1894 / 116 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 19 May 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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i Regt. Alt⸗Württemberg Nr. 121, zum Hauptm. und ö. Ve, ö Pr. Lt. à la suite des Gren. Re⸗ iments König Karl Nr. 123, kommandiert als Adiutant zur 3 Infant. Brig. (4. Königl. Württemberg zum Hauptmann, Salfimann, Sec. Lt. im 4. Inf. Regt. Nr. 122 Kaiser , Jofeph von Oesterreich, König von Ungarn, zum Pr. dt vorlaufig ohne Patent; die Port. Fähnrs.: Baumann vom Gren. Regt. König Karl Rr. 123, Zim merle vom Feld⸗Afrt. Regt. Tönig Karl Nr. 183, aulhaber vom Inf. Regt. Kaiser Friedrich, König von. Preußen 3. 135, Frhr. v. Neurath vom Gren. Regt. Königin Aga Nr. 119, zu Sec. Lts.; die Unteroffiziere: dom Inf. Regt. Alt Württemberg Nr. 121, Bader vom Pion. Bat. Nr. A3, Eifenmenger vom Inf. Regt. Alt⸗Württemberg Nr. 12ij, Günther vom Inf. Regt. König Wilhelm J. Nr. 124, Frhr. v. Ellrichs⸗ haufen, Ruoff vom Inf. Regt. Alt Württemberg Nr. 121, Graeter vom Inf. Regt. Kaiser Friedrich, König von Preußen Rr. 125, Kamm vom 8. Inf Regt, Nr. 126 Großherzog Friedrich von Baden, Moschner vom 4. Inf. Regt. Nr. 122 Kaiser Franz Joseph von Desterreich, König von Ungarn, Bernhold vom Inf. Regt. Alt⸗Württemberg Nr. 121, Frhr. v. Gültlingen vom Gren. Vent. Königin Olga Rr. 119, Erhardt, Specht vom 8. Inf. Regt. Rr. 136 Großherzog Friedrich von Baden, zu Port. Fähnrs., ö Beurlgubtenstande. 14. Mai. Burger, Sec. Lt. der Res. des Inf. Regts. Kaiser ö König von Hreußen Nr. 125, Hölder, Sec. 9 . ö . ö Aufgebots vom Landw. irk Ludwigsburg, zu Pr. Lts. befördert. ; . Im aktiven Heere. 14. Mai v. Camerer, Oberst und Kommandeur des Inf. Regts. Kaiser Friedrich, König von Preußen Nr. 125, in Genehmigung seines Ab⸗ schiedsgesuches mit Pension, der Erlaubniß zum Tragen der. bis⸗ herigen Uniform, zur Disp. gestellt. Vischer, Major z. D., mit der Erlaubniß zum Tragen der Uniform des Gren. Regt. König Karl Nr. 125 und unter Verleihung des Charakters als Ober xt von der Stellung als Kommandeur des Landw. Bezirks Ellwangen enthoben. Frhr. v. Hayn, Major und Eskadr. Chef im Ulan. Regt. König Karl Nr. 19, mit . und der Erlaubniß zum Tragen der bisherigen Uniform, Keller, Pr. Lt. im Pion.

Bat. Rr. 13, mit Pension, der Erlaubniß zum Tragen Ter bis⸗

herigen Uniform und unter Ertheilung der Aussicht auf Anstellung im ivildi der Abschied bewilligt. ö . 14. Mai. Hebsacker, Hauptm. der Fuß ⸗Art. 1. Aufgebots vom Landw. Bezirk Ludwigsburg, Schreiber, 3 Lt“ der Kap. 2. Aufgebots vom Landw. Bezirk Eßlingen, der ĩ illigt. . kk der Militär⸗Verwaltung. . Durch Verfügung des Kriegs⸗Meinister iLu mz. 146. Mai. Märklin, Garnison-Bauinspektor in Ludwigsburg, zum 25. Juli d. J. nach Cannstatt versetzt.n

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Kaiserliche Marine. I sh 4 iziere ꝛc. Ernennungen, Beförderungen, Ver⸗ . 2c. Neues Palais, 14. Mai. Löhhößfel. von Löwensprung, Oberst-Lt. und Kommandeur des 1. Ser⸗Bats. behufs Uebertritts zur Armee von der Marine⸗-Inf; ausgeschieden. p. Hennigs, Major, bisher Bats. Kommandeur im Füs. Regt. General ⸗Feldmarschall. Prinz Albrecht von Preußen ( Hannob) Nr. 73, mit seinem Patent bei der Marine⸗Inf.,, und zwar als Kommandeur des 1. See⸗Bats. angestellt. Weitzel, Sec. Lt. im Landw. Bezirk Stralsund, bisher von der Res. des Inf. Regts. General Feldmarschall Prinz Friedrich Karl von Preußen G. Brandenburg.) Nr. 64, hei den . Sffizieren der Marine⸗Inf, und zwar mit seinem Patent als Sec. Lt. der Res. des 1. See⸗Bat. angestellt. . Meyer (Hang), Kapitän⸗Lt., Assist. des Ober⸗Werftdirektors der Werft zu Kiel, zum Korv. Kapitän, Meurer (Alexander), Glatzel, Adjutant bei dem Kommando der Marinestation der Nordsee, und Boffart, Lts. zur See, zu Kapitän-Lts., Bölken, Sch maltz und Behncke (Friedrich,, Unter⸗Lts. zur See, zu Lts. zur Ser Raetz, Maschinen⸗Ingen., zum Maschinen⸗Ober⸗Ingen, Graefe, Maschinen⸗ Üünter⸗Ingen., zum Maschinen⸗Ingen., Junker, Ober-Maschinist, zum überzähl. Maschinen⸗Unter⸗Ingen. letzterer unter Vorbehalt der Patentie⸗ rung, v. d. Schulen burg, Unter⸗-Lt. zur See der Res; im Landw. Beÿtrk IJ1 Bremen, zum Lt. zur See der Res. des See⸗Offizierkorps, = befördert. Riedel, Kapitän zur See, mit Pension zur Disp. gestellt, leichzeitig zum Präses der Schiffs ⸗Besichtigungskommission ernannt. . Sec. Lt. der Seewehr 2. Aufgebots des 2. See⸗Bats. im Landw. Bezirk Perleberg, der Abschied bewilligt.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 67. Sitzung vom 18. Mai 1894.

