1894 / 102 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 01 May 1894 18:00:01 GMT) scan diff

Mannigfaltiges.

Zur Besprechung der Frage, ob und auf welchem Wege die egg Jugend der Un verf ität Berlin an der Bewegung r Volks⸗ und 6 in erweitertem Sinne als bisher theilnehmen könne, fand im Abgeordnetenhause am ö auf Ein⸗ ladung des Abg. von Schenckendorff eine Berathung statt. An dieser nahmen theil Privatdozent Br. Reinhardt, Oberlehrer . die Schulräthe ern. Dr. Euler und Dr. Küppers, ige Studierende und Turnwart Schröer. Außerdem war der Abgeordnete von Bandelow erschienen, welcher bei der Berathung des Kultus Etats namens der konserhgtipen . deren volle Sympathie für die Pflege der Spiele im Freien kund gethan hatte. Der Vorsitzende heilte einleitend mit, daß der deutsche Jentral⸗Ausschuß beabsichtige, allmählich bei allen deutschen Uni⸗ versitäten und . besondere Kurse für diefe Spiele einzurichten, und daß im laufenden Jahre außer in Berlin auch ö. an einigen anderen Universitäten derartige Kurse aufgenommen werden sollen. Bei der Generaldebatte fand der Plan selbst uneingeschränkte Zu= stimmung. Man erkannte an, daß der heutigen studierenden Jugend ein erhöhtes Maß körperlicher Schulung und Tüchtigkeit nothwendig . damit sie ihren künftigen Berufs-, bürgerlichen und vaterländischen Aufgaben gerecht werden könne, und würde es auch lebhaft begrüßen, wenn die akademische Jugend sich mit an die Spitze einer Bewegung tellen würde, die nach übereinstimmendem Urtheil aller Ein⸗ chtigen von großem Segen für die gedeihliche Entwickelung des deutschen Volksstammes sein wird. Sodann trat man in die Be— sprechung der einzelnen Maßnahmen ein und stellte den Wortlaut eines kurz gefaßten Aufrufs an die studierende Jugend fest. Als Zeit des Kursus wurden die Tage vom 28. Mai bis zum 9. Juni Derart in Aussicht genommen, daß einen um den anderen Tag von 5 bis 8 Uhr Nachmittags in der Hasenhaide bezw. in Schönholz gespielt werde. Die Leitung des Kursus werden die Herren Privat— dozent Dr. Reinhardt und Oberlehrer Heinrich übernehmen. Als zu übende Spiele wurden die Laufspiele Schlagball, Barlauf Schleuderball und Fußball, die Ruhespiele Jagdball, Kreisball und Dritten ⸗Abschlagen, und die volksthümlichen Uebungen Diskus werfen, Gerwerfen und Steinstoßen gewählt. Der Zentral-Ausschuß wird sich nunmehr mit dem Rektor und dem Senat der Universität dahin gehend in nähere Verbindung setzen, daß die Vexöffentlichung des Aufrufs am Schwarzen Brett erfolge und eine Liste zur Ein⸗ zeichnung ausgelegt werde. Die zur Theil nahme Angemeldeten werden fodann am 36. Mai zu einer Versammlung einberufen werden, um fie mit dem Plan des Kursus im einzelnen bekannt zu machen.

Die Organisation der berufsgenossenschaftlichen Unfall!= sta tionen 9 Berlin für erste Hilfelelstung und klinische Behandlung wird demnächst ihren vorläufigen Abschluß finden, da Ende dieses Monats die Unfallstation Nr. III in der Nähe des Schlesischen Bahnhofs und die Unfallstation Nr. IV in Moabit ins Leben treten werden, nachdem bereits die Unfallstation Nr. J, Wilhelmstraße l0, und. die Unfallstation Nr. II, Prenzlauer Allee 36, seit Anfang d. J. ihre segensreiche Thätigkeit begonnen haben und jetzt schon in ihrer klinischen er, e mit je 30 Betten belegt sind. Sämmtliche Stadttheile haben damit ihre gleichmäßige Berücksichtigung gefunden. Inzwischen sind auch die Bekleidungindustrie · Berufsgenossenschaft und die Papier⸗ verarbeitungs⸗ sowie die Fuhrpwerkz⸗Berufsgenossenschaft dem Unter⸗ nehmen beigetreten, und der Zutritt einiger anderer Berufsgenossen⸗

schaften steht nahe bevor.

ie Gruppe XII „Musikalische Instrumente“ der Berliner . n 1896 hat sich jetzt ebenfalls konstituiert. Der Vorstand setzt sich aus drei Abtheilungen zusammen. Für die erste Abtheilung, welche aus den gesammten Tasteninstrumenten, mit Ausnahme der mechanisch in Bemegung zu setzenden, besteht, wurden gewählt:; Kommerzien Rath C. Bechstein zum Vorsitzenden und Kom⸗ merzien⸗ Rath J. L. Duysen zu dessen Stellvertreter; für die zweite Abtheilung, welche die gesammten mechanischen, automgtischen Musik⸗ werke, Geigen und Blasinstrumente umfaßt: Direktor F. Pietschmann, Vorsstzender, Fabrikant C. Moritz, Stellvertreter; für die dritte Ab- theilung, die Bestandtheil, Fabrikate umfassend: Herr F. Petermann, in Firma Ad. Lexow, Vorsitzender; Herr H. Buchholz, Klaviatur⸗ fabrikant, Stellvertreter.

Berliner Asylverein für Ohdachlose hat sich, wie in . im Rathhaus abgehaltenen Generalversammlung mit⸗ etheilt wurde, für den Neubau eines Aspls für Männer von den lädtischen Behörden ein Grundstück in der Wiesenstraße erbeten. Da

cht vom 1. Mai, Morgens.

