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Der Antrag Roeren wird mit 131 gegen 112 Stimmen angenommen. Der Rest des Gesetzes wird ohne Debatte nach den Beschlüssen der Kommission genehmigt, die Ueberschrift nach dem Antrage Roeren gestaltet.
Der Präsident schlägt vor, jetzt die Zolltarifnovelle in 3 . zu nehmen; es liegt das im Interesse der
eschäfte.
Die Abgg. Dr. Bachem und Richter widersprechen diesem Vorschlage mit Rücksicht auf die Schwierigkeit des Gegenstandes.
Der Vorschlag des Präsidenten wird .
Zur dritten Berathung des Gesetzentwurfs nach dem Anträge Schröder, betreffend die Kündigungsfristen der Hand⸗
lungsgehilfen u. s. w. hat der
Abg. Spahn (Zentr.) einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Beschlüsse zweiter Lesung im Handelsgesetzbuch anders grup—⸗ piert und materiell diese Beschlüsse insofern ändert, als die gleiche Kündigungsfrist von vier Wochen auch dann Anwendung finden soell, wenn das Dienstverhältniß für bestimmte Zeit eingegangen und dabei vereinbart ist, daß dasselbe mangels einer Kündigung als ver—
längert gelten soll.
Außerdem soll nach dem Antrag Spahn der Beschluß weiter Lesung, soweit er den Anspruch auf Gehalt in Krank— ien fene betrifft, dahin geändert werden: Vereinbarungen, welche diesen Anspruch ausschließen oder einschränken, sind ungültig. . . .
Verhandelt wird zunächst über diesen Theil der Beschlüsse zweiter Lesung. (Art. 60 des Handelsgesetzbuches.)
Abg. Singer (Soz.) kann eine Nothwendigkeit, an dem Be⸗ schlusse zweiter Lesung zu ändern, nicht anerkennen, wird aber doch im Interesse des Zustandekommens des Entwurfs dafür stimmen. Er bedauert, daß es nicht gelungen ist, einen Kündigungstermin festzusetzen, der auf den Ersten jedes Monats gestellt ist; nur ein solcher hätte den gerechten Ansprüchen der Handlungsgehilfen genügt.
Abg. Dr. von Buchka (dkons.) giebt der in zweiter Lesung be⸗ schlossenen Redaktion den Vorzug, wenn nicht, was das beste wäre, die ganze Aenderung abgelehnt würde. Die Handlungsgehilfen seien vor zwei Jahren dem Krankenkassengesetz unterstellt und würden durch die Fassung, soweit sie unter 2000 6c beziehen, demselben wieder ent⸗
zogen, was durchaus unerwünscht sei. .
Abg. Spahn (Zentr. : Aus demselben Grunde wird ein großer Theil meiner Freunde gegen den Antrag zu Art. 69 stimmen.
Abg. Freiherr von Stumm (Rp) erklärt sich aus demselben
Grunde gegen denselben. .
Der Antrag Spahn und der Art. 60 nach den Beschlüssen zweiter Lesung werden abgelehnt.
Art. 61 (Kündigungsfrist) wird nach kurzer Debatte, an welcher sich die Abgg. Spahn, Singer, Dr. von Buchka betheiligen, in der Fassung des Antrags Spahn angenommen.
Die Gesammtabstimmung über den Entwurf wird aus⸗ gesetz
etzt.
Die Uebersicht über die Einnahmen und Ausgaben der Schutzgebiete von Kamerun und Togo, von Südwest— Afrika wird in dritter Berathung ö,, durch Kenntniß⸗ nahme für erledigt erklärt. Für die Rechnungen der Kasse der Ober⸗Rechnungskammer wird dem Rechnungsleger bezüglich des die Reichsverwaltung treffenden Theiles der Rechnung endgültig Entlastung ertheilt.
Die Vorlage, betreffend die Kontrole des Reichshaushalts⸗ Etats, des Landeshaushalts für Elsaß-Lothringen und des Haushalts der Schutzgebiete für 183293 und 1893,‚94 wird in dritter Lesung unverändert definitiv angenommen.
Darauf wird die Sitzung vertagt. Schluß nach 61 Uhr.
Preuszischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 50. Sitzung vom 16. April 1894.
Der Sitzung wohnen der Präsident des Staats⸗-Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg, der Finanz— Minister Dr. Miquel, der Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden und der Minister der geistlichen 2c. Angelegen— Dr. Bosse mit Kommissarien bei.
Die dritte Berathung des Staatshaushalts-Etats für 1894/95 wird bei dem Etat des Ministeriums des Innern fortgesetzt. r . ; c .
Abg. Rickert (freif. Vgg) fragt, auf welcher Grundlage die Wahlstatistik der „Statistischen Korrespondenz“ beruhe, ob sie nach
Regierungsbezirken, Provinzen oder für den ganzen Staat aufge— nommen fei. Am besten wäre eine Statistik nach Wahlkreisen. Präsident des Staats⸗-Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg: Meine Herren! Schon die Resultate, welche Ihnen neulich in einer Nummer der „Statistischen Korrespondenz“ mitgetheilt worden sind, beweisen, daß nothwendig eine breite und vollständige Unterlage für diese Angaben vorhanden sein muß, weil man eben sonst nicht die summarischen Resultate hätte ziehen können. Die Statistik für die Wahlen zum Hause der Abgeordneten ist aufgenommen vermittels Zählkarten in jedem einzelnen Urwahlbezirk. Es ergiebt sich hieraus, daß es dadurch möglich ist, sowohl für den gesammten Staat, als für die Provinzen, die Regierungs⸗ bezirke, auch die einzelnen Wahlkreise und politischen Kreise diese Zahlen evident zu machen. Ob das nach allen Richtungen hin möglich sein wird, zu veröffentlichen, unterliegt noch der Er— wägung, weil, wie der Herr Abg. Rickert sich selbst sagen wird, wenn man alle die Gesichtspunkte, die hierbei in Betracht kommen für jeden einzelnen Kreis, veröffentlichen wollte, das ein außerordentlich starker Band werden würde. Ich will dem Herrn Abg. Rickert aber sagen, welcher Plan in Beziehung auf die weiteren Veröffentlichungen besteht, und ich hoffe, daß ich dadurch seine Wünsche befriedigen, jedenfalls seine Anfrage vollständig beantworten kann. Ich habe, wie ich bereits bei der Erörterung dieser Angelegenheit neulich hier im Hause gesagt habe, die Absicht, den Herren eine aus— gedehnte Nummer der „Statistischen Korrespondenz“ zugänglich zu machen, in der in weit umfangreicherer Weise, als in einer einzelnen Nummer die Resultate der Wahlstatistik den Herren bekannt gegeben werden. Außetdem aber wird in ähnlicher Weise, wie das in früheren Jahren schon geschehen ist, seitens des Statistischen Bureaus eine um— fassende Statistik der Wahlen zum Abgeordnetenhause im Jahre 1893 bearbeitet und in Form der bekannten Hefte des Statistischen Bureaus veröffentlicht werden. Abg. von Pappenheim-Liebenau (kons) empfiehlt eine ge— setzliche Regelung der Verpflegungsstatignen, für welche die Mittel
infolge der Aufhebung der lex Huene sich vermindert hätten; ferner müsse eine reichsgesetzliche Einschränkung der Vagabondage eintreten.
