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einer selbständigen Besteuerung' des Reichs kommen. Das waren die damaligen Ausführungen.
Nun meinte der Herr Abg. Rickert, daß ich die Matrikular⸗ umlagen für ein wenig bedeutsames konstitutionelles Recht des Reichs⸗ tags hielte, ihre Feststellung als eine Art kalkulatorischer Arbeit be⸗ zeichnete. Ja allerdings, im Jahre 1867 bin ich so weit noch nicht in Bezug auf die Kritik der Matrikularumlagen gegangen; man hatte eben die Erfahrungen noch nicht. Seit der Zeit liegt eine fast dreißigsährige Erfahrung hinter uns und da sind wir, ich selbst auch, im Reichstag darüber uns klar geworden, daß die Matrikularumlagen keineswegs ein bedeutsames konstitutionelles Recht sind. Meine Herren, wenn sie dies aber wären und soweit sie dies wären, soweit konserviert die Vorlage zur Reichsfinanzreform diese Matrikularumlage; beweglich bleiben sie auch in Zukunft, sie
sind nur in ein proportionelles Verhältniß zu den Ueberweisungen zu
stellen, bewilligt müssen sie auch jedes Jahr auf Grund stattgehabter
Kalkulationen werden. In der Beziehung ist garnichts geändert in
ihrem Wesen; die Matrikularumlagen bleiben nach dieser Finanzreform ganz im wesentlichen dasselbe, was sie bisher gewesen.
Aber aus der Aufrechterhaltung der Matrikularumlagen wird in dieser Finanzreform, wofür ja der Herr Abg. Rickert so ungeheuer schwärmt, die Beweglichkeit der Verbrauchsabgaben ganz ausdrücklich zugestanden. (Zuruf links: Die erst kommen) — Die noch in Zukunft kommen! — Das ist ein sehr erheblicher Fortschritt in Ihrem Sinne gegen das bestehende Verfassungsrecht. Hier wird also zum ersten Mal die Beweglichkeit der Verbrauchsabgaben bis zu einer gewissen Grenze ausdrücklich zugestanden; von einer Verminderung der konstitutionellen Rechte im Reichstag kann also nicht die Rede sein.
Nun gehe ich aber weiter. Konstitutionelle Foöormen — das wird mir der Herr Abg. Rickert sehr verübeln, was ich jetzt sage, das weiß ich im voraus — konstitutionelle Formen sind allerdings von großer Bedeutung; eine konstitutionelle Form der Bewilligung von Matrikular⸗ umlagen kann aber nicht aufkommen in ihrer Bedeutung gegen das Wohl und Wehe ganz Deutschlands und gegen die Nothwendigkeit einer festen Ordnung in dem gesammten deutschen Finanzwesen. Selbstzweck haben diese Formen nicht; sie müssen auch größeren nationalen An⸗ forderungen im Nothfall weichen. (Abg. Rickert: Im Nothfallh Gewiß, im Nothfall, und ich behaupte, wir sind im Nothfall. (Sehr richtig! rechts.)
Meine Herren, ich habe ausdrücklich ausgesprochen, jede Erweiterung der konstitutionellen Rechte auf dem Gebiet der Ausgaben⸗ und Einnahmen⸗ bewilligung im Reichstag wäre mir lieb. (Zuruf des Abg. Richter.) — wenn eine Mehrheit zu finden ist, gewiß! Aber, meine Herren, dann muß auch die organische Grundlage dafür vorhanden sein. Ich habe schon früher ausgesprochen — und ich bin sicher, daß ich in dieser Beziehung die Billigung der Herren von der Rechten nicht finde —, daß eine Quotisierung der Steuern mir nicht so bedenklich sein würde, wenn wir nur eine feste obligatorische Schuldentilgung hätten. Die ist für mich jedenfalls die Voraussetzung; sonst wird in guten Jahren heruntergesetzt und in schlechten Jahren sieht man von der Schuldentilgung ab, und wir kommen dann in diejenigen Finanzzustände, in denen wir jetzt sind.
Meine Herren, nun sagen die verschiedenen Redner: was wollt ihr denn? was will die preußische Regierung? was will der Landtag? — wir im Reichstag haben die Entscheidung und eure ganze Resolution wird ins Wasser fallen. Nun, wir haben schon große politische und finanzielle Fortschritte gemacht, die zehn Jahre hintereinander ins Wasser fielen, und das konstitutionelle Musterland England lehrt uns ja, wie man von dem ersten 6chec nicht zurückfallen muß; noth⸗
wendige und berechtigte Dinge drücken sich auch jedem Reichstag gegen⸗
über schließlich durch. Wenn der Reichstag in der nächsten Session diese Reform zurückweist, so ist damit die Sache nicht entschieden. Wenn diese Reform eine innere Nothwendigkeit ist in unseren deutschen Verhältnissen, so wird der Ruf jedes Jahr wieder kommen, und die öffentliche Meinung wird sich immer klarer werden, was ja namentlich in solchen schwierigen Finanzfragen nicht so leicht ist, und ich bin überzeugt, die Nothwendigkeit, das Bewußtsein der Nothwendigkeit wird schließlich die Mehrheit der ganzen Nation erobern. Deswegen, wenn wirklich die Herren Recht haben, daß der nächste Reichstag sich noch negativ verhalten werde, so wäre damit die Sache garnicht verloren und diese Debatte dennoch ebenso werthvoll. Aber wir wollen das abwarten, was der nächste Reichstag thun wird (sehr wahr! links); wir wollen das abwarten. Wie die Herren hier im Zentrum sich stellen, weiß ich nicht, Herr Dr. Bachem hat sich in dieser Beziehung nicht ganz klar ausgesprochen. Aber das hiesige Zentrum ist noch keineswegs das Zentrum im Reichstag, und wenn der Herr Abg. Rickert nationalliberale Stimmen aus Süddeutschland mir gegen⸗ übergestellt hat, so könnte ich ihm auch Zentrumsstimmen aus dem übrigen Deutschland ebenso gut entgegenstellen. Also diese sicheren Behauptungen: Taback wird nicht bewilligt, eine Reform giebt es nicht! — sind doch sehr unsicher, warten wir ab, was kommen wird — diese Prophezeiungen sind mir recht un⸗ sicher. ;
Meine Herren, nun sagt der Herr Abg. Rickert, ich hätte meine Ansicht in Beziehung auf die Bedeutung der direkten und indirekten Steuern geändert. Nicht entfernt! Ich habe gestern ausgeführt, daß keineswegs man sagen kann, daß alle indirekten Steuern die unteren Volks⸗ klassen vorzugsweise belasten und daß umgekehrt die direkten Steuern nothwendig eine schärfere Heranziehung der besitzenden Klassen im Gegensatz zu den unbemittelten oder mittleren Klassen bedeuten. Genau so habe ich mich im Herrenhause ausgesprochen: in der Regel allerdings ziehen die meisten indirekten Steuern die unteren Volks— klassen schärfer heran im Verhältniß zu ihrer Leistungsfähigkeit, aber es giebt eine große Anzahl indirekter Steuern, bei denen das nicht der Fall ist, und da ist die Härte für die mittleren und unteren Klassen in den direkten Steuern viel größer als in bestimmt gearteten indirekten Steuern, und das behaupte ich in Bezug auf die Vorlagen der Reichsregierung. Der Herr Reichskanzler hat mit diesen Vorlagen genau das gehalten, was er in dem Reichstag versprochen hat bei der Militärvorlage. Denn ich bestreite und werde stets be⸗ streiten, daß eine angemessene Besteuerung des Weins, der Börse und des Tabacks eine vorzugsweise Belastung der unteren Volks⸗ klassen ist (sehr richtig! rechts), namentlich nachdem man die Tabacksteuer reformiert hat von dem heutigen Zustande,
in welchem sie allerdings, weil sie eine bloße Gewichtssteuer ist, vor⸗
zugsweise eine Besteuerung der unteren Klassen ist, zu einer Werth— steuer, in der Absicht, gerade die besseren Sorten und die höheren
Klassen schärfer heranzuziehen. (Sehr richtig! rechts) Meine Herren, die Reichsregierung hat vor der Abstimmung über die Militärvorlage nie versprochen, daß die Kosten der Militärvorlage lediglich gedeckt werden sollten durch direkte Steuern. — Und glaubt denn der Herr Abg. Rickert, daß die Einführung einer direkten Besteuerung im Reich im Reichstag eine Mehrheit fände? Er hat gesagt: wir und das Zentrum stehen nicht allein. Er steht aber garnicht auf dem Boden des Zentrums. Ich will mal sehen, wieviel Mitglieder des Zentrums im Reichstag stimmen würden für eine progressive Reichs⸗ Einkommensteuer oder für eine Reichs ⸗Erbschaftssteuer. Der Eine will dies, der Andere jenes, und schließlich kommt nichts heraus. Das würde der einzige Erfolg sein.