* *

scheinlich.

welche , n. ir er e , s .. dürfte. In Ost⸗ un üddeutschland ist pielfach Regen ge⸗ ; e, 6 sporstellung. fallen. Fortdauer der kühlen Witterung wahr⸗ Orientreise. (ape lvorst' lung)

en zur unentgeltlichen Ueberweisung dieses Grundstücks geneigt sind, oft man 6 im nächften Jahr in voller Bauthäti * zu sein. Das Grundstück ift insofern für die Asylzwecke günstig ge= legen als es nac an einer Seite an bebaute Gebäude stößt, während es . der andern Seite von der Ring⸗ bahn, hinten von der Panke begrenzt ist. Nach dem vom Baumeister Tobelmann der Versammlung vorgelegten vorläufigsn Entwurf wird das neue Asyl, das für 600 Personen 3. bieten soll, im Baracken til mit zentraler Vorhallenanlage errichtet werden, Den hygienischen , foll im weitgehendsten Maße Rechnung getragen werden. Die 406 00 (6 betragenden Baukosten hofft man um theil aus dem Erlös für den Verkauf des jetzigen Asyls in der Büsching⸗ straße zu decken; außerdem ist bereits ein Fleiner Baufonds angesammelt, dem allein infolge eines kürzlich erlassenen Aufrufs über 30 009 M zugefloffen sind. Dem Bericht über das letzte Geschäftsjahr zufolge sind in den beiden Asylen des. Vereins im letzten Jahre 108206 Männer, 8217 Frauen, 4815 Mädchen, 688 Kinder und 99 Säuglinge aufgenommen worden. In den 26 Jahren seit der Begründung des Vereins hat derfelbe Tös7? 4s32 Personen Zuflucht gewährt. An Bädern wurden im Jahre 1893 im Männerasyl 39 449, im Frauenasyl 1010 verabreicht. Der Arbeits nachweis ist nur von 7806 Männern benutzt worden. Im neuen Jahre sind bis jzum gestrigen Tage 36689 Männer und 3045 Frauen aufgenommen, von denen 13 963 Männer und nur 218 Frauen gebadet haben. Die, Einnahmen des Jahres 1893 Peliefen sich auf S9 579, die Ausgaben auf 40 781 S6; im ersten Quartal bieses Jahres sind 22 974 6 vereinnahmt und 9093 M verausgabt. Ein Legat von 160090 6. ist noch zu erwarten; gegen ein weiteres Legat von S600 ist Einspruch erhoben; eine dritte Erbschaft hat zu einem langwierigen Prozeß geführt, desen Ausgang noch nicht ab⸗ zusehen ist. Zum Baufonds sind im ersten Vierteljahr 4796 und im April 6000 6. eingegangen. An. Vermögen besaß der Verein am JL. Ilpril d. J. 571 G26 S. Neu in den Vorstand trat an Stelle des Pr. Kalischer der Stadtverordnete Selle.

Bei der letzten Auffahrt des Ballons „Phönix“ am 25. April, die . n. mitgetheilt, bei Stettin beendigt wurde, waren nach einem Bericht der „Post? neben den üblichen Instrumenten, da es eine Vorbereitungsfahrt für die demnächstige Hochfahrt galt, noch einige befondere Apparate mitgeführt, Zwei Stahlbehälter mit je 500. reinem Sauerstoff, der, auf 120 Atmosphären komprimiert, durch ein Reduktionsventil mittels Schläuchen geathmet werden konnte, sollten erprobt werden. Ferner hing unter dem Korb des Ballons ein Apparat, der dauernd den Gang eines Thermometers auf eine Registrier⸗Trommel photographieren sollte. Letzterer Apparat soll demnächst mit einem Goldschlägerhaut⸗Ballon von 300 cbm Inhalt auf 15 000 m gehoben werden, um die Temperaturverhältnisse der Höhen, in die der Mensch nicht mehr vordringen kann, zu studieren, Da durch die große Zahl der Apparate sowie durch drei Personen der Ballon sehr schwer belastet werden. mußte, so waren der Leuchtgasfüllung 5690 ebm reines Wasserstoffgas beigemischt, um die erforderliche Hebekraft zu erhalten. Die Auf— fahrt erfolgte zwei Minuten vor 10 Uhr Vormittags, nachdem zwei Stunden vorher bereits eit Militärballon mit drel Offizieren seine Luftreise angetreten hatte. Der „Phönix“ stieg mit starkem Auftrieb in nur zwei Minuten auf 700 m Höhe und fand hier seine, erste Gleichgewichtslage; der Kurs betrug Nord 19 Grad zu West. Während Berlin überflogen wurde, bewirkte man eine Reihe photographischer Aufnahmen. Höher ansteigend schwenkte der Ballon mehr nach Nord und schließlich in 2000 m Höhe nach Nordost zu ab. Von dem stattlichen Ballastvorrath (bei der Abfahrt 715 kg Sand) wurde nun fortgesetzt hinabgeworfen und hierdurch der Ballon dauernd zum Steigen gezwungen. Bei Eberswalde wurden 3000 m, bei Anger münde 4006 m, bei Garz a. O. Ho00 m erreicht. Zwischen jeder Stufe wurde eine lange Pause eingelegt, um den Körper an die Luftverdünnung zu gewöhnen und eine Reihe sicherer Beobachtungen zu gewinnen. Von 4060 m Höhe an wurde zeitweise Sauer⸗ stoff geathmet und die ungemein erfrischende und belebende Wirkung dieses Gases auf, den Organismus wiederum fest⸗ gestellt. Die Temperaturdifferen; zwischen der Erde und 5060 m betrug 36 Gr. C.; indessen hatten die Luft⸗ schiffer wenig in der strahlenden Sonne von der Kälte (es waren —16 Gr. C.) zu leiden. Der „Phönix“ war mit einer durch⸗ schnittlichen Geschwindigkeit von nur 22 km, die Stunde immer mehr nach NS. drehend bis über die Oder zwischen Greiffenhagen und Stettin vorgedrungen. Da der Ballastvorrath erschöpft war, konnte die Höhe von 5006 m leider nicht überschritten werden.

Deutsche Seewarte. (Doppelvorstellung.)

St mlonen. Wind. Weiter.

Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp red. in Millim. Temperatur in O Celsius ho F. 2 40 R.