Präsident des Staats⸗-Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg:
welche nach meiner Ueberzeugung des vollen Interesses werth ist. Die
Verpflegungsstationen haben eine ganz außerordentliche Wirkung auf
die Verminderung der Bettelei und Vagabondage ausgeübt und, was
viel mehr werth ist, sie haben außerordentlich dazu beigetragen, daß
einer gioßen Anzahl von Leuten, denen nichts Anderes übrig blieb, als
auf der Wanderschaft Arbeit zu suchen, die Möglichkeit gewährt
wurde, dies zu thun, ohne der Bettelei oder Verwahrlosung anheim
zu fallen. Wie sehr das anerkannt ist, geht aus der Entwickelung
hervor, welche die Verpflegungsstationen in verhältnißmäßig kurzer
Zeit genommen haben.
Vor zwölf Jahren begonnen, hat das Werk sich so ausgebreitet,
daß wir Ende 1890 allein in Preußen 9651 Verpflegungsstationen
hatten, welche den arbeitsuchenden Wanderern die oben bezeichnete Möglichkeit gewährten. Die Träger der Unterhaltungslast dieser Ver⸗
pflegungsstationen waren mit ganz verschwindenden Ausnahmen Kreise und Gemeinden: von den 951 Stationen waren 783 von Kreisen unterhalten und 68 von Gemeinden — genügender Beweis, wie sehr die Kreisvertretungen von der Nützlichkeit — ich kann sagen: Noth— wendigkeit — dieser Einrichtung überzeugt sind. Die Einrichtung befand sich in fortschreitender günstiger Entwickelung, als mit dem Niedergang der gewerblichen und industriellen Verhältnisse ein weitaus stärkerer Zug dieser wandernden Arbeitsucher sich zeigte und nunmehr in einzelnen Gegenden — keineswegs überall — eine so starke Inanspruchnahme dieser Stationen stattfand, daß es für eine Anzahl von Kreisen zu drückend wurde, die Kosten ferner zu tragen.
Es kam dazu, daß sich die Erwägung aufdrängte, warum gerade der einzelne Kreis, in dem eine Station an einer Wanderstraße noth⸗ wendig sei, nunmehr allein verpflichtet sein solle, die Kosten zu tragen für Einrichtungen, deren Wirkungen und Folgen ihren günstigen Ein⸗ fluß auf ein weitaus größeres Gebiet ausdehnen. Dies ist hauptsäch⸗ lich der Grund, warum die Angelegenheit der Verpflegungs⸗ stationen in eine Krisis gerathen ist, welche die Erwägung nothwendig macht, auf welchem Wege es möglich und zweckmäßig ist, diese Ein⸗ richtung fernerhin zu erhalten.
Ich habe seit längerer Zeit mein eingehendes Interesse dieser Angelegenheit zugewandt und glaube, daß man sich der Ueberzeugung nicht wird verschließen können, daß, wenn man diese wohlthätige Ein—⸗ richtung, welche ein wesentliches Glied in der Kette der Maßregeln zur Unterstützung der wirthschaftlich Schwachen bildet, aufrecht er— halten will, eine Hilfe der Gesetzgebung nicht zu vermeiden sein wird. Es ist das auch nicht etwas ganz Neues; es ist bereits in anderen Staaten derselbe Weg beschritten worden: in mehreren Ländern der österreich⸗ ungarischen Monarchie, in Ober⸗ und Nieder⸗ Oesterreich, in Steiermark, in Böhmen ist auf gesetzlichem Wege das Verpflegungsstationswesen geregelt, ebenso in einzelnen Kantons der Schweiz; und ich bin gerne bereit, diese Angelegenheit in Erwägung zu nehmen, und, wenn die weiteren Ermittlungen die⸗ selben Resultate ergeben, welche jetzt vorliegen, die Regelung der Sache im Wege der Gesetzgebung in Aussicht zu nehmen, vorausgesetzt, daß ich aus der Anregung, die soeben hier aus⸗ gesprochen ist, die Aussicht entnehmen kann, daß eine solche Vorlage hier ein wohlwollendes Entgegenkommen und demnächst Annahme finden wird. (Bravo!)
Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa (kons.) spricht seine Befriedigung darüber aus, bringt aber einen Zweifel aus dem Gebiet der Landgemeindeordnung zur Sprache. Die Vereinigung von Ge— meinden „wegen örtlich verbundener Lage“ dürfte doch nicht eintreten, wenn die Gemeinden nur aneinander grenzen.
Präsident des Staats-Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg:
Meine Herren, man kann über die Anregung, die der Herr Abgeordnete gegeben hat, meines Erachtens nicht wohl anders weiter diskutieren, als wenn man sich den Wortlaut des Paragraphen, um den es sich handelt, vergegenwärtigt. Er ist ja auch ganz kurz; Sie werden mir also wohl gestatten, daß ich ihn verlese und daran meine weiteren Ausführungen knüpfe.
