1894 / 92 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 19 Apr 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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rzog von Hessen, der Prinz von Wales, Seine Kaiserliche . der Großfürst⸗Thronfolger, sowie , . Coburg Fürstlichkeiten, die Mitglieder des Staats⸗Ministeriums und des Hofstaats sewie der preußische Gesandte von Derent— hall. Bei der Einfahrt des Zuges in den Bahnhof intonierte die Musikkapelle der Ehren⸗Kompagnie des 6. Thüringischen Infanterie⸗Regiments Nr. 95 die preußische Nationalhymne. Seine en, der Kaiser umarmten und küßten den Herzog von Sachsen⸗Coburg und Gotha und reichten den übrigen ö Herrschaften die Hand zum Gruß. Sodann schritten

eine Majestät mit dem Herzog und dem Gefolge die Ehrenkompagnie ab, worauf die Ehrenkompagnie vor Seiner Majestät im Parademarsch vorbeimarschierte. Seine Majestät begaben Sich hierauf, nachdem Allerhöchstdenselben in der Bahn⸗ hofshalle ein prachtvolles Bouquet überreicht worden war, mit dem Herzog zu Wagen unter Glockengeläut und Kanonen⸗ donner nach dem Schloß. Die Kriegervereine sowie die Schüler der Lehranstalten bildeten in den Straßen Spalier. Die nach Tausenden zählende, Kopf an Kopf. gedrängte Menschenmenge brachte dem Kaiser begeisterte Huldigungen dar. Im Schloßhof war ebenfalls eine Ehrenkompagnie auf— gestellt, deren Front Seine Majestät abschritten. Sodann be— gaben Sich Seine. Majestät nach Seinen Gemächern im Schloß, wo Allerhöchstdieselben von Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Herzogin und den übrigen Höchsten Damen empfangen wurden.

Ihre Majestät die . Friedrich, sowie

Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin

. von Preußen sind gestern um 1 Uhr 10 Minuten in oburg eingetroffen.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin empfingen, wie „W. T. B.“ meldet, in Venedig eine Be⸗ grüßungsdepesche von Seiner Majestät dem König von Italien. . Laufe des gestrigen Tages besichtigten Ihre Majestät wieder mehrere Sehenswürdigkeiten der Stadt. Mittags fand an Bord der Yacht n n n, Frühstückstafel statt, zu welcher Graf und Gräfin Morosinl Einladungen erhalten 966 Am Nachmittag begaben Sich Ihre Majestät zur

esichtigung der Glasfabriken nach Murano. Gegen Abend verließen Allerhöchstdieselben an Bord der „Christabel“ Venedig, und trafen heute Vormittag um 11 Uhr nach stür—

mmischer Fahrt wohlhehalten wieder in Abbazia ein.

Der Bundesrath trat heute zu einer Plenarsitzung zu— ammen. Vorher war der Ausschuß für Handel und Verkehr versammelt.

Der Staats⸗ und Justiz-Minister Dr. von Schelling feierte heute seinen 76. Geburtstag. Aus, diesem Anlaß überreichte im Auftrage Seiner Majestät des Kaisers und Königs der Chef des Zivilkabinets Dr. von Lucanus als Allerhöchsten Gnadenbeweis dem Minister das Bild des Kaisers in der Uniform des Regiments der Gardes du Corps, den bekannten Stich nach Lenbach, mit der Allerhöchst⸗ eigenhändigen Unterschrift Seiner Majestät. Die Universität Berlin ernannte den Jubilar zum Ehrendoktor beider Rechte und hatte den Wirklichen Geheimen. Ober⸗-Justiz— Rath Dr. von Gneist, mit, der. Aushändigung des Diploms betraut. Die Universität München sandte die Er⸗ neuerung des philosophischen Doktordiploms, das der Minister vor annähernd 50 Jahren erworben. Der Neichskanzler Graf von Caprivi, der 6. des Staats⸗Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg, die Staats⸗ Minister Dr. Bosse und Bronsart von Schellendorff, sowie der Ober⸗Hofmarschall Graf Eulenburg statteten persönlich Glück— wünsche ab, ebenso der badische Gesandte Br. von Jagemann. Die Gemahlin des Vize-Präsidenten des Staats⸗Ministeriums, Staatssekretärs von Boetticher über⸗ brachte kostbare Blumen. Für das Reichs ⸗Justiz⸗ amt erschien Staatssekretär Nieberding, für das Kammer— gericht Präsident Drenkmann und Ober ⸗Staatsanwalt eh er. Der bayerische Minister-⸗Präsident Freiherr von Crailsheim, der badische Minister von Brauer und viele andere sandten telegraphische Glückwünsche. Das Musikkorps des 3. Garde⸗Regiments zu Fuß brachte dem Jubilar ein Ständchen.

Der Kaufmann Arnold Otto Meyer sen. zu Ham— burg ist wegen geschäftlicher Behinderung auf seinen Wunsch aus der Silberkommission ausgeschieden. An seiner Stelle ist der Direktor der Hamburger Niederlassung der Hongkong and Shanghai Banking Corporation Julius Brüssel in die Kommission berufen worden.

In der Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des Reichs⸗ und Staats⸗NAnzeigers“ wird ein Verzeichniß der Gewerbe⸗Aufsichtsbeamten nach der nunmehr erfolgten Durchführung der Neuregelung des preußischen Gewerbe— aufsichtsdienstes veröffentlicht.

Der Königlich sächsische Gesandte am hiesigen Aller— höchsten Hofe 9864 von Hohenthal und Bergen ist von kurzem Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich württem⸗ bergische außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister, Geheime Legations-Rath Freiherr von Varn— büler ist hier angekommen.

