1894 / 116 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 19 May 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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. allein nicht das entscheidende Wort haben, o

ndern das gang Volk und die ganze Regierung. Den Vor⸗ wurf des Chauvinismus müsse er zurückweisen. Das Deutsche Reich“, schloß der Minister, ist und war bisher der Weltfriede. Diese Friedensliebe hat das Reich auch bei den handelspolitischen Verträgen bewiesen, worüber aber gerade jene Herren Vorwürfe erheben. Soweit mit der Sicherheit des Reichs vereinbar, wird die Regierung alles thun, auf Ersparungen zu dringen.“ Schließ⸗ lich wurde der Etat für Reichszwecke genehmigt und zwar, dem Antrage des Ausschusses gemäß, unter Erhöhung der mit 46671 0090 ½ in den Etat eingestellten Matrikularbeiträge auf 50 855 000 M6 Sachs en.

Seine Majestät der König und Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Johann Georg gedenken sich, dem „W. T. B.“ zufolge, am 29. d. M. nach Berlin zu begeben, um der Parade der Gardetruppen am 30. d. M. beizuwohnen.

Württemberg.

Die Kammer der Standesherren beendigte in ihrer vorgestrigen Sitzung die Berathung der Vorlage über die Pensionsrechte der Körperschaftsbeamten. Die Schlußabstimmung über die Vorlage wird später vor⸗ genommen werden. Die Kammer der Abgeordneten gestern die Berathung der Novelle zum

olksschulgesetz fort. Nach längerer Debatte wurde der Antrag des Abg. Kiene, wonach, der Religions⸗ unterricht fuͤr die Fortbildungsschulen obligatorisch gemacht werden soll, abgelehnt und Art. Lin der Fassung der Kommission mit großer Fe Tritt angenommen. Alsdann wurde Art. 4 berathen. Die Regierung will die obligatorische Fortbildungsschule nur für Städte mit mehr als 19009 Einwohnern. Ein Antrag des Abg. Kiene geht bis auf 3009 hinab, während die Kom⸗ mission für die allgemeine Einführung eintritt. Der Re⸗ gierungsantrag und der Antrag Kiene wurden mit großer

ehrheit abgelehnt, der Kommissionsantrag mit 61 gegen 24 Stimmen angenommen.

Baden.

In der vorgestern abgehaltenen Sitzung des Ver⸗ fassungsausschusses der Zweiten Kammer gab der Präsident des Ministeriums des Innern, Geheime Rath Eisenlohr eine im Großherzoglichen Staats-Ministerium ö Erklärung über die Stellung der Großherzog⸗ lichen Regierung zur Wahlxrechtsfrage ab, die nach der „Bad. Korr.“ folgenden Wortlaut hat:

Die Großherzogliche Regierung sieht die Bedeutung des bestehen⸗ den Wahlverfahrens darin, daß die Wahl der Abgeordneten in Wahl⸗ bezirken der Städte und Aemter durch gemeindeweise gewählte Wahl⸗ männer einerseits ein lediglich auf der großen Zahl der Wahl⸗ berechtigten beruhendes Ueberwiegen einzelner Volkskreise abzu⸗ schwächen geeignet ist, anderseits einer Beachtung der besonderen Interessen der einzelnen Gemeinden Raum schafft. In beiden Beziehungen kann der gleiche Werth Bestimmungen nicht beigelegt werden, welche sich darauf beschränken, die direkte Wahl in wenigen großen Wahlbezirken in Verbindung mit dem Proportional⸗ system einzuführen, ohne gleichzeitig eine geeignete Berücksichti⸗

ung der Interessen der Städte und Gemeinden zu sichern.

ie Großherzogliche Regierung hält an dem indirekten Wahlver⸗ fahren nicht unbedingt fest, ist vielmehr bereit, sofern sich die Aussicht zu einer Verständigung mit den beiden Kammern eröffnen sollte, der Prüfung der Frage näher zu treten, inwieweit unter Berücksichtigung der oben bezeichneten Gesichtspunkte die bestehenden Bestimmungen über das Wahlverfahren einer Aenderung unterzogen werden können.

Hessen.

Die Zweite Kammer trat gestern in die Berathung der Vorlage uber die Weinsteuer ein. Der Finanz ⸗Minister Weber legte in längerer Rede den Standpunkt der Regierung dar. Er entwarf zunächst ein geschichtliches Bild der Entwickelung der Weinsteuergesetzgebung Hessens und wies sodann auf die Vorzüge hin, die der neue Gesetzentwurf gegenüber dem früheren Gesetze biete, indem er insbesondere der dadurch bezweckten Heranziehung der Privaten zur Weinsteuer Er⸗ wähnung that und auf die . des Deklarationssystems des näheren einging. Er kam dann weiter auf die heutige ö zu sprechen, in deren Interesse die Erhebung der Weinsteuer, von der man nach dem neuen Gesetz eine Ein⸗ nahme von 400 000 bis 500 000 MH erwarten könne, dringend geboten erscheine, und gab zum Schluß eine kurze Ueber⸗ sicht über die Hauptgesichtspunkte, von denen der Gesetz— entwurf geleitet ist. Die Abgg. Pennrich und Osann sprachen energisch gegen die Steuer, die einseitig die Wein⸗ bauer belasten werde. Der Ministerial⸗Rath Krug bestritt, daß die Vorlage die Winzer oder Händler treffe. Die Weiter⸗ berathung sollte heute stattfinden.

Braunschweig. Auf Befehl Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht von Preußen, Regenten des Herzogthums Braunschweig, fand gestern im Schlosse zu Blankenburg ein Diner zu 435 Gedecken statt, zu dem das Offizierkorps des Leib⸗Bataillons mit Damen geladen war.