Meine Herren, nun ist doch, was gestern noch nicht geschehen ist, bei dem Verhältniß von direkten und indirekten Steuern wohl in Be⸗ tracht zu ziehen, daß 35 bis 40 Millionen, welche der Reichstag vorher erlassen hat, durch nur eine andere indirekte Steuer gedeckt werden sollen. Sind denn die Verminderungen der Zölle auf Getreide, die Verminde⸗ rung der Zölle auf Holz, Vieh u. s. w. nicht Erlasse von Zöllen, die dieselbe Wirkung haben wie die Verbrauchsabgaben? Ich könnte Ihnen sagen: die verbündeten Regierungen stellen hier an die Stelle von Zöllen, welche ja, wie Sie wenigstens behaupten, vorzugsweise und ungerechter- weise die unteren Volkslasten belasten — an die Stelle solcher Steuern die Steuern des Tabacks und des Weins: Brot gegen Luxusartikel!
Meine Herren, alle die künstlichen Rechnungen in Beziehung auf das in den nächsten Jahren zu erwartende Verhältniß der Matrikular— umlagen zu den Ueberweisungen fallen zu Boden gegen die eine große Thatsache, daß das Reich 35 bis 40 Millionen Zölle aufgegeben hat und 60 Millionen neue Militärausgaben bewilligt, seine Finanzlage, die unmittelbar zurückwirkt auf die Einzelstaaten, also um diesen Betrag verschlechtert hat. Das Reich, schon seiner Würde und Stel⸗ lung nach zu den Einzelstaaten, müßte sich verpflichtet halten, dies Manko seinerseits zu decken und die Deckung nicht den Einzelstaaten zu überlassen.
Meine Herren, Herr Abg. Rickert hat sich auf den früheren Finanz⸗Minister Camphausen berufen, ebenso wie man sich auf Aeuße⸗ rungen berufen hat des Herrn Dr. Windthorst, der damals annahm, es sei nun mit indirekten Steuern genug. Meine Herren, wer die parlamentarischen Verhältnisse kennt, der weiß doch, daß alle solche Reden und Aussprüche sich beziehen auf eine bestimmte politische Situation. (Hört! hört!)
Wenn der Herr Abg. Dr. Windthorst gemeint hat, es sei damals genug mit indirekten Steuern, so konnte er nicht vor sich haben, daß vorher im Reich 40 Millionen Mark indirekte Steuern erlassen waren; er konnte auch nicht vor sich haben, daß plötzlich die Reichs⸗ ausgaben um 60 Millionen erhöht werden mußten; er konnte auch nicht vor sich haben, daß inzwischen in Preußen die direkten Steuern in viel größerem Maße herangezogen sind als damals. Auf solche Ausdrücke, die durch die politische Situation gegeben sind, kann man wenig Gewicht legen. Aber darin bin ich mir sicher — ich habe den ver⸗ storbenen Abg. Windthorst 30 Jahre gekannt —, daß er nicht sein Hauptziel, den Föderalismus in Deutschland zu sichern, preisgegeben hätte um die Frage, die wir hier verhandeln. Diese große politische Aufgabe, die er sich stellte, hütete er sorgsam, und ich bin überzeugt, wenn es bei ihm zur Entscheidung gekommen wäre, so würde er garnicht zweifelhaft gewesen sein, ob es seine Aufgabe wäre, die Einzelstaaten gegen eine für ihren Bestand und ihre Standhaftigkeit so gefährliche Entwickelung zu schützen, wie sie hier beim Mangel jeder Abhilfe durch das Reich nothwendig eintreten müßte. Auf derartige einzelne Aeußerungen kann ich also, wie gesagt, gar kein Gewicht legen. Gewiß, vielleicht hätte mancher von uns damals dem Minister Camphausen vollständig beigestimmt, daß er dem Reichstag nicht ohne weiteres zumuthen könne, die Matrikular⸗ beiträge preiszugeben. Aber der Minister Camphausen hatte damals nicht die Alternative einer dauernden, organischen Auseinander- setzung zwischen Reich und Einzelstaaten vor sich und die Kon⸗ sequenzen, die daraus nothwendig zu ziehen sind, sondern es kam einfach auf die Frage an: kann man erwarten, daß der Reichstag ohne weiteres die Matrikularbeiträge preisgiebt?