Wiesbaden, 18. April. In der heutigen zweiten Sitzung des Kommunal⸗Landtags wurden nach einigen geschäft⸗ lichen Mittheilungen des Voͤrsitzenden die Mitgließer der ge— bildeten Kommissionen (Nechnungsprüfungs⸗Kommission, Finanz⸗ Kommission, Wegebau⸗Kommission, Ein aben⸗Kommission, Kom⸗ mission für den Entwurf, betreffend die Kleinbahnen) durch . gewählt und die Eingänge den Kommissionen zugetheilt.

emnächst erfolgte die Prüfung der Wahlen der neugewählten

Abgeordneten. Diese wurden für gültig erklärt.

Die nächste Sitzung findet am Freitag statt. Auf der Tagesordnung steht die Beschlußfassung über einzelne Spezial⸗ Etats des Bezirksverbandes und die Wahl der drei Landes— bankbeiräthe.

Bayern.

Die Kammer der Abgeordneten setzte gestern die Berathung des Justiz-Etats fort. Der Justiz-Minister Freiherr von Leonrod verwahrte sich dagegen, daß in dem Falle Thüngen Willkür oder Uebergriffe außerbayerischer Be⸗ hörden vorlägen. Die Frage der örtlichen Zuständigkeit werde ausschließlich von den Gerichten geprüft. Hierüber beständen für Bayern keine Ausnghmebestimmungen, sondern nur die Einrichtung, daß, wenn Preßvergehen in Bayern abzuurtheilen seien, das Schwurgericht zuständig sei; dagegen habe eine in Bayern wohnende Person, die außerhalb Baherns ein Preß⸗ vergehen verübt habe, keinen Anspruch auf Aburtheilung durch ein Schwurgericht. Die Berliner Gerichte nähmen an, daß im Falle Thüngen ein Preßvergehen in Berlin durch die Zeitung „Volk“ begangen worden sei, woraus der Reichskanzler Graf Caprivi die erste Kenntniß von Thüngen's Erklärung erhalten habe. Als Abdruck sei die Erklärung nicht gekennzeichnet gewesen. Der Minister sagte auf Anregung des Ab. Ratzinger zu, die Tagebücher über Wechsel in den Hypothekenbüchern bei sämmtlichen Gerichten einzuführen. Der Abg. Günther bedauerte, daß ein Kavalier wie Herr von Thüngen den Grafen Caprivi, der allerseits Hochachtung verdiene, in 3 Weise angegriffen habe, bezeichnete aber das Verfahren der preußischen Gerichte als bedenklich. Der Abg. Kuby trat für das pfälzische Notariat ein; der Abg. Wagner wünschte wenigstens theilweise Revision des Notariatsgesetzes und stimmte in Betreff des Falles Thüngen dem Minister zu, daß eine Einmischung der bayerischen Regierung unbedingt ausgeschlossen sei. Besser würde es gewesen sein, der Strafantrag wäre unterblieben. Der Justiz-Minister Freiherr von Leonrod hielt das Notariat für ein verdienstvolles Institut, wonach man sich nach der Auf— hebung zurücksehnen werde; Franken und die Pfalz besonders wollten es nicht missen. Der Abg. Beckh (kons.) sagte, das Vorgehen des preußischen Staatsanwalts im Falle Thüngen habe das Rechtsgefühl verletzt; das bayerische Ministerium sollte mit dem preußischen in Benehmen treten. Der Justiz— Minister Freiherr von Leonrod erwiderte, im Interesse der Unabhängigkeit der Richter werde auch das preußische Ministerium nicht eingreifen.

Sachsen⸗A Altenburg.

Seine Durchlaucht der Prinz Ernst hat im „Amtsblatt“ folgende Danksagung erlassen:

„Die Beweise aufrichtiger Theilnahme, welche mir nach meinem Unglücksfall und während meines Krankenlagers in so reichem Maße zu theil geworden sind, haben mich von Herzen erfreut und dazu bei⸗ getragen, mir diese schwere Zeit zu erleichtern. Da mit Gottes Hilfe meine Genesung in gewünschter Weise fortschreitet, und ich auch nach meiner Wiederherstellung nicht jedem Einzelnen werde danken können, so drängt es mich, auf diesem Wege für die mir bethätigten freund— lichen Gesinnungen meinen wärmsten Dank auszusprechen.“

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.

Gestern Abend 8 Uhr fand im Residenzschlosse in Coburg ein Familiendiner stait; um R, Uhr zog der von Krieger⸗ Turner⸗, Bürger⸗ und Gewerkvereinen gebildete Fackelzug auf, woran sich eine Serenade im Schloßhof anschloß. Später folgte im Riesensaale des Schlosses eine Soire. Am Nachmittag hatte Ihre Majestät die Königin von Großbritannien und Irland eine Deputation von Offizieren des J. Garde— Dragoner⸗Regiments „Königin von Großbritannien und Irland“ empfangen.

Die „Coburger Zeitung“ veröffentlicht einen Amnestie— Erlaß für diejenigen, welche wegen Majestätsbeleidigung, Widerstands gegen die Staatsgewalt und geringerer Vergehen verurtheilt worden sind.

Oefterreich⸗ Ungarn.

Der Kaiser empfing, wie „W. T. B.“ meldet, gestern den bisherigen deutschen Botschafter Prinzen Reuß in . Abschiedsaudienz und nahm dessen Abberufungsschreiben entgegen.

Der Prinz Ferdinand von Sachsen-Coburg ist am Dienstag Abend von München in Wien eingetroffen.