Dem Landtag ist, wie die „Köln. Ztg.“ berichtet, eine Vorlage zugegangen, wonach das Gehalt der Lehrer an den Landgemeindeschulen außer freier Wohnung von min⸗ destens 1909 ½ in 8 Altersstufen i 1800 steigen soll, welcher Höchstbetrag mit dem 22. Dienstjahr erreicht wird. An den mit mehr als einem Lehrer besetzten Landschulen soll jedoch das Gehalt des Ersten Lehrers nicht unter 1600 „MS außer freier Wohnung betragen. Ferner wird durch die Vorlage das Gehalt der Lehrer in den kleinen Städten (außer Wohnung bezw. Miethsentschädigung) auf 1050 bis 2100 M6 (jetzt bis 1950 60) festgesetzt. Außerdem ist dem Landtag eine Vorlage über die Errichtung von Schul—⸗ sparkassen, Konfirmanden⸗Sparvereinen u. s. w. sowie eine Vorlage über die Entschädigung für Pferde und Rindvieh, die durch Milzbrand und Rauschbrand gefallen sind, zugegangen.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Zu der am 30. d. M. stattfindenden Vermählung der

Erzherzogin Carolina Immaculata mit dem Prin—⸗

en August von Sachsen⸗Coburg wird nach einer

eldung des ‚W. T. B.“ auch der Herzog Alfred von ö . in Wien erwartet. .

ne Meldung der „Politischen Korrespondenz“ aus Bu⸗

karest stellt fest, daß der österreichischungarische Ge—

andte weder mündlich noch schriftlich bei der rumänischen ierung wegen der Demonstrati onen der ru mänischen Kulturliga anläßlich des Klausenburger Memorandum⸗ prozesses intervenierk habe, und daß somit auch die von Bu⸗ karester Blättern veröffentlichte angebliche Antwort der rumänischen Regierung vollständig aus der Luft ge— griffen sei. . ö .

In der gestrigen Sitzung des österreichischen Ab⸗ geordnetenhauses wurde von dem Abg. Perners⸗ torfer und Genossen ein dringlicher Antrag auf Ein füh— rung des Achtstundentags in Bergwerken, einschließlich Einfährt und Ausfahrt, ferner auf Verbot der Werk— Konsumvereine, sowie auf Gewährung einer staat⸗ lichen 6 die Hinterbliebenen der in Falkenau und Polnisch⸗Hstrau getödteten Arbeiter eingebracht. Nach der Begründung der Anträge durch die Antragsteller lehnte das Haus die Dringlichkeit ab und be⸗ Hhloßt 4 Anträge nach Maßgabe der Geschäftsordnung zu behandeln.

. Der Gewerbeausschuß berieth gestern den Antrag des Abg. Ruß auf Erhebungen in den Bergwerken. Der Minister des Innern Marquis Bacquehem theilte mit, daß an die Landes-Chefs die Weisung ergangen sei, über die Vor— gänge in Ostrau genaue Erhebungen anzustellen und nicht nur die Beh rden sondern auch die unmittelbar Betheiligten zu vernehmen. Das Ergebniß der Erhebungen werde dem Ausschuß innerhalb acht Tagen mitgetheilt werden. Der Ackerbau⸗Minister Graf Falkenhahyn erklärte, ähnliche Weisungen seien auch an die Bergbehörden ergangen. Der Gewerbeausschuß beschloß hierauf, sich auf eine Woche zu vertagen.

Bei der im ung arischen Unterhause gestern fortgesetzten Debatte über das Ehegesetz erklärte der Abg. Julius Drapary, es seien anormale parlamentarische Verhältnisse, wenn die Regierung bald mit dieser, bald mit jener Fraktion manövriere. Die Ankäufe von Zeitungen durch die Regierung seien zu tadeln, und es sei zu wünschen, daß die Regierung im Interesse der Ruhe des Landes sich zu Konzessionen bequemen möchte und die obligatorische Zivileheschließung fallen ließe. Der Redner unterstützte den vorgestrigen darauf bezüglichen An⸗ trag des Grafen Apponyi. Heute sollte die Debatte fortgesetzt werden.

In dem Klausenburger Memorandumprozeß wurde gestern das Verhör fortgesetzt. Der Angeklagte Ratiu leugnete, an der Verbreitung des Memorandums theilgenommen zu haben. Dies sei ausschließlich das Werk Broto's gewesen. Der Konsistorial-Assessor Christian erklärte, die Verantwortung für das Memorandum zu übernehmen. Der Angeklagte Ad— vokat Tripou übernahm gleichfalls die Verantwortung für das Memorandum, gab die Theilnahme an der e un. des Textes zu und bedauerte, an der Verbreitung des Memoran— dums nicht haben mitwirken zu können.

Großbritannien und Irland.

Gestern Nachmittag ist laut Meldung des „W. T. B.“ die zweite Division des deutschen Manöver— geschwaders im Frith of Forth eingelaufen.

Frankreich.

Der König von Schweden stattete gestern Nachmittag dem Präsidenten Carnot einen Besuch ab. Trotz des In⸗ kognitos des Königs wurden ihm die militärischen Ehren er— wiesen. Der Präsident Carnot machte kurz darauf seinen Gegenbesuch.

Eine Versammlung von Industriellen und Kauf— leuten, die gestern Nachmittag über die Wiederaufnahme der Handelsbeziehungen zwischen Frankreich und der Schweiz berieth, nahm, wie „W. T. B.“ berichtet, einstimmi eine Tagesordnung an, die besagt, es sei wünschenswerth, 6 die ausgezeichneten Handelsbeziehungen zwischen Frankreich und der Schweiz sobald als möglich wieder aufgenommen würden. Ein Exekutivcomits soll die zu ergreifenden Maßnahmen berathen. ;

In Bangkok wurden Marinesoldaten des französischen Kriegsschiffs „Vipére“ von Siamesen in dem Augenblick angegriffen, als sie an Bord zurückkehren wollten. Nach einem der Regierung zugegangenen amtlichen Telegramm hat der französische Konsul ia. die gerichtliche Verfolgung der schul⸗ digen Siamesen verlangt, die zu hohen Geldstrafen verurtheilt wurden.