Gewiß ist unsere gesammte finanzielle Lage in Deutschland noch nicht unmittelbar und letal gefährdet; wir sind jetzt noch in der Lage, durch entschlossenes Vorgehen der Regierungen und der Landes⸗ vertretungen einschließlich des Reichstags das Wachsen der Gefahr zu verhüten. Wenn der Herr Abg. Rickert aber sagt: Warum so eilig? warum wartet ihr nicht noch, bis die Dinge sich mehr geklärt haben — so muß ich ihm erwidern: wir haben in Preußen seit vier Jahren ein Defizit von über 100 Millionen. Da wird es allerdings endlich eilig, Wandel zu schaffen. Die Reichs⸗Finanzen sind in einer rapiden Verschlechterung; man sieht es ja an der gewaltigen Steige⸗ rung der Schulden; da ist es endlich Zeit, Wandel zu schaffen. Wir könnten sonst solange warten, bis wir überhaupt nicht mehr in der Lage wären, Wandel zu schaffen. Deswegen ist die Sache allerdings eilig und deswegen thun die verbündeten Regierungen nur ihre Pflicht und Schuldigkeit, wenn sie offen und bestimmt auf die Gefahren, die aus der gegenwärtigen Lage nothwendig hervorgehen müssen, hinweisen. Können sie die Heilung nicht erlangen, weil das deutsche Volk nicht thun will, was es in seinem eigenen Interesse, nach meiner Meinung, zu thun schuldig ist, d. h., die Opfer zu bringen, die nothwendig sind, um ein geordnetes Staatswesen zu sichern —, nun,? die verbündeten Regierungen haben das Ihrige gethan, ihnen kann man wenigstens nicht vorwerfen, daß sie nicht zeitig gewarnt hätten. (Lebhafter Beifall rechts und bei den Nationalliberalen.)
Abg., Graf zu Limburg⸗Stirum (kons.) erklärt sich für die Anträge der Budgetkommission und lobt den Bericht des Abg. Sattler als eine überaus klare Arbeit; eine bestellie Arbeit liege nicht vor. Die drei großen Parteien des Hauses, fährt Redner fort, sind sich mit dem Finanz-Minister in ihren Ansichten begegnet, sie müßten 9h sonst auch ihre Ansichten vollständig gewechselt haben. Herr ichter hat die Mehrheitsparteien dieses ö. scharf kritisiert und die Finanzpolitik des Reichstags vertheidigt. Aber die Gestaltung des Budgets im Reichttag ist eine falsche; die el der Regierung diesen Kunststücken gegenüber war voll⸗ tändig berechtigt. Die Streichungen im Militär- und Marine⸗-Etat haben keine Bedeutung; wo man aber die sinnlose Prachtentwickelung im neuen Reichstagsgebude unterdrücken wollte, da stieß man auf Widerstand. Der Qugtisierung haben wir allerdings immer wider⸗ sprochen und widersprechen ihr auch heute noch, en weil sie eine vollkommen unpraktische Maßregel ist, weil dadurch die Rechte der Krone, die bestehenden Steuern fortzuerheben, beeinträchtigt und weil die Rechte des Herrenhauses geschmälert werden. Die Stärke des Reichstags liegt nicht in den Matrikularheiträgen, sondern in der Bewilligung der Ausgaben und der Steuern. In ruhigen Zeiten würde
der Reichstag niemals die Bewilligung von Matrikularbeiträgen ver. weigern. Das sogenannte elende Wahlgesetz hat nicht gehindert daß der Landtag die Steuerreform . hat; weisen Sie doch einmal nach, daß der Reichstag etwas Aehnliches geleistet hätte. Die staatgerhaltenden Elemente sind jedenfalls hier besser vertreten alz im Reichstag. Ich will dem Reichswahlrecht keine Epithetg bei= legen; aber ein Wahlgesetz, welches alle großen Städte durch Sozial demokraten vertreten läßt, kann nicht ein ideales genannt werden. Herr Rickert hätte am wenigsten Ursache, an Wahlgesetzen Kritik zu üben; denn er hat mit beiden Gesetzen schlechte Erfahrungen gemacht. Der Zwang zur Schuldentilgung ist richtig, weil dadurch der Zwang zur Sparsamkeit auferlegt wird und well darauf hingewirkt wird, daß man den Etat nicht durch Anleihen balanciert. Wie die zweite Resolution ausgeführt werden soll, ist allerdings nicht klargelegt; aber eine , wegen der Ueberschüsse der Eisenbahnen ist nothwendig. Zu Mehreinnahmen in Preußen können wir kommen durch eine Erhöhung der Eisenbahntarife. Ein Zu— schlag zur Einkommensteuer ist nur denkbar, wenn wir auf die jetzt steuerfreien . zurückgreifen. Der Verpflichtung, die Mittel fuͤr die Militärvorlage zu gewähren, werden sich auch die Gegner der Vorlage nicht entziehen können. Das Reich muß aber auch die finan— ziellen Ausfälle infelge der Handelsverträge decken. Die Verminderung der Zölle hat die Einnahmen und den Schutz der Landwirthschaft ver— mindert. Wenn der Antrag des Grafen Kanitz von allen Seiten mit Hehn überschüttet worden ist, so erkläre ich, daß ich für den
edanken des Antrags miteingetreten bin. Man mag über die Form streiten, aber der Grundgedanke ist berechtigt, weil auf diesem Wege allein die finanziellen Ausfälle gedeckt werden können. Das Reich muß die ihm allein zustehenden indirekten Steuern ausnutzen, um auch den Einzelstaaten zu helfen, oder es muß den Einzelstaaten die Steuer⸗ quellen zurückgeben, damit diese sie ausnutzen können. Wir müssen unt in Norddeutschland die Besteuerung des Bieres und des Branntweins entgehen lassen und haben nicht allein die Einwirkung darauf. Wir
wünschen, daß die Reichsfinanzreform durchgeführt wird, und wir
hoffen, daß dieses Ziel erreicht wird. Eine Schwierigkeit besteht allerdings darin, daß die Leitung der preußischen Landesangelegenheiten mit der Leitung der Reichsangelegenheiten nicht zusammenfällt. Daß die preußische Stimmabgabe im Staats-Ministerium festgestellt wird, reicht nicht aus; es kommt auf die Initiative im Reich an, die von Preußen ausgehen muß. Diese Trennung ist ein Uebelstand. Herr Richter hat den Landtag als eine Vertretung niederer Ordnung be— zeichnet. Allerdings umfaßt der Reichstag ganz Deutschland; aber man sollte nicht vergessen, daß die Einzelstaaten erst dem Reich seine Kom— petenz geschaffen haben. Die Mehrheit im Reichstag entsteht nur dadurch, daß diejenigen Elemente dazu gezählt werden, welche die Grundlage unseres Staatslebens , n . eine solche Rechnung ist politisch nicht gerechtfertigt. Wenn die Reichstagsmehr— heit und die Reichsregierung einmal zusammenkommen, dann wird es sehr darauf ankommen, was die von den besitzenden Klassen ge— wählten Landespertretungen sagen werden. (Zuruf links: Hat Bis— marck schon besser gesagt) Das ist richtig, aber wenn jemand so wie Bismarck der Zeit seinen Stempel aufgedrückt hat, dann sollten diejenigen, welche in seinem Sinne weiter arbeiten wollen, es nicht anders machen und dabei ein Fiasko erleiden.