Belmullet .. Aberdeen .. Kopenhagen. Stockholm. ö ö St. Petersbg. Moskau... Cork, Queens⸗ town... Cherbourg. . der... 1 mburg .. Swinemünde Neufahrwasser Memel

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Karlsruhe .. Wiesbaden. HMünchen .. Chemnitz.. Berlin.... Wien....

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) Nachts Regen. 1. Seene,.

nebersicht der Witterung.

* Ei one niedrigen Luftdruckes erstreckt en. in. ö nach der Gegend des e. 6 i ö. az . e dg

vorherrschend ist, welche ; . 6 den Britischen Inseln frisch, im

i vorwiegend trübe, nur in den östlichen e ele dauert die milde Witterung noch fort,

Theater Anzeigen. Königliche Schanspiele. Mittwoch: Opern.

? aul Taglioni. ̃ . . e lf. Dirigent: Kapellmeister Sucher.

.

Schauspielhaus. 118. Vorstellung. Die Jour⸗ Lustspiel in 4 Aufzügen von Gustav Freytag. Regie: Herr Keßler. Anfang 74 Uhr. ; Donnerstag: jau wolkig staff. Lyrische Komödie in 3 Akten von bedeckt Verdi. Text von Arrigo Boito, deutsch von Max . 83. Kalbeck. Carneval. Ballet ⸗Burleske in 2 Auf⸗ zügen von Emil Graeb. Musik von Adolf Stein— bedeckt mann. Anfang 79 Uhr.

Senator. Anfang 74 Uhr.

K . . ) reitag: Der Herr . . Nachm. 25 Uhr? Zum 60 jährigen Künstler⸗Juläum und zum Vortheile von Louis Rühn: Prolog von Julius Stettenheim, gespr. von präß. 7 Uhr.

Adolph Ernst ˖ Theater. . . Eren, e ; . i en von und Verlage⸗ osef Kainz. Doktor Brandon Thomag. J Druck der Norddeutschen Buchdruckere

3 s. in 1 arodistische Pesse mit Geang yu von Franz

. ö. ö 4. . Vortrag von Der Luftdruck hat über Irland 775 mm über⸗ Klan. 7. Alt.

Ferliner Theater. Mittwoch: Aus eiguem dRöorh. In

entral⸗ Recht. Anfa Donnerstag,

europa schwach Abends 7 Ühr: König Lear. (Ludw. Barnay, Nanal steif auftritt. In Deutschland ist das Wetter . n 1 inn ä, Paul NRiolsct)

Freitag: 36. Abonnements⸗Vorstellung. Dora.

Vorstellung.

Tert, von Strauß. Regie: Herr Epstein.

In Scene gesetzt vom Ober⸗

28 in 3 Akten von Heniy Meilhac. Opernhaus. 112. Vorstellun , Ulcrahtet Anfang? hr.

3. den in der Versammlun gema ten Angaben die ftädtischen Be⸗ ör

Freitag: Die Kreuzelschreiber.

Friedrich Wilhelmstädtisches Theater. ö ee mene

ittwoch: Die Fledermaus. Komische Operette h iaweoki Barit). Die Afrit ĩ , Meilhae und Valepy, bearbeitet von Wit ldd. Szania wei Brit; nil , in Aktes Men ni. frikanerin. Carl Haffner und Rich. Gene. ö behalten ihre Gültigkeit. ö Ke FSeribeg Teutsch on . Gumert. Wallet pon Kapell meister Fehermäann. zin ang 77 ühr. ö

Donnerstag: Der Vogelhändler.

Residen · Theater. Direktion: Sigmund Lauten ˖ burg. Mittwoch: Dekorirt (Décore). Schwank

Donnerstag und folgende Tage: Dekorirt.

Regie: Emil Lessing. Anfang 79 Uhr. . usik von Anton ,,, ö.. folg. Tage: Zerstörtes Glück. Donnerstag, Nachmittags, zu halben Preisen:

In der Urania wird morgen Abend Herr Professor Dr. Müllen⸗ hoff noch einmal „Ueber die Lu . sprechen und am Sonn⸗ abend seinen Vortrag „Ueber den Flug des Menschen“ wiederholen.

Der Zirkus Renz hat gestern seine Pforten geschlossen und ist nach 6 übergesiedelt. Die Abschiedsvorstellung war noch stark besucht von allen den Freunden der Reitkunst, die der Gesellschaft ein Lebewohl auf. Wiedersehen! sagen und zugleich ihr noch einmal ihren Dank und ihre Anerkennung für die vorzüglichen Leistungen während des Winters bekunden wollten. Das Glanzstück des Winters Auf, auf zur fröhlichen Jagd“ konnte, da wohl ein großer Theil des todten und lebenden Inventars schon verpackt war, am letzten Abend nicht mehr gegeben werden. Die sonstigen Leistungen boten aber hierfür einen durchaus anerkennenswerthen Erfatz, voran Herr Direktor Fr. Renz, Herr E. Renz und Frau Renz⸗Stark, die . Torbeerkränze bezw. Bougquets geehrt wurden. Ein von dem Balletkorps ausgeführtes Tanzdivertissement hatte den Zweck, dem Ab⸗ schied von Berlin einen sinnigen Ausdruck zu geben, wobei der Di⸗ rektor mehrfach gerufen und mit sympathischen Kundgebungen bedacht wurde. Auch zum Schluß wiederholten sich diese Kundgebungen, die dem Direktor einen Beweis dafür gegeben haben werden, daß man seinem Wiederkommen gern entgegensieht.