Im weiteren Verlauf der fortgesetzten zweiten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend den Bau eines Schiffahrtskanals vom Dortmund Em s⸗Kanal bis zum Rhein (s. den Anfangsbericht in der Freitags⸗Nummer d. Bl.), nimmt nach dem Geheimen Bergrath Nasse das Wort der

Finanz⸗Minister Dr. Miguel:

Meine Herren! Es ist in der vorangegangenen Debatte vielfach der Finanz⸗Minister angezogen worden, theilweise, wie der Herr Stengel das gethan hat, warnend vor zu großen Dispositionen über die Staatsmittel, theilweise als Beweis dafür, daß, wenn der Finanz⸗ Minister sich auch mit der Vorlage einverstanden erkläre, man doch wohl annehmen könne, daß die Rentabilität genau geprüft sei und daher finanzielle Bedenken nicht vorliegen. Dies veranlaßt mich, auf diesen Gegenstand noch einmal näher einzugehen. .

Es sind in den bisherigen Ausführungen drei verschiedene wesent· liche Einwendungen gegen die ganze Vorlage gemacht. Prinzipiell ist

der den Bau von neuen Kanälen für einen Anachronismus hält. Ich möchte darauf mit zwei Worten eingehen. Meine Herren, wenn das Abgeordnetenhaus sich dieser Auffassung anschlösse, dann würde aller⸗ dings die Entwickelung unserer Wasserstraßen, unserer Schiffahrt für die Dauer dieses Abgeordnetenhauses ausgeschlossen sein; wir würden damit einen Standpunkt einnehmen, den bisher weder die Staatsregierung noch irgend ein Abgeordnetenhaus, irgend ein Landtag eingenommen hat. Wer die Geschichte unserer Kanalbauten ich will von der Schiff⸗ barmachung und Regulierung von natürlichen Wasserstraßen ganz ab— sehen kennt, dem wird es von vornherein auffallen, daß in ihrer Entwickelung mehrere Perioden zu unterscheiden sind. Die erste Ent—⸗ wickelung liegt vor der Zeit der Eisenbahnen. Da war ein Massen⸗ verkehr nur möglich auf den Landstraßen, und es war ganz naturgemäß, daß da, wo die billigeren und für den Massenverkehr geeigneten Wasserstraßen herzustellen waren, alle Kraft der Staaten und alle Mittel, die überhaupt dafür disponibel zu machen waren, sich auf die Herstellung von neuen Kanälen warfen. Dies ist die Periode, die wir namentlich im vorigen Jahrhundert gehabt haben in Preußen, und die damals ja ganz eminente Erfolge gehabt hat. Dies ist die Periode, die Frankreich ebenfalls schon vor der Revolution gehabt hat und die damals Frankreich und daneben Belgien, Holland in dem Verkehrswesen einen weiten Vorsprung gegen Deutschland gegeben hat, wo namentlich diese Entwickelung wesentlich nur im Nordosten sich vollzog. Eine Konkurrenz mit Eisenbahnen existierte nicht.

Nun folgt die Periode der rapiden Entwickelung des Eisenbahn⸗ wesens. Man verliert die Wasserstraßen aus dem Auge; man glaubt, die Eisenbahnen werden in Zukunft den gesammten Ver— kehr übernehmen können, und eine weitere Entwickelung der Wasser⸗ straßen tritt vollständig in den Hintergrund. Alle Aufmerksamkeit, alle vorhandenen disponiblen Mittel werden auf dieses neue gewaltige Verkehrsmittel verwendet, das Wasser wird aus dem Auge verloren. Diese Entwickelung haben wir auch bei anderen Nationen, nur nicht in dem Maße, namentlich nicht von dem Zeitpunkt an, wo die Verstaatlichung der Eisenbahnen eine wesentlich veränderte Stellung des Staats zum Verkehrswesen bedingt. Während in anderen Ländern die Eisenbahnen Privatunternehmungen waren und noch sind, während dort theilweise die Kanäle auch Privat— unternehmungen waren, theilweise aber Eisenbahnen und Kanäle in denselben Händen sich befanden, wie wir das soeben noch von Amerika gehört haben, theilweise sogar noch in denselben Händen der Produzenten, d. h. der Besitzer z. B. der Zechen, die die Kanäle anlegten für die Transportierung ihrer eigenen Produkte, liegt in Preußen die Sache ganz anders. Hier hat der Staat das gesammte Eisenbahnwesen in der Hand; sämmtliche Chausseen sind öffentliche Chausseen geworden; Aktienchausseen und Konkurrenzen derselben giebt es auch nicht mehr, und der Staat hat im großen Ganzen auch alle Wasserstraßen in seinem Besitz.

Nun beginnt die Aufmerksamkeit auf die Entwickelung des Wasser⸗ wesens erst in den neueren Jahren wieder da lebendig zu werden, wo ein solcher Massenverkehr besteht, daß man sich sagen kann: die Eisen⸗ bahnen sind entwedex jetzt schon an der Grenze oder kommen demnächst an die Grenze, wo sie diesen kolossalen Verkehr überhaupt nicht mehr mit Vortheil bewältigen können. Mein Herr Kollege, der Minister für öffentliche Arbeiten, hat schon gesagt: bezüglich der Tarife im Kohlen⸗ verkehr sind wir der äußersten Grenze nahe gekommen, wo wir ganz gerne Transporte abgeben, ohne dadurch finanzielle Verluste zu erleiden.

Der zweite Umstand, der nun wieder zur Belebung der Wasser— straßen führt, ist der, daß diese gewaltige Industrie mit diesen gewaltigen Massentransporten durch die Konkurrenz und verschiedene andere Umstände ich komme darauf noch zurück genöthigt ist, ihre Transportkosten zu verbilligen, und daß das geradezu nach und nach zur Existenzfrage wird. Wenn z. B. die Erze allmählich in den Kohlenrevieren, wo sich unsere große Eisenindustrie etabliert hat, ver⸗ schwunden sind, wenn es nothwendig ist, fremde Erze heranzuziehen, beispielsweise Lothringer Erze, so ist das ja naturgemäß das dringendste Interesse, ja eine Lebensfrage für die Großindustrie, die Erze auf billige Weise zur Kohle zu bringen, und zwar auf billigere Weise, als die Eisenbahnen es mit Vortheil leisten können.