Abg. Dr. Rintelen (Zentr.) verwahrt den Abg. Windthorst gegen die a Auslegung seiner Rede und verwahrt das Zentrum gegen die Annahme, daß es sich auf die Reichsfinanzreform einlassen könne. Es handele sich hier nur um eine Demonstration gegen den Reichstag. Der Landtag hat aber keine Kritik an der Thätig⸗ keit des Reichstags zu üben; nur den preußischen Mitgliedern des Bundesraths gegenüber könne er Kritik üben. Der Reichstag hat sein Mandat nur vom deutschen Volke, nicht von den Einzelstaaten oder Einzelregierungen oder Einzellandtagen. Einen Erfolg werde
die Demonstration nicht haben. Die ganze Aktion sei ein Schlag
ins Wasser; denn der Reichstag werde darüber einfach zur Tagesord⸗ nung übergehen. .
. ö schließt die Diskussion. In seinem Schlußwort emerkt
Berichterstatter Abg. Dr. Sattler (nl). gegenüber dem Abg. Richter, der die Autorität des Kommissionsberichts habe abschwächen wollen, indem er auf die i . Zahl der anwesenden Kommissiens—⸗ mitglieder hingewiesen habe, daß nicht 14, sondern 15 Mitglieder in der Kommission zugegen gewesen seien, und daß 2 Mitglieder der Minderheit, die Herr Richter als Mehrheit im Reichstag be⸗ zeichnet habe, für sämmtliche, drei Resolutionen gestimmt haͤtten. Herr Richter tadele die Abweichungen des Kommissionsberichts von des Redners eigenem ersten Entwurf. Jeder erste Entwurf werde sich doch immer von einer definitiven Arbeit unterscheiden. Abweichungen seien auch nur an zwei Stellen vorgekommen, aber nur formeller Natur; ein sachlicher Unterschied sei auch da nicht vorhanden. Herr Richter bemängele ferner die Kürze des Berichts. Das sei erklärlich, denn er habe in den letzten Jahren sich zu wenig an den Ver— handlungen des Landtags betheiligt. Es seien schon beim Etat ein— gehende Verhandlungen über die Finanzlage gepflogen worden, sodaß weitere Darlegungen in diesem Bericht überflüssig gewesen wären. Die Kommission sei der Ansicht gewesen, daß die dem Bericht beige⸗ gebene Tabelle das finanzielle Verhältniß zwischen dem Reich und den Einzelstaaten durchaus klarlege.
Abg. Richter (frs. Volksp.) bemerkt persönlich: Er habe nicht der Kommission Abweichungen von dem Sattler'schen Entwurf vor— geworfen, sondern nur, daß über die Verhandlungen, welche zu dem abweichenden Beschluß geführt haben, in dem Kommissionsbericht nichts mitgetheilt sei. Von den Verhandlungen dieses Hauses sei er nur durch die konsequente Bekämpfung der Militärvorlage ab— gehalten worden, weil gerade diese Mehrbelastung für die preußische Finanzlage hätte verderblich werden können. . .
Darauf werden die erste und die zweite Resolution gegen die Stimmen der beiden freisinnigen Gruppen und einiger Zentrumsmitglieder, die dritte Resolution gegen die
timmen der beiden freisinnigen Gruppen und der Zentrums—⸗ partei angenommen.
Bei Feststellung der nächsten Sitzung und Tagesordnung meint
Abg. Rickert (frs. Vgg.): Es sei ein ungewöhnlicher Vorgang, daß die Mehrheit den Präsidenten gezwungen habe, seine Absicht, am Montag das Gesetz über die Landwirthschaftskammern zu berathen, aufzugeben. Redner fragt den Präsidenten, ob die Zeitungsgerüchte wahr seien, daß der Landtag bis in den Juni tagen werde.
Abg. Graf zu Limburg-Stirum. (kons . erklärt, daß seine Partei allerdings den Wunsch geäußert habe, die Entscheidung über die Vorlage, betreffend die Landwirthschaftskammern, bis nach Pfingsten hinauszuschieben, ö. sie sich aber einem entschiedenen Wunsch des Präsidenten nicht widersetzt haben würde. Seine Partei hätte die Hinausschiebung nur gewünscht, um noch eine Verständigung über die Landwirthschaftskammern herbeizuführen. ;
Abg. Freiherr von Zedlitz (fr. kons.) fragt den Präsidenten, wie er über die Pfingstferien zu bestimmen gedenke.
Präsident von Köller: Ich hatte allerdings den Wunsch, die Vorlage über die Landwirthschaftskammern noch vor Pfingsten zu er— ledigen, habe mich aber überzeugt, daß eine Hinausschiebung im Interesse der Sache gut sein würde, Am Montag gedenke ich die letzte Sitzung vor dem Fest zu halten und am 17. Mai die erste nach dem Fest, zur zweiten Berathung der Kanalvorlage. Wenige Tage darauf will ich die Vorlage über die ,,, , auf die Tagesordnung setzen. Der Schluß der Session hängt nicht von uns ab. Wir werden hier in acht, höchstens vierzehn Tagen fertig sein. Aber gestern ist noch der Gesetzentwurf wegen der Fischerei in Westfalen hinzugekommen, und es soll noch einer eingehen, den i noch nicht kenne. Ich hoffe aber, daß das uns nicht den ganzen Juni hindurch mehr in Anspruch nehmen wird.
Schluß gegen Rs, Uhr. Nächste Sitzung Montag 11 Uhr.
Statistik und Volkswirthschaft.
Ergebnisse der Landtagswahlen. (Aus der Statist. Korr.)
In Nr. 60 des R. u. StA. vom 10. März d. J. sind nach der Statistischen Korrespondenz. die Hauptergebnisse der letzten Wablen zum Hause der Abgeordneten, welche über den Antheil der drei Abtheilungen an der Gesammtzahl der Urwähler, sowie über die Bildung der Urwahlbezirke und das , zwischen der Zahl der Urwähler zu derjenigen der Wahlmänner handeln, veröffentlicht worden. Die Tee n, der Vertheilung des Wahlrechts ging von den Antheilziffern aus, nach denen sich die sämmtlichen Urwähler auf die drei Abtheilungen vertheilen. So lehrreich diese Ziffern in vieler Hinsicht sind, so geben sie doch nur einen äußer⸗ lichen Maßstab für die Vertheilung des Wahlrechts. Die Besetzung der drei Abtheilungen zweier Urwahlbezirke kann bei ih nnen, theilen für jede Abtheilung innerlich doch sehr ungleichmäßig sein; reicht z. B. die erste Abtheilung mit einem Antheil von 5 v. H. in armen ländlichen Gebieten oft schon bis in die niederen sozialen Schichten hinein, so läßt ein gleicher Antheil in reichen Urwahl⸗ bezirken der Großstädte häufig aller e. Angehörige der obersten Ge— fellschaftsklassen in der zweiten oder dritten Abtheilung zurückbleiben.
