederzeit ist und sein muß für die Anregungen, die ihr in Bezug auf die Ausgestaltung der Gütertarife zu theil werden, sei es in diesem hohen Hause oder dem Herrenhause, sei es in den Beiräthen, die der Staatsbahnver⸗ waltung durch das Gesetz zur Seite gestellt worden sind, sei es in den Erörterungen der Presse oder einzelner Interessenten: so entheben alle diese Unterstützungen die Staatsregierung doch nicht der Pflicht, ihrerseits mit kritischem unparteiischem Blick diejenigen Gründe zu prüfen, die angeführt werden für ein Bedürfniß der Umgestaltung, und diejenigen Wirkungen festzustellen, welche die etwa ausgeführte Umgestaltung wirthschaftlich und finanziell zur Folge haben wird. Die Staatsregierung darf, wie ich glaube, ohne Ueberhebung geltend machen, daß sie in keinem einzigen Falle und, wenn er anscheinend noch so unerheblich war, ohne eingehende Prüfung der Tarife zu einer Umgestaltung derselben sich entschlossen hat, und sie gedenkt so auch in Zukunft zu verfahren. Meine Herren, schon aus diesem Grunde würde es heute für die Staatsregierung ganz un möglich sein, irgendwie Stellung zu dem Antrag Gothein einzu⸗ nehmen, und ich bitte Sie daher, über denselben zur Tagesordnung überzugehen.
Meine Herren, ich möchte mir dann noch gestatten, auf einzelne Dinge zurückzukommen aus den Ausführungen der Herren Vorredner, und zunächst meinen Dank aussprechen dem Herrn Abg. von Mendel für die Anerkennung, die er der Staatseisenbahnverwaltung dahin gezollt hat, daß bereits namhafte Fortschritte in Bezug auf den Viehtrans⸗ port auf den Staatsbahnen eingeführt worden sind. Die Staats eisenbahnverwaltung hat sich für die Viehtransporte stets ganz be⸗ sonders interessiert: einmal aus dem Grunde, weil die Trans⸗ porte sehr lohnend sind, ferner aus dem Grunde, weil diese Transporte für die Landwirthschaft wie für die Ernäh⸗ rung unserer Bevölkerung ja von ganz erheblicher Bedeutung sind, und drittens weil es Pflicht der Staats⸗Eisenbahnverwaltung ist, Ke Viehtransporte so auszuführen, daß eine Verbreitung von Viehseuchen möglichst verhütet und dem Wohlbefinden des Viehs während des Transports möglichste Berücksichtigung zu theil wird. Wir sind stets in Verbindung geblieben mit denjenigen Stellen, die uns mit Rath und That in Bezug auf die zweckmäßige Aus⸗ führung der Viehtransporte an die Hand gehen konnten. Die Anschauungen haben indessen auch bei diesen Instanzen im Laufe der Zeit sehr gewechselt. Wir haben die verschiedensten Einrichtungen schon getroffen, um den Wünschen der Landwirthschaft und des Vieh⸗ handels nachzukommen. Es sind Versuche gemacht worden, in den Wagen selbst das Vieh zu füttern und zu tränken. Diese Versuche haben sich im allgemeinen nicht bewährt. Die Einrichtungen, die in der Beziehung getroffen worden sind, haben zum großen Theil wieder entfernt werden müssen.
Wir wurden von sachverständiger Seite darauf aufmerksam ge⸗ macht, daß das Vieh überhaupt während des Transports nicht säuft, und die Beobachtungen, die wir dieser befremdlichen Behauptung gegenüber gemacht haben, scheinen dies zu bestätigen. Ich unterwerfe mich natürlicherweise, da ich als Sachverständiger nicht gelten kann, der viel sachverständigeren Erfahrung der Herren Landwirthe.
Was die Desinfektion anbetrifft, so ist bekannt, daß die Des infektionsvorschriften seitens des Reichs erlassen sind. Das Reich wacht mit außerordentlicher Schärfe über die Ausführung der Des⸗
wird, greift sofort das Reichs⸗Eisenbahnamt ein, und es wird in sorg⸗ fältigster Weise der Schuldige ermittelt und es erfolgt die Be⸗ strafung des Schuldigen seitens der Eisenbahnverwaltung mit unnachsichtlicher Härte. Aber längst sind wir dahin gekommen, daß die Desinfektion an und für sich sehr wenig bedeutet — in der Beziehung stimme ich mit dem Herrn Vorredner überein —, sondern daß die gründliche Reinigung die Hauptsache ist. Das bischen Karbol thut es nicht, aber das warme Wasser oder die heißen Dämpfe, die thun es, wenn sie richtig angewendet werden, wenn damit in den Ritzen und Ecken gründlich vorgegangen wird. An allen wichtigeren Stationen für den Viehtransport besteht die Kontrole durch einen Vieharzt, und sie wird auch scharf gehandhabt. Sie besteht aber nicht bloß für Reinigung und Desinfektion der Wagen, sondern sie besteht auch für die Reinigung und Desinfektion der Rampen und aller Geräthe, die beim Vieh⸗ transport gebraucht werden. Soweit ich unterrichtet bin, finden zur Zeit Verhandlungen unter den Behörden des Reichs statt über weitere Maßregeln, und es ist ja auch in der letzten Sitzung darauf hingewiesen, daß sich empfehlen möchte, die Desinfektion nicht allein auf die Wagen, sondern auch auf die Begleiter des Viehs zu erstrecken.
Es ist ferner der Wunsch ausgedrückt worden, daß beim Rangieren mit etwas größerer Rücksicht auf die Viehwagen verfahren werden könnte. Ich gebe darin dem Herrn Vorredner vollkommen Recht, in der Beziehung wird unzweifelhaft noch viel gefehlt; ich bin sehr gern bereit, die mir unterstellten Behörden speziell darauf hinzuweisen, daß in der Beziehung mit größerer Sorgfalt und Aufmerksamkeit der Rangierdienst vollzogen wird.