Das österreichische Abgeordnetenhaus beschloß in seiner gestrigen Sitzung mit 104 gegen 53 Stimmen, in die Spezialdebatte des Gesetzentwurfs Über die Anmeldepflicht für den Landsturm einzutreten, nachdem der Tandes— vertheidigungs-Minister Graf Welsersheimb die erhobenen Einwände widerlegt und die Nothwendigkeit des Gesetz⸗ entwurfs nachgewiesen hatte. Der Minister hatte hierbei hervorgehoben, daß Oesterreich in Bezug auf die Ent—⸗ wickelung der Wehrkraft nicht an der Spitze stehe, sondern nothgedrungen der überall in Europg sich äußernden Bewegung folge. Der Verlauf der hierauf folgenden Debatte gestaltete sich stürmisch. Der Abg. Lueger warf der Armee— . vor, sie zwinge die Offiziere zum Duell; wer aber zum Duell herausfordere, sei ein gemeiner nichtsnutziger

erbrecher. (Beifall auf der Galerie.) Der Vorsitzende er⸗ theilte dem Redner einen Ordnungsruf. Der Abgeordnete Menger zog sich später eine Rüge des Vorsitzenden zu wegen seines ö „Feiger Geselle“, obwohl, wie der Vorsitzende hinzufügte, die Erregung Menger's he⸗ greiflich sei. Scharfe Zurückweisungen seltens mehrerer Ab⸗ geordneten erfuhr ein weiterer Angriff des Abg. Lueg er gegen den Korps⸗Kommandanten Freiherrn von Schönfeld, der an einem Bankett von „Großkapitalisten und deren Knechten“ en , nr habe. Lueger schloß unter stürmischem Widerspruch des Hauses: „Unter solchen Verhältnissen sei die Armee keine österreichische mehr, sondern eine Rothschild⸗Armee“. Der Landesvertheidigungs⸗Minister Graf Welfersheimb wandte sich gegen die Ausführungen des Abg. Lueger und erklärte, er wolle sich in eine Erörterung über den politischen Cbarakter der Versammlung nicht einlassen; er sei der An⸗ sicht, daß der kommandierende General in Wien unbedenk— lich auf einem Fest habe erscheinen können, bei dem das Haupt der Reichshauptstadt gefeiert worden sei. Wenn der General einen Anlaß benutzt habe, um einen Toast warm zu erwidern, so könne man sich im Interesse des guten Einvernehmens der Bürger von Wien mit der Armee nur damit zufrieden geben. Der Minister fuhr sodann unter dem lebhaften Beifall des Hauses fort: Die Armee nehme keine politische Parteistellung ein, sie sei nicht liberal, nicht

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konservativ, nicht radikal und nicht national, sie sei Haijserlig

Dieser Begriff bedeute den gleichen Schutz fur die Intere

aller Völker und Klassen. Diesen Schutz hochzuhalten, sei ö. ehrenvolle Aufgabe der Armee, die sie ere zu erfüllen bereit sei. Es sei für keinen Militär wün chenswerth, in inneren Streitigkeiten Lorbeeren zu erwerben. Die . der Hut seien mannigfaltige, nicht zu lösen durch Wa engewal Blut und Eisen. Die Armee wünsche diese Lösung nicht Die Frage werde aber auch nicht gelöst durch Schlagworh Man könne die Massen durch Schlagworte leicht zu Gewalt thaten bringen, die wieder gewaltthätigen Widerstand er⸗ zeugten. Es könne zu Kämpfen kommen, deren Ausgang nicht absehbar sei. Solche Aktion könne nur unsägliches Elend über die Bevölkerung bringen. Geschaffen werde hierdurch nichts, schaffen könne man nur durch rationelle Arbeit und dur eine gerechte Verständigung über die Interessen. Diese Arbelt zu schützen, sei die Aufgabe der Armee unter Befehl ihres Allerhöchsten Kriegsherrn, der das wolle. Diese Aufgabe werde die Armee als ihre Pflicht zu erfüllen jederzeit bereit sein.

In der gestrigen Abendsitzung des Preß ausschusseg des Abgeordnetenhauses erklärte, wie verlautet, der Justiz⸗Minister Graf Schoenborn, der Erlaß über die Be kanntgabe konfiszierter Artikel enthalte keinerlei Verschärfunz der bereits bestehenden Vorschriften, sondern bezwecke nur, di Praxis durch ein geregeltes Verfahren in ein festes Geleise zu bringen. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Angabe von Gründen einer Konfiskation bestehe nicht, doch entspreche solche Angabe der Billigkeit und Zweckmäßigkeit. Die Bezeichnung des ganzen konfit⸗ zierten Artikels sei der Angabe einzelner Stellen vorzuziehen, welch letzteres oft schwierig sei. Man möge den Erlaß nicht mit Mißtrauen aufnehmen und nicht Dinge hineinlegen, die er nicht enthalte. Auf die Bemerkung des Obmanns des Aut= schusses Kopp, es sei wünschenswerth, die Angelegenheit au legislativem Wege zu regeln, erklärte der Justiz⸗Ministe, Graf Schönborn die Beschlußfassung hierüber stehe bevor die Regierung werde vielleicht schon in 14 Tagen die er) forderlichen Auskünfte ertheilen können, sobald der Minister— rath diese festgestellt habe. Der Minister erklärte sich mit dem Prinzip des Antrags Pacak, wonach die Gründe der Konfiskation angegeben werden sollen, einverstanden, jedoch nicht mit der Form des Antrags, weil diese zu allgemein sei. Der Minister fügte hinzu, er behalte sich vor, im Laufe der, Debatte zu dem Vorschlag Pacak's konkrete Anträge zu stellen. Der Abg. Rutows ki begrüßte die Erklärung det Ministers, an einer gesetzlichen Regelung der Frage mitarbeiten zu wollen. Nach längerer Debatke würde die Berathung ah— gebrochen.