In solchen Fällen ist die Entwickelung des Schiffahrtsverkehrs so wenig ein Anachronismus, daß man geradezu sagen kann: ohne die Zuhilfenahme des Wasserverkehrs ist die Weiterentwickelung einer solchen Industrie mehr oder weniger gehemmt oder ganz ausgeschlossen. (Sehr richtig) Ich bin keineswegs ein Wasserfanatiker wenn ich mich so ausdrücken darf. (Große Heiterkeit; Wir haben heute eine Richtung in den wirthschaftlichen Vereinen, die mir viel za weit geht; da glaubt man, die Herstellung von neuen Kanälen sei überall an— gebracht und erst recht die bessere Schiffbarmachung unserer Flüsse. Man wird auch hier untersuchen müssen: wie verhalten sich die Be⸗ triebs⸗ und Unterhaltungskosten der Kanäle zu den Resultaten, die man damit erzielen will? Ich würde durchaus nicht auf eine Politik eingehen, die unter allen Umständen und überall, unbesehen der Ver—⸗ kehrs, und wirthschaftlichen Verhältnisse, zu dem kostspieligen Bau von Wasserstraßen übergeht. Ich stehe auf dem Standpunkte, daß die Regulierung der Flüsse der Herstellung der Kanäle weit vor⸗ zuziehen ist aus dem einfachen Grunde, weil man denselben Zweck mit viel geringerem Kapitalaufwand in dem ersteren Falle erreicht; aber nichtsdestoweniger haben wir eine große Anzahl von Fällen, wo man nicht anders auskommen kann und mit Vortheil zur Herstellung neuer Kanalanlagen überzugehen im stande ist. Nun bin ich der Meinung und die genaue Prüfung im Finanz⸗Ministerium hat mich in dieser Ueberzeugung bestärkt —, daß wir es allerdings hier mit einem Kanal zu thun haben, der neben einer großen dauernden Entwickelung des Eisenbahnverkehrs doch eine gute Rente aller Wahr⸗ scheinlichkeit nach abwerfen wird. Sie können wohl glauben, daß wir im Finanz⸗Ministerium, wenn uns so große Anforderungen von anderen Ressorts gebracht werden, sie mit sehr kritischen Augen an⸗ sehen. Es geht uns, wie mal ein großer Staatsmann von den preußischen Beamten gesagt hat, daß sie jedes Gesuch eines Unter⸗ thanen darauf ansehen, mit welchen Gründen es wohl abgelehnt werden könnte. So ähnlich stehen wir derartigen großen Finanzvor⸗ lagen gegenüber und zwar doppelt in einer Zeit der sehr schwierigen Finanzlage und gerade in dem Moment, wo man noch nicht über⸗ sehen kann, wie wir diese schwere Finanzkalamität und wann wir sie überwinden. Wenn wir uns unter Zuhilfenahme aller Zahlen in Betracht der ganzen dortigen Verkehrs, und gewerblichen und wirthschaftlichen Verhältnisse haben überzeugen können, daß hier aller Wahrscheinlichkeit nach eine mäßige Rente neben den Betriebs⸗ und Unter⸗

für den Landtag eine gewisse Garantie. Das dinan· Ministetiunm ö

der Ausgaben geneigt zu sein. (Sehr richtig! links.)

Nun, meine Herren, kommen die dilatorischen Einwendungen. Die Herren von der Rechten stellen sich zu meiner Freude nicht auf den Standpunkt des Herrn Abg. Stengel, daß man überhaupt neue Kanäle nicht mehr bauen solle, sondern lediglich auf eine bessere Aus. gestaltung der Eisenbahnanlagen Bedacht zu nehmen habe, sie be— handeln die Vorlage dilatorisch; sie sagen, man könne nicht eher zu. stimmen, als bis die Gebührenfrage geregelt und eine regelmãßige Schuldentilgung gesichert ist. Dieser dilatorische Gesichtspunkt in einer so schwierigen und prekären Finanzlage, wo die Zukunft noch durchaus dunkel ist, ist mir ja vollständig verständlich; aber die Sache liegt hier doch so, daß man über diese Bedenken nach meiner Ueberzeugung hinweggehen kann und muß; denn nach allen Erklärungen sowohl der technischen Ressorts, als namentlich auch der Bezeugung aller Personen, die die Verhältnisse in diesem Bezirk genau kennen, wird der Kanal entweder jetzt oder wenigstens sehr bald oder überhaupt nicht mehr gebaut. (Hött, hört! links. Die Verhältnisse nehmen dort eine Entwickelung, daß, wenn man die Sache beliebig verschiebt auf eine unbestimmte Zeit hin, man Gefahr läuft, auf den Kanal überhaupt verzichten zu müssen. Deswegen haben wir geglaubt auch im Finanz⸗Ministerium, daß hier in diesem Fall Gefahr im Verzuge sei, was bei einer Weiter— entwickelung des Kanals als Mittelland-⸗Kanal nicht so der Fall sein würde. Hier liegt die Sache dringlich, und deswegen haben wir uns entschlossen, schon jetzt die Vorlage zu bringen. Ich glaube, diese dilatorische Behandlung der Sache wird doch schließlich führen zu einem vollständigen Steckenbleiben des einmal angefangenen großen Unternehmens, der Verbindung des Rheins und der See und anderntheils mit der Weser und der Elbe. Und waz würde das Resultat der Sache sein? Es würde doch sein, daß wir den zweifellos ungünstigsten Theil, den sowohl in wirthschaftlicher Beziehung bedeutungslosesten, als in finanzieller Beziehung ungünstig⸗ sten Theil des Kanals, Dortmund Emden, gebaut hätten, und wir behielten auf ewige Zeiten dies Stück, wo vielleicht sehr wenig Schiffe fahren, aber große Unterhaltungs- und Betriebskosten eintreten, und an eine Rente gewiß nicht zu denken ist, und wir wären nicht in der Lage, auch dies Stück zu meliorisiren durch Herstellung einer Verbindung durch das große Kohlenrevier nach dem Rhein. (Sehr richtig! links.)

Meine Herren, der Frage ist doch mehr oder weniger schon prä— judiziert. Ich bedaure das sage ich ganz offen —, daß man nicht mit dieser Strecke angefangen hat. (Sehr richtig! links.) Aber darauf kommt es jetzt nicht an; eine solche cura postérior kann uns nichts nützen. Wir haben einmal diesen kostspieligen Kanal nach Emden im Bau und werden ihn fortsetzen, und daher besteht nicht die Frage: wollen wir ein ganz neues gewaltiges kostspieliges Unternehmen jetzt beschließen? sondern die Frage liegt so: wollen wir mitten in einem Unternehmen stecken bleiben, von dem wir den kostspieligsten und wenigst rentablen Theil bereits hergestellt haben? (Sehr wahr! links.)