Der Fall, um den es sich handelt, steht in der Landgemeinde— ordnung für die sechs östlichen Provinzen in 5 2, Nr. 5. zu E.; er führt als einen der Fälle, in welchen das öffentliche Interesse die Vereinigung von Landgemeinden erfordert, Folgendes an:
wenn infolge örtlich verbundener Lage mehrerer Landgemeinden oder von Gutsbezirken oder Theilen derselben ein erheblicher Wider⸗ streit der kommunalen Interessen entstanden ist, dessen Ausgleichung auch durch Bildung von Verbänden im Sinne des 5 128 nicht zu erreichen ist.
Nun, meine Herren, wenn Sie den Wortlaut ansehen, dann, glaube ich, werden Sie ohne weiteres zugeben müssen, daß die Ansicht des Herrn Vorredners nicht zutrifft, sondern daß der Fall nicht nur, wenn das vorliegt, was man gewöhnlich „Gemengelage“ nennt, sondern auch dann, wenn Gemeindebezirke nur aneinandergrenzen, begriffen ist unter diesen Paragraphen, denn eine „örtlich verbundene Lage besteht auch zwischen zwei angrenzenden Gemeinden. Ich glaube, das läßt sich nicht be— streiten; ich bin aber auch der Meinung, daß eine Gefahr darin gar— nicht liegt, denn die weiteren Bedingungen, die hier vorgeschrieben
gerichtet werden, wo einzelne Kommunalinteressen
gemeinsam gelöst werden können.
lassen bleiben. Das ist auch meine Meinung.
Gesetzentwurfs, welcher die Bestimmung beseitige, daß im Rheinland
sind, sind so scharf, daß sie Gewähr dafür bieten, daß das nicht in ungerechter oder dem Gesetz nicht entsprechender Weise erfolgt. Denn es wird nicht nur erfordert erstens örtlich verbundene Lage, sondern zweitens, daß ein erheblicher Widerstreit kommunaler Interessen vor— handen ist, und drittens, daß dieser Widerstreit nicht erledigt werden kann auf dem Wege der Zweckverbände. Zweckverbände sollen da ein—⸗ zusammen⸗
grenzender Gutsbezirke von der Art sind, daß sie zweckmäßig nur
Meine Herren, wenn die örtlich verbundene Lage eingeschränkt ist durch die übrigen Bedingungen, dann glaube ich, daß bei unbefangener Ausführung ein Mißbrauch mit der Sache nicht getrieben werden kann. Es ist mir auch bis jetzt noch kein Fall vorgekommen, wo das geschehen ist. Mit einer Interpretation allgemeiner Art läßt sich aber in dieser Angelegenheit überhaupt nicht helfen. Das ist sowohl an⸗ erkannt worden von dem Herrn, von dem der Antrag über Litt. c in 5 2 Nr. 5 ausging, als auch demnächst mit denselben Worten in der dazu erlassenen Ausführungsbestimmung. Es ist darin vollkommen entsprechend und der Bestimmung adäquat bestimmt: ob dieser Fall vor⸗ liegt, ist eine Frage örtlichen Ermessens, und diese Frage kann mit gutem Gewissen der Entscheidung der Selbstverwaltungsbehörden über⸗
Abg. Schmitz ⸗Erkelenz (Zentr) empfiehlt die Vorlegung eines
Abg. Graf zu Lim burg⸗Stirum (kon) weist auf die Ver⸗ hältnisse in Kleinburg bei Breslau hin, wo es sich nur um ein An, grenzen handele, und spricht die Hoffnung aus, daß die Selbstver= waltungsbehörde, namentlich der Regierungs⸗Präsident die angezogene ,. der Landgemeindeordnung nicht auf diesen Fall anwenden verde.
K von Eynatten (Sentr,) hält den, übermäßigen Luxus bei dem Bau von Kreishäusern für unberechtigt. Die Er— trägnisse aus der lex Hnene dürften dazu nicht verwandt werden. Präsident des Staats⸗Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg:
Ich fürchte sehr, meine Herren, daß die Anregung, die von dem Herrn Abg. von Eynatten ausgegangen ist, etwa zu spät kommt; denn ich glaube, daß die Periode der Erbauung von Kreishäusern im großen und ganzen vorüber ist, und daß nur hin und wieder es noch vorkommen wird, daß eins gebaut wird. Mein Standpunkt zu der Sache ist der, daß da, wo ein Bedürfniß vorhanden ist, die Kreis gut thun, sich ein eigenes Heim zu gründen. Es waren in der That Zustände in vielen Kreisen, die auf die Dauer ganz unleidlich waren, wo die Kreisausschüsse und Kreistage theilweise bittweise, theilweise unter Umständen, die für ihre Stellung durchaus nicht geeignet waren, sich die Lokale beschaffen mußten, und bei der immer größeren Ausdehnung der Kreisverwaltung ist es nur angemessen, daß die Kreise dafür gesorgt haben, ein eigenes Heim zu beziehen. Es ist das in einem ziemlich großen Umfange geschehen, sodaß wir etwa in einem Drittel der Kreise jetzt Kreisgebäude haben.
Aber, was die andere Seite der Sache betrifft, da kann ich dem Herrn Abgeordneten nur beipflichten. Ich kann es nur bedauern, wenn in einzelnen Fällen über das nothwendige Bedürfniß hinausgegangen ist. Soweit sich noch Gelegenheit bieten sollte, bin ich bereit, darauf aufmerksam zu machen, daß nach meiner Ansicht das nicht ange— messen ist.