Die Stadtverordneten-Versammlung von Prag he— schäftigte sich gestern in längerer, theilweise tumultuarischer Sitzung mit der Frage der Straßentafeln und beschloß mit allen gegen eine Stimme, daß jede Straßenbezeichnung in Prag alz Eigenname zu betrachten und als solcher in fremde Sprachen nicht zu übersetzen sei. Die Straßentafeln sollen auf rothem k mit weißen Lettern und blauem Rande hergessell werden.

Das ungarische Unterhaus hat gestern in dritter Lesung den Ehegesetzent wurf mit überwiegender Majorität angenommen. Auf eine Interpellation des Abg. Endrey antwortend, schilderte der Minister des Innern Hieronymi den Verlauf der Straßenexcesse in Pest im Laufe der Osterwoche und erklärte, die Polizei sei durch das ge⸗ waltthätige Auftreten der Studenten und die Auf— schreitungen des Pöbels zu energischem Vorgehen ge⸗ zwungen worden, sie habe sich aber keinerlei Brutalikät zu Schulden kommen lassen und habe auch keine provokato— rische Haltung bekundet; auch das zu Hilfe gerufene Militär sei nicht willkürlich vorgegangen. Er, der Mnnister, selbst sei es gewesen, der verhindert habe, daß das mit Steinen be— worfene Militär von der Schußwaffe Gebrauch gemacht habe, und der die Heranziehung größerer Kavalleriemassen verlangt habe, um Blutvergießen zu vermeiden. Das Haus nahm de Antwort zur Kenntniß.

Großbritannien und Irland.

Im Unterhause beantragte gestern, wie „W. T. . berichtet, der Parnellit Nolan die zweite Lesung der Bill, die das sogenannte Zwangsgesetz für Irland aufhebt. Der Antrag wurde mit 254 gegen 194 Stimmen angenommen. Von Seiten der Regierung wurde die Bill unterstützt.

Frankreich.

Der Ministerrath hat nach einem Telegramm der Magdb. Ztg.“ beschlossen, vertrauliche Verhandlungen mit der chweiz wegen Beendigung des französisch-schweizerischen Zollkrieges einzuleiten. Sechzehn Bischöfe haben neuerdings einen gemeinsamen Brief an den , ,. Spuller gerichtet, worin sie egen die Beaufsichtigung der Kirchenfabriken durch die Pri— irn Verwahrung einlegen.

Italien. Wie die römischen n von gestern melden, hat die Fünfzehner-Kommisfion der Deputirtenkammer der Vorlage des Finanz⸗Ministers Sonnino über den Noten⸗ umlauf mit geringen Abaͤnderungen zugestimmt. Die Kom— mission wird am 20. April zur Verlefung des Berichts Vacchelli's über diesen Gegenstand nochmals zusammentreten. Der Bericht wird am 21. April der Kammer vorgelegt werden. Die spanischen Pilger wohnten, nach einem Zeriht des „W. T. B.“, gestern der vom Papst in der St. Peters⸗ kirche zelebrierten Messe bei. Nach deren Beendigung verlas der Erzbischof von Sevilla eine Adreffe. Der Pa pst beant⸗ wortete diese, indem er eine Rede in spanischer Sprache erlesen ließ Darin wird dem spanischen Pilgerzuge unter allen Kund gebungen anläßlich des päpstlichen Jubiläums der erste laß eingeräumt. Die Rede bespricht ferner die katholischen. . ditionen Spaniens und empfiehlt diesem Lande uibeding Rückkehr zu den praktischen Prinzipien der Religion ö. Einigkeit, Eintracht und Unterwerfung unter die kon sitiiet / Gewalten. Die Rede schloß mit lebhaften Ausdrücken ö Lobes für Spanien. Der Papst ließ sich sodann in ö Sedia gestateria durch die Reihen der Pilger tragen, we i ihn mit begeisterten Zurufen begrüßten. Der Empfang 6. Pilger verlief in voller Srdnung? Pas Befinden des Papst ist ein vorzügliches. .

Spanien. ö e. Der Senats-Ausschuß zur Prüfung der Handelrh verträge nahm gestern Abend h rotest des fan , verbandes der Produzenten gegen den deutsch-spanischen Han vertrag entgegen. .

Schweiz. Die Volksabstimmung über das Initiativbegehren,

betreffend das Recht auf. Arbeit, ist vom Bundesrath

Sonntag, den 3. Juni, in Aussicht genommen worden, . r . . „Bund“ zufolge, hierüber noch kein definitiver

gichluß gefaßt. . 9 sch h fern der Tagung der eidgenössischen Räthe einigten sich die radikal⸗demokratische Lin ke und das Zentrum u einem gemeinsamen Vorgehen gegen die drei vorliegenden nitiativen. Ständerath Götti sh eim und Nationalrath

peiser setzten den Wortlaut der betreffenden Resolution folgendermaßen fest. .