Italien.

Bei der gestern von der Deputirtenkammer fort— gesetzten Berathung des Armeebudgets entspann sich, wie „W. T. B.“ meldet, bei Kap. 24, Personal der militärischen Gerichtsbarkeit, wofür ein Kredit von 487 100 Lire angesetzt ist, eine längere Debatte. Die Deputirten Spirito und Merlani brachten eine Tagesordnung ein, worin die Regierung aufgefordert wird, die militärischen Gerichts⸗ höfe auf 12, sowie die Kosten hierfür im Budget von 1894/95 auf 387 000 Lire herabzusetzen. Des weiteren wird darin die Regierung aufgefordert, eine Gesetzesvorlage einzubringen, durch welche die im militärischen Strafgesetzbuch vorgesehenen Vergehen der Aburtheilung der Zivilgerichtshöfe überlassen werden, ausgenommen diejenigen Vergehen, die un⸗ bedingt in den Bereich der . Disziplin fallen, oder die an Bord oder während eines Krieges begangen sind. Der Minister-Präsident Crispi erklärte, die Tagesordnung nicht annehmen zu können, die sodann in namentlicher Abstimmung mit 140 gegen 76 Stimmen ab⸗ . wurde. 35 Deputirte, darunter Zanardelli und i Rudini, enthielten sich der Abstimmung. Hierauf nahm die Kammer eine . an, worin von den Erklärungen der Regierung Akt genommen wird. Die Sitzung wurde sodann i fen. .

Der Papst, dessen Befinden ein vorzügliches ist, vollzog in dem gestern abgehaltenen geheimen Konsistorium mehrere Ernennungen, bestätigte in seiner Allokution die Wahl des neuen Patriarchen von Antiochia Behnem Benni durch die syrischen Bischöfe und bewilligte dem Patriarchen das Pallium.

Spanien. Der oberste Kriegsrath hat dem „W. T. B.“ zufolge von den Barcelonger Anarchisten sechs zum Tode und vier zu lebenslänglicher Zwangsarbeit verurtheilt.

Rumänien.

Ueber die Feierlichkeiten bei der vorgestrigen Eröffnung des Do nau⸗-Durchstiches bei Sulina berichte „W. T. B.“. Folgendes: An der Stelle der Donau, wo der Du rchffich beginnt,

das deutsche h enn „Loreley“, die rumänische Brigg, Mircea“

das französische Stationsschiff „Petrel“, das englische Stations schiff „Cocatrix“ und das zsterreichisch ungarische Schiff „Taurus“ Anker geworfen. Der Separatdampfer „Orient“

an dessen Bord f der König Karol mit Gefolge, die Minister, die Mitglieder des diplomatischen Korps und der europäischen Kommission befanden, durchschnitt das Seil, um in den Durchstich , , Alle Kriegsschiffe lösten die Geschütze. In diesem Augenblick brachte der Präsident der europäischen Kommission Azarian Effendi einen Toast auf den König aus, worin er hervorhob, die Kommission sei glücklich und stolz, unter den Auspizien des Königs Karol den Durchstich zu eröffnen, der in vier Jahren ausgeführt worden sei. Die Fürsorge des Königs und die Unterstützung seiner Regierung habe dieses Werk er— möglicht; die Anwesenheit des Königs bei dem Feste bilde die Belohnung für diejenigen, welche das Werk ausgeführt hätten. Der Redner gab sodann den Gefühlen der Dankbarkeit im Namen der Kommission Ausdruck, wünschte dem König eine lange glückliche Regierung und schloß mit einem Hoch auf den König, die Königin und die Königliche Familie. ,. überreichte Azarian Effendi dem König im amen der Kommission einen kostbaren silbernen Pokal. Der König dankte und sagte, er sei in der Lage gewesen, seit 27 Jahren die bedeutenden Fortschritte des von der Kommission ausgeführten Werkes festzustellen. Heute sei, er glücklich, die Ingenieure persönlich beglückwünschen zu können. Er nehme den prachtvollen Pokal an und werde ihn als Erinnerung an den schönen Tag aufbewahren. Er wünsche der Kommission neue Erfolge bei der Aufgabe, die ihr von Europa übertragen sei. Er trinke auf das Wohl der Mitglieder der Kommission. Um 5 Uhr fuhr der Dampfer „Orient“ in den Hafen von Sulina ein, wo ihn zahlreiche beflaggte Schiffe, darunter der rumänische Kreuzer „Elisabeth“, erwarteten. Beim Einlaufen des Dampfer wurden Geschützsalven abgegeben. Der König landete unter begeisterten Zurufen der Menge und begab sich zunächst nach der orthodoren Kirche, wo ein Je Deum gesungen wurde, und sodann nach der katholischen Kirche. Von hier fuhr der König in das r in im Palais der europäischen Kommission vorbereitete reich— geschmückte Absteigequartier, woselbst die offiziellen Vorstellungen Um 8 Uhr fand ein großes Bankett statt, wobei Azarian Effendi in einem Trinkspruch einen Rückblick auf die Arbeiten der Kommission warf und dem König den Dank für die Ermöglichung dieser Arbeiten aussprach. Der König erwiderte mit folgenden Worten: „Das schöne Fest, das die europäische Donaukommission mir zu Ehren freundlichst veranstaltete, wird stets in meinem Gedächtniß bleiben. Ich spreche ihr dafür sowie für die liebenswürdigen Aufmerksamkeiten, die meiner Person erwiesen wurden, meinen aufrichtigsten Dank aus. Mit lebhaftem Vergnügen habe ich der . des großen Donau⸗Durchstiches beigewohnt. Ich weiß die ausgezeichneten Dienste wohl zu würdigen, welche die on n f durch ihre Arbeiten dem Handel und der Schiffahrt, namentlich dem Handel und der Schiff— fahrt Rumäniens auf der unteren Donau, erwiesen hat. Rumänien wird die hauptsächlichsten Vortheile aus der ge— sicherten Erschließung des neuen Absatzweges ziehen. Ich bin deshalb der getreue Dolmetsch der Gesinnungen meines Landes, wenn ich der Kommission für die ersprießliche Wirksamkeit danke, welche sie seit dreißig Jahren entfaltet, und wenn ich das Wohl der Herrscher und Staatsoberhäupter ausbringe, welche in diesem Augenblick hier nicht bloß durch das bei mir beglaubigte diplomatische Korps und durch Mitglieder der europäischen Kommission, sondern auch durch Stations— schiffe vertreten sind, deren Anwesenheit diesem Feste einen ganz besonderen Glanz verleiht. Mit Achtung und Sympathie begrüße ich die Flaggen, die heute an den Mündungen der Donau wehen, des majestätischen Stroms, an den sich Erinnerungen an meine Jugend und an die Ge— schicke meines Lebens knüpfen und dessen Quellen die Wiege meiner Familie bespülen. Ich trinke auf das Wohl der Herrscher und der Staatsoberhäupter der Großmächte.“ Am Abend war die Stadt Sulina glänzend erleuchtet. Im Hafen fand ein venetianisches Nachtfest statt, wobei ein Feuerwerk abgebrannt wurde.