Der Spielraum, innerhalb dessen sich diese Verschiedenheiten thatsächlich bewegen, läßt sich annähernd schätzen, wenn man die Sbergrenzen der Steuerleistung in der II. und III. Abthei—⸗ sung betrachtet. Dabei ergiebt sich, daß von den 241530 Urwahl⸗ bezirken 274 meist ost⸗ und westpreußische, posensche und schlesische, darunter 63 städtische, in der 11II. Abtheilung lediglich Urwähler enthielten, die zu keiner Staatssteuer veranlagt waren. Jede auch noch so kleine Steuerleistung eröffnete hier also den Zutritt zu einer der beiden ersten Abtheilungen. Von den zu keiner Staatssteuer veranlagten Urwählern wären übrigens lediglich auf Grund der alphabetischen Reihenfolge 7701 in die 1I. und 8.4 sogar in die J. Ab⸗ theilung vorgedrungen, wenn nicht das Wahlgesetz vom 29. Juni 1893 diese Möglichkeit verschlossen hätte. In weiteren 497 Urwahlbezirken, darunter 5 städtischen, überstieg die Steuerleistung des ersten Urwählers III. Abtheilung — hier wie später immer einschließlich des Betrags von 3 S, der für jeden nicht zur Staatseinkommensteuer veranlagten Urwähler einzustellen ist — nicht 5 F, in weiteren 3257, darunter 338 städtischen, nicht 19 M Die Urwahlbezirke, in denen schon eine so geringe Steuerleistung bis an die Grenze der II. Abtheilung führt, sind besonders häufig auf, dem Lande in Schlesien (9063) und auffälligerweise in der Rheinprovinz (624, davon 186 bezw. 145 in den Bezirken Trier und Koblenz). Anderer- seits giebt es zahlreiche Urwahlbezirke, in welchen eine sehr beträcht⸗ liche Steuerleistung den Wähler nicht aus der III. Abtheilung herauszuheben vermag. Bei einem schlesischen Urwahlbezirk ging die Steuerleistung des ersten Urwählers III. Abtheilung über 10609, bei drei Berlinischen über 5000, bei sechs Berlinischen und einem sächsischen über 3000, bei 13 anderen in verschiedenen Landestheilen über 2000, bei 17 über 1590, bei 34 über 10090 „6 hinaus,
Zeigen sich hierin sehr erhebliche Abweichungen nach beiden Seiten in zahlreichen Einzelfällen, so kann ug nicht einmal be⸗ hauptet werden, daß wenigstens für die Hauptmasse der Urwahlbezirke der Zutritt zur II. Abtheilung von einer annähernd gleichen Steuer— leistun ö Auf den ersten Urwähler 11I. Abtheilung entfiel nämlich eine solche von ( .
pon über über über über über über über üb 1000 300 100 30 20 10 3 von nber s i i , i, i, bie, 3000 M 3660 106560 360 160 30 20 10 t JJ in 11 64 500 2675 9433 3111 4303 3754 274 Urwahl⸗ bezirken, darunter J in 19 58 397 1I70h 4342 S868 680 343 63 städti⸗
schen, und in! 6 103 N70 50906 22a 3623 3411 211 fh. ichen. So ungleichmäßig sich hiernach die Urwahlbezirke vertheilen, so ergiebt eine nähere Durchsicht immerhin, daß in fast zwei Dritteln der staͤdtischen Urwahlbezirke, nämlich in 5457 (unter S466) die Steuer, leistung des ersten Urwählers dritter Abtheilung nicht über 76, in fast drei Fünfteln der ländlichen (9488 unter 15 664) nicht über 30 hinausging, sodaß Urwähler mit höherer Steuerleistung auf den Zutritt in die zweite oder erste Abtheilung rechnen konnten. Die durchschnittliche Steuerleistung eines Urwaͤhlers dritter Abtheilung betrug in den Städten 15,22, auf dem Lande 6,79, im ganzen Staats— ebiet 10,23 und ohne Berlin in den Städten 13,86, im Gesammt⸗ fer 9, 40 M Ganz ähnliche Erscheinungen zeigt eine Betrachtung der Ober— grenzen für die Steuerbeträge der zweiten Abtheilung. Dieselben gingen in 13 ländlichen Urwahlbezirken nicht über 5, in weiteren 221 darunter 7 städtischen) nicht über 10, in 1980, darunter bereits 2Berlinischen, nicht über 26 6 hinaus. Während hier augenschein— lich schon eine sehr geringe Steuerleistung den Urwähler in die erste Abtheilung brachte, vermochten in je einem sächsischen und hessen— nassauischen Urwahlbezirk Urwähler mit mehr als 30 000 n, in 14 anderen, darunter 6 Berlinischen, mit mehr als 19 900 , in 53 anderen (18 Berlinischen) mit mehr als 5000, in 90 (16 Berlinischen) mit mehr als 3000, in 135 (35 Berlinischen) mit mehr als 2000, in 584 (112 Berlinischen) mit mehr als 10900 M Steuerleistung doch nicht in die J. Abtheilung zu gelangen. Bei weitem der größte Theil dieser Fälle trifft auf die Städte; doch geht z. B, auch in zwei sächsischen Urwahlbezirken des platten Landes die Steuerleistung des ersten Wählers zweiter Abtheilung über 10 000 S hinaus. Stellen wir die Urwahlbezirke der zweiten Abtheilung nach Hauptgruppen der Steuerleistung zusammen, so ergiebt sich, daß eine 66 auf den ersten Urwähler dieser Abtheilung traf. . J über über über über über über k 3000 1000 300 100 30 3 D o 30 000 MS 30 000 3000 1000 300 100 30 16 Mp6 6 M6 6 Ml in 2 157 719 3722 84418 8344 2738 Urwahl⸗ bezirken, darunter in 2 197 466 2238 3701 1893 130 städtischen und in = 30 264 1484 4747 6541 2608 ländlichen. ,,, vermochte man in der Mehrzahl der ländlichen Urwahl— ezirke schon mit einer Steuerleistung von 1099 4½ und darunter in die erste Abtheilung zu gelangen; in den Städten geht, wie eine nähere Prüfung ergiebt, in einer geringen Mehrheit der Urwahl— beztrke, nämlich in 4391, die Obergrenze nicht über 200 „ hinaus. Die durchschnittliche Steuerleistung eines Urwählers 1I. Abtheilung betrug in den Städten 14286, auf dem Lande 42, 44, im Gesammt⸗ staat 74 S und ohne Berlin in den Städten 125,92, im Gesammt⸗ staat 66, 34 M . Der erste Wähler der J. Abtheilung endlich war in einem schle⸗ 6 Landbezirk mit nicht über 5, in 8 anderen ländlichen Urwahl— ezirken, darunter wieder 4 schlesischen, mit nicht über 20, in 30 anderen, sämmtlich auch ländlichen, k über 30 , und ferner mi über über über über über 30 100 300 1000 3000 über bis bis bis bis bis 30 000 100 300 1000 3000 30 000
w in 2071 7037 901 4293 1578 49 Urwahlbezirken, darunter in 86 1441 3867 2160 393 29 städtischen, ; in 1985 5596 5215 2133 685 11 ländlichen eingetragen; in einzelnen Urwahlbezirken war eine größere Anzahl von Urwählern mit mehr als 30 000 6 Steuerleistung vorhanden. Die höchste Steuerleistung der Urwähler liegt verhältnißmäßig am häufigsten hiernach auf dem Lande zwischen 100 und 300, in den Städten zwischen zo0 und 1000
In diesen Biff zeigt es sich, daß die unteren Klassen Tausende ihrer Angehörigen in die zweite und einzelne selbst in die erste Abtheilung entsenden. Anderseits müssen zablreiche Angehörige der oberen Klassen sich mit einem Wahlrecht in der 1II. Abtheilung begnügen; doch sind diese Fälle im großen Ganzen nicht zu häufig; es sind immerhin nur 575 unter den 24130 Urwahlbezirken, in welchen ö,, e mit mehr als 300 „ Steuerleistung noch in der dritten Abtheilung zu wählen hatien.