Meine Herren, ich habe schon ausgesprochen, daß diejenigen Herren, welche für diesen Kanal eintreten, sich damit noch nicht ohne weiteres verbindlich machen, nun auch für die Herstellung des Mittelland Kanals namentlich in einer gegebenen Zeit zu stimmen; denn die Fortsetzung des Kanals Emden Rhein durch das Kohlenrevier hat eine vollkommen selbständige Bedeutung, und man kann sehr wohl für diesen Kanal als zweckmäßig und nothwendig eintreten, ohne sich zu verpflichten nachher von Bevergern ab den Kanal bis nach Magdeburg weiter zu führen. Ich verstehe einigermaßen, daß manche Interessen in der Provinz Sachsen bedenklich sind bei diesem Kanal (hört, hört! links, daß die Braunkohle sich fürchtet vor der schwarzen Kohle. (Sehr wahr! links.) Das begreife ich vollkommen, und ich verwerfe diese Rücksicht auch nicht bei dieser Frage, die ja im ganzen eine Interessen—⸗ frage ist. Aber eine große Anzahl von Erscheinungen, z. B. der heftige Widerspruch nicht der Industrie, wie ich hier doch einschalten möchte, sondern der Landwirthschaft des Westens gegen die Staffel⸗ tarife (hört, hört! links) gehört auch unter das, was ich gleich be— zeichnen möchte, das allmählich unbewußt hervortretende Ver— langen neuer Schutzzölle in der Form der Verkehrsentwickelung und des Tarifwesens von Provinz gegen Provinz. (Sehr richtig) Da ist schließlich das Facit, daß wir vor das Jahr 1820 zurückkommen. Ein einheitlicher Staat kann sich darauf nicht einlassen. Wie wir ein einheitliches Eisenbahnnetz gemacht haben, da hatte dies Netz den Zweck, den Verkehr durch die ganze Monarchie zu erleichtern und zu beleben. Dieses Eisenbahnnetz hatte den Zweck, von der einen Stelle den Ueberschuß nach den Bedarf zu bringen, und umgekehrt, Industrieerzeugnisse des Westens in den Osten und Ueberschüsse in den ländlichen Produkten von dem Osten nach dem Westen zu bringen. Wenn das Eisenbahn. tarifsystem rationell ist und es ist rationell, wenn es auf— gebaut ist nach den Selbstkosten (sehr richtig) werden wir auf die Dauer das will ich hier bei der Gelegenheit aussprechen nach meiner Meinung kaum unser Eisenbahnsystem, wie es heute besteht, aufrecht erhalten können, wenn wir nicht nach und nach zu festen Tarifgrundsätzen kommen, wenn die Willkür, die Begünstigung, die Benachtheiligung, die bei Einzelentscheidung immer wenigstens vermuthet werden, nicht verhütet werden durch die Be⸗ obachtung fester Tarifgrundsätze. .

Wenn wir in dies System hineingeriethen, daß jede Provinz sh fragt, was habe ich von der und der wirthschaftlichen Maßregel sir einen Nutzen, wenn gar der Westen gegen den Osten in dieser wirthschaftlichen Weise und umgekehrt verführe, dann werden wir zurückbleiben vor allen anderen Völkern ssehr richtig h, dann werden wir überall auf Hindernisse stoßen und nichts Großes mehr fertig bringen; dies wird zum Nachtheil llt Provinzen sein (sehr richtig, selbst wenn im einzelnen Fall eine Provinz glaubt ob es wahr ist, weiß man immer im voraus 3 noch nicht daß sie durch eine bestimmt wirthschaftliche Maßtehe benachtheiligt werde. Ich unterschreibe vollkommen und d stimmt mit meinen früheren Worten überein was Herr Dr. Schilt sagt, daß die Entwickelung unserer Kohlenindustrie nicht entfernt ein bloße Interessenfrage der Zechenbesitzer ist. Was von einer ö. billigung der Transportkosten den Zechenbesitzern zu gute kommt, d weiß auch im voraus niemand. Vieles kommt auch den Konsumenten den weiten Kreisen, in die sich die Kohle jetzt hineinbegeben kann,

die Vorlage überhaupt nur bekämpft von dem Herrn Abg. Stengel,

haltungskosten erzielt wird, so, glaube ich, liegt darin allerdings auch

gute. Sobiel aber ist gewiß, daß die Kohle ein Bedürfniß ist i

steht gegenwärtig doch nicht in dem Ruf, allzusehr zur Steigerung

alle Welt, ob sie industriell ist, ob sie nicht industriell ist: die Kohle ist mit Recht das schwarze Brot genannt. Die Verbilligung der Kohle und die Weitersendung in weitere Distrikte wird aller Welt zu gute kommen. (Sehr wahr!)

Nun komme ich auf den andern Einwand: die Lippe. Ich möchte doch den Herren, die sich für die Lippe interessieren, rathen, bei diesem Widerstand auf Grund der Interessen der Lippe vorsichtig zu sein. Oft erreicht man dabei gerade das Gegentheil von dem, was man wünscht. (Sehr wahr! Hört, hört) Ich habe Deputationen von der Lippe persönlich meine Meinung ausgesprochen, daß, wenn dieser vorliegende Kanal beschlossen würde, nach meiner Ueberzeugung, die, wenn es richtig ist, daß der Kohlenabbau sich mehr und mehr nach dem Norden zieht, nach meiner Meinung kaum bestritten werden wird, schließlich die Lippe ihren Kanal auch bekommen wird, und daß wir einen zweite Verbindung durch die Lippe nach dem Rhein in einer gegebenen Zeit einmal erhalten werden. Wie liegt die Sache aber, wenn dieser Kanal abgelehnt wird? Die Staatsregierung wird sich nach meiner Meinung ich kann darüber nicht im Auftrage des Staats⸗Ministe⸗ riums sprechen, ich befinde mich aber in dieser Beziehung in Ueber⸗ einstimmung mit dem Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten kaum in der Lage sein, eine Vorlage zu acceptieren, die nichts weiter enthält als Hamm Datteln, aus dem einfachen Grunde, weil man garnicht weiß, wie nun die Weiterentwickelung sein wird. Den Kanal für sich würden wir gewiß nicht bauen. Wer würde auf den Gedanken kommen, in einer Gegend, wo der Ver— kehr noch so schwach ist, wo die ersten Anfänge einer größeren industriellen Entwickelung namentlich durch den Kohlenabbau erst beginnen, wo die Eisenbahn zweifellos ihre Aufgabe vollständig erfüllen kann, jetzt diesen Kanal für sich herzustellen? Es hätte doch nur Bedeutung, wenn die Staatsregierung mit Sicherheit wüßte, es werde nun der hier vorliegende Kanal möglich, oder eine andere weitere zweckmäßige Fortsetzung mit Sicherheit zu erwarten sein.