Serbien.

Wie die Wiener Blätter übereinstimmend aus Belgrad melden, soll die antidynastische Verschwörung, die vor— gestern zu Haussuchungen und einer Verhaftung führte, zu Gunsten der Thronansprüche der Familie Karageorgewie angezettelt worden sein. Auch bezüglich Pa sic's besteht der, Neuen Freien Presse“ zufolge der Verdacht, daß er eine gewisse Ver— bindung mit dem Prinzen Karageorgewic unterhalten habe. Die Verhaftung Pasic's werde durch dessen Verbleiben im Aus— lande vereitelt. Der „Politischen Korrespondenz“ zufolge wird der Ministerrath, der in den nächsten Tagen unter dem Vorsitz des Königs Alexander abgehalten werden wird, über das Verfahren berathen, das angesichts des Beschlusses des Kassationshofes hinsichtlich der Wiedereinsetzung der Eltern des Königs in die ihnen als Mitglieder des Koͤnigshauses zu— stehenden Rechte beobachtet werden solle.

Bulgarien.

Die bulgarische Synode wird nach einer Meldung des ‚W. T. B.“ in nächster Zeit in Sofia zusammentreten.

Der Justiz-Minister Slapkow hat eine Studienreise in das Ausland unternommen.

Schweden und Norwegen.

Das Storthing hat, wie „W. T. B.“ aus Christianig berichtet, gestern alle eingebrachten Anträge auf Einführung des proportio nellen Wahlsystems bei den politischen r, abgelehnt. Eine an das Storthing gerichtete sozialistische Adresse, in welcher gedroht wird, Gewalt anzuwenden und eventuell einen allgemeinen Ausstand zu proklamieren, falls das allgemeine Stimmrecht nicht durchgeführt werde, wurde auf Antrag des Präsidenten wegen der anstößigen Form zu den Akten gelegt.

Dänemark.

Der Ausschuß der Rechten hat, wie, W. T. B.“ meldet, gestern einstimmig ein Manifest an die Parteigenossen ge⸗ nehmigt, worin die Hoffnung ausgesprochen wird, daß die bevorstehenden Wahlen zu den beiden Abtheilungen des Reichs⸗

tags das Zusammenwirken zwischen der . und jener Gruppe der Linken, die einen Äusgleich mit der Rechten ab⸗

war von einem Ufer zum andern ein Seil gespannt. Daselbst hatten [.

. habe, befestigen und stärken möge. Es wird jedoch gleich hervorgehoben, daß die Gruppe der Linken 2 mit 9 Rechten zusammen eschmolzen, sondern auch künftig als Gegenpartei anzusehen sei.

Parlam entarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.

Auf der Tagesordnung der heutigen 68. Sitzung des auses der Abgeordneten, welcher der Minister für ndwirthschaft c. von Heyden beiwohnte, stand zunächst

die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Fischerei der Ufereigenthümer in den Privat— flüssen der Provinz Westfalen.

Die Abgg. Dr. Freiherr von Heereman (entr.), Freiherr von Plettenberg-⸗Mehrum (kons, Kirsch . Willebrand (Genkr) und Hum ann (Zentr.) . sich, abgesehen von einzelnen Bedenken, zustimmend zu er Vorlage aus, wünschten jedoch, mit k des Abg. Freiherrn von Heereman, noch die Vorberathung in einer ᷣᷣᷣ

(Schluß des Blattes.)

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Die Bestimmung der Anmerkung zu Nr. 4b des Tarifs zum Reichs⸗Stempelgesetz vom 29. Mal 1885. ‚Kauf⸗ und sonstige Anschaffungsgeschäfte über im Inlande von einem der Kontrahenten erzeugte oder hergestellt. Mengen von Sachen oder Waaren sind steuerfrei“, findet, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, JI. Zivil- senats, vom 13. Februar 1894, nur Anwendung auf eine Viel⸗ beit von gleichartigen Sachen, welche nach ihrer natürlichen Beschaffenheit und dem Willen der Kontrahenten als unter⸗ einander gleichweithige und daher insoweit vertretbare in Betracht kommen, ohne daß auf das einzelne Stück für sich ein Ge⸗ wicht gelegt wird. Mengen, die diese Eigenschaft nicht haben, sind in Preußen der Lieferungsstempelsteuer unterworfen. Wenn die Klägerin Beweis durch das Gutachten von Sachverständigen darüber angetreten hatte, daß nach der kommerziellen und hüttentechnischen Anschauung der Mengenbegriff anders verstanden und dabei nicht die einzelnen etwa nach Aussehen, Form, Größe und Gewicht verschiedenen Objekte, sondern die Gesammtlieferung ausschlaggebend sei, so war doch ein solches Rechtsgutachten nicht zu erheben, weil die Gesetzesauslegung Recht und Pflicht des Richters ist und das Berufungsgericht die fragliche Auffassung der Interessenkreise ohne Rechtsirrthum ablehnt. Das angefochtene Urthenl stellt fodann fest, daß die hier fraglichen Panzerplatten unter einander verschieden seien, vor allem der Form nach, d. h. nach ihrer Biegung, dann aber auch nach Länge, Breite, Dicke, Gewicht; der Umstand, daß wenigstens je zwei Platten gleichartig seien, würde deshalb nicht als erheblich Lelten koͤnnen, weil zwei Platten noch keine Vielheit ausmachten. 6 ferner die Bearbeitung der Platten nach genauen Zeichnungen und Modellen vorgeschrieben gewesen, könne nicht zweifelhaft sein, daß jede einzelne Platte ein genau bestimmtes Sachindividuum eigen— artiger Natur darstelle. (269 /93.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Ueber die Verhandlungen des hier in Berlin tagen— den fünften internatio nalen Bergarbeiter kongresses wird der „Voss. Ztg.“ weiter berichtet:

Nach Eröffnung der gestrigen Sitzung, bei der Wil son den Vorsitz führte, wird von der am Donnerstag niedergesetzten Geschäfts⸗ kommission die neurevidierte Erklärung der Belgier über die Haftbarkeit der Arbeitgeber (vergl. Nr. 115 d. Bl.) den Arbeitern gegenüber bei Unfällen während der Arbeit vorgelegt. In der Erklärung soll der Satz: „in den belgischen Gruben“ gestrichen werden. Die Engländer sind mit diesem Vorschlag nicht einver⸗ standen. Weir (Schottland) schlägt vor, dem belgischen Antrag einen Zusatz beizufügen, nach dem der Arbeitgeber für Unfälle haftbar ge⸗ macht wird, ausgenommen solche Fälle, bei denen nachweislich die Schuld den Arbeiter trifft. Bei der Abstimmung lehnt die eng— lische Sektion geschlossen den belgischen Antrag ab; die Deutschen, Oesterreicher, Belgier und Franzosen stimmen dafür. Der nächste Punkt, der Tagesordnung betrifft den normalen Arbeitslohn, wie er zu erlangen und festzuhalten ist'. Die eng⸗ lischen Delegirten Edward (Midland Federation) und Harvey Derbyshice) beantrag en nachstehende Erklärung: Der Kongreß ist der Neinung, daß der einzige Weg, einen zum behaglichen Leben aus— bömmlichen Lohn zu erhalten und zu behalten, die gewerkschaftliche Organisation ist und daß keine Frage, die den Lohn betrifft, ent⸗ schieden werden kann, ohne daß die Arbeiter und Angestellten Kennt— niß nehmen können von den Gewinnen, Verlusten, Verkaufspreisen u. s. w. Ein von Brodam (Gelsenkirchen) zu dieser Erklärung ge⸗ steltes Amendement hat folgende Faffung? „Ber Kongreß verlangt, daß der Minimallohn in allen Ländern durch Gesetz festgelegt werde. Bei der Abstimmung entstehen Streitigkeiten zwischen den deutschen und den englischen Delegirten; die Deutschen glauben, daß sie von den, Engländern majorisiert werden sollen. Die Engländer sind einstimmig gegen die gesetzliche Festlegung eines Mindestlohns (Antrag Brodam), die übrigen Nationalitäten geschlossen dafür. Präsident Wilson bemerkt, daß nach der Geschäfts⸗ drdnung nicht die Zahl der Delegirten, sondern die Zahl der von ihnen vertretenen Bergarbeiter bestimmend fei, demnach sei der Antrag

rodam abgelehnt. Darauf wird über den englischen Antrag äbgestimmt. Es stimmen die Deutschen, Franzosen und Bel⸗ hier geschlossen dagegen, die Engländer, ausschließlich der Dele⸗ in von Durham und Northumberland, die sich der Ab⸗ limmung enthalten, sind für den Antrag. Der Vorsitzende stellt fest, duß Sab G00 Bergarbeiter für und 463 390 dagegen gestimmt haben, Naß also eine Mehrheit von 62 700 Stimmen für den Antrag zu stande gekommen ist. Gegen diese Auslegung der Geschäfts ordnung ttheben die deutschen, französischen und belgischen Delegirten Wider⸗ spruch. Zum nächsten Gegenstand der Tagesordnung: Ueber⸗ produktion und was muß von internationaler Seite geschehen, um ses verhindern, ist von den Belegirten Cal'tewaert, Mar vifie 9 Lamendin folgende Erklärung eingebracht: „In Anbetracht dessen, die lleberproduktion die erste ke. der beklagenswerthen Lage der r gere liet ist, daß sie ebenso gegen ihre Interessen als gegen die der leitgeber verstößt; in nen ach dessen, daß es dringend geboten ist, em ein Ende zu machen, indem man die i regelt, 8. h. den Bedürfnissen der Konsumenten durch internationale Ver⸗ aldi gung anpaßt; in Erwägung, daß diese Verständigung nur unter rbeitern möglich ist; in Anbetracht dessen, daß, un: die erzielten ultate zu überwachen und aufrecht zu erhalten, die Organi—⸗ ien, eines internationalen Arbeitercomités in Kraft tritt, 1 ärt der Kongreß, daß es durchaus nothwendig ist, sich ne Zögern auf den von G. Lewy angegebenen Weg zu begeben.“ de h zen glich Delegirte Thomas Aspinw ag! beantragt folgende arung: „Der Kongreß ist der Ansicht, daß die Ueberproduktion von