Ueber die Verschiebungen des Wahlrechts gegenüber den Wahlen von 1888 war schon früher bemerkt worden, daß im ganzen die geringe Verengerung des Zutritts zur ersten Abtheilung durch eine ziem lich beträchtliche Erweiterung des Zutritts zur zweiten ausgeglichen worden ist. Aber auch in den städtischen Bezirken, in welchen die durchschnittlichen Antheilsätze der beiden ersten Abtheilungen sich vermindert haben, ergiebt sich immerhin der Vortheil, daß die An— theilsätze gleichmäßiger geworden sind. So ging unter den 205 Städten mit (1896) mehr als 19000 Einwohnern 1895 bei den Landtagswahlen der Antheil der J. Abtheilung nirgends unter 1,24 v. H. herunter, während er 1888 in Burtscheid nur 0,7, in Quedlinburg O, 8), in Lennep 0,88 und in Essen gar nur (04 v. H. ausgemacht hatte.
Ueberhaupt hat sich vermehrt vermindert
der Antheil . Abtheilung in . 11 dieser Städte ̊ᷓ. 6 12 1 23 Von besonderem Interesse sind in dem Verhältniß zwischen Steuerleistung und Wahlrecht noch die Steuerleistungen der Urwähler nach den einzelnen Abtheilungen, ferner die Be— deutung des an Stelle der Einkommensteuer bei den nicht zu derselben veranlagten Urwählern in Ansatz zu bringenden Betrages von 3 M im ganzen sowie in den drei Abtheilungen. Die Steuerleistung der Urwaͤhler betrug im Gesammtstagat in der J. Abtheilung 63, 03 Millionen, in der II. Abtheilung 3,47 Mil⸗ lionen, in der III. Abtheilung 51,73 Millionen, zusammen 168, 24 Mil⸗ lionen Mark, wovon 100,48 Millionen auf die Städte, 67.76 Millionen auf das platte Land entfielen. Darunter steckten in den Städten 3,71, auf dem Lande 8, 13 Millionen an „fingierter Steuer von je 3 e. Dieser Betrag machte also in den Städten wenig mehr als ein Dreißigstel, auf dem Lande dagegen fast ein Achtel der ge⸗ sammten Steuerleistung aus; in den ländlichen Gebieten der östlichen Grenzbezirke stieg er auf fast ein Fünftel, während er in Berlin auf fast ein , herunterging. In dem gleichen Verhältniß ist natürlich die Wirkung der Anrechnung von 3 M auf die Vertheilung des Wablrechts verschieden. Die Urwähler, denen sie zu gute kommt, befinden sich übrigens zum großen Theil gar nicht einmal in der dritten Abtheilung, sondern es kamen 168 891 in die zweite und 10 700 sogar in die erste; ihre Gesammtzahl betrug 3 946 479, also fast zwei Drittel der Urwähler überhaupt, deren Zahl sich auf 3289 535 belief. Ueberhaupt zu keiner Staatssteuer waren veranlagt 2713 622 Urwähler, also nicht ganz die Hälfte der Gesammtzahl. Die Feststellung der Bedeutung, der einzelnen Gattungen und Arten der Steuern für das Wahlrecht erwies sich nach der Be⸗ schaffenheit der Urwählerlisten als nicht durchweg ausführbar. Die Ermittelungen für eine Reihe von Probebezirken aus allen Gebieten des Staats ergab, daß im allgemeinen die Einkommen⸗ steuer (einschließlich des erwähnten Betrages von 3 ) für das Wahlrecht schwerer ins Gewicht fällt, als alle übrigen Steuern zu⸗ sammen; nur in einzelnen Landgebieten überwiegt die Grundsteuer. Dieses Ergebniß entspricht im wesentlichen auch der Bedeutung der einzelnen Steuern überhaupt, von denen für 1893ñ94 die Einkommensteuer mit 123.19, die Grunde. Gebäude⸗ und Gewerhesteuer mit je 39, 8 bezw. 36,62 und 22,46 Mill., zusammen 98,92 Mill. Mark veranlagt ist. Im allgemeinen hat sich die Bedeutung der Steuergattungen für das Wahlrecht seit 1849 umgekehrt, indem damals die Realsteuern (mit 12,8 Mill. Thalern) die übrigen Steuern (9,9 Mill. Thaler an Klassen⸗, Mahl⸗ und Schlachtsteuer) überwogen. 4 Die Theilnahme an den Urwahhsen war begreiflicher Weise in den einzelnen Abtheilungen sehr verschieden. Während in der J. Abtheilung fast die Hälfte der Urwähler, nämlich 48, 13 v. H., in den Städten sogar 54,19 v. H. der Urwähler ihre Stimme ab⸗ gaben, thaten dies in der 1I. nur 32,06, in der III. nur 15, 22 v. H. der Urwähler. Im ,, war die Theilnahme in den Städten lebhafter als auf dem platten Lande; sie ging hier in der III. Abtheilung in Pommern, Sachsen, Westfalen, Hessen⸗Nassau und Hohenzollern unter 10 v. H. und in Hannover sogar auf 4.86 v. H. herab. In West⸗ preußen, ,. Posen und Schleswig⸗Holstein war die Betheiligung, namentlich in der III. Abtheilung, im allgemeinen in den Städten weniger lebhaft als auf dem platten Lande; hier gaben in West⸗ preußen in der III. Abtheilung 36,31 v. H, in Posen sogar 46,41 v. H. der Urwähler ihre Stimme ab, also mehr als doppelt und dreifach so viel wie im Durchschnitt des ganzen Staatsgebiets. Die Gesammt⸗ betheiligung der Urwähler aller drei Abtheilungen betrug in den Städten 18,64, auf dem platten Lande 18,245, im ganzen 18,41 v. H. Durch die ungleich stärkere Betheiligung der Wähler des platten Landes insbesondere in den Provinzen mit zahlreicher polnischer Be⸗ völkerung wird hiernach die stärkere Betheiligung, der Städte in fast allen anderen Provinzen nahezu ausgeglichen. Die Wahlbetheiligung insgesammt betrug in den Provinzen; . . eg. = . 