Die radikal demokratische und die liber al⸗demokratische Gruppe der schweizerischen Bundes versammlung erklären gegenüber den Initiafip⸗ begehren betreffend: I Recht, auf Arbeit, R Krankenpftege und Tabackmon opel, 3) Abgabe eines Theils der Zolt— einnghmen an die Kantone, daß sie diese Begehren von der Band weisen müssen, aus folgenden Gründen: das erste Initiativbegehren, weil es mit den bestehenden Staats— ind Gesellschaftseinrichtungen unvereinbar sei; das zweite Initiativbegehren, weil es die vom Schweizervolk bereits beschlossene Durchführung der Kranken, und Unfallversicherung unmöglich 6 das dritte Initiativbegehren, weil es die Errungenschaften der Bundetverfassungen von 1848 und 1874 in Frage stellen und die finanzielle Selbständigkeit des Bundes derart gefährden würde, daß diefer den dringenden Aufgaben der Gegenwart nicht mehr nachkommen könnte“. Indem die erwähnten Gruppen, die im übrigen dahin streben werden, die Wohlthat der Kranken? bersicherung möglichst weiten Kreisen der Bevölkerung zukommen zu lassen, sich aus den angeführten Gründen venpflichtet erachten, alles ju thun, was in ihren Kräften steht, um die Initiativbegehren, so wie sie zur Zeit vorliegen, abzulehnen, glauben sie im Sinne der Mehrheit des Schweizervolks zu handeln, und rechnen auf die warme Unterstützung ihres Vorgehens seitens ihrer Mitbürger.“

Luxemburg.

Der Staats-Minister Eyschen hat auf Geheiß des Groß— herzogs im Amtsblatt, mitgetheilt, daß die Erbgroß— erzo gin einem freudigen Ereigniß entgegensehe. Das ker att verkündigt zugleich, daß der Bischof in allen Kirchen des Landes Gebete für die glückliche Entbindung an— geordnet habe.

Türkei.

Der Gouverneur von Skutari, der, wie, W. T. B.“ aus Cetinje erfährt, an der Grenze eingetroffen ist, hat die Untersuchung über die letzten albanesischen Grenz⸗ einfäl le aufgenommen und, um Ansammlungen von Albanesen ju verhindern, die strategisch wichtigen Punkte, wie Brücken und Défilss, militärisch besetzen lassen. Der montenegrinische Kommissär hat sich noch nicht an Ort und Stelle begeben.

Schweden und Norwegen.

Nach einer Meldung des ‚„W. T. B.“ aus Christiania sind zu Mitgliedern des Spezialausschusses für die Be— rathung des Konsulatsbudgets fünf radikale Mit— glieder des Storthings bezeichnet worden.

Dänemark.

Die Kommission des Folkethings für die Eisen— bahn vorlagen hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ gestern ihren Bericht erstattet, worin sie die Annahme der Negierungsvorlagen über umfassende Staatsbahnanlagen in Kopenhagen, eine Küstenbahn Kopenhagen Helsingör, eine , , er fun Malmö— Kopenhagen, sowie über die Konzessionen für verschiedene Privatbahnanlagen empfiehlt. Die Majorität der Kommission empfiehlt ferner, die auf 50 bis 30 Millionen veranschlagten staatlichen Ausgaben für diese . durch eine neuaufzunehmende Staats-Anleihe zu ecken.

Amerika.

In der gestrigen Versammlung der Kommission des G für die Frage der Münzaus— prägung theilte, diem „W. T. B.“ zufolge, der Deputirte Meyer mit, er werde am 7 Mai einen neuen Gesetzentwurf iber die Silberprägung und die Silberprägegebühr sowie über die Emission dreiprozentiger Bonds an Sielle vier- und fünf⸗ hoözentiger einbringen. Der Schatzsekretär Carlisle sprach line Zustimmung zu dem Entwurf aus. Die Silberleute sind der Ansicht, daß der Präsident Cleveland eine solche Bill ö würde.

Die nach Castillos an der Ostküstẽ von Uruguay gesandten Schiffe, welche die brasilianischen Flüchtlinge auf⸗ nehmen sollten, konnten nur go Mann fassen. Der Rest der 2000 Flüchtlinge wurde nach der Lazarethstation von Flores befördert.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der'Ersten Beilage.

W. Der heutigen 86. Sitzung des Reichstags wohnten die Staatsfekcetãre Dr. von Boetticher, Freiherr von Marschalt, Nieberding und Dr. Graf von Posa— dowgky bei.

. Cine Reihe von Petitionen werden als zur Erörterung im Plenum nicht geeignet erklärt. .

Zur dritten Berathung des Waarenzeichengesetzes haben die Abgg. Pr. Hammacher (nl), Schmidt⸗-Clberfeld (fr. Volker) Ihüller Harburg Cy) nd Bebel (Soz.) die Streichling des auf Antrag Roeren in zweiter Lesung be— Huff en § 15 6 der concurrence dèéloyale, es unlauteren Wettbewerbe im Waarenverkehr) beantragt.

Eine Generaldiskussion findet nicht statt.

In der Spezialdebatte wird nur der 8 156 erörtert.

Staat ä weit ö Dr. ein

Abg. Dr. Ham macher (nl): Eine weitere Diskussion kann zu nichts führen. Ich nehme nur Gelegenheit, dem Staatsfekretär für die Bereitwilligkeit zu danken, mit weicher er die Gesetzgebung des Reichs auf diefem Gebiet alsbald in Thätigkeit zu setzen ver⸗ sprochen hat. Die Beseitigung der vorhandenen Mißstände darf aber nicht durch strafrechtliche. sondern muß durch zivilrechtliche Be⸗ stimmungen zu erreichen gefucht werden.