Die Papageiensammlung des Zoologischen Gartens, welche schon unter Direktor Bodinus einen wohlverdienten Ruf genoß, ist durch die Fürsorge des jetzigen Leiters des Gartens zu einer der reich- haltigsten aller heutigen Thiergärten geworden. In dem linken Flügel der großen Vogelvolisre leben nicht wenige Arten, welche in den größten ornithologischen Sammlungen der Erde noch fehlen. Der⸗ artige seltene Vögel sind unter anderen die beiden Laufsittiche, welche jeßt, im schönsten Gefieder prangend, das Auge des Be⸗ schauers entzücken, der Einfarbsittich und der Ursasittich. Beide gehören zu denjenigen Sittichen, deren Schwanzfedern am Ende lanzettförmig zugespitzt sind. Sie verstehen sich auf ebener Erde sehr geschickt zu bewegen und durch das dichteste Gebüsch zu schlüpfen. Der Einfarbsittich ist ein Ziegensittich, so genannt wegen seines meckernden Rufs; sein Vaterland ist noch nicht bekannt. Der Uröasittich hat seine Heimath auf., den Loyalty -⸗Inseln, unweit von Neu⸗Kaledonien, und fällt durch seine spitze Haube auf. Beides sind muntere Thiere, welche sich gut acelimatisiert haben. Der Ursasittich wurde erst vor wenigen Jahren von Layard entdeckt, kam dann lebend nach Frankreich und neuerdings auch nach Deutschland und England; der Einfarbsittich ist hier zum ersten Mal in der Gefangenschaft aus= gestellt.

Wien 30. April. . W. T. B.“ meldet: Die Generalversamm⸗ lung des Donauvereins ernannte Seine Königliche Hoheit den Prinzen Ludwig von Bayern und den Fürst⸗Erzbischof Kohn zu Ehrenmitgliedern.

Prag, 1. Mai. Im Bezirk Korim ist laut Meldung des „W. T. B.“ ein heftiger Wolkenbruch mit Hagelschlag nieder- gegangen, wobei ein Haus weggeschwemmt wurde und viel Vieh er⸗ krank. Eine Person wurde vom Blitz getödtet. Der Schaden ist sehr beträchtlich. .

Graz, 30. April. Acht Mitglieder des Vereins für Höhlenerforschung wurden, wie W. T. B: meldet, bei der Untersuchung der Luelet⸗Höhlen bei Sonriach durch die im Innern der Höhlen fließenden Bäche, welche infolge der Regengüsse angeschwollen waren, von dem Ausgang abgeschnitten. Sie be⸗ finden sich bereits seit Sonnabend in den Höhlen. Zu ihrer Rettung hat man den Versuch gemacht, den Wasserzufluß abzulenken.

Pest, 1. Mai. Nach Meldung des W. T. B. aus Braila brach dort gestern während der Landung der Passagiere, welche am Morgen mit dem Lokalboot von Galatz ankamen, der von Ausflüglern überfüllte Land ungs steg zusammen. Nach den bisherigen Ermitte⸗ lungen der Donau⸗Dampfschiffahrts Gesellschaft in Braila sind sieben Perfonen ums Leben gekommen, sechzig konnten gerettet werden.

Athen, 1. Mai. Durch das Erdbeben vom letzten Freitag (vergl. Nr. 100 und 101 d. Bl) sind, wie W,. T. B.“ berichtet, noch einige weitere Ortschaften, namentlich in Livadia, zer⸗ stört worden. Die Stadt Atalanti ist von den Einwohnern ver⸗ lassen. Die Senkungen des Bodens an einzelnen Punkten der Küste

betragen 15 m.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

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Der Registrator auf Reisen.

; Ni ö um 2. Male. Cessing · Theater. Mittwoch: Niobe und Die W Wichtig: Emik Thomas.)

Donnerstag? Zum 3. Male. Der Registrator

Donnerstag: Niobe und Die Orientreise. auf Nieisen.

Konzerte.

Saal Fechstein. Mittwoch, Abends 8 Ubr: Konzert von Helene v. Hochedlinger (Klav.) und

Die bereits für den 27. April ausgegebenen Karten

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Margarethe Semper mit Hrn. J Baur (Altona). Frl. Margarethe Dudy mit Hrn. Lieut. Johannes Berger (Batow⸗= Berlin). Helene Gräfin von Lüttichau mit Herrn Pastor Oswald von Lieres und Wilkau 4. d. H. Wilkau (Niesky). Frl. Marie von Werder mit Hrn. Lieut. Carl Gieße (Baden⸗ Baden —St. Avold).

Regie: Richard

Direktion: Sigmund Lauten⸗ ; d K ,, 2. . . Glück. Vexehelicht: Hr. Hauptm. Friedrich von Mikusch⸗ Schauspielhaus. 119. Vorstellung. Faust von Schaustiel in 3 Lkten? von Paul A. Kirstein. erg im 6 fiholt . 9 Goethe. Der Tragödie erster Theil. at mn Geboren, Cine Tgchter; Hrn. Pastot Gotthz andlung gehörende adziwill und von Peter Joseph von

Buchberg mit Elsa Gräfin Ingenheim (Berlin).

Starke (Runowo, Provinz Posen . Qrn. Heino von Bischofshausen (BerlinJ). Hrn. Oberlehrer Dr. Pullig (Berlin).

Anfang 7 Uhr. ö Ein Liebesdrama in 3 Akten von Max . Wer, NRegierungs Rath r. Fornet e.

Hal Thenter. Mittwoch:; Der Herr

e, , . und Liebe. enator.

Nomeo und Julia. 5. Akt, Der Sohn der Wildniß. 2. Akt. farrer von Kirchfeld. Charte d Tante.

reg gh und Benno Jacobson.

7 Uhr. Hahn 9 Uhr: Der Hüttenbesitzer.

Theater Unter den Linden.

ariser Leben, Operette von J. Offenbach. 5 Farfarello, Ballet in 3 Bildern von

G. Poggiolesi. Musik von M. Dahms.

Scene gesetzt on A Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

Tochter Hildegard (Arnsberg). Hr. Eberhard . ele (Bandelin). Frau Major Lina Freifrau von Mülleuheim von Rechberg, verw. Julius Haniel, geb. Bocking (Straßburg i. E.). Hr. if th Ludwig Meyen (Berlin).

Mittwoch:

Anfang Redakteur: Dr. H. Klee, Direktor.

lin: ö Verlag der Expedition (Scholy.

Die Bajazzi.