Abg. Schmieding (ul.) macht darauf aufmerksam, daß das preußische Ober⸗Verwaltungsgericht im Gegensatz zum Reichsgericht entfchieden habe, daß das Aufgeld, welches die Aktiengesellschaften bei der Verausgabung neuer Aktien erheben, steuerpflichtig sei. Dieser be⸗ dauerliche Widerspruch in der Rechtsprechung der beiden obersten Ge— richtshöfe könne und müsse dadurch beseitigt werden, daß die Ent⸗ scheidung des Reichsgerichts als maßgebend angesehen werde. Präsident des Staats⸗Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg:
Ich werde mich mit dem Herrn Finanz⸗Minister darüber ins Benehmen setzen. Meinerseits kann ich nur sagen, daß von meinem Standpunkt aus die Sache nicht würde Veranlassung geben können, eine Maßregel vorzuschlagen, wonach den Entscheidungen des Reichs⸗ gerichts eine den Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgerichts voran⸗ gehende Bedeutung beigelegt werden soll.
Abg. von Riepenhausen-Crangen (kons.) beklagt die Ueber—⸗ bürdung der Amts⸗ und Gemeinde⸗Vorsteher mit schriftlichen Arbeiten; es sei z. B. in Ostpreußen schwierig, für diese Ehrenämter noch Personen zu finden, während sie sich sonst freudig dazu erboten hätten. Der Minister habe erklärt, daß er die Sache in Erwägung ziehen wolle. Wenn die unteren Provinzialbehörden mehr Vertrauen ge— nössen, dann werde das Schreibwerk geringer werden.
Abg. von Tzschoppe (frkons.) spricht seine Befriedigung über die in AÄussicht gestellte gesetzliche Regelung des Verpflegungsstations— wesens aus; dadurch werde auch eine einheitliche Gestaltung der Stationen und deren Ausbildung zu Wanderarbeitsstätten erreicht werden können. Die Regelung müßte aber bald erfolgen, denn sons geriethen die Verpflegungsstationen in Verfall.
Abg. Rickert (fr. Vgg.) bittet um eine beschleunigte Veröffent⸗ lichung der Wahlstatistik für die einzelnen Wahlkreise und weist darauf hin, daß an den luxuriösen Kreishäusern der Minister keine Schuld trage; denn das sei lediglich Sache der Selbstverwaltung Besonders mit der Nothlage der Landwirthschaft seien solche Luxus— bauten nicht zu vereinbaren.
Abg. Schmitz⸗Erkelenz (Zentr.) bittet den Minister, den Versicherungsgesellschaften nicht mehr gestatten zu wollen, den Gerichts— stand an ihrem Domizil den Versicherten vorzuschreiben.
Präsident des Staats-Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg:
Meine Herren! Gegenüber den beiden Bitten, die der Herr Vorredner nunmehr und bereits vorhin ausgesprochen hat, erlaube ich mir, eine Gegenbitte auszusprechen: das ist nämlich die, daß, wenn der Herr Abgeordnete dergleichen Dinge zur Sprache bringen will beim Etat, er die Güte hat, mich davon vorher in Kenntniß zu setzen. Dann werde ich in der Lage sein, ihm eine ausgiebige Auskunft zu ertheilen, während es unmöglich ist, daß ich über alle derartige Fragen, mit denen der Herr Abgeordnete sich eingehend beschäftigt hat, in jedem Augenblick in der Lage sein kann, eine auch nur insoweit be— friedigende Antwort zu erthe eine derartige Sache ausspreche. (Sehr richtig!)
Abg. Schreiber (frkons.) spricht sich gegen eine gesetzliche Regelung des Verpflegungsstationswesens aus, weil dadurch die Vaga— bondage vermehrt würde.
Abg. von Eynern (ul.) hofft, daß dagegen das Gesetz Vor⸗ sorge treffen werde. Mit den Klagen über die Luxusbauten komme Herr von Eynatten zu spät; übrigens seien im Rheinlande zwar ge— schmackvolle, aber nicht luxuriöse Bauten errichtet worden. .
Abg. von Schalscha Gentr.) spricht sich gegen eine gesetzliche Regelung des Verpflegungsstationswesens aus, welches den Gemein den und der Privatwohlthätigkeit überlassen werden müsse.
Präsident des Staats-Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg:
Meine Herren! Die Ausführungen des letzten Herrn Vorredners nöthigen mich zu einer Erwiderung. Ich gebe zunächst meiner Freude Ausdruck darüber, daß er das Bedürfniß dieser Verpflegungsstationen anerkannt hat, und gerade unter den Gesichtspunkten, von denen ich selbst ausgehe, daß es sich nämlich darum handelt, Hilfe und heil für diejenigen Leute zu schaffen, welche das äußere Ansehen von Vaga⸗ bunden haben, aber innerlich nicht solche sind, d. h. solche, welche in der That unter dem Druck und der Noth der Verhältnisse dazu ge trieben sind, wandernd Arbeit zu suchen. Wenn man das aber an— erkennt, meine Herren, dann muß man auch einen Schritt weiter gehen, nämlich dahin, daß die Verpflichtung besteht, diesem unbestreitbaren Bedürfniß abzuhelfen. Nun, meine Herren, ist es durchaus m. richtig, zu sagen, daß dies allein ein Gegenstand der Privatwohlthätig, keit sein muß. Es ist erstens theoretisch nicht richtig. Ich will mich auf eine weitere Ausführung dessen, was ich in dieser Richtung bereitẽ vorher angedeutet habe, nicht einlassen. Ich will den Herrn Vrr= redner nur einfach daran erinnern, wie die praktische Entwickelung ist Alle diese Stationen sind nicht auf dem Wege der Privatwohlthätig, keit gegründet worden, sondern sie sind gegründet als Einrichtungen der Gemeinden, der engeren und ⸗ der weiteren (Zuruf des Abg. ben Schalscha: Das sagte ich jah, der Gemeinden zum kleinsten Theil, det Kreise zum weitaus größten Theil (Zuruf des Abg. von Schalscha: In
Meine Herren! Der Herr Vorredner hat eine Frage angeregt,
die ländlichen Besitzer allein die Kosten der Feldhut zu tragen haben.
wohl h, und die Berechtigung dafür liegt darin, daß die Wirksamkeit dieser
1 2 wkalbehörden gehört werden,
Maßregel keineswegs sich erstreckt auf den Ort allein, an dem sie ein⸗ schtet wird, sondern ihre Erfolge und ihre Wirkung auf weitaus
gert . k. ö ;
größere Kreise sich erstrecken, und darin liegt die Berechtigung, daß
pie nãchste Zusammenfassung einer größeren Anzahl von Gemeinden, der Kreis, die Initiative hat, und daß die weiteren, die benachbarten Kreise, die ebenfalls Vortheil davon haben, den Kreis unterstützen. Ich glaube und hoffe, daß der Herr Vorredner diesem Gedanken seine Herechtigung nicht absprechen und daß er sich nicht in einen prin— jipiellen Gegensatz zu einer Regelung der Angelegenheit in diesem Sinne stellen wird.