Abg. Ja cobskötzter (dkonf. ): Bei der Zwangslage, in die wir versetzt werden, und im Vertrauen darauf, daß die egierung ihr heute gegebenes Versprechen einlösen wird, werden wir die Vorlage auch ohne 5 156 annehmen. ;

Abg. Hr. Boeckel (d. Refp.) bedauert ungemein, daß der erste Anlauf zu einem kräftigen Vorstoß gegen den Schwindel Waaren⸗ verkehr durch die ablehnende Haltung der Regierung wieder wirkungslos bleiben soll. In Bezug auf die Versprechungen der Regierung sei er nach den Vorgängen bei der Militärvorlage sehr mißtrauisch geworden und werde nicht eher an das jetzige Versprechen glauben, als bis er die Vorlage vor sich sehe. Der Antrag Roeren biete endlich eine Handhabe zur Bekämpfung der c heindelaug erfluje u. dergl. Da ziehe die Regierung ihre Hand zurück.

. Der Paragraph wird gestrichen; entsprechend wird auch die Ueberschrift geändert.

Im übrigen wird die Vorlage unverändert in ihren weiteren Bestimmungen und schließlich auch im ganzen an⸗ genommen.

Bei der Uebersicht der Ausgaben und Einnahmen des Reichs pro 1892,93 bemerkt der Abg. Gröber (Zentr.), daß es sich hier um 46 Millionen Etats— überschreitungen handelt, über deren Verbleiben man nur einen münd= lichen Bericht erhalten habe, der gestern in den Berathungen spurlos untergegangen sei. Ueber diese wichtigen Dinge bedürfe es' eines aus- führlichen schriftlichen Berichts; man möge daher die Vorlage absetzen und guf die Sache in der nächsten Session zurückkommen.

Abg. Dr. Paasche (nl.) als Referent der Rechnungskommission für die Vorlage in zweiter Lesung bemerkt, daß er gestern, als er den ausführlichen Bericht erstatten wollte, von allen ' Seiten durch Zurufe aufgefordert worden fei, auf das Wort zu verzichten und dies auch gethan habe. Die Kommission sei zweimal beschlußunfähig, erst beim dritten Mal beschlußfähig gewesen. Im einzelnen führt. Redner aus, daß die 10 Millionen Ueberschreitungen sich bei näherem Zusehen auf 19 Millionen reduzieren, da der Restbetrag das Plus an Ueberweisungen darstelle. Die Kommission habe aber auch ihrerseits lebhaft bedauert, daß fo flarke Ueberschreitungen vor⸗ gekommen sind; nachdem diese Summen aber einmal ausgegeben waren, konnte j nichts Anderes thun als die Genehmigung ertheilen und eine Resolution annehmen, welche Remedur fordert. Diese Resolution sei gestern auch bereits angenommen worden.

Staatssekretär Graf Pofadow sky bedauert, daß das Haus nicht schon früher in die Lage gekommen ist, über die Uebersicht zu berathen. Die Ueberschreitungen hätten sämmtlich auf unabweisbare Bedürfnisse hin erfolgen müffen. Abhilfe sei nur möglich, wenn jeder einzelne Etatstitel noch sorgfältiger als bisher geprüft werde; andererseits werde er sich ernstlich bemühen, in Zukunft solche hohen Ueberschreitungen nach Möglichkeit zu vermeiden.

Abg. Rintelen (Zentr.) hält nach diesen Ausführungen die Annahme des Antrags Gröber für um fo nothwendiger. Von einer mangelhaft besetzten Kommission sei die Sache behandelt worden und offenbar noch nicht spruchreif.

Abg. Rich ter (fr. Volksp.): Die Ankündigung des raschen Schlusses der Session hat auch die Rechnungskommission zu dieser überstürzten Arbeit veranlaßt. Was nüßt alle Etatsberathung, wenn man es nachher mit der Ueberschreitung fo leicht nimmt! Bisher habe die Rechnungskommission stets schriftlich über solche Fälle berichtet. Ausgeschlossen sei ja auch nicht, die Genehmigung zu versagen; aber auch, in den Fällen, wo dies nicht angezeigt sei, habe die schriftliche Berichterstattung ihre große Bedeutung für den Reichskanzler, wie für das Parlament. Wir haben hier nicht die Aufgabe, noch möglichst viel Journalnummern zu tödten, sondern wir haben nur noch zu er⸗ ledigen, was sachlich erledigt werden muß.

Abg. Dr. Schoenlank (Soz.). Den Vorsitzenden der Kom— mission trifft für die Ueberstürzung keine Schuld. Wir werden für den Antrag Gröber eintreten, da die Ueberschreitungen so unerhört groß sind, daß eine genaue Nachprüfung vorgenommen werden muß. Abg. Dr. von Frege (dkons.) erkennt ebenfalls an, daß die Höhe der Ueberschreitungen ungewöhnlich ist, und stimmt im Interesse einer sachlichen Prüfung der Zurückverweifung der Uebersicht an die Kom— mission zu. Die Ueberschreitungen stammen zum theil daher, daß zu hohe Einnahmeanschläge in den Etat gesetzt waren.

Staatssekretär Dr. Graf Pofadoõwsky: Den verbündeten Re— gierungen kann es nur erwünscht sein, wenn eine recht gründliche Prü⸗ fung erfolgt, und in der nächsten Session die Uebersicht eine ausführ⸗ liche Erörterung in aller Oeffentlichkeit erfährt.

Nachdem noch die Abgg. Dr. v. Bennigsen (nl. und Rickert (fr. Vg) sich zur Sache geäußert, wird der Antrag Gröber angenommen. ; ö

Der Nachtrags-Etat (10400 Sυ/, für drei ständige Mitglieder des Patentamts, welche wegen der dem Amt über⸗ tragenen Funktionen auf Grund des Waarenzeichengesetzes neu angestellt werden müssenz zum Etat für 1894595 wird definitiv ö ebenso die Vorlage, betreffend den Schutz der Brieftauben und den u Haube, nr im Kriege.