W., traße Nr. 32. Akt von Ed. Anstalt, Berlin SM., Wilhelmstraß

Acht Beilagen Grnst. leinschließlich Börsen⸗Beilage),

vom 23. bis 28.

wie die Inhaltsangabe zu Nr. G des öffent. n . 6 ers (Aommanditgesellschaften auf

Bentral - Theater. Alte Jakobstrahe Nr. 3o. Aktien und Kktien e ,, ö 3 Wormh ! Mittwoch: Zweites Gastspiel von Emil Thomas. Ay 4.

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M G2.

Berlin, Dienstag, den J. Mai

1892.

BVreuszischer Landtag.

Haus der Abgeordneten. 60. Sitzung vom 30. April 1894.

In der fortgesetzten zweiten Berathung des Gesetzent— wurfs über die Landwirthschaftskamm ern und zwar der aus der Kommission ohne Beschlußfassung an das Plenum zurück⸗ gelangten SZS 6 bis 14, enthaltend die Bestimmungen über das Wahlrecht, mit dem dazu gestellten Antrag des Abg. Herold (Zentr.) (s. den Anfangsbericht in der Montags⸗Nummer d. Bl.) nimmt nach dem Abg. von Pappenheim (kons.) das Wort der

Abg. Freiherr von Zedlitz (fr. kons. : Die Zurückrvwerweisung an die Kommissien hat ihren Zweck, die Verständigung zu erleichtern, nicht erreicht. Aber eine Verständigung ist überhaupt schwer zu erreichen, wenn ein Theil des Hauses lediglich auf seinem Stand⸗ punkt beharrt. Weder der frühere Kommissionsbeschluß, noch der Antrag Herold bilden eine geeignete Grundlage für die weiteren Be⸗ schlüsse. Der Kommissionsbeschluß sichert nicht gegen eine einseitige Zusammensetzung der Landwirthschaftskammern dahin, daß der Groß⸗ grundbesitz entweder überwiegt oder ganz verdrängt wird. Der Antrag Herold verdient in dem Punkte den Vorzug, indem er die Möglichkeit schafft, die Einseitigkeit der Wahl auszuschließen. Aber die Drei⸗ theilung des Grundbesitzes wird, nachdem die ganz kleinen Grund— besitzer vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, in den meisten Landes— theilen nicht durchgeführt werden können. Ferner wird durch die Wahl von drei Mitgliedern für jeden Kreis die Landwirthschafts kammer zu einer ganz unförmlichen Körperschaft anschwellen. Der Schwer⸗ punkt wird also darin liegen, daß ein Mittel gefunden wird, ein ein⸗ seitiges Wahlergebniß zu korrigieren. Dazu gehört die Befugniß der Ober⸗Präsidenten, ein Viertel der Mitglieder der Landwirthschafts⸗ kammern zu ernennen. In den meisten Fällen wird kein Grund zur Anwendung diejer Befugniß vorliegen. Ein einheitliches Wahlsystem zu finden, welches für alle Landestheile paßt, wird nicht möglich sein. Erst wenn die ersten Ergebnisse der Wahlen vorliegen, dann wird es möglich sein, zu einer Revision des Wahlsystems zu kommen. Wir werden heute gegen den Antrag der Kommission und gegen den Antrag , stimmen und hoffen für die dritte Lesung eine Einigung zu erzielen.

Minister für Landwirthschaft ꝛc, von Heyden:

Meine Herren! Der kritische Moment, in dem sich augenblicklich die Verhandlungen befinden, ist auch in allen Stadien der Vorberei⸗ tung dieser Gesetzvorlage eingetreten. Jedesmal traten bei der Kon— struktion des Wahlverfahrens die in der Sache begründeten Schwierig— keiten zu Tage. Meine Herren, wer mit der Staatsregierung von der Nothwendigkeit, den landwirthschaftlichen Berufsstand zu organisieren, überzeugt ist, muß diese Schwierigkeiten überwinden und sich für ein Wahlsystem entscheiden. Der Gang der Verhandlungen hat mir, glaube ich, Recht gegeben, daß, wie ich bei der ersten Lesung hier ausführte, nach der Konstruktion der Regierungsvorlage das Wahlverfahren zwar kompliziert und schwerfällig erscheint, aber bei näherer Prüfung und Erwägung für alle Verhältnisse passend und einfach ist. Alle bisher vorgeschlagenen anderweiten Konstruktionen, die man an die Stelle hat setzen wollen, sind komplizierter, und das—⸗ jenige, was man an der Regierungsvorlage aussetzt, wird durch die übrigen Vorschläge nur zum theil gemildert. Dafür treten aber andere Inkongruenzen in den Vordergrund. Deshalb haben die Vor— schläge Ihrer Kommission sich auch im wesentlichen auf den Boden der Regierungsvorlage gestellt und diese eigentlich nur in einem Punkt abgeändert.

Meine Herren, die Regierung war bei Ihrer Vorlage vor die schwierige Aufgabe gestellt, einmal die Pächter zu berücksichtigen, als wichtigen Theil des landwirthschaftlichen Berufsstandes, sodann aber auch das verschiedene Schwergewicht der einzelnen Besitzer nicht außer Acht zu lassen. Nach dem Gang der Verhandlungen kann ich konstatieren, daß die große Zahl der Mitglieder dieses hohen Hauses darüber einig ist, daß die zu schaffende Organisation nicht auf direkten, sondern auf indirekten Wahlen aufzubauen ist; wenigstens nach den bisherigen Aeußerungen hege ich in dieser Beziehung keine Zweifel, und kann es unterlassen, die für die indirekte Wahl sprechenden Gründe ausführlich zu erörtern. Es handelt sich nunmehr um die beste und einfachste Konstruktion des indirekten Wahlrechts. Der Abg. Herold glaubt, daß seine Drei⸗Klasseneintheilung das ein— fachste Verfahren sei. In gewissem Sinne ist das zu⸗ zugeben, aber doch nur solange, wie man keinerlei Beschränkung in der Anzahl der Mitglieder der Landwirthschaftskammern eintreten läßt. Sobald Sie aber die nothwendige Beschränkung auf eine mäßige und mit dem praktischen Bedürfnisse vereinbare Mit— gliederzahl eintreten lassen, wird das Herold'sche Wahlsystem so kom⸗ pliziert, daß es unausführbar ist.