Bei dem Etat der landwirthschaftlichen Ver— waltung richtet . . .
Abg. Graf von Kanitz (kons.) die Aufmerksamkeit der Regierung, namentlich des Ministers der öffentlichen Arbeiten auf eine Eingabe ostpreußischer⸗ dandmirthe, wegen Ermäßigung der Getreidefracht⸗ narhfe. Russisches Getreide werde zu Ausnahmetarifen gefahren, wahrend die preußischen Landwirthe die normalen Tarife von doppelter Höhe entrichten müßten. Früher, fährt Redner fort, bestand die Vor— schrift, daß das russische Getreide überseeisch exportiert werden müsse. viefe Beschränkung ist jetzt weggefallen; das russische Getreide tritt in Königsberg in den freien Verkehr. Die ostpreußische Landwirth—⸗ schaft verliert den Absatz in, Königsberg an die Konsumenten und die Mühlen. Eine noch weitere Herabsetzung der ruffischen Fracht⸗ tarife würde eine Herabsetzung auch der preußischen Tarife mit sich bringen. Zeitweilig hat die russische Regierung, um das Getreide zur Ausfuhr zu bringen, die Tarife auf den vierten Theil der preußischen Normaltarif herabgesetzt. Redner bittet den Minister für Land⸗ wirthschaft um di Bemühung, diese Disparität zu beseitigen.
Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten von Heyden:
Meine Herren! Ich kann die Zahlen, um welchen Betrag das einheimische Getreide der östlichen Provinzen auf den preußischen Bahnen jetzt theurer verfahren wird als das russische, nicht kontrolieren. Herr Graf Kanitz nimmt an, daß es per Waggon 20 bis 30 46 seien, und wenn die russische Regierung mit weiteren Tarifherabsetzungen porgehe, die Differenz noch größer werde; wie gesagt, ich kann dies nicht kontrolieren; aber es steht fest, daß auf den pxeußischen Bahnen das deutsche Getreide jetzt theurer verfahren wird als das russische, und ich trage kein Bedenken, das als äußerst unerfreulich zu bezeichnen. Ich habe
, 1 . 6 ñ f deshalb auch Veranlassung genommen, als dieser Zustand eintrat, Er⸗ wägungen darüber anzuregen, auf welchem Wege er beseitigt werden
8 ,,,, , 9ss g 89 . kann. Diese Erwägungen sind noch nicht zum Abschluß gelangt. Die Sache liegt nicht so einfach, daß man sagen könnte: alles Getreide soll von jetzt an auf den ostpreußischen Bahnen zu gleichen Sätzen ge— sahren werden. Eine derartige Tarifherabsetzung würde weitergehende Ansprüche hervorrufen, welche möglicherweise zu dem Ver— langen einer allgemeinen Tarifherabsetzung für alle Transporte uuf den Staatsbahnen führen würde. Also die Er⸗ wigungen auf diesem Gebiete sind noch nicht abgeschlossen, aber der Herr Vorredner kann überzeugt sein, daß die Angelegenheit nicht aus den Augen verloren wird. Inzwischen aber, glaube ich, müssen die betheiligten Landestheile zunächst abwarten, welchen Einfluß die Aufhebung des Identitätsnachweises üben wird. Soweit meine Wahrnehmung reicht, scheint sich mir der gewünschte günstige Einfluß schon jetzt bemerkbar zu machen.
Abg, Dr. Martens nl.) bittet um eine gerechtere Vertheilung der Veichlasten in der Provinz Schleswig⸗-Holstein.
Minister für Landwirthschaft, Domänen von Heyden:
Mir ist diese Angelegenheit ohne Einsicht der Akten nicht so genau bekannt, daß ich dem Herrn Vorredner sofort eine erschöpfende Antwort geben könnte. Ich werde aber aus seinen Darlegungen Ver—
ö gungen Ver anlassung nehmen, der Angelegenheit näher zu treten.
. Abg. von Detten Zentr.) spricht sich für einen Zoll auf Duebrachoholz aus, damit die deutschen Eichenschälwaldungen erhalten wurden. ö ;
; Abg. Knebel nl.) bittet den Minister die Unklarheiten, die bei den Unterbehörden über den Erlaß von für Forstfrevel verhängten Strafen herrschen, zu beseitigen. In Süddeutschland seien die Be— hörden viel milder gegen die Frevler vorgegangen.
Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten
von Heyden: 6 der letzteren Beziehung will ich zunächst bemerken, daß die Durchsicht derjenigen Begnadigungsanträge, die durch meine Hände gehangen sind, doch in vielen Fällen den Eindruck bestätigt hat, daß . recht viel Unfug vorgekommen ist und nicht immer bloß zwingende Noth die Leute zu Uebertretungen veranlaßt hat.
. J . . S . Als die Sache das vorige Mal hier zur Sprache kam, waren wir darüber einig, daß von einer allgemeinen Amnestie für die Streu— und Laubentnahme in der Nothstandszeit keine Rede sein könne,
dern e mne snen Rszsff wü üiss F sondern die einzelnen Fälle geprüft werden müssen. Ich habe darauf meinerseits Veranlassung genommen, die Regierungs-Präsidenten zu ersuchen, auf möglichst schleunige Uebersendung der Begnadigungs— anträge, die eingingen, Bedacht zu nehmen.