Meine Herren, wenn Sie diesen Kanal Hamm Datteln be— schließen, so wird die Rheinprovinz nach meinen Kennt— nissen für diesen Kanal auch nicht einen Pfennig garantieren. Alle Stimmen, die ich aus dem Kohlenrevier gehört und auch von den rheinischen Provinzialbeamten aus Protokollen gelesen habe, die mir zugingen, wenden sich gegen die Annahme desselben ganz entschieden. Infolge dessen müßte, da dieser Kanal gewiß für sich nicht die geringste Aussicht auf eine Rente bietet, viel⸗ leicht nicht die Betriebs⸗ und Verwaltungskosten deckt, das Garantie— verhältniß der Provinz Westfalen ein ganz anderes werden; und wie die Provinz Westfalen sich zu diesem einen Unternehmen stellen würde, wenn sie allein und nach meiner Ueberzeugung bei der Sicherheit, daß dieser Kanal nicht rentiert, eine weit größere Garantie übernehmen müßte, das weiß ich nicht, jedenfalls müßte sie einen ganz neuen Beschluß in dieser Beziehung fassen. Also mit diesem Kanal ist nach meiner Meinung auf die Dauer für die Aussicht, auch die Lippe zu kanalisieren, nichts gewonnen. Im Gegentheil, ich halte diese Aussicht dann für geringer. Wenn aber der Kanal zum Rhein angenommen wird, wenn er sich bewährt, wenn man gute Erfahrungen mit diesem Kanal sammelt, so ist demnächst eine Fortsetzung nach Wesel viel wahrscheinlicher als so.

Meine Herren, auf die technischen Einwände, die dieser ganzen

Vorlage entgegengestellt sind, gehe ich nicht ein; ich maße mir nicht an und im Finanz⸗Ministerium niemand, daß wir das besser wissen als die berufenen Sachverständigen, die diese Frage so gründlich be⸗ antwortet und, ich glaube, die Einwendungen hier auch vollständig widerlegt haben, sodaß ich nicht nöthig habe, mich auf diese Frage einzulassen. Meine Herren, schon bei Gelegenheit der Be— rathungen des Hauptunternehmens, welches in dem Gesetz vom Jahre 1886 festgelegt ist, sind dieselben Fragen erörtert, und ein langjähriger Führer der Rechten, den wir hier gewiß alle schmerzlich vermissen, der verewigte Abg. v. Rauchhaupt hat unter dem 22. Mai 1886 genau dasselbe ausgeführt, was hier die Herren Regierungskommissarien ausgeführt haben. Er legte in einer ausführlichen Rede dar, daß er überzeugt sei, daß auf dieser Strecke der Kanal mit den Eisenbahnen zusammenwirken müsse, um den gewaltigen Verkehr in zweckmäßiger Weise zu befördern und zu be⸗ dienen, daß aber weder der Kanal die Eisenbahnen, noch umgekehrt die Eisenbahnen den Kanal entbehrlich machen. Er erklärte daher, daß er, obwohl er seine Reserven machte in Bezug auf den Kanalbau, überhaupt keinerlei Bedenken habe, für diesen Kanal zu stimmen. (Hört, hört! links.)

Ich glaube also, diese Anschauungen, die damals schon richtig waren, sind heute bei der inzwischen stattgefundenen erheblichen Steigerung des Verkehrs erst recht richtig, und ich glaube, die Herren von der Rechten könnten daher auch in diesem Falle, ohne ihren Prinzipien irgendwie entgegenzutreten, namentlich auch ohne gegen die Gebote der sparsamen und pflegsamen Behandlung der Staatsfinanzen zu verstoßen, für diesen Kanal sich sehr wohl erklären.

Für mich ist immer das Gefühl das Entscheidende schon bei der ersten Berathung im Finanz⸗Ministerium gewesen und auch heute noch, daß ich hier nicht allein vor der Frage stehe, einen beliebigen, nützlichen, zweckmäßigen Kanal zu bauen, sondern daß ich entscheidend vor der Frage stehe, ob ich, nachdem der Staat mal große Unter— nehmungen 1886 in die Hand genommen, sie theilweise ausgeführt und an der ungünstigsten Stelle begonnen hat, dasjenige, was am wenigsten die Staatsfinanzen gefährdet, am sichersten große Resultate herbeiführt, liegen lassen und das Unternehmen auf die Dauer preisgeben will. Denn darüber mache ich mir keine Illusionen: wenn dieser Kanal fällt, so ist damit das Gesetz von 1886, welches diese große Kanalentwickelung im Westen im Auge hatte, im wesentlichen aller Wahrscheinlichkeit nach auf die Dauer gefallen. Meine Herren, verhüten Sie, daß Ihr Beschluß zu diesem beklagenswerthen Resultat führt! (Bravo!)

Abg. Dr. von Woyna lfr. kons.): Die Landwirthe des Westens hatten gegen die einseitige Regelung der Staffeltarife im Interesse der westlichen Landwirthschaft auftreten müssen; gegen eine Verbesserung es Cisenbahntarifwefens an fich hätten sie nichts einzuwenden. Die echniker seien nicht allein in der Lage, die Bedenken zu beseitigen, Pelche hier vorlägen. Redner wendet sich sodann gegen seinen ul lions geno sen Stengel, dessen Ansicht von dem Anachronismus s Kanalbaues er nicht theilt. Daß Preußen für die Kanäle kein Haser habe, sei unrichtig. Gerade das hier in Betracht kommende . sei in Bezug auf die Niederschlagsmengen besonders günstig ge⸗ ellt, die Gegend, wo Herr Stengel wohne, dagegen besonders ungünstig. ie Ablehnung der Vorlage in der Kommisston sei hauptsächlich da 6 herbeigeführt worden, daß das Zentrum sich gespalten habe in⸗ . ge der Verschiedenartigkeit der Interessen der Süd. Emscher⸗ und Lippe Ainie. Die Freunde des Kanalbaues überhaupt sollten auf tse Intereffengegenfäte kein so großes Gewicht legen.