Der Herr Abg. Herold kommt zu seinem Wahlsystem hauptsäch⸗ lich um deswillen, weil er die Interessen des kleineren Grundbesitzes mehr wahren will, als wie sie in seinen Augen durch die Vorlage der Regierung gewahrt werden. Meine Herren, es ist ja möglich, daß nach der Vorlage der Regierung in einzelnen Landestheilen der Großgrundbesitz in der Landwirthschaftskammer vorherrscht, in anderen der Klein— grundbesitz. Das entspricht dann aber den wirthschaftlichen Verhält⸗ nissen dieser Landestheile und ist durchaus berechtigt bei Schaffung einer Interessenvertretung. Nirgends aber liegen die Verhältnisse so, daß der Großgrundbesitz allein ausschlaggebend wäre. Wir haben weite Distrikte auch im Osten, wo man nicht zweifelhaft ist, daß der kleinere Grundbesitz ebenso ausreichend vertreten sein wird wie der große Grundbesitz. Wenn der Herr Abg. Herold die Interessen des Kleingrundbesitzes durch seinen Antrag mehr zu wahren glaubt, als wie dies nach der Regierungsvorlage der Fall ist, so ist das meines Erachtens nicht richtig. Das Korrektiv für die etwa zu hoch ge— griffene MindestWahlberechtigungsgrenze der Regierungsvorlage haben Sie darin, daß nach dem Vorschlage der Regierung, der von Ihrer Kommission gebilligt wird, durch die Satzungen die Wahlberechtigung des Kleingrundbesitzes erweitert werden kann. Das ist derjenige Punkt, wo den Verhältnissen der einzelnen Landestheile Rechnung ge⸗ tragen werden soll.

Im übrigen verstößt die Konstruktion des Antrags Herold gegen den Grundgedanken der Vorlage, den auch Ihre Kommission gebilligt hat. Die Mitglieder der Landwirthschaftskammern sollen

nicht Vertreter einzelner Klassen oder Gruppen sein, sondern sie sollen Vertreter des gesammten Berufsstandes der Landwirthe sein (sehr richtig! rechts), und das erzielt die Regierungs vorlage: sie läßt die Mitglieder der Kammern wählen nicht von einzelnen Klassen der Landwirthe, sondern sie läßt die Mitglieder wählen von sämmtlichen Landwirthen, gleichviel, ob sie einen großen oder kleinen Besitz haben, und dadurch wird dem Wunsch des Herrn Abg. Herold meines Erachtens in höherem Grade Rechnung getragen, wie durch die von ihm vorgeschlagene Dreitheilung. Sie bringen durch dieses System einen Gegensatz in die Landwirthe hinein, der nicht vorhanden ist, und der dringend vermieden werden muß,

Nun hat der Abg. Freiherr von Zedlitz der Wahlrechts⸗-Kon— struktion des Kommissionsantrags vorgeworfen, daß durch dieselbe nicht die Gewähr geboten werde, daß sämmtliche Landwirthe aktiv an der Wahl theilnehmen können, sowie daß eine einseitige Zusammensetzung der Landwirthschaftskammern ausgeschlossen sei. Meine Herren, letzteres ist nach der Vorlage der Regierung nicht richtig, vielleicht nach den Abänderungen, die Ihre Kommission beliebt hat. Die Re—⸗ gierung konstruiert in ihrer Vorlage die Sache so: alle Landwirthe wählen, aber sie müssen wählen einen größeren Besitzer und einen kleineren Besitzer. Damit wäre dem Rechnung getragen, daß minde— stens beide Kategorien vertreten sein müßten, sie werden aber immer als Vertrauensmänner der gesammten Wählerschaft erscheinen. Also, dieser Vorwurf ist gegenüber der Regierungsvorlage nicht berechtigt, und ich möchte deshalb Ihnen empfehlen, in diesem Punkt die Stellung der Regierungsvorlage gegenüber der Kommissionsvorlage zu acceptieren.

Es sollen bei den Wahlsystemen der Regierung nicht alle Land— wirthe aktiv als Wähler betheiligt sein. Das ist in gewissem be— schränkten Umfange für die Gutsbezirke richtig; das muß und kann in den Kauf genommen werden, weil die Regierung gegenüber der herrschenden Wahlmündigkeit und dem großen Apparat, der für diese Wahlen unter allen Umständen erforderlich ist, entscheidend in die Wagschale legt den anderen Gesichtspunkt, das ganze Wahlverfahren so einfach zu konstruieren als möglich und zugleich die Pächter zu be— rücksichtigen. Sie mögen die Konstruktion des Herrn Abg. Herold wählen oder die des Herrn Abg. Freiherrn von Zedlitz oder irgend ein anderes Wahlsystem einführen die Regierungsvorlage bleibt die einfachste Lösung. Hier spielt sich der Wahlakt zur Wahl der Wahlmänner in jedem einzelnen Kommunalverband ab. Jeder einzelne Kommunalverband bekommt jährlich vom Katasteramt eine Liste zugefertigt, in der jeder Grundeigenthümer mit seinem Grundsteuerreinertrage verzeichnet ist. Diese Liste ist vorhanden, sie braucht gar nicht weiter umgeschrieben zu werden; es werden bloß die ganz kleinen Grundbesitzer, welche nach dem Gesetz resp. Statut nicht mehr die Bedeutung als selbständige Landwirthe haben resp. bei denen die Landwirthschaft in den Hintergrund tritt, welche sich als ländliche Arbeiter charakterisieren, welche ausscheiden nach dem System der Vorlage, die werden gestrichen, und die anderen sind die Wähler. Es vollzieht sich die Wahl in jedem einzelnen Orte, nachher wird die Liste zusammengestellt auf dem Landrathsamt, und die Wahlmänner treten alle 6 Jahre einmal zusammen. Etwas Einfacheres können Sie garnicht machen.