Dagegen habe ich keine Veranlassung genonimen, die Regierungs⸗ präsidenten zu veranlassen, nunmehr ihrerseits zur Einreichung . . . 8, don Begnadigungsgesuchen aufzufordern. Dazu lag keine Ver— nnlassung vor, denn im großen und ganzen ist man
1 2, * * * ö * sic im Lande doch wohl ziemlich klar darüber, an wen man ein Be— e digungẽgesuch zu richten hat. Wenn also der Herr Vorredner ge— n wet daß in seinem Kreise ein Bürgermeister nicht gewußt hat, . die Mitglieder seiner Gemeinde ihre Begnadigungsgesuche zu ; hten hätten, so muß ich sagen, ich verstehe das nicht. Sie konnten . entweder an das Kabinet Seiner Majestät selbst oder an die Negierung oder an mi inreiche dürden immer ; unh ö. ) mich ine hem sie würden immer an dieselbe . gekommen sein. Soweit Begnadigungsgesuche an mich ge⸗ ö. sind, sind sie auch mit möglichster Beschleunigung erledigt Cx 6 . * 1 3. en. Ich gebe aber zu bedenken, daß die Erörterung der miel nen Fälle immerhin eine gewisse Zeit erfordert. Es müssen die 6 es werden die Staatsanwaltschaft und J richte gehört und die Regierung hat sich zu äußern; somit dauert 6 geraume Zeit, bis die Gesuche hierherkommen. Ich werde 1 . der Anregung des Herrn Vorredners Veranlassung nehmen, un ie Bezirksbehörden nochmals das Ersuchen zu richten, die Er⸗ . über die Gnadengesuche zu beschleunigter Erledigung zu gen; denn es ist erwünscht, daß diese Sachen endlich aus der elt kommen. . Dasbach Zentr.) erinnert daran, daß der Minister s. 3. , 9 habe daß in manchen Fällen die Unterbeamten bei der nie en . Waldstreu schleuniger hätten vorgehen können. Wenn ien nterbeamten, die eine solche Vernachlässigung sich hätten zu reer a nn lassen, jetzt darüber Auskunft geben sollten, ob ein ö enthstand vorgelegen habe, so sei zu befürchten, daß die Be—⸗
und Forsten
Minister für Landwirthschaft von Heyden: ;
Der Herr Vorredner hat ganz allgemein ausgesprochen, daß die unteren Beamten sich hätten Vernachlässigungen zu Schulden kommen lassen, und daß, wenn sie sich hätten Vernachlässigung und Ver— du mnisse bisher hätten zu Schulden kommen lassen, ihre weiteren Mittheilungen kein Vertrauen beanspruchen dürften. Eine derartige allgemeine Beschuldigung der Beamten weise ich zurück. Es ist der Herr Vorredner in jeder Beziehung den Beweis schuldig geblieben, daß und welche Beamte sich haben Vernachlässigungen zu Schulden kommen lassen. Wenn Begnadigungsgesuche erst spät eingereicht werden, können sie nicht frühzeitig erledigt werden. Ich habe vorher schon ausgeführt, daß die Abwickelung und Erledigung derartiger Ge— e n gewissen Zeitraum in Anspruch nehmen.
Abg. von Eynern (nl) erklärt sich gegen einen Zoll au Duehrache heli welche Frage übrigens vor den Reichstag . J Hö ö. 6 . . Zoll geschädigt werden.
Ahg. Knebel ent): in Theil der Lederi ie sei für . ö n Theil der derindustrie sei für
Abg. Stötz el Gentr.): Dieser Zoll würde den Eichenschälwald— besitz in lauter kleinen Existenzen, zu gute kommen. ö.
Abg. von Czarlins ki (Pole) empfiehlt die Gewährung von Staatssubventionen nicht bloß an die deutschen, fondern auch an die polnischen landwirthschaftlichen Vereine.
Bei dem Etat des Ministeriums der geistlichen ze Angelegenheiten kommt . . . Abg. Seyffardt⸗-⸗Magdeburg (ul.) auf das Hilfslehrerwesen an . . ö Redner bleibt bei seiner Behaup⸗— ung, daß an 81 Anstalten 2 bis 11 Hilfslehrer als vollbeschäfti Kräfte verwendet würden. ; . Kö
Geheimer Ober-Finanz⸗Rath Germar erklärt, daß an keiner
Domänen und Forsten
,, Hilfslehrer in so ausgedehntem Maße beschäftigt . Abg. Hr. Beumer (nl. ) befürwortet die Niederlegung des den Verkehr behindernden Berger Thores in Düsseldorf, welches keinen künstlerischen Werth habe. (Redner legt dem Hause Photographien von dem Bauwerk vor.) ö .