Es Folgt die dritte Berathung des Entwurfs eines Gesetzes wegen Abänderung des Gesetzes, betreffend die Erhebung von Reichsstempelabgaben, über die wir morgen ausführlich berichten werden. .

Das Haus der Abgeordneten ertheilte in seiner heutigen 53. Sitzung, welcher der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch und der Finanz⸗Minister Dr. Miquel mit Kommissarien beiwohnten, zunächst in Bezug auf die allgemeine Rechnung für 1896/91 der Regierung Entlastung und genehmigte nachträglich, vorbehaltlich der Rechnungslegung, die Etatsüberschreitungen und außeretatsmäßigen Ausgaben des Jahres 1892 bis 189535, nachdem bei dem letzteren Gegenstand der

Abg. Burghardt⸗Lauban (ul.) sein Bedauern darüber ausge⸗ sprochen hatte, daß der Kredit für die Beseitigung der Folgen der . von 18858 in Schlesien gelöscht sei, sodaß daraus keine Aufwendungen für Flußregulierungen mehr erfolgen könnten.

In zweiter Berathung gelangt ohne Debatte der Gesetz⸗ 56 wegen Deckung von Ausgaben (d. h. des Fehlbetrages von 25 290 907,84 MS) des Jahres 1892,93 zur Annahme.

Endlich wird bezüglich der Rechnungen der Kasse der Ober⸗Rechnungskammer für 1892/93 die Entlastung ausgesprochen.

Hierauf setzte das Haus die zweite rn. des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Auffuch u ng und Gewinnung der Kali⸗ und Magnesigasalze, fort und zwar bei dem Artikel IIl, nach welchem diese allein dem Staate zustehen soll.

Abg. von Schalscha (Zentr): Man spricht dieser Vorlage n, von . Id epck weil das Wort im Volke im Ver⸗ dacht einer gefährlichen Bedeutung steht. Aber da neben dem Staate auch Private Kali . da die Provinz Hannover , und da auch der Bezug von Kali von , . erken ge⸗ tattet ist, so 9 ö. e gh t . ö . . . Minister von o rach bei dem Hinweis auf die Zunahme der . ö dll dabei nur eine Verschiebung des Volks

vermögens stattgefunden habe. Wenn das Konsortium der Kaliwerke nach der Vorlage seine Machtstellung erhalten würde, dann würde auch eine Verschiebung eintreten können. Die Syndikate haben eine gewisse Berechtigung, aber doch auch manche Nachtheise, denn sie berücksichtigen immer nur die großen Abnehmer und vernachlässigen die kleinen. Kali und Kohle lassen sich aber gar nicht vergleichen, denn die letztere kommt überall vor, das erstere aber nur in Deutschland. AUußer— dem erfordert der Kalibergbau große technische Vorsichts⸗ maßregeln, die bei den Kohlenwerken nicht nothwendig sind. Ferner ist zwar Karnallit auf 2009 Jahre ausreichend vorhanden, aber Kainit ist nur für fuͤnfzig Jahre vorhanden. Es sei zu verwundern, daß die Begründung' der Vorlage davon keine Notiz genommen habe. Deshalb müsse man den Raubbau verhüten, denn ö. in der nächsten Zeit ein anderes Düngemittel gefunden werden sollte, könne man nicht annehmen. Die staatliche Aufsicht werde die Güte der Waare garantieren; denn daß die freie Konkurrenz die Güte der Waaren fördert, könne nicht anerkannt werden. Man scheine gegen das Gesetz eingenommen zu sein, weil eine Waare der Spekulation entzogen werden eie

Abg. Goth ein ffr. Vgg.): Die deutsche Industrie ist verdächtigt worden, daß sie unreelle Schundwaare liefere. Dagegen hätte auch der Minister für Handel und Gewerbe protestieren sollen. Wie sollen denn solche Verdachtigungen im Auslande wirken, wo die deutsche Industrie allgemeine Anerkennung gefunden hat? Die Gründe für die Vorlage sind durchaus nicht ö Man spricht davon, daß der Vorrath sich erschöpft. Aber allein die dem Fiskus gehörenden Felder reichen für 2000 Jahre aus. Die Privatwerke haben aber noch viel größere Vorräthe?! man Ffann auf einen Vorrath von 209 Milliarden Zentner rechnen, die für 4500. Jahre reichen. Aber für die verliehenen Felder hat das Gesetz keine Bedeutung; diese gewinnt es erst, wenn noch weitere unbe⸗ kannte Schätze in der Erde liegen. In den Motiven ist von einer Verwendung von 275 Doppelzentner Kali für das Hektar die Rede; aber nach dem Gutachten von landwirthschaftlichen Autoritäten kann man höchstens 15 Doppelzentner auf das Hektar rechnen, und Herr Schultz. Lupitz spricht nur von 7 Doppelzentnern. Also der Verbrauch ist nicht so groß, wie man ihn berechnet. Die Verwendung von Kainit wird bevorzugt, weil die Kalifabrikate zu, hoch im Preise sind und auch zu hohe Frachten zahlen müffen. Die , ist für den Kalibergbau nicht mehr so groß, da sich die Technik schon darauf eingerichtet hat. Man sollte den günstigen Zustand benutzen und noch recht viel der künst⸗ lichen Düngemittel exportieren. Unferer Landwirthschaft wird die amerikanische Landwirthschaft keine Konkurren; mehr machen können, wenn sie zur künstlichen Düngung übergehen muß. Wir können im Interesse der Landwirthschaft nicht für die Vorlage stimmen, denn wenn auch ein Staatsmonopol nicht ge— schaffen wird, so erhält das Syndikat doch die Macht, Monopospreise zu stellen, und zwar dauernd; denn es fehlt die Konkurrenz anderét Bezirke und des Auslandes wie z. B. beim Kohlensyndikat. Das Staßfurter Werk verzinst sich zu 153 ; da könnte wohl das Produkt etwas billiger abgegeben werden; dabei sind die Selbstkosten noch ungewöhnlich hoch, weil das Werk wegen des Syndikats seine Ein⸗ richtungen nicht, voll ausnutzen kann. Wenn der Ring durch das Gesetz gefestigt ist, dann ist alles möglich, auch daß nach dem Ausfande billiger verkauft wird als nach dem Inlande. Deshalb ist es be⸗ dauerlich, daß die Staatswerke dem Ringe beigetreten sind. Wenn auch die Regierung mäßigend gewirkt hat, so sind die Preise doch immer noch hoch genug. Um Spekulation handelt es sich nicht, sondern um die Bergbaufreiheit und wenn der Fiskus ohne das Gesetz kein neues Kaliwerk einrichten kann, dann muß er schließlich alle seine Bergwerke stillstellen, denn sie stehen alle unter dem freien Wettbewerb. Er⸗ ,. ist es, daß der Fiskus in Zukunft bie Konkurrenzbohrungen einstellen will. Wenn die Regierung ihre Schuldigkeit thut, dann wird es leicht sein, die Monopolpreise zu beseitigen.