Geheimer Ober⸗Baurath Dresel tritt den Ausführungen des Abg. Stengel lin der , in Bezug auf den Wasser⸗ mangel für die Speisung des Kanals entgegen; dle Bedenken nach dieser Richtung bin seien durchsz:3 unzutreffend, ebenso die Be denken wegen des Einfrierens und der dadurch eintretenden Sperrung des Kanals.

Abg. von Schalscha (Zentr): Der Finanz⸗Minister hat seine große Sparsamkeit hervorgehoben und gesagt, es sei eigentlich nichts Erhebliches für Wafferstraßen ausgegeben worden: 138 Millionen jährlich sind für die Wasserstraßen verausgabt worden, abgesehen bon den Hunderten Millionen von Anleihen. Das soll nichts sein! Welche Ausgaben werden uns also demnächst bevorstehen! Es ist von Herrn Sten el ausgeführt worden, daß es in Preußen an Wasser fehle für die künstlichen Wasserstraßen: es fehlt uns vor allem an Geld. Der Regierungsvertreker hat den Oder = Spree Kanal mit dem Rhein Dortmund Kanal ver lichen. Aber kann man diese beiden Unternehmungen vergleichen? Der Rhein Dortmund⸗Kanal erfordert viel größere Ausgaben, und Sachverständige, die allerdings nicht im Ministeriummn sitzen, sind der Meinung, daß selbst die Kosten der Oderkanalisierung sich nicht rentieren werden. Herr Rickert hat. behauptet, daß der Ssten so viele unrentable Eisen⸗ bahnen habe. Diese Eisenbahnen sind noch lange kein Aequivalent für die. Schädigungen, die dem Osten zugefügt worden . durch die Währungspolitik und die Handelsverträͤge. Der Osten hat früher ohne diese Eisenbahnen bestanden, und er hätte weiter bestanden, wenn nicht die anderen Schädigungen eingetreten wären. Der Kanal soll nach dem Bericht der Kommission den Absatz der Kohlen nach dem Osten befördern. Das bestärkt mich in meiner Abneigung gegen denselben, weil dadurch die oberschlesische Kohlenindustrie geschädigt wird. Man sagt: In wenigen Jahren könne der Kanal nicht mehr ge⸗ baut werden wegen des KJ des Bergbaues. Wenn die Herren sich so wenig Maß auferlegen können, dann können sie doch nicht verlangen, daß diejenigen dem Kanal zustimmen sollen, die dadurch direkten Schaden haben. Baß die Ermäßigung der Transportkosten erfahrungsmäßig den Konsumenten zu gute komme, ist nicht richtig ; die Erfahrung spricht für das Gegentheil. Vortheil bon dein Kangl werden nur die Produzenten haben, und zwar nur diejenigen, welche dicht am Kanal liegen, und diefe werden diefen Vortheil illoyal ausbeuten. Es sind alle möglichen Vortheile des Kanals ins hellste Licht gestellt worden; vermißt habe ich nur die Förderung der Fisch⸗ und der Krebszucht. Wir im Osten, die von 3 oo nur mit einer gewissen Schwärmerei sprechen, denn in den letzten Jahren hat die Landwirthschaft meist auf Verzinsung gänzlich verzichten gh sollen den Herren im Westen den Kanal bauen, weil ihnen eine Ver⸗ zinsung von 390 zu gering erscheint. Der Bericht verlangt allerdings, daß wir mit unserem Urtheil über den Kanal warten sollen, bis der⸗ selbe gebaut und in Betrieb genommen sei; ich . so lange können wir damit wirklich nicht warten. Wir wollen uns die Sache doch lieber, vorher überlegen und auch die Sachverständigen hören, welche allerdings hier nicht erschienen find. Wenn gesagt wird, daß bei Ab— lehnung der Vorlage die Regierung den Muth verlieren würde, Kanalporlagen zu machen, so lann ich mich darüber trösten. Ich bin kein Kanalschwärmer. Jedenfalls sollten Kanäle nur da gebaut werden, wo sie billig herzustellen und namentlich den Eisenbahnen nicht schädlich sind. Den Agrariern gegenüber spricht man immer von Interessenvertretung, aber das Wort wird nicht gebraucht den reichen Zechenbesitzern gegenüber, welche den ganzen Staat ihren Interessen dienstbar machen wollen.

Abg. Wallbrecht (ul.): Aus der Rede des Vorredners habe ich nur entnommen, daß sein Urtheil durch Sachkenntniß nicht getrübt ist; sachliche Gründe hat er nicht vorgebracht, ebensowenig wie die anderen Redner, die nicht in der Kommission schon widerlegt worden wären. Der Vergleich mit Amerika kann wegen der Verschiedenartig⸗ keit der Verhältnisse durchaus nicht zugelassen werden, wie der ganze Standpunkt des Herrn Stengel überhaupt nicht den heutigen Verhält—⸗ nissen entspricht. Wird der Kanal nicht gebaut, so wird dort ein Rückgang der Industrie eintreten, und dadurch würde der Staat eine ganze Reihe von Steuerzahlern verlieren. Die Zunahme des Ver= kehrs erfordert eine Vermehrung der Transportgelegenheiten; entweder muß der Kanal gebaut oder es müssen die ganzen Bahnhofsanlagen um⸗ gestaltet werden, was vielleicht viel kostspiellger fein dürfte als der Kanal⸗ bau, der ein Stück einer großen Kanalverbindung von Osten nach dem Westen bildet. Es wird allerdings bestritten, daß an dem Mittelland⸗Kanal . B. die Provinz Sachsen ein Intereffe hat; aber die Handels⸗ kammern Magdeburg und Halberstadt sind für diesen Kanal einge⸗ treten und haben Geldmittel zu den Vorarbeiten hergegeben. Es kommt nicht bloß auf die lokalen Intferessen an: man muß sich hierbei auf einen höheren Standpunkt stellen und darauf bedacht sein, die deutsche Industrie konkurrenzfähig zu erhalten. Redner weist auf die großen Ausgaben hin, welche Frankreich für den Ausbau seiner Wasserstraßen gemacht habe, und bezeichnet es als dringend nothwendig, den Mittelland⸗Kanal, der das Rückgrat des ganzen preußischen Kanalsystems sei, möglichst schnell auszubauen. Wenn die Vorlage auch jetzt abgelehnt werden sollte, so würde hoffentlich baldigst eine andere Vorlage eingebracht werden.