. Die direkte Expedition besteht bereits. Es sind Vorschriften er— lassen, wonach die Viehwagen direkt expediert werden können von der Anfangs bis zur Verladungsstation, soweit das überhaupt eisenbahn⸗ technisch möglich ist. Auch werden die Gitter, von denen der Herr Vorredner sprach, und die namentlich im Sommer durchaus noth⸗ wendig sind, um dem Vieh frische Luft zuzuführen, schon jetzt von den Entladestationen wieder zur Absendestation zurückgeführt.
Bezüglich der Beleuchtungsfrage muß ich mich zu⸗ nächst allerdings noch skeptisch verhalten. Ich glaube nicht, daß es von großem Werth sein möchte, wenn wir die Viehwagen auch noch mit Beleuchtungseinrichtungen versehen; es würde das aus Betriebsrücksichten sehr schwierig sein; denn wir können unmöglich alle Wagen nur für die Viehtransporte einrichten, es müssen in diesen Wagen auch andere Güter befördert werden, für deren Verladung die Beleuchtungseinrichtung hinderlich sein würde.
Aber im großen Ganzen ist die Staatg⸗Eisenbahnverwaltung sehr geneigt, diesem Zweig ihres Betriebes die größte Aufmerksamkeit zuzu⸗ wenden, und insbesondere bei nachgewiesenem Bedürfniß der Herstellung besonderer Viehzüge und dem Zusammenschluß derselben für längere Routen noch eine größere Ausdehnung zu geben, als das bisher der Fall gewesen ist.
Abg. Seer (nl) bittet den Minister, die Verfrachtung von Vieh
nicht nach Waggonladungen, sondern nach Gewicht in Betracht zu ziehen. Auf den Antrag Gothein will Redner nicht eingehen. .
Abg. Dr. Gerlich (fr. kons.) erklärt das letztere ebenfalls namens seiner Parteigenossen und fragt, weshalb denn die Staffeltarife hätten aufgehoben werden müssen. Wie könne Bayern die Aufhebung der Staffeltarife verlangen, während es selbst seine Durchgangstarife für österreichisches Getreide habe? Die Landwirthschaft werde durch diefe Jufhebung geschädigt, das werde auch der Minister bald durch die Abnahme des Verkehrs spüren. Redner bittet den Minister, die Wiedereinführung der Staffeltarife in Betracht zu ziehen.
Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:
Ich möchte gegenüber den Ausführungen des Herrn Abg. Gerlich doch darauf hinweisen, daß die Aufhebung der Staffeltarife im wesent⸗ lichen erfolgt ist, weil der Osten, von dem der Herr Abg. Gerlich ge= sprochen hat, bereits bei Berlin anfängt und nicht etwa an der preußischen Grenze von Bayern. Der Herr Abg. Dr. Gerlich wird sich doch wohl erinnern all' der Erörterungen, die nicht nur hier im Hause, sondern im ganzen Lande, in der Presse und Versamm⸗ lungen stattgefunden haben, die dahin gingen, daß unsere eigenen mittleren Provinzen, Brandenburg, Sachsen, Hannover, Westfalen, Hessen⸗Nassau, Rheinprovinz, behauptet haben, die Staffel⸗ tarife schädigen ihre Landwirthschaft. Daß sie ihre Industrie nicht schädigen, das war ja ganz klar; die Industrie kann sich nur freuen, wenn die Getreidepreise heruntergehen, aber sie behaupteten direkt, sie schädigen ihre Landwirthschaft.
Meine Herren, ziffermäßig zu beweisen war das nicht, im Gegentheil, die ziffermäßige Kontrole, die wir auf das sorgfältigste ausgeübt haben, ließe eher das Gegentheil entnehmen. Aber, meine Herren, das müssen wir doch anerkennen, daß die wirthschaftlichen Wirkungen eines derartigen Tarifs sich nicht bloß in den Ziffern der Statistik darstellen, sondern daß es außer ziffermäßigen nachweisbaren Verschiebungen doch noch manche andere giebt, die sich nicht ziffermäßig darstellen lassen. Auch nur so ist es erklärlich, daß ganz übereinstimmend westlich von Berlin sich die Landwirthschaft gegen die Staffeltarife erklärt; nur so ist es erklärlich, daß behauptet wird, die Staffeltarife hätten nicht nur die Produktionsverhältnisse der verschiedenen Landestheile gegen einander verschoben, sondern hätten auf die Preisbildung des Getreides in den belastenden Gegenden ungünstig beeinflußt. Ich bin der festen Ueberzeugung und stimme mit dem wahren Worte, welches der Herr Abg. von Mendel vorhin ausgesprochen hat, vollkommen überein: die Hoffnungen, die man auf den Staffeltarif gesetzt hat, sind vielleicht übertrieben gewesen, aber die Befürchtung und Be⸗ sorgniß, die man gegen ihn gehegt und ausgesprochen hat, sind noch viel mehr übertrieben. Aber unter diesen Umständen, und da, wie ich doch wohl sagen kann, der überwiegende Theil des eigenen Landes gegen den Staffeltarif sich gewendet hat, und bei dem Umstand, daß auch in den mittleren, südlichen und westlichen Bundesstaaten, nicht bloß in Bayern, man die Aufhebung des Staffel⸗ tarifes dringend befürwortete, blieb der Staatsregierung doch nichts
durch fremde Konkurrenz bedrohten Bezirken des Inlandes, sowie in
infektion; sowie ein Fall der Uebertretung dieser Vorschriften gemeldet
Anderes Übrig, als den seitens des Landtags in drei verschiedenen