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Ich glaube, ich kann mich auf die Bemerkungen des Herrn Vor⸗ redners ziemlich kurz fassen. In Bezug auf das Berger Thor möchte ich bemerken, daß ich persönlich sehr geneigt bin, allen Rücksichten des Verkehrs und der Erhaltung der alten Kunstdenkmäler, soweit es nur irgend möglich ist, Rechnung zu tragen. Ich muß aber darauf hin⸗ weisen, daß alle Organe der Denkmalspflege sich übereinstimmend dahin erklärt haben, daß das Berger Thor aufrecht erhalten zu werden verdient. (Hört! hört
Mit großer Genugthuung begrüße ich die Anerkennung, welche der Herr Vorredner der Düsseldorfer Kunst-Akademie zu theil werden ließ. Ich kann dafür nur dankbar sein. Die Düsseldorfer Kunst⸗ Akademie ist unsere Perle und unser Stolz. (Bravo!) Bei uns soll es an ihrer allerwärmsten Pflege niemals fehlen. (Bravo!) Daß wir auch das freie Künstlerthum gern berücksichtigen, erkannte auch der Herr Vorredner an; ich habe es mir angelegen sein lassen, das zu thun, bin auch gern bereit, jederzeit darüber Aufschluß zu geben, um dem Hause sowie dem Publikum und der Künstlerschaft die Ueber— zeugung zu verschaffen, daß hier nicht nach Parteirücksichten zu Werke gegangen wird, sondern daß wir jede berechtigte Richtung in der Kunst pflegen, um die Akademiker wie die freien Künstler zu fördern. (Bravo!) Min? ** . von 9 ere man Zentr.) erkennt an, daß der er den katholischen Interessen sehr wohlwollend gegenüberstehe;
verflüchtige sich das Wohlwollen. Namentlich auf dem Gebiete der
währende Nörgelei der unteren Behörden mit den kirchlichen Instanzen. Dem Staate komme die religiöse Erziehung der Kinder am meisten zu gute; denn nicht im Wissen und im Können liege der Damm gegenüber der Sozialdemokratie, sondern lediglich in dem Gewissen des Einzelnen, in seiner Pflichttreue und Genügsamkeit. Der Staat, fährt Redner fort, hat die Kirchengüter eingezogen; er müßte also auch die Verpflichtungen erfüllen, die auf diesen Gütern ruhen. Allein da entstehen die größten Weitläufigkeiten, und darüber herrscht dann all⸗ gemeine Unzufriedenheit. Den Altkatholiken händigt man das Ver—⸗
Gesetz aufrecht. Besonders schmerzlich aber wird die Behandlung der krankenpflegenden Orden empfunden. Eine Gemeinde, die für ein Krankenhaus schlechte Krankenpflegerinnen annimmt, findet keine Be⸗ . . sollen aber zwei Ordensschwestern angenommen werden, ann müssen zwei Minister in Bewegung gesetzt werden, und die Sache dauert mindestens 18 Monate. Auf diesem Gebiete herrscht die größte Disparität gegenüber den Evangelischen. Wenn die kirchliche Behörde das Bedürfniß für eine Ordensniederlassung anerkennt, dann sollte der Minister darauf mehr Gewicht legen, als auf die Gutachten der Zivilinstanzen. Besonders unerträglich werden die Verhältnisse dadurch, daß beim Kultus⸗Ministerium fast gar keine gesetzlichen Vorschriften vorhanden sind, sondern alles von dem perfön— lichen Wohlwollen des Ministers abhängt.
. Abg. Wolezyk Zentr) kommt auf seine Beschwerden über den mangelhaften polnischen Sprach⸗ und Gesangsunterricht in Ober— schlesien zurück. Trotzdem seit seinen Beschwerden bei der zweiten desung des Etats vier Wochen vergangen seien, sei noch keine Remedur geschaffen.
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse: Meine Herren! In einem Punkte hat der Herr Vorredner den— selben Ton angeschlagen, den der Herr Abg. Freiherr von Heereman angeschlagen hat. Er hat gemeint, daß nach unten hin das Wohl⸗ wollen der Behörden in der Behandlung der katholischen Angelegen⸗ heiten abzunehmen scheine, und daß es wünschenswerth sei, daß von oben her nach dieser Seite hin eine besondere Einwirkung geübt werde. Ich hätte vielleicht die hier zur Sprache gebrachten und, wie ich anerkenne, in sehr milder und freundlicher Form vorgebrachten, ganz allgemein gehaltenen Beschwerden jetzt bei der dritten Lesung des Etats mir ad notam nehmen können, ohne gerade auf die Diskussion hier eingehend nochmals zurückzukommen. Aber ich glaube, diesen Punkt darf ich doch nicht übergehen. Es tritt mir sehr häufig entgegen, daß, wenn ich mich bei der Begründung irgend einer Maß⸗ regel, die in einer katholischen Sache getroffen worden ist, auf die Behörden berufe, mir sofort mit Achselzucken erwidert wird; ja, die Behörden! Ja, meine Herren, wie soll denn der Kultus— Minister das anfangen? Woher soll er seine Informationen nehmen, wenn er unseren preußischen Behörden nicht mehr trauen könnte? Und haben unsere preußischen Behörden das verdient? Ich müßte doch auch davon einen Eindruck haben, wenn unsere Behörden durch— schnittlich diese Dinge wirklich in parteilicher und ungerechter Weise behandelten; und daß das geschehen ist, kann und darf ich nicht zugeben! Ich muß ausdrücklich erklären, daß unsere Behörden sich die äußerste Mühe geben, ihre Schuldigkeit zu thun, und daß ich alle Ursache habe,
mögen der katholischen Kirchen aus, und auch jetzt noch hält man dieses
aber je mehr die Sache in die unteren Instanzen komme, destomehr
Schulverwaltung, speziell des Religionsunterrichts, bestehe eine fort⸗
/ Abg. Kirsch (Zentr.) tritt für die Erhaltung des Berger
Meine Herren, ich bin mit dem Herrn Abg. Freiherrn von Heereman durchaus in dem Satz einverstanden: wenn unser Volk nicht christlich erzogen wird, haben wir keine gute Zukunft; und daran hat in der That der Staat ein ganz erhebliches Interesse. Nun kann ich ver⸗ stehen, daß ich es mir angelegen sein lasse, in dieser Beziehung eine versöhnliche, eine freundliche Stellung auch zu den kirchlich⸗katholischen Behörden einzunehmen und, soweit irgend thunlich, im Einvernehmen mit ihnen zu handeln sowohl in Bezug auf die bei dem katholischen Religionsunterricht zu gebrauchenden Bücher, als auch in Bezug auf die Schulaufsicht, und ebenso in Bezug auf die Zulassung neuer Niederlassungen von Orden. Aber, meine Herren, ich kann in diesen Dingen nicht bloß mit Wohlwollen urtheilen; ich bin gebunden an das Gesetz und an die Verfassung. Meine Aufgabe ist eine viel weiter⸗ gehende als die einer bloß wohlwollenden Behandlung. Ich muß vor allen Dingen darauf sehen, daß ich gerecht und paritätisch verfahre, und darauf ist mein Bestreben gerichtet; ich bin an das Gesetz ge⸗ bunden, und ebenso sind auch die Behörden an das Gesetz gebunden.