Abg. Winckler (kons) erklärt, feine Freunde würden der In— dustrie helfend zur Seite stehen, wenn sie sich im Nothstande befinde, und widerspricht der Annahme des Ministers, daß die vorgebrachten Gründe doch zur Verzierungen der eigentlichen Gründe gewesen seien. Wegen der Aufhebung der Staffeltarife seien die Konservativen nicht. Gegner der Vorlage, denn es seien nicht alle Konservativen Anhänger der Staffeltarife, und nur darin seien sie einig, daß sie die Art und Weise nicht billigen könnten, wie die Aufhebung der Staffeltarife erfolgt sei. Rein sachliche und technische Gründe seien es, welche die Konservativen zu Gegnern des Kanals machten, trotz aller Gutachten, von Sachverstaͤndigen. Da ein durchgehender Verkehr vom Rhein zur Elbe durch den beantragten? Kanal nicht ermöglicht werde, so verliere die Vorlage an wirthschaft⸗ licher Bedeutung, und umsomehr träten die finanziellen Bedenken in den Vordergrund. Die Frage der Rentabilität werde unter diesen Umständen maßgebend, und ihr sei die Resolution entsprungen, welche die Konservativen dem Hause unterbreitet haben. Taß unrentable Sekundärbahnen gebaut seien nicht nur im Ssten, sondern auch im Westen, möge richtig sein; vielfach sei im Osten aber dafür haupt— sächlich das militärische Interesse maßgebend gewesen.

Abg. Im Walle (Sentr.): Der Dortmund Ems⸗Kanal würde ohne die Verbindung mit dem Rhein garnichts werth fein; das Kapital dafür wäre nutzlos aufgewendet. Die Verbindung des Rheins mit der Elbe wäre ein Pendant zum Nord⸗-Ostsee⸗Kanal, der es dem Auslande erleichtern wird, seine Produkte, namentlich die Kohlen, nach Deutschland zu bringen. Deshalb sollte der Kohlentransport aus dem deutschen Kohlenrevier erleichtert werden. Redner ermahnt die Interessenten der Lippe, ihren Widerstand gegen den Rhein Dortmund⸗Kanal aufzugeben, und spricht seine große Verwunderung darüber aus, daß die konservative Partei als solche den Kanal verwerfe. Im Zentrum könne wenigstens jeder nach seiner Ueberzeugung stimmen.

Abg. Richter (fr. Volksp.): Man hat heute mehr von den Staffeltarifen gesprochen als damals, als die Frage zur Entscheidung stand. Da standen wir ganz allein und die Konservativen widersetzten sich damals der Erörterung. Die Minister der Finanzen und der öffentlichen Arbeiten haben für die Staffeltarife gesprochen; dieselben Minister, welche die Verantwortlichkeit für die Aufhebung der Staffeltarife zu tragen haben. Daß die Bewilligung des Dortmund = Ems⸗Kanals für den Dortmund Rhein⸗Kanal präjudiziere, ist in der Kommission von seiten der Regierung ausdrücklich abgelehnt worden. Wenn man sich pet auf den Dortmund —Rhein⸗Kanal ein- läßt, dann wird man viel mehr präjudiziert werden in Bezug auf den Mittelland⸗ und den Mosel⸗Kanal; denn man wird dann sagen, daß die Rentabilität erst nach Einführung aller dieser Kanäle ein— treten wird. Deshalb warten wir, bis wir uns die andern Kanäle etwas genauer ansehen können. Nicht um die Kanäle handelt es 6. sondern um die Wasserstraßen überhaupt, und die natürlichen