Im weiteren Verlauf der Berathung, über die wir morgen berichten werden, wird bei Schluß des Blattes der Artikel III des Gesetzentwurfs mit 147 gegen 142 Stimmen . ebenso werden die übrigen Artikel und Anträge ver⸗ worfen.

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Knnst und Wissenschaft.

Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie trat gestern hier unter dem Vorsitz des Geheimen Medizinal. Raths, Professors Dr. von Esmarch (Kiel) zu ihrem 23. Kongreß zufammen. Die Be—= theiligung ist, wie der, Nat.⸗-Ztg.“ berichtet wird, wohl infolge des jüngst vorangegangenen internationalen Kongresses in Rom, wegen dessen auch der Chirurgen⸗Kongreß verschoben wurde nicht so zahl⸗ reich wie sonst. Professor von Esmarch eröffnete den Kongreß mit einer tief empfundenen Gedenkrede auf Billroth, den er als einen der größten Aerzte und Chirurgen aller Zeiten feierte, und in dem die Gesellschaft einen ihrer Stifter, ein Ebrenmitglied und einen Führer und Meister verloren habe. Mit besonderer Wärme gedachte der Redner der reformatorischen Thätigkeit Billroth's auf dem Gebiete der Kriegschirurgie und der freiwilligen Krankenpflege im Felde. Ferner widmete der Vorsitzende einen ehrenden Nachruf dem Straßburger Chirurgen Professor Lücke, der wie Billroth aus der Schule Langenbecks hervorgegangen, und dem Vize Präsidenten der Parifer Akademie der Medizin, Professor Léon Lefort, dessen Ernennung zum Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie in Aussicht genommen war. Nach Erledigung geschäftlicher Angelegenheiten empfahl der Geheime Medizinal Rath, Professor Dr. von Bergmann die Begründung einer eigenen Bibliothek der Gesellschaft, für welche bereits ein ansehnlicher Grundstock vorhanden fei, durch die Zu⸗ wendungen der Bibliothek von Langenbeck's, des General⸗Stabsarztes Pr. von Coler und des früheren Kultus⸗Ministers Dr. von Goßfer. Die Gesellschaft entsprach der Anregung und wählte eine Bibliotheks- kommission, bestehend aus den , , von Bergmann, Fischer und Dr. Güterbock. Die wissenschaftlichen Verhandlungen des Kon— resses eröffnete ein Vortrag von Professor Bruns⸗Tübingen über die Ausgänge der tuberkulösen Hüftgelenksentzündung bei konservativer Behandlung. .

Bei der zum zweiten Mal ausgeschriebenen Konkurrenz für das Kaiser Wilhelm⸗Denkmal in Stuttgart erhielten, wie das Stuttgarter Neue Tagblatt“ meldet, der Bildhauer Professor Ru em ann und der Architekt Professor Thiersch in München den ersten Preis.

Verkehrs Anstalten.

Brem en, 18. April. (W. T. B.), Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer Fulda“ hat am 16. April Abends die Reise von Gibraltar nach Genua fortgesetzt. Der Schnelldampfer Saale., ist am 16 April Abends auf der ⸗Wesern an⸗ gekommen. Der Postdampfer Graf Bismgrck ist am 15. April Vormittags von Santos nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer ‚Pfaljz“ hat am 16. April Vormittags anta Cruz passiert. Der ,,, Preuß en ist am 16. April Nachmittags in Su ez angekommen. Der Postdampfer Ohio hat am 16. April Ab nds Dover passiert. Der Postdampfer Wit te⸗ kind; hat am 18. April Abends Lizard passiert. Der . dampfer Roland“ hat am 17. April Nachmittags St. Catherines

Point passiert.

Theater und Musik.

Königliches Schauspielhaus. Shakespeare's Tragödie Hamlet“ ging gestern Abend neu einstudiert in Scene. Die Neueinstudierung bedeutete diesmal zugleich eine bemerkenswerthe Neuinscenierung. Viele Rollen waren mit neuen, jüngeren Kräften besetzt, während die Titelrolle wie seit fast

zwei Jahrzehnten in den Händen Lud wig's ruhte. Dieser Darsteller