Der Haupteinwand, der uns gemacht worden ist, ist der, daß die Besitzer nur nach dem Grundsteuerreinertrage wählen follen. Meine Herren, es bekommt keiner ein größeres Wahlrecht, als ihm nach seiner Bedeutung als Grundbesitzer zukommt. Sie nennen dies absolut kapitalistisch‘ und sagen: es müssen die Personen berücksich⸗ tigt werden. Dem ist der Herr Abg. Freiherr von Zedlitz beigetreten. Die Personen, meine Herren, kommen zur Geltung als Wahl— kandidaten für die Landwirthschaftskammern; da wählen sämmt— liche Wähler die Person, die sich durch ihre Arbeit Geltung und Vertraun im Wahlkreise erworben hat. Ich meine, wenn man überhaupt eine Interessenvertretung haben will, kann man sie nicht theoretisch unanfechtbarer und einfacher kon—⸗ struieren, als die Kommissionsvorlage es thut. Die Versuche, zu einem anderen System zu gelangen, werden nach meiner Ueberzeugung scheitern. Wer überhaupt die Landwirthschaftskammern und durch sie eine Organisation der Landwirthschaft haben will, muß sich für die Kommissionsvorlage entscheiden.

Nun noch ein Wort zu dem Antrage des Herrn Abg. Gamp. Derselbe will die Bestimmungen der 55 9 bis 13 demnaͤchst abändern lassen durch die Satzungen. Meine Herren, darüber läßt sich ja sprechen. Ich habe gegen den Vorschlag für jetzt nur das Bedenken: Sie dürfen sich nicht verhehlen, daß Sie die Schwierig⸗ keiten, welche unsere jetzigen Verhandlungen ergeben haben, in jede einzelne Kammer verlegen; denn ganz dieselben Streitigkeiten und Differenzen, welche hier hervortreten, werden nachher in den einzelnen Kammern wieder hervortreten. Das ist in meinen Augen ein sehr erhebliches Bedenken.

Da der Antrag des Herrn Abg. von Kardorff auch von anderer Seite berührt worden ist, kann ich meine Stellung, die ich schon bei früheren Gelegenheiten ausgesprochen habe, hier wieder präzisieren. An sich ist es in den Augen der Regierung zweckmäßig, daß eine einseitige, nicht vollständige oder nicht ausreichende Zusammensetzung der Kammern ergänzt und in gewissem Sinne kor— rigiert werden kann durch ein Ernennungsrecht. Wenn dies allgemein eingeführt wird, so würde dies in meinen Augen keine Verschlechte⸗ rung der Vorlage sein. Ich habe bereits erwähnt, daß die Regierung einen derartigen Vorschlag nicht gemacht hat: weil sie glaubte von vornherein dadurch den Widerspruch des hohen Hauses hervorzurufen.

Zum Schluß muß ich mich noch gegen den Antrag des Herrn Abg. Grafen von Hoensbroech wenden. Der Herr Graf von Hoensbroech will eine Kategorie von Beamten des passiven Wahlrechts für die Landwirthschaft entkleiden. In der betreffenden Gesetzesstelle, die er angezogen hat, ist zwar die Rede von einer ganzen Reihe von Beamten. Es kann aber nicht zweifelhaft sein, daß er speziell die Landräthe ausscheiden will, so weit sie nicht Großgrundbesitzer sind. Ich halte das für einen Fehler.

Sie befürchten mit Unrecht, daß zu viel Landräthe in die Landwirth—

schaftskammern hineinkommen. Meine Herren, wenn die Landräthe die Vertrauensmänner ihrer Gegend sind, so lassen Sie auch ruhig den einen oder anderen Landrath in die Kammer hinein! Meine Herren, es hat bisher in meinem Ministerium bezüglich des Verkehrs mit den landwirthschaftlichen-Zentralvereinen die ich immer als die Vorgänger der Kammern betrachte und letztere als Fortsetzung der ersteren das Bestreben geherrscht, den Verkehr zwischen den Zentral- vereinen und meinem Ministerium direkt zu gestalten, auf die Mitarbeit der Ober⸗-Präsidenten und Regierungs⸗Präsidenten zu verzichten, und überhaupt die Beamten der allgemeinen Verwaltung nicht in un— mittelbare Verbindung mit der Arbeit der landwirthschaftlichen Vereine und der landwirthschaftlichen Verwaltung zu bringen. Meiner Ueberzeugung nach ist das kein Vorzug. Wir sehen in anderen Staaten Bayern und Sachsen, wo die Verwaltungsbeamten mit den Organisationen der Landwirthschaft Hand in Hand arbeiten, daß das zur Zufriedenheit geschieht. Die gemeinschaftliche Arbeit erweckt bei den Organen des Staats erhöhtes Interesse für die Aufgaben und Bedürfnisse der Landwirthschaft. Meine Herren, warum wollen wir das künstlich trennen, warum dahin wirken, daß diejenigen Leute, welche berufen sind, die Interessen des Bezirks, in dem sie arbeiten, wahrzunehmen, bei der in meinen Augen wichtigsten landwirthschaft⸗ lichen Angelegenheit nicht mitwirken sollen? Ich glaube, es ist un⸗ zweckmäßig, hier eine derartige Stellungnahme gegenüber denjenigen Beamten einzunehmen, welche nach unserer ganzen preußischen Ge⸗ schichte Hervorragendes bisher geleistet haben und auch in Zukunft leisten werden.