Kohlen von der Einführung ungelernter Arbeiter in die Bergwerke und der ungeheueren Zunahme der Konkurren; der Händler unter⸗ einander herrührt. Der Kongreß kommt ken als überein, daß alle Nationalitãten jedes zulässige Mittel anwenden follen, um die Kohlen— förderung einzuschränken, und mit r Mitteln versuchen sollen, die ungelernten Arbeiter von der Ein ahrt in die Bergwerke für die Jutunft abzuhalten. Bölger (Dortmund) nimmt 9 Wort zur Begründung der deutschen Frklärung: Um die Ueberproduktlon zu be— seitigen, ist es nöthig, die Arbeitszeit zu verkürzen und die Löhne zu er⸗ höhen, da die Ueberproduktion auf Unterkonfumtion zurückgeführt wird. Die ganze Ueberproduktion gänzlich zu beseitigen, kann nur geschehen, wenn die kapitalistische Gefellschaftzordnung? in eine dem Gemein⸗ wohl dienende verwandelt wird.“ Bei der Abstimmung wird zuerst die deutsche Erklärung vorgenommen. Sie wird von der englischen Sektion verworfen; dafür stimmen von Den Engländern nur die De⸗ 6. won Durham und Northumberland. Die Belgier und Fran— zosen erklären, nicht stimmen zu wollen. Die Deutschen sind einstim⸗ mig dafür; sie wird mit 182 799 Stimmen Mehrheit abgelehnt. Die Yeutschen nehmen dies Ergebniß mit großer Unruhe auf. Sie erbitten Auskunft, ob die inzwischen abgereiften Engländer abgerechnet seien von der englischen Vertretung. Der Präsident erklärt, daß die an⸗ wesende Delegirtenzahl nicht in Betracht komme; ob zwei oder alle an⸗ wesend seien, dieselben vertreten immer die ganze Föderation. Von den Deutschen und Franzosen wird gegen diese Auslegung heftiger Widerspruch erhoben. Die belgische Erklärung wird ebenfalls von den Engländern abgelehnt, worauf die Antragsteller sie zurückziehen. Dann nehmen die Engländer gegen die anderen Rationen ihre Er⸗ klärung an und beanspruchen die Mehrheit auf Grund diefer Ab⸗ stimmung. Die Deutschen brechen in ein Hohngelächter aus. Die Franzosen und Belgier bestehen darauf, daß eine von ihnen ein⸗ gebrachte zweite Erklärung zur Verlesung und Abstimmung komme. Der Präsident verweigert dies. Bald darauf erklärt der Präsident, daß „die Engländer jetzt den Kongreß verlassen müßten, sie überließen es den übrigen, zu entscheiden, ob sie allein noch länger tagen wollten. Diese Mit⸗ theilung ruft eine allgemeine Entrüstung bei den anderen Nationalitäten hervor. Die Engländer bestehen mit Beharrlichkeit auf ihrem Beschluß, sie hätten schon danach ihre Anordnungen ge— troffen. Whitehoufe nimmt das Wort, um namens der Engländer Abschied zu nehmen. Sie bedauerten, daß es zu scheinbaren Miß— derständnissen gekommen sei. Diese würden aber das brüderlich Gefühl, der Engländer zu den übrigen Bergarbeitern nicht beeinträchtigen. Sie seien nach der Lage der Verhältnisse ge⸗ zwungen, den Kongreß zu perlassen, und müßten es denen, die noch hier bleiben, überlassen, ob sie die unerledigt ge⸗ bliebenen Geschäfte zu Ende führen wollen. Dann verläßt Präsident Wilson den Präsidentenstuhl, und mit der englischen Delegation den Kongreß. Vize-⸗Präsident Zimmermann fragt die Zurückgebliebenen, ob sie weitertagen wollen oder ob der Kongreß schon geschloffen werden soll. Calvignae und Lamendin rufen: Nein! Nein! Das ist kein internationaler Kongreß mehr!‘ Die Deutschen stimmen für Weiter— tagung. Vize-Präsident Zimmermann schließt alsdann die Sitzung und beraumt auf heute Vormittag 10 Uhr die Schlußsitzung an. ö, unentschieden, ob die Franzosen und Belgier hier bleiben wollten.

Zum Brauereiböttcherausstand hier in Berlin wird dem „Vorwärts“ berichtet:

Anm gestrigen Abend fanden neun Volksversammlungen statt, um die Verrufserklärung weiterer sechs Brauereien (vergl. Nr. 115 d. Bl.) zu hestätigen. Im Feenpalast, wo Bebel sprach, waren gegen 4606 Personen anwesend. In Martens' Festsaal, Friedrichstraße, hatte Auer das Referat übernommen; hier waren etwa 1500 Personen an— wesend. Kurth's Festsäle (Referent Fischer) war von über 2000 Per. sonen besucht. Das Louisenstädtische Konzerthaus (Referent Timm) war bon gegen ho0 Personen besucht. Im Klubhaus Südost berichtete Zubeil vor überfülltem Saal. In den Konkordia⸗Festsälen Referent. Pfannkuch) hatten gegen 4000 Personen Einlaß gefunden. Im Schützenhaus, wo ungefähr 10090 Personen anwesend waren, be— richtete Täterow. Die Germaniasäle (Referent Faber) waren von 3000 Personen besucht. Im Marienbad, Gesundbrunnen (Re⸗ ferent Schmidt) waren etwa 1000 Personen anwesend. In sämmtlichen Versammlungen wurde eine Resolution ein— gebracht und, soweit bis jetzt gemeldet, von mehreren Ver— sammlungen angenommen, wonach der Verrufserklärung Über die sieben bereits genannten Brauereien beigetreten und beschlossen wird, die nachstehenden Forderungen der Ausgesperrten mit allen Kräften zu unterstützen: 1) Wiedereinstellung der gemaßregelten Arbeiter in ihre alten Posten, 2 Aufrechterhaltung und Anerkennung der bestehenden Brauereiarbeiter-Organisationen, 3) Anerkennung des Arbeitsnachweises, 4) Lohnentschädigung für die ausgesperrten und gemaß⸗ regelten Arbeiter, 3) Anerkennung und Freigabe des 1. Mai als Ruhetag. Um ihre Solidarität mit den Ausgesperrten zu bekunden, verpflichten sich die Versammlungen, überall und nach besten Kräften für die Durchführung des Boykotts einzutreten und das Bier der sieben Brauereien sowohl in den öffentlichen Lokalen, bei Ausflügen, in den Werkstätten, Fabriken und allen sonstigen Arbeitsplätzen, wie auch in der Familie so lange grundsätzlich zu meiden, bis den Ausgesperrten Cen n, nnz geworden ist. ie demselben Blatt gemeldet wird, haben die hiesigen Barbiere und Friseure in ihrer Versammlung am 10. Mai den Beschluß gefaßt, in eine Lohnbewegung einzutreten. Die aufgestellten Forderungen sind folgende: 1) Geregelte Arbeitszeit und zwar a. Wochentags von 7 Uhr früh bis 9 Uhr Abends (Sonnabends nach Bedarf länger), b. Sonntags von 7 Uhr früh bis 5 Uhr Nachmittags. 2) Erringung eines Minimallohnes, bestehend aus 38 S6 Lohn und ganzer Kost, 11 6 Lohn und halber Kost oder 18 40 Lohn ohne Kost. 3) Abschaffung des Trinkgeldes, aber so, daß dieses nicht dem „Barbierherrn‘ zufällt. Die Forderung: Abschaffung des Trucksystems, wurde als verfrüht erachtet und abgewiesen. Mit ö. . dieser Forderungen wurde die Agitationskommission etraut.