46,38 v. H. Schleswig⸗Holstein 14,35 v. H. Westpreußen .. 37,29 Stadttreis Berlin. 14,25 Ostpreußen ... 2271 Gahß en 69 Schlesien. ... 20,46 Wer nelle, Rheinland 1751 Pommern.. . 11,66 Hessen · Nassau .. 15,03 Hohenzollern.. 19,39 Brandenburg. . 15,09, Vannobher. 969 Im Stadtkreise Berlin war die Wahlbetheiligung in der ersten und zweiten Abtheilung mit 59.06 bezw. 38,365 v. H. erheblich stärker, in der dritten mit 11,ů33 erheblich schwächer als im Durchschnitt des Staats. Die Ursachen der großen Ungleichmäßigkeit in der Theil⸗ nahme an den Wahlen sind naturgemäß verschiedener Natur; neben dem größeren oder geringeren Interesse an den politischen Aufgaben des Landtags und an politischen Dingen überhaupt wird in einzelnen Landestheilen auch das entschiedene Uebergewicht der einen oder anderen Parteirichtung in Betracht kommen, welches keinen lebhaften Wahl kampf aufkommen 14 . ö Von Interesse ist hier noch die Frage, in wieweit die Urwähler der einzelnen Abtheilung ihre Vertretung aus ihrer eigenen Mitte oder aus anderen Abtheilungen wählen. Eine Prüfung dieses = h. ergiebt, daß recht 9j die oberen Abtheilungen sich durch ahlmänner vertreten lassen, die den unteren angehören, daß aber der umgekehrte Fall noch ungleich häufiger ist. Im ganzen Staat wählte die J. Abtheilung 64,49 Hunderttheile ihrer Wahlmänner aus ihrer eigenen Mitte, dagegen 23,95 aus der 11, und 11,56 aus der 111. Abtheilung; in einzelnen, namentlich ländlichen Gebieten ent⸗ nahm sie über die Hälfte ihrer Wahlmänner den anderen Abtheilungen. Die zweite Abtheilung übertrug ihre Wahlmannsstimmen in 21,26 bezw. 15,02 v. 5 der Fälle auf die J. und III., die III. Abtheilung in A, 11 bezw. Il, 42 v. H. auf die erste bezw. zweite, so daß sie aus ihren eigenen Reihen weniger als die Hälfte ihrer Wahlmänner besetzte. Im ganzen gehörten von 108 132 Wahlmännern 43 282 der zweiten, 35 525 der ersten und 25 325 der dritten Abtheilung an, Zum theil erklärt sich übrigens die verhältnißmäßig so große Zahl Der Wahlmänner zweiter Abtheilung nicht daraus, daß fremde Ab⸗ theilungen ihr ihre Vertretung anvertrauten, sondern aus der Art der Bildung der Urwahlbezirke, die in rund 1090 Fällen öfter zu Bezirken mit 4 als mit 5 Wahlmännern und damit zur Ueberweisung von zwei Wahlmännern an die zweite, aber nur je eines an die erste und dritte Abtheilung geführt hat. ; Die . Parteistellung der Urwähler kann bei der mittelbaren Wahl wohl in den meisten Fällen, keineswegs aber allgemein sicher festgestellt werden, da die ahlmannskandidaten sich 3. von vornherein zu einer beftimmten Parteirichtung zu bekennen brauchen. Ein gewisser Anhalt ist nur in der Stimmabgabe der here , und zur Wahl des Abgeordneten erscheinenden Wahlmänner gegeben, da ken i Stellung der Kandidaten zum Abgeordnetenhause fast regelmäßig bekannt ist. Eine hierauf gegründete
Zusammenstellung Liebt aber über die Stärke der Ürmahlen weder sicher noch vollständig Aufschluß, da sie nicht nn, macht, inwieweit die erwählten Wahl männer und Abgeordneten ihre Wahl einem vorweg geschlossenen Bündnisse mit befreundeten Parteien ver⸗ danken, ferner aber sämmtliche Urwähler, die ihre Wahl mannskandidaten nicht durchzubringen vermocht haben, außer Betracht läßt. Bei einiger Bekanntschaft mit den Parteiverhältnissen lassen iich aber schon aus dem Verhältniß zwischen der Stimmenzahl der thatsächlich gewählten Wahlmänner und derjenigen ihrer Gegenkandidaten schäͤtzbare Schlüsse dafür ziehen, welche Parteien bei den Urwahlen gekämpft haben und in welcher Stärke. In dieser Beziehung ist ee fsef! daß von der
Gesammtzahl der gültigen Stimmen bei der Wahlmännerwahl
entfielen auf die thatsächlich , . Gegenkandidaten in den Side 74, 16 v. H. 25 S4 v. H. auf dem platten Lande.. 84,98 16, im ganzen. 680, 9 19,90 . Hiernach ist in den Städten eine verhältnißmäßig viel größere Minderheit der am Wahlkampfe theilnehmenden Urwähler unver⸗ treten geblieben als auf dem platten Lande. Am stärksten waren die Minderheiten im allgemeinen in der III. Abtheilung; sie betrugen nämlich Hunderttheile in der in der in der J. Abtheilung II. Abtheilung III. Abtheilung in den Städten . 18,34 24,29 27,06 auf dem Lande . 14,14 15,34 165,04. PBesonders starke Minderheiten traten auf: für die J. Abtheilung in Berlin (20,81 v. H.) und Schleswig-Holstein (20,338 v. H), für die II. ebenfalls in Berlin (36,0 v. H) und Schleswig- Holstein (23,31 v. H.), für die III. wiederum in Berlin (24.20 v. BS.). West⸗ falen (20,48 v. H.) und Hessen-⸗Nassau (24.41 v. H). Abgesehen von Berlin ging nirgends, weder in den Städten noch auf dem flachen Lande, die Minderheit für eine ganze Provinz in einer der drei Ab⸗ theilungen über ein Drittel der gültigen Urwählerstimmen hinaus.