. Abg., vom Heede (nl): Die e nf. in der Kommission zu einer Einigung zu gelangen, ist gescheitert, weil die Konservativen absolut keine Konzessionen machen wollten. In Bezug auf das Wahl⸗ recht konnte man ja anderer Meinung sein, wenn die Landwirth⸗ schafts kammern nur fakultativ eingeführt worden wären. Aber nach⸗ dem die Eobligatorische Einführung der Landwirthschaftskammern be— schlossen ist, müssen wir nach Kautelen suchen, um nicht den kleinen Grundbesitz durch die Uebermacht des großen Besitzes benachtheiligen zu lassen. Die Konservativen haben nichts zum Schutz des kleinen Grundbesitzes gethan; denn indem sie demjenigen, der 5000 MS. Grundsteuerreinertrag hat, das hundertfache Stimmrecht dessen, der 560 6 hat, beilegten, haben . lediglich im Interesse des Groß⸗ grundbesitzes gehandelt. Da hätte doch wenigstens die Bestimmung der Vorlage aufrecht erhalten werden müssen, daß ein Großgrund⸗ besitzer und ein Kleinbesitzer gewählt werden müssen. Der größte Theil der Landwirthe wird vom Wahlrecht überhaupt ausgeschlossen. Durch die Satzung kann allerdings das Wahlrecht erweitert werden; aber glaubt man wirklich, daß die Vertreter des Großgrundbesitzes einer Ausdehnung des Wahlrechts nach unten zustimmen werben? Die Einführung von drei Wählerklassen wird ja mit manchen Schwierigkeiten verbunden sein. Es wird in manchen Gegenden die erste, in manchen die dritte vollständig fehlen. Aber das wird inner⸗ halb der Provinzen ausgeglichen werden. Daß die Gewaͤhlten sich als Vertreter ihrer Klasse; nicht der gesammten Landwirthschaft be⸗ trachten, würde nicht so sehr ins Gewicht fallen. Am besten wäre es aber, die Wahlen in den Kreistagen vorzunehmen. Man sollte sich damit begnügen, einige Normatipbestimmungen in das Gesetz aufzu⸗ nehmen und es den Landwirthschafts kammern überlassen, die pro⸗ . 2 6. Ke ff en, Die Schwierigkeiten, velche hier einer Regelung des Wahlrechts entgegenstehen, werde

dort gar nicht bemerklich machen. . 335

Abg. von Mendel Steinfels (kons.) hält den Antra erold für einen das Wahlverfahren komplizierenden und . er⸗ zeugenden, die nicht berechtigt seien. Die direkte Wahl wäre eine st unerwünschte Sache, und gerade der Bauer würde ein folches Wahl⸗ recht am meisten bedauern. Man kennt nicht immer gleich zwei Männer, fährt Redner fort, die für die Landwirthschafts kammern ge⸗ eignet sind. Bei direkten Wahlen würde man mit Zufälligkeitsergeb⸗ nissen zu rechnen haben. Die Konservativen haben nicht streng auf ihrem Standpunkt verharrt, sie haben Konzessionen gemacht zu Gunsten des kleinen Grundbesitzes. Die Bedenken gehen immer von solchen aus, die nicht selbst Landwirthe sind oder auf einem besonderen poli⸗= tischen Standpunkt stehen. Die Heranziehung der kleinsten Landwirthe zum Wahlrecht würde dieser Klasse bon Landwirthen felbst nicht an⸗ genehm sein; denn diese kleinsten Landwirthe, welche nebenbei noch Gewerbetreibende sind, haben an den großen landwirthschaftlichen Fragen gar kein Interesse. Die Wahlen durch die Kreistage voll., ziehen zu lassen, würde bedenklich sein. In diesen Korporationen sitzen Personen, die nicht Landwirthe sind und nicht das Vertrauen der Land⸗ wirthe haben. enn i wäre es, die definitive Regelung des Wahlrechts den einzelnen Provinzen zu überlassen.

Abg. Rickert (fr. Vg.) glaubt, daß die Diskussion zu einem ie n, nicht führen werde, und wird daher gegen alle Anträge

immen.

Abg. Freiherr von Erffg⸗Warnburg (kons.): Herr vom Heede hat in der Kommission anerkannt, daß wir dem Kleingrund esitz manche Konzessionen gemacht haben, und jetzt behauptet er, wir hätten nur für die großen Grundbesitzer gesorgt. Die Regierungs vorlage wollte nur die Hälfte der Wahlmänner dem Kleingrundbesitz an⸗ gehören lassen. Nach den Kommissionsvorschlägen können zwei ge—= wählt werden. Das entspricht der Thatsache, daß die Kleingrund⸗ besitzer eine größere Fläche vertreten, als die größeren. edner empfiehlt sodann die Annahme der Kommissionsbeschlüsse.

Abg. Pr, Sattler (ul) bleibt dabei, daß durch die Kom- missionsbeschlüsse der Großgrundbesitz bevorzugt und in gewissen Landes. theilen im stande sei, den Kleingrundhesitz vollständig zu verdrängen. Die Bauern und die kleinen Landwirthe hätten aber ebenfo diel Interesse an der Landwirthschaft, wie der Großgrundbesitzer, der vielleicht gar nichts von der Landwirthschaft rl r. und nur eine hohe Grundsteuer zahle. Die Konservatiben hätten die Gelegenheit zur Einigung nicht benutzt; es werde ihnen jetzt wohl der Beweis ge⸗ liefert werden müssen, daß für die Kommisssonsbeschlüsse keine Nie = heit zu finden sei, dann würden sie sich vielleicht zur Einigung ber⸗ stehen. Redner empfiehlt den Antrag, ein Ernennungsrecht einzuflihren, und hält es auch für zweckmäßig, die Landräthe von der Wählbarkeit auszuschließen.

Damit schließt die Debatte.

. Bei der Abstimmung werden sämmtliche Anträge, die Kommissionsbeschlüsse und die Regierungs vorlage abgelehnt und zwar der Antrag Hero . Stimmen des Zentrums, die Kommissionsbeschlüsse mit 1 gegen 144 Stimmen; die Minderheit bilden die Konservativen, die Polen und von dem Zentrum die Abgg. von Gliszczingki⸗ Costau, von Strombeck, Dr. Rintelen, von Kehler, 68 . von Los, Graf Hoensbroech und Prinz Arenberg. ̊.

Zu 6. liegt ein Antrag des Abg. Grafen von broech (Gentr! vor, wonach die Staatsbeamten (insbeson

Landraͤthe) nur dann wählbar sein sollen, wenn sie