In Stettin haben die Hafenarbeiter gestern, wie bereits mitgetheilt, auf allen Schiffen die Arbeit wieder aufgenommen. Der von einer Anzahl Getreideträger gefaßte Beschluß, den General⸗ strike zu proklamieren vergl. Nr. 115 d. Bl.) ist, wie die „Ostsee⸗ Ztg.“ berichtet, vollständig wirkungslos geblieben. Es handelte sich, wie sich herausgestellt hat, in der Versammlung in der Hauptsache um selche Träger, die, nur vorübergehend und aushilfsweise beschäftigt werden; die ständigen Träger haben nicht die geringste Notiz von dem Beschluß genommen und arbeiten ruhig weiter. Für mehrere große, mit Kohlen beladene Dampfer waren bereits zu gestern früh Lootsen nach Swinemünde bestellt worden, um dort zu entlöschen. Infolge des Beschlusses der Hafenarbeiter wurden die Lootsen wieder abbestellt. Der Strike der Böttcher auf dem Petroleumhofe der Deutsch⸗amerikanischen Petroleum⸗Gesellschaft dauert noch fort.

Der „Frkf. Itg. wird über Wien aus Ostrau unter dem gestrigen Tage gemeldet:; Außer in zwei Gruben, wo ein Zehntel der Arbeiterschaft ausblieb, fuhren überall alle Arbeiter ein. Der Strike ist gänzlich beigelegt. Die Führer des Ausstands drohen bei einer Nichtwiederanstellung entlassener Arbeiter mit einem Wieder beginn des Strikes. Die Gewerke lehnen dies ab; sie wollen aber . m ung n aufs äußerste einschränken. Das Militär bleibt noch dort.

Der Ausstand der Grubenarbeiter von Graissaec dauert, nach einer Meldung des . H. T. B. aus Paris von heute, fort. Besonders sind es die Frauen der Ausständigen, welche sich sehr er⸗ bittert zeigen und diejenigen Arbeiter, welche die Arbeit nicht eingestellt haben, verhöhnen. Mehrere von ihnen sind wegen Verletzung der Arbeitsfreiheit vor Gericht geladen. . .

Der Ausstand der Droschkenkutscher in Lon don nimmt, wie H. T. B. heute meldet, noch immer zu; es sind ihm beinahe alle Kutscher beigetreten. Man hofft jedoch, daß der Strike nicht lange andauern wird, da die Wagenvermiether gesonnen sein sollen, den

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Nach dem amtlichen Bericht des englischen Handelsamts haben wie der Vosf. Itg. unter dem 12. 5 M. 1 London mit⸗- getheilt wird, im Monat April 113 Arbeiterausstände statt⸗ gefunden. Die meisten hatten jedoch nur einen an Charakter und waren von kurzer Dauer. Im allgemeinen nimmt die Arbeits losigkeit ab. Die 45 Gewerkvereine mit 352 8606 Mitgliedern hatten 21 669 unbeschäftigte Mitglieder oder 6, 169. Im März be⸗ trug die Zahl der Arbeitslosen 6,5 und im Februar 6. Jo /g

r . der Kutscher nachzugeben und den Miethspreis um

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt?

sind bei den hiesigen Standesäm tern in der ,,,

6. Mai bis inkl. 12. Mai er. zur Anmeldung gekommen:

. eren. 434 Eheschließungen, 33 Todtgeborene, 3656 rbefãälle.

Kunst und Wissenschaft.