Nun ist gesagt worden: die Krankenpflegergenossenschaften würden nicht freundlich genug behandelt; das wäre doch ein Dienst, der der Menschheit mit christlicher Liebe geleistet würde, wo in der That eine ängstliche Kontrole nicht nöthig sei. Ich gebe das im großen und ganzen zu, wiewohl auch da Mißbräuche vorkommen können, aber ich bitte die Herren, die nach dieser Seite hin Beschwerden zu haben glauben, mir nur einen einzigen Fall zu nennen, wo einer krankenpflegenden Genossenschaft die Niederlassung versagt worden ist. Es mag richtig sein, daß hier und da über eine zu kleinliche bureau⸗ kratische Handhabung des Listenwesens geklagt worden ist. Mir liegt das ganz fern; wenn wirklich derartige kleinliche bureaukratische Nörgeleien in dieser Beziehung vorgekommen sind und sie kommen an — mich heran, so können Sie überzeugt sein, daß ich die Hand dazu bieten werde, daß derartige Belästigungen beseitigt werden.
Uebrigens ist es nicht zutreffend, daß die Aufhebung einer Ordens⸗ niederlassung lediglich in die Willkür der Königlichen Staatsregierung gestellt werde; es gehört dazu eine Königliche Ordre. Aber ist jemals eine solche Königliche Ordre erlassen worden? Meines Wissens nicht; ich glaube nicht, daß irgend ein Fall dieser Art irgendwo vor⸗ gekommen ist.
Und nun möchte ich noch eins hervorheben. Wenn einmal eine abweichende, den Wünschen der katholischen Antragsteller nicht ent— sprechende Entscheidung im Kultus⸗Ministerim getroffen worden ist, so wird immer gesagt: ihr sitzt immer noch mitten im Kultur— kampf! — Ja, meine Herren, das ist nicht richtig; ich betrachte den Kulturkampf als friedlich beigelegt. Eß mag ja für Sie noch manches zu wünschen übrig bleiben, aber ich bin gebunden an die Gesetze, wie sie jetzt vorliegen; diese Gesetze muß ich aufrechterhalten und an⸗ wenden, und da ist der Vorwurf, daß wir kulturkämpferisch vorgingen, in der That nicht gerechtfertigt. Wo es sich um seelsorgerische Bedürfnisse handelt, die durch eine Ordensthätigkeit gedeckt werden sollen, fragen wir
stets die geistlichen Oberen. Aber ich kann mich unmöglich, namentlich bei konfessionell gemischter Bevölkerung, dem entziehen, daß ich die Be⸗ hörden darüber frage, ob ein Bedürfniß vorliegt oder nicht; ich höre an erster Stelle auch die katholischen geistlichen Oberen, und ich muß sagen, ich lege ihren Antworten ein sehr großes Gewicht bei, und, wo ich irgend kann, helfe ich. Wo wir irgend gekonnt haben bisher in allen diesen Dingen, sind wir — das kann ich versichern — bis an die äußerste Grenze der Möglichkeit gegangen. Aber weiter als paritätisch und gerecht diese Dinge behandeln, können wir nichts thun, weiter können wir nicht gehen. (Bravo!) Abg. Motty (Pole) empfiehlt die Einrichtung eines Unterrichts in der juristischen Propädeutik an den Gymnafien.
Thores in Düsseldorf ein.
Abg. Dr. Krantz (kons) kommt auf die Frage der Doktor promgtionen zurück und bezeichnet namentlich die Angriffe des Abg Lr. Friedberg auf die juristische Fakultät in Leipzig aks unbegründet. Den Druck aller Dissertationen zu verlangen, sei nicht richtig, denn diese hätten nicht immer einen erheblichen Werth. In deipzig ver⸗ öffentliche die Juristenfakultät die sich auszeichnenden Dissertationen. Eine Ausgleichung der Promotionsgrundfätze bei den verschiedenen Universitäten wäre wünschenswerth, aber eine vollständige Unsfikation
würde sich nicht empfehlen. Um 4 Uhr wird die weitere Berathung auf Dienst ta 11 Uhr vertagt. . 16
Statistik und Volkswirthschaft. Die deutsche überseeische Auswanderung
über deutsche Häfen, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam stellte sich ugch den, Ermittelungen des Kaiserlichen Statistischen Amts im M ärz 1894 und im gleichen Zeitraum des Vorjahres folgendermaßen: Es wurden befördert im März über 1894 1893 d Han be,, deutsche Häfen zusammen— J SJ D Fs w 1201 ö i 155 W 75 Ueberhaupt .. 1 5607 Id 757 Aus deutschen Häfen wurden im März d. J. nehen den vorgenannten 3635 deutschen Auswanderern noch 4596 Angehörige fremder Staaten befördert. Davon gingen über Bremen 3038, Hamburg 1568.
Zur Arbeiterbewegung.
. rheinisch - westfälischen Bergwerksbezirken fanden an verschiedenen Orten Bergarbeiterverfammlungen statt, in welchen über den internationalen Bergarbeiter⸗ kongreß, der um die Pfingstzeit hier in Berlin abgehalten werden soll, verhandelt wurde. Aus Essen schreibt man der „Köln. Ztg. unter dem 15. d. M.:. In der heutigen Berg⸗ arbeiterpersammlung wurde über die Beschickung des Berliner Kongresses verhandelt und wegen Ablegung von Arbeitern auf ver— schiedenen Zechen Einspruch erhoben. Auch in Buer, Ueberruhr und Altendorf haben Versammlungen stattgefunden. — In einer Berg⸗ arbelterversammlung, die in Bochum am Sonntag abgehalten wurde, bemerkte der Berichterstatter: Der Kongreß werde über die Frage eines allgemeinen Ausstandes berathen, an dem sich die Berg—⸗ arbeiter der ganzen Welt betheiligen sollten. Die deutschen Abge⸗ sandten würden sich gegen einen solchen Ausstand aussprechen, weil dazu keine Mittel vorhanden wären und auch die Organisation in manchen Gegenden noch sehr mangelhaft fei. Die
chte nicht die nöthig? Sbjektivität aufwiesen.
ihnen dafür dankbar zu sein.
Theilausstände, die erfahrungsgemäß den Betheiligten nur Nachtheil brächten, müßten ganz und gar vermieden werden. Die deutschen Ab⸗