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Dritte Konferenz der Zentralstelle für Arbeiter⸗
Wohlfahrtseinrichtungen. Die dritte Konferenz der Zentralstelle für Arbeiter⸗Wohlfahrts⸗ einrichtungen hat heute in den Konferenzsälen des Anhalter Bahn⸗ hofs ihren Anfang genommen. Auf der Tagesordnung stehen: 1) das Sparkassenwesen in seiner Bedeutung für die Arbeiter⸗Wohlfahrt,“ 2) die Reinhaltung der Luft in Fabrikräumen.“ Dem Jahres⸗ bericht der Zentralstelle entnehmen wir folgende Mittheilungen: Staatssekretär a. D., Wirklicher Geheimer Rath Dr. von Jacobi und Kommerzien⸗Rath Richard Roesicke sind laut Statuten aus der Zahl der durch Sachkunde oder praktische Verdienste um die Arbeiterwohlfahrt ausgezeichneten Männer in den Vorstand kooptiert worden. Die bis⸗ herige Korrespondenz“' der Zentralstelle ist in eine Zeitschrift umge⸗ wandelt worden. Die Zentralstelle giebt außerdem mehrere Schriften beraus, von denen eine eine Darstellung des Wohnungsnothstandes der kleinen Leute in Berlin enthält. Neben dieser publizistischen Thätigkeit hat sich die Geschäftsführung, so heißt es u. a. in dem Jahres⸗ bericht, die Sammlung von Material fortlaufend und mit Erfolg ange⸗ legen sein lassen. Leider ist die Gründung des Wohlfahrts⸗Museums 6 immer nicht zur Ausführung gelangt, und zwar weil sich immer noch kein . Unterkunftsraum hat finden lassen, als der räumlich unzulä
auf deren
ängliche Saal im Hygiene⸗Museum; andererseits weil bei der Mannigfaltigkeit der zu bearbeitenden Aufgaben es an Arbeits⸗ kraft für die wirksame Förderung dieses Gegenstandes gefehlt hat. Es wurden im vergangenen Jahre in etwa 400 Fällen Auskünfte von der . zumeist betreffs der Wohnungsfrage und speziell der Errichtung von Baugenossenschaften ertheilt. Ferner haben im vorigen Jahre zwei Informationsreisen, an denen sich viele Arbeit⸗ geber betheiligt haben, behufs Inaugenscheinnahme mustergültiger Wohlfahrtseinrichtungen stattgefunden. Eine dritte Informationgt⸗ reise wird für die Pfingstwoche dieses Jahres geplant. Unter Hinwegräumung mannigfacher entgegenstehender Schwierigkeiten, wesentlich durch die Mithilfe der Zentralstelle, ist es gelungen, dem Berliner Bau⸗ und Spar⸗Verein für seine Entwicklung eine Basis zu schaffen, auf welcher er voraussichtlich mit Erfolg weiterbauen kann. Das erste Genossenschaftshaus mit über vierzig Wohnungen wird im Herbst dieses Jahres zum Beziehen fertig sein. Für ein zweites ebenso großes Haus sind die Mittel gesichert. Die Bedeutung dieser Schöpfung liegt nicht so sehr in der unmittelbaren Wirkung, welche . auf die Gestaltung der ,,, der Berliner Arbeiter haben wird, als in den Beziehungen, die durch das Zusammenwirken mit den Arbeitern an einer gemeinschaftlichen Aufgabe gewonnen sind. Die Erfahrung, mit wie großen Schwierigkeiten es verbunden ist, für den Zweck des Baues von Arbeiterwohnungen billige Baudarlehen zu beschaffen, hat die Anregung gegeben, diese Frage zum Gegenstand einer besonderen Besprechung von Fachleuten zu machen, die am Tage nach der dies⸗ jährigen Konferenz stattfinden soll. Eine eben solche informatorische Besprechung wird betreffs der Sonntagsruhe im Handelsgewerbe und der zweckmäßigen ö der jugendlichen Bediensteten des Handelsgewerbes an den freien Sonntagen vorbereitet. Der im vorigen Geschäftsbericht erwähnte Versuch der Beschaffung von Noth⸗ arbeit für arbeitslose Familienväter hat den Gedanken nahegelegt, durch eine zusammenfassende Darstellung alles auf diesem Gebiete bis⸗ her Geleisteten die Grundlage für ein weiteres praktisches Vorgehen zu gewinnen. Es schweben bereits Verhandlungen, um diesen Ge danken zu verwirklichen. Endlich ist die Herausgabe einer Schrift geplant und in Angriff genommen, welche in gleicher Weise ein Bild von den bislang gelungenen Versuchen, guten Lesestoff im Volke zu verbreiten, liefern soll. Die Zentralstelle zählt zu ordentlichen Mitgliedern: 1 Lan desdirektion, 1 Invaliditäts- und Altersversiche⸗ ,, 17 Städte und 23 Vereine. Die außerordentlichen Mit- lieder beziffern sich auf 10090. Von Ein⸗ respektive Ausgängen der entralstelle waren im verflossenen Geschäftsjahre rund 3000 zu verzeichnen. Die Portoausgaben betrugen 830 Se; die Einahmen beliefen sich auf 28373 ½, die Ausgaben auf 23 448 — Mit der diesjährigen Konferenz ist eine Ausstellung von Apparaten zur Lüftung von Fabrikräumen und von Zeichnungen und Modellen ausgeführter Lüftungsanlagen u. s. w. verbunden. Die Ausstellung, die in einem großen Saale des Anhaltischen Bahnhofs untergebracht ist, bleibt bis zum 9. d. M. geöffnet und ist den ganzen Tag über unentgeltlich zu besichtigen.
Die heutige erste Sitzung wurde von dem Vorsitzenden, Unter Staatssekretär a. D., Herzog, der der Versammlung präsidierte, mit einer langeren Begrüßungsrede eröffnet, worin er ganz besonders den Reichs und Staatsbehörden für die der Zentralstelle zutheil gewordenen Unterstützungen dankte. Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bildete: „Das Sparkassenwesen in seiner Bedeutung für die Arbeiterwohlfahrt?. Der Referent, Professor Dr. W. Schaefer (Hannover) befürwortete folgende Leitsäͤtze:
JI. Das Sparen ist nicht nur als bedeutfame Quelle für Kapitalbildung, aus welcher dem Vermögen aller Kulturvölker seit den letzten Jahrzehnten viele Millionen zugeflossen sind, sondern vor allem wegen seiner ethischen Natur als eine der wichtigsten Grundlagen der heutigen Volkswirthschaft zu be= trachten. Die Sparkassen sind der volksthümlichste, Ausdruck einer ernsteren und höheren Auffassung des menschlichen Lebens, aber sie verdanken ihren Ursprung wesentlich dem erzieherischen Einfluß der besitzenden Klassen und können diesen auch jetzt noch nicht entbehren.
II. Um das Sparen der unteren K i befördern, muß es ihnen räumlich, zeitlich und geschäftlich bequemer ge⸗ macht werden. Das kann geschehen durch Pfennig⸗Sparkassen, Sparmarkensystem, Uebertragbarkeitsperkehr und insbesondere durch Vermehrung der Annahmestellen und. Annahmestunden. ‚ letzterer Beziehung haben die in vielen Ländern eingef .
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