46 Vicht nur die Karlsruher Kunst- Akademie, sondern die deutsche Kunst muß in dem gestern erfolgten zin cen des Land⸗ schaftẽmalers Hermann, Baisch einen herben Verlust beklagen. Baisch gehörte mit Schönleber und Kallmorgen zu den Meistern, denen die Karlsruher Akademie hauptsächlich ihren Aufschwung und ihre Beliebtheit als Lehranstalt in dem letzten Jahrzehnt zu ver⸗ danken hat. Er wurde am 12. Juli 1845 in Dresden geboren, ging mit, zweiundzwanzig Jahren nach Paris, wo er einige Zeit, bei dem Schöpfer der paysage intime Theodore Roussean arbeitete, um dann in München im Atelier Liers mit Schönleber zu=— sammen seine Studien zu beenden. Im Jahre 1880 erhielt er eine Berufung, in das Lehrerkollegium der Karlsruher Akademie einzu⸗ treten, dem er bis zu seinem nur zu früh eingetretenen Tode ange— hörte Seine Landschaften und Viehstücke, meist Motive vom Strande der Nordsee und den holländischen Küsten, athmen eine Frische und Natürlichkeit, die ihn lange zu dem Führer der Deutschen auf diefem Gebiet machten. Die schlichten Reize der Tiefebene, über der die von feuchten Seenebeln geschwängerte Luft lagert, die Viehherden mit ihren Hütern, die Windmühlen und Poldern, die baumbestandenen Triften haben in ibm einen feinsinnigen Interpreten trotz Potter und Cuyp gefunden. Die Kritik folgte seinem Schaffen mit verständniß⸗ doller Anerkennung, welche auch durch die Verleihung der ver schiedenen Ausstellungsmedaillen, die er in Wien und München er— hielt, öffentlichen Ausdruck erhielt. Die staatlichen und städtischen Sammlungen in Stuttgart, Karlsruhe und Hannover besitzen die her⸗ vorragendsten Arbeiten des in der Blüthe der Jahre aus seinem reich⸗ gesegneten Wirken abberufenen Meisters.

. SsS. Der Dresdener Maler, Professor Hermann Prell hat einen neuen Erfolg zu verzeichnen. Für die Königliche Gemälde⸗ Galerie in Dresden ist nämlich soeben sein Gemälde Judas Ischariot erworben worden. Es ist das ernsteste und charakter⸗ vollste Werk des. Meisters und hinterläßt im Beschauer einen dauernden Eindruck, der sich nicht fo leicht wieder verwischt. 1886 gemalt, erhielt es auf der Berliner akademischen Aus⸗ stellung dieses Jahres eine ehrenvolle Erwähnung, 1891 auf der deutschen Ausstellung in London sogar die erste Medaille. Man sieht auf dem großen Bild den einen Bergabhang eines düstern Thales; über den Kamm scheint der Vollmond herüber; weit in der Ferne geht Jesus nebst seinen Jüngern nach dem Delberge. Im Vordergrund entstehen in Lebensgröße drei Männer: Judas, rothbärtig und rothhaarig, im feuer⸗ rothen Gewande, neben ihm zwei Pharisäer. Alle drei sind vor⸗ züglich charakterisiert, Judas, wie er noch schwankt und kämpft, der eine Pharisäer, der ihm lockend die blinkenden Silberlinge hin⸗ hält, und der andere, der mit gleißenden Worten die letzten Bedenken in Judas' Seele zerstreut. Eine unheimliche Stimmung geht durch das ganze Bild; sie führt uns den Ernst des Vorgangs deutlich vor die Seele. Prell hat seitdem kein Bild von ähn⸗ licher Größe der Auffassung und Kraft der Empfindung gemalt. Seine monumentalen Malereien in Hildesheim und Breslau und die noch bevorstehenden in Dresden und Rom lassen den Künstler nicht so leicht dazu kommen, auch Tafelbilder gleichen Ranges zu malen. Augenblicklich weilt der Künstler, der seit einem Jahre der Dresdner Kunst⸗Akademie angehört, in Breslau, um das Treppenhaus des Schlesischen Museums der bildenden Künste auszumalen. Die Königliche Gemälde⸗Galerie zu Dresden hat mit dem erwähnten Bilde eine herborragende Erwerbung gemacht, die sich den früheren Ankäufen von Uhde, Klinger, Haug, Harrison u. a. würdig anreiht.

Die Versammlung des Vereins deutscher Straf⸗ anstalts- Beam ten in Braunschweig wählte, wie dem. W. T. B. weiter berichtet wird, in ihrer gestrigen zweiten Sitzung zum Vorsitzenden des Vereins den Geheimen Justiz⸗Rath Wirth wieder und zum Schriftführer den Inspektor Denzner, beide aus Plötzensee. Hierauf wurden eine An= zahl Thesen, Aenderungen auf dem Gebiete der Gefängnißverwaltung betreffend, festgesetzt, wodurch dem Strafvollzug eine bessere Wirkung gesichert werden soll, als es unter dem gegen⸗ wärtigen Gefängnißregim der Fall sein könne. Alsdann wurde der Beschluß gefaßt, der Verein müsse die ge⸗ setzliche , des Strafvollzugs verlangen, weil die Thatsachen lehrten, daß ohne diese ein einheitlicher gleichmäßiger Vollzug der im Deutschen Reich erkannten Freiheitsstrafen nicht möglich sei. Gestern Mittag wurde die Versammlung geschlossen, nachdem als Ort der . Versammlung im Jahre 1897 Darm stadt gewählt worden war.

Schul wesen.

Mit Allerhöchster Genehmigung wird die städtische höhere Mädchenschule in Stettin künftig den Namen Kaiserin Auguste Viktoria⸗Schule“ führen.

Handel und Gewerbe.

In Griechenland ist durch Königliches Dekret vom 18.30. v. M. (Regierungszeitung Nr. 33 vom 2. April / 4. Mai) der bisher 5 Proz. betragende Zuschlags⸗Hafen⸗ zoll auf die Einfuhrzölle für Kaffee und Zucker auf 2A Proz. ermäßigt worden.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 18. Mai gestellt 10 881, nicht rechtzeitig gestellt 32 Wagen. In Dre ie sien sind am 17. d. M. gestellt 3791, nicht recht zeitig geftellt kein: Wagen.

Zwangs-⸗Versteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen ant 17. und 18. Mai die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Ratiborstraße 6, dem Kaufmann Fr. Hoffmann gehörig; Fläche 223 a; Nutzungswerth 4730 ½ ; für das Meistgebot von 0 000 wurde der Holzanweiser Wil h, Meyer e i,, Winterfeld straße 6, Ersteher. Sch lesischestraße 18, dem ischlermeister Ferd. Kurzner gehörig; Fläche 10,3 a; für das Meistgebot von 188 0090 4 wurden die Maurer, und Zimmermeister Hermann Wolff und Franz Wolff zu Berlin Ersteher.