asserstraßen leisten ungeheuer viel mehr als die Kanäle. Für die

natürlichen Wasserstraßen sind auch große Geldmittel in den letzten

Jahren bewilligt worden. Ein Gegensatz zwi dem 2 nd dem Osten kommt hierbei garnicht 1 ; . ist 4 ö. Westen an diesem Kanal betheiligt: das beweist schon das 3. in welchem die einzelnen Provinzen fich an der Garantie betheil igen. Nicht einmal die Induströe des Niederrheins im ganzen ist daran betheiligt. Der ill an Eisenbahnen kann Überall bewerkstelli werden, der Anschluß an die Wafferstraßen ni t; nur bei Ent⸗ fernungen bis zu 4 Km würde der Anschluß durch Seilbahnen u. s. w. möglich sein. Es mag daher nicht unrecht fein, . man sagt: 12 bis 16 Zechen, würden von dem Kanal Vortheil haben, und! ber ganze Frachtunterschied beträgt 1,35 4 für die Tonne egenüber der Eisenbahn. (Zuruf bei den Nationalliberalen: Das ist fehr viel) ür die internationale Lebensmittelversorgung bedeutet das garnichts. die Erleichterung der Kohlenausfuhr kann, namentlich beim Bestehen eines Syndikat, dahin führen, daß der Inlandspreis gesteigert wird. Für die Erzbezüge ist der Kanal vielleicht wichtig, aber dafär ist die Mosel⸗Kanalisierung erforderlich, und ein starker Gegner derselben ist Herr von Stumm, der mächtiger ist als mancher Minister. Die In⸗ teressenten des weiteren Bezirks haben noch allerlei Wünsche geltend gemacht; man hat die Deputationen freundlich empfangen und ihnen allerlei ö. gemacht; aber die Herren werden wohl nachher ein⸗ 966 aben, daß man ihnen einen Wechsel ohne Datum egeben at, ja manchmal nicht einmal einen Wechsel. Der Kanalverkehr ver⸗ dient eine gewisse Entwickelung, aber man darf nicht alles auf Staatz⸗ subventionen stellen, denn die Staatsmittel sind begrenzte, und gerade im Westen muß man Bedenken tragen, daß alles auf die Staats— hilfe gestellt wird, denn sonst bekommt immer der Osten den Löwen antheil gegenüber dem Westen. Was wäre aus dem Eisenbahn⸗ netz geworden, wenn der Westen sich nicht selbst geholfen hätte! Man sagt, Zuschüsse zu Kanälen seien bisher nicht üblich gewesen; für die Spreeregulierung hat aber die Stadt Berlin die 9 der Kosten mit 32900 000 hergegeben. Die Frage der Rentabilität wurde als Gefühls sache bezeichnet; dann muß die Entscheidung darüber aber auch in das Gefühl derjenigen Leute gelegt werden, die schließlich für den Riß einzustehen haben. Wenn die Rentabilität vorhanden ist, dann können auch die Interessenten die volle Garantie übernehmen, denn sonst kann man gar keine Garantie mehr für solche Anlagen verlangen. Der Finanz-⸗Minister hat von der Klärung der augenblicklich dunklen Finanzlage gesprochen. Aber die Frage hat mit der augenblick= lichen Finanzlage nichts zu thun. Ich kann es nach des Ministers Stellungnahme zum Generalbericht der Budgetkommission nicht ver⸗ stehen, wie er so frisch, frei und fröhlich in die Kanalära hinein- gehen kann. Auf die Tilgung der Schulden kommt es schließlich weniger an als darauf, daß keine neuen Schulden gemacht werden! Mit welcher Leichtigkeit wird die Hoffnung auf neue Staatskredite zur Verbesserung der Lage der Landwirthe von seiten des Landwirth⸗ schafts. Ministers in Aussicht gestellt! Auf die Dauer kann es nicht so weiter gehen mit der Bewilligung von Stagtsmitteln für einzelne Landestheile, zumal die Militärlasten eine Steuermüdigkeit hervor= gerufen haben. Geld für einen besonderen, ihm er en Zweck wird mancher hergeben, der nicht freudig bereit ist, Steuern zu zahlen. Nicht als Kanalgegner überhaupt, sondern rein im Interefse der gesunden Grundlage unserer Finanzen bitte ich, zur Zeit diefe Vorlage abzulehnen.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Ich glaube, den Herrn Abg. Richter mit einer Zahl widerlegen zu können. Es ist nicht angängig, den Interessenten die gesammten Kanalkosten, d. h. 50 Millionen, aufzubürden. Nun hat er aber selbst gesagt: man muß die Gebühren und die Gebühren⸗ tarife allerdings bei einem öffentlichen Unternehmen nicht ausschließ⸗ lich, sondern vorzugsweise den Interessenten und Betheiligten auf⸗ legen; daß man aber ihnen die ganzen Anlagekosten zu zahlen auf⸗ erlegt bei einem Unternehmen, welches im öffentlichen Interesse liegt, das hat bis jetzt zum ersten Male der Abg. Richter gesagt. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen Meine Herren, die Interessenten müßten doch viel schlechtere Geschäftsleute sein, wie die Herren in Westfalen es genügend bewiesen haben zu sein, wenn sie die Garantie übernehmen wollten für einen Kanal, den der Staat baut, wo der Staat allein über das Erträgniß, wo er allein über die Höhe der Gebühren disponiert; dann würden doch die Interessenten viel ge⸗ scheidter thun, nicht die Garantie zu leisten, nicht an den Staat sich zu wenden, sondern das ganze Unternehmen selbst in die Hand zu nehmen. (Zuruf) Herr v. Schalscha, wenn Sie vielleicht mal in die Lage kommen, in Ihrer Gegend eine Sekundärbahn zu bauen, und ich sagte: mögen Sie und die nächsten Interessenten doch die Bahn allein bauen, so bin ich überzeugt, würden Sie das sehr unbillig finden.

Ich habe den Herrn Abg. Richter schon für sehr viele Sekundär

bahnen stimmen sehen, deren Rentabilität mindestens so unsicher war, wie die Rentabilität dieser Kanalvorlage, und ich habe nicht gehört, daß er verlangt hat, die Interessenten sollen die ganzen Kosten der Sekundärbahnen bestreiten. Was ist denn hier für ein Unterschied? Wir sind hier zum ersten Male bei der Garantie der Interessenten weiter gegangen als bei irgend einem anderen Falle vorher. (Sehr wahr! bei den Nationalliberalen Berlin hat nichts geleistet für den Oder-Spree⸗Kanal (hört, hört!), das, was Herr Richter in dieser Beziehung sagt, ist ein Irrthum; für die Brücken, die gebaut werden mußten in Berlin und für die Unterspree und für die Hafenanlagen oder Ausladestellen hat Berlin allerdings geleistet, aber nicht für den Oder⸗Spree⸗Kanal. Und Berlin kann man am aller⸗ wenigsten vergleichen. Sehen Sie sich doch die große Anzahl Häfen an, die hier in Berlin gebaut sind, und die der Staat auf seine Kosten hergestellt und verwaltet, während schon seit längerer Zeit das Prinzip im Staate galt, daß die Häfen gebaut werden mußten, von der Kom—⸗ mune, hat man immer noch fortgefahren, die Häfen in Berlin auf Staatskosten zubauen. (Hört! hört! Zuruf.) Jetzt ist meines Wissens der erste Hafen, der Urbanhafen, im Bau, auf Kosten der Stadt. Meine Herren, der Herr Abg. Richter sagt, es hätte ihn sehr interessiert, wie in der Kommission das Interesse für die Anlieger nur auf 4 km weit ermittelt sei; das wären wahrscheinlich nur die wenigen Zechen, die der Herr Abg. Stengel genannt hat. Nun, ist es denn nicht bei jeder Eisenbahn genau so? könnte man nicht bei der Eisenbahn auch sagen: es; ist ja nur ein ganz kleiner interessierter Kreis? Der muß erst auf den Wagen laden und mit dem Wagen an die Eisenbahn fahren und dann wieder umladen. Genau dieselbe Frage. (Widerspruch rechts, Zustimmung bei den Nationalliberalen.)

Meine Herren, welcher weise Nationalökonom vermöchte den Be⸗ weis zu führen, wo das Interesse an einem Kanal anfängt oder endigt? Wer die Verquickung der wirthschaftlichen Interessen kennt, die sich an solchen Kanal knüpfen, der kann überhaupt eine solche Frage gar⸗ nicht aufwerfen. Ich möchte wohl wissen, ob bei der Kanalisierung des Mains, die man hier schon mehrfach erwähnt hat, die Anlieger an beiden Seiten ihr Interesse an diesem Kanal auf 4 km beschränkt halten.

Meine Herren, der Herr Abg. Richter sagt, ihm hätte ich vor⸗ geworfen, daß er eine unfruchtbare Kritik führe, die schließlich dahin

tendiere, Schulden zu machen, alles auf die Zukunft